Ihr Pflegetagebuch. Vereinbarkeit von Beruf und Pflegeverantwortung. Informationen und Dokumentationen. Gesund und leistungsfähig:
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- Holger Hofmann
- vor 8 Jahren
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1 Ihr Pflegetagebuch Informationen und Dokumentationen Ein Informationsmaterial im Rahmen des Projektes: Gesund und leistungsfähig: Vereinbarkeit von Beruf und Pflegeverantwortung Ein Kooperationsprojekt von
2 Gesund und leistungsfähig: Vereinbarkeit von Beruf und Pflegeverantwortung Das Projekt wird gefördert von: Projektleitung: Dr. Ulrike Pietrzyk, TU Dresden Herausgeber: Technische Universität Dresden Fachbereich Psychologie Arbeitsgruppe Wissen-Denken- Handeln Dresden UV Sachsen Projektentwicklungs- & Verwaltungsgesellschaft mbh Riesaer Straße Leipzig Dresden/Leipzig, April 2014 Zur Erstellung dieser Publikation erteilten die Landesstelle Pflegende Angehörige NRW und das Kuratorium Deutsche Altershilfe als langjähriger Träger der Fachstelle die Genehmigung für den modifizierten Nachdruck der gleichnamigen, sehr erfolgreichen Broschüre der Landesstelle. Als Förderer der Landestelle Pflegende Angehörige NRW erteilten ebenso das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen und die Landesverbände der Pflegekassen die Genehmigung zum modifizierten Nachdruck. Dafür möchten wir uns an dieser Stelle ausdrücklich bedanken.
3 Inhaltsverzeichnis 1 Einführung Anerkennung einer Pflegestufe - Wer gilt als pflegebedürftig?... 3 Pflegestufe I (erheblich pflegebedürftig)... 4 Pflegestufe II (schwerpflegebedürftig)... 5 Pflegestufe III (schwerpflegebedürftig) Pflegebedürftigkeit bei demenzieller Erkrankung Ablauf des Verfahrens Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Vorbereitung auf die Begutachtung Ablauf der Begutachtung Ergebnis der Begutachtung Widerspruch gegen das Ergebnis Umgang mit dem Pflegetagebuch Art, Zeitpunkt und Dauer der Hilfe Form der Hilfestellung Verrichtungen im Detail Beispiel einer ausgefüllten Tagebuchseite Orientierungswerte zur Pflegezeitbemessung
4 1 Einführung Zunehmende Pflegebedürftigkeit und Krankheiten können das alltägliche Leben und Planungen für die Zukunft sehr verändern. Schnell stellen sich auch Fragen zur Finanzierung der Pflege ein. Die Pflegekosten werden innerhalb eines begrenzten Rahmens durch die Pflegeversicherung übernommen. Das gilt aber nur, wenn der pflegebedürftigen Person eine Pflegestufe zuerkannt wurde. Kosten, die die Pflegeversicherung nicht bezahlt, müssen privat getragen werden. Bei Pflegebedürftigen, die die notwendige Pflege nicht aus privaten Mitteln bestreiten können, kann ein Antrag beim Sozialamt gestellt werden (Hilfe zur Pflege). Mit diesem Pflegetagebuch können Sie sich einen Überblick über den benötigten Zeitaufwand für pflegerische und hauswirtschaftliche Unterstützungsleistungen für Ihren Angehörigen bzw. Ihre Angehörige verschaffen. Gerade die selbstverständlichen Hilfestellungen im Alltag übersieht man schnell für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Einstufung ist aber alles wichtig. Zum Beispiel: Nachgießen von Getränken Bereitstellen von Zwischenmahlzeiten (z. B. Obst) Wiederholte Aufforderung/Motivierung, zu essen oder zu trinken Händewaschen vor oder nach dem Essen Hilfestellungen beim Aufstehen aus dem Sessel für den selbstständigen Toilettengang oder Richten der Kleidung danach Diese Aufzeichnungen dienen vor allem als gute Dokumentation für eine anstehende Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) für die Einstufung in die Pflegeversicherung. Über einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen sollten Sie alle erbrachten Pflegeleistungen notieren. Wie dies geschieht, erfahren Sie auf den nächsten Seiten. 2
5 GRUNDPFLEGE 2 Anerkennung einer Pflegestufe - Wer gilt als pflegebedürftig? Die Voraussetzungen für Pflegebedürftigkeit sind im Gesetz (Elftes Buch des Sozialgesetzbuches SGB XI) genau festgelegt. Pflegebedürftig ist danach, wer auf Dauer einen Hilfebedarf bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens hat. Hier wird unterschieden zwischen der Grundpflege (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Hierbei bedeutet auf Dauer, dass die Pflegebedürftigkeit voraussichtlich mehr als sechs Monate andauert. Mit dieser Festlegung soll verhindert werden, dass Menschen, die nach einem Unfall oder einer Operation nur kurzfristig pflegebedürftig sind, Leistungen erhalten. Nicht ausgeschlossen sind jedoch Menschen, deren Lebenserwartung, z. B. aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung, voraussichtlich geringer als sechs Monate ist. Eine Pflegestufe wird zuerkannt, wenn täglich Hilfe in mindestens zwei der folgenden Bereiche benötigt wird: Waschen Baden Duschen Kämmen Rasieren KÖRPERPFLEGE Zahnpflege Hilfe bei der Blasen- und Darmentleerung Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung ERNÄHRUNG Hilfe bei der Nahrungsaufnahme Hilfe beim Aufstehen/Zubettgehen An- und Auskleiden Gehen Stehen Treppensteigen Hilfe beim Verlassen MOBILITÄT und Wiederaufsuchen der Wohnung für notwendige Gänge (z. B. Arztbesuche) Hilfe bei Lageänderung/Transfer Zusätzlich muss mehrmals in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung erforderlich sein: HAUSWIRTSCHAFTLI- Einkaufen Kochen Reinigen der Wohnung Spülen CHE VERSORGUNG Wechseln und waschen von Wäsche und Kleidung Beheizen der Wohnung 3
6 Grundpflege: Grundpflege: Grundpflege: mindestens 1 x täglich bei mindestens 2 Verrichtungen mind. 46 Minuten mindestens 3 x täglich zu verschiedenen Tageszeiten 2 Stunden rund um die Uhr (auch nachts) 4 Stunden Hauswirtschaftliche Versorgung: Hauswirtschaftliche Versorgung: Hauswirtschaftliche Versorgung: entsprechend 44 1 Stunde 1 Stunde Minuten insgesamt 5 Stunden insgesamt 1,5 Stunden insgesamt 3 Stunden PFLEGESTUFE I PFLEGESTUFE II PFLEGESTUFE III Pflegestufe I (erheblich pflegebedürftig) Pflege- und Hilfebedarf für mindestens 90 Minuten pro Tag Um in die Pflegestufe I eingruppiert zu werden, muss man für mindestens 90 Minuten am Tag Hilfe benötigen (z. B. Unterstützung beim täglichen Waschen, Duschen oder Baden, beim Stuhlgang, beim An- und Auskleiden oder bei der Nahrungsaufnahme). Die pflegerische Hilfe muss mit täglich mindestens 46 Minuten den hauswirtschaftlichen Hilfebedarf überwiegen. Wenn Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität erforderlich ist, wird in der Grundpflege 1x täglich bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität (mindestens Verrichtungen aus zwei Bereichen) mit mehr als 45 min Zeitaufwand Hauswirtschaftliche Hilfe mehrmals wöchentlich Zeitaufwand insgesamt mind. 90 min täglich (im Wochendurchschnitt) Regel der hauswirtschaftliche Hilfebedarf von durchschnittlich 45 bis 60 Minuten am Tag anerkannt. 4
7 Pflegestufe II (schwerpflegebedürftig) Pflege- und Hilfebedarf für mindestens drei Stunden pro Tag Die Einstufung in die Pflegestufe II erhält man, wenn man bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten Hilfe benötigt, wobei Verrichtungen in zwei der drei Bereiche vorliegen müssen. Die Hilfeleistung insgesamt darf drei Stunden täglich nicht unterschreiten. Grundpflege 3 x täglich zu verschiedenen Tageszeiten bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität (mind. 2 Bereiche) Hauswirtschaftliche Hilfe mehrmals wöchentlich Zeitaufwand insgesamt mindestens 3 Stunden täglich im Wochendurchschnitt, Pflegebedarf mind. 2 Stunden Pflegestufe III (schwerpflegebedürftig) Pflege- und Hilfebedarf für mindestens fünf Stunden pro Tag Schwerstpflegebedürftige benötigen für die Zuerkennung der Pflegestufe III einen Hilfebedarf rund um die Uhr, auch nachts (mindestens ein Pflegeeinsatz zwischen und 6.00 Uhr). Der Hilfebedarf muss mindestens fünf Stunden täglich betragen, mindestens vier Stunden davon müssen auf die Pflege entfallen. Grundpflege rund um die Uhr, auch nachts Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität Hauswirtschaftliche Hilfe mehrmals wöchentlich Zeitaufwand insgesamt mindestens 5 Stunden täglich im Wochendurchschnitt, Pflegebedarf mind. 4 Stunden Besonderheit bei Kindern: Für die Einstufung der Pflegebedürftigkeit eines Kindes ist ausschlaggebend, wie vielmehr Pflege es im Vergleich zu einem gesunden gleichaltrigen Kind benötigt. Nicht der altersbedingte Pflegeaufwand maßgebend, sondern der darüber hinausgehende Hilfebedarf. 5
8 2.1 Pflegebedürftigkeit bei demenzieller Erkrankung Der Hilfe- und Unterstützungsbedarf von Menschen mit einer demenziellen Erkrankung ist häufig nicht auf den ersten Blick erkennbar. Sie vermitteln den Eindruck, noch sehr selbstständig zu sein und können ihre Einschränkungen gut überspielen. Oft haben sie wenige oder keine körperlichen Einschränkungen, vielmehr geht es um das tägliche Vergessen, sich zu waschen, anzuziehen, zu essen Folgende Funktionsstörungen werden berücksichtigt: Unkontrolliertes Verlassen des Wohnbereiches (Hin- bzw. Weglauftendenz) Verkennen oder Verursachen gefährdender Situationen Unsachgemäßer Umgang mit gefährlichen Gegenständen Verhält sich tätlich oder verbal aggressiv Verhält sich in Situationen nicht angepasst Erkennt seine eigenen körperlichen und seelischen Gefühle oder Bedürfnisse nicht Wehrt sich gegen therapeutische oder schützende Maßnahmen Kann wegen gestörter Hirnfunktion soziale Alltagssituationen nicht mehr bewältigen (Beeinträchtigung des Gedächtnisses, herabgesetztes Urteilsvermögen) Tag-Nacht-Rhythmus ist gestört Ist unfähig, eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren Verkennt Alltagssituationen und reagiert unpassend Zeigt ausgeprägte Schwankungen der Gefühle Ist überwiegend niedergeschlagen, verzagt, hilflos oder hoffnungslos (therapieresistente Depression) 6
9 Pflegestufe 0 Ab 1. Januar 2013 haben Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz in der sogenannten Pflegestufe 0 Anspruch auf monatlich 225 Euro für Pflegesachleistungen oder 120 Euro Pflegegeld. Bisher gab es in dieser sogenannten Pflegestufe 0 diese Leistungen nicht. Davon profitieren vor allem Demenzkranke und Pflegebedürftige, die bisher nicht die Pflegestufe I erreicht haben. Für Demenzkranke mit einer Pflegestufe werden die bestehenden Leistungen erhöht. Zusätzliches Betreuungsgeld Gehört die pflegebedürftige Person zum Kreis der Menschen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf und hat Anspruch auf das sogenannte zusätzliche Betreuungsgeld (Betreuungspauschale), dann muss auch hier ein Antrag bei der Pflegeversicherung gestellt werden. Der MDK erstellt ein Gutachten, wie stark die Alltagskompetenz eingeschränkt ist und ob die Voraussetzungen für den Grundbetrag oder den erhöhten Betrag vorliegen. Die Kosten für zusätzliche Betreuungsleistungen können dann von der Pflegekasse erstattet werden. Je nach Voraussetzung werden Kosten für zusätzliche Betreuungsleistungen bis zu Euro im Jahr (Grundbetrag) bzw. bis zu Euro im Jahr (erhöhter Betrag) erstattet. Das Geld (die Betreuungspauschale) kann für anerkannte niedrigschwellige Betreuungsangebote verwendet werden, wie beispielsweise familienunterstützende Dienste oder Helferkreise. Anlass dafür kann neben einer demenziellen Erkrankung auch eine geistige Behinderung oder eine psychische Erkrankung sein. Diese Leistung dient dazu, pflegenden Angehörigen eine Zeit der Entlastung zu ermöglichen, während die Pflegebedürftigen gut betreut werden. Die Betreuungspauschale ist unabhängig von einer Pflegestufe. 7
10 3 Ablauf des Verfahrens 3.1 Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Wurde ein Antrag auf Pflegeleistung bei der Pflegekasse gestellt, prüft der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK), ob eine Pflegebedürftigkeit im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes vorliegt. Für die Begutachtung kommt der MDK-Gutachter bzw. die Gutachterin speziell geschulte Ärzte/Ärztinnen oder Pflegefachkräfte entweder in die häusliche Umgebung oder in die Pflegeeinrichtung. Der Besuchstermin wird frühzeitig schriftlich mitgeteilt und die antragstellende Person erhält Informationen, welche schriftlichen Unterlagen hilfreich sind (z. B. Arztberichte ). Abb. 1: Ablauf der Begutachtung 8
11 3.2 Vorbereitung auf die Begutachtung Folgendes sollte grundsätzlich bedacht werden: Medikamente, die täglich eingenommen werden, sowie genutzte Hilfsmittel bereitlegen Vorhandene Arzt- und Krankenhausentlassungsberichte bereitlegen Anwesenheit weiterer Personen (Familienmitglieder, Pflegepersonen o. Ä.) Falls bereits ein ambulanter Pflegedienst versorgt, Pflegedokumentation bereitlegen Vorbereitend ein Pflegetagebuch führen Für eine zutreffende Einstufung ist ein realistisches Bild alltäglicher Abläufe hilfreich. Das heißt: Bestehen Probleme bei der Aufnahme von flüssiger oder fester Nahrung, so sollte dies auch bei der Begutachtung deutlich werden, indem etwa eine Zwischenmahlzeit oder ein Getränk gereicht wird ohne jedoch die pflegebedürftige Person vorzuführen. Ebenso sollten bei der Begutachtung die alltäglichen Probleme im Bereich der Mobilität demonstriert werden. Häufig wird die antragstellende Person dazu aufgefordert, die Hände hinter den Kopf zu führen, um hierdurch gleichzeitig zu prüfen, ob z. B. das Kämmen oder das Waschen von Gesicht und Oberkörper möglich sind. Die Einstufung einer Pflegebedürftigkeit richtet sich abschließend nach der Höhe des gesamten täglichen Hilfebedarfs, und wie viel Zeit die Pflegeperson hierfür benötigt. 9
12 3.3 Ablauf der Begutachtung Die MDK-Gutachter/-Gutachterinnen ermitteln den Hilfebedarf anhand eines Fragenkataloges (Gutachtenformular), und prüfen die funktionellen Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person. Aus den Pflegezeiten, die notwendig und begründet erscheinen, wird errechnet, ob im Sinne des Gesetzes eine Pflegebedürftigkeit vorliegt und welche Pflegestufe angebracht ist. Dabei spielen auch aktuelle Krankheiten und Vorerkrankungen eine Rolle. Wichtig ist auch, welche Dinge im Alltag noch selbstständig erledigt werden können und wobei Hilfe benötigt wird. Bei der Begutachtung wird auch erfragt, ob pflegeerleichternde Hilfsmittel genutzt werden. Wenn nötig, kann der MDK-Gutachter/die - Gutachterin bei der Wahl weiterer geeigneter Pflegehilfsmittel beraten oder etwa auch Vorschläge für altersgerechte Umbauten in der Wohnung (Barrierefreiheit) unterbreiten. Eine umfangreiche Diagnostik, wie bei einem Hausarzt/einer Hausärztin, erfolgt beim MDK-Besuch nicht. 3.4 Ergebnis der Begutachtung Der Medizinische Dienst fasst die Ergebnisse der Begutachtung sowie eine Empfehlung zur Pflegestufe in einem schriftlichen Gutachten zusammen und gibt es an die zuständige Pflegekasse weiter. Darüber hinaus kann das Gutachten Hinweise zu sinnvollen Pflegehilfsmitteln oder Verbesserungsmöglichkeiten in Ihrem Wohnumfeld enthalten. Die Entscheidung über die Pflegestufe und damit über die Leistungen der Pflegeversicherung trifft die Pflegekasse und schickt hierüber einen schriftlichen Bescheid. Lassen Sie sich auf jeden Fall das Gutachten zuschicken! 10
13 3.5 Widerspruch gegen das Ergebnis Wenn Sie mit dem Bescheid der Pflegekasse nicht einverstanden sind, können Sie Widerspruch einlegen. Bitte beachten Sie, dass der Widerspruch direkt an die jeweilige Pflegekasse, also den Leistungsträger, gerichtet werden muss. Eine Begründung ist notwendig, kann aber nachgereicht werden. Wenn die Pflegekasse den MDK im Rahmen des Widerspruchsverfahrens mit einer erneuten Begutachtung beauftragt, überprüfen die MDK- Gutachter/-Gutachterinnen zunächst die Empfehlungen anhand des Erstgutachtens und der möglicherweise nachträglich eingereichten Unterlagen. Bleibt es im Ergebnis bei der bisherigen Pflegestufe, erstellt der MDK ein sogenanntes Zweitgutachten durch einen anderen Arzt/eine andere Ärztin bzw. durch eine andere Pflegefachkraft. Bei der Begutachtung wird auf die Widerspruchsbegründung des Antragstellers/der Antragstellerin eingegangen. Es wird die zwischenzeitliche Entwicklung des Hilfebedarfs gewürdigt und der Zeitpunkt eventueller Änderungen der Pflegesituation gegenüber dem Erstgutachten benannt. Die Zweitbegutachtung erfolgt ggf. in häuslicher Umgebung bzw. in einer vollstationären Pflegeeinrichtung. 11
14 4 Umgang mit dem Pflegetagebuch Mit dem Pflegetagebuch können Sie für ein oder zwei Wochen dokmentieren, welchen Hilfebedarf Ihr pflegebedürftiger Angehöriger bzw. Ihre pflegebedürftige Angehörige hat. Das ausgefüllte Pflegetagebuch sollte daher beim Begutachtungstermin vorliegen. Die Gutachter/-innen erhalten so bereits wichtige Informationen, die für die Ermittlung des Pflegebedarfs notwendig sind. Falls eine Pflegestufe abgelehnt oder aus Ihrer Sicht eine zu niedrige Stufe bewilligt wurde, stellt das Pflegetagebuch eine wichtige Dokumentation und Grundlage für einen möglichen Widerspruch dar. Bei jeder Beschreibung sollten Sie versuchen, die folgenden Fragen zu beantworten: Wie ist der Ablauf? Was mache ich zuerst, was folgt als Nächstes, usw.? Müssen Sie dem/der Pflegebedürftigen Dinge/Abläufe erklären? Wenn ja, welche? Was ist besonders schwierig? Wenn der/die Pflegebedürftige etwas selbst macht und Sie trotzdem bei ihm bleiben: Warum ist das aus Ihrer Sicht notwendig? Bitte geben Sie bei allen Aktivitäten und Verrichtungen den genauen Zeitaufwand an. Falls Hilfestellungen nur zu zweit möglich sind, notieren Sie dies bitte auch, denn es bedeutet den doppelten Zeitaufwand. 4.1 Art, Zeitpunkt und Dauer der Hilfe Die unterschiedlichen Tätigkeiten, die anerkannt werden können, sind in den Tabellen des Tagebuches vorgegeben. Bitte notieren Sie in der Rubrik Zeitaufwand die Dauer der Tätigkeiten und die Tageszeit. 12
15 4.2 Form der Hilfestellung Je nach Bedarf der pflegebedürftigen Person gibt es unterschiedliche Formen der Hilfe, diese können auf der Tagebuchseite angekreuzt werden. ERLÄUTERUNG DER ABKÜRZUNGEN U = Unterstützung Der/Die Pflegebedürftige kann Verrichtungen grundsätzlich selbstständig erledigen, muss jedoch bei der Vorbereitung und/oder Nachbereitung unterstützt werden. TÜ = Teilweise Übernahme Der/Die Pflegebedürftige benötigt eine Hilfe zur Vollendung einer teilweise selbstständig erledigten Verrichtung, dabei muss die Pflegeperson Teile der Verrichtung des täglichen Lebens übernehmen. VÜ = Vollständige Übernahme A/B = Anleitung oder Beaufsichtigung Die Pflegeperson übernimmt die Verrichtungen des täglichen Lebens vollständig, da der Pflegebedürftige nicht in der Lage ist, die Verrichtung selbst auszuführen. Wenn die Hilfe ausschließlich die Anleitung oder Beaufsichtigung bei den gewöhnlichen Verrichtungen umfasst. Dies gilt insbesondere bei geistig und seelisch Behinderten, psychisch Kranken sowie desorientierten oder an einer Demenz erkrankten Menschen. In diesen Bereich fällt: Förderung und Erhaltung von körperlichen, psychischen u. geistigen Fähigkeiten (z. B. Orientierung zur eigenen Person und in der Umgebung) im Rahmen der gewöhnlichen täglichen Verrichtungen Vermeidung von Eigen- und Fremdgefährdung (z. B. durch unsachgemäßen Umgang mit Strom, Wasser oder offenem Feuer) im Rahmen der gewöhnlichen täglichen Verrichtungen Abbau von Ängsten, Reizbarkeit oder Aggressionen im Rahmen der gewöhnlichen täglichen Verrichtungen 13
16 4.3 Verrichtungen im Detail Oft herrscht Unklarheit darüber, was genau unter die einzelnen Verrichtungen fällt. Nachfolgend erhalten Sie einige Erläuterungen. Ausführliche Beschreibungen finden Sie in den Begutachtungsrichtlinien 1. Alle Vor- und Nachbereitungsarbeiten zu den Verrichtungen sind Hilfen im Sinne der Pflegeversicherung und damit berücksichtigungsfähig. KÖRPERPFLEGE Waschen/Duschen/Baden Hierzu gehören das Waschen des Körpers oder einzelner Körperteile am Waschbecken, in der Dusche, in der Badewanne oder mit einer Waschschüssel am Bett und das Abtrocken. Eine ein- bis zweimalige Haarwäsche pro Woche entspricht dem heutigen Hygienestandard. Die Hautpflege ist integraler Bestandteil der Körperpflege. Zahnpflege Die Zahnpflege umfasst sowohl die Vorbereitung wie z. B. Zahnpasta-auf-die- Bürste-Geben und/oder das Aufschrauben von Behältnissen (Zahnpaste/Mundwasser) als auch den eigentlichen Putzvorgang und die Nachbereitung, aber auch die Reinigung von Zahnersatz und die Mundpflege (das Spülen der Mundhöhle mit Mundwasser und die mechanische Reinigung der Mundhöhle). Kämmen Dies umfasst das Kämmen oder Bürsten der Haare entsprechend der individuellen Frisur. Das Legen von Frisuren (z. B. Dauerwelle) oder das Haareschneiden sind nicht zu berücksichtigen. Trägt die pflegebedürftige Person ein Toupet oder eine Perücke, ist das Kämmen oder Aufsetzen des Haarteils beim Hilfebedarf zu werten. Rasieren Das Rasieren beinhaltet wahlweise die Trocken- oder Nassrasur und deren sichere Durchführung. 1 Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches : Hrsg. Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.v., Lützowstraße 53, Essen (MDS) nbarungen_for 14
17 DARM- UND BLASENENTLEERUNG Hierzu gehören die übliche Intimpflege und die Kontrolle des Wasserlassens und des Stuhlgangs. Die notwendigen Handgriffe bei diesem Hygienevorgang, das Richten der Kleidung vor und nach dem Gang zur Toilette, die Intimhygiene wie das Säubern nach dem Wasserlassen und dem Stuhlgang werden berücksichtigt sowie das Entleeren und Säubern eines Toilettenstuhls bzw. eines Steckbeckens. Auch die Reinigung und Versorgung von künstlich geschaffenen Ausgängen (Urostoma, Anus praeter) wird berücksichtigt. ERNÄHRUNG Das mundgerechte Zubereiten der Nahrung Hierzu zählen alle Tätigkeiten, die der unmittelbaren Vorbereitung dienen und die die Aufnahme von fester und flüssiger Nahrung ermöglichen, zum Beispiel das Zerkleinern der zubereiteten Nahrungsmittel oder mundgerechtes Zubereiten bereits belegter Brote. Zur mundgerechten Zubereitung der Nahrung gehört allein die letzte Maßnahme vor der Nahrungsaufnahme. Notwendige Aufforderungen zur vollständigen Aufnahme der Nahrung in fester oder flüssiger Form (Essen und Trinken) sind beim Hilfebedarf zu berücksichtigen, wenn der Pflegebedürftige aufgrund fehlender Einsichtsfähigkeit dazu nicht in der Lage ist. Das Kochen oder das Eindecken des Tisches gehört zur hauswirtschaftlichen Versorgung. Die Aufnahme der Nahrung Zur Nahrungszufuhr gehören die Nahrungsaufnahme in jeder Form (fest, flüssig) wie auch die Verabreichung von Sondennahrung mittels Nährsonde einschließlich der Pflege der Sonde. Notwendige Aufforderungen zur Aufnahme der Nahrung sind beim Hilfebedarf dann zu berücksichtigen, wenn die pflegebedürftige Person aufgrund fehlender Einsichtsfähigkeit dazu nicht in der Lage ist (z. B. bei geistig verwirrten Menschen). Nicht dazu zählt die Insulinversorgung eines Diabetikers. 15
18 MOBILITÄT Das selbstständige Aufstehen und Zubettgehen Dies umfasst neben dem Aufstehen und Zubettgehen auch die eigenständige Entscheidung, zeitgerecht das Bett aufzusuchen bzw. zu verlassen. Vor allem bei Menschen mit einer demenziellen Erkrankung kann, wenn sie hierzu selbst nicht mehr in der Lage sind, eine Aufforderung zum Schlafengehen erforderlich sein. Zeitgerecht meint nicht zur Unzeit, wobei allerdings gewachsene Gewohnheiten des/der Pflegebedürftigen zu abweichenden berücksichtigungsfähigen Ruhezeiten führen können. Das Umlagern Das Umlagern bedeutet eine Positionsveränderung, zum Beispiel um schädliche Folgen eines dauerhaften Liegens in gleicher Lage zu vermeiden. Der notwendige Hilfebedarf für das Umlagern wird unabhängig davon, ob das Umlagern solitär oder im Zusammenhang mit einer anderen Verrichtungen durchgeführt wird, hier dokumentiert. Das An- und Auskleiden Zum An- und Auskleiden gehören notwendige Handgriffe, z. B.: Auf- und Zuknöpfen Aus- und Anziehen von Schuhen Auswahl der Kleidungsstücke (Jahreszeit, Witterung) Entnahme der Kleidung aus üblichem Aufbewahrungsort wie Kommode und Schrank An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen der Kompressionsklasse 1 An- und Ablegen von Prothesen, Korsetts Das Gehen Unter Gehen ist das Bewegen (Gehen, Stehen, Treppensteigen) innerhalb der Wohnung gemeint, wenn es im Zusammenhang mit einer weiteren Verrichtung erfolgt (Gang zum Badezimmer). Bei Rollstuhlfahrern wird die Benutzung des Rollstuhls berücksichtigt. Das Gehen im Zusammenhang mit der hauswirtschaftlichen Versorgung ist als hauswirtschaftlicher Hilfebedarf zu werten. Damit sind grundsätzlich solche (Geh-)Zeiten berücksichtigungsfähig, die notwendig sind, um die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten durchführen zu können (z. B. Wegräumen des Bügelbretts oder Einräumen gereinigter Wäsche). Das Stehen Zum Stehen gehören die notwendigen Transfers, z. B. auf einen Rollstuhl und/oder einen Toilettenstuhl, in eine Badewanne oder Duschtasse. 16
19 Das Treppensteigen Auch das Treppensteigen innerhalb der Wohnung ist nur im Zusammenhang mit den Verrichtungen zu werten. Das Treppensteigen im Zusammenhang mit der hauswirtschaftlichen Versorgung fällt in den Bereich des hauswirtschaftlichen Hilfebedarfs. Das Treppensteigen beinhaltet das Überwinden von Stufen innerhalb der Wohnung. Diese Verrichtung im Bereich der Grundpflege ist abhängig vom individuellen Wohnbereich des Antragstellers. Hier wird besonders geprüft, ob die Notwendigkeit besteht, für die Verrichtungen des täglichen Lebens eine Treppe zu benutzen. Andernfalls kann diese Verrichtung beim Pflegeumfang nicht berücksichtigt werden. Das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung Es sind nur solche Verrichtungen außerhalb der Wohnung berücksichtigungsfähig, die unmittelbar für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause notwendig sind und regelmäßig und auf Dauer anfallen. Zusätzlich muss das persönliche Erscheinen des/der Pflegebedürftigen erforderlich sein, wie beim Aufsuchen von Ärzten und Ärztinnen, von Apotheken oder Behörden, für die Inanspruchnahme ärztlich verordneter Therapien. Ist Hilfe beim Gehen, Stehen und Treppensteigen außerhalb der Wohnung erforderlich, wird auch dies mit berücksichtigt. 17
20 HAUSWIRTSCHAFTLICHE VERSORGUNG Hier können bei den folgenden Verrichtungen nur die Tätigkeiten berücksichtigt werden, die sich auf die Versorgung des Antragstellers/der Antragstellerin selbst beziehen. Die Versorgung möglicher weiterer Familienmitglieder bleibt unberücksichtigt. In einem Mehrpersonenhaushalt wird der mögliche Mehraufwand beim Einkaufen, Kochen und bei den übrigen genannten hauswirtschaftlichen Verrichtungen, sofern er für den Antragsteller/die Antragstellerin anfällt, berücksichtigt. Wenn ein krankheits- und/oder behinderungsbedingter Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung besteht, ist er zu berücksichtigen, auch wenn die Versorgung durch Dritte (z. B. Putzfrau, Mahlzeitendienst, Angehörige) erfolgt. Das Einkaufen Dies beinhaltet auch das Planen und Informieren bei der Beschaffung von Lebens-, Reinigungs- sowie Körperpflegemitteln sowie deren Lagerung und das Wissen, welche Lebensmittel wo eingekauft werden können, wie viel sie kosten und wie lange sie haltbar sind. Das Kochen Es umfasst die gesamte Zubereitung der Nahrung, wie Aufstellen eines Speiseplans für die richtige Ernährung unter Berücksichtigung von Alter und Lebensumständen. Auch die Bedienung der technischen Geräte sowie die Einschätzung der Mengenverhältnisse und Garzeiten unter Beachtung von Hygieneregeln sind zu werten. Das Reinigen der Wohnung Hierzu gehört das Reinigen von Fußböden, Möbeln, Fenstern und Haushaltsgeräten im allgemein üblichen Lebensbereich des/der Pflegebedürftigen. Auch die Kenntnis von Reinigungsmitteln und -geräten sowie das Bettenmachen sind hier zu berücksichtigen. Das Spülen Gemeint ist hier das Reinigen und Trocknen des von der pflegebedürftigen Person gebrauchten Geschirrs, Kochgeschirrs und Bestecks. Das Wechseln und Waschen von Wäsche und Kleidung Hierzu gehören das Einteilen und Sortieren der Textilien, das Waschen, Aufhängen, Bügeln, Ausbessern und Einsortieren der Kleidung in den Schrank sowie das Bettenbeziehen. Das Beheizen Das Beheizen umfasst auch die Beschaffung und Entsorgung des Heizmaterials (z. B. Bestellung beim Heizöllieferanten). 18
21 Herr Meier hilft seiner Frau morgens um 7.45 Uhr aus dem Bett (4 Min.) und begleitet sie zur Toilette (3 Min.) und anschließend ins Badezimmer. Frau Meier kann sich auf einem Hocker sitzend selbstständig am Waschbecken waschen. Ihr Mann legt ihr alle Waschutensilien bereit (3 Min.), nur beim Zähneputzen (4 Min.) hilft er ihr. Auch das Haarekämmen (2 Min.) geht nicht mehr alleine. Danach geht Frau Meier mit Unterstützung ihres Mannes wieder zurück ins Schlafzimmer (2 Min.) und dort hilft er ihr beim Anziehen (15 Min.). 1
22 4.5 Orientierungswerte zur Pflegezeitbemessung KÖRPERPFLEGE MINU- TEN Ganzkörperwäsche Teilwäsche Oberkörper 8-10 Teilwäsche Unterkörper Teilwäsche Hände/Gesicht 1-2 Duschen Baden Zahnpflege 5 Kämmen 1-3 Rasieren 5-10 DARM- UND BLASENENTLEERUNG Wasserlassen 2-3 Stuhlgang 3-6 Richten der Bekleidung 2 Wechseln der Windeln/Vorlagen 4-10 Wechseln kleiner Vorlagen 1-2 Wechseln bzw. Entleeren von Urinbeuteln/-flaschen 2-3 Wechseln von Stomabeuteln 3-4 ERNÄHRUNG Mundgerechte Zubereitung der Nahrung 2-3 Nahrungsaufnahme MOBILITÄT Aufstehen und Zubettgehen 1-2 Umlagern 2-3 Ankleiden gesamt 8-10 Ankleiden Ober-/Unterkörper 5-6 Entkleiden gesamt 4-6 Entkleiden Ober-/Unterkörper 2-3 WEITERE VERRICHTUNGEN Transfer 1 Für die hier nicht genannten Verrichtungen sind keine Orientierungswerte festgelegt 2
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