Studie. Unterstützung bei Überschuldung Seriöse und unseriöse Geschäfte mit SchuldnerInnen
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- Teresa Berger
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1 Studie Unterstützung bei Überschuldung Seriöse und unseriöse Geschäfte mit SchuldnerInnen Oktober 2004 ASB Schuldnerberatungen GmbH I
2 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung Analysegrundlagen Beratungs- und Unterstützungsinstitutionen Marktangebote für verschuldete und überschuldete Personen Kreditinstitute Kreditvermittlungen Schuldnerberatungen Rechtsanwaltkanzleien Soziale Einrichtungen (NGOs/NPOs) Gewerbliche Unternehmen und sonstige Anbieter für Schuldenregulierung Betroffene Methodische Grundlagen Beispiele von Auffälligkeiten bei Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen SchuldnerInnenprofil aus Sicht der Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen Geschlecht Alter Ausbildung (ehemalige) Selbstständige AusländerInnen Höhe der durchschnittlichen Schulden Gläubigerstruktur Überschuldungsgründe Zugang zu den Unterstützungsangeboten Erste Anlaufstellen Informationsquellen Art des ersten Kontaktes Zeitraum zwischen Anfrage und erstem Beratungsgespräch Rahmenbedingungen des Unterstützungsangebotes Ausmaß an Erfahrung MitarbeiterInnen Anteil der im Bereich Beratung und Unterstützung tätigen MitarbeiterInnen Qualifikation Geschäftszeiten Leistungsangebot Kosten Entwicklung der Inanspruchnahme der Einrichtungen Durchschnittliche Anzahl der Ratsuchenden pro Monat Anstieg der Nachfrage...66 ASB Schuldnerberatungen GmbH II
3 7.3 Grenzen der Beratungs- und Unterstützungstätigkeit Strukturmerkmale der Inanspruchnahme Art der Kontakte Durchschnittliche Gesamtanzahl der persönlichen Kontakte Durchschnittlicher zeitlicher Aufwand Durchschnittliche Beratungs- und Unterstützungsdauer Ergebnisse der Beratung Netzwerke Bekanntheit anderer Beratungs- und Unterstützungsinstitutionen Kooperation Schema der Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen...80 Rechtsgrundlage für Schuldnerberatung Abschließende Bemerkungen und Folgerungen Quellenverzeichnis ASB Schuldnerberatungen GmbH III
4 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Anzahl der angeschriebenen Institutionen...19 Abbildung 2: Rücklaufquote je Kategorie...20 Abbildung 3: Ausbildung...30 Abbildung 4: Geschätzter Anteil (ehemaliger) Selbstständiger...32 Abbildung 5: Geschätzter Anteil an "AusländerInnen"...34 Abbildung 6: Durchschnittliche Höhe der Schulden nach Kategorie...36 Abbildung 7: Informationsquellen für "Betroffene"...41 Abbildung 8: Informationsquellen nach Kategorie...42 Abbildung 9: Art des ersten Kontaktes...43 Abbildung 10: Art des ersten Kontaktes nach Kategorie...44 Abbildung 11: Beratungstermin nach Anzahl der Tage...46 Abbildung 12: Anteil beratend und unterstützend tätiger MitarbeiterInnen...49 Abbildung 13: Qualifikation der MitarbeiterInnen...51 Abbildung 14: Qualifikation der MitarbeiterInnen je Kategorie...52 Abbildung 15: Leistungen angeboten bzw. erwartet...60 Abbildung 16: Vorgehensweise mit SchuldnerInnen bei fehlenden Voraussetzungen...69 Abbildung 17: Durchschnittliche Anzahl persönlicher Kontakte...71 Abbildung 18: Durchschnittlicher Zeitaufwand pro Person...72 Abbildung 19: Durchschnittlicher Beratungs- und Unterstützungszeitraum pro Person...73 Abbildung 20: Schema der Institutionen...81 ASB Schuldnerberatungen GmbH IV
5 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Zielsetzungen der Studie...3 Tabelle 2: Hypothesen...3 Tabelle 3: Prozentuelle Verteilung der 89 Institutionen...21 Tabelle 4: Geschlechteranteile der ver- und überschuldeten Personen...29 Tabelle 5: Durchschnittliche Verschuldungshöhe...35 Tabelle 6: Gläubigerstruktur (Auszug)...38 Tabelle 7: Überschuldungsgründe...39 Tabelle 8: Erster Beratungstermin nach Kategorie...45 Tabelle 9: Direkt mit SchuldnerInnen Arbeitende je Kategorie...50 Tabelle 10: Gruppierte Qualifikationstypen...52 Tabelle 11: Möglichkeit von Terminen außerhalb der Geschäftszeiten...56 Tabelle 12: Leistungsangebot je Kategorie...57 Tabelle 13: Entstehen für die ver- und überschuldeten Personen in Ihrer Institution Kosten?...61 Tabelle 14: Kostenformen je Kategorie...62 Tabelle 15: Anzahl der Ratsuchenden pro Monat...65 Tabelle 16: Ausmaß der Nachfragesteigerung gegenüber dem Vorjahr...66 Tabelle 17: Existenz von Personen, die nicht unterstützt werden können...68 Tabelle 18: Die 3 häufigsten Ergebnisse je Kategorie...74 Tabelle 19: Häufige Nennungen bekannter Institutionen...77 Tabelle 20: Zusammenarbeit mit anderen Institutionen...78 Tabelle 21: Kooperationspartner der Einrichtungen...79 ASB Schuldnerberatungen GmbH V
6 Abkürzungsverzeichnis a. Ausgleich außergerichtlicher Ausgleich ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch ABl Amtsblatt Abs Absatz AHR Autonome Honorarrichtlinien AK Arbeiterkammer AKV Alpenländischer Kreditorenverband Bevorr. SB Bevorrechtete Schuldnerberatung BG Bundesgesetz BGBl Bundesgesetzblatt BMJ Bundesministerium für Justiz BWG Bankwesengesetz bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise ca. cirka CATI Computer-Assisted Telephone Interviewing dgl. dergleichen d. h. das heißt d. s. das sind ebda. ebenda EG Europäische Gemeinschaft EGVG Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen EI exploratives Interview ESF Europäischer Sozialfonds etc. et cetera EU Europäische Union EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ff und folgende GeM Koordinationsstelle für Gender Mainstreaming gem. gemäß Ges. Gesamt GewO Gewerbeordnung Gew. U. Gewerbliches Unternehmen ggf. gegebenenfalls Hrsg. HerausgeberIn idf in der Fassung IEG Insolvenzeinführungsgesetz ASB Schuldnerberatungen GmbH VI
7 inkl. inklusive k. A. keine Antwort KEG Kommanditerwerbsgesellschaft K-Institut Kreditinstitut KMG Kapitalmarktgesetz KO Konkursordnung KschG Konsumentenschutzgesetz KSV Kreditschutzverband KVM Kreditvermittlung monatl. monatlich MwSt. Mehrwertsteuer N Grundgesamtheit n Stichprobe NGO/NPO Sozialeinrichtung Nr Nummer OGH Oberster Gerichtshof ÖRAK Österreichischer Rechtsanwaltskammertag p. a. per annum PK Privatkonkurs PR Public Relations RA-Kanzlei Rechtsanwaltskanzlei RAO Rechtsanwaltsordnung RATG Rechtsanwaltstarifgesetz RGBl Reichsgesetzblatt RL-BA Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes S. Seite SB Schuldnerberatung Sonst. Sonstige/r/s Std. Stunde/n u. a. unter anderem/n u. ä. und ähnlich(es) USt. Umsatzsteuer usw. und so weiter VereinsG Vereinsgesetz Vgl. Vergleiche WIFO Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung Wo. Woche/n Z Ziffer z.b. zum Beispiel ASB Schuldnerberatungen GmbH VII
8 1 Einleitung Das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat diese Studie beauftragt und maßgeblich unterstützt. Seit 1995 gibt es das Schuldenregulierungsverfahren in der Konkursordnung und bevorrechtete Schuldnerberatungen, die ihren Anteil haben, dieses Verfahren umzusetzen. Zur Arbeit dieser bevorrechteten Schuldnerberatungen sind bisher keine Erhebungen im größeren Stil durchgeführt worden. Vor Einführung des Privatkonkurses wurde im Jahr 1993 in den Anfangsjahren der Schuldnerberatung, im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die bisher einzige Untersuchung unter dem Titel Schuldenberatungsstellen: Wirkungsweise, Effizienz und Entwicklungsperspektiven vorgelegt 1. Aufgrund des jährlichen Anstiegs der Zahl der Schuldenregulierungsverfahren und der öffentlichen Berichterstattung über die hohe Nachfrage an Schuldnerberatung, ist der Zeitpunkt gut gewählt, die Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen, die mittlerweile für ver- und überschuldete Personen zur Verfügung stehen, genauer zu betrachten. Gleichzeitig mit der hohen Zahl der nachfragenden Personen tauchen auch immer wieder Angebote von nicht bevorrechteten Schuldnerberatungen auf. Es ist den AutorInnen der Studie ein Anliegen, aufzuzeigen, wohin sich ver- und überschuldete KonsumentInnen in Österreich tatsächlich wenden und wie ihre Bedürfnisse jeweils wahrgenommen und umgesetzt werden. Zu den Begriffen Ver- und Überschuldung, insbesondere zum Begriff der Überschuldung im Zusammenhang mit Zahlungsunfähigkeit, gibt es zahlreiche Literatur und Entscheidungen des OGH 2. Wenn in dieser Studie von VERschuldeten Personen gesprochen wird, sind jene gemeint, die ihren Verpflichtungen noch in angemessener Weise nachkommen können, während ÜBERschuldete Personen im Moment und künftig nicht in der Lage sind, aufgrund des Missverhältnisses von verfügbaren Mitteln und Schuldenstand, ihre Verpflichtungen wie vereinbart zu begleichen. Im Hinblick auf Untersuchungen zur Anzahl ver- und überschuldeter KonsumentInnen nennt 1990 Ulrich Schönbauer in seiner Studie Privatverschuldung in Österreich: Konsumentenkredite Zwischen Wunderwelt und Offenbarungseid wörtlich österreichische Haushalte, die am Rand des finanziellen Ruins oder finanziell ruiniert sind und Haushalte, die in der Angst leben, dass sie ihre Kredite nicht (mehr) zahlen können 3. 1 Vgl. Institut für Konfliktforschung & L & R Sozialforschung (1993): Schuldenberatungsstellen: Wirkungsweise, Effizienz und Entwicklungsperspektiven. Wien. 2 Siehe OGH Entscheidungen zu 66ff. 3 Schönbauer, U. (1990): Privatschuldung in Österreich: Konsumentenkredite Zwischen Wunderwelt und Offenbarungseid. Wien, S. 101ff. ASB Schuldnerberatungen GmbH 1
9 Aktuell wird in Österreich von mindestens überschuldeten und gefährdeten Haushalten gesprochen 4. Eine Studie von ORC Macro, die im Auftrag der Abteilung Gesundheit und Verbraucherschutz der EU Kommission zur Untersuchung des Problems Verbraucherverschuldung: Statistische Aspekte durchgeführt wurde, spricht von überschuldeten Haushalten in Österreich 5. In der Konsumentenkreditevidenz des Kreditschutzverbandes von sind ca. 2,7 Millionen Personendaten und ca. 3,1 Millionen Kredite vermerkt. Mehr als KonsumentInnen sind mit Zahlungsanständen erfasst. In der Studie Ökonomische Aspekte der Verschuldung privater Haushalte, WIFO 1992 berichtet Peter Mooslechner, dass oder 2,2 % aller Kreditverträge als echte Problemfälle in der Verschuldungsposition von privaten Haushalten gegenüber Banken anzusehen sind, wobei die Umrechnung auf Haushalte bzw. Personen nur ansatzweise skizziert wird 7. Seit Einführung des Schuldenregulierungsverfahrens im Jahr 1995 bis Ende Juni 2004 wurden ca Verfahren zur gerichtlichen Schuldenregulierung beantragt. In den letzten Jahren wurden jährlich rund Verfahren durchgeführt, wovon etwa 55,0 % auf Vorbereitung und Vertretung durch die bevorrechteten Schuldnerberatungen zurückzuführen sind 8. Von den restlichen 45,0 % der Personen, die ein Schuldenregulierungsverfahren anstrebten, ist nicht immer ersichtlich, wie sie zur Umsetzung dieses Verfahrens kommen. Möglichkeiten sind entweder, dass sie selbstständig die Entschuldung vorbereiten oder durch andere Institutionen, wie z.b. Sozialeinrichtungen, Rechtsanwaltskanzleien oder gewerbliche Unternehmen, unterstützt und vertreten werden. Um die bestehenden Informationsdefizite zu verringern bzw. die Transparenz hinsichtlich des Angebotes an Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen für ver- und überschuldete Personen in Österreich zu erhöhen, wurde diese Studie von der ASB Schuldnerberatungen GmbH, der Dachorganisation der bevorrechteten Schuldnerberatungen, mit der Abteilung Konsumentenschutz des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen im Jahr 2003 initiiert. Ihre Zielsetzungen sind aus Tabelle 1 ersichtlich. 4 Vgl. ASB Informationen (2004) Nr. 48, Linz, S Vgl. Kommission der europäischen Gemeinschaften (2001): Untersuchung des Problems der Verbraucherverschuldung: Statistische Aspekte. EU. 6 Vgl. Krobath, K. ( ): KSV - Unternehmenskommunikation (presse.medien.info). Wien. 7 Vgl. Mooslechner, P. & Brandner, P. (1992): Ökonomische Aspekte der Verschuldung privater Haushalte. Wien, S. 76f. 8 Vgl. ASB Konkursdatenbank (2003). Linz. ASB Schuldnerberatungen GmbH 2
10 Tabelle 1: Zielsetzungen der Studie Erhöhung der Transparenz über die tätigen gewerblichen und nicht gewerblichen Schuldenregulierer auf dem Markt und deren Zuständigkeitsbereich für ver- und überschuldete KonsumentInnen. Darstellung von Absicht, Verhalten und Methoden dieser Anbieter. Erarbeitung von Vorschlägen (gesetzliche und praktische Maßnahmen) zur Unterbindung der Tätigkeit von unseriösen Schuldenregulierern, um ver- und überschuldete Personen vor Übervorteilung zu schützen. Klärung der Frage, ob die öffentlich angebotene Schuldnerberatung ausreichend standardisiert und normiert ist oder ob es weiterer Maßnahmen, insbesondere im Hinblick auf ein gesetzliches Berufsbild für Schuldnerberatung, bedarf. Der Beweis, der die folgenden aufgestellten Hypothesen entweder bestätigt oder widerlegt, wird einerseits durch die Recherche von einschlägiger Primärliteratur und Gesetzestexten und andererseits durch die Analyse der Ergebnisse der empirischen Forschung erbracht. Tabelle 2: Hypothesen Die Schuldenprobleme breiter Bevölkerungskreise bieten ein weites Arbeitsfeld (Stichwort: Insolvenzindustrie). Während die bevorrechteten Schuldnerberatungen kostenlos beraten und bestimmten, zum Teil gesetzlichen und selbst unterworfenen Qualitätskriterien verpflichtet sind, versuchen andere Schuldenregulierer mit Minimalstandards schnelles Geld auf Kosten einer nachhaltigen Regulierung zu verdienen. Immer mehr überschuldete KonsumentInnen wenden sich an andere Schuldenregulierer, da die bevorrechteten Schuldnerberatungen die Nachfrage nicht ausreichend bewältigen. Dadurch entsteht und wächst ein grauer Markt. Trotz bestehender Zahlungsunfähigkeit der überschuldeten KonsumentInnen kommt es zu Zahlungen für Schuldenregulierungen. Dieses noch vorhandene Aktivvermögen der SchuldnerInnen wird so den Gläubigern entzogen, da das Geld nicht ausschließlich von dritter Seite kommt. Ein gesetzliches Berufsbild für Schuldnerberatung wäre geeignet der Entwicklung eines grauen Marktes entgegenzuwirken und KonsumentInnen vor dubiosen, kostenintensiven Schuldenregulierungsangeboten zu schützen. ASB Schuldnerberatungen GmbH 3
11 Als gedankliche Grundlage und zur besseren logischen Verständlichkeit des Studienaufbaus ist es hilfreich, sich die konkrete Situation einer ver- bzw. überschuldeten Person, die sich an eine Beratungs- und Unterstützungseinrichtung wendet, vorzustellen. Diese Person wird fiktiv durch die diversen Phasen der Beratung bis zum Ziel (z.b. Entschuldung) unter Inanspruchnahme der verschiedenen Beratungs- und Unterstützungsinstitutionen begleitet. Die Hauptinformationsquelle der Erhebung sind die von Beratungs- und Unterstützungsinstitutionen beantworteten Fragebögen. Die dadurch generierten Daten werden sowohl durch qualitative Einzelmeinungen von VertreterInnen der Institutionen und Betroffenen als auch durch interne Studien und Werte aus den Datenbanken der bevorrechteten Schuldnerberatungen erweitert. Zudem werden gesammelte Dokumente über Auffälligkeiten bei Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen analysiert. Hinweis: Bei den für die vorliegende Studie durchgeführten Erhebungen wie auch bei den folgenden Auswertungen wurden Aspekte im Sinn des Gender Mainstreaming geprüft und bewertet. Gemäß GeM - der Koordinationsstelle für Gender Mainstreaming im Europäischen Sozialfonds (ESF) integriert Gender Mainstreaming die Geschlechterperspektive in alle Politikfelder, Aktivitäten und Maßnahmen mit dem Ziel, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern 9. Das bedeutet, dass in der Studie für überwiegend natürliche Personengruppen sowohl die männliche als auch die weibliche Form verwendet wird. Bei Angaben über Personengruppen, die sich hauptsächlich aus juristischen Personen zusammensetzen, wie z.b. Gläubiger, bzw. hinter denen zumeist Einrichtungen stehen, wird ausschließlich das grammatikalische Geschlecht gewählt. 9 GeM. Stand: ASB Schuldnerberatungen GmbH 4
12 2 Analysegrundlagen 2.1 Beratungs- und Unterstützungsinstitutionen Marktangebote für verschuldete und überschuldete Personen Die Erhebungsbasis der qualitativen und quantitativen Befragungen sind Beratungs- und Unterstützungsinstitutionen. Zum einen Teil waren sie vorab bekannt, zum anderen Teil wurden sie durch eingehende Recherche erhoben. Zum Abgleich der Ergebnisse wurde als ergänzende Grundlage der Studie eine Gruppe von Betroffenen befragt. Der Begriff Beratungs- und Unterstützungsinstitutionen umfasst allgemein jene Einrichtungen, die Beratungs- und Unterstützungstätigkeiten für ver- und überschuldete Personen durchführen. Als erster wesentlicher Schritt waren daher jene Organisationen zu ermitteln, an die sich ver- und überschuldete KonsumentInnen tatsächlich wenden. Aufgrund der vorab vorhandenen Kenntnisse des Marktes und der Rechercheergebnisse ergeben sich folgende Kategorien von Einrichtungen: (1) Kreditinstitut (K-Institut) An dieses wenden sich ver- und überschuldete Personen zumeist zuerst, weil sie dort die offenen Verpflichtungen haben. (2) Kreditvermittlung (KVM) Diese vermittelt gegebenenfalls weitere Umschuldungen um bestehende Verpflichtungen abzudecken. Wenn auf diese Weise kein zufrieden stellendes Ergebnis erzielt wird, kontaktieren ver- und überschuldete Personen Rechts- und Fachberatungen wie die (3) bevorrechtete Schuldnerberatung (Bevorr. SB) und (4) Rechtsanwaltskanzlei (RA-Kanzlei). Neben diesen klassischen Einrichtungen sind auch solche befasst, die sich zwar nicht ausgesprochen und speziell an ver- und überschuldete Personen wenden, aber im Rahmen ihrer sonstigen Tätigkeiten jedenfalls mit dieser Zielgruppe in Kontakt stehen oder auch bewusst diese Zielgruppe ansprechen. ASB Schuldnerberatungen GmbH 5
13 Darunter fallen als (5) Sozialeinrichtung (NGO/NPO) alle gemeinnützigen, sozialen Einrichtungen, die für ihre Klientel im Rahmen ihrer sonstigen Tätigkeiten auch schuldnerberatungsähnliche Leistungen anbieten. Weiters gehören dazu (6) gewerbliche Unternehmen (Gew. U.), die im Rahmen der Gewerbegruppe der Finanzdienstleistungen tätig sind (z.b. Vermögensberatungen, Unternehmensberatungen, Immobilienvermittlung im Zusammenhang mit Finanzierung von Krediten), die Gruppe der Ausgleichsvermittlungen, als die spezifischste Form einer gewerblich konzessionierten Schuldenregulierung sowie Personen und Einrichtungen, die als Lebens- oder SozialberaterInnen zugelassen sind. Als (7) sonstige Schuldnerberatung (SB) sind Einzelpersonen oder Organisationen, die offensiv öffentlich Schuldnerberatung anbieten ohne jedoch in die bisher beschriebenen Kategorien zu fallen, bezeichnet. Das heißt, dass sie weder nach dem Insolvenzeinführungsgesetz bevorrechtete Schuldnerberatungen sind, noch über eine gewerbliche Konzession, insbesondere im Bereich der Finanzdienstleistungen, verfügen. Inkassobetriebe unterliegen nicht der Betrachtung in der Studie, da sie ausschließlich im Auftrag von Gläubigern aktiv werden. Der Bezug zu ver- und überschuldeten Personen stellt sich nur im Zusammenhang mit der Eintreibung von Einzelforderungen dar Kreditinstitute Allgemeines/Rechtsgrundlage Ein Kreditinstitut ist gem. 1(1) Bankwesengesetz (BWG) 10, wer auf Grund der 4 (Bestimmungen über die Konzessionserteilung) oder 103 Z5 (Übergangsbestimmungen) dieses Bundesgesetzes oder besonderer bundesgesetzlicher Regelungen berechtigt ist, Bankgeschäfte zu betreiben. Die zentrale Dienstleistungsfunktion der Kreditinstitute besteht in der Vermittlung von Geld (Geldsammelfunktion, Geldverteilungsfunktion, Verwahrungs- und Verwaltungsfunktion). In immer größerem Ausmaß übernehmen die Kreditinstitute für KundInnen Beratungs- und Servicefunktionen, wie z.b. Anlage- und Vermögensberatung, die nicht unmittelbar mit dem 10 BGBl 1993/532, in Kraft getreten am ASB Schuldnerberatungen GmbH 6
14 klassischen Bankgeschäft zu tun haben 11. Andererseits kommt es aus wirtschaftlichen Erwägungen aber auch immer häufiger zu Auslagerungen. Dem Auftrag zum Tätigwerden der Bank liegt ein Vertragsverhältnis zwischen Bank und PrivatkundInnen zugrunde. Beispiele für solche Vertragsverhältnisse sind Kontoführung, Kreditverträge, Wertpapiergeschäfte, etc. Die wesentlichen Bestimmungen für Girokonten und die Vergabe von Verbraucherkrediten finden sich im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) 12, im Konsumentenschutzgesetz (KSchG) 13 und im Bankwesengesetz (BWG), dessen einschlägige Normen als Umsetzung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über den Verbraucherkredit 14 anzusehen sind. Methodische Erfassung Ende 2003 gab es in Österreich 896 rechtlich selbstständige Kreditinstitute (Hauptanstalten) mit Zweigstellen; insgesamt sind das Geschäftsstellen 15. Im Jahr 2002 waren Personen im österreichischen Bankwesen beschäftigt 16. In der Studie wird aufgrund der Dichte der Kreditinstitute bei ihrer Auswahl das Kriterium Top 20 Banken in Österreich angewendet. 17 davon wurden in die Erhebung einbezogen. Das sind all jene der 20 größten Banken gemäß Bilanzsumme und Kernkapital 17, die auch im Privatkundengeschäft tätig sind. Ausgangslage in der Praxis KundInnen treten bei Zahlungsschwierigkeiten üblicherweise mit ihren persönlichen KreditberaterInnen oder mit einer internen Rechtsabteilung der Kreditinstitute, die bankenweise unterschiedlich regional oder überregional beziehungsweise zentral oder je nach Filiale organisiert ist, direkt in Kontakt. Es finden sich bei den Kreditinstituten sehr unterschiedliche organisatorische Ebenen und Strukturen, an die sich ver- und überschuldete Personen wenden können. Mögliche direkte Ansprechstellen nehmen in dem Maß ab, in dem Kreditvergaben zunehmend nicht mehr durch persönliche, sondern durch formal-schriftliche Kontakte über das Internet und/oder den Postweg erfolgen Stand: Kaiserliches Patent vom idf BGBl 91/ BGBl 1979/140, in Kraft getreten am ABl Nr L 42 vom , S. 48 geändert durch die Richtlinie 90/88/EWG, ABl Nr L 61 vom und die Richtlinie 98/7/EG, ABl Nr L 101 vom www2.oenb.at/stat-monatsheft/tabellen Stand: Zahlen, Daten, Fakten Stand: Quelle: The Banker, Siehe Anhang Die Top 20 Banken in Österreich. Stand: ASB Schuldnerberatungen GmbH 7
15 Weiters wird die Betreibung niedriger offener Forderungen häufig ausgelagert. Hierzu bedienen sie sich der Inkassobetriebe 18. Damit sind die betroffenen BankkundInnen zu einer komplett anderen Stelle umgeleitet. Verschiedene Großbanken haben eigene Ombudsstellen eingerichtet, deren Funktion im Wesentlichen die Bearbeitung von allgemeinen KundInnenbeschwerden ist. In den wenigsten Fällen ist es die Aufgabe einer Ombudsstelle, bei genereller Schuldenregulierung zu unterstützen, diese zu planen und durchzuführen oder bereits gerichtsanhängige Fälle zu behandeln. Das zu den Ombudsstellen Gesagte gilt auch für die gemeinsame Schlichtungsstelle der österreichischen Kreditwirtschaft, die Anfang 2003 ihre Tätigkeit aufnahm Kreditvermittlungen Allgemeines/Rechtsgrundlage Das Gewerbe der Kreditvermittlung ist ein reglementiertes Gewerbe gem. 94 Z75 GewO Die Anmeldung des Gewerbes bedarf eines Befähigungsnachweises gem. 18 GewO Die Voraussetzungen zur Erlangung eines Befähigungsnachweises sind in der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Befähigungsnachweis für das Gewerbe der Vermittlung von Personalkrediten, Hypothekarkrediten und Vermögensberatung (einschließlich Vermittlung von Veranlagungen im Sinne des 1 Abs 1 Z3 KMG) 20 normiert. Die PersonalkreditvermittlerInnen als Untergruppe der KreditvermittlerInnen sind unter anderem eine Berufsgruppe, die der Fachgruppe Finanzdienstleistung der Wirtschaftskammer Österreich angehört. Ein/e PersonalkreditvermittlerIn ist, wer als Makler gewerbsmäßig für Kreditwerber Kreditgeschäfte (Geldkreditverträge und Gelddarlehen) im Sinn des 1 Abs 1 Z3 des Bankwesengesetzes, BGBl Nr 532/1993 (BWG), vermittelt, die nicht durch Hypotheken sichergestellt sind 21. KreditvermittlerInnen unterliegen den in der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über Standes- und Ausübungsregeln für das Gewerbe der PersonalkreditvermittlerInnen 22 verankerten Standes- und Ausübungsregeln. Gem. 7 Abs 2 der Standes- und Ausübungsregeln haben die PersonalkreditvermittlerInnen, wenn sich SchuldnerInnen wegen einer Umschuldung an sie wenden, in Fällen, in denen die Gefahr des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit droht, den KreditwerberInnen die Inanspruchnahme einer 18 EI 3: , Linz. 19 Vgl. Stand: BGBl II 284/ BG über die Rechtsverhältnisse des Makler und über Änderungen des Konsumentenschutzgesetzes (MaklerGesetz MaklerG) 33 Begriff des Personalkreditvermittlers (4. Teil). 22 BGBl 505/1996. ASB Schuldnerberatungen GmbH 8
16 gesetzlich bevorrechteten gemeinnützigen Schuldnerberatungsstelle nachweislich zu empfehlen. Methodische Erfassung Offizielle Zahlen über die konkrete Anzahl konzessionierter KreditvermittlerInnen sind bei der Wirtschaftskammer nicht zu eruieren. Die Recherche über die am Markt tätigen Kreditvermittlungsbüros erfolgte im Online Firmenverzeichnis der Wirtschaftskammer Österreichs, im elektronischen Telefonbuch ( und in Tageszeitungen. Eine detaillierte Erhebung zu Kreditvermittlungen in der Rubrik Anzeigen der Tageszeitung Kronenzeitung wurde über einen Zeitraum von drei Tagen ( ) (Freitag, Samstag, Sonntag) in den Ausgaben aller neun Bundesländern durchgeführt. Auf diese Weise ergaben sich alle weiteren Adressen von Kreditvermittlungen. Insgesamt wurden 122 Kreditvermittlungen ermittelt und befragt. Bei der Auswahl der KreditvermittlerInnen über die Medien kann davon ausgegangen werden, dass ein Großteil der inserierenden KreditvermittlerInnen konzessionierte Gewerbe sind. Es ist anzunehmen, dass Kreditinstitute in großem Ausmaß mit konzessionierten KreditvermittlerInnen zusammenarbeiten. Im Bereich Kreditvermittlung wird somit eine Vollerhebung im Rahmen der Studie vorgenommen. Ausgangslage in der Praxis Es ergibt sich sowohl aus den fachspezifischen Erfahrungen der StudienautorInnen, gestützt durch die explorative Befragung, dass Personen in finanziellen Schwierigkeiten Kreditvermittlungen aufsuchen. Diese werden von den Kreditvermittlungen jedoch nicht explizit als ihre Zielgruppe gesehen. Zu viele Fälle mit geringer Bonität sind für das Geschäft der Kreditvermittlungen abträglich. Es werden zwar die KundInnen aufgrund ihrer unterschiedlichen Bonität mit unterschiedlich teuren Krediten versorgt, aber Kreditvermittlungen sind an Kreditausfällen genauso wenig interessiert wie die kooperierenden Banken, da Kreditausfälle generell auch das Image der jeweiligen Kreditvermittlungen beeinträchtigen und für die Geschäftsbeziehung zu den Kreditinstituten nachteilig sind. Eine generelle Problematik der Kreditaufnahme liegt bei noch nicht verschuldeten Personen darin, künftige potentielle Risiken richtig abzuschätzen und Kredite im notwendigen Ausmaß ASB Schuldnerberatungen GmbH 9
17 aufzunehmen. Kreditvermittlungen sind eine der Vertriebsschienen der Kreditanbieterseite. Da Kreditvermittlungen ihre Einkünfte aus den Provisionen ziehen, sind sie naturgemäß an der Vergabe höherer Kredite interessiert Schuldnerberatungen Allgemeines/Rechtsgrundlage Bevorrechtete Schuldnerberatungen sind überwiegend als Vereine oder gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter Haftung organisiert. Die rechtliche Grundlage dieser Stellen findet sich im Insolvenzeinführungsgesetz (IEG) 24, in dem die Kriterien der Bevorrechtung normiert sind: Gem. 12 Abs 1 IEG hat der Bundesminister für Justiz eine Schuldnerberatungsstelle auf Antrag mit Bescheid zu bevorrechten, wenn diese 1. nicht auf Gewinn gerichtet ist, 2. die Beratung unentgeltlich anbietet, 3. verlässlich ist, 4. im Geschäftsjahr durchschnittlich mindestens drei SchuldnerberaterInnen ganztätig beschäftigt, 5. über eine an den Erfordernissen eines zeitgemäßen Qualitätsmanagements ausgerichtete Organisation verfügt und 6. sich seit mindestens zwei Jahren auf dem Gebiet der Schuldnerberatung erfolgreich betätigt. Vor der Entscheidung ist eine Stellungnahme des Dachverbandes der Schuldnerberatungen einzuholen. Gem. 12 Abs 2 IEG erlischt das Vorrecht mit der Auflösung der Schuldnerberatungsstelle. Der Bundesminister für Justiz hat das Erlöschen mit Bescheid festzustellen. Weiters hat der Bundesminister für Justiz das Vorrecht gem. 12 Abs 3 IEG mit Bescheid zu entziehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen es erteilt worden ist, wegfallen. Der Dachverband der Schuldnerberatungsstellen hat dem Bundesminister für Justiz über den Wegfall der Voraussetzungen nach Abs 1 zu berichten. Erteilung, Entziehung oder Erlöschen des Vorrechts hat der Bundesminister für Justiz gem. 12 Abs 4 u. 5 IEG im Amtsblatt der Österreichischen Justizverwaltung kundzumachen. Erteilung, Entziehung und das Erlöschen des Vorrechts werden mit Ablauf des Tages der Kundmachung wirksam. 23 Vgl. 11 VO Standes- und Ausübungsregeln der Personalkreditvermittler. 24 RGBl Nr 337/1914 zuletzt geändert durch BGBl 114/1997. ASB Schuldnerberatungen GmbH 10
18 Aus den Bestimmungen zur Bevorrechtung und auch aus den öffentlichen Förderungen ergibt sich, dass Schuldnerberatung den Prinzipien der Gemeinnützigkeit folgt und die Beratung unentgeltlich anbietet. Methodische Erfassung Da für die Institution bevorrechtete Schuldnerberatung die Zahl der Einheiten der Gesamtheit vollständig bekannt ist, wurde eine Vollerhebung durchgeführt. Es wurden alle derzeit in Österreich bestehenden 11 bevorrechteten Schuldnerberatungen einbezogen. Diese Schuldnerberatungen sind soziale Dienstleistungen, die im Auftrag der öffentlichen Hand agieren. Sie arbeiten autonom in den einzelnen Bundesländern und werden von diesen und mehrheitlich von den regionalen Stellen des Arbeitsmarktservices finanziell unterstützt. Österreichweit gibt es 16 regionale Beratungsstellen, die organisatorisch zu diesen 11 bevorrechteten Schuldnerberatungen gehören. Ausgangslage in der Praxis Neben der Vertretung der SchuldnerInnen im Schuldenregulierungsverfahren ( 192 Konkursordnung (KO) 25 ) unterstützt die bevorrechtete Schuldnerberatung die SchuldnerInnen vor allem bei einem außergerichtlichen Ausgleichsversuch. Gem. 183 KO ist der Konkursantrag bei fehlendem kostendeckenden Vermögen nicht abzuweisen, wenn die SchuldnerInnen bescheinigen, dass ein außergerichtlicher Ausgleich, insbesondere von einer bevorrechteten Schuldnerberatungsstelle, gescheitert ist oder gescheitert wäre. Neben dieser spezifischen Tätigkeit, die in der Konkursordnung festgehalten ist, wird in den Einrichtungen Schuldnerberatung als Teil umfassender Lebensberatung für Personen in finanziellen Schwierigkeiten angeboten Rechtsanwaltkanzleien Allgemeines/Rechtsgrundlage Die Rechtsgrundlage für den Beruf der RechtsanwältInnen findet sich in der Rechtsanwaltsordnung (RAO) 27. Daneben sind sie den Richtlinien für die Ausübung des 25 RGBl 337/1994 idf BGBl I 92/ Vgl. ASB Schuldnerberatungen GmbH (2003): Qualitätsmanagement Handbuch für Schuldnerberatungen in Österreich Richtlinien und Standards zur Beratungstätigkeit, Kapitel 4, Linz. 27 RGBl 223/1906 idf BGBl I 93/2003. ASB Schuldnerberatungen GmbH 11
19 Rechtsanwaltsberufes 28 unterworfen. Die österreichische Rechtsanwaltschaft ist im Österreichischen Rechtsanwaltschaftskammertag (ÖRAK), der sich aus den neun Rechtsanwaltskammern Österreichs zusammensetzt, organisiert. Alle in Österreich tätigen RechtsanwältInnen sind Mitglieder der jeweiligen Rechtsanwaltskammer. Gem. 8 Abs 1 RAO umfasst das Vertretungsrecht der RechtsanwältInnen die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Dazu zählt neben der Verfassung von Rechtsurkunden, die Vertretung vor Gericht und die Rechtsberatung. Die berufsmäßige Parteienvertretung ist gem. 8 Abs 2 RAO den RechtsanwältInnen vorbehalten. Die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinn des 8 Abs 1 RAO (Vertretungsmonopol) wird durch den Ausnahmekatalog des 8 Abs 3 RAO durchbrochen. Danach bleiben u. a. die Parteienvertretungen auf Grund sonstiger gesetzlicher Bestimmungen und die Auskunftserteilung oder Beistandsleistung durch Personen oder Vereinigungen, soweit sie nicht unmittelbar oder mittelbar dem Ziel wirtschaftlicher Vorteile dieser Personen oder Vereinigungen dienen, jedenfalls unberührt. Dieser Ausnahmetatbestand trifft auf die bevorrechteten Schuldnerberatungen zu. Methodische Erfassung Ende 2003 gab es in Österreich RechtsanwältInnen (davon 605 weiblich) und AnwärterInnen (davon 774 weiblich) 29. Mittels Fragebogen wurden in dieser Studie 292 RechtsanwältInnen angeschrieben. Die Auswahl erfolgte derart, dass RechtsanwältInnen, die in der Ediktsdatei des Bundesministeriums für Justiz unter den Suchbegriffen vertreten durch, Vertreter oder Rechtsanwalt + Beteiligter mindestens einmal als VertreterIn von SchuldnerInnen aufscheinen, ausgewählt wurden. Zusätzlich sind noch RechtsanwältInnen in dieser Kategorie inkludiert, die durch Internetrecherche als VertreterInnen von SchuldnerInnen aufschienen oder bereits als VertreterInnen bekannt waren. Ausgangslage in der Praxis RechtsanwältInnen sind BeraterInnen und VertreterInnen, die in allen Rechtsangelegenheiten unterstützen. Sie haben von allen rechtsberatenden Berufen die umfassendste Vertretungsbefugnis und sind demnach für die Beratung von ver- und überschuldeten Personen geeignet. Rechtsanwaltskanzleien fungieren als VertreterInnen von SchuldnerInnen insbesondere bei außergerichtlichen Vergleichen und Ausgleichen sowie im Schuldenregulierungsverfahren. Sie 28 RL-BA 1977, kundgemacht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung am , zuletzt am Stand: ASB Schuldnerberatungen GmbH 12
20 stellen somit eine mögliche Beratungs- und Unterstützungsinstitution für ver- und überschuldete Personen dar. Die Hauptprobleme ergeben sich jedoch dadurch, dass überschuldete Personen eigentlich nicht in der Lage sind Honorare zu leisten. Neben der tarifmäßigen Berechnung eines Honorars besteht prinzipiell aber auch die Möglichkeit, das Honorar mit den RechtsanwältInnen frei zu vereinbaren ( 16 Abs 1 RAO, 2 RATG, 2 AHR, 50 Ausübungsrichtlinien). Die Vereinbarung eines Pauschalhonorars ist laut Auskunft eines Mitgliedes des Kostenausschusses der Rechtsanwaltskammer vor allem bei rechtsberatender Tätigkeit üblich. In einem ersten, kostenlosen Orientierungsgespräch erhalten KonsumentInnen Hilfe bezüglich der Rechtslage und der weiteren Vorgehensweise in ihren konkreten Fällen 30. Die Inanspruchnahme von Verfahrenshilfe ist im Schuldenregulierungsverfahren praktisch unüblich und in der Regel entbehrlich. Argumentiert wird dies u. a. auch mit der Belehrungspflicht im bezirksgerichtlichen Verfahren 31. Im Rahmen der seit langem bestehenden Einrichtung der Ersten anwaltlichen Auskunft wurden im Jahr 2003 in allen Rechtsbereichen mehr als Ratsuchende von über RechtsanwältInnen unentgeltlich beraten. Die Sozialbilanz der österreichischen RechtsanwältInnen weist im Jahr 2003 österreichweit Verfahrenshilfebestellungen aus. Die dabei erbrachten Leistungen entsprechen einem Honorarbetrag von rund 27,5 Millionen bzw. durchschnittlich 1.185,- im Einzelfall Soziale Einrichtungen (NGOs/NPOs) Allgemeines/Rechtsgrundlage Soziale Einrichtungen sind eine weitere Kategorie der Beratungs- und Unterstützungsinstitutionen für ver- und überschuldete Personen. Diese Beratungsangebote sozialer Einrichtungen wie z.b. der Caritas verfolgen ausschließlich ideelle und gemeinnützige Zwecke. Sie arbeiten nicht gewerblich. Die häufigste Rechtsform, in der diese Angebote vorliegen, ist daher die des Vereins. Gem. 1 VereinsG 2002 ist ein Verein ein freiwilliger, auf Dauer angelegter, auf Grund von Statuten organisierter Zusammenschluss mindestens zweier Personen zur Verfolgung eines bestimmten, gemeinsamen, ideellen Zwecks. Gewerblich wären sie, wenn ihre Tätigkeit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist Stand: Kodek, G. (2002): Handbuch Privatkonkurs: die Sonderbestimmungen für das Konkursverfahren natürlicher Personen. Wien, S. 44. ASB Schuldnerberatungen GmbH 13
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