Europarecht I (Grundzüge des Europarechts)

Transkript

1 (Grundzüge des Europarechts)

2 Gliederung I. Grundlagen II. Entwicklung und Wegmarken der Europaidee III. Die Europäische Menschenrechtskonvention IV. Verfassungsrechtliche Grundlagen der Europäischen Union V. Die Rechtsnatur der europäischen Union VI. Europarecht und Völkerrecht VII. Die Rechtsquellen des Unionsrechts VIII. Die Organe der europäischen Union IX. Die Kompetenzverteilung zwischen Union und Mitgliedstaaten X. Das Unionsrecht und das Recht der Mitgliedstaaten XI. Die Integrationsermächtigung des Art. 23 GG und ihre Schranken XII. Rechtsschutz und Verfahrensarten vor dem EuGH XIII. Die Unionsbürgerschaft XIV. Die Grundfreiheiten 2

3 Primärrechtliche Rechtsquellen Die Verträge (EUV, AEUV, EAG-Vertrag) - Völkerrechtliche Verträge, die Zustimmungsgesetze und Beteiligung der nationalen Parlamente erfordern - Änderungsverfahren nach Art. 48 EUV: ordentliches (Abs. 2-5, mündet in Ratifikation) vereinfachtes (Abs. 6 7, vgl. dazu 2 IntVG) Allgemeine Rechtsgrundsätze Primärrechtliches Gewohnheitsrecht 3

4 Primärrecht I. Unmittelbar anwendbare Bestimmungen der EUV/AEUV 1. Bindung der Mitgliedstaaten 2. Begründung von Rechten und Pflichten für Individuen a) Rechtlich vollkommen in Form einer hinreichend genauen Verpflichtung oder Berechtigung b) Unbedingt c) Keine weiteren Vollzugsmaßnahme erforderlich d) Kein Ermessensspielraum für Mitgliedstaaten Art. 34 AEUV? EuGH, Rs, 74/66, Slg. 1977, 557 Rn. 13 Ianelli Art. 49 AEUV? EuGH, Rs. 2/74, Slg. 1974, 631 Rn. 10 ff. Reyners 4

5 Allgemeine Rechtsgrundsätze II. Art. 6 Abs. 1 EUV à Europäische Grundrechtecharta III. Allgemeine Rechtsgrundsätze 1. Grundlage Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EUV Wahrung des Rechts 2. Anknüpfungspunkt sind wie in Art. 6 Abs. 1 EUV stets die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten 3. Gewinnungsmethode: Wertender Rechtsvergleich Unionsgrundrechte Grundsätze des Rechtsstaats Strukturprinzipien 5

6 Ungeschriebene Unionsgrundrechte - Eigentumsschutz - Achtung der Privatsphäre - Achtung des Familienlebens - Schutz des Arztgeheimnisses - Unverletzlichkeit der Wohnung - Gleichheitssatz - Diskriminierungsverbot - Religionsfreiheit - Vereinigungsfreiheit - Berufsfreiheit - Freier Zugang zur Beschäftigung - Meinungs- und Veröffentlichungsfreiheit 6

7 Allgemeine Rechtsgrundsätze - Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und auf fairen Prozess - Verbot der Rückwirkung von Strafgesetzen à Grundsätze des Rechtsstaats - Verhältnismäßigkeitsprinzip - Vertrauensschutz - Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung - Schutz wohlerworbener Rechte - Gebot der Rechtssicherheit - Schutz des guten Glaubens - Grundsatz des rechtlichen Gehörs 7

8 à Rechtsstaat Grundsätze des Rechtsstaats - Grundsatz ne bis in idem - Grundsatz der Gleichbehandlung - Untersuchungsgrundsatz - Recht auf Akteneinsicht - Grundsatz der Vertraulichkeit der Rechtsberatung - Grenzen für Widerruf und Rücknahme von Verwaltungsakten 8

9 Strukturprinzipien Gewinnung der Strukturprinzipien Wortlaut und Geist allgemeines System wesentliche Grundsätze effet utile / volle Wirksamkeit Entsprechung im deutschen Recht Teleologischsystematische Auslegung 9

10 Strukturprinzipien - Vorrang des Gemeinschaftsrechts (Costa/ENEL) - Unmittelbare Anwendbarkeit von Primärrecht, individuelle (Rechte) - Maßstäbe für den Vollzug von Unionsrecht durch nationale Organe (Effektivitäts- und Äquivalenzprinzip, Alcan) - Verknüpfung unionalen und nationalen Rechtsschutzsystems (Zuckerfabrik Süderdithmarschen) - Unmittelbare Wirkung von Richtlinien (Becker) - Staatshaftungsanspruch gegen die Mitgliedstaaten bei Verstößen gegen Unionsrecht (Francovich) 10

11 Sekundärrecht Sekundärrecht - Vgl. Art. 11 ff. EUV, Art. 29 ff. EUV à hierzu gehören auch Gemeinsame Standpunkte, Strategien, Rahmenbeschlüsse, völkerrechtliche Abkommen und Durchführungsmaßnahmen Art. 288 AEUV Rechtsakte - Verordnungen à Gelten unmittelbar - Richtlinien à Mitgliedsstaat setzt in nationales Recht um - Entscheidungen à verbindlich für den Adressaten - Stellungnahmen und Empfehlungen sind nicht (streng) verbindlich 11

12 Sekundärrecht Die Verordnung - Abstrakt-generelle Norm (europäisches Gesetz) - Ist unmittelbar anwendbar und genießt Anwendungsvorrang - Erfordert keine Umsetzung und lässt diese auch nicht zu - Begründet Rechte und Pflichten auch für Einzelne Richtlinien - Abstrakt-generelle Norm (europäisches Rahmengesetz) - Ist ein umsetzungsbedürftiger Rechtsakt - Verpflichtet die Mitgliedstaaten zum Erlass außenwirksamer Umsetzungsvorschriften - Diese wiederum unterliegen richtlinienkonformer Auslegung 12

13 Sekundärrecht Unmittelbare Wirkung von Richtlinien - Ablauf der Umsetzungsfrist - Fehlen einer ordnungsgemäßen Umsetzung - Vorschrift ist hinreichend bestimmt und unbedingt ( self executing ) - und begünstigt den Einzelnen - Der Staat muss die Vorschrift zu Gunsten des Einzelnen unmittelbar anwenden; sie hat Anwendungsvorrang - Aber: Keine horizontale Direktwirkung zwischen Privaten - Wohl aber denkbar: Reflexwirkungen zu Lasten Privater (Großkrotzenburg); deren Reichweite ist umstritten. 13