Moritz Stilz, Lehrstuhl Prof. C. Seiler Fall 5
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- Monica Zimmermann
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1 Fall 5 1 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht
2 A. Sachentscheidungsvoraussetzungen, 80 V VwGO I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges, 40 I 1 VwGO Keine aufdrängende Sonderzuweisung. Subvention erfolgte nach Bundeshaushaltsrecht, also nach öffentlichem Recht. Auch keine verfassungsrechtliche Streitigkeit, damit (+) II. Statthaftigkeit des Antrags Richtet sich nach dem Antragsbegehren, 88 VwGO analog. Im einstweiligen Rechtsschutz: 80, 80a VwGO wenn in der Hauptsache die Anfechtungsklage gegeben ist, 123 VwGO wenn in der Hauptsache Verpflichtungs-, Leistungs- und Feststellungsklage einschlägig sind 2 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 2
3 A. Sachentscheidungsvoraussetzungen, 80 V VwGO II. Statthaftigkeit des Antrags Hier: Der Rückforderungsbescheid ist nach 49a I 2 VwVfG ein Verwaltungsakt. Darüber hinaus hebt die Behörde allerdings auch die ursprüngliche Gewährung auf. Hierin ist dann ein VA zu erblicken, wenn die Gewährung selbst ein VA wäre. Zwar wurde im Vorfeld diskutiert und verhandelt, was eher für einen Vertrag spricht. Allerdings spricht die ganze Terminologie des Schreibens (Rechtsprüfung, Festsetzung usw ) einem VA Im Hauptsacheverfahren wäre damit eine (genauer: zwei) Anfechtungsklage statthaft. Einstweiliger Rechtsschutz erfolgt deshalb nach 80 V VwGO 3 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 3
4 A. Sachentscheidungsvoraussetzungen, 80 V VwGO III. Antragsbefugnis, 42 II VwGO analog Ihm wird die Rechtsposition, die ihm durch den VA gewährt wurde, wieder genommen. Diese könnte verletzt sein. IV. Sonstige Voraussetzungen Nichts ersichtlich B. Objektive Klagehäufung, 44 VwGO Der A geht hier gegen zwei Verwaltungsakte vor. Allerdings liegen die Voraussetzungen des 44 VwGO vor, sodass beide Klagebegehren in einem Antrag zusammengefasst werden können. 4 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 4
5 I. Ordnungsgemäße Anordnung der sofortigen Vollziehung 1. Zuständigkeit der Behörde Lt. Sachverhalt gegeben 2. Anhörung Nach hm entbehrlich, jedenfalls aber laut Bearbeitervermerk erfolgt. 3. Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung ( 80 III VwGO) Laut Sachverhalt ist von der Einhaltung der Formvorschriften auszugehen. II. Interessenabwägung Die Interessenabwägung richtet sich (auch) nach den Erfolgsaussichten in der Hauptsache. 5 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 5
6 1. Rechtmäßigkeit der Rücknahme des ursprünglichen Bescheids a. Ermächtigungsgrundlage Die Rücknahme eines Verwaltungsaktes richtet sich nach 48 VwVfG (VA rw) bzw. nach 49 VwVfG (VA rm) aa. Rechtmäßigkeit des Ursprungs-VA (1) Ermächtigungsgrundlage Notwendigkeit einer Ermächtigungsgrundlage im Rahmen der Leistungsverwaltung? Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 III GG) gilt grds. nur für die Eingriffsverwaltung (kein Totalvorbehalt) Bei Subventionen gilt aufgrund ihrer Bedeutung für die Konkurrenz unter Unternehmen (Art. 12 GG) allerdings ein abgeschwächter Vorbehalt: Es genügt, wenn die Mittel im Haushaltsplan ausgewiesen wurden und ihre Verteilung dann über Verwaltungsvorschriften geregelt wird. So liegt die Sache hier. 6 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 6
7 1. Rechtmäßigkeit der Rücknahme des ursprünglichen Bescheids aa. Rechtmäßigkeit des Ursprungs-VA (2) Formelle Rechtmäßigkeit Von der formellen Rechtmäßigkeit ist laut Sachverhalt auszugehen. (3) Materielle Rechtmäßigkeit (a) Einhaltung der Subventionsrichtlinie Keine gegenteiligen Angaben im SV, die Behörde geht nach eingehender Prüfung vom Vorliegen der Voraussetzungen aus (b) Kein Verstoß gegen höherrangiges Recht Beihilfen i.s.d. Art. 107 AEUV müssen der Kommission vor ihrer Gewährung notifiziert werden (Art. 108 III 1 AEUV). Eine Auszahlung der Beihilfe ist ohne einen entsprechenden Beschluss der Kommission unzulässig (Art. 108 III 3 AEUV). Eine Notifizierung ist hier unterblieben, die Gewährung der Subventionen damit rechtswidrig. 7 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 7
8 1. Rechtmäßigkeit der Rücknahme des ursprünglichen Bescheids bb. Ergebnis Der GrundVA war rechtswidrig, richtige EGL ist somit 48 VwVfG. b. Formelle Rechtmäßigkeit des Rücknahmebescheids Von der formellen Rechtmäßigkeit ist auszugehen c. Materielle Rechtmäßigkeit aa. Einhaltung der Ermächtigungsgrundlage (1) Rechtswidrigkeit des aufzuhebenden VA Liegt vor, s.o. (2) Zusätzliche Voraussetzungen des 48 II-IV VwVfG Der VA gewährt eine Geldleistung und kann daher nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der Absätze 2-4 des 48 VwVfG zurückgenommen werden ( 48 I 2 VwVfG) 8 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 8
9 1. Rechtmäßigkeit der Rücknahme des ursprünglichen Bescheids (2) Zusätzliche Voraussetzungen des 48 II-IV VwVfG (a) Vertrauen des A Lt. Sachverhalt vertraute der A auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes. (b) Schutzwürdigkeit des Vertrauens Regel: Wurde die Geldleistung verbraucht, so ist das Vertrauen i.d.r. schutzwürdig ( 48 II 2 VwVfG) Ausnahmen: Nach 48 II 3 VwVfG ist hiervon in bestimmten Situationen eine Ausnahme zu machen. In Frage käme allerdings höchstens 38 II 3 Nr. 3 VwVfG und für eine grobe Fahrlässigkeit des A gibt es insgesamt zu wenig Anhaltspunkte. Ergebnis: Das Vertrauen des A ist an sich schutzwürdig. 9 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 9
10 1. Rechtmäßigkeit der Rücknahme des ursprünglichen Bescheids (b) Schutzwürdigkeit des Vertrauens Aber: Bei europarechtswidrigem Handeln ist die deutsche Abwägung zu modifizieren. Die BRD ist als Staat zur Rückforderung verpflichtet (Art. 4 III AEUV) und kann sich nicht auf ihr internes Recht berufen, um dieser Pflicht nicht nachzukommen. Der (auch im Unionsrecht geltende) Grundsatz des Vertrauensschutzes ist daher einzuschränken. Dabei gilt: Das Gemeinschaftsinteresse muss besonders berücksichtigt werden. Im Zweifel verschiebt sich die Abwägung daher zu Ungunsten des Vertrauensschutzes Wurde das Verfahren des Art. 108 III AEUV nicht eingehalten, so kann überhaupt kein schützenswertes Vertrauen entstehen. (Arg: Der Gewerbetreibende kann sich hierüber informieren) Damit gibt es in derartigen Fällen nur im Ausnahmefall (rechtswidrige Subventionsgewährung unter Beihilfe von Unionsorganen o.ä.) Vertrauensschutz 10 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 10
11 1. Rechtmäßigkeit der Rücknahme des ursprünglichen Bescheids (3) Frist, 48 IV 1 VwVfG Für eine Überschreitung der Frist enthält der SV keine Hinweise.(Selbst wenn wäre diese bei Subventionen wg. Unionsrecht unbeachtlich) bb. Ermessen Die Rücknahme steht im Ermessen der Behörde. Allerdings ist das Ermessen in Fällen europarechtswidriger Subventionen auf null reduziert. Die Rücknahme war daher rechtmäßig, Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. d. Ergebnis Die Rücknahme des Bewilligungsbescheides war rechtmäßig. 11 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 11
12 2. Rechtmäßigkeit der Subventionsrückforderung a. Ermächtigungsgrundlage EGL ist hier 49a I VwVfG b. Formelle Rechtmäßigkeit Hiervon ist lt. Sachverhalt auszugehen d. Materielle Rechtmäßigkeit Der Tatbestand liegt vor (der bewilligende VA wurde zurückgenommen Grundsätzlich könnte A sich auf Entreicherung berufen ( 49a II VwVfG). Allerdings wird auch dieser Einwand durch das Europarecht abgeschnitten. 12 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 12
13 3. Abwägung A wird im Hauptsacheverfahren unterliegen (s.o.) Was dann gilt ist umstritten. Teilweise wird dennoch eine Abwägung zwischen Vollzugsinteresse und den Interessen des Betroffenen gefordert. Selbst wenn man dem folgt, so dürfte hier das Vollzugsinteresse überwiegen (auch hier wieder: unionsrechtskonforme Auslegung). D. Gesamtergebnis Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. 13 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 13
14 Exkurs: Einstweiliger Rechtsschutz gegen Unionsrechtsakte P: Ein Mitgliedstaat erlässt einen VA, der auf einem Unionsrechtsakt (i.d.r. einer Verordnung) beruht. Darf ein mitgliedstaatliches Gericht inzident die Wirksamkeit der Verordnung prüfen? Grds. besteht hier eine Vorlagepflicht. Da das Vorlageverfahren aber längere Zeit in Anspruch nimmt, erlaubt der EuGH in diesem Fall auch Rechtsschutz durch die einfachen Gerichte. Hierfür gelten strenge Voraussetzungen. Diese sind im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses zu prüfen. Es sind: Es muss erhebliche Zweifel an der Gültigkeit des Gemeinschaftsrechtsaktes geben. Das Gericht muss die Sache umgehend dem EuGH zur Prüfung vorlegen. Die Sache muss dringlich sein, d.h. es muss dem Antragsteller ein schwerer, nicht wiedergutzumachender Nachteil drohen Das Gemeinschaftsinteresse muss ausreichend berücksichtigt werden. Das Gericht muss sich an eventuelle bereits ergangene Entscheidungen der europäischen Gerichtsbarkeit halten. 14 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 14
15 Exkurs: Einstweiliger Rechtsschutz gegen Unionsrechtsakte In der Begründetheit ist anschließend inzident der europäische Rechtsakt als EGL des Verwaltungsaktes zu prüfen. 15 Ferienexaminatorium Verwaltungsrecht 15
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