Ortsbegehung und Potenzialabschätzung für streng oder besonders geschützte Vogel- und Fledermausarten
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- Nadine Färber
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1 Bebauungsplan Lauenburg 93 Ortsbegehung und Potenzialabschätzung für streng oder besonders geschützte Vogel- und Fledermausarten 1. Anlass und Aufgabe Die Stadt Lauenburg plant die Aufstellung des Bebauungsplans 93 zur Neugestaltung der Stadtmitte. Es ist unter anderem geplant, die vorhandenen Flachbauten abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen sowie das Gebäude Stappenbecks Saal umzugestalten. Das Plangebiet befindet sich zwischen den Straßen Fürstengarten im Osten, Alte Wache im Süden Berliner Straße im Norden und Am Vorwerk im Westen. Es umfasst eine Fläche von ca. 1,5 ha (Abb. 1). Im Rahmen der Umweltprüfung nach 2 Abs. 4 BauGB sind im Planverfahren u.a. die Belange des Biotop- und Artenschutzes zu berücksichtigen. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) regelt in den 44 und 45 die Belange des besonderen Artenschutzes. Die dort genannten Verbotstatbestände definieren Beeinträchtigungen von geschützten Arten und deren Lebensräumen, die nur unter eng gesteckten Rahmenbedingungen zulässig sind. Um mögliche artenschutzrechtliche Konflikte zu beurteilen, wurde eine Inaugenscheinnahme des Gebäudebestands hinsichtlich potenzieller Vorkommen von streng oder besonders geschützten Vogel- und Fledermausarten und eine Überprüfung auf aktuelle Fledermausvorkommen im Rahmen einer Detektorbegehung beauftragt. Im vorliegenden Bericht werden das sich aus der Untersuchung ableitende potenziell betroffene Artenspektrum und die sich daraus ergebenden artenschutzrechtlichen Erfordernisse an die Planung beschrieben. Seite 1 von 5
2 Abb. 1: B-Plangeltungsbereich (= Untersuchungsgebiet),rotes = abzureißendes Gebäude, blaues = umzubauendes Gebäude (Quelle: STADT LAUENBURG 2015) 2 METHODIK 2.1 Ortsbegehung Der Gebäudebestand, insbesondere die zum Abriss oder zum Umbau vorgesehenen Gebäude, wurde im Rahmen einer Ortsbegehung am 20. September 2015 von außen auf potenzielle Habitate von Vogel- und Fledermausarten untersucht. Es wurde nach Einflugmöglichkeiten für Vögel und Fledermäuse, Nischen und Gebäudespalten sowie Kot, Urin und weiteren Spuren gesucht. 2.2 Detektorerfassung Am 20. September erfolgte in den Abendstunden eine Begehung mit 2 Personen zur Ermittlung von Balzquartieren, schwärmenden Tieren und Quartierseinflügen. Die Ultraschallrufe der Fledermäuse wurden mit Hilfe der Batdetectoren D240 von Pettersson, batlogger der Firma Elekon und em3+ der Firma wildlifeacoustics hörbar gemacht. Auf diese Weise können die Arten bestimmt und ihr Verhalten (Balz, Jagd oder Transferflug) ermittelt werden. Rufe, die im Gelände nicht eindeutig einer Art zuzuordnen waren, wurden aufgezeichnet und computergestützt mit der Software bateplorer der Firma Elekon ausgewertet. Außerdem wurde nach ein- oder ausfliegenden Tieren an Gebäuden und Bäumen Ausschau gehalten. Seite 2 von 5
3 3 ERGEBNISSE 3.1 Ortsbegehung An den Außenfassaden der untersuchten Gebäude konnten keine konkreten Hinweise auf Fledermaus- und Brutvogelvorkommen gefunden werden. Als Brutplatz und Fledermausquartier geeignete Nischen, Gebäudespalten und Dachöffnungen sind im nördlichen Gebäudeteil von Stappenbecks Saal vorhanden. Es handelt sich um den für einen Umbau vorgesehenen Gebäudeteil (Abb.1). Möglich sind Brutvorkommen folgender Vogelarten: Bachstelze Blaumeise Grauschnäpper Hausrotschwanz Haussperling Kohlmeise Mauersegler Straßentaube Vorkommen von Mehlschwalben sind unwahrscheinlich, da keine Nestspuren gefunden wurden. Auch Vorkommen der Rauchschwalbe sind wegen der innerstädtischen Lage nicht zu erwarten. Für folgende Fledermausarten ist das Gebäude als Quartier grundsätzlich geeignet: Zwergfledermaus (Wochenstube, Sommer-, Paarungs-, Zwischen- und Winterquartier) Rauhautfledermaus (als Männchen- Sommerquartier, Balz-, Paarungs-,Zwischen- und Winterquartier) Breitflügelfledermaus (als Wochenstube, Sommer-, Zwischen- und Winterquartier) Wasserfledermaus (als Männchen- Sommerquartier, Zwischen- und Winterquartier) Da während des Sommerhalbjahres 2015 im unmittelbar angrenzenden Bereich des Fürstengartens umfangreiche Fledermauserfassungen durchgeführt wurden, wurde das potenzielle Artenspektrum des Untersuchungsgebietes auf die dort nachgewiesenen Arten begrenzt. Vorkommen anderer gebäudebewohnender Arten wie Bart-, Fransen-, Teich-, Zweifarb- und Mückenfledermaus, Großes Mausohr, Braunes und Graues Langohr sind nicht zu erwarten. Ebenfalls nicht zu erwarten ist der im Umfeld nachgewiesene aber überwiegend in Baumhöhlen vorkommende Große Abendsegler. Die übrigen Gebäude sind hingegen sämtlich als Brut- und Fledermausquartier ungeeignet. Seite 3 von 5
4 3.2 Detektorerfassung In einer Kastanie im Norden des Marktplatzes südlich des Gebäudes Berliner Straße 20 wurde ein Balzrevier der Rauhautfledermaus festgestellt. Hier konnte auch ein weiteres in das Quartier einfliegendes Tier beobachtet werden. Somit ist der Baum als Paarungsquartier zu beurteilen. Die Rauhautfledermaus übersommert nur in geringer Anzahl in Nordwestdeutschland, Wochenstuben sind selten. Meist handelt es sich um einzelne Männchen. Im Herbst erfolgt dann ein Einflug aus Nordosteuropa. In dieser Zeit werden in Norddeutschland Baumhöhlen und nischen, seltener auch Spalten an Holzfassaden von Gebäuden als Paarungsquartier genutzt. Die Überwinterung erfolgt meist weiter südwestlich. Einzeltiere werden aber auch immer wieder an Gebäuden, Bäumen und sogar in Holzstapeln gefunden. Im Untersuchungsgebiet wurden darüber hinaus keine Fledermausrufe aufgezeichnet. In der Umgebung konnte am Fürstengarten und nördlich des Postgebäudes an der Berliner Straße 17 jeweils ein Balzrevier der Zwergfledermaus festgestellt werden. Es ist nicht auszuschließen, dass die Zwergfledermaus in den vorhandenen Gebäudespalten des Postgebäudes ein Paarungsquartier besitzt. Auch für den Fürstengarten ist von einem Paarungsquartier in der unmittelbaren Umgebung, nicht jedoch im Untersuchungsgebiet auszugehen. Im Gebäudebestand des Untersuchungsgebietes kann das Vorhandensein von individuenreichen Winterquartieren mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Die Überwinterung einzelner Tiere der Rauhaut- oder auch Zwergfledermaus ist jedoch nicht auszuschließen. 3.3 Zusammenfassung der Ergebnisse Im nördlichen Gebäudeteil von Stappenbecks Saal sind Fledermausquartiere und Vogelbrutplätze nicht auszuschließen. In den übrigen abzureißenden Gebäuden sind weder Fledermausquartier noch Vogelbrutplätze zu erwarten. In der Kastanie im Norden des Marktplatzes befindet sich ein im Herbst zur Paarung genutztes Quartier der Rauhautfledermaus. 4 HINWEISE ZUR PLANUNG Um Brutvorkommen oder Wochenstubenquartiere im nördlichen Teilbereich von Stappenbecks Saal sicher ausschließen zu können, sind Arterfassungen zur Brut- und Wochenstubenzeit erforderlich. Hierzu ist das Gebäude im Rahmen von 2 Brutvogelbegehungen im Ende April und im Juni/Juli sowie im Rahmen von 2 Detektorbegehungen zur Wochenstubenzeit Ende Mai und Anfang Juli untersucht werden. Außerdem ist das Gebäude vor Beginn der Baumaßnahmen auch im Innenbereich auf Hinweise auf Fledermäuse zu überprüfen. Ist eine solche Erfassung nicht möglich, ist im Sinne eines worst-case-szenarios zur Vermeidung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen das potenzielle Brutvogel- und Fledermausartenspektrum für die artenschutzrechtliche Beurteilung der Baumaßnahmen heranzuziehen. Daraus ergeben sich folgende artenschutzrechtliche Auflagen: Seite 4 von 5
5 Um die Tötung oder Verletzung von Individuen und erhebliche Störungen ( 44 Abs. 1 Nr.1 und 2 BNatSchG) zu vermeiden, sind die Gebäudeinnenräume vor Beginn der Baumaßnahmen auf Hinweise auf Fledermäuse und Brutvogelvorkommen zu überprüfen Baumaßnahmen, die die Schließung von Mauernischen und Einflugmöglichkeiten in den Dachstuhl betreffen außerhalb der Wochenstuben- (Mai-Juli) und Winterquartierszeit (Oktober-März) durchzuführen Um die ökologische Funktion potenzieller Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang zu erhalten ( 44 Abs. 1 Nr.3 und Abs. 5 BNatSchG), sind als vorgezogener Ausgleich vor Beginn des Gebäudeumbaus folgende Maßnahmen erforderlich: Anbringen von insgesamt 2 Kastengruppen á 3 Fledermausflachkästen, darunter pro Kastengruppe jeweils ein als Ganzjahresquartier geeigneter Kasten an Gebäuden im Umfeld des Untersuchungsgebietes (Radius ca. 500 m) Anbringen von 2 Mauerseglerkästen, 2 Haussperlingskästen und 2 für Nischenbrüter geeignete Nistkästen an Gebäuden im Umfeld des Untersuchungsgebietes (Radius ca. 500 m) Die Standorte, an denen die Kästen angebracht werden, müssen sich in ca. 5 m Höhe in Südwest, Süd-, Südost oder Osteposition befinden und einen freien Luftraum von mindestens 5 m in alle Richtungen aufweisen. Für den Abriss der übrigen Gebäude ergeben sich aus dem Artenschutzrecht keine Planungserfordernisse. Sofern die Kastanie im Norden des Marktplatzes nicht erhalten werden kann, ergeben sich folgende artenschutzrechtliche Auflagen: Um die Tötung oder Verletzung von Individuen und erhebliche Störungen ( 44 Abs. 1 Nr.1 und 2 BNatSchG) zu vermeiden, sind Höhlungen und Nischen des Baumes unmittelbar vor Rodung auf Fledermausvorkommen zu überprüfen. Um die ökologische Funktion potenzieller Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang zu erhalten ( 44 Abs. 1 Nr.3 und Abs. 5 BNatSchG), sind als vorgezogener Ausgleich vor der Rodung 3 Fledermausrundkästen an Bäumen im Umfeld des Untersuchungsgebietes (Radius ca. 500 m) anzubringen., Dipl. Geogr. Jochen Köhnlein 5 QUELLEN STADT LAUENBURG (2015): Bebauungsplan Nr. 93, Östlicher Ortskern Bereich zwischen Berliner Straße, Fürstengarten, Alte Wache, Am Vorwerk. Seite 5 von 5
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