Klassifikation von Signifikanztests
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- Bertold Kappel
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1 Klassifikation von Signifikanztests nach Verteilungsannahmen: verteilungsabhängige = parametrische Tests verteilungsunabhängige = nichtparametrische Tests Bei parametrischen Tests werden im Modell Voraussetzungen über die Verteilung gemacht (z.b. NV) und Hypothesen über Parameter dieser Verteilung getestet. Bei nichtparametrischen Tests wird dagegen keine spezielle Verteilung vorausgesetzt (aber gegebenenfalls Voraussetzungen wie: stetige Verteilung ) i.a. weniger mächtig, d.h. Unterschiede werden seltener aufgedeckt (H 0 seltener abgelehnt) aber: schwächere Voraussetzungen im Modell (bei Ablehnung Aussage über Population zuverlässiger) nach der Anzahl der Stichproben: eine, zwei oder k Stichprobe(n) Einstichprobenprobleme: der einfache t-test der Gauß-Test 1
2 Art der Erhebung der Stichproben (abhängig oder unabhängig): abhängige (gepaarte, verbundene) Stichprobe 2 (oder mehr) ZV X, Y über der Grundgesamtheit n Versuche ω (X, Y ) (X 1,..., X n ), (Y 1,..., Y n ) verbundene Stichproben An jedem Objekt werden mehrere Merkmale untersucht. Beispiele: Gewicht eines Ferkels nach ein und nach zwei Monaten Größe, Masse des Kolbens und Aflatoxin Gehalt einer Maispflanze Unabhängige Stichproben Zufallsvariablen X, Y über der Grundgesamtheit n 1 + n 2 Versuche; X 1,..., X n1, Y 1,..., Y n2 (X 1,..., X n1 ), (Y 1,..., Y n2 ) unabhängige Stichproben An jedem Objekt nur ein Merkmal untersucht. Beispiele: Gewichtszuwachs von Ferkeln aus unterschiedlichen Würfen Aflatoxin Gehalt von Maispflanzen von unterschiedlichen Anbauflächen 2
3 Der Binomialtest (Einstichprobenproblem, nichtparametrisch) Anliegen: A ein zufälliges Ereignis mit P (A) = p, p [0, 1], unbekannt. Überprüfung einer Hypothese über p anhand von n unabhängigen Versuchen Praktisch: Hypothesen über Wahrscheinlichkeiten oder Anteile (z.b. Ausschuss) In der mathematischen Stichprobe (X 1, X 2,..., X n ) wird gezählt, wie häufig das Ereignis A eingetreten ist (vgl. Bernoulli-Schema). H n... Häufigkeit von A in n Versuchen 1. Hypothesen: H 0 : p = p 0 H A : p p 0 (bei zweiseitiger Fragestellung) 2. Testgröße: T = H n (A) B(n; p) binomialverteilt 3. H 0 wird abgelehnt, wenn t < b α1 oder t > b 1 α2. (bei zweiseitiger Fragestellung, sonst entsprechend) b α1, b 1 α2... die Quantile der Binomialverteilung: B(n; p 0 ) α = α 1 + α 2... Signifikanzniveau. (In der Regel α 1 = α 2.) 3
4 Beispiel: Ein Losverkäufer wirbt mit dem Spruch Jedes 10. Los gewinnt Sie kaufen 100 Lose und haben nur 2 Gewinne. Pech? Betrug? n = 100, α = 0, 05 Hypothesen H 0 : p = 0, 1 H A : p < 0, 1 (einseitige Fragestellung) Testgröße: t = 2 (zwei Gewinnlose) Ablehnung falls t < b 0,05 Es gilt für X B(100; 0, 1), dass b 0,05 5 t = 2 < 5, also H 0 ablehnen: Im Lostopf sind signifikant zu wenige Gewinnlose. Wie bestimmt man b 0,05? Aus Tabellen oder P (X b 0,05 ) 0, 05 : P (X 4) = 0, , P (X 5) = 0, Also: Ablehnung von H 0 bei weniger als 5 Gewinnen 4
5 Bemerkung zu großen n: Für große n sind die Quantile der BV ohne Computer kompliziert zu berechnen. gute Approximation durch die Normalverteilung; es gilt für H n B(n; p) und große n (n > 30, n p > 5, n (1 p) > 5): T = H n n p n p (1 p) ist näherungsweise N(0, 1)-verteilt, also für diese Testgröße das entsprechende kritische Gebiet des Gauß Tests benutzen Vereinbarung: Wir werden den Binomialtest immer so durchführen: 1. Hypothese: H 0 : p = p 0 2. Testgröße: T = H n n p 0 n p0 (1 p 0 ) 3. Ablehnung von H 0, falls bei zweiseitiger Alternative H A : p p 0 t > z 1 α 2 einseitiger Alternative H A : p < p 0 t < z 1 α H A : p > p 0 t > z 1 α 5
6 Beispiel: Losverkäufer Hypothesen H 0 : p = 0, 1 H A : p < 0, 1 (einseitige Fragestellung) Testgröße: (zwei Gewinnlose) t = , , 1 0, 9 = 8 3 = 2, 67 < 1, 64 = z 0,95 Ablehnung von H 0. Im Lostopf sind signifikant zu wenige Gewinnlose. Weitere Diskussion dieses Beispiels Internet 6
7 Der doppelte t-test Zweistichprobenprobleme Anliegen: Überprüfung von Hypothesen über die Gleichheit der Erwartungswerte zweier unabhängiger normalverteilter ZV bei unbekannten, aber gleichen Varianzen (Varianzhomogenität), parametrischer Test Voraussetzungen: (X 1,..., X n ), (Y 1,..., Y m ) unabhängige Stichproben X i N(µ X, σ 2 X ), Y j N(µ Y, σ 2 Y ), σ 2 X = σ2 Y unbekannt Hypothesen: i = 1,..., n j = 1,..., m H 0 : µ X = µ Y H A : µ X µ Y 1) 2. Testgröße T = X Ȳ µ X < µ Y 2) µ X > µ Y 3) (n 1)S 2 X + (m 1)S 2 Y n + m 2 Ablehnung von H 0, falls t > t n+m 2, 1 α 2 bei 1) t < t n+m 2, 1 α bei 2) t > t n+m 2, 1 α bei 3) nm n + m 7
8 Beispiel. (Storm, S.190) Zwei Stahlmarken A und B wurden hinsichtlich ihrer Streckgrenze untersucht. Dazu wurden n = 145 Proben der Marke A und m = 200 Proben der Marke B untersucht. Es ergaben sich die arithmetischen Mittel x = 314, 0 N/mm 2 bei einer empirischen Varianz von s 2 X = 1065 (N/mm2 ) 2 für die Marke A und ȳ = 298, 4 N/mm 2 bei einer empirischen Varianz von s 2 Y = 1232 (N/mm2 ) 2 für die Marke B. Es soll untersucht werden, ob die Stahlmarke A eine signifikant höhere mittlere Streckgrenze aufweist als die Stahlmarke B. = Vergleich der Erwartungswerte für die ZV X und Y, die die Streckgrenze von Proben der Marke A bzw. B beschreiben. X und Y unabhängig, µ X = E(X), µ Y = E(Y ) Modellannahmen: X und Y normalverteilt (gute Annahme?) X N(µ X, σ 2 X ), Y N(µ Y, σ 2 Y ). σ X = σ Y Varianzhomogenität Hypothesen: H 0 : µ X = µ Y, H A : µ X > µ Y α = 0, 01 t = x ȳ (n 1)s 2 X + (m 1)s 2 Y n + m 2 nm n + m = 4, 20 n = 145, m = 200, n + m 2 = 343, t 343, 0,99 2, 36, Wegen 4, 20 > 2, 36 wird H 0 abgelehnt und entschieden: Stahlmarke A ist (signifikant) besser. 8
9 Der χ 2 -Homogenitätstest Anliegen: Vergleich der Verteilungen zweier unabhängiger Stichproben für (kategoriale) Daten, nichtparametrischer Test Die Variablen X und Y nehmen jede nur r diskrete Werte an. Die zufälligen Häufigkeiten des Auftretens dieser Werte werden für beide Stichproben ermittelt und in folgende Tabelle eingetragen. Kategorie Stichprobe 1 (X) Stichprobe 2 (Y ) Σ 1 N 11 N 12 N 1 = Z 1 2 N 21 N 22 N 2 = Z r N r1 N r2 N r = Z r N 1 = S 1 N 2 = S 2 N = N Hypothesen: H 0 : p i1 = p i2, i = 1,..., r (Verteilungen sind identisch.) H A : p i1 p i2 für mindestens ein i Dabei ist: p i1 = P (X = x i ), p i2 = P (Y = x i ) 9
10 Testgröße: T = 2 j=1 r i=1 ( N ij N i N j n N i N j n ) 2 H 0 wird abgelehnt, wenn t > χ 2 r 1,1 α Bemerkungen: Stichprobenumfang n insgesamt sollte mindestens 60 betragen. Die erwarteten Häufigkeiten N i N j n davon sollten > 5 sein. sollten > 1 und 80% 10
11 Beispiel. (Storm, S.276) In einem Bauunternehmen wurden 150 Betonwürfel einer Druckfestigkeitsuntersuchung unterzogen, und zwar wurde überprüft, ob ein Probewürfel den geforderten Druck von 3600 N/cm 2 aushält oder nicht. Die Proben erhielten eine unterschiedliche Vorbehandlung: 50 Proben wurden dampfgehärtet, 100 Proben erhärteten unter normalen Bedingungen. Es ergab sich die folgende Kreuztabelle (erwartete Häufigkeiten in Klammern): Merkmal X Merkmal Y dampfgehärtet nicht dampfgehärtet Geforderte Druckfestigkeit erreicht (41) (82) Geforderte Druckfestigkeit nicht erreicht (9) (18) t = (χ 2 ) = = 3, 25 (45 41) (78 82) (5 9)2 9 + (22 18)2 18 α = 0, 01, χ 2 2 1; 0,99 6, 6 > 3, 25, keine Ablehnung von H 0. Auf Grundlage der untersuchten Betonwürfel kann kein signifikanter Einfluss der Vorbehandlung auf die Druckfestigkeit nachgewiesen werden. 11
12 Bemerkung: Interpretiert man die Zugehörigkeit zu einer der Stichproben (= Art der Vorbehandlung) als ein beobachtetes Merkmal des Objektes, dann entspricht die obige Hypothese der Hypothese: Die Zufallsvariablen X (für Druckfestigkeit) und Y (für Art der Vorbehandlung) sind unabhängig. Je nach Interpretation der Kontingenztafel testen wir also entweder, ob sich die verschiedenen Stichproben etwa gleich zusammensetzen (Homogenität) oder, ob die Druckfestigkeit von der Art der Vorbehandlung abhängt (Unabhängigkeit). 12
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