Kammerrechtstag Grundlagen der Besteuerung der öffentlichen Hand im Mehrwertsteuerrecht. Kassel. Prof. Dr. David Hummel
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1 Grundlagen der Besteuerung der öffentlichen Hand im Mehrwertsteuerrecht Kassel
2 2 Agenda I. DER SINN UND ZWECK EINER BESTEUERUNG DER ÖFFENTLICHEN HAND II. ART. 13 MWSTSYSTRL UND SEINE AUSLEGUNG DURCH DEN EUGH IM ÜBERBLICK III. AKTUELLE ENTWICKLUNG BEI DER BESTEUERUNG DER ÖFFENTLICHEN HAND IM MEHRWERTSTEUERRECHT IM BEREICH DES VORSTEUERABZUGS IV. Zusammenfassung
3 3 I. Warum werden KdÖR eigentlich besteuert? Grundsatz: Steuern finanzieren allgemeine Staatsaufgaben und belasten diese nicht. Wenn der Staat seine hoheitliche Tätigkeit selbst besteuert, erzielt er keine zusätzlichen Einnahmen. Ausnahme: Herstellung der Wettbewerbsneutralität? Notwendige Ausnahme zur Verhinderung der Beeinflussung des Steueraufkommens (Verzerrung der finanzverfassungsrechtlichen Steuerverteilung) Art. 13 MwStSystRL: Vereinfachung zu Gunsten der juristischen Person des öffentlichen Rechts
4 4 Art. 13 der Mehrwertsteuerrichtlinie (1) Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Falls sie solche Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Umsätze jedoch als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Die Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten in Bezug auf die in Anhang I genannten Tätigkeiten in jedem Fall als Steuerpflichtige, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist. (2) Mitgliedstaaten können die Tätigkeiten von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die nach den Artikeln 132, 135, 136, 371, 374 bis 377, dem Artikel 378 Absatz 2, dem Artikel 379 Absatz 2 sowie den Artikeln 380 bis 390 von der Mehrwertsteuer befreit sind, als Tätigkeiten behandeln, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen.
5 5 II. Probleme des Art. 13 MwStSystRL keine Steuerbefreiung! Tätigkeiten ausüben (.) die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen - formell vs. materiell Keine größeren Wettbewerbsverzerrungen Nicht unbedeutende Tätigkeiten i.s.v. Anhang I Z.T. wortwörtliche Umsetzung der Vorschrift durch die Bundesrepublik Deutschland im neuen 2b UStG
6 6 III. Nachträglicher Vorsteuerabzug einer KdÖR Sachverhalt: Ø Gemeinde baute örtliches Kulturhaus und nutze dies für hoheitliche Zwecke. Ø Die Gemeinde war als Mehrwertsteuerpflichtige registriert: Ø hat aber keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht, da das Kulturhaus nicht für steuerpflichtige Umsätze verwendet wurde; Ø daher erfolgte auch keine ausdrückliche Zuordnung des errichteten Kulturhauses zum Unternehmen der Gemeinde, Ø aber auch keine ausdrückliche Zuordnung zur hoheitlichen Sphäre. Ø Vier Jahre später wurde es steuerpflichtig genutzt (Vermietung). Frage: Nachträglicher anteiliger Vorsteuerabzug aus Baukosten?
7 7 EuGH v. 25. Juli 2018 C-140/17 Gmina Ryjewo Entscheidung: Zusammenfassung der Fragen Allgemeine Ausführungen mit Hilfe von Textbausteinen Entscheidend: Erwerb als Steuerpflichtiger? Ø Art. 13 MwStSystRL relevant? Ø Abgrenzung zu anderslautenden Entscheidungen des Gerichtshofs (!) Exkurs: Zur Interpretation von EuGH-Urteilen Ø Enge oder weite Annahme eines Erwerbs als Steuerpflichtiger? Ø Weite Betrachtung, für die gewisse Indizien maßgebend sind (keine ausdrückliche Zuordnung, nutzbar für unternehmerische Zwecke, beim Erwerb schon Steuerpflichtiger gewesen, erste Nutzung nicht maßgebend) Ø Im Ergebnis: Vermutung, dass als Steuerpflichtiger erwirbt
8 8 IV. Zusammenfassung 1. Die Grundlage für die Besteuerung der öffentlichen Hand ist im Verbrauchsteuercharakter der Mehrwertsteuer zu finden. 2. Art. 13 MwStSystRL nimmt unter gewissen Umständen KdÖR aus dem Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer heraus (keine Befreiung). 3. Der Zweck dürfte bloß in einer Vereinfachung zu Gunsten der KdÖR zu sehen sein. 4. Da Art. 13 MwStSystRL handwerklich nur bedingt gelungen ist, ist die teilweise wörtliche Umsetzung in 2b UStG nicht zu begrüßen. 5. Bei der Frage der Entlastung einer KdÖR bei späterer steuerpflichtiger Verwendung deutet sich ein Umdenken beim EuGH an, der einen nachträglichen anteiligen VoStA zugelassen hat.
9 Grundlagen der Besteuerung der öffentlichen Hand im Mehrwertsteuerrecht 9 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit david.hummel@curia.europa.eu
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