Die Bewertung von Stehgewässern mittels biologischer Qualitätskomponenten
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- Artur Dieter
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1 Die Bewertung von Stehgewässern mittels biologischer Qualitätskomponenten Wurden hier die falschen Bioindikatoren ausgewählt? Siedlungswasserwirtschaft und Wasserbau/Wasserwirtschaft Seminar 2005/06 von Jürgen Stuhlfauth
2 Inhaltsangabe 1. Einleitung 1.1 Allgemeines zur Wasserrahmenrichtlinie 1.2 Begriffserklärung 2. Typisierungskriterien von Seen 2.1 Seegröße 2.2 Ökoregion 2.3 Einfluss des Einzugsgebiets 2.4 Geologie 2.5 Schichtungseigenschaften 3. Bewertung nach den Vorgaben der EG-WRRL 4. Bewertungsrelevante Biozönosen 4.1 Phytoplankton 4.2 Makrozoobenthos 4.3 Makrophyten und Phytobenthos 4.4 Fische 5. Wurden hier die falschen Bioindikatoren ausgewählt? 2
3 1. Einleitung 1.1 Allgemeines zur Wasserrahmenrichtlinie Wasser ist ein kostbares Gut, dessen Verfügbarkeit und Qualität als Lebensgrundlage nicht nur für den Menschen nachhaltig zu sichern ist. Wasser ist ein essentielles Element im Naturhaushalt, d.h. es ist nicht nur H 2 O, sondern begründet Lebensräume und Lebensgemeinschaften Gewässer. Jedes Gewässer hat seine raumbezogene Geschichte, es integriert die spezifischen Prozesse und Eigenschaften seines Einzuggebiets über die Zeit. [1] Die EG- Wasserrahmenrichtlinie (verabschiedet am ) ist ein Meilenstein für die Gewässerpolitik im gesamten Europa. Zum ersten Mal wird auf Basis eines ökosystemaren Ansatzes gefordert, dass ein guter ökologischer Zustand erreicht werden soll. Dieser soll bis spätestens 2015 erreicht werden. Bisher wurde vornehmlich die Wassergüte bestimmt, mit Hilfe des neuen Ansatzes soll nun eine Gewässerbewertung möglich sein. Die Konzentration der Gewässergütebestimmung auf die biologischen Qualitätskomponenten Phytoplankton, Makrophyten und Phytobenthos, Makrozoobenthos und Fische bedeutet ein Novum im europäischen Gewässerschutz. [1] Vor der EG- Wasserrahmenrichtlinie war der Gewässerschutz auf die Verwaltung bzw. Modifizierung bestehender Richtlinien, wie zum Beispiel das Saprobiensystem, beschränkt. Aufgrund des neuen Gesetzes müssen nun viel mehr Parameter untersucht und ausgewertet werden. In großem Umfang wurden Forschungsprojekte und Verfahren, zur Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie, getestet und etabliert. Im Zuge dieser Forschung, wurden viele neue Erkenntnisse hinsichtlich Artenkenntnis, ökologischer Aussagekraft, ökosystemarer Zusammenhänge, Einzugsgebietsmanagement und Datenauswertung erhalten. Gefördert wurden diese Projekte von der Europäischen Union, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem Umweltbundesamt, den Länderarbeitsgemeinschaften Wasser und den einzelnen Bundesländern. [1] 1.2 Begriffserklärung Im Folgenden werden wichtige Begriffe definiert, um ein besseres Verständnis der Sachverhalte zu ermöglichen. 3
4 Ein See ist nach einer Definition von Thienemann (1925) und Forels (1901) eine allseitige geschlossene, in einer Vertiefung des Bodens befindliche, mit dem Meere nicht in direkter Kommunikation stehende stagnierende Wassermasse. Ein See lässt im Gegensatz zum Teich oder Weiher eine deutliche Gliederung in Litoral- und Profundalregion erkennen. [2] Ein Bioindikator ist eine bestimmte Tier- oder Pflanzenart, die auf biotische und abiotische Einflüsse reagiert. Die Aussagekraft eines Bioindikators ist umso größer, je empfindlicher er auf Veränderungen der äußeren Einflüsse reagiert. Die Vorteile der Bioindikatoren liegen in einer hohen Empfindlichkeit, sie reagieren auf geringste Veränderungen in ihrem Lebensraum (zum Beispiel Temperatur, ph, Nährstoffe). Als Biozönose oder auch Lebensgemeinschaft bezeichnet man in der Ökologie die Gesamtheit der Lebewesen, also die Artengemeinschaft, eines Biotops. Ein Biotop ist der Raum, in der die Biozönose lebt. Ein Ökosystem ist die systemische Wechselwirkung zwischen Biotopen und Biozönosen. [3] Zu den biozönotischen Grundprinzipien gehört: Je mehr ökologische Nischen vorhanden sind, desto artenreicher ist die Biozönose. Auch kann man sagen, je mehr sich die abiotischen Faktoren eines Biotops vom Idealwert entfernen, desto weniger Arten, aber mehr Individuen einer Art wird man in der Lebensgemeinschaft finden. Eine artenreiche Biozönose deutet darauf hin, dass sich die Lebensbedingungen in einem Biotop langsam und kontinuierlich verändert haben. Die Trophie bezeichnet in der Biologie das Nährstoffangebot eines Standorts. Trophie ist die Intensität der organischen photoautotrophen Produktion. Somit entspricht der trophische Status eines Gewässers der Verfügbarkeit bzw. Konzentration einzelner oder mehrerer auf die Primärproduktion limitierend wirkender Nährstoffe (vor allem Stickstoff- und Phosphatverbindungen, sowie verwertbarer Kohlenstoff). [3] Die Trophie eines Biotops oder eines Ökosystems ist ein abiotischer Standortfaktor, der die Herausbildung verschiedener Biozönosen im Verlaufe der Sukzession (=Entwicklung) mit prägt. Die Anreicherung eines Lebensraumes mit Nährstoffen nennt man Euthrophieren. 4
5 2. Typisierungskriterien von Seen Die Gestalt des Seebeckens und seines Einzugsgebietes sowie die geologische Situation haben erheblichen Einfluss auf die biologischen Prozesse im See: Fläche und Tiefe des Sees und damit Volumen und Ausdehnung des Wasserkörpers bestimmen wesentlich seine Eigenschaften, seine ökologische Individualität. [2] Um die verschiedenen Seen in Deutschland überhaupt bewerten zu können, wurden verschieden Kriterien / Kenngrößen (geographisch, topographisch, geologisch, hydrologisch und morphologisch) aufgestellt, nach welchen die Seen in verschiedene Typen eingeteilt wurden. Diese sind im Folgenden aufgeführt: [1] 2.1 Seegröße Nur Seen bzw. abgeschlossene Seebecken die eine Mindestgröße von 50 ha (entspricht 0,5 km 2 ) haben, werden überhaupt in das Bewertungsverfahren aufgenommen. 2.2 Ökoregion In Deutschland werden Seen der Alpen und Voralpen, der Mittelgebirge und des Tieflandes unterschieden, wobei die von Illies (1978) aufgestellt, auf der Höhenabgrenzung basierende Einteilung der Ökoregionen für die Fließgewässerfauna für Seen wahrscheinlich weniger relevant ist. 2.3 Einfluss des Einzugsgebiets Anders als es die Idealvorstellungen vom See als autarkem Ökosystem vermuten lässt, ist die engere und vielfach auch die weitere Umgebung in die abiotischen und die biotischen Prozesse des Sees einbezogen. Die Größe und der Aufbau sowie die klimatischen Verhältnisse des Einzugsgebietes beeinflusst erheblich Qualität und Menge des Wassers sowie das Ausmaß der Sedimentation. [2] Der Einfluss des Einzugsgebiets lässt sich mit Hilfe des Volumenquotienten als Verhältnis der Einzugsgebietsfläche (inkl. Seefläche) (EZG) zum Seevolumen (V) darstellen. EZG [km 2 ] / V [m 3 ] 1,5 5
6 Um Aussagen über den See treffen zu können wird untersucht, ob der Quotient größer bzw. kleiner / gleich 1,5 ist. Bei einem Volumenquotient bis zu 1,5 kann man anhand des bisher gesammelten Datenmaterials davon ausgehen, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen natürlichen See handelt. Ist der Volumenquotient größer als 1,5 kann man davon ausgehen, dass der See durch äußere Einflüsse stark von seinem natürlichen Zustand abweicht. Allgemein lässt sich sagen, je größer das Einzugsgebiet eines Sees, desto nährstoffreicher ist dieser (in den Alpen kann es zu Ausnahmen kommen). Jedoch kann die Nährstoffausnutzung der verschiedenen Seen sehr stark schwanken. Hier ist die Morphologie jedes einzelnen Sees ausschlaggebend. Bei großen flachen Seen werden die Nährstoffe produktiver umgesetzt als in einem kleinen tiefen See. Hier sinken die Nährstoffe auf den Grund des Sees und sind somit für viele Organismen nicht mehr erreichbar. In Zweifelsfällen, in Bezug auf die Einordnung, kann zusätzlich der Flächenquotient mit einbezogen werden. Dieser ergibt sich aus dem Verhältnis von Einzugsgebietsgröße zu Seefläche. 2.4 Geologie Die geochemischen Verhältnisse eines Sees werden ebenfalls für die Charakterisierung herangezogen. Besonders wird hierbei auf die Calcium-Konzentration geachtet. Diese wird im Seewasser gemessen und dahingehend beurteilt ob sie größer / gleich bzw. kleiner 15 mg l -1 ist. Ist die Konzentration höher / gleich als 15 mg l -1 spricht man von kalkreichen Seen, ist sie geringer, spricht man von kalkarmen Seen. Eine weitere Differenzierung erscheint momentan nicht sinnvoll, da bisher wenige kalkarme Seen im deutschen Mittelgebirge gefunden wurden. 2.5 Schichtungseigenschaften Man unterscheidet zwei Arten von Seen. Zum einen den geschichteten See und zum anderen den ungeschichteten See. Ein geschichteter See weist zwei Phasen auf. Es kommt nur selten zu einer Durchmischung des Sees. Die Nährstoffe sinken von oben nach unten und akkumulieren auf dem Seeboden. Eine Durchmischung findet meist jahreszeitabhängig statt. Im Frühjahr und im Herbst werden die unteren Wasserschichten aufgrund von Temperaturänderungen nach oben gewirbelt. Hierdurch werden die Nährstoffe, welche das Jahr über nach unten gesunken sind, mit in die oberen Schichten befördert und stehen den dort lebenden Organismen nun wieder zur 6
7 Verfügung. Diese Art See hat meist eine kleine Oberfläche und ist recht tief. Häufig findet man sie in der Alpenregion. Bei einem ungeschichteten See zirkulieren die Wassermassen häufig. Es kommt ständig zu einer guten Durchmischung des Sees. Die Nährstoffe, welche zu Boden sinken, sammeln sich hier nicht an, sondern werden wieder an die Oberfläche befördert. Diese Art See ist meist flach. Auf der Basis dieser fünf oben genannten Kriterien werden die Seen Deutschlands typisiert. Man kann sie somit in 14 verschiedene Seentypen einordnen, was eine leichtere Bewertung ermöglicht. Des Weiteren gibt es noch einen Sondertyp. Zu diesem zählen beispielsweise Altrheinarme. 3. Bewertung nach den Vorgaben der EG-WRRL Das Bewertungsverfahren basiert auf der taxonomischen Zusammensetzung und der Abundanz (Häufigkeit) der verschiedenen Organismen eines Sees. Hierbei bilden typspezifische Artengruppen die Ausgangsbasis für die Bewertung des Gewässers. Die Bewertung des Gewässers erfolgt mit Hilfe einer Indexbildung. Hierzu wird die zunehmende Degradierung als Abweichung der Biozönose von den Referenzzönosen beurteilt. Die Referenzzönose entspricht einem sehr guten ökologischen Zustand und ist somit das Leitbild der EG- Wasserrahmenrichtlinie. Das zu erreichende Ziel ist hingegen der gute ökologische Zustand. Als zusätzliche Kriterien werden die Versauerung bzw. die Versalzung eines Sees mit betrachtet. Auch kann die Massenentwicklung einer bestimmten Art ein Anzeichen dafür sein, dass der See nicht dem Referenzzustand entspricht. Denn die Massenentwicklung einer Art hat sehr häufig zur Folge, dass eine andere Art stark dezimiert wird. Die Trophie geht qualitativ in das Bewertungsschema über die taxonomische Zusammensetzung mit ein. Zusammengefasst werden die verschiedenen Teilergebnisse durch eine Mittlung, wobei es durch die oben genannten Zusatzkriterien zu einer Abstufung des Gewässers kommen kann. Durch Optimierung von Transekten und Festlegung repräsentativer Litoralstellen wird versucht, die Bewertung zu vereinfachen und zu verbessern. 7
8 Als Ziel des Bewertungsverfahrens kann man eine leitbildbezogene ökologische Bewertung ansehen. Bis 2015 sollen sich alle Stillgewässer in einem guten ökologischen Zustand befinden. 4. Bewertungsrelevante Biozönosen Zu den bewertungsrelevanten Biozönosen gehören: Phytoplankton Makrozoobenthos Makrophyten und Phytobenthos Fische Als Hilfskomponenten werden, unterstützend zu diesen Biozönosen, noch die chemischphysikalischen und die hydromorphologischen Parameter betrachtet. Diese werden aber in dieser Ausarbeitung nicht weiter berücksichtigt. Im Folgenden werden die einzelnen Biozönosen genauer beschrieben und die Bewertungsparameter näher erläutert. 4.1 Phytoplankton Phytoplankton (siehe Abbildung 1) als Bewertungsparameter, wurde durch die Wasserrahmenrichtlinie nicht neu eingeführt. Schon vor dem Jahr 2000 gab es Methoden und Verfahren, die sich mit dem Phytoplankton beschäftigten. Deshalb wurden zu Anfang, als Vorarbeit die Taxalisten harmonisiert. Dies war notwendig, da für ein und dieselbe Art mehrere lateinische Namen gebräuchlich waren. Der Grund Abbildung 1: verschiedene Arten an Phytoplankton [4] hierfür sind die im Laufe der Forschung neu gewonnenen Erkenntnisse, über die verwandtschaftlichen Verhältnisse. Die Harmonisierung erleichterte die Auswertung der Daten. Des Weiteren wurden bewertungsrelevante Beprobungsvorschriften erlassen. Es erfolgte eine Gliederung der Seen in einen Referenzzustand und vier Degradationsstufen. Der 8
9 Referenzzustand entspricht dem Leitbild der Wasserrahmenrichtlinie, einem sehr guten ökologischen Zustand. Die gesammelten Daten vor 2000 wurden in einer Phytoplanktondatenbank zusammengetragen. Alle in Zukunft gemessenen Daten werden in dieser Datenbank aufgeführt. Das Ziel der Phytoplanktonbewertung ist es, zu ermitteln, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine bestimmte Art innerhalb einer Trophiestufe anzutreffen ist. Phytoplankton ist ein sehr guter Indikator für organische Verschmutzung. Sind, aufgrund dessen, im Gewässer viele Nährstoffe vorhanden, kommt es leicht zu einer Algenblüte. Als weitere Bewertungsmerkmale dienen das Gesamtbiovolumen, sowie die Sichttiefe des Sees. Diese beiden Parameter sind eng mit der Nährstoffkonzentration des Sees verbunden. Auch spiegeln sich das Schichtungsverhalten und die Verweilzeit des Wassers in der Artenzusammensetzung wieder. Aussagen können zudem über die Abundanz der verschiedenen Arten sowie über die Chlorophyll a Konzentration gemacht werden. Früher war die Chlorophyll a Konzentration ein sehr wichtiges Bewertungskriterium, heute dient es nur zur Orientierung. Der Grund hierfür liegt in der hohen Schwankungsbreite der Messung. Die Konzentration an Chlorophyll a kann jahres- und tageszeitlich sehr unterschiedlich sein. Aufgrund der Gesamtartenanzahl, ist Phytoplankton nicht für eine Trophieindikation geeignet. In der Praxis bedeutet dies, es gibt zu viele verschiedene Arten an Phytoplankton, die unter dem Mikroskop ausgewertet werden müssten. Das wäre zeitlich und finanziell nicht praktikabel. Auch ist die Diversität der Phytoplanktonbiozönose nicht zur Trophieklassifizierung verwertbar. Die Zusammensetzung kann sich bei gleichen Seetypen sehr stark unterscheiden. Jedoch kann man auf der Ebene der einzelnen Arten das Phytoplankton als Bewertungsparameter sehr gut verwenden, denn einzelne Arten stellen eine homogene Einheit dar. Das bedeutet, dass auf Artniveau gute Bioindikatoren zu finden sind. 4.2 Makrozoobenthos Die Bewertung von Stehgewässern anhand von Makrozoobenthos (Makroinvertebraten / Wirbellose) wurde in Deutschland vor dem Jahre 2000 nur im norddeutschen Tiefland durchgeführt. Auch eine 9 Abbildung 2: typischer Vertreter von Makrozoobenthos [5]
10 standardisierte Vorschrift zur Makrozoobenthosprobenahme in Seen existiert bisher weder deutschland- noch europaweit." [1] Ein weiteres Problem besteht darin, dass die zu beprobenden Habitate sehr komplex sind und die Organismen in diesen Habitaten ungleich verteilt sind. Das neue deutsche Verfahren zur Seenbewertung mittels Makrozoobenthos integriert verschiedenste, auf ein Gewässer einwirkende Belastungsfaktoren und umfasst alle Bereiche von der Beprobung bis zur Bewertung, einschließlich Interpretationshilfen. Es ist an den Ansprüchen der EG-WRRL orientiert. [1] Durch die Bewertung von Makrozoobenthos verspricht man sich Aufschlüsse über die Beschaffenheit des Substrats sowie über die Sauerstoffkonzentration des Gewässers. Auch spiegeln diese Bioindikatoren, wie auch das Phytoplankton, den trophischen Zustand des Sees wieder. Eine Besonderheit von Makrozoobenthos ist es, zum einen diffuse Einträge, wie sie beispielsweise durch die Landwirtschaft entstehen und zum anderen punktuelle Einträge, die durch Kläranlagen oder industrielle Anlagen in den See gelangen, anzuzeigen. Bis Mitte 2005 wurden nur Seen des Tieflands bewertet und eingestuft. 4.3 Makrophyten und Phytobenthos Makrophyten (höhere Wasserpflanzen) und Phytobenthos (auf Steinen festsitzende Algen) sollen als Bioindikatoren verwendet werden. Chemische Untersuchungen von Wasserproben können nur den Zustand zum jeweiligen Entnahmezeitpunkt dokumentieren. Deshalb kommt der jeweiligen Makrophytenvegetation, insbesondere Abbildung 3: Makrophyten [6] in ihrer spezifischen Artenkombination bzw. Wuchsform, aufgrund ihrer Lebensdauer eine besonders gute und integrative Indikatorfunktion für alle physikochemischen Standortfaktoren und deren Veränderungen in der Zeit zu. [3] Da Makrophyten und Phytobenthos vor der EG- Wasserrahmenrichtlinie jedoch nicht für die Bewertung eines Sees verwendet wurden, müssen zuerst Beprobungsvorschriften erstellt werden. (Bei Fließgewässer ist dieser Parameter ein Kriterium um die Qualität des Gewässers zu bestimmen.) Bis heute befindet sich dieses Verfahren in einem bundesweiten Praxistest. Man verspricht sich hiervon wichtige Erkenntnisse über die Strukturelemente des Seeufers. Des Weitern sind Makrophyten und Phytobenthos Indikatoren für Trophie, Wasserhärte und Ufermorphologie. 10 Abbildung 4: festsitzende Algen [9] [7]
11 4.4 Fische Fische zeichnen sich im Gegensatz zu den oben genannten Bioindikatoren dadurch aus, dass sie eine Mobilität und relative Langlebigkeit aufweisen. Somit können sie als räumliche und zeitliche Bewertungskomponente dienen. Sie sind Primär- bzw. Sekundärkonsumenten und stehen somit am sog. Ende der Nahrungskette. In den Organen der Fische werden sich somit höher Dosen eines Schadstoffs finden lassen, als in kleineren Organismen des Sees, da diese in den Fischen akkumuliert werden. (Dieser Aspekt ist allerdings für die Umsetzung der EG-WRRL unerheblich.) Die Fische dienen in ihrer Zusammensetzung und der Abundanz (Häufigkeit) als sehr gute Parameter in Bezug auf die Qualität des Gewässers. Auch kann man über die Altersstruktur entscheidende Aussagen über den Zustand des Sees treffen. Es besteht eine Korrelation der Trophie und morphologischer Parameter wie z.b. Tiefe und Volumen in Zusammenhang mit der Fischfauna. Jedoch gibt es bislang keine Belege, dass Fische Defizite der Uferstruktur oder die Nutzungsintensität des Sees widerspiegeln. Um diesen Abschnitt des Sees genauer zu untersuchen, müssen andere Bioindikatoren verwendet werden. Dennoch sind Fische gute Indikatoren für Eutrophierungserscheinungen sowie für strukturelle und hydrologische Veränderungen. Bei einer Eutrophierung kommt es häufig zu einer verringerten Artenanzahl aber einer erhöhten Individuenanzahl. Schwermetalle sowie organische Chemikalien können sich in den Fischen ansammeln und sind somit als Belastung für den See zu erkennen. Die strukturellen und hydrologischen Veränderungen betreffen zumeist die Laichgebiete eines Sees. Durch Abbildung 5: Fische [10] künstliche Änderungen des Seewasserspiegels kommt es zu einem Wegfall der Laichplätze. Wie zum Beispiel durch anthropogen entstandene Gewässer, z.b. Talsperren. Die Reaktion der Fischgemeinschaft auf die anthropogenen Änderungen sieht unter anderem wie folgt aus. Es kommt zu einer Änderung der Biomasse was zumeist mit einer Änderung der Artenanzahl einhergeht. Hierbei kann sich auch die Artenzusammensetzung eines Sees ändern. Neue Arten können von außen eingetragen werden und finden im See freie Ökologische Nischen. Eine weitere Reaktion ist eine deutliche Veränderung im Wachstum und der Reproduktion der Fische. Diese ist wie oben beschrieben auf strukturelle und hydrologische Veränderungen zurückzuführen. [8] 11
12 5. Wurden hier die falschen Bioindikatoren ausgewählt? Meines Erachtens wurden nicht die falschen Bioindikatoren ausgesucht. Die 4 Lebensgemeinschaften zeigen einen guten Querschnitt durch die Organismen im See (Wirbeltiere, Wirbellose und Pflanzen). Auch werden, wenn es zu allen Bioindikatoren ein funktionsfähiges Beprobungsverfahren existiert, alle Abschnitte des Sees von der Bewertung abgedeckt. Hier muss sich jedoch noch zeigen, ob diese Beprobungsverfahren auch durchführbar sind. Auch die hohe Anzahl an störenden Einflüssen, welche indirekt erkannt werden ist meiner Meinung nach sehr gut. Schädliche Einflüsse von Industrie, Landwirtschaft und Freizeitnutzung können gut erkannt werden. Für Seen unter 50 ha sollte es zwar auch eine einheitliche Regelung geben, jedoch ist es von höherer Priorität die großen stehenden Gewässer zu sanieren. Als negativen Aspekt kann man anmerken, dass Tiere, welche nur kurz oder in bestimmten Jahreszeit (z.b. Zugvögel) am oder vom See leben, in einer solcher Bewertung nur sehr wenig berücksichtigt werden. Auch hätte man zusätzlich noch das Zooplankton mit in die Bewertung mit aufnehmen müssen. Denn das Zooplankton ist ein wichtiger Bestandteil der Nahrungskette im Ökosystem See. Algenfressende Zooplankter reduzieren die Biomasse des Phytoplanktons, während die Zooplankter ihrerseits von verschiedenen Fischarten gefressen werden. Insbesondere als Nahrungsgrundlage vieler Jungfische kommt dem Zooplankton große Bedeutung zu. [9] 12
13 Literatur [1] C.K. Feld, S. Rödiger, M. Sommerhäuser, G. Freidrich: Limnologie aktuell, E.Schweizerbart`sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, 2005 [2] H.W. Bohle, Spezielle Ökologie, Limnische Systeme, Springer Verlag Berlin Heidelberg 1995 [3] R.Pott, Gewässer des Binnenlandes, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 2000 [4] [5] galeriem12.htm [6] bd_auwaldsee_benthal.htm [7] [8] [9] 13
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