Schlüsselrolle im gesellschaftlichen Stoffwechsel Potenziale und Perspektiven von Urban Mining
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- Busso Franke
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1 Schlüsselrolle im gesellschaftlichen Stoffwechsel Potenziale und Perspektiven von Urban Mining Prof. Dr. Stefan Bringezu Vortrag beim 3. Urban Mining Kongress Urban Mining in der Bauwirtschaft 13. Juni 2012 Iserlohn Center for Environmental Systems Research Universität Kassel Leiter FG Stoffströme und Ressourcenmanagement Wuppertal Institut
2 Der Vortrag Herkömmliches Mining Urban Mining Gesellschaftlicher Stoffwechsel und physisches Wachstum Ressourcenmanagement des Baubestands: Beispiel Zürich Recyclingoptionen: Baumineralien Metalle Kunststoffe Teilabriss und Umnutzung von Altgebäuden Herausforderung für Urban Mining: Innovationen am Bau Schlussfolgerungen 13. Mai 2012 Seite 2
3 Herkömmliches Mining Urban Mining Gesellschaftlicher Stoffwechsel und physisches Wachstum Ressourcenmanagement des Baubestands: Beispiel Zürich Recyclingoptionen: Baumineralien Metalle Kunststoffe Teilabriss und Umnutzung von Altgebäuden Herausforderung für Urban Mining: Innovationen am Bau Schlussfolgerungen 13. Mai 2012 Seite 3
4 Wirtschaftswachstum koppelt von Rohstoffextraktion ab Globale genutzte Extraktion Baumineralien: Förderung wächst rapide inbes. in EL Source: UNEP (2011) after Krausmann et al Mai 2012 Seite
5 Global wächst die Belastung durch Primärextraktion weiter Von 2000 bis 2030: ca. Verdoppelung genutzte Extraktion Ungenutzte Extraktion 2-3 mal höher und steigt überproportional 10 9 t *not shown: e.g. in 2000: 50 bill t used plus bill t unused extraction mehr Abfall, Abwasser, Landschaftsveränderungen 13. Mai 2012 Sources: Aachen Foundations based on SERI/FoE 2009; Mudd 2009 Seite 5
6 Rohstoffgewinnung bedeutet erhebliche Eingriffe Beispiel Kalksteinabbau Lengerich sdf Fotos: Fabian Hanneforth 13. Mai 2012 Seite
7 Die verbauten Materialien haben eine Vorgeschichte Beispiel Baustahl: das Erz kommt auch aus Brasilien Metallische Rohstoffe werden im Bergbau gewonnen Duisburg Nord Werkstoffe werden energieaufwändig erzeugt Carajás Mine, Brasilien Duisburg Nord Primärmaterial pro Tonne Stahlträger: 8, 1 t/t Hochofenstahl 1,5 t/t Recyclingstahl 13. Mai Seite Quelle:
8 Alternative: Urban Mining oder die Nutzung anthropogener Materiallager Materialbestand an langlebigen Gütern (Gebäude, Infrastrukturen) Urban Mining i.e.s. Langlebige Gebrauchsgüter Verwertung von Altfahrzeugen; WEEE; existierende Regelungen der Kreislaufwirtschaft Mobilisierung der "Hibernating Stocks" Deponien 13. Mai 2012 Seite 8
9 Wie ergiebig wären Altdeponien bzw. Altablagerungen in Deutschland? Metalle Geschätzter Gehalt in Altablagerungen (Rettenberger 2009) Jährliche Industrie- Produktion Eisen/Stahl 26 Mio t 45 Mio t Kupfer t t Aluminium t t Absoluter Lagerbestand Jährlicher Fluss Komplette Nutzung würde theoretisch nur aktuellen Bedarf für 0,5 bis 1 Jahr decken Altablagerungen müssten abgegraben werden Es sollte ergiebigere Quellen geben 13. Mai 2012 Seite 9
10 Herkömmliches Mining Urban Mining Gesellschaftlicher Stoffwechsel und physisches Wachstum Ressourcenmanagement des Baubestands: Beispiel Zürich Recyclingoptionen: Baumineralien Metalle Kunststoffe Teilabriss und Umnutzung von Altgebäuden Herausforderung für Urban Mining: Innovationen am Bau Schlussfolgerungen 13. Mai 2012 Seite 10
11 Die Gesellschaft im Strom der Materialien 13. Mai 2012 Seite 11
12 Die Gesellschaft im Strom der Materialien deutsche Durchschnittszahlen pro Kopf 6 t fossile Energieträger 7 t Baumineralien 3 t Nahrungsmittel 12 t CO 2 -Äquiv 1 t Bauabfälle i.e.s. 0,6 t Siedlungsabfall 0,4 t auf Deponien 13. Mai 2012 Seite 12
13 Die Gesellschaft im Strom der Materialien deutsche Durchschnittszahlen pro Kopf 7 t Baumineralien 1 t Bauabfälle i.e.s. 0,9 t RC + Verwertung 0,1 t auf Deponien Bauabfälle werden bereits zum Großteil verwertet Warum ist der Anteil an Sekundär- Input nicht höher? 13. Mai 2012 Seite 13
14 Materialbestand an Bauwerken und langlebigen Gütern wächst: ca. 10 t pro Kopf jährlich Materialkonto Deutschlands 2009* [Mio t] Bestandszuwachs 805 Abfall an Deponie 35 Quelle: nach DESTATIS 2011, Bericht UGR Solange der Bestand wächst, kann selbst 100% RC den Bedarf nicht decken 13. Mai 2012 Seite 14
15 Langfristig: Netto-Null-Wachstum des Bestands unumgänglich Externe Begrenzungen: Horizontale Ausdehnung in der bebauten Fläche in Konflikt mit Ernährungssicherheit, Lebensqualität und Naturschutz Vertikale Ausdehnung in Konflikt mit Bauwerksstabilität, baulichem Aufwand, Solarisierung, multizentrischer Siedlungsstruktur Interne Treiber: Steigender Aufwand für Bestandserhaltung Sättigung der Nachfrage Quelle: Europäische Kommission 13. Mai 2012 Seite 15
16 Materialbestände und flüsse in Infrastrukturen Deutschland 2007 Input bereits durch Instandhaltung dominiert Je größer der Bestand, desto größer auch der jährliche Unterhaltungsaufwand Anteil an der jährlichen Gesamtproduktion/-verbrauch (ohne Beachtung von Recycling) Eisen und Stahl** Kupfer** Aluminium** Mineralische Rohstoffe* in 1000 t in 1000 t in 1000 t in 1000 t Gesamtproduk tion* bzw. - verbrauch** jährlicher Materialbedarf Infrastruktursysteme Anteil in % 6,0% 6,9% 2,0% 39,6% Quelle: Wuppertal Institut/Bringezu et al Mai 2012 Seite 16
17 Die Ausdehnung der Siedlungs- u. Verkehrsfläche nimmt bereits ab Deutschland sadf dem Jahr 2004 verzerrt. 13. Mai 2012 Seite
18 In westlichen Ländern deutet sich auch eine Sättigung bei der Wohnungsfläche an Source: Hu et al. (2010) JIE 14(3): left: after Müller (2006), Bergsdahl et al. (2007) 13. Mai 2012 Seite
19 Zwischenfazit Das anthropogene Materiallager in Hoch- und Tiefbau wächst Mit der Abnahme des Wachstums nimmt die Bedeutung des Urban Mining zur Bedarfsdeckung zu Langfristig werden Neubau und Rückbau ein Gleichgewicht erreichen Dieses Gleichgewicht hat bei Schrumpfung keinen Bestand 13. Mai 2012 Seite 19
20 Erwarteter Zugang* und Abgang** recyclingrelevanter Stoffströme im Hochbau - Deutschland 2020 sdf Welsdf Quelle: IÖR/intecus, Schiller et al Mai 2012 Seite 20
21 Erwartete Bilanz aus Zu- und Abgang RC-relevanter Baustoffe im Hochbau 2020 sdf Verhältnis Zugang : Abgang RC-relevante Baustoffe Welsdf Quelle: IÖR/intecus, Schiller et al Mai 2012 Seite 21
22 Erwarteter Zugang und Abgang recyclingrelevanter Stoffströme im Hochbau - Deutschland 2050 sdf Welsdf Quelle: IÖR/intecus, Schiller et al Mai 2012 Seite 22
23 Zwischenfazit In ländlichen Regionen und in den neuen Bundesländern wird das Bestandsgleichgewicht eher erreicht werden als in den Wachstumsmetropolen und den alten Ländern Bei Schrumpfungsprozessen des Baubestandes kommt es zu einem lokalen Überangebot von potenziellen RC-Baustoffen Wie kann man das auf lokaler Ebene vorhersehen und nutzen? 13. Mai 2012 Seite 23
24 Herkömmliches Mining Urban Mining Gesellschaftlicher Stoffwechsel und physisches Wachstum Ressourcenmanagement des Baubestands: Beispiel Zürich Recyclingoptionen: Baumineralien Metalle Kunststoffe Teilabriss und Umnutzung von Altgebäuden Herausforderung für Urban Mining: Innovationen am Bau Schlussfolgerungen 13. Mai 2012 Seite 24
25 Quelle: Wuppertal Institut/FG3 M. Ritthoff Der Baubestand ist das Materiallager der Zukunft Pro Kopf Werte von Wuppertal ( EW) nur Wohngebäude BESTAND 67 t Beton+Mörtel 37 t Ziegel 21 t Kalksandstein 19 t Stahl 10 t Lehm ABGÄNGE 0,039 t 0,021 t 0,012 t 0,011 t 0,006 t Abrissquote 0,06% p.a. 4 t Holz? 0,002 t 13. Mai 2012 Seite 25
26 Materiallager mineralische Baustoffe der Stadt Zürich Mio. Tonnen > Würfel mit Kantenlänge von 380 m 260 Tonnen pro Einwohner Quelle: H. Gugerli, Stadt Zürich, Amt für Hochbauten Seite
27 Ressourcen- und Bestandsmanagement der Stadt Zürich: Planszenarien zur Entwicklung der Recycling-Baustoffflüsse Quelle: H. Gugerli, Stadt Zürich, Amt für Hochbauten Seite
28 Rückbau und Entsorgung: Zürich Wohnsiedlung Bernerstrasse 267 Wohnungen Gesamtvolumen: m 3 Quelle: H. Gugerli, Stadt Zürich, Amt für Hochbauten Seite
29 Wohnsiedlung Bernerstrasse Demontage: Entfernen verwertbarer Materialien u. potenz. Störstoffe Abbruch RC-Stoffaufbereitung Fotos H. Gugerli, Stadt Zürich, Amt für Hochbauten Seite
30 Zürich: Ersatzneubau Wohnsiedlung Werdwies 100% Recycling-Beton aus Beton- und Mischabbruch Quelle: H. Gugerli, Stadt Zürich, Amt für Hochbauten 13. Mai 2012 Seite 30
31 Zürich: Gebäudelabel MINERGIE-ECO Mehr Lebensqualität Geringere Umweltbelastung MINERGIE-ECO MINERGIE / MINERGIE-P Komfort Hohe thermische Behaglichkeit Sommerlicher Wärmeschutz Systematische Lufterneuerung Energieeffizienz Gesamter Energieverbrauch liegt ca. 20% und Fossiler Energieverbrauch liegt ca. 50% unter dem durch-schnittlichen Stand der Technik Gesundheit ECO Optimale Tageslichtverhältnisse Geringe Lärmimmissionen Geringe Belastung mit Schadstoffen, Keimen und Strahlung Bauökologie Hohe Nutzungsdauer, Nutzungsflexibilität, Rückbaufähigkeit Einsatz von Recyclingbaustoffen, gelabelte Produkte, Bodenschutz Tiefe Graue Energie der Summe aller verwendeten Baustoffe Tageslicht Schallschutz Innenraumklima Gebäudekonzept Materialien und Bauprozesse Graue Energie Quelle: H. Gugerli, Stadt Zürich, Amt für Hochbauten 13. Mai 2012 Seite 31
32 Zwischenfazit Städte (und Regionen) können das Bestandsmanagement ins Ressourcenmanagement einbeziehen Auch mineralische RC-Baustoffe aus dem Bauabbruch können wieder im Hochbau eingesetzt werden Schön, aber was ist mit den Metallen? 13. Mai 2012 Seite 32
33 Herkömmliches Mining Urban Mining Gesellschaftlicher Stoffwechsel und physisches Wachstum Ressourcenmanagement des Baubestands: Beispiel Zürich Recyclingoptionen: Baumineralien Metalle Kunststoffe Teilabriss und Umnutzung von Altgebäuden Herausforderung für Urban Mining: Innovationen am Bau Schlussfolgerungen 13. Mai 2012 Seite 33
34 Konstruktionsmetalle Bestand in der Technosphäre [kg/person]( ) MDC: more developed countries LDC: less developed countries Source: Graedel et al Mai 2012 Seite 34
35 Infrastruktursysteme in Deutschland Öffentliche Abwasserinfrastruktur - Metalle Werden Metalle ausgebaut werden sie auf bestehenden Routen verwertet Quelle: Steger et al. 2011, Wuppertal Institut 13. Mai 2012 Seite
36 Infrastruktursysteme in Deutschland Energieerzeugungssysteme - Kunststoffe Kunststoffe gelangen häufig nur in die thermische Verwertung Quelle: Steger et al. 2011, Wuppertal Institut 13. Mai 2012 Seite
37 Langfristige Perspektive: Carbon Recycling Erdöl, Kohle > CO 2 < Grundwerkstoffe Bauabfälle Biomasse Siedlungsabfall Carbon-Recycling 13. Mai 2012 Seite 37
38 Technologien für das Carbon-Recycling existieren bereits Trockene, holzige Biomasseabfälle können in Synthesegas und chemische Grundstoffe für Polymere umgewandelt werden Feuchte Biomasseabfälle können zu Biogas fermentiert werden, das energetisch oder stofflich verwertet werden kann Carbon Capture and (Re-)Use (CCU) anstelle von CCS 13. Mai 2012 Forschungsschwerpunkte Seite
39 Zwischenfazit Für das Metall- und Kunststoffrecycling ist der gezielte Rückbau und die Separation entscheidend Langfristig werden Kunststoffe auch eher stofflich verwertet werden (C- Recycling) Muss man denn überhaupt abreißen oder rückbauen? 13. Mai 2012 Seite 39
40 Herkömmliches Mining Urban Mining Gesellschaftlicher Stoffwechsel und physisches Wachstum Ressourcenmanagement des Baubestands: Beispiel Zürich Recyclingoptionen: Baumineralien Metalle Kunststoffe Teilabriss und Umnutzung von Altgebäuden Herausforderung für Urban Mining: Innovationen am Bau Schlussfolgerungen 13. Mai 2012 Seite 40
41 Es muss nicht gleich komplett abgerissen werden Quelle: Stadtumbau Stollberg 13. Mai 2012 Seite 41
42 Erfolgreiche Umnutzungen von alten Gebäuden sdf Welsdf Quelle: MBV NRW Mai 2012 Seite 42
43 Aber wann ist Komplettabriss besser als Bestandssanierung? Ressourcenbilanzierung Planung für mehrere Nutzungsphasen 13. Mai 2012 Seite 43
44 Herkömmliches Mining Urban Mining Gesellschaftlicher Stoffwechsel und physisches Wachstum Ressourcenmanagement des Baubestands: Beispiel Zürich Recyclingoptionen: Baumineralien Metalle Kunststoffe Teilabriss und Umnutzung von Altgebäuden Herausforderung für Urban Mining: Innovationen am Bau Schlussfolgerungen 13. Mai 2012 Seite 44
45 Die Gebäudehülle wird solarisiert - komplexere Materialien und funktionsintegrierende Bauteile werden genutzt Photo credits see Bringezu and Bleischwitz 2009 and TU Darmstadt 13. Mai 2012 Seite 45
46 Die Gebäudehülle der Zukunft dürfte nicht mehr aus den massiven Massenbaustoffen von heute bestehen Experimentierfassade am Erweiterungsgebäude des ZAE Bayern in Würzburg: Südansicht mit transparenten Wärmedämmungen, schaltbaren und evakuierten Wärmedämmungen sowie Sonnenschutzeinrichtungen Langfristig wird möglicherweise weniger RC-Beton benötigt werden Aber: diese Expertimentierhäuser sind noch lange nicht bestandsprägend 13. Mai 2012 Seite 46
47 Innovationen zur Gebäudehülle Fokus Wärmeisolation Vakuumisolierverglasung und Vakuumisolierpanelen wie kriegen wir das später ausgebaut und rezykliert? 13. Mai 2012 Seite 47
48 Herkömmliches Mining Urban Mining Gesellschaftlicher Stoffwechsel und physisches Wachstum Ressourcenmanagement des Baubestands: Beispiel Zürich Recyclingoptionen: Baumineralien Metalle Kunststoffe Teilabriss und Umnutzung von Altgebäuden Herausforderung für Urban Mining: Innovationen am Bau Schlussfolgerungen 13. Mai 2012 Seite 48
49 Schlussfolgerungen Urban Mining von Hoch- und Tiefbauten wird immer wichtiger werden Ein vorausschauendes Bestands- und Ressourcenmanagement ist möglich (Beispiel Zürich) Benötigt werden Informationen über den Materialgehalt des Bestandes und seiner Bauteile und deren Nutzungsdauer (lokal regional bundesweit) Der Baubestand kann mehrfach (um-)genutzt werden (und sollte so geplant werden) Ein gezielter Rückbau und eine Separierung der Wertstoffe sind wichtig Wir brauchen mehr Forschung über die zu erwartenden und möglichen Dynamiken des Baubestandes 13. Mai 2012 Seite 49
50 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! ISBN:
51 Die Stadt im Fluss der Zukunft Wird solar orientiert sein Mehrfachnutzungen, Stoffkaskaden und kreisläufe ausbauen Gebäude mit multifunktionalen Hüllen und Kernen haben Schön und erlebenswert sein Dazu brauchen wir aber bessere Info- und Managementsysteme Mai 2012 Seite 51
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