Rücklage und Liquidität der WEG. Dr. Martin Suilmann Vorsitzender Richter am Landgericht
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- Heidi Roth
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1 Rücklage und Liquidität der WEG Dr. Martin Suilmann Vorsitzender Richter am Landgericht
2 Überblick 2 1. Der Zweck der Rückstellung und ihre gesetzlichen Grundlagen 2. Wem gehört die Instandhaltungsrückstellung? 3. Die Höhe der Rückstellung 4. Besonderheiten bei Mehrhausanlagen
3 Überblick 3 5. Wer entscheidet über die Anlage der Rückstellung? 6. Die Verpflichtung des Verwalters zur mündelsicheren Anlage der Rückstellung 7. Kriterien für die ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende Anlage der Rückstellung.
4 Überblick 4 8. Einzelne Anlageformen im Überblick 9. Die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung und die Grenzen der Mehrheitsmacht 10. Haftungsrisiken für Verwalter und Verwaltungsbeiräte
5 Überblick Die Darstellung der Instandhaltungsrückstellung in der Jahresabrechnung 12. Die Auflösung der Instandhaltungsrückstellung 13. Kreditaufnahme durch die Gemeinschaft
6 6 Der Zweck der Instandhaltungsrückstellung
7 Zweck der Instandhaltungsrückstellung 7 Sie dient der Vorsorge für erwarteten, insbesondere aber auch für unerwarteten Instandsetzungsbedarf. Sie dient der Erhaltung des baulichen Bestands der Anlage und kann für alle Instandsetzungs- und Sanierungsarbeiten (auch für Modernisierungen) Verwendung finden. Die Bildung der Rückstellung insbesondere die allgemein übliche monatliche Zahlung wirkt der finanziellen Überforderung der Wohnungseigentümer entgegen.
8 Zweck der Instandhaltungsrückstellung 8 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG dient der Klarstellung, dass die Bildung einer Instandhaltungsrückstellung immer den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Diese Zweckbindung ist von den Wohnungseigentümern zu beachten. Eine Verwendung für andere Zwecke ist grundsätzlich unzulässig (LG Berlin v S 69/11 WEG, ZWE 2015, 460).
9 Zweck der Instandhaltungsrückstellung 9 Dies schließt es nicht aus, dass die Wohnungseigentümer auch Rückstellungen für andere Risiken bilden, z.b. für den Fall der Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz einzelner Wohnungseigentümer.
10 Zweck der Instandhaltungsrückstellung 10 Die Rückstellung ist nur zu bilden für die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Bestandteile. Welche genauen Bestandteile zum Sondereigentum gehören, regelt 5 WEG.
11 5 WEG Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums 11 (1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß 3 Abs. 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das nach 14 zulässige Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird.
12 5 WEG Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums 12 (2) Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. (3) Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, dass Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören. (4).
13 5 WEG Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums 13 BGH v V ZR 212/12: 1. Durch eine Teilungserklärung kann Sondereigentum nur an Räumen, nicht aber an wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes begründet werden. 2. Welche wesentlichen Bestandteile im Sondereigentum stehen, bestimmt sich allein nach 5 Abs. 1-3 WEG.
14 5 WEG Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums 14 Merke: 1. Bestimmungen in Teilungserklärungen, die anordnen, dass bestimmte Gebäudebestandteile zum Sondereigentum gehören, sind irrelevant. 2. Die Teilungserklärung kann lediglich bestimmen, dass Bestandteile, die nach 5 Abs. 1 WEG im Sondereigentum stehen, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören. Der umgekehrte Weg ist unzulässig. 3. Allerdings kann eine solche unzulässige Bestimmung eine Kostentragungspflicht enthalten, wenn sie insoweit klar und hinreichend bestimmt ist.
15 15 Wem gehört die Instandhaltungsrückstellung?
16 Inhaber der Instandhaltungsrückstellung 16 Die Rückstellung ist Teil des Verwaltungsvermögens der Gemeinschaft. Rechtsträger ist daher die rechtsfähige Gemeinschaft ( 10 Abs. 7 Satz 1 und 3 WEG). 10 Abs. 7 Satz 3 WEG: Zu dem Verwaltungsvermögen gehören insbesondere die eingenommenen Gelder.
17 Inhaber der Instandhaltungsrückstellung 17 Der einzelne WEer kann lediglich eine ordnungsgemäße und zweckgerechte Verwendung der Rückstellung verlangen ( 21 Abs. 4 WEG); ihm steht aber weder ein Anspruch auf Auszahlung zu noch ist er zu einem bestimmten Anteil Inhaber der Rückstellung.
18 Inhaber der Instandhaltungsrückstellung 18 Die Rückstellung ist somit unabhängig vom Bestand und Wechsel der Wohnungseigentümer. Ein Anspruch auf Auszahlung steht einem ausscheidenden Wohnungseigentümer nicht zu. Sein Anteil ist auch nicht in anderer Weise verwertbar.
19 Inhaber der Instandhaltungsrückstellung 19 Im Falle des Verkaufs einer Eigentumswohnung zählt die Rückstellung aber zur Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbssteuer und ist vom Kaufpreis in Abzug zu bringen. Wird die Rückstellung im Kaufvertrag in einer bestimmten Höhe ausgewiesen und ist der rechnerische Anteil tatsächlich niedriger, soll dies einen Schadensersatzanspruch des Käufers begründen können (OLG Köln v U 133/13).
20 20 Die Höhe der Instandhaltungsrückstellung
21 Die Höhe der Instandhaltungsrückstellung 21 Es bestehen keine gesetzlichen Vorgaben bzgl. der Höhe der Rückstellungen Sie muss angemessen sein, dass heißt, ihren Zweck erfüllen können. Maßgeblich sind: Alter, Größe, bauliche Besonderheiten, Ausstattung der Anlage (Zentralheizung; Schwimmbad; Sauna); Zustand und Reparaturanfälligkeit der Anlage.
22 Die Höhe der Instandhaltungsrückstellung 22 Es kann unter Umständen auch bedeutsam sein, ob und in welchem Umfang den WEern die Instandhaltungsverpflichtung für das gemeinschaftlichen Eigentum in der Teilungserklärung auferlegt wird. Beispiel: Jeder WEer hat die Gebäudeteile, Anlagen und Teile von diesen, die sich in seinem Sondereigentum oder als Gemeinschaftseigentum im Bereich seines Sondereigentums befinden, auf eigene Kosten instand zu halten; dies gilt insbesondere für Türen und Fenster.
23 Die Höhe der Instandhaltungsrückstellung 23 Die sog. Petersche Formel Baukosten (im Erstellungsjahr) x 1,5 x (65 bis 70%) 80 (Jahre) x Wohnfläche in m 2 x 100 ist in der Praxis nicht (mehr) gebräuchlich.
24 Die Höhe der Instandhaltungsrückstellung 24 Anhaltspunkte für die Bemessung der Instandhaltungsrückstellung kann 28 Abs. 2 der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (II. BV) sein: Die Instandhaltungskosten betragen danach je Quadratmeter Wohnfläche im Jahr je nach Alter zwischen 7,10 EUR und 11,50 EUR, wobei sich die Sätze aufgrund anderer Umstände verringern oder erhöhen können (z.b. wenn Aufzug vorhanden).
25 Die Höhe der Instandhaltungsrückstellung 25 BGH v V ZR 96/10 Die Wohnungseigentümer haben nicht nur bei der Bestimmung der Höhe der Instandhaltungsrückstellung, sondern auch bei der Bestimmung des Zeitraums, in welchem sie aufgebracht werden soll, in den Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung ein Ermessen. Ggfs. kann ein kurzfristiger Bedarf auch durch eine Sonderumlage finanziert werden.
26 26 Besonderheiten bei Mehrhausanlagen
27 Besonderheiten bei Mehrhausanlagen 27 Bei sog. Mehrhausanlagen sind jeweils getrennte Instandhaltungsrückstellungen zu bilden, wenn die Teilungserklärung dies (abweichend vom Gesetz) ausdrücklich bestimmt. BGH v V ZR 12/14: Es ist zulässig, für Mehrhausanlagen in der Gemeinschaftsordnung getrennte Rücklagen zu bilden, deren Verwendungszweck jeweils die Instandhaltung der einzelnen Gebäude ist.
28 Besonderheiten bei Mehrhausanlagen 28 Die Bildung einer solchen getrennten Rückstellung für verschiedene Bestandteile des gemeinschaftlichen Eigentums kann dagegen nicht mit Stimmenmehrheit beschlossen werden. Dies ist auch dann nicht zulässig, wenn die Teilungserklärung den einzelnen WEern bzgl. einzelner Teile des gemeinschaftlichen Eigentums die Instandhaltungspflicht oder die Verpflichtung zur Kostentragung auferlegt.
29 29 Wer entscheidet über die Anlage der Rückstellung? Was sind die maßgeblichen Kriterien?
30 30 Wer entscheidet über die Anlage der Rückstellung? 1. Über die Art und Weise der Anlage der in die Rückstellung fließenden Beträge können die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit beschließen. 2. Machen die Wohnungseigentümer von dieser Befugnis keinen Gebrauch, obliegt die Entscheidung dem Verwalter, denn ihm obliegt nach 27 Abs. 1 Nr. 6 WEG die Verwaltung der eingenommenen Gelder.
31 Entscheidungsermessen des Verwalters Obliegt die Anlageentscheidung dem Verwalter, ist er verpflichtet, die Gelder mündelsicher anzulegen. 2. Mündelsicher sind alle Vermögensanlagen, bei denen Wertverluste praktisch ausgeschlossen sind. 3. Eine andere als mündelsichere Anlage bleibt der Entscheidung der Wohnungseigentümer vorbehalten.
32 Kriterien für die Anlageentscheidung der Wohnungseigentümer Die Wohnungseigentümer treffen ihre Entscheidung durch Mehrheitsbeschluss. Diese Entscheidung muss dem Zweck der Rückstellung Rechnung tragen. 2. Die Anlage dient nicht der Vermögensbildung und der Finanzoptimierung. Daher gilt: Keine Rendite um jeden Preis! Keine spekulativen Anlagen! 3. Die Anlageentscheidung muss auf der Grundlage eines Sanierungsplans erfolgen. Dieser ist ggfs. laufend zu aktualisieren.
33 Kriterien für die Anlage der Rückstellung Je höher die Rückstellung und je langfristiger die Planungen, um so mehr empfiehlt sich eine Streuung der Gelder. 5. Der Zweck der Anlage erfordert ggfs. eine sofortige oder mittelfristige Verfügbarkeit. Es ist daher auf die sog. Fungibilität der Anlage zu achten.
34 Kriterien für die Anlage der Rückstellung 34 Beachte: Auch die Wohnungseigentümer bewegen sich bei ihrer Anlageentscheidung im magischen Dreieck der Vermögensanlage: Eine - hohe Sicherheit, - hohe Rendite und eine - hohe Verfügbarkeit kann regelmäßig nicht gleichzeitig erreicht werden.
35 Einzelne Anlagen im Überblick Sparbücher / Tagesgeldkonto / Festgeldkonto (Wegen Einlagensicherung auf den Sitz des Finanzinstituts achten!) 2. Rentenfonds 3. Bausparverträge 4. Geschlossene Immobilienfonds 5. Schiffs-, Medien- und sonstige Fonds
36 Einzelne Anlagen im Überblick Offene Immobilienfonds 7. Aktien / Aktienfonds 8. Anlage in Gold- und sonstige Edelmetalle 9. Genussrechte an Unternehmen 10. Index- oder Exchange Traded Fonds (ETF)
37 37 Grenzen der Mehrheitsmacht der Wohnungseigentümer 1. Regelungen in Vereinbarungen / Teilungserklärungen sind bindend und vom Verwalter umzusetzen. 2. Mehrheitsbeschlüsse der Wohnungseigentümer müssen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Bei Verstoß ist der Beschluss lediglich anfechtbar; er ist nicht schon nichtig. 3. Wegen der Zweckbindung der Rückstellung müssen die Wohnungseigentümer eine sichere Anlageform wählen. 4. Es besteht ein Spielraum bzgl. des Anlagezeitraums.
38 Haftungsrisiken für Verwalter und Verwaltungsbeirat Dem Verwalter obliegt die Vorbereitung der Anlageentscheidung. 2. Die Mitglieder des Verwaltungsbeirats unterstützen ihn bei dieser Aufgabe. 3. Verwalter und Verwaltungsbeirat haben auf eine zweckgemäße Anlageentscheidung hinzuwirken. 3. Der Verwalter hat auf die Risiken einer spekulativen Anlage hinzuweisen!
39 OLG Celle v W 7/04, NZM 2004, Beschließt die Wohnungseigentümerversammlung (einstimmig!) die Rückstellung in einer Art und Weise anzulegen, die ordnungsmäßiger Verwaltung nicht entspricht, so kann den Verwalter gleichwohl eine Mithaftung für den (Teil-) Verlust der Anlage treffen, wenn er das Verlustrisiko der speziellen Anlage hätte erkennen müssen und gleichwohl weder die Eigentümerversammlung auf das bestehende Risiko hingewiesen noch seine Mitwirkung von einem gesonderten Beschluss der Eigentümerversammlung über die spezielle Anlage abhängig gemacht hat.
40 OLG Celle v W 7/04, NZM 2004, Was ist passiert? Die Wohnungseigentümerversammlung beschließt auf Vorschlag des Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats einstimmig (!), einen Teil der Rückstellung für eine riskante Anlage zu verwenden. Aufgrund einer im Beschluss erteilten Ermächtigung wirkte die Verwalterin mit dem Verwaltungsbeirat an der Unterzeichnung eines Treuhandvertrages zur Verwaltung der Gelder mit.
41 OLG Celle v W 7/04, NZM 2004, Nach Auffassung des OLG Celle hätte die Verwalterin auf den spekulativen Charakter der Anlage hinweisen und eine erneute Beschlussfassung der Gemeinschaft herbeiführen müssen. Sie hätte an der Umsetzung der Beschlussfassung ohne nochmalige ausdrückliche Warnung nicht mitwirken dürfen.
42 Haftungsrisiken für Verwalter und Verwaltungsbeiräte 42 Darf und muss der Verwalter Beschlüsse der Wohnungseigentümer anfechten, die eine spekulative Anlage der Rückstellung vorsehen? Nein.
43 Haftungsrisiken für den Verwalter und Verwaltungsbeiräte 43 Vorsicht Beratung! 1. Weder der Verwalter noch die Mitglieder des Verwaltungsbeirats sind Vermögensberater der Wohnungseigentümer und nicht ihr Finanzoptimierer! 2. Empfehlen der Verwalter oder Mitglieder des Verwaltungsbeirats eine riskante Anlage, und verwirklicht sich das Verlustrisiko ganz oder teilweise, so können sie im Falle einer unzureichenden oder fehlerhaften Beratung zum Schadensersatz verpflichtet sein. 3. Die unterbliebene Anfechtung eines auf Beratung hin gefassten Beschluss schließt die Schadensersatzpflicht nicht aus.
44 44 Die Darstellung der Instandhaltungsrückstellung in der Jahresabrechnung
45 Die Darstellung der Instandhaltungsrückstellung in der Jahresabrechnung 45 BGH v V ZR 44/09: Tatsächliche und geschuldete Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage sind in der Jahresgesamt- und Jahreseinzelabrechnung weder als Ausgabe noch als sonstige Kosten zu buchen. In der Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage, die in die Abrechnung aufzunehmen ist, sind die tatsächlichen Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Rücklage als Einnahmen darzustellen und zusätzlich auch die geschuldeten Zahlungen anzugeben.
46 Die Darstellung der Instandhaltungsrückstellung in der Jahresabrechnung 46 Es muss nicht zwingend ein separates Bankkonto für die Rückstellung angelegt werden. Dies ist aber empfehlenswert, da dies die Darstellung der Entwicklung der Rückstellung in der Jahresabrechnung erleichtert.
47 Die Darstellung der Instandhaltungsrückstellung in der Jahresabrechnung 47 Entnahmen aus der Instandhaltungsrückstellung sind in der Gesamtabrechnung (Darstellung der Entwicklung der Rückstellung) als Ausgaben darzustellen. Streitig ist, ob die Entnahmen auch in den Einzelabrechnungen als Kosten (Ausgaben) ausgewiesen werden müssen (hierzu Drasdo, NJW-Spezial 2017, 609). Sofern dies bejaht wird, sollen die Entnahmen aus der Rückstellung den Ausgaben wie eine Einnahme gegenübergestellt werden (LG Köln v S 156/15, ZWE 2018, 282 m.w.n).
48 48 Die Auflösung der Instandhaltungsrückstellung
49 Die Auflösung der Instandhaltungsrückstellung 49 Grundsätzlich können die WEer die vollständige Auflösung der Rückstellung beschließen. Ein solcher Beschluss dürfte aber regelmäßig gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßen. Eher zulässig ist die teilweise Auflösung der Rücklage oder die Umwidmung und Verwendung eines Teils der Rückstellung für andere Zwecke (z.b. Finanzierung eines Rechtstreits). Erforderlich ist aber, dass der verbleibende Betrag der Rückstellung die erforderliche Höhe erreicht. Ein Verwalter darf ohne Beschlussfassung die Rückstellung nicht zweckwidrig verwenden (LG Berlin v S 69/11 WEG, ZWE 2015, 460).
50 50 Haben Wohnungseigentümergemeinschaften die Beschlusskompetenz, bei Liquiditätsschwierigkeiten eine Kreditaufnahme mit Stimmenmehrheit zu beschließen?
51 Kreditaufnahme 51 BGH v V ZR 251/11: BGH v V ZR 244/14: 1. Es liegt in der Kompetenz der Wohnungseigentümer, die Aufnahme eines Kredits zur Deckung des Finanzbedarfs der Wohnungseigentümergemeinschaft zu beschließen. 2. Die Beschlussfassung der Gemeinschaft muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung genügen.
52 Kreditaufnahme 52 BGH v V ZR 251/11: BGH v V ZR 244/14: 3. Der Wohnungseigentümergemeinschaft fehlt aber die Kompetenz, den Wohnungseigentümern eine gesamtschuldnerische Haftung durch Mehrheitsbeschluss aufzubürden. 10 Abs. 8 WEG ordnet ausdrücklich nur eine teilschuldnerische persönliche Außenhaftung an.
53 53 Wann entspricht die Aufnahme eines Kredits zur Deckung des Finanzierungsbedarfs den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung?
54 BGH v V ZR 244/ Auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die Wohnungseigentümergemeinschaft kann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. 2. Voraussetzung ist allerdings, dass das Risiko einer Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung geklärt wurde; dies muss aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung hervorgehen.
55 BGH v V ZR 244/ Im Übrigen kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, ob die Kreditaufnahme den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Folgende Gesichtspunkte sind maßgeblich: Zweck des Darlehens: Je dringlicher die Maßnahme (dies kann auch eine Modernisierungsmaßnahme sein), desto eher treten andere Nachteile einer Finanzierung durch Darlehen bei der Abwägung zurück. Bestehen andere Finanzierungsquellen (Rückstellungen und die Möglichkeit der Erhebung einer Sonderumlage); überfordert eine Sonderumlage einzelne WEer, so kommt eine Darlehensfinanzierung in Betracht.
56 BGH v V ZR 244/14 56 Höhe der Zinsen, sonstige Zusatzkosten, Laufzeit des Darlehens, Rückzahlungsbedingungen. Eine längere Laufzeit als zehn Jahren entspricht nur in Ausnahmefällen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Höhe der Belastung für den einzelnen WEer. Kann die Gemeinschaft den Kredit sicher bedienen oder besteht die konkrete Gefahr, dass Beiträge ausfallen und durch von anderen WEern ausgeglichen werden müssen. Bestehen andere Finanzierungsquellen (Rückstellungen und die Möglichkeit der Erhebung einer Sonderumlage); überfordert eine Sonderumlage einzelne WEer, so kommt eine Darlehensfinanzierung in Betracht.
57 LG Düsseldorf v S 152/12 57 Folgende Umstände können Kreditaufnahme rechtfertigen: 1. Die Sanierung der Fassade ist dringend; sie muss kurzfristig erfolgen. Die Kosten betragen ,-- EUR. 2. Die Sanierung kann nach Angabe eines Sachverständigen nicht in Teilabschnitten erfolgen. 3. Die angesparte Rücklage ist nicht ausreichend 4. Eine Sonderumlage hätte mehrere Eigentümer überfordert; 5. Daher wird statt der Sonderumlage ein Kredit aufgenommen. 6. Die eine Hälfte ( EUR) wird aus der Rücklage, die andere Hälfte ( ,-- EUR) durch einen Kredit finanziert. 7. Jeder Wohnungseigentümer kann entscheiden, ob er an der Kreditfinanzierung teilnimmt oder den auf ihn entfallenden Teil der Umlage zahlt.
58 58 Ende
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