Kaum Finanzierungsengpässe für Hamburgs Unternehmen

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1 I / 2017 Kaum Finanzierungsengpässe für Hamburgs Unternehmen Finanzierungsschwierigkeiten spielen weiterhin eine untergeordnete Rolle für die Hamburger Wirtschaft. Bei der Frage nach den größten Risiken für die eigene Geschäftsentwicklung in den kommenden zwölf Monaten benennen lediglich 6,6 % der von unserer Handelskammer befragten Hamburger Unternehmen den Punkt Finanzierungsschwierigkeiten. Dieser Wert liegt etwas niedriger als der Durchschnittswert der Quartalsbefragungen der letzten fünf Jahre (ø 8,5 % seit dem 1. Quartal 2012). Andere Geschäftsrisiken wie vor allem ungünstige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, Inlandsnachfrage oder Fachkräftemangel machen der Hamburger Wirtschaft weitaus größere Sorgen (s. Grafik 1). Grafik 1: Herausgeber: Handelskammer Hamburg Adolphsplatz Hamburg Tel. 040 / service@hk24.de Bearbeitung: Dr. Torsten König und Jan Korte Die aktuellen Ergebnisse des s und die Resultate der vorangegangenen Erhebungen stehen unter Dok. Nr als Download bereit. Zusätzliche Informationen zur Entwicklung der Hamburger Konjunktur finden Sie unter

2 Für die Hamburger Wirtschaft ergibt sich auch im Frühjahr 2017 ein konjunkturelles Gesamtbild, das bereits seit einigen Quartalen zu beobachten ist: Die Einschätzungen Hamburger Unternehmen zu aktueller Geschäftslage, Investitions- und Personalplanungen sowie zu ihren Exportaussichten sind per saldo positiv. Zusätzlich haben sich nun auch die Geschäftserwartungen wieder aufgehellt: Während sich in den vergangenen drei Quartalen positive und negative Antworten nahezu die Waage hielten, sind die Aussichten jetzt optimistischer. Auch wenn Finanzierungsschwierigkeiten für die meisten Hamburger Unternehmen seit Jahren kein gravierendes Hindernis darstellen, gilt es dennoch, insbesondere die Situation kleinerer Unternehmen und bestimmter Branchen im Blick zu behalten. Daher führt unsere Handelskammer seit der Finanzmarktkrise 2008 regelmäßig Sonderbefragungen zur Verfügbarkeit von Fremdfinanzierung im Rahmen der vierteljährlichen Konjunkturerhebungen durch. Sonderbefragung zur Kreditversorgung im Rahmen der Handelskammer- Konjunkturumfrage, I. Quartal 2017 Hinweise zur Systematik des Kreditbarometers: Von den 602 Teilnehmern an der Konjunkturumfrage unserer Handelskammer ( Hamburger Konjunkturbarometer ) im I. Quartal 2017 haben sich 473 Unternehmen (78,6 %) im Rahmen der Sonderbefragung auch zu Finanzierungskonditionen geäußert. Das dargestellte Gesamtbild der Finanzierungskonditionen für die Hamburger Wirtschaft ergibt sich aus den nach Unternehmensgrößen gewichteten Stimmen der von unserer Handelskammer befragten Unternehmen der Real- und der Kreditwirtschaft. Die Realwirtschaft wird nach ihrem aktuellen Finanzierungszugang befragt, die Kreditinstitute nach ihrer Kreditvergabe. Ergebnisse für das liegen für Befragungen zu folgenden Quartalsenden vor: III. und IV. 2008, III. und IV. 2009, I. bis IV. 2010, I. 2011, I. und III sowie jeweils für das I. Quartal der Jahre 2013 bis Ab dem I. Quartal 2012 wurden erstmals die Kategorien keine externe Finanzierung erhalten und keine externe Finanzierung benötigt abgefragt. Dies ist in den Grafiken entsprechend gekennzeichnet. 2

3 I. Finanzierungssituation aus Sicht Hamburger Unternehmen 1. Erneut Spitzenwert für Zufriedenheit mit Zugang zur Kreditversorgung Im nunmehr dritten Jahr in Folge verzeichnen wir einen neuen positiven Spitzenwert, was den Zugang zu externer Finanzierung betrifft. Gegenüber dem Vorjahreswert erhöht sich dieser um knapp 4 Prozentpunkte: Im 1. Quartal 2017 hat mehr als die Hälfte der Unternehmen den Zugang mit gut bewertet. Gleichzeitig ist bei den Ergebnissen für die Antwortmöglichkeiten befriedigend eine leichte Steigerung abzulesen (20,1 zu 18,4 %), während die Bewertung schlecht nahezu gleichbleibend gegenüber dem Vorjahr ist. Die Zahl der Unternehmen, welche keine externe Finanzierung erhalten haben, liegt im Vergleich zum Vorjahr auf gleichbleibend geringem Niveau von nunmehr 0,8 %. Der Anteil jener Unternehmen, die keine externe Finanzierung benötigten, verringerte sich merklich (29,1 zu 23,8 %). Der Saldo aus der Differenz der Prozentanteile gut und schlecht / keine Finanzierung erhalten erreicht mit +45,9 den bislang höchsten Wert seit Auflage des Kreditbarometers im Jahr Grafik 2: 3

4 Fotos: Stefan Bungert 2. Unterschiedliche Bewertung zwischen den Branchen hält an Teils deutliche Unterschiede lassen sich bei der branchenspezifischen Analyse des Zugangs zu externer Finanzierung erkennen. In der Gesamtschau bewertet das Verarbeitende Gewerbe den Zugang zu externer Finanzierung mit einem Saldo von +57,3 (Differenz der Prozentanteile gut und schlecht / keine Finanzierung erhalten ) am positivsten. Der aktuelle Saldo fällt damit geringfügig schlechter aus als der sehr positive Vorjahreswert (+58,9). Auch im Handel (Saldo von +49,8) wird der Zugang zu externer Finanzierung im 1. Quartal 2017 besser bewertet als im Durschnitt der gesamten Hamburger Wirtschaft (+45,9), allerdings ist hier mit insgesamt 6,7 Prozent auch der höchste Anteil an Unternehmen mit schlechtem oder gar fehlendem Kreditzugang enthalten. In der Medien- und IT-Branche fällt der relativ hohe Anteil an Unternehmen auf, die keine externe Finanzierung benötigen (45,1 %). Grafik 3: Letztlich haben wir die Eröffnung unseres Cafés mit eigenen Mitteln finanziert, weil wir uns mit den Banken nicht einig wurden. Wichtig war uns aber, vorab Meinungen von Dritten zu unserem Konzept einzuholen. Da hat uns ein Gespräch beim Finanzierungssprechtag der Handelskammer, bei dem auch ein erfahrener Banker dabei war, weiter geholfen. Antje Rademacher und Akatshi Schilling, Gründerinnen und Betreiberinnen des Café Koppheister 4

5 3. Spürbare Größenvorteile beim Fremdkapitalzugang kleine Unternehmen mit größeren Problemen Große Unternehmen ab 300 Mitarbeitern bewerten zum Ende des I. Quartals den Finanzierungszugang insgesamt am besten. Einem Anteil von 71,2 %, die ihn als gut beurteilen, stehen keine schlechten Bewertungen entgegen. Daraus resultiert mit ebenfalls +71,2 ein Saldo, der noch einmal spürbar über dem bereits hohen Wert des Vorjahres (+66,5) liegt. Auch der Saldo der mittelgroßen Unternehmen mit 50 bis 299 Beschäftigten liegt mit +52,9 klar im positiven Bereich und hat sich im Vergleich zum Vorjahr (+45,6) erhöht. Wesentlich geringer und etwas schlechter fällt der Saldo mit aktuell +22,5 (Vorjahr: +25,1) bei den kleinen Unternehmen bis 49 Beschäftigten aus. Im Vergleich zu den mittelgroßen und großen Unternehmen ist zudem der Anteil der kleinen Unternehmen, der keine externe Finanzierung benötigt, mit 27,9 % etwas höher als im Durschnitt der Hamburger Wirtschaft, jedoch nicht mehr so groß wie noch im Vorjahr (39,5 %). Grafik 4: Deutlich verschlechtert hat sich die Situation bei kleinen Unternehmen: Bei Betrieben mit bis zu drei Beschäftigten ist der Saldo mit einem Wert von +4,7 merklich geringer, wenn auch ebenfalls positiv. Sorge bereitet, dass mehr als jedes fünfte Unternehmen in dieser Gruppe den Zugang zu externer Finanzierung als schlecht einschätzt (21,5 %). Im Vorjahr kamen mit 5,6 % wesentlich weniger Unternehmen in diesem Segment zur gleichen negativen Einschätzung. 5

6 4. Diversifizierung von Finanzierungsquellen Spätestens seit der Finanzmarktkrise beziehen Unternehmen alternative Instrumente jenseits des Bankkredits in ihre Planungen mit ein, wenngleich Kredite mit Abstand die häufigste Form der Fremdfinanzierung sind. Sechs von zehn Unternehmen (60,3 %) gaben an, Bankkredite zu nutzen. Das bei weitem am häufigsten genutzte alternative Finanzierungsinstrument ist Leasing. Vier von zehn Unternehmen nutzen dieses Instrument (40,5 %). In der Medien- und IT-Branche wird Leasing sogar merklich häufiger genutzt als Bankkredite (48,9 % bzw. 32,0 %). Bezogen auf die gesamte Hamburger Wirtschaft folgen mit deutlichem Abstand Bürgschaften (11,5 %). Alle anderen Finanzierungsformen wurden nur im einstelligen Prozentbereich von den Unternehmen genannt (Förderkredite bzw. -zuschüsse: 8,7 %; Factoring: 3,4 %; Unternehmensanleihen: 3,4 %; Schuldscheindarlehen: 1,9 %; Wagnis- bzw. Beteiligungskapital: 1,6 %). Teilweise lassen sich für die verschiedenen Branchen deutliche Abweichungen zum Durchschnitt der Hamburger Wirtschaft feststellen. Für das Verarbeitende Gewerbe spielen etwa Factoring (10,6 %) und Förderkredite/- zuschüsse (20,5 %) eine wesentlich größere Rolle im Gesamtkontext der Finanzierung. Keine nennenswerte Rolle spielten Crowdfunding und -investing für die befragten Unternehmen der Hamburger Wirtschaft. Sehr hohe Werte erreichten die sonstigen Formen der Finanzierung (27,6 %), hierbei dürfte es sich vor allem um Privatdarlehen handeln. Grafik 5: 6

7 Foto: Deutsche Bank AG II. Entwicklung der Kreditvergabe aus Sicht der Kreditinstitute Anstieg bei Betriebsmittelkrediten Abwärtstendenz bei Investitionen Die Kreditvergabe für Investitionen ist bei 46,2 % der Hamburger Kreditinstitute im 1. Quartal 2017 im Vergleich zum Vorquartal gesunken. Im Gegensatz dazu verzeichnen 42,8 % eine Steigerung. Gleich geblieben ist die Kreditvergabe für Investitionen bei 11,0 % der Banken. Die Differenz zwischen dem Prozentanteil der gesunken -Antworten und dem Anteil der gestiegen -Antworten ergibt einen Saldo von -3,4, der sich im Vergleich zum Vorjahr (+9,9) erneut deutlich verringert hat. Die Entwicklung der Salden im Zeitverlauf ist Grafik 6 zu entnehmen. Grafik 6: Ein Saldo von +40,6 ergibt sich bei der Kreditvergabe für Betriebsmittel, da der Prozentanteil der gestiegen -Antworten (61,9 %) jenen der gesunken -Antworten (21,3 %) deutlich übersteigt. Damit konnte der Saldo gegenüber den schon stabil hohen Zahlen der Vorquartalsbefragungen einen merklichen Anstieg verzeichnen, liegt aber leicht unter dem Rekordwert des Vorquartals. Wir beobachten ein spürbares Anziehen der Kreditnachfrage im investiven Bereich. Das gilt gerade bei komplexeren Finanzierungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Unternehmensnachfolge-Situationen sowie Übernahmen. Gleichzeitig sinkt die Ausnutzung der Betriebsmittellinien, weil viele Unternehmen mit Liquidität gut ausgestattet sind. Darüber hinaus fragen uns immer mehr Unternehmen, wie sie sich gegenüber einem möglichen Zinsanstieg in der Zukunft absichern können. Dr. Cornel Wisskirchen, Sprecher der regionalen Geschäftsleitung der Deutschen Bank und verantwortlich für das Firmenkundengeschäft in Norddeutschland 7