Rollenspiel Strafverfahren Missverständnis am Bahngleis

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1 Rollenspiel Strafverfahren Missverständnis am Bahngleis Zeugenschaftliche Vernehmung: 03. Januar 2008 Schüler Bernd Schmiedemann geb. am Zeuge wurde ordnungsgemäß belehrt und macht folgende Angaben: Die Polizei ist heute hier im Krankenhaus erschienen und möchte mich zu dem Vorfall vom letzten Mittwoch, 29. Dezember 2007 befragen. Ich fühle mich sehr schwach, aber ich möchte eine Aussage machen: Ich war auf dem Weg zum Bahnsteig 2 und wollte nach Düsseldorf. Ich wollte dort zum Geigenunterricht fahren, wie jeden Mittwoch. Da kam ein Mann auf mich zu, der sprach mich an. Auf Befragen: Ja, das war noch auf der Treppe. Da sprach er mich an, er ist dann mit mir auf den Bahnsteig gekommen. Der war sehr groß, bestimmt 2 m oder so. Ich konnte ihn aber nicht richtig verstehen, der sprach wohl russisch oder polnisch, ich weiß nicht genau. Der Zug war auch schon in der Nähe, es war ziemlich laut. Ich glaube, der wollte irgendwas wegen einem Zug wissen, ich wollte ihm ja helfen, aber ich habe ihn nicht verstanden. Das war mein Zug, der da einfuhr. Ich wollte dann gerade los, zum Zug, da hielt er mich aber irgendwie auf. Er sah irgendwie wütend aus, schrie irgendwas, ich konnte es aber nicht verstehen. Wie es dann weiter ging, weiß ich nicht mehr so genau. Der Mann beschimpfte mich. Das wurde mir dann komisch und ich ging dann weiter Richtung Gleise, ich wollte ja auch meinen Zug nicht verpassen. Da kam der Mann von hinten hinter mir her. Auf Nachfragen: Nein, ich habe nicht weiter auf ihn geachtet. Ich dachte, der lässt mich jetzt in Ruhe. Da spürte ich plötzlich seine Hand an meinem Rücken. Ich versuchte mich noch umzudrehen, aber da fiel ich schon. Er schubste mich vom Bahnsteig herunter. In dem Moment kam gerade der Zug. Ich fiel dann irgendwie so seitlich, nicht direkt auf die Schienen. Ich weiß nicht mehr, was danach passiert ist. Ich habe keine Erinnerung mehr.

2 Auf Nachfragen: Nein, ich bin nicht gestolpert oder so. Der Mann hat mich geschubst, da bin ich mir ganz sicher. Das war ein kräftiger Stoß und er sah mich ja auch so wütend an dabei. Er hatte gar keinen Grund! Ich hatte doch gar nichts gemacht. Das nächste, was ich weiß, war dass ich in einem Krankenwagen lag, und dann, dass ich im Krankenhaus war. Ein Arzt sagte mir, dass man mir den rechten Arm amputiert habe. Ich habe auch innere Verletzungen. Deshalb muss ich wohl auch noch eine Weile hierbleiben. Die Ärzte wissen noch nicht, wie das weitergeht. Ja, ich habe sehr starke Schmerzen. Ich werde nie wieder Geige spielen können. Nein, ich habe von dem Täter nichts gehört. Der hat sich nicht bei mir entschuldigt. Nachtrag der Polizei: 05. Januar 2008 Das Klinikum Elberfeld rief heute an und teilte mit, dass der Patient Schmiedemann in der vergangenen Nacht verstorben sei. Todesursache sei letztlich ein Organversagen aufgrund der schweren inneren Verletzungen gewesen.

3 Zeugenschaftliche Vernehmung: 27. Februar 2008 Schüler Florian Schmitz geb. am Zeuge wurde ordnungsgemäß belehrt und macht folgende Angaben: Ich kann mich noch genau erinnern an diesen Mittwoch letzten Dezember. So was vergisst man ja auch nicht. Da gab es diesen schrecklichen Unfall. Ich stand auf dem Bahnsteig und wartete auf den Zug. Plötzlich sah ich dann diesen Jungen da lang laufen. Und da war dann dieser Mann dahinter. Der rief irgendwas. Bleib stehen oder so ähnlich. Es sah so aus, als ob er den Jungen aufhalten wollte. Auf Nachfragen: Ja, der sah schon ziemlich wütend aus, als er hinter dem Jungen her lief. Dann ging es plötzlich ganz schnell. Gerade in dem Moment, wo der Zug einfuhr, sah ich, wie der Junge da runter flog. Er fiel genau vor den Zug. Auf Nachfragen: Ich kann nicht sagen, ob der Mann ihn geschubst hat, es ist möglich, aber ich weiß es nicht. Der Mann ist dann weggelaufen. Ich hab aber auch nicht mehr auf ihn geachtet. Ich habe sofort den Krankenwagen mit meinem Handy gerufen. Die kamen dann auch schon kurz danach und haben den Jungen mitgenommen. Jetzt fällt mir noch was ein: Kurz bevor der Junge da runter stürzte, kam es noch zu einem Handgemenge zwischen den beiden oder so. Ich konnte das nicht genau sehen, aber es sah so aus, als ob die sich streiten würden. Ich wusste nicht, dass der Junge verstorben ist. Das erfahre ich erst heute. Das tut mir schrecklich leid.

4 Beschuldigtenvernehmung: 07. März 2008 des Waldemar Mileris geb. am in Kiew / Ukraine Der Beschuldigte wurde ordnungsgemäß belehrt und erklärt: Ich möchte aussagen. (Die Aussage wurde gedolmetscht durch den vereidigten Dolmetscher Hrn. Protulla) Ich lebe seit drei Jahren in Deutschland. Ich komme aus der Ukraine. Ich bin aber deutscher Staatsbürger. Meine Großeltern sind damals aus Deutschland in die Ukraine ausgewandert. Ich kann noch nicht gut Deutsch sprechen. An dem Tag war ich am Bahnhof. Ich musste zur Ausländerbehörde in Barmen. Ich wusste nicht, welchen Zug und welches Gleis ich nehmen sollte. Ich hatte einen dringenden Termin dort und war schon ganz verzweifelt, weil ich Angst hatte, zu spät zu kommen. Ich hatte schon mal einen Termin verpasst und dann habe ich kein Geld bekommen für den Monat. Ich konnte die Fahrpläne nicht lesen und musste ganz schnell nach Barmen. Da fragte ich diesen Jungen um Hilfe. Der sagte: Lass mich in Ruhe, ich habe keine Zeit und ging weiter. Da bin ich hinter ihm her. Ich fragte ihn noch mal. Er sagte: Geh doch nach Hause. Ich helfe Dir nicht, oder so ähnlich. Ich weiß es nicht mehr genau. Wir standen da mittlerweile schon fast am Bahnsteig. Auf Nachfragen: Ja, er war immer weiter gegangen, ich bin immer hinter ihm her. Ich weiß nicht, warum ich nicht jemand anderes gefragt habe. Ein bisschen ärgerte ich mich schon, dass er mir nicht helfen wollte. Er musste doch sehen, dass ich keine Ahnung hatte, was ich tun sollte. Der Junge wurde richtig böse. Er beschimpfte mich. Wir standen da direkt an den Gleisen. Ich fasste ihn an der Jacke, damit er sich erstmal beruhigt und stehen bleibt. Da riss er sich ganz plötzlich los. Es kann sein, dass ich ihn feste gepackt habe. Ich war ja auch verärgert, weil er mir nicht helfen wollte. Bei uns zu Hause gibt es so was nicht. Da hilft jeder jedem. Er wollte dann losrennen, ist aber direkt vom Bahnsteig gefallen. Da kam schon der Zug. Ich weiß nicht, ob er gestolpert ist, oder ob er nicht gesehen hat, dass da schon der Bahnsteig zu Ende war. Ich wollte ihn noch halten, aber es war schon zu spät. Nein, ich habe den Jungen nicht runter gestoßen. Warum sollte ich das tun? Ich würde niemals so etwas tun.

5 Ja, ich habe gehört, dass der Junge gestorben ist. Das tut mir schrecklich leid. Ich wollte das nicht. Es war alles ein Unfall. Wenn ich gewusst hätte, was passiert, hätte ich den Jungen nicht festgehalten. Ich hatte Angst, dass ich Ärger mit der Polizei bekomme und vielleicht zurück in die Ukraine geschickt werde. Deshalb bin ich vom Bahnhof weggelaufen. Das war falsch. Das weiß ich, aber ich hatte damals Panik. Wirklich, ich wollte nicht, dass dem Jungen irgendwas passiert. Auszug aus dem StGB: 211. Mord (1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer [ ] heimtückisch [ ] einen anderen Menschen tötet Totschlag (1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit einer Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft Fahrlässige Tötung Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

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