S UCHTMEDIZIN. Addiction Medicine. Herausgeber: M. Backmund Ph. Bruggmann H. Haltmayer M. Krausz M. Soyka M. Walter. Karsten Gessulat / Abrissbirne

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1 S UCHTMEDIZIN Addiction Medicine Herausgeber: M. Backmund Ph. Bruggmann H. Haltmayer M. Krausz M. Soyka M. Walter Schwerpunktthema: Hepatitis C 22. Substitutions-Forum, Mondsee Tagungsprogramm, ReferentInnen, Abstracts 24. Tübinger Suchttherapietage: Multi professionelles Handeln in der Sucht therapie Abstracts Karsten Gessulat / Abrissbirne Organ der ÖGABS (Österreichische Gesellschaft für arzneimittelgestützte Behandlung von Suchtkrankheit) Suchtmed ISSN Band 21, Nr. 2 (2019)

2 MEHR STABILITÄT MIT 16 MG 1,2 SUCHTDRUCK UND ENTZUGSERSCHEINUNGEN IM GRIFF. 3, 4 WENN BUPRENORPHIN, DANN INDIVIOR 1 Fareed A et al. 2012, J Add Diseases; 31: Schmitz ST et al. 2013, Therapieempfehlungen zur Anwendung von Buprenorphin/Naloxon in der Substitutionsbehandlung von Patienten mit Opioidabhängigkeit 3 Leonardi C et al. Drug Alcohol Depend. 2008; 94: Greenwald MK et al. Drug Alcohol Depend. 2014; 144:1 11. SUBOXONE 2 mg/0,5 mg; 8 mg/2 mg; 16 mg/4 mg Sublingualtabletten. Wirkstoffe: Buprenorphin/Naloxon. Zus. arzneil. wirk. Bestandt.: 1 Sublingualtablette enthält: Buprenorphin 2 mg bzw. 8 mg bzw. 16 mg (als Hydrochlorid) und Naloxon 0,5 mg bzw. 2 mg bzw. 4 mg (als Hydrochlorid-Dihydrat). Sonst. Bestandt.: Lactose-Monohydrat, Mannitol, Maisstärke, Povidon K 30, wasserfreie Citronensäure, Natriumcitrat, Magnesiumstearat, Acesulfam-Kalium, natürliches Citronen- und Limonen-Aroma. Anw.: Substitutionsther. b. Opioidabhängigkeit im Rahmen medizin., sozial. u. psychother. Maßnahmen. Mit d. Naloxon-Bestandteil soll ein i.v. Missbrauch verhindert werden. Zur Behandl. von Erw. u. Jugendl. über 15 Jahre, die einer Suchtbehandl. zugestimmt haben. Gegenanz.: Überempfindlichkeit geg. d. Wirkstoff(e) od. einen d. sonst. Bestandt., schwere Atemprobleme, schwere Leberprobleme, akuter Alkoholismus od. alkoholbedingtes Zittern, starkes Schwitzen, Angstzustände, Verwirrung oder Halluzinationen, gleichzeitige Einnahme v. Naltrexon o. Nalmefen zur Behandlg. v. Alkohol- o. Opioidabhängigkeit Nebenw.: Sehr häufig: Insomnie (Schlaflosigkeit, Obstipation, Übelkeit, übermäßiges Schwitzen, Kopfschmerzen, Arzneimittelentzugssyndrom. Häufig: Gewichtsverlust, Schwellung (der Hände und der Füße), Schläfrigkeit, Angstgefühl, Nervosität, Kribbeln, Depressionen, verminderte Libido, erhöhte Muskelspannung, anomales Denken, vermehrte Tränenflüssigkeit (tränende Augen) oder andere Tränenflussstörungen, verschwommenes Sehen, Hitzegefühl, erhöhter Blutdruck, Migräne, laufende Nase, rauer Hals und Schmerzen beim Schlucken, verstärkter Husten, Magenverstimmung oder andere Magenprobleme, Diarrhoe, Leberfunktionsstörung, Flatulenz, Erbrechen, Hautausschlag, Juckreiz, Nesselsucht, Schmerzen, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Krämpfe in den Beinen (Muskelkrampf), Schwierigkeiten, eine Erektion zu bekommen oder zuhalten, Anomalie des Urins, Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, Schwäche, Infektionen, Schüttelfrost, Schmerzen im Brustkorb, Fieber, grippeähnliche Symptome, allgemeines Unwohlsein, versehentliche Verletzungen aufgrund verringerter Aufmerksamkeit oder Koordination, Ohnmacht und Schwindel. Gelegentlich: Schwellung der Drüsen (Lymphknoten), Agitiertheit, Zittern (Tremor), abnorme Träume, übermäßige Muskelaktivität, Depersonalisation (Entfremdungsgefühl), Arzneimittelabhängigkeit, Amnesie (Gedächtnisstörungen), Interessenverlust, übertriebenes Gefühl des Wohlbefindens, Konvulsion (Anfälle), Sprachstörungen, kleine Pupillen, Probleme beim Wasserlassen, Augenentzündungen oder -infektionen, beschleunigter oder verlangsamter Herzschlag, niedriger Blutdruck, Palpitationen, Myokardinfarkt (Herzanfall), Engegefühl in der Brust, Kurzatmigkeit, Asthma, Gähnen, Schmerzen und wunde Stellen im Mund, Zungenverfärbung, Akne, Hautknoten, Haarausfall, trockene oder schuppige Haut, Gelenkentzündungen, Harnwegsinfektion, abnorme Blutbefunde, Blut im Urin, anomale Ejakulation, Menstruations- oder Vaginalprobleme, Nierensteine, Eiweiß im Urin, Schmerzen oder Probleme beim Wasserlassen, Wärme- oder Kälteempfindlichkeit, Appetitlosigkeit, Hitzschlag, Feindseligkeit. Nicht bekannt/häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar: Plötzlich auftretendes Entzugssyndrom in Folge einer zu frühen Anwendung von Suboxone nach dem Gebrauch illegaler Opioide, Arzneimittelentzugssyndrom bei Neugeborenen, verlangsamtes oder erschwertes Atmen, Leberschädigung mit oder ohne Gelbsucht, Halluzinationen, Schwellung von Gesicht und Hals oder lebensbedrohliche allergische Reaktionen, Blutdruckabfall beim Aufstehen aus dem Sitzen oder Liegen. Bei einer missbräuchlichen Anwendung dieses Arzneimittels mittels Injektion kann es zu Entzugssymptomen, Infektionen, anderen Hautreaktionen und potentiell schweren Leberproblemen kommen. Vorsichtsmaßn. für Pat.: Blisterpack. an einem sicheren Ort aufbew., nie im Voraus öffnen, für Kinder und and. Haushaltsmitgl. unerreichbar aufbew., nie vor Kindern einnehmen. Warnhinw.: sublinguale Anwendung. Nicht schlucken. Die Tablette bis zur Auflösung unter der Zunge halten. Enthält Lactose-Monohydrat. Packungsbeilage beachten. Verschreibungspflichtig, Betäubungsmittel. Weitere Angaben zur sicheren Anw. d. Arzneimittels siehe Fachinformation. Stand d. Info: November Pharmazeutischer Unternehmer: Indivior UK Limited, Bath Road, Slough, Berkshire, SL1 3UH, Vereinigtes Königreich.

3 SUCHTMEDIZIN Organ der ÖGABS (Österreichische Gesellschaft für arzneimittelgestützte Behandlung von Suchtkrankheit) HERAUSGEBER Prof. Dr. Markus Backmund (Schriftleitung) Praxiszentrum im Tal, Ludwig-Maximilians-Universität, München PD Dr. Philip Bruggmann Arud, Zentren für Suchtmedizin, Zürich, Schweiz Dr. Hans Haltmayer Suchthilfe Wien, Österreich Prof. Dr. Michael Krausz Department of Psychiatry University of British Columbia, Vancouver, Canada Prof. Dr. Michael Soyka (Schriftleitung) Medical Park Chiemseeblick, Bernau Prof. Dr. Marc Walter Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel, Schweiz HERAUSGEBERGREMIUM Prof. Dr. Anil Batra Sektion für Suchtmedizin und Suchtforschung, Universitätsklinikum Tübingen Dr. Maurice Cabanis Klinik für Suchtmedizin und Abhängiges Verhalten, Zentrum für Seelische Gesundheit, Klinikum Stuttgart Prof. Dr. Gabriele Fischer Universitätsklinik für Psychiatrie-AKH Wien, Österreich Prof. Dr. Thomas Hillemacher Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinik der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, Nürnberg Prof. Dr. Ulrich John Institut für Sozialmedizin und Prävention Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald PD Dr. Gabriele Koller Schwerpunktstation für Abhängigkeitserkrankungen, Klinikum der Universität München Dr. Heinrich Küfner Institut für Therapieforschung (IFT), München Prof. Dr. Michael Lucht Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Greifswald am HELIOS-Hanseklinikum Stralsund, Stralsund Christel Lüdecke Fachbereich für Abhängigkeitserkrankungen, Asklepios Fachklinikum Göttingen Prof. Dr. Dennis Nowak Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin Klinikum der Universität-Innenstadt, München Prof. (apl) Dr. Ulrich W. Preuß Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Herborn Dr. Tobias Rüther Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum der Universität München Prof. Dr. Christian G. Schütz Department of Psychiatry University of British Columbia, Vancouver, Canada Prof. Dr. Rainer Spanagel Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Abt. Psychopharmakologie J 5, Mannheim Rainer.Spanagel@zi-mannheim.de PD Dr. Marc Vogel, MScPH Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen, Universitäre Psychiatrische Kliniken, Basel Marc.Vogel@upk.ch Redaktion: Karin Preußner, ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg am Lech k.preussner@ecomed-storck.de Suchtmed 21 (2) 69 (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg 69

4 IMPRESSUM Impressum Suchtmedizin, Jg. 21, Nr. 2, 2019 Addiction Medicine ehemals: Suchtmedizin in Forschung und Praxis ISSN Herausgeber: Prof. Dr. Markus Backmund (Schriftleitung) Praxiszentrum im Tal Ludwig-Maximilians-Universität München Tal 9, Rgb., D München Tel.: ; Fax: Internet: PD Dr. Philip Bruggmann Arud, Zentren für Suchtmedizin, Zürich, Schweiz Dr. Hans Haltmayer Suchthilfe Wien, Österreich Prof. Dr. Michael Krausz Department of Psychiatry The University of British Columbia Vancouver, Canada Prof. Dr. Michael Soyka (Schriftleitung) Medical Park Chiemseeblick Rasthausstraße 25, Bernau Tel.: Prof. Dr. Marc Walter Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel, Schweiz Verlag: ecomed MEDIZIN ecomed-storck GmbH, Landsberg am Lech Justus-von-Liebig-Str. 1, D Landsberg Internet: Anzeigen: Dr. Reingard Herbst Edelweißring Königsbrunn Tel.: Fax: Abonnentenverwaltung: Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH Abonnentenservice Hultschiner Straße München Tel.: Fax: aboservice@hjr-verlag.de Bezugspreise 2019: 6 Hefte pro Jahr alle Preise inkl. MwSt. und zzgl. Versandkosten Print-Abo inkl. Online: 189,99 Abonnement und Bezugspreise beinhalten die Printausgabe sowie eine Lizenz für das online-archiv. Die Bestandteile des Abonnements sind nicht einzeln kündbar. Einzelheft: 38,00 IP-Zugang: 254,99 Das Abonnement verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn es nicht spätestens 8 Wochen zum Jahresende gekündigt wird. Veröffentlichung gemäß Art. 8 Abs. 3 Bayerisches Pressegesetz: Alleinige Gesellschafterin von ecomed-storck GmbH ist die Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH; alleinige Gesellschafterin von der Verlagsgruppe Hüthig-Jehle Rehm GmbH ist die Süddeutscher Verlag Hüthig Fachinformationen GmbH. An dieser sind beteiligt: Süddeutscher Verlag GmbH, München: 97,383 %; Kaufmann Holger Hüthig, Heidelberg: 2,027 %, Ruth Hüthig, Heidelberg: 0,269 %, Beatrice Müller, Heidelberg: 0,160 %, Sebastian Hüthig, Heidelberg: 0,160 %. Satz: MVM Mediendesign und Digitaldruck, Harsefeld Druck: Zimmermann Druck + Verlag GmbH, Balve Urheberrecht: 2019, ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg am Lech Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Der Inhalt dieses Heftes wurde sorgfältigt erarbeitet; jedoch sind Fehler nicht vollständig auszuschließen. Aus diesem Grund übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag keine Haftung für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen. Redaktion (verantwortlich): Karin Preußner Tel.: Fax: k.preussner@ecomed-storck.de Besuchen Sie unsere Website unter: 70 Suchtmed 21 (2) 70 (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg

5 INHALT SUCHTMED INHALT Umschlagbild Abrissbirne Karsten Gessulat ist ein international tätiger Kommunikationsberater und freischaffender Künstler. Sein Lebensmittelpunkt ist München, wo er schon diverse Ausstellungen in unterschiedlichen Formaten hatte. Sein Werk ist niemals dekorativ oder gefällig, sondern zeigt Geisteshaltung und bezieht Stellung. Am ehesten sind Gessulats Arbeiten im Bereich Streetart/Urbanart zu Hause. Aber es gibt auch Bezüge zur Popart und zum Neoexpressionismus. Mehr unter www. karstengessulat.de 111 Wissen und Informationsbedarfe von Drogengebrauchenden zu Hepatitis B, C und HIV (R. Zimmermann, U. Marcus, S. Nielsen, B. Wenz, M. Gassowski, V. Bremer, Druck-Study Group) 22. Substitutions-Forum, Mondsee 119 Tagungsprogramm, ReferentInnen und Abstracts 24. Tübinger Suchttherapietage 130 Mulitprofessionelles Handeln in der Suchttherapie Abstracts 70 Impressum 73 Editorial (P. Bruggmann) Schwerpunktthema Hepatitis C 75 Schweizer OAT-Programme auf ihrem Weg zur HCV-Elimination Die SAMMSU-Kohorte (A. Bregenzer, P. Bruggmann, E. Castro, A. Moriggia, M. Rothen, M.-C. Thurnheer, P. Vernazza, C. Scheidegger) 91 Auf dem Weg zu einer präventiven Hepatitis-C- Impfung (M. Hoffmann) 103 Im Schatten von HIV: Das Aschenbrödel Hepatitis C (J. Kind, B. Maeschli, P. Bruggmann) Ankündigungen 118 analog digital: Herausforderungen für die Suchtbehandlung, 32. Heidelberger Kongress des Fachverbandes Sucht e.v. Aus Industrie und Forschung 152 Umstellung eines 48-jährigen Patienten von Levomethadon auf Morphin retard (Substitol ) und Diamorphin 154 Substitution gegen Aids? 151 Tagungskalender 156 Autorenhinweise Suchtmedizin wird referiert in: CCMed Current Contents Medizin deutscher und deutschsprachiger Zeitschriften, Deutsche Zentralbibliothek für Medizin, Köln PSYNDEX Zentralstelle für Psychologische Information und Dokumentation, Universität Trier EMBASE, Excerpta Medica, Elsevier SCOPUS, Elsevier Die Herausgeberschaft ist Mitglied der International Society of Addiction Journal Editors (ISAJE) Suchtmed 21 (2) 71 (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg 71

6 Sucht. Krankheit. Und nun? NEU! 2. überarbeitete und erweiterte Auflage Barth Sucht und Komorbidität Softcover, 456 Seiten ISBN ,99 Daten und Denkanstöße Therapieforschung mit Hand und Fuß Wie entstehen Süchte, was macht sie aus? Komorbiditäten welche Rolle spielen sie? Wie effektiv sind die existierenden Behandlungsansätze und -strukturen, wenn man Komorbiditätsfaktoren berücksichtigt? Welche Strategien, welche Rahmenbedingungen zeichnen eine erfolgreiche Behandlung aus? Was muss sich ändern, damit die Therapieeffektivität steigt und die Rückfallquoten sinken? Neu in der 2. Auflage: Neue psychoaktive Substanzen das müssen Sie wissen! Welche Auswirkungen haben Sucht und Komorbidität auf die Kinder suchtkranker Eltern? Einbettung in Reha-Strukturen das Organisatorische sicher im Griff! Institution / Firma Fax-Bestellung: (089) Name Straße Ja, ich/wir bestelle/n: PLZ/Ort Datum 7 Unterschrift ecomed-storck GmbH c/o Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH München Service-Telefon: 089/ kundenservice@ecomed-storck.de Alle Titel werden unverbindlich 4 Wochen zur Ansicht verschickt. Alle Preise verstehen sich inklusive der gesetzlichen MwSt. und zzgl. Versandkosten (Online-Bestellungen sind innerhalb Deutschlands versandkostenfrei). Irrtum und Änderungen vorbehalten. Preisstand: 11/2016. Online-Bestellungen innerhalb Deutschlands versandkostenfrei! 72 Suchtmed 20 (4) 2018 Ex. Barth Sucht und Komorbidität Softcover, 456 Seiten ISBN ,99

7 EDITORIAL Hepatitis C Philip Bruggmann Eine Krankheit zu eliminieren ist eine sehr seltene Gelegenheit, doch diese bietet sich nun mit Hepatitis C, auch für die Suchtmedizin. Sowohl auf globaler als auch auf nationaler Ebene haben Hepatitis-Strategien zum Ziel, Hepatitis C in den nächsten 11 Jahren zu eliminieren. Die Instrumente zur Elimination, wie einfache Tests, effiziente Therapien und wirksame Prävention, sind in unseren Ländern alle vorhanden. Fast alle. Bei der Impfung, die spätestens beim Erhalt eines Eliminationszustandes eine wichtige Rolle spielen wird, ist der Durchbruch noch nicht geschafft, wie der Artikel von Matthias Hoffmann in dieser Ausgabe ausführt. Dass die Bekämpfung von HIV im deutschsprachigen Europa deutlich fortgeschrittener ist, als diejenige von Hepatitis C, obwohl nur letztere heilbar ist, hat mannigfaltige, vor allem aber auch politische Gründe. Julia Kind und ihre Ko-Autorinnen zeigen in ihrem Beitrag auf, dass die Integration des Themas Hepatitis C in die nationalen und regionalen HIV-Programme und -Maßnahmen einen Gewinn für beide Seiten darstellt. Neben dem Verfolgen des gesamtheitlichen Eliminationsziels für Hepatitis C sind auf der Handlungsebene sogenannte Mikroeliminationen effiziente Maßnahmen. So zum Beispiel in der von Hepatitis C stark betroffenen Gruppe von Menschen in einer Opioid-Agonisten-Therapie. Die von Andrea Bregenzer et al. verfasste Auswertung aus der SAMMSU-Kohorte stellt die Wichtigkeit von frühzeitiger Diagnose und hoher Behandlungsrate in dieser Population dar. Dass aber auch noch Lücken in der Information und Aufklärung bestehen, insbesondere was die Prävention anbelangt, erfahren wir aus dem Artikel von Ruth Zimmermann und Kollegen. Wie vielseitig und interessant das Gebiet der Suchtmedizin ist, zeigen einmal mehr die Tagungsprogramme und Abstracts der Anfang April stattfindenden Veranstaltungen in Mondsee und Tübingen, die wir in dieser Ausgabe der Suchtmedizin ebenfalls veröffentlichen dürfen. Im Rahmen der Herausgeber wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre und spannende Weiterbildungen. Philip Bruggmann Korrespondenzadresse: PD Dr. med. Philip Bruggmann Arud Zentrum für Suchtmedizin Schützengasse 31 CH-8001 Zürich p.bruggmann@arud.ch Suchtmed 21 (2) 73 (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg 73

8 20. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin Juli 2019! Sucht Fachintegrierendes Forum für Suchttherapie, Suchtfolgekrankheiten und Akutversorgung Suchtkranker Kongressleitung: Prof. Dr. med. Markus Backmund Veranstaltungsort: Holiday Inn Munich City Centre München Nähere Informationen finden Sie unter Veranstalter: In Zusammenarbeit mit: 74 institut für suchtmedizin und adipositas isa

9 DIE SAMMSU-KOHORTE SCHWERPUNKTTHEMA Schweizer OAT-Programme auf ihrem Weg zur HCV-Elimination Die SAMMSU-Kohorte Andrea Bregenzer 1, Philip Bruggmann 2, Erika Castro 3, Alberto Moriggia 4,5, Madeleine Rothen 6, Maria-Christine Thurnheer 7, Pietro Vernazza 8, Claude Scheidegger 6 1 Infektiologie/Spitalhygiene, Kantonsspital Aarau, Schweiz 2 Arud Zentrum für Suchtmedizin, Zürich, Schweiz 3 private Praxis & Policlinique d Addictologie, CHUV, Lausanne, Schweiz 4 Epatocentro Ticino SA, Lugano, Schweiz 5 Ingrado Servizi per Le Dipendenze, Lugano, Schweiz 6 private Praxis, Basel, Schweiz 7 Infektiologie/Spitalhygiene, Universitätsspital Bern, Schweiz 8 Infektiologie/Spitalhygiene, Kantonsspital St. Gallen, Schweiz Zusammenfassung Hintergrund: In der Schweiz können seit 5/2017 i.v.-drogenkonsumierende und seit 10/2017 alle Patienten mit chronischer Hepatitis C unabhängig vom Leberfibrosegrad mit den direct-acting antivirals (DAA) behandelt werden. Seit 2018 evaluiert eine Studie innerhalb der Swiss Association for the Medical Management in Substance Users (SAMMSU)-Kohorte den Nutzen einer HCV-Therapie bei Opioid-Agonisten- Therapie-(OAT)-Patienten. Methode: Seit 2014 rekrutiert die SAMMSU-Kohorte OAT-Patienten in 8 Zentren schweizweit. Das routinemäßige jährliche Follow-up wird durch Querschnittsstudien auf Patienten- und Zentrumsebene zu den Zeitpunkten , und ergänzt. Ergebnisse: Bis zum wurden 755 Patienten eingeschlossen: 82 % mit jemals i.v.-drogenkonsum, 14 % HIV-positiv, 67 % HCV- Antikörper-positiv. Bis 2012 wurde HCV ausschließlich IFN-basiert (maximal 18 Patienten/Jahr) und ab 2016 ausschließlich IFN-frei behandelt (84 Patienten in 2017). Die Erfolgsrate stieg von 56 % (94/169) (IFN-basiert) auf 97 % (177/183) (IFN-frei), die Therapiedauer ging zurück und die Verträglichkeit wurde besser (vorzeitiger Abbruch: 0 % statt 18 %, Adhärenzprobleme: 2 % statt 9 %). Vom zum stieg der Anteil Patienten mit chronischer Hepatitis C, der jemals behandelt wurde, von 55 % auf 65 %. Die HCV-RNA-Prävalenz sank von 41 % auf 27 %. Schlussfolgerungen: Bei nahezu 100 % Therapieerfolg hängt das Ausmaß der HCV-RNA-Prävalenz-Senkung im Wesentlichen von der Behandlungsrate ab. Schlagworte: direct-acting antivirals, Interferon, Opioid-Agonisten-Therapie, Behandlungsrate, Behandlungserfolg, HCV-RNA-Prävalenz Swiss OAT-programmes on their way to HCV-elimination The SAMMSU-Cohort Abstract Background: In Switzerland, since 5/2017, intravenous drug users and since 10/2017, all patients with chronic hepatitis C can be treated with direct-acting antivirals (DAA) irrespective of liver fibrosis grade. Since 2018, a study within the Swiss Association for the Medical Management in Substance Users (SAMMSU)-cohort evaluates the benefit of HCV-treatment in opioid agonist therapy (OAT)-patients. Method: Since 2014, the SAMMSU-cohort recruits OAT-patients from eight different centres throughout Switzerland. In addition to yearly follow-ups, cross-sectional data were collected at the time-points 1/5/2017, 1/5/2018 and 1/5/2019. Results: Up to the 1/5/2018, 755 patients have been enrolled: 82 % with ever intravenous drug use, 14 % HIV-positive, 67 % HCV-antibody-positive. Until 2012, HCV was treated exclusively IFN-based (maximum 18 patients/year) and since 2016 Korrespondenzadresse: Dr. Andrea Bregenzer Oberärztin Infektiologie/Spitalhygiene Kantonsspital Aarau AG Tellstrasse 25 CH-5001 Aarau andrea.bregenzer@ksa.ch Suchtmed 21 (2) (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg 75

10 SCHWERPUNKTTHEMA DIE SAMMSU-KOHORTE exclusively IFN-free (84 patients in 2017). The success rate increased from 56 % (94/169) (IFN-based) to 97 % (177/183) (IFN-free). Simultaneously, treatments became shorter and better tolerable (preterm stop: 0 % versus 18 %, adherence problems: 2 % versus 9 %). Between 1/5/2017 and 1/5/2018, the proportion of patients with chronic hepatitis C, that was ever treated, increased from 55 % to 65 %. The HCV- RNA-prevalence decreased from 41 % to 27 %. Conclusions: With nearly 100 % treatment success, the extent of HCV-RNA-prevalence reduction mainly depends on the treatment-uptake. Keywords: direct-acting antivirals, Interferon, OAT, HCV-treatment-uptake, HCV-RNA-prevalence 1 Einleitung Die Hepatitis C ist eine durch Blut übertragene Virusinfektion, welche bei Individuen mit gegenwärtigem oder früherem intravenösen (i.v.)-drogenkonsum durch den gemeinsamen Gebrauch von Injektionsmaterial (Nadel, Spritze, Filter, Löffel, Wasser) sehr verbreitet ist. Weltweit sind 67,5 % der i.v.-drogenkonsumierenden mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert (Nelson et al. 2011). Bei einer spontanen Eliminations-/Clearance-Rate von ~ 25 % (Grebely et al. 2014) entwickeln weltweit ~ 50 % der i.v.- Drogenkonsumierenden eine chronische Hepatitis C. Die HCV-Seroprävalenz in der Schweiz ist 0,7 % in der Allgemeinbevölkerung (Zahnd et al. 2017), % in oralen Opioid-Agonisten-Therapie (OAT)-Programmen und % in Heroinsubstitutionsprogrammen (Cominetti et al. 2015). Sie nimmt mit der Dauer des Heroinkonsums zu (Steffen et al. 2001). Von den Opioidabhängigen in der Schweiz (Bundesamt für Gesundheit (BAG) 2013) sind in einem Methadon/Buprenorphin-Programm und in einem Heroinsubstitutionsprogramm (BAG 2018). In etwa 60 % erfolgt die Substitutionstherapie über den Hausarzt (BAG 2018). Im Gegensatz zum Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) ist HCV mit einer zeitlich begrenzten Therapie heilbar. Mit den neuen Interferon (IFN)-freien, pangenotypisch wirksamen direct-acting antiviral (DAA)-Therapien Sofosbuvir/ Velpatasvir (Lee et al. 2017) bzw. Glecaprevir/Pibrentasvir (Puoti et al. 2018) ist die HCV-Therapie einfacher (1x täglich 1 3 Tabletten statt 1x/Woche Pegyliertes (Peg)-IFN-Injektion plus 2x täglich Ribavirin-Tabletten), deutlich besser verträglich, kürzer (8 12 statt Wochen) und erfolgreicher geworden (sustained virological response (SVR) bei > 95 % statt %) (Zeuzem 2018). Die frühe Diagnose und erfolgreiche Therapie der chronischen Hepatitis C hat nicht nur einen individuellen Nutzen, indem HCV-bedingte Komplikationen wie Leberzirrhose, hepatozelluläres Karzinom sowie extrahepatische Manifestationen vermieden werden, sondern auch einen gesellschaftlichen Nutzen, indem weitere Ansteckungen verhindert werden ( Treatment as Prevention (TasP) ) (Hickman et al. 2015). Sowohl die World Health Organization (WHO) als auch die Schweizer Hepatitis-Strategie haben sich zum Ziel gesetzt, HCV bis zum Jahr 2030 zu eliminieren. Voraussetzung dafür ist eine 90 %ige Diagnose- und eine 80 %ige Behandlungsrate (WHO 2016, Swiss Hepatitis Strategy 2016). Noch im April 2017 stand jedoch in vielen europäischen Ländern die aufgrund hoher Medikamentenpreise eingeschränkte DAA-Vergütung einer für die Elimination nötigen Steigerung der Behandlungsrate im Wege (Marshall et al. 2018). Jeweils nach Preisreduktion können in der Schweiz seit 5/2017 i.v.-drogenkonsumierende und seit 10/2017 alle Patienten mit chronischer Hepatitis C unabhängig vom Leberfibrosegrad mit den DAA-Therapien behandelt werden. Davor hatten Patienten ohne oder mit nur milder Fibrose (Metavir F0/F1-Stadium), d. h. etwa zwei Drittel aller Patienten mit chronischer Hepatitis C, aufgrund der bestehenden Limitatio keinen Zugang zur DAA-Therapie (Bregenzer et al. 2017), was dem Ziel der Elimination entgegenstand. Die immer noch verhältnismäßig teuren Medikamente (~ Schweizer Franken (CHF)/Therapie) dürfen jedoch weiterhin nur von Fachärzten für Gastroenterologie oder Infektiologie bzw. ausgewählten Ärzten mit Erfahrung in Suchtmedizin und in der Behandlung von chronischer Hepatitis C verschrieben werden ( Seit 2018 evaluiert eine Studie innerhalb der seit 2014 bestehenden Swiss Association for the Medical Management in Substance Users (SAMMSU)-Kohorte den Nutzen einer HCV-Therapie bei OAT-Patienten in der Schweiz. Es werden Therapie-Adhärenz, Behandlungserfolg, Wiederansteckungsrisiko nach erfolgreicher Therapie, Einfluss des Behandlungszeitpunkts und die Wirksamkeit des Treatment as Prevention (TasP) -Ansatzes analysiert. 2 Methoden 2.1 Datenquellen SAMMSU-Kohorten-Datenbank An der seit 2014 bestehenden SAMMSU-Kohorte können Patienten teilnehmen, welche > 18 Jahre alt sind, mindestens einen Tag in einem Opioidsubstitutionsprogramm registriert waren und ihr schriftliches Einverständnis gegeben haben ( 76

11 DIE SAMMSU-KOHORTE SCHWERPUNKTTHEMA Die SAMMSU-Kohorte ist eine offene Kohorte, die Individuen mit gegenwärtigem oder ehemaligem Drogenkonsum in allen Teilen der Schweiz einschließt (Tessin, französischund deutschsprachige Schweiz). Sowohl zentrale als auch dezentrale Versorgungssettings sind vertreten, d. h. spezialisierte Opioidsubstitutionszentren mit integrierter somatischer Betreuung ebenso wie Patienten mit Opioidsubstitution durch den Hausarzt. Im Gegensatz zur Schweizerischen Hepatitis-C-Kohorte (SCCS) (Prasad et al. 2007), die nur HCV-positive Patienten, und zur Schweizerischen HIV-Kohorte (SHCS) (Schoeni-Affolter et al. 2010), die nur HIV-positive Patienten rekrutiert, werden in die SAMMSU-Kohorte auch HCVund-HIV-negative Individuen eingeschlossen, so dass Aussagen zu HCV- und HIV-Prävalenz und -Inzidenz möglich sind. Die longitudinale Datenerhebung erfolgt einmal jährlich und beinhaltet alle relevanten Informationen, welche während der regulären Betreuung in der Beobachtungsperiode gesammelt wurden. Zu Beginn und anschließend in jährlichen Intervallen werden soziodemographische und medizinische Daten in einen elektronischen Fragebogen eingegeben, inklusive Angaben zu Drogenkonsum/Risikoverhalten, Komorbiditäten, Medikation, HCV-Therapien, Diagnostik (z. B. Leberbiopsie, Fibroscan, Abdomensonographie), Impfungen und Laborwerte. Die zentrale Datenbank wird von der IT-Abteilung der Clinical Trial Unit (CTU) der Universität Basel unterhalten. Sie ist webbasiert und wurde mittels SecuTrial erstellt. Derzeit nehmen 8 Zentren an der SAMMSU-Kohorte teil: Aarau, Basel, Bern, Genf, Lausanne, Lugano, St. Gallen und Zürich Querschnittsstudien auf Patientenebene im Mai 2018 und Mai 2019 Der Zeitpunkt der beiden Querschnittsstudien wurde so gewählt, dass die Behandlungsaufnahme im 1. und 2. Jahr nach Aufhebung der DAA-Limitatio für i.v.-drogenkonsumenten am 1. Mai 2017 beurteilt werden kann. Gleichzeitig können 3 Punktprävalenz-Messungen hinsichtlich HCV- Antikörper- und HCV-Ribonukleinsäure (RNA)-Positivität durchgeführt werden ( , und ) Querschnittsstudien auf Zentrumsebene im Mai 2018 und Mai 2019 Um die Repräsentativität der in die SAMMSU-Kohorte eingeschlossenen Patienten zu überprüfen und die Versorgungssettings am , und zu charakterisieren, erhielten bzw. erhalten die SAMMSU-Zentren im Mai 2018 bzw. Mai 2019 einen Fragebogen. 2.2 Definitionen HCV-Neuinfektion: erstmaliger Nachweis von HCV-Antikörpern (Erstdiagnose), unabhängig davon, wie viel Zeit seit der Übertragung (Ansteckung) verstrichen ist HCV-Reinfektion: erstmaliger HCV-RNA-Nachweis nach spontaner Elimination oder erfolgreicher HCV-Therapie spontane Clearance/Elimination: Negativierung der HCV- RNA ohne HCV-Therapie chronische Hepatitis C: persistierender HCV-RNA-Nachweis 6 Monate nach Neuinfektion oder Reinfektion HCV-Treatment-Uptake/Behandlungsrate: Anteil Patienten mit jemals chronischer Hepatitis C, der jemals behandelt wurde Sustained Virological Response (SVR): dauerhaftes Ansprechen auf eine HCV-Therapie, d. h. 12 bzw. 24 Wochen nach Therapieende keine HCV-RNA mehr nachweisbar Infektiositätsdauer: erster i.v.-drogenkonsum als potenzieller Ansteckungszeitpunkt bis erste HCV-Therapie 2.3 Time-to-event-Analysen Bezüglich HCV-Erstdiagnoserate erstreckte sich der Beobachtungszeitraum vom Zeitpunkt des ersten i.v.-drogenkonsums bis zur HCV-Erstdiagnose (erster positiver HCV-Antikörper- Test) bzw. bis zum letzten negativen HCV-Antikörper-Test, wenn der Patient HCV-Antikörper-negativ blieb. Bezüglich HCV-Reinfektions-Diagnoserate nach zuvor erfolgreicher HCV-Therapie erstreckte sich der Beobachtungszeitraum vom HCV-Therapieende bis zum Zeitpunkt, an dem der Patient erstmals wieder HCV-RNA-positiv war, bzw. bis zur letzten negativen HCV-RNA-Messung, wenn der Patient HCV-RNA-negativ blieb. 2.4 Fibrosegrad-Einteilung gemäß Fibroscan F0-1 (keine bzw. milde Fibrose): 7,0 kpa F2 (signifikante Fibrose): > 7,0 kpa und 9,5 kpa F3 (schwere Fibrose): > 9,5 kpa und 12,5 kpa F4 (Zirrhose): > 12,5 kpa 2.5 Statistik Kategorische Variablen wurden mittels Chi-squared bzw. Fischer s exact test verglichen. Kontinuierliche Variablen 77

12 SCHWERPUNKTTHEMA DIE SAMMSU-KOHORTE wurden mittels Wilcoxon rank sum test (ungepaarte Daten) analysiert. Ein zweiseitiger p-wert < 0,05 wurde als statistisch signifikant erachtet. Die statistischen Analysen wurden mit Stata Version 12.0 durchgeführt. 2.6 Ethik Das SAMMSU-Kohortenstudien-Protokoll wurde von den Ethikkommissionen aller teilnehmenden Zentren angenommen (Leitethikkommission: St. Gallen (EKSG 13/144)). Die Teilnahme erfordert ein schriftliches Einverständnis. Die Daten werden in anonymisierter Form gespeichert und analysiert. 3 Resultate 3.1 Baseline-Charakteristika Vom bis ist die Anzahl der in SAMMSU eingeschlossenen Patienten um 132 (21,2 %) von 623 auf 755 angestiegen. Die Baseline-Charakteristika bei Registrierung haben sich im Verlauf nicht signifikant geändert. Knapp 80 % der Patienten sind männlich. Das mediane Alter bei Registrierung liegt bei 45 Jahren. 82 % haben jemals i.v. und 90 % jemals intranasal Drogen konsumiert. Beim ersten i.v.-drogenkonsum waren die Patienten im Median Jahre alt. Vom ersten i.v.-drogenkonsum bis zur Registrierung vergingen im Median 23 Jahre. 14 % sind HIV-positiv (davon 99 % jemals unter HIV-Therapie). Zwei Drittel sind HCV-Antikörper-positiv. Von diesen hatten, sofern mittels HCV-RNA-Testung weiter abgeklärt, 88 % jemals eine chronische Hepatitis C. Davon waren 58 % bei Registrierung bereits einmal bzgl. Hepatitis C behandelt worden ( Tab. 1). 3.2 Repräsentativität 77 % (583) der Patienten wurden in der Deutschschweiz (Aarau, Basel, Bern, St. Gallen, Zürich), 8 % (58) in der französischsprachigen Schweiz (Genf, Lausanne) und 15 % (114) in der italienischsprachigen Schweiz (Lugano) rekrutiert. In Aarau ist ca. die Hälfte aller Drogensubstitutionspatienten, welche im Kanton Aargau substituiert werden, in die SAMMSU-Kohorte eingeschlossen (52 %). Auch etwa die Hälfte der Patienten der Heroinabgabe Aargau (HAG) in Brugg, nämlich 47 % (60/128), nimmt an der SAMMSU- Kohorte teil. Die HCV-Antikörper-Prävalenz in dieser Institution liegt bei 50 % (53/106). Tabelle 1: Baseline-Charakteristika bei Registrierung (Stand: ) männlich med. Alter (J) bei Reg. (IQR) jemals i.v.-drogenkonsum med. Alter (J) beim erstmaligen i.v.-drogenkonsum (IQR) med. Zeit (J) zwischen erstmaligem i.v.-drogenkonsum und Reg. (IQR) jemals intranasaler Drogenkonsum HIV-positiv jemals HIV-Therapie HCV-AK-positiv jemals chron. Hep. C (wenn getestet) jemals HCV-Therapie wegen chron. Hepatitis C Total (n=755) 78,5 % (593/755) 44,8 (36,9 50) 82,2 % (602/732) 20 (18 25) (n=583) 23 (13 29) (n=583) 89,5 % (649/725) 14,2 % (106/747) 99,0 % (104/105) 66,7 % (498/747) 88,2 % (392/444) 58,4 % (229/392) Aarau (n=326) 77,9 % (254/326) 38,4 (31 45,2) 74,8 % (241/322) 20 (17 25) (n=229) 16 (7 25) (n=229) 88,5 % (284/321) 6,2 % (20/322) 100 % (20/20) 46,3 % (149/322) 81,4 % (92/113) 46,7 % (43/92) Basel (n=75) 77,3 % (58/75) 49,5 (43,9 54,2) 96,9 % (63/65) 21 (18 24) (n=56) 27 (20 31,5) (n=56) 96,6 % (57/59) 9,3 % (7/75) 100 % (7/7) 85,3 % (64/75) 92,2 % (59/64) 76,3 % (45/59) Bern (n=28) 60,7 % (17/28) 46,6 (42,0 49,8) 95,7 % (22/23) 24 (20 34) (n=22) 21 (12 28) (n=22) 73,9 % (17/23) 16 % (4/25) 100 % (4/4) 92 % (23/25) 86,4 % (19/22) 31,6 % (6/19) Genf (n=20) 80 % (16/20) 47 (39,3 51,1) 80 % (16/20) 21,5 (19,5 26,5) (n=16) 25,5 (15 33) (n=16) 85 % (17/20) 10 % (2/20) 100 % (2/2) 60 % (12/20) 91,7 % (11/12) 54,5 % (6/11) Lausanne (n=38) 78,9 % (30/38) 47,7 (41,5 50,2) 89,5 % (34/38) 22 (18 28) (n=34) 23,5 (15 26) (n=34) 71,1 % (27/38) 36,8 % (14/38) 100 % (14/14) 86,8 % (33/38) 100 % (33/33) 45,5 % (15/33) Lugano (n=114) 79,8 % (91/114) 48,0 (43,6 51,8) 87,7 % (100/114) 20 (17 23,5) (n=100) 27,5 (21 34) (n=100) 94,7 % (108/114) 4,4 % (5/114) 75 % (3/4) 83,3 % (95/114) 85,1 % (80/94) 72,5 % (58/80) St. Gallen (n=51) 74,5 % (38/51) 49,2 (44,6 53,5) 93,6 % (44/47) 21 (18 30) (n=44) 25 (19 30) (n=44) 93,6 % (44/47) 76 % (38/50) 100 % (38/38) 92 % (46/50) 84,1 % (37/44) 43,2 % (16/37) Zürich (n=310) 86,4 % (89/103) 46,9 (43 51,1) 79,6 % (82/103) 20 (18 26) (n=82) 25 (20 29) (n=82) 92,2 % (95/103) 15,5 % (16/103) 100 % (16/16) 73,8 % (76/103) 98,4 % (61/62) 65,6 % (40/61) med. = mediane(s), IQR = Interquartile range, i.v. = intravenös, Reg. = Registrierung, HIV = Human Immunodeficiency Virus, HCV = Hepatitis-C-Virus, AK = Antikörper 78

13 DIE SAMMSU-KOHORTE SCHWERPUNKTTHEMA STABIL IST DAS ZIEL Im Vergleich zu Methadon: signifikant weniger Heroin-Craving 1 reduzierte Belastung durch psychische Beschwerden 2 keine Metabolisierung über CYP450 3 signifikant weniger Schwitzen 4 keine QT-Zeit-Verlängerung 4 1 Falcato L et al. J Clin Psychopharmacol 2015; 35(2): Verthein U et al. Eur Addict Res 2015; 21(2): Trescot AM et al. Pain Physician 2008; 11(2 Suppl): S133 S153 4 Hämmig R et al. J Subst Abuse Treat 2014; 47(4): Ärzte müssen bei der Einstellung auf und während der Behandlung mit SUBSTITOL eine umfassende Risiko-/Nutzenabwägung durchführen, um u.a. das Risiko einer Fehldosierung zu minimieren. Ein ganzheitliches Therapiekonzept (u.a. evidenzbasierte Behandlung und psychosoziale Betreuung) ist erforderlich. Substitol 30/60/100/200 mg Hartkapseln, retardiert. Wirkstoff: Morphinsulfat. Verschreibungspflichtig. Zusammensetzung: Substitol 30/60/100/200 mg Hartkapseln, retardiert: Arzneilich wirksame Bestandteile: 1 Hartkapsel, retardiert enthält 30/60/100/200 mg Morphinsulfat (Ph.Eur.) entsprechend 22,6/45,1/75,2/150,4 mg Morphin. Sonstige Bestandteile: hydriertes Pflanzenöl, Macrogol 6000, Talkum, Magnesiumstearat (Ph.Eur.) [pflanzl.], Natriumdodecylsulfat, Gelatine, Schellack, Propylenglykol, Titandioxid (E 171), Eisenoxid (II, III)-oxid (E 172), zusätzlich: -30 mg: Indigocarmin (E 132), -60 mg: Indigocarmin (E 132), Eisenoxidhydrat (E 172), Eisenoxid (III)-oxid (E 172), -100 mg: Erythrosin (E 127), Eisenoxid (III)-oxid (E 172), -200 mg: Eisenoxid (II)-oxid (E 172), Eisenoxid (III)-oxid (E 172). Anwendungsgebiete: Zur oralen Substitutionsbehandlung von Erwachsenen mit Opioidabhängigkeit im Rahmen medizinischer und umfassender psychosozialer Maßnahmen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Morphin oder einen der sonstigen Bestandteile, Ileus, akutes Abdomen. Nebenwirkungen: Überempfindlichkeitsreaktionen, anaphylaktische oder anaphylaktoide Reaktionen, Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH; Leitsymptom: Hyponatriämie), Appetitabnahme bis zum Appetitverlust, Morphin zeigt vielfältige psychische Nebenwirkungen, die hinsichtlich Stärke und Art individuell unterschiedlich (je nach Persönlichkeit und Behandlungsdauer) in Erscheinung treten, Stimmungsänderungen, meist Euphorie aber auch Dysphorie, Veränderungen der Aktiviertheit (meist verminderte Aktivität, aber auch Hyperaktivität oder Agitiertheit), Schlaflosigkeit, Denkstörungen, Wahrnehmungsstörungen (z. B. Halluzinationen), Verwirrtheitszustände, verminderte Libido, Abhängigkeit, Angst, Reizbarkeit, Drogenhunger, Kopfschmerzen, Schwindel, Geschmacksstörungen, Konvulsionen, Tremor, unwillkürliche Muskelkontraktionen, Benommenheit, Sedierung (dosisabhängig), Synkope, Parästhesien, Hyperalgesie oder Allodynie, Restless Legs Syndrom, Miosis, verschwommenes Sehen, Doppeltsehen, Nystagmus, Mydriasis, Vertigo, Tachykardie, Bradykardie, Palpitationen, Herzversagen, Blutdruckabfall, Blutdruckanstieg, Hitzegefühl, Bronchospasmen, Dyspnoe, Husten vermindert, Atemdepression (dosisabhängig), nicht-kardiogen bedingte Lungenödeme nach rascher Dosissteigerung, Obstipation (bei Dauerbehandlung), Erbrechen (besonders zu Beginn der Behandlung), Dyspepsie, Erhöhung der Pankreasenzyme bzw. Pankreatitis, Darmverschluss, Abdominalschmerz, Zahnerkrankungen, wobei jedoch ein ursächlicher Zusammenhang zur Morphin-Behandlung nicht hergestellt werden kann, Übelkeit, Mundtrockenheit (beides dosisabhängig), Diarrhö, Bauchkolik, Gallenkoliken, Erhöhung leberspezifischer Enzyme, Hyperhidrosis, Urticaria, Pruritus, andere Hautausschläge (z. B. Exantheme), Muskelspasmen, Muskelrigidität, Harnretention, Nierenkoliken, Erektionsstörungen, Amenorrhoe, Unwohlsein, Asthenie, Ermüdung, Schüttelfrost, periphere Ödeme, körperliche Abhängigkeit mit Arzneimittelentzugssyndrom, Toleranzentwicklung, Körperschmerzen, grippeähnliche Symptome, Arzneimittelentzugssyndrom bei Neugeborenen. Warnhinweise: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Mundipharma GmbH, Frankfurt am Main Gemeinsam Suchtmed 21 mehr (2) 2019 Gesundheit erreichen. 79

14 SCHWERPUNKTTHEMA DIE SAMMSU-KOHORTE In Basel sind 89 % (16/18) der Drogensubstitutionspatienten einer Praxis, 5 % (10/196) eines Methadon-Programms und 18 % (28/154) eines Heroin-Programms in die SAMMSU-Kohorte eingeschlossen. Die HCV-Antikörper- Prävalenz an den drei Standorten beträgt 100 % (18/18), geschätzt 67 % (100/150) und geschätzt 69 % (90/130). In Bern sind 14 % (28/195) der KODA-Patienten (Heroin- Programm) in die SAMMSU-Kohorte eingeschlossen. 84 % (163/195) sind HCV-Antikörper-positiv. In Lausanne nehmen 6 % (24/415) der POLADD (Policlinique d Addictologie, Département de Psychiatrie du Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV))-Patienten an der SAMMSU-Kohorte teil. In St. Gallen sind 80 % (20/25) der Patienten des hausinternen Methadon-Programms des Infektiologischen Ambulatoriums des Kantonsspitals St. Gallen (H22), 13 % (9/69) der MSH1 (Medizinisch-soziale Hilfsstelle 1, Heroin-Programm) und 3 % (3/101) der MSH2 (Medizinisch-soziale Hilfsstelle 2, Methadon-Programm) in die SAMMSU-Kohorte eingeschlossen. Die HCV-Antikörper-Prävalenz an den beiden erstgenannten Standorten ist 95 % (21/22) bzw. 55 % (38/69). In Zürich nehmen 11 % (103/917) der Arud (Arbeitsgemeinschaft für risikoarmen Umgang mit Drogen)-Patienten (Heroinprogramm) an der SAMMSU-Kohorte teil. Die HCV-Antikörper-Prävalenz an den beiden Standorten Zürich (n=828) und Horgen (n= 89) war 57 % (340/600) bzw. 51 % (36/70). Vergleicht man mit den Baseline-Charakteristika der SAMMSU-Patienten aus den einzelnen Zentren ( Tab. 1), fällt auf, dass HCV-Antikörper-Positive in der SAMMSU- Kohorte überrepräsentiert sind. Zudem ist für ca % der Patienten der Ursprungspopulation der HCV-Serostatus noch unbekannt. 3.3 Charakterisierung der Versorgungssettings Institutionen mit heroingestützter Behandlung bieten eine bis 2x tägliche Abgabe an. In den Subzentren ohne Heroinsubstitution findet die Abgabe in der Regel nur von Montag bis Freitag statt. Die Anzahl betreuter Substitutionspatienten reicht von 25 bis 828 und die jährliche Fluktuation von 5 % bis 33 %. HCV- und HIV-Antikörper-Schnelltests werden nicht in allen Subzentren routinemäßig eingesetzt. Die kapilläre HCV-RNA-Bestimmung mittels Dried Blood Spot (DBS) war am lediglich in einem Zentrum (POLADD, Lausanne) etabliert. Nur wenige Subzentren verfügen über ein Sonographie-Gerät. Demgegenüber sind Fibroscan-Geräte verbreiteter. Zum Teil werden mobile Fibroscan-Geräte an 2 4-mal pro Jahr stattfindenden Aktionstagen, die üblicherweise von einem Infektiologen und einer Pflegenden bestritten werden, mitgebracht. In einem Subzentrum (HAG) wird im Rahmen solcher Aktionstage auch die kapilläre HCV-RNA-Messung mit dem GeneXpert angeboten. Weniger als die Hälfte der Subzentren hatte am die Möglichkeit zur HCV-Therapie-Verschreibung vor Ort. Die Mehrheit der Subzentren war somit auf eine Überweisung der Patienten zu einem HCV-Therapie-Verschreiber angewiesen, was mit einem nicht unerheblichen Risiko des Nichterscheines einhergeht. 3.4 Treatment as Prevention bei HIV Eine einmal begonnene HIV-Therapie wird in der Regel lebenslang weitergeführt. Entsprechend standen zum Zeitpunkt der Registrierung 95,4 % (104/109) der HIV-Patienten unter HIV-Therapie (Datenbankversion: ). Die HIV-RNA-Prävalenz (definiert als HIV-RNA 50 cop/ml) betrug unter den HIV-Positiven am ,9 % (7/101) und am ,4 % (7/109). Bezogen auf alle am jeweiligen Stichtag Registrierten (d. h. alle HIV-Positiven und alle HIV-Negativen) lag die HIV-RNA-Prävalenz am bei 1,1 % (7/623; 95 % Konfidenzintervall (CI): 0,5 % 2,3 %) und am bei 0,9 % (7/755; 95 % CI: 0,4 % 1,9 %). Noch bis ins Jahr 2002/2003 wurden jährlich bis zu 8 Patienten neu mit HIV diagnostiziert. Seit 2010 werden nur noch sehr vereinzelt HIV-Erstdiagnosen gestellt (2 innerhalb der letzten 8 Jahre). Demgegenüber sind in der SAMMSU-Kohorte bis ins Jahr 2015 jährlich über 20 HCV-Erstdiagnosen dokumentiert. Seit 2016 ist auch die Anzahl HCV-Erstdiagnosen/Jahr rückläufig ( Abb. 1). 3.5 Verzögerung von HCV-Diagnose und -Therapie Zwischen dem ersten i.v.-drogenkonsum (Surrogat für Zeitpunkt der HCV-Infektion) und der HCV-Erstdiagnose (HCV- Antikörper-Positivität) vergingen im Median 10 (interquartile range (IQR): 4 18) Jahre (n=461). Zwischen der HCV-Erstdiagnose und der ersten dokumentierten positiven HCV-RNA dauerte es weitere 5,5 (IQR: 0,4 13,3) Jahre (n=371) sowie zwischen der ersten positiven HCV-RNA und der ersten HCV-Therapie nochmals 1,4 (IQR: 0,2 4,6) Jahre (n=270). Das Intervall zwischen dem ersten i.v.-drogenkonsum und der ersten HCV-Therapie betrug im Median 23 (IQR: 13 29) Jahre (n=297). Dies entspricht der Zeit, in der die Patienten ansteckend sind und eine Zirrhose oder extrahepatische Manifestationen entwickeln können. Seit 2017 können alle Patienten unabhängig vom Leberfibrosegrad behandelt werden, was den deutlichen Anstieg erstmals HCV-Therapierter 2017 erklärt ( Abb. 2). 80

15 DIE SAMMSU-KOHORTE SCHWERPUNKTTHEMA HIV-Erstdiagnose (n=109) HCV-Erstdiagnose (n=502) Abbildung 1: Anzahl HIV- und HCV-Erstdiagnosen pro Kalenderjahr (Angaben bei Registrierung, Stand: , n=797) HIV = Human Immunodeficiency Virus, HCV = Hepatitis-C-Virus 3.6 Einfluss des Behandlungszeitpunkts auf die Dauer der Infektiosität Wird erst bei etablierter Zirrhose (F4) behandelt, sind die Patienten im Median 29 (IQR: 22 33) Jahre ansteckend. Wird bereits früher, d. h. im F0-3-Stadium behandelt, beträgt die Zeit, in der die Patienten ansteckend sind, im Median 26 (IQR: 18 31) Jahre (p=0,037) ( Abb. 3). Bei HCV-Ersttherapie in 2018 war die mediane Zeit, in der die Patienten ansteckend waren, kürzer als bei HCV-Ersttherapie in 2017 (24,5 (IQR: 13 29) Jahre (n=30) versus 28 (IQR: 20 32) Jahre (n=63), p=0,089) Erstmals IDU (n=612) HCV-Erstdiagnose (n=513) Erstmals HCV-RNA-positiv (n=380) Erstmals HCV-Therapie (n=319) In den letzten Jahren hat der Anteil Patienten, welcher bei Ersttherapie bereits eine Zirrhose (F4) aufweist, abgenommen und der Anteil Patienten, welcher bei Ersttherapie noch keine oder nur eine milde Leberfibrose (F0-1) hat, zugenommen ( Abb. 4). 3.7 HCV-Treatment-Uptake im Zeitalter der IFN-freien DAA-Therapien Bis und mit 2012 wurde ausschließlich IFN-basiert und ab 2016 ausschließlich IFN-frei behandelt. In den Jahren gab es sowohl IFN-basierte als auch IFN-freie Abbildung 2: Anzahl Patienten mit erstmals IDU, HCV-Erstdiagnose, erstmals HCV-RNA-positiv und erstmals HCV-Therapie pro Kalenderjahr IDU = intravenous drug use, HCV = Hepatitis-C-Virus, RNA = Ribonucleic acid 81

16 SCHWERPUNKTTHEMA DIE SAMMSU-KOHORTE Infektiositätsdauer (Jahre) F0-3 im Fibroscan vor Therapiestart F4 im Fibroscan vor Therapiestart p= % 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% F4 F3 F2 F0-1 0 (n=127) Abbildung 3: Infektiositätsdauer in Abhängigkeit vom Fibrosestadium bei HCV-Ersttherapie (Fibroscan-Messung vor Ersttherapie und Jahr des ersten i.v.-drogenkonsums bekannt (n=174, Startjahr HCV-Therapie: )) HCV = Hepatitis-C-Virus; F0-1 (keine bzw. milde Fibrose): 7,0 kpa; F2 (signifikante Fibrose): > 7,0 kpa und 9,5 kpa; F3 (schwere Fibrose): > 9,5 kpa und 12,5 kpa; F4 (Zirrhose): > 12,5 kpa HCV-Therapien. Im Zeitalter der IFN-basierten Therapien wurden maximal 18 Patienten pro Jahr behandelt. Bereits im 2015 und 2016 wurden 48 bzw. 54 Patienten pro Jahr behandelt (entsprechend einer Verdreifachung). Im Jahr 2017 wurde eine 4- bis 5-fache Patientenzahl, nämlich 84 Patienten, behandelt ( Abb. 5). 3.8 Vorzeitiger Abbruch und Adhärenz (n=47) Im Vergleich zum Zeitalter der 24- bis 48-wöchigen IFNbasierten HCV-Therapien sank der Anteil HCV-Therapien * Abbildung 4: Fibrosegrad-Verteilung der HCV-Ersttherapien im jeweiligen Kalenderjahr (Fibroscan-Messung vor Ersttherapie (n=189, Startjahr HCV-Therapie: )) HCV = Hepatitis-C-Virus; F0-1 (keine bzw. milde Fibrose): 7,0 kpa; F2 (signifikante Fibrose): > 7,0 kpa und 9,5 kpa; F3 (schwere Fibrose): > 9,5 kpa und 12,5 kpa; F4 (Zirrhose): > 12,5 kpa mit vorzeitigem Abbruch (hauptsächlich toxizitätsbedingt) im Zeitalter der 8-bis 12-wöchigen IFN-freien DAA-Therapien von 18,2 % (31/170; 95 % CI: 13,2 % 24,7 %) auf 0 % (0/227; 95 % CI: 0 % 1,7 %) (p<0,001) und der Anteil mit Adhärenzproblemen von 8,8 % (15/170; 95 % CI: 5,4 % 14,1 %) auf 2,2 % (5/227; 95 % CI: 0,9 % 5,1 %) (p=0,003) ( Abb. 6). 3.9 Behandlungserfolg Die SVR-Rate ist mit der Einführung der IFN-freien DAA- Therapien auf das 1,7-Fache gestiegen (95 % CI: 1,5 2,0), d. h. von 55,6 % (94/169; 95 % CI: 48,1 % 62,9 %) IFNbasiert auf 96,7 % (177/183; 95 % CI: 93,0 % 98,5 %) IFN-frei (p<0,001). Insbesondere bei Nichtansprechen auf IFN-freie HCV-Therapien (n=227) 80 IFN-basierte HCV-Therapien (n=166) Abbildung 5: Anzahl IFN-basierte und IFN-freie HCV-Therapien pro Kalenderjahr IFN = Interferon, HCV = Hepatitis-C-Virus 82

17 DIE SAMMSU-KOHORTE SCHWERPUNKTTHEMA PANGENOTYPISCH BEI HEPATITIS C EINFACH 8 WOCHEN FÜR THERAPIENAIVE PATIENTEN OHNE ZIRRHOSE 1 STARK SCHNELL BREIT Bis zu 100 % Heilungsraten 1,2 8 Wochen a, 1x täglich 1 Pangenotypisch: GT1 6 1 GT = Genotyp a 8-Wochen-Therapiedauer für therapienaive Patienten ohne Zirrhose, GT Fachinformation MAVIRET, Stand November Puoti M, et al. J Hepatol. 2018; 69(2): Glecaprevir/Pibrentasvir Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. DE-MAVI /2019 Maviret 100 mg/40 mg Filmtabletten. Bezeichnung des Arzneimittels: Maviret 100 mg/40 mg Filmtabletten. Wirkstoffe: Glecaprevir, Pibrentasvir. Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält 100 mg Glecaprevir und 40 mg Pibrentasvir. Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Copovidon (K-Wert 28), Tocofersolan, hochdisperses Siliciumdioxid, Propylenglycolmonocaprylat (Typ II), Croscarmellose-Natrium, Natriumstearylfumarat; Überzug: Hypromellose 2910 (E464); Lactose-Monohydrat, Titandioxid, Macrogol 3350, Eisen(III)-oxid (E172). Anwendungsgebiete: Maviret w. bei Erwachsenen zur Behandlung der chronischen Hepatitis-C-Virus(HCV)-Infektion angewendet. Zur spezifischen Aktivität gegen die verschiedenen HCV-Genotypen s. Fachinformation. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gg. d. Wirkstoff o. sonst. Bestandteilen. Pat. m. schwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh C). Gleichz. Anw. m. Atazanavirenth. Arzneimitteln, Atorvastatin, Simvastatin, Dabigatranetexilat, Ethinylestradiol-halt. Arzneimitteln, starken P-gp- und CYP3A-Induktoren (z. B. Rifampicin, Carbamazepin, Johanniskraut [Hypericum perforatum], Phenobarbital, Phenytoin und Primidon). Nebenwirkungen: sehr häufig: Kopfschmerzen, Fatigue; häufig: Durchfall, Übelkeit, Asthenie. Warnhinweis: Enthält Lactose-Monohydrat. Hinweise der Fachinformation beachten. Verschreibungspflichtig. Stand: November Pharmazeut. Untern.: AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG, Knollstraße, Ludwigshafen, Deutschland. AbbVie Suchtmed Deutschland 21 GmbH (2) 2019 & Co. KG Mainzer Straße 81 I Wiesbaden I Tel: +49 (0)611 / Fax: +49 (0)611 / I info.de@abbvie.com 83

18 SCHWERPUNKTTHEMA DIE SAMMSU-KOHORTE % der HCV-Therapien Abbildung 6: Anteil der IFN-basierten und IFN-freien HCV-Therapien mit vorzeitigem Therapieabbruch bzw. Adhärenzproblemen IFN = Interferon, HCV = Hepatitis-C-Virus eine IFN-basierte Erst- oder Zweittherapie war die Erfolgsrate mit den IFN-freien DAA-Therapien in der Zweit- bzw. Dritttherapie deutlich höher (96,8 % (30/31; 95 % CI: 83,8 % 99,4 %) IFN-frei versus 28,9 % (11/38; 95 % CI: 17,0 % 44,8 %) IFN-basiert (p<0,001)) ( Abb. 7). % SVR, wenn outcome bekannt Vorzeitiger Therapieabbruch IFN-basiert (n=170) IFN-basiert IFN-frei IFN-frei (n=227) IFN-basiert Wenn gemäß Fibroscan-Untersuchung bei der Ersttherapie mit IFN-freien DAAs bereits eine Zirrhose (F4) vorlag, war die SVR-Rate mit 94,6 % (35/37; 95 % CI: 82,3 % 98,5 %) nicht signifikant schlechter als in den niedrigeren Fibrosestadien (F0-3) mit 97,9 % (93/95; 95 % CI: 92,7 % 99,4 %) (p=0,321) HCV-Treatment-Uptake und HCV-RNA-Prävalenz Der Anteil HCV-Antikörper-Positiver sowie der Anteil HCV-Antikörper-Positiver mit jemals chronischer Hepatitis C blieb zwischen dem und dem stabil (64,9 % (387/596) bzw. 67,4 % (489/726) und 87,1 % (298/342) bzw. 86,9 % (384/442)) (Zeitpunkt: jeweils letzte Visite vor dem Stichtag). Hingegen kam es zu einem deutlichen Anstieg der Behandlungsrate bei Individuen mit jemals chronischer Hepatitis C von 55,0 % (164/298; 95 % CI: 49,4 % 60,6 %) auf 64,6 % (248/384; 95 % CI: 59,7 % 69,2 %) (p=0,011). % der HCV-Therapien Adhärenzprobleme IFN-basiert (n=170) IFN-frei (n=227) IFN-frei IFN-basiert Total Ersttherapie Zweittherapie Dritttherapie Vierttherapie Abbildung 7: SVR nach IFN-basierter versus IFN-freier Therapie sowie in Abhängigkeit von der Anzahl Vortherapien * einmal in Kombination mit Telaprevir und einmal in Kombination mit Sofosbuvir SVR = Sustained Virological Response, IFN = Interferon, HCV = Hepatitis-C-Virus IFN-frei IFN-basiert IFN-frei 2 2* IFN-basiert IFN-frei Parallel dazu ging die HCV-RNA-Prävalenz in der letzten verfügbaren HCV-RNA-Testung pro Patient von 40,5 % (197/486; 95 % CI: 36,2 % 44,9 %) auf 27,0 % (141/523; 95 % CI: 23,2 30,8 %) zurück (p<0,001). Bezogen auf alle am jeweiligen Stichtag Registrierten lag die HCV-RNA- Prävalenz am bei 31,6 % (197/623; 95 % CI: 28,1 % 35,4 %) und am bei 18,7 % (141/755; 95 % CI: 16,1 % 21,6 %) (p<0,001). Diese Entwicklung lässt sich auch gut in der Cross sectional study der einzelnen SAMMSU-Zentren sehen. Dabei geht eine stärkere Steigerung der HCV-Behandlungsrate mit einer stärkeren Reduktion der HCV-RNA-Prävalenz bei den HCV-Antikörper-Positiven einher ( Abb. 8). Drei der sechs Zentren erreichen am bereits eine HCV- Behandlungsrate von > 80 %, was mit einer Senkung der HCV- RNA-Prävalenz bei den HCV-Antikörper-Positiven auf < 20 % einhergeht. Insgesamt ist in den sechs Zentren eine Steigerung der HCV-Behandlungsrate von 55,4 % (150/271) auf 78,1 % (214/274) zu beobachten, mit einer gleichzeitigen Reduktion der HCV-RNA-Prävalenz bei den HCV-Antikörper-Positiven von 41,7 % (143/343) auf 23,7 % (83/350) HCV-Erstdiagnoserate und -Reinfektions- Diagnoserate nach erfolgreicher Therapie Bezüglich HCV-Erstdiagnoserate standen 553 Patienten mit einer totalen Beobachtungszeit von Jahren für die Analyse zur Verfügung. Die mediane Beobachtungszeit war 11,7 (IQR: 5,5 20,0) Jahre, Range: 0,5 45,9 Jahre. Insgesamt wurden im Beobachtungszeitraum HCV- Erstdiagnosen gestellt, was einer HCV-Erstdiagnoserate von 5,91 (95 % CI: 5,38 6,49) pro 100 Patientenjahre entspricht. Bezüglich HCV-Reinfektions-Diagnoserate standen 183 Patienten mit einer totalen Beobachtungszeit von 441,0 Jahren für die Analyse zur Verfügung. Die mediane Beobachtungszeit war 1,1 (IQR: 0,4 3,1) Jahre, Range: 0,003 18,9 Jahre. Insgesamt wurden im Beobachtungszeitraum HCV-Reinfektionsdiagnosen gestellt, was einer HCV-Reinfektionsdiagnoserate von 3,63 (95 % CI: 2,22 5,92) pro 100 Patientenjahre entspricht. Gemäß Abbildung 9 werden in den letzten Jahren vermehrt Reinfektionen diagnostiziert, sowohl nach spontaner Clearance als auch nach erfolgreicher HCV-Therapie (SVR). Die Analyse der in der Cross sectional study dokumentierten acht Reinfektionen nach spontaner Clearance und 16 Reinfektionen nach SVR ergab: 1. Auch nach Reinfektion wurden Fälle von spontaner Clearance beobachtet, z. T. sogar mehrfach beim gleichen Individuum. 2. Alle bisher durchgeführten Reinfektionsbehandlungen waren erfolgreich. 3. Hauptursächlich für Reinfektionen ist unsteriler i.v.- Drogenkonsum (Daten nicht gezeigt). 84

19 DIE SAMMSU-KOHORTE SCHWERPUNKTTHEMA Jemals behandelt, wenn chron. Hepatitis C HCV-RNA pos., wenn HCV-AK pos. u. HCV-RNA getestet Prozentualer Anteil Aarau Basel Bern Lausanne St. Gallen Zürich Abbildung 8: HCV-Treatment-Uptake und HCV-RNA-Prävalenz in 6 verschiedenen SAMMSU-Zentren (Cross sectional study) chronische Hepatitis C = aktuell HCV-RNA-positiv oder aktuell HCV-RNA-negativ und jemals behandelt; HCV = Hepatitis-C-Virus, RNA = ribonucleic acid, SAMMSU = Swiss Association for the Medical Management in Substance Users, AK = Antikörper Anzahl Reinfektionen nach SC nach SVR Abbildung 9: Reinfektionen nach spontaner Clearance bzw. erfolgreicher Therapie SC = spontane Clearance, SVR = Sustained Virological Response 4 Diskussion Die vorliegende Studie in Schweizer OAT-Programmen zeigt den Nutzen einer IFN-freien HCV-Therapie mit DAA bei OAT-Patienten. Dank ihrer kürzeren Therapiedauer (8 12 versus Wochen) und besseren Verträglichkeit kommen vorzeitige Therapieabbrüche praktisch nicht mehr vor (0 % versus 18 %), und Adhärenzprobleme sind deutlich seltener geworden (2 % versus 9 %). Die Anzahl pro Kalenderjahr behandelter Patienten konnte auf das 4- bis 5-fache gesteigert werden (maximal 18/Jahr bis und mit 2012 versus 84 in 2017). Im ersten Jahr, in dem die IFNfreien DAA-Therapien in der Schweiz unabhängig vom Leberfibrosegrad verschrieben werden durften ( bis ), stieg der Anteil Patienten mit chronischer Hepatitis C, der jemals behandelt wurde, von 55 % auf 65 %. Bei einer Erfolgsrate von 97 % statt bisher 56 % mit den IFN-basierten Therapien resultierte daraus ein Rückgang der HCV-RNA-Prävalenz (unter den Getesteten) von 41 % auf 27 %. Zudem ist die Anzahl HCV-Erstdiagnosen pro Jahr seit 2016 rückläufig. Es werden zunehmend Patienten in früheren Fibrosestadien behandelt, was mit einer Verkürzung der Dauer der Infektiosität einhergeht. 4.1 HCV-Treatment-Uptake, Adhärenz und Therapieansprechen Vorurteile, dass i.v.-drogenkonsumierende bzgl. einer HCV-Therapie weniger adhärent sind, mehr Nebenwirkungen und ein schlechteres Therapieansprechen haben, halten sich hartnäckig (Asher et al. 2016), obwohl diese bereits im Zeitalter der nebenwirkungsreicheren, länger dauernden IFN-basierten Therapien in diversen Studien widerlegt werden konnten (Backmund et al. 2001, Belfiori et al. 2009, Grebely et al. 2008, Bruggmann et al. 2008). Entsprechend wurden i.v.-drogenkonsumierende in klinischen Studien lange Zeit ausgeschlossen und insgesamt seltener behandelt (Witteck et al. 2011), obgleich sie die Hauptquelle neuer HCV-Ansteckungen darstellen (Broers et al. 2005). Mathematische Modelle haben gezeigt, dass neue HCV-Infektionen durch Nadel- und Spritzen-Austauschprogramme und OAT allein nicht verhindert werden können, sondern mehr i.v.-drogenkonsumierende behandelt werden müssen (Martin et al. 2013). Inzwischen sind sie aufgrund ihres hohen Übertragungsrisikos in den European Association for the Study of the Liver (EASL)-Empfehlungen zur HCV- Therapie als prioritär zu behandelnde Gruppe aufgeführt (EASL 2018). In jüngster Zeit durften i.v.-drogenkonsu- 85

20 SCHWERPUNKTTHEMA DIE SAMMSU-KOHORTE mierende auch an klinischen Studien teilnehmen, welche die Wirksamkeit einer DAA-Therapie evaluiert haben (Grebely et al. 2017). Der Nutzen einer directly-observed therapy (DOT) (Medikamenteneinnahme unter Sicht) im Rahmen der OAT-Abgabe wurde erkannt (McDermott al. 2018). Gemäß Daten der Schweizerischen Hepatitis-C-Kohorte (SCCS) war der Anteil chronisch HCV-Infizierter, der jemals behandelt wurde, bei den OAT-Patienten zu verschiedenen Zeitpunkten signifikant niedriger als bei Patienten, die niemals i.v. Drogen konsumiert hatten (9 % versus 44 % im 2006/2007 (Prasad et al. 2007) und 37 % versus 65 % in 2010 (Witteck et al. 2011)). Erst am , d. h. ein Jahr nach Fall der DAA-Limitatio, wurde bei den in SAMMSU eingeschlossenen OAT-Patienten mit 65 % die Behandlungsrate erreicht, die Nicht-i.v.-Drogenkonsumierende bereits 2010 in der Prä-DAA-Ära hatten. Allerdings konnte das WHO-Ziel einer 80 %igen Behandlungsrate nun schon in einzelnen SAMMSU-Zentren erreicht werden. Die C-EDGE CO-STAR -Studie war die erste Phase-III- Studie, die eine DAA-Therapie (Elbasvir/Grazoprevir) bei OAT-Patienten mit und ohne fortgesetzten Drogenkonsum evaluiert hat. 96 % der Patienten führten die Therapie bis zum Ende durch und > 97 % der Teilnehmer hatten eine Adhärenz > 95 %. Drogenkonsum bei baseline und während der Therapie hatte keinen negativen Effekt auf die Adhärenz und den Therapieerfolg (91 % SVR in der intention-to-treat-analyse) (Dore et al. 2016). Gemäß Daten des Deutschen Hepatitis C-Registers zur HCV-Therapie mit DAA war die Intention-to-treat-SVR bei OAT-Patienten geringer (85 % versus 91 %, p<0,001). Grund dafür war jedoch ein höherer Anteil Lost-to-Follow-up zwischen Therapieende und SVR bei den OAT-Patienten (10 % versus 4 %, p<0,001). Bezüglich Per-protocol-SVR gab es zwischen OAT- und Nicht-OAT-Patienten keinen Unterschied (96 % versus 95 %, p=0,464) (Christensen et al. 2018). Bei den OAT-Patienten der SAMMSU-Kohorte konnten wir diese Beobachtungen bestätigen: mit IFN-freier DAA-Therapie keine vorzeitigen Therapieabbrüche, nur in 2 % Adhärenzprobleme und 97 % SVR, wenn das Outcome bekannt war. In der SIMPLIFY-Studie wurden Patienten mit i.v.-drogenkonsum in den letzten 6 Monaten während 12 Wochen mit Sofosbuvir/Velpatasvir behandelt. Die Intention-to-treat- SVR war 94 % (kein virologisches Versagen) (Grebely et al. 2018). In dieser Studie war schlechte Adhärenz, d. h. < 90 % (betraf 32 % der Teilnehmer), mit kürzlicher oder fortgesetzter Injektion von Stimulanzien (Kokain und/oder andere Amphetamine) assoziiert. Eine schlechte Adhärenz wirkte sich jedoch nicht negativ auf die SVR-Rate aus (Cunningham et al. 2018). 4.2 Reinfektionen Da eine spontan oder durch Therapie erfolgreich eliminierte Hepatitis C keine bleibende Immunität hinterlässt, ist bei fortgesetztem Risikoverhalten eine Reinfektion möglich. Entsprechend sollten Risikopatienten nach einer spontan oder durch Therapie erfolgreich eliminierten Hepatitis C mindestens einmal jährlich mittels HCV-RNA gescreent werden (Bruggmann et al. 2007, Grebely et al. 2015). Der HCV-Antikörper-Test bleibt in der Regel lebenslang positiv. In einer Metaanalyse bei i.v.-drogenkonsumierenden lag die Reinfektionsrate nach IFN-basierter Therapie insgesamt bei 2,2 (95 % CI: 0,9 6,1) pro 100 Patientenjahre und im Falle eines nach HCV-Therapie fortgesetzten i.v.-drogenkonsums bei 6,4 (95 % CI: 2,5 16,7) pro 100 Patientenjahre (Aspinall et al. 2013). Die von uns in der SAMMSU-Kohorte im Zeitraum beobachtete Reinfektionsrate nach erfolgreicher HCV-Therapie liegt mit 3,6 (95 % CI: 2,2 5,9) pro 100 Patientenjahre in diesem Bereich. In der C-EDGE CO-STAR-Studie betrug die Reinfektionsrate nach DAA-Therapie (Elbasvir/Grazoprevir) 4,6 pro 100 Patientenjahre, wobei es bei 3 der 6 Patienten mit Reinfektion zur spontanen Clearance kam (Dore et al. 2016). In der SAMMSU-Kohorte wurden in den letzten Jahren vermehrt Reinfektionen diagnostiziert. Zum einen dürfte das an einer in Hinblick auf die Verfügbarkeit einer gut verträglichen, wirksamen Therapie vermehrten HCV-RNA-Testung liegen. Zum anderen ist eine chronische Hepatitis C ein 100 %iger Schutz bezüglich Reinfektion, welcher nach Therapie wegfällt. Durch vermehrte Therapie nimmt der Pool der für die Infektion wieder empfänglichen Personen stark zu. Somit ist eine Zunahme von Reinfektionen das, was man in der Anfangsphase einer Steigerung der Anzahl HCV-Therapien auch gemäß Modellstudien erwarten darf. Im Verlauf, mit Rückgang der HCV-RNA-Prävalenz, werden auch die Reinfektionen wieder abnehmen, wobei eine rasche Steigerung der Anzahl HCV-Therapien entscheidend ist (Bruggmann et al. 2017). Im Falle einer Reinfektion sollte ohne Stigma und Diskriminierung baldmöglichst erneut behandelt werden (Grebely et al. 2017), um weitere Ansteckungen zu vermeiden. Der HCV-RNA-Verlauf in den ersten 4 12 Wochen nach (Reinfektions-)Diagnose gibt einen Hinweis darauf, ob noch mit einer spontanen Clearance zu rechnen ist (Martinello et al. 2018, EACS 2018). Ein spontaner Abfall um > 2 log U/ml 4 Wochen nach Diagnose hat einen positiven prädiktiven Wert von 88 % und einen negativen prädiktiven Wert von 85 % für eine spontane Clearance (Vogel et al. 2010). Ob die Dauer der DAA-Therapie bei akuter HCV-Infektion verkürzt werden kann, wird gegenwärtig noch untersucht (Martinello et al. 2018). 4.3 Treatment-as-Prevention und dafür nötiger Abbau von Diagnose- und Therapiehemmnissen Seitdem HIV-Patienten unabhängig von der CD4-Zellzahl antiretroviral behandelt werden, hat sich der Anteil unter Therapie stehender Patienten kontinuierlich erhöht (SHCS 86

21 DIE SAMMSU-KOHORTE SCHWERPUNKTTHEMA Spezifische Wirkung in der Reinform Levomethadon Gute Verträglichkeit im Vergleich zu Methadon 1 Strukturgebende Therapie für mehr Perspektiven jenseits von Suchtzwängen Sanofi nimmt den Druck 1. Soyka M, Zingg C. Feasability and safety of transfer from racemic methadone to (R)-methadone in primary care: Clinical results from an open study. World Journal of Biological Psychiatry. 2009; 10(3): L-Polamidon Lösung zur Substitution. Wirkst.: Levomethadonhydrochlorid. Zusammens.: Arzneil. wirks. Bestandt.: 5 mg/1 ml Levomethadonhydrochlorid. Sonst. Bestandt.: Methyl-4-hydroxybenzoat (Paraben), Betainhydrochlorid, Glycerol 85%, gereinigtes Wasser. Anw.-geb.: Im Rahmen e. integrierten Behandl.-konz. i. d. Subst.-therapie bei Opiat-/Opioidabhängigk. bei Erw., welches die medizin., soziale u. psycholog. Versorgung einbezieht. Überbrückungssubstit. wie i. d. BtMVV u. Leitlinien der BÄK vorgesehen. Gegenanz.: Überempfindl. geg. Levomethadon, Methyl-4-hydroxybenzoat (Paraben) od. eine d. sonst. Bestandt.. Behandl. m. MAO-Hemmern (auch innerh. 2 Wo. nach Absetzen). Narkotika-Antagonisten od. and. Agonisten/Antagonisten während der Subst.-behandl., (Ausnahme: Behandl. e. Überdos.). Warnhinw. u. Vorsichtsm.: Strenge Indikationsstell. u. bes. ärztl. Überwach. bei: Schwangersch., Stillz., Bewusstseinsstör., gleichz. Anw. anderer zentral dämpf. bzw. atemdepress. AM u. Substanzen, Krankheitszuständen, bei denen Dämpfung d. Atemzentr. vermieden werden muss, erhöht. Hirndruck, Hypotonie b. Hypovolämie, Prostatahypertrophie m. Restharnbldg., Pankreatitis, Gallenwegserkrank., obstrukt. u. entzündl. Darmerkrank., Phäochromozytom, Hypothyreoidismus, moderater bis schw. Beeinträcht. d. Atemzentr. u. Atemfkt., Bradykardie, Antiarrhythmika Klasse I u. III. Vorsicht bei: Asthma, COPD, Cor pulmonale, erhebl. eingeschr. Atemreserve, Beeinträcht. Atemfkt., Hypoxie od. Hyperkapnie. Äußerste Vorsicht b. Anw. b. bereits vorliegendem erhöht. Hirndruck. Nur anwend., wenn unerlässlich. Gleichzeit. Anwdg. m. Benzodiazepinen kann zu Sedier., Atemdepress., Koma u.tod führen. Nur anw., wenn keine geeign. altern. Behandlungen z. Verfüg. stehen. Gleichz. Anwdg. m. Alkohol kann z. Sedier., Atemdepress., Koma u. Tod führen. Drogen-. Alkohol,- u. AM-Missbrauch währ. d. Substitutionsbeh. können zu lebensbedrohl. Zwischenfällen führen. Regelm. Urinkontr. durchführen (Drogenbeikonsum!). Behandl. m. äußerster Vorsicht bei: stark gefährdeten Pat. (Suizidversuche), akuten abdominalen Krankheitszust., Pat. mit bekannter oder vermuteter Verlängerung des QT-Intervalls od. Elektrolytungleichgewicht, insbesondere Hypokaliämie/Herzrythm.-stör. V. Therapiebeg. nach kardialen vorerkrank. u. ungekl. Synkopen fragen. Vor Therpiebeg., nach 2 Wo., b. Dosiserhöh. u. mind. 1 mal jährl. EKG ableiten. Kann b. längerer/wiederholter Anwdg. Sucht erzeugen. Entzugssymtome! Empfehl.: in höherem Lebensalter, b. Pat. m. Nierenerkrank., schw. chron. Lebererkrank. od. in reduz. Allgem.-zustand Dos. verringern. B. Niereninsuffiz. m. Vors. anwenden, da Cortisolproduktion vermind. sein kann. Doppelt so wirks. wie Methadon-Razemat. Einnah. durch nicht opiat-tolerante Pers. ist lebensgefährl., Tod durch Atemstillstand mögl. Ausschließlich z. oralen Einnah. bestimmt, andernf. schw. NW mögl. Nicht anw. b. Kdr. u. Jgdl. < 18 J. Anw. kann b. Dop.-kontr. zu pos. Ergebnissen führen, Anw. als Dop.-mittel gefährdet d. Gesundh. Methyl-4-hydroxybenzoat kann Überempfl.reakt., auch Spätreakt., hervorrufen. Fertilit., Schwangersch. u. Stillz.: AM passiert die Plazentaschranke, Anw. nur b. strenger Indikationsstell. u. ärztl. Überwachung. AM tritt in die Muttermilch über, bei Substitution m. Levomethadon ist i. A. v. Stillen abzuraten. Nebenw.: Zu Beginn häufig Opiat-Entzugssympt. Stoffwechsel-, Ernährungsstör.: Gelegentl. bis häufig Appetitlosigk. Psyche: Gelegentl. bis häufig Euphorie u. Dysphorie. Nervensyst.: Gelegentl. bis häufig Benommenh., Sedation, Verwirrth., Desorientierth., Kopfschm., Schlaflosigk., Unruhe. Augen: Gelegentl. bis häufig Sehstör. Herz: Gelegentl. bis häufig Herzklopfen, Bradykardie. Sehr selten bis selten Herzrhythmusstör., Herzstillstand. Atemwege, Brustraum, Mediastinum: Gelegentl. bis häufig Atemdepress. Sehr selt. bis selt. Atemstillstand. Gefäße: Sehr selten bis selten orthostatische Hypotonie, Einschränk. d. Kreislauffkt., Schock, Hämorrhagie. Atemw./Brustr./Mediat.: Gelegentl. bis häufig Atemdepression. Sehr selt. bis selt. Atemstillstand. GIT: Gelegentl. bis häufig Erbrech., Nausea, Mundtrockenh., Verstopf. Leber/Galle: Gelegentl. bis häufig Gallenwegskrämpfe. Haut, Unterhautzellgew.: Gelegentl. bis häufig Nesselfieber u. and. Hautausschläge, Juckreiz. Niere, Harnwege: Gelegentl. bis häufig vermind. Harnmenge, Blasenentl.-stör. Geschlechtsorg. u. Brustdrüse: Gelegentl. bis häufig eingeschr. Libido u./od. Potenz. Allgemein: Gelegentl. bis häufig Schweißausbr., Mattigkeit, Schwächeanf., Suchtmed Ödeme. 21 (2) Sehr 2019 selten bis selten Flush. Verschreibungspflichtig. BTM. Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt am Main. Stand: August (SADE.POAN ) 1901_LPL_A SADE.POAN

22 SCHWERPUNKTTHEMA DIE SAMMSU-KOHORTE 2017). In unserem Setting betrug er 95 %, wobei bei mehr als 93 % keine HIV-RNA nachweisbar war, was mit nicht ansteckend gleichzusetzen ist (Saag et al. 2018). Die damit einhergehende HIV-RNA-Prävalenz-Senkung hat dazu geführt, dass HIV-Übertragungen durch i.v.-drogenkonsum sehr selten geworden sind. Um eine HCV-RNA-Prävalenz-Senkung zu erreichen, ist eine deutliche Steigerung der Behandlungsrate nötig (Bruggmann et al. 2017, Béguelin et al. 2018). Gemäß WHO sollten, um die HCV-Elimination bis ins Jahr 2030 zu erreichen, 80 % der Patienten mit chronischer Hepatitis C behandelt werden (WHO 2016). Die in der Schweiz bis 2017 bestehende Beschränkung der Krankenkassenvergütung auf höhere Fibrosestadien ( F2) schloss etwa zwei Drittel der Betroffenen von der HCV-Therapie aus (Bregenzer et al. 2017), was dem Ziel der Elimination entgegenstand. Jedoch bestehen auch nach Wegfall dieser Limitatio weiterhin Diagnose- und Therapiehemmnisse, die es zu beheben gilt. Minimal-invasive Point-of-Care-Tests, welche mit wenigen Tropfen Kapillarblut vom Finger innert 20 bzw. 60 min den HCV-Antikörper- bzw. HCV-RNA-Status liefern, verbessern insbesondere bei Patienten mit schlechten Venenverhältnissen nach langjährigem i.v.-drogenkonsum die Akzeptanz eines Screenings bzw. Therapie-Monitorings und die Linkage-to-Care (Bregenzer et al. 2017). Werden die Patienten zur HCV-Therapie einem Infektiologen oder Gastroenterologen zugewiesen, erscheinen sie häufig nicht. Entsprechend sollte die HCV-Therapie am Ort der Opioidsubstitution angeboten und die Verschreiber-Limitatio hinterfragt werden. In Australien werden mittlerweile 40 % der DAA-Therapien durch Hausärzte verschrieben, wobei Sofosbuvir/Velpatasvir mit 64 % das dominierende Regime ist (Glecaprevir/Pibrentasvir bislang nicht verfügbar) (The Kirby Institute 2018). Werden Patienten in frühen Fibrosestadien behandelt, ist im Anschluss an die HCV-Therapie kein hepatozelluläres Karzinom (HCC)/Ösophagusvarizen- Screening in einem tertiären Versorgungszentrum nötig. Das jährliche HCV-RNA-Screening bzgl. Reinfektion kann problemlos beim Hausarzt erfolgen. In 2019 wird das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Richtlinien zur Prävention, Testung und Behandlung der Hepatitis C bei Drogenkonsumierenden publizieren, was opioidsubstituierende Ärzte für das Thema sensibilisieren sollte. 4.4 Limitationen Für die Datenanalyse wurde ein Auszug aus der SAMMSU- Kohorten-Datenbank vom verwendet. Entsprechend sind die Zahlen für das Jahr 2018 noch unvollständig. Hinzu kommt, dass die Datenerfassung aufgrund des nur einmal jährlichen Follow-ups verzögert ist. Die Daten der Querschnittsstudie dürften die Situation am zuverlässiger widerspiegeln. Allerdings nahmen daran nur 6 der 8 SAMMSU-Zentren teil. Während der HCV-Serostatus für 99 % der SAMMSU- Kohorten-Patienten bekannt ist, war er in der Ursprungspopulation (Opioidsubstitutionszentren, aus denen die SAMMSU-Patienten rekrutiert wurden) bei ca % der Patienten unbekannt. HCV-Antikörper-Positive sind in der SAMMSU-Kohorte ebenso überrepräsentiert wie HCV-RNA-Positive. Üblicherweise beträgt die spontane Clearance-Rate nach HCV-Neuinfektion ca. 25 % (Grebely et al. 2014). Mit 88 % liegt der Anteil HCV-Antikörper-Positiver mit jemals chronischer Hepatitis C in der SAMMSU- Kohorte deutlich über den zu erwartenden ca. 75 %. Im 2016 war die Hauptsprache der Schweizer Wohnbevölkerung in 63 % deutsch, in 23 % französisch, in 8 % italienisch und in 0,5 % rätoromanisch (BfS 2018). Die rätoromanische Sprachregion ist in der SAMMSU-Kohorte bislang nicht vertreten, die französischsprechende Region ist mit 8 % unter- und die deutsch- und italienischsprechenden Regionen sind mit 77 % bzw. 15 % überrepräsentiert. Die Behandlungsrate (Treatment-Uptake) widerspiegelt lediglich den Anteil Patienten mit chronischer Hepatitis C, der jemals behandelt wurde. Im Zeitalter der IFN-basierten HCV-Therapien mit einer Erfolgsquote von % war Behandlungsaufnahme nicht gleichzusetzen mit Behandlungserfolg. Eine erneute Therapie nach Therapieversagen oder Reinfektion führt zu keiner Erhöhung der Behandlungsrate. Ein Großteil der HCV-Therapien wurde erst in den letzten 2 3 Jahren begonnen. Der Therapieerfolg kann erst 6 Monate nach Therapiebeginn beurteilt werden. Entsprechend ist die Beobachtungszeit nach erfolgreicher HCV-Therapie insbesondere hinsichtlich Reinfektion noch sehr kurz. Dass in den letzten Jahren vermehrt Reinfektionen diagnostiziert wurden, dürfte teilweise Ausdruck eines detection bias sein, weil in Hinblick auf die Verfügbarkeit einer gut verträglichen, wirksamen Therapie vermehrt HCV-RNA- Bestimmungen erfolgen. Denkbar ist auch, dass nach spontaner Clearance weniger häufig als nach SVR weitere HCV-RNA-Tests durchgeführt werden und somit wiederholte Reinfektionen mit jeweils erneuter spontaner Clearance undiagnostiziert bleiben. 4.5 Schlussfolgerung Frühzeitige Diagnose und Therapie der chronischen Hepatitis C verkürzt die Dauer der Infektiosität auch bei Reinfektionen. Dies erfordert ein regelmäßiges Screening, insbesondere bei fortgesetztem i.v.-drogenkonsum, und einen niederschwelligen, raschen Zugang zur HCV-Therapie. Bei nahezu 100 % Therapieerfolg hängt das Ausmaß der HCV-RNA-Prävalenz-Senkung im Wesentlichen von der Behandlungsrate ab, welche durch Ausweitung der Verschrei- 88

23 DIE SAMMSU-KOHORTE SCHWERPUNKTTHEMA bungsberechtigung (z. B. auf Hausärzte) und Maßnahmen zur Verbesserung der Linkage-to-care (z. B. Point-of-Care- Tests, HCV-Therapie am Ort der Opioidsubstitution) erhöht werden kann. Acknowledgement SAMMSU wurde finanziell unterstützt von Infodrog (im Namen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG)), Pharmafirmen (BMS, AbbVie, Gilead, Merck, Roche), SSAM (Swiss Society for Addiction Medicine), SEVHep (Swiss Experts in Viral Hepatitis), Inselspital Bern, Kantonsspital St. Gallen, Kantonsspital Aarau, Arud Zentrum für Suchtmedizin, Zfs Zentrum für Suchtmedizin Basel, Universitätsspital Zürich. Interessenkonflikte Philip Bruggmann erhielt Projekt-, Studien- und Kongress- Grants sowie Referentenhonorare von AbbVie, Gilead, MDS und Mundipharma. Erika Castro erhielt finanzielle Unterstützung von Gilead (Studien-Grant/Manuskript-Ko-Autorenschaft) und wurde bzgl. Kongressteilnahme von AbbVie, MSD und Gilead unter stützt. Alle anderen Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen. Manuskript eingereicht am , akzeptiert am Literatur Asher AK, Portillo CJ, Cooper BA, Dawson-Rose C, Vlahov D, Page KA (2016). Clinicians views of hepatitis C virus treatment candidacy with direct-acting antiviral regimens for people who inject drugs. Subst Use Misuse 51 (9): Aspinall EJ, Corson S, Doyle JS, et al. (2013). Treatment of hepatitis C virus infection among people who are actively injecting drugs: a systematic review and meta-analysis. Clin Infect Dis 57 (Suppl 2): S80 89 Backmund M, Meyer K, Von Zielonka M, Eichenlaub D (2001). Treatment of hepatitis C infection in injection drug users. Hepatology 34 (1): Béguelin C, Suter A, Bernasconi E, et al.; Swiss HIV Cohort Study (2018). Trends in HCV treatment uptake, efficacy and impact on liver fibrosis in the Swiss HIV Cohort Study. Liver Int 38 (3): Belfiori B, Ciliegi P, Chiodera A, et al. (2009). 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24 SCHWERPUNKTTHEMA DIE SAMMSU-KOHORTE McDermott CL, Lockhart CM, Devine B (2018). Outpatient directly observed therapy for hepatitis C among people who use drugs: a systematic review and meta-analysis. J Virus Erad 4 (2): Nelson PK, Mathers BM, Cowie B, et al. (2011). Global epidemiology of hepatitis B and hepatitis C in people who inject drugs: results of systematic reviews. Lancet 378 (9791): Prasad L, Spicher VM, Zwahlen M, Rickenbach M, Helbling B, Negro F; Swiss Hepatitis C Cohort Study Group (2007). Cohort Profile: The Swiss Hepatitis C Cohort Study (SCCS). Int J Epidemiol 36: Puoti M, Foster GR, Wang S, et al. (2018). High SVR12 with 8-week and 12-week glecaprevir/pibrentasvir therapy: An integrated analysis of HCV genotype 1 6 patients without cirrhosis. J Hepatol 69 (2): Saag MS, Benson CA, Gandhi RT, et al. (2018). Antiretroviral Drugs for Treatment and Prevention of HIV Infection in Adults: 2018 Recommendations of the International Antiviral Society-USA Panel. JAMA 320 (4): Schoeni-Affolter F, Ledergerber B, Rickenbach M, et al.; Swiss HIV Cohort Study (2010). Cohort profile: the Swiss HIV Cohort study. Int J Epidemiol 39 (5): Steffen T, Blättler R, Gutzwiller F, Zwahlen M (2001). HIV and hepatitis virus infections among injecting drug users in a medically controlled heroin prescription programme. Eur J Public Health 11 (4): Swiss Hepatitis Strategy , October 2016/Version 3. hepatitis-schweiz.ch/files/dokumente/pdf/2016_10-process_paper.pdf Swiss HIV Cohort Study 7/2017 g about SHCS g SHCS data (fig.) g current status g Figure 15: Trends in use of antiretroviral therapy in the SHCS The Kirby Institute (2018). Monitoring hepatitis C treatment uptake in Australia (Issue 9). The Kirby Institute, UNSW Sydney, Sydney, NSW, Australia, July 2018 (available online at: Vogel M, Page E, Matthews G, et al. (2010). The use of Week 4 HCV-RNA after Acute HCV Infection to Predict Chronic HCV (Poster). 17th Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections 2010 (CROI) WHO (2016). Combating hepatitis B and C to reach elimination by 2030 Advocacy brief 5/ HIV_ _eng.pdf Witteck A, Schmid P, Hensel-Koch K, Thurnheer MC, Bruggmann P, Vernazza P; Swiss Hepatitis C and HIV Cohort Studies (2011). Management of hepatitis C virus (HCV) infection in drug substitution programs. Swiss Med Wkly 141: w13193 Zahnd C, Brezzi M, Bertisch B, Giudici F, Keiser O (2017). Situationsanalyse zu Hepatitis B und C in der Schweiz ( ). bag/de/home/das-bag/publikationen/forschungsberichte/forschungsberichteuebertragbare-krankheiten/situationsanalyse-hepatitis.html Zeuzem S (2018). Treatment of Hepatitis C: State of the Art Dtsch Med Wochenschr 143 (24):

25 PRÄVENTIVE HEPATITIS-C-IMPFUNG SCHWERPUNKTTHEMA Auf dem Weg zu einer präventiven Hepatitis-C-Impfung Matthias Hoffmann Medizinische Klinik, Infektiologie und Spitalhygiene, Kantonsspital Olten, Schweiz Zusammenfassung Die Hepatitis-C (HCV)-Epidemie ist trotz der Verfügbarkeit von direct acting antivirals (DAA) global nach wie vor nicht unter Kontrolle. Der DAA-Zugang ist auf eine global gesehen kleine Anzahl von HCV-infizierten Personen beschränkt und hat aktuell keinen messbaren Einfluss auf die weltweite HCV-Prävalenz. Um eine HCV-Elimination zu erreichen, müssen neben dem universellen DAA-Zugang sowohl an die lokalen Transmissionsmodalitäten angepasste Screening-Programme als auch eine HCV-Impfung etabliert werden. Die Entwicklung einer HCV-Impfung basiert auf der Nachahmung einer Immunantwort, welche in Personen mit einer spontanen HCV-Kontrolle charakterisiert werden kann. Bisher sind Impfstrategien, welche die Induktion einer neutralisierenden Antikörperantwort (NAb) zum Ziel hatten, an der hohen genetischen Variabilität des HCV gescheitert. Impfregime, welche eine T-Zell-Antwort induzieren, bieten zwar keine sterilisierende Immunität, verhindern jedoch die Chronifizierung einer akuten HCV-Infektion. Ein Prime-Boost-Impfregime, basierend auf der nicht-strukturellen (NS) Genomregion des HCV, welche in ein adenovirales und Vaccinia-Vectorsystem integriert wurde, ruft eine polyfunktionale und beständige T-Zell-Antwort hervor. Diese Impfung wurde in diversen Personengruppen getestet, u. a. auch in HIV-seropositiven Personen. Laufende Phase-2-Studien werden zeigen, ob die beobachtete Immunantwort in klinisch relevanten Endpunkten resultiert. Schlagworte: virale Hepatitis, Hepatitis C, HCV, Impfung, Chimpanzee Adenovirus, MVA, T-Zell-Immunität Abstract The Hepatitis C (HCV) epidemic is still evolving globally despite the availability of direct acting antivirals (DAAs). Access to DAAs is limited to a small fraction of patients and has currently a negligible impact on the global HCV prevalence. To support HCV elimination strategies access to DAA has to be complemented with screening programs adapted to the local transmission modalities and a universal HCV vaccine. HCV vaccine development profits from the description of the different natural HCV infection characteristics to mimic immune response associated with spontaneous HCV clearance. Because of the high viral genomic variability, vaccine strategies to elicit neutralising antibody (NAb) responses have failed. Vaccination regimens aiming to induce memory T cell responses will not provide sterilising immunity but prevent viral persistence and chronic HCV infection and progressive liver damage. A prime-boost vaccine regimen based on the non-structural (NS) region of the HCV genome incorporated in an adenoviral and vaccinia vector system has proven to elicit polyfunctional and lasting T cell responses in various populations including HIV seropositive individuals. Phase 2 studies to investigate the translation of these immunological findings into clinical endpoints are under way. Keywords: viral hepatitis, hepatitis C, HCV, vaccine, chimpanzee adenovirus, MVA, T cell immunity 1 Braucht es eine Hepatitis-C-Impfung? Direct acting antivirals (DAA) haben in den letzten Jahren die Therapie der Hepatitis C revolutioniert und erreichen eine Heilungsrate von > 95 % (Falade-Nwulia et al. 2017). Dadurch kann eine Unterbrechung der potenziellen Übertragungskette erreicht werden. Da der Mensch das einzige Virusreservoir darstellt, wurde eine Test and Treat -Strategie vorgeschlagen, welche in der Theorie eine HCV-(Mikro-)Elimination ermöglicht. Dieses Szenario erscheint jedoch überoptimistisch. Aktuell ist der Einfluss der DAAs auf die weltweite HCV-RNA-Prävalenz inexistent bzw. minimal und liegt bei einer Nettoreduktion von -0,7 % im Jahr 2016 (Hill et al. 2017). Nur wenige (industrialisierte) Länder erreichten das für eine Elimination notwendige Ziel einer die Inzidenz der chronischen Hepatitis C überschreitenden DAA-sustained virological response (SVR)-Inzidenz (Hill et al. 2017). Es bleibt zu hoffen, dass eine gesundheitspolitisch geförderte DAA-Therapieratensteigerung zu einer Abnahme der HCV-RNA-Prävalenz führen wird (Marshall et al. 2018). Korrespondenzadresse: Dr. med. Matthias Hoffmann Infektiologie/Spitalhygiene Medizinische Klinik Kantonsspital Olten CH-4600 Olten matthias.hoffmann@spital.so.ch Suchtmed 21 (2) (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg 91

26 SCHWERPUNKTTHEMA PRÄVENTIVE HEPATITIS-C-IMPFUNG Die meisten HCV-Neuinfektionen in industrialisierten Ländern treten in marginalisierten Bevölkerungsgruppen auf, insbesondere in i.v.-drogenkonsumierenden (intravenous drug users IVDU), inhaftierten Personen und Männern, welche Sex mit Männern haben (MSM) (Thomas 2013). Viele dieser betroffenen Risikopersonen werden von der Gesellschaft (wieder zunehmend) stigmatisiert und haben nur einen limitierten Zugang zu Präventionsprogrammen und einer medizinischen Betreuung (Larney et al. 2017, Calvaruso et al. 2018, Lanini et al. 2016). Der (anhaltende) politische Wille, den Zugang der Risiko populationen zu Risikoreduktionsprogrammen zu erhöhen, ist entscheidend für jegliche HCV-Eliminationsstrategie, da diese Programme den breiten Zugang zu den betroffenen Personen erst ermöglichen. Global betrachtet bleiben jedoch nicht fachgerecht durchgeführte invasivmedizinische Maßnahmen in HCV-Hochendemiegebieten mit einer hohen nicht-diagnostizierten Dunkelziffer ursächlich für die anhaltend hohe HCV-Inzidenz (Thomas 2013). Am Beispiel der Schweiz kann die Wichtigkeit von Risikoreduktions- und Präventionsmaßnahmen veranschaulicht werden. Betrug die HCV-Antikörper-Prävalenz zu Beginn der Opiatsubstitutionsprogramme in Querschnittsstudien noch rund 80 % (Hoffmann et al. 2001), fiel sie in den folgenden Jahren auf ca. 50 % ab (Cominetti et al. 2014, Bregenzer et al. 2017). Dies unterstreicht die Wichtigkeit von Spritzen- und Opiatsubstitutionsprogrammen in der Prävention der HCV-Infektion (MacArthur et al. 2014). Die HCV-Epidemie in der Schweiz wurde in den letzten Jahren v. a. durch die steigende Inzidenz bei HIV-seropositiven MSM befeuert (Wandeler et al. 2012). Dies führte zu einer gezielten Intervention, um mittels eines niederschwelligen DAA-Zugangs eine Mikroelimination zu erreichen und die Inzidenz zu senken (Braun et al. 2019). Jedoch schützt eine DAA-Therapie nicht vor einer HCV-Re-Infektion, und die HCV-Re-Infektionsrate bei MSM beträgt > 25 % innert 5 Jahren nach Erreichen einer SVR (Ingiliz et al. 2017). Dies unterstreicht die Notwendigkeit der Implementierung und Aufrechterhaltung entsprechender risikopopulationsbasierter Präventionskampagnen. Aus diesen Gründen erscheint eine alleinige Test and Treat -Strategie zur Erreichung des von der WHO definierten Eliminationsrichtwertes von 90 % neuer chronischer HCV-Infektionen bis 2030 im Vergleich zu 2015 (Calvaruso et al. 2018, Lanini et al. 2016, WHO 2016) ohne eine Impfung aussichtslos (Bailey et al. 2019). Erfolgreiche Impfstrategien führen nicht nur wie ein flächendeckender DAA-Einsatz zu einer Unterbrechung der Transmissionskette, sondern führen zusätzlich zu einer Herdenimmunität, insbesondere in marginalisierten Risikopopulationen, in welchen nicht jedes Individuum erreicht werden kann. Daher sollte die globale HCV-Eliminationsstrategie durch eine verbesserte Prävention mittels Impfung und Risikoreduktionsprogrammen ergänzt werden. 2 Von der Natur lernen Korrelate einer protektiven Immunität In ca % aller neu HCV-infizierten Personen kann eine Ausheilung der Infektion nach der akuten Phase beobachtet werden. Die restlichen Personen entwickeln eine chronische Infektion mit einer persistierenden Virusreplikation und dem Risiko einer progressiven Leberschädigung (Hoofnagle 2002). Personen, welche die akute HCV-Infektion spontan ausheilen, haben ebenfalls eine hohe Chance, eine Re-Infektion erneut spontan auszuheilen (Feinstone et al. 2012). Dies deutet darauf hin, dass diese Personen eine suffiziente Abwehrantwort aufzubauen vermögen ( Abb. 1). Auf der anderen Seite wird während der chronischen HCV-Infektion bzw. durch eine DAA-Therapie keine protektive Immunität aufgebaut, was sich in der hohen Re- Infektionsrate mit anschließend erneuter Chronifizierung der HCV-Infektion widerspiegelt (Ingiliz et al. 2017). Eine erfolgreiche HCV-Impfstrategie hat zum Ziel, die immunologischen Vorgänge, wie sie bei HCV-Infektion mit Spontanausheilung beobachtet werden, durch eine Impfung nachzuahmen bzw. vorwegzunehmen ( Abb. 1). Zahlreiche Studien zeigen eine Assoziation der spontanen HCV- Ausheilung mit der Induktion einer breiten und anhaltenden CD4- und CD8-T-Zellantwort auf (reviewed in: Honegger et al. 2014, Shoukry 2018, Bailey et al. 2019) ( Abb. 2). Diese T-Zellantwort ist durch mehrere Eigenschaften charakterisierbar, welche auch bei anderen spontan ausheilenden viralen Infektion beobachtet werden können (Pantaleo & Harari 2006). Sie ist polyfunktional, d. h. es werden unterschiedliche Zytokine und Effektorfunktionen beobachtet, welche ein immunologisches Milieu generieren, in welchem das Hepatitis-C-Virus effizient eliminiert werden kann ( Abb. 2A) (Abdel-Hakeem & Shoukry 2014). Dazu gehören u. a. Interferon-ᵞ (IFN-ᵞ) wie auch Interleukin-2 (IL-2). IFN-ᵞ steigert u. a. die Expression des Major Histocompatibility Complex (MHC) II und dadurch die Präsentation viraler Antigene, sodass diese dem Abwehrsystem zugänglich werden. IL-2 fördert die Proliferation pathogenspezifischer T-Zellklone und spielt daher auch eine wichtige Rolle bei der Immunreaktion bei einer Re-Infektion bzw. nach einer Impfung. Nach der spontanen Ausheilung bildet sich ein HCV-spezifischer Gedächtnis- (Memory-) T-Zell- Pool, welcher bei einer Re-Exposition erneut rasch expandiert ( Abb. 1A) (Abdel-Hakeem et al. 2014). Ohne eine polyfunktionale T-Zell-Antwort ist eine Chronifizierung der Infektion unvermeidbar ( Abb. 2B) (Golden-Mason et al. 2006, Shin et al. 2013). Auch die Mehrzahl der chronisch HCV-Infizierten bildet eine relativ breite, mehrere unterschiedliche HCV-Antigene erkennende T-Zell-Antwort kurz nach der Primoinfektion (Schulze Zur Wiesch et al. 2012). Durch einen Verlust der CD4-T-Helferzellantwort, welche durch die Persistenz der kontinuierlichen HCV- Antigenexposition getriggert ist, kommt es zu einer Einschränkung der CD8-Effektor-T-Zellantwort, welche als Konsequenz die HCV-Persistenz zulässt (Grakoui et al. 2003, Schulze Zur Wiesch et al. 2012). In der chronischen 92

27 PRÄVENTIVE HEPATITIS-C-IMPFUNG SCHWERPUNKTTHEMA A 1 HCV Infek,on 2 HCV Infek,on Spontane Heilung (20-25%) Spont. Heilung 80% 20% Chron. Infekt. Chronische Hepa,,s (75-80%) DAA? hauptsächlich?% Spont. Heilung Chron. Infekt. B Impfung 1 HCV Infek,on Spont. Heilung? Chron. Infekt. C 1 HCV Infek,on Impfung nach DAA 2 HCV Infek,on Spont. Heilung DAA? Chron. Infekt. Virusnachweis (Viruslast) CD8 T Zellen CD4 T- Zellen NAb bnab DAA Therapie Abbildung 1: Mögliche Verläufe nach der ersten (1 ) bzw. zweiten (2 ) Hepatitis C (HCV)-Infektion, sowie antizipierte Verläufe nach einer HCV- Impfung. A) Nach einer ersten HCV-Exposition kommt es bei % der Personen zu einer spontanen Ausheilung der Infektion nach einer akuten Krankheitsphase. Dabei kommt es zu der Ausbildung einer HCV-spezifischen adaptiven Immunantwort. Diese wird hauptsächlich durch CD4-Helfer- und CD8-Killer-T-Zellen vermittelt und führt zu einer vollständigen Elimination des HCV aus dem Organismus. Gleichzeitig entstehen neutralisierende Antikörper (NAbs), wobei einige davon speziell gute Bindungseigenschaften haben, welche eine Kreuzreaktivität gegenüber unterschiedlichen HCV-Genotypen aufweisen (broadly NAbs = bnabs). Sollte es zu einer erneuten Exposition (2 Infektion) kommen, besteht eine große Chance, dass die bereits bestehende adaptive Immunität wiederum zu einer Spontanheilung führt. Voraussetzung ist die Existenz eines funktionalen T-Zell-Gedächtnis-Pools, welcher erneut expandieren kann. In der Regel kommt es jedoch nach der 1 Infektion zu einem chronischen Verlauf, in dem die adaptive Immunantwort nicht in der Lage ist, das HCV zu eliminieren. Durch die Persistenz des Virus und dessen kontinuierliche Replikation erschöpft sich die Immunantwort und verliert partiell seine Funktionalität. Zudem kommt es zu Virus- Escape-Varianten, welche von dem adaptiven Immunsystem nicht mehr erkannt werden. Nach einer Viruselimination durch direct acting antiviral (DAA)-Therapie bildet sich ebenfalls ein T-Zell-Gedächtnis-Pool aus, welcher jedoch dysfunktional ist und bei einer 2 Exposition nicht zu einer raschen Elimination beitragen kann, sodass sich bei einer Reinfektion nach DAA-Therapie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erneut eine chronische Infektion etabliert. B) Durch eine T-Zell-induzierende Impfung wird ein T-Zell-Gedächtnis-Pool aufgebaut, welcher in seiner Funktionalität demjenigen eines spontan Ausgeheilten entspricht. Dadurch sollte bei einer Erstexposition die bereits bestehende T-Zellantwort zu einer Verhinderung der HCV-Persistenz beitragen. Ob die messbare T-Zellantwort nach der Impfung in einer klinisch relevanten Erhöhung der Spontanheilungsrate resultiert, ist noch unbekannt. C) Aufgrund des bei chronisch HCV-Infizierten nach DAA-Therapie dysfunktionalen T-Zell- Gedächtnis-Pools ist es unbekannt, ob eine HCV-Impfung nach DAA-Therapie die adaptive Immunantwort insofern beeinflussen kann, dass es zu einer Verbesserung der Funktionalität kommt, welche wiederum zu einer erhöhten Spontanheilungsrate führen könnte. 93

28 SCHWERPUNKTTHEMA PRÄVENTIVE HEPATITIS-C-IMPFUNG CD127 HIGH PD1+ IL-2+ & IFN- + u.a. (polyfunktional) CD127 HIGH PD1- IL-2+ CD127 HIGH/LOW PD1+ CD127-PD1++ IL-2- / IFN- - CD127 HIGH PD1 LOW TCF1+ (IL-2+) Effektor-Funktionen? Exhaustion Recall Antwort (Memory Funtion) Abbildung 2: Ausbildung einer T-Zell-Antwort und deren Funktonalität bei unterschiedlichen HCV-Infektionsverläufen bzw. nach HCV-Impfung. A) Die HCV-Infektion führt zu einer adaptiven Effektor-T-Zell-Antwort. Effektor-T-Zellen zeichnen sich durch eine hohe Funktionalität mit der Expression unterschiedlichster Zytokine und Effektorstoffe aus, welche zu der Entstehung, Unterhaltung und Regulation der adaptiven T-Zellantwort beitragen und zu einer direkten Zerstörung HCV-infizierter Zellen führt. Nach der HCV-Elimination bildet sich ein T-Zell-Gedächtnis- (Memory-) Pool aus, welcher sich insbesondere durch die fehlende programmed death (PD)-1-Expression als Zeichen der fehlenden Zellermüdung (Exhaustion) und eine erhaltene Interleukin-2 (IL-2)-Sekretionskapazität auszeichnet. IL-2 wird für die rasche klonale Expansion der Abwehrzellen bei einer Re-Exposition benötigt. B) Ist die Effektor-T-Zell-Antwort jedoch nicht in der Lage, das Virus zu eliminieren, verliert diese die sie charakterisierende CD127-Expression. Dies geht einher mit einer zunehmenden PD1-Expression als Zeichen der Zellerschöpfung und dem graduellen Verlust der Funktonalität. Die Persistenz des Virus führt schlussendlich zu einem Verlust der adaptiven Immunkontrolle, welche in der Apoptose adaptiver T-Zellen und deren Verlust müden kann. Nach einer künstlich herbeigeführten Elimination des Virus mittels direct acting antiviral (DAA)-HCV-Therapie bildet sich ebenfalls ein T-Zell-Gedächtnis-Pool heraus, welcher jedoch nicht dieselbe Funktionalität wie derjenige aufweist, welcher nach einer Spontanheilung gebildet wird ( Memory-like T-Zell-Pool). Insbesondere ist er durch eine (tiefe) Persistenz der PD1-Expression charakterisiert, was auf eine verminderte Funktionalität schließen lässt. C) Nach der HCV-Impfung entsteht eine Effektor-T-Zell-Antwort, aus welcher sich ein funktionaler Memory-T-Zell-Pool herausbildet. In bestimmten Situation, wie z. B. bei HIV-seropositiven Personen, ist es noch unbekannt, ob sich allenfalls durch die bereits vorbestehende HIV-assoziierte Immundysregulation eine weniger funktionale Memory-T-Zell-Antwort ausbildet, obschon die nach der Impfung nachweisbare Effektor-T-Zell-Antwort vollständig funktional erscheint. D) Schematische Darstellung der Effektorfunktionen in der akuten und chronischen Infektionsphase, bzw. nach Impfung. Die Marker einer T-Zell-Exhaustion verhalten sich umgekehrt zu denjenigen der T-Zell-Funktionalität. Die Memory-Funktion bei einer erneuten Exposition (Recall-Antwort) erscheint abhängig von dem Phänotyp der sich gebildeten Memory- bzw. Memory-like -T-Zellen. 94

29 PRÄVENTIVE HEPATITIS-C-IMPFUNG SCHWERPUNKTTHEMA Einfach heilbar: Hepatitis C. Etwa Menschen in Deutschland sind mit Hepatitis C infiziert. Ein großer Teil ist jedoch nicht diagnostiziert. 1 Erhöhte Leberwerte, unspezifische Symptome wie Abgeschlagenheit oder Oberbauchbeschwerden? Liegen möglicherweise Risikofaktoren vor? Testen Sie Ihre Patienten auf Hepatitis C und ermöglichen Sie eine schnelle, gut verträgliche und effektive Therapie. 2 Mehr Informationen gewünscht? Schreiben Sie uns eine an info.de@abbvie.com AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG Mainzer Straße Wiesbaden 1 Geschätzt nach Robert Koch-Institut (RKI). Epidemiologisches Bulletin Nr. 30, 27. Juli S3-Leitlinie Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-C-Virus(HCV)-Infektion. AWMF-Register-Nr.: 021/

30 SCHWERPUNKTTHEMA PRÄVENTIVE HEPATITIS-C-IMPFUNG HCV-Infektion findet sich daher meist eine funktionell eingeschränkte und in ihrer Breite reduzierte T-Zellantwort. Diese ist erschöpft und durch die Hochregulation sogenannter Exhaustion -Marker z. B. programmed cell death 1 (PD-1) charakterisiert ( Abb. 2B) (McMahan et al. 2010). Dadurch verliert sich mit der Zeit die Funktionalität wie auch die Proliferationskapazität der HCV-spezifischen adaptiven T-Zell-Antwort. Auch nach dem Wegfall des immunologischen Triggers durch eine DAA-Therapie setzt sich die T-Zell-Dysfunktion im T-Gedächtniszell-Pool weiter fort ( Abb. 2B) (Wieland et al. 2017). Diese neuere Erkenntnis der immunologischen Prägung der T-Zell- Gedächtnisantwort nach anhaltender viraler Exposition erklärt die hohe Anzahl an erneuten chronischen HCV- Infektionsverläufen nach einer Re-Exposition ( Abb. 1A). Neutralisierende Antikörper (neutralising antibodies; NAbs) gegen die HCV-Oberflächenglykoproteine gpe1 und gpe2 entstehen erst im Verlauf einer HCV-Infektion und scheinen in der Primoinfektion nur eine untergeordnete Rolle zu spielen ( Abb. 1) (Logvinoff et al. 2004). Erschwerend kommt hinzu, dass die E1- und E2-HCV-Genregionen eine sehr hohe Spontanmutationsrate aufweisen, welche aufgrund von Konformationsänderungen der Antigene rasch zu einem Verlust der Bindungsmöglichkeiten der NAbs führt (Farci et al. 2000). Dennoch führen diese NAbs, im Tiermodell als passive Immunisierung angewendet, zu einer tieferen Viruslast oder sogar sterilisierenden Immunität (Farci et al. 1996, Pestka et al. 2007). Für die Impfforschung besonders relevant ist die kürzlich gemachte Beobachtung, dass nach HCV-Re-Infektionen besonders wirksame NAbs mit einer hohen Bindungsstärke und Kreuz-Reaktivität (sog. broadly neutralising antibodies; bnabs) vermehrt nachweisbar sind (Underwood et al. 2018). Dies könnte darauf hinweisen, dass sich repetitive Infektions-/ Impfzyklen vorteilhaft auf die Immunantwort auswirken. 3 Impfstrategien sterilisierende Immunität versus Verhinderung der Persistenz Aufgrund dieser immunologischen Beobachtungen in den unterschiedlichen Stadien der HCV-Infektion werden aktuell zwei unterschiedliche Impfstrategien in klinischen Studien weiterverfolgt ( Tab. 1) (Shoukry 2018, Walker & Grakoui 2015). Das optimal zu erreichende Ziel einer Impfung ist eine sterilisierende Immunität, welche die geimpfte Person gegen eine Infektion bei der Exposition schützt (= sterilisierende Immunität). Dies kann einzig durch bereits bei der Exposition vorhandene (b)nabs erreicht werden. Dieser ansonsten bei anderen Viren mit einer geringen Antigenvariabilität erfolgreiche Impfansatz hat bei HCV die Hürde der hohen Antigenvariabilität zu meistern ( Abb. 3). Bisher war dieser Ansatz bei HCV erfolglos. Bei einer entsprechenden Phase-1-Studie wiesen nach der Impfung nur 3 von 16 Personen nachweisbare NAbs auf (Law et al. 2013, Frey et al. 2010). Es wird jedoch notwendig sein, diese Strategie mit hinsichtlich ihrer Immunogenität optimierten Impfungen weiter zu verfolgen. Zumindest kurzfristig erscheinen Impfstrategien, welche auf die Induktion einer HCV-spezifischen T-Zell-Antwort abzielen, erfolgversprechender ( Tab. 1). Dieser Ansatz wird jedoch nicht zu einer sterilisierenden Immunität führen, da die durch die Impfung entstandene T-Zell-Gedächtnisantwort nach der HCV-Exposition zunächst expandieren muss und dies eine Infektion, welche zu einer Antigenpräsentation via MHC-Moleküle führt, voraussetzt (Walker & Grakoui 2015). Der Ansatz einer T-Zell-basierten Impfung ist die Verhinderung einer chronischen HCV-Infektion durch eine verbesserte Virus-Clearance in der akuten Infektionsphase ( Abb. 1B & C). Tabelle 1: Aktuelle klinische HCV-Impfstudien in der HCV-Prävention Immunologisches Ziel Immunogen Impfregime Stadium Population Referenz/Clinical Trials No. bnabs gpe1/gpe2 rekommbinante E1/E2-Proteine Phase 1 gesunde Probanden Law et al polyfunktionale CD4- & CD8-T-Zellen NS3 NS5 AdCh3-Priming & MVA-Boost Phase 1 gesunde Probanden Swadling et al Phase 1/2 IVDU NCT Phase 1 HIV-seropositive Personen Bannan et al NS3 NS5; HIVconsv* AdCh3/AdCh63-Priming & MVA- Boost* Phase 1 gesunde Probanden Hartnell et al NS3 NS5 & MHC class II invariant chain AdCh3-Priming & MVA-Boost Phase 1 gesunde Probanden, Personen nach DAA- Therapie mit SVR12 NCT * gleichzeitige Impfung gegen HCV und HIV-1 bnabs = broadly neutralising antibodies; gp = Glykoprotein; AdCh = chimpanzee adenovirus; MVA = modified vaccinia Ankara; NS = non-structural genes; HIVconsv = (genetisch) konservierte HIV-1 Genregionen; MHC = major histocompatibility complex; DAA = direct acting antivirals; SVR12 = sustained virological response 12 Wochen nach HCV-Therapie; IVDU = intravenous drug user (i.v.-drogenkonsumierende) 96

31 PRÄVENTIVE HEPATITIS-C-IMPFUNG SCHWERPUNKTTHEMA HCV Genomstruktur 35% Gene.sche Variabilität gene.sche intra- Genotyp Variabilität Genomstruktur 5 C E1 E2 NS2 NS3 NS4B NS5A NS5B 3 p7 NS5A Nucleocapsid Envelope Protease / RNA (Core) Glycoproteine Helicase Polymerase strukturelle Proteine (=Hülle) nicht- strukturelle Proteine Impfziele Immunologische Impfantwort Immunogen (An.gen) Impfstoffzusammen- setzung Neutralisierende An.körper (NAbs) recombinante Glykoproteine (+Adjuvans) MHC li NS3 NS4B NS5A NS5B NS3 polyfunk.onale T Zellen NS4B NS5A NS5B recombinante Virus- Vektoren AdCh & MVA + recombinante invariant chain (li) des MHC II Abbildung 3: Schematische Darstellung des HCV-Genoms und der in klinischen Studien verwendeten Impfstrategien. 4 Hepatitis-C-T-Zell-basierte Impfstudien Um eine T-Zellantwort zu generieren, wird einerseits ein HCV-Bestandteil das Immunogen benötigt, gegen welches sich die erwartete Immunantwort richten wird, und andererseits ein Träger der Vektor, welcher seinerseits als Postbote das Immunogen dem Abwehrsystem im lymphatischen Gewebe zugänglich macht ( Abb 3). Die in klinischen Impfstudien am weitesten fortgeschrittene HCV-Impfung beruht auf der Induktion HCV-spezifischer CD4- und CD8-T-Zellen durch eine Chimpanzee-Adenovirus 3 (AdCh3) -Prime- und modified Vaccinia Virus (MVA) -Boost Impfung, welche die nicht-strukturellen (non-structual, NS) HCV-Proteine als Immunogen tragen ( Tab. 1) (Bailey et al. 2019). 4.1 Immunogen und Vektorsystem Das Immunogen besteht aus dem NS3-NS5-HCV-Genabschnitt. Die Wahl des Immunogens basiert auf der relativ hohen strukturellen Integrität der NS-codierten Proteine mit einer genetischen Variabilität von < 20 % (im Gegensatz zu der hohen genetischen Variabilität der strukturellen Oberflächenproteine E1/E2) ( Abb. 3) (Cuypers et al. 2015). Das Immunogen wird durch den Vektor in Kontakt mit dem lymphatischen Gewebe gebracht, in welchem eine Expression und Translation der NS3-NS5-HCV-Genabschnitte stattfindet. Dadurch werden die NS-Proteine auf der Oberfläche der Antigen-präsentierenden Zellen des lymphatischen Gewebes im MHC-Kontext präsentiert und eine CD4- und CD8-T-Zellantwort induziert. Da das Immunogen keine strukturellen Proteine codiert, können keine infektiösen HCV-Partikel entstehen. Das Vektorsystem beruht auf einem replikationsinkompetenten Schimpansen-Adenovirus 3 (AdCh3). Da Adenoviren ubiquitär vorhanden sind, besteht eine hohe Prävalenz von Antikörpern gegen human-pathogene Adenoviren. Diese würde den Impfvektor partiell neutralisieren, sodass keine Impfreaktion zustande käme. Daher werden in der präventiven Impfstoffentwicklung zunehmend nicht-humane Adenoviren verwendet, gegen welche keine vorbestehende Abwehrreaktion zu erwarten ist (Capone et al. 97

32 SCHWERPUNKTTHEMA PRÄVENTIVE HEPATITIS-C-IMPFUNG 2006, Colloca et al. 2012). Adenoviren sind als Vektor gut geeignet, eine T-Zell-Immunantwort hervorzurufen (Barnes et al. 2012). MVA im Gegensatz induziert aufgrund seiner Oberflächeneigenschaften eine starke T-Zellantwort, d. h. das Virus wirkt als natürlicher Booster der Abwehrreaktion (Sutter & Moss 1992). Dies macht ihn zu einem beliebten Impfvektor auch im Bereich der therapeutischen Tumorimpfungen. 4.2 Stand der aktuellen Impf-Entwicklung Dieses AdCh3-NS-Prime-MVA-NS-Boost-Impfstoffregime wird aktuell in einer Phase-1/2-Studie betreffend seine Effektivität in der Erstprävention in einer Population von IVDU getestet (NCT ) ( Tab. 1). Die Resultate werden 2019 erwartet. In Phase-1-Studien induzierte das Impfregime eine gute Immunogenität (Swadling et al. 2014). Das Impfregime ist in der Lage, eine ebenso hohe wie auch breite (gegen mehrere NS-Regionen gerichtete) polyfunktionale T-Zellantwort zu induzieren, welche derjenigen in einer Population spontan ausgeheilter HCVinfizierter Personen entspricht ( Abb. 2). Von besonderer Wichtigkeit ist zudem, dass nach einem Jahr eine HCVspezifische proliferative T-Zellantwort nachweisbar ist, welche einer T-Zell-Gedächtnisantwort entspricht (Swadling et al. 2014). Diese Resultate geben einen ersten Hinweis auf eine suffiziente Immunogenität der Impfung, wobei noch offenbleibt, ob diese in einer klinisch relevanten Schutzwirkung resultiert ( Abb. 1C & 2C/D). Die Impfungen wurden gut toleriert. Kurz nach der Impfung treten grippale Symptome wie Fieber(Gefühl) und leichte Myalgien auf sowie milde lokale Symptome an der Injektionsstelle. Die Symptome sind nach der MVA-basierten Impfung etwas stärker ausgeprägt und wiederspiegeln die Immunreaktion auf den Impfstoff. Es wurden bislang keine schweren unerwünschten Nebenwirkungen dokumentiert (Swadling et al. 2014, Hartnell et al. 2019, Bannan et al. 2017). Bei ca. 10 % der geimpften Personen wird zudem als Nebeneffekt eine HCV-Antikörper Serokonversion beobachtet, welche jedoch ein transientes Phänomen sein dürfte (nicht publizierte Daten). Dies könnte einen Einfluss auf HCV-Screeningprogramme haben, sofern sich die Impfstrategie durchsetzen sollte. Eine besondere Bedeutung kommt in der HCV-Impfstoffentwicklung speziellen Risikopopulationen zu. Es ist in der Geschichte der Impfstoffentwicklungen ohne Präzedenz, dass bereits in diesem frühen Entwicklungsstadium eine Studie zur Immunogenität in HIV-seropositiven MSM durchgeführt wurde. Das Immunsystem HIV-seropositiver Personen weist selbst unter antiretroviraler Therapie (ART) eine Dysregulation auf (reviewed in: Douek et al. 2009, Khaitan & Unutmaz 2011). Diese ist bereits früh in der HIV-Infektion durch die Expression von Exhaustion- Markern nachweisbar und persistiert in einem geringeren Ausmaß nach Beginn einer ART (Hoffmann et al. 2016). Diese Immundysbalance könnte das Impfansprechen negativ beeinflussen. In einer ersten Analyse der Immunogenität bei HIV-seropositiven Personen unter ART mit einer CD4-Zellzahl > 350/μL induzierte das Impfregime jedoch eine ebenso breite wie hohe T-Zellantwort wie in der HIVseronegativen Vergleichspopulation (Bannan et al. 2017). Offen bleibt jedoch die Frage, ob allenfalls die vorbestehende Immundysregulation einen Einfluss auf die Ausprägung der T-Zell-Gedächtnisantwort hat und diese hin zu einer Antwort mit reduzierter proliferativer Kapazität verschoben sein könnte, wie dies nach einer erfolgreichen DAA- Therapie bei chronisch HCV-infizierten Personen beobachtet wurde, deren T-Zell-Gedächtnisantwort nicht vor einer Re-Infektion zu schützen vermag ( Abb. 2C). Im globalen Kontext ist eine kombinierte HCV- und HIV- Impfung von Interesse. Dies aus zwei unterschiedlichen Gründen: Einerseits überschneiden sich Transmissionsrisiken und geographische Prävalenzverteilung teilweise, andererseits handelt es sich bei beiden um (potenziell) chronisch verlaufende virale Infektionen, für welche weitgehend dieselben Impfstoffentwicklungsprinzipien anwendbar erscheinen. Eine kürzlich publizierte Studie untersuchte die gleichzeitige Impfung gegen HCV und HIV mit demselben Adenovirus-Prime- und MVA-Boost-Ansatz, um eine mögliche Immuninterferenz zwischen den HCV- und HIV-spezifischen T-Zell-Antworten auszuschließen ( Tab. 1). Die Ergebnisse der Phase-1-Studie zeigten einen additiven Effekt der T-Zell-Immunantwort, ohne einen Verlust in der Breite bzw. Höhe der gemessenen polyfunktionalen Antwort gegen HCV oder HIV im Vergleich zu den Kontrollgruppen, welche entweder nur eine HCV- oder eine HIV-Impfung erhielten (Hartnell et al. 2019). Jede dieser erwähnten neuesten Studien ist ein kleiner Schritt hin zu einer mittelfristig erreichbaren HCV-Impfung, welche auf dem Prinzip der Induktion einer HCV-spezifischen T-Zellantwort beruht. Somit erweitert die HCV-Impfentwicklung das Verständnis der immunologischen Vorgänge einer protektiven Impfung auch in spezifischen Subpopulationen mit einem erhöhten Risiko für eine HCV-Akquisition und/oder ein vermindertes Impfansprechen und erweitert das Repertoire der herkömmlichen Impfstrategien, welche meist auf der Induktion von NAbs beruhen. Zudem sind Teile der Erkenntnisse ebenfalls in der Entwicklung therapeutischer Tumorimpfungen anwendbar, welche ebenfalls auf einer T-Zell-Induktion beruhen. Um die Immunogenität zu verbessern, wurde Ende 2018 eine Phase-1-Studie lanciert (NCT ) ( Tab. 1), welche das HCV-NS-Immunogen mit einem Subfragment des MHC-Moleküls verbindet, um die MHC-vermittelte Präsentation der HCV-spezifischen Antigene zu erhöhen und die T-Zell-Immunantwort dadurch zu stärken ( Abb. 3) (Mikkelsen et al. 2011). Als weitere Entwicklung sind HCV-Mosaik-Immunogene zur Verbesserung der Kreuzreaktivität zwischen den HCV-Genotypen in Diskussion, welche unterschiedliche Varianten desselben HCV-Antigens repräsentieren. 98

33 NEU PRÄVENTIVE HEPATITIS-C-IMPFUNG SCHWERPUNKTTHEMA Naloxon Nasenspray OPIOID-ÜBERDOSIERUNG Leben retten mit intranasalem Naloxon Erste Hilfe für Patienten mit Opioid-Überdosierung* Intranasal statt Injektion: keine Stichverletzungsund Infektionsgefahr, einfach und schnell anwendbar 1 Hohe Sicherheit: Verträglichkeit vergleichbar mit Naloxon-Injektionslösung, Überdosierung nicht zu erwarten 2,3 * ersetzt nicht den Notarzt 1 McDonald R et al. Addiction 2017; doi: /add Fachinformation Nyxoid 3 Fachinformation Naloxon-ratiopharm 0,4 mg/ml Injektionslösung, Stand April 2014 Nyxoid 1,8 mg Nasenspray, Lösung im Einzeldosisbehältnis. Wirkstoff: Naloxonhydrochlorid-Dihydrat. Verschreibungspflichtig. Zusammensetzung: Arzneilich wirksamer Bestandteil: Jedes Nasenspray-Behältnis gibt 1,8 mg Naloxonhydrochlorid-Dihydrat ab. Sonstige Bestandteile: Natriumcitrat (Ph.Eur.), Natriumchlorid, Salzsäure, Natriumhydroxid, gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiete: Nyxoid ist bestimmt für die sofortige Anwendung als Notfalltherapie bei bekannter oder vermuteter Opioid-Überdosierung, die sich als Atemdepression und/oder Depression des Zentralnervensystems (ZNS) manifestiert, sowohl im nicht-medizinischen als auch im medizinischen Umfeld. Nyxoid wird angewendet bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 14 Jahren. Nyxoid ersetzt nicht die Behandlung durch einen Notarzt. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Naloxon oder einen der sonstigen Bestandteile. Nebenwirkungen: Übelkeit, Opioidentzugssyndrom, Überempfindlichkeit, anaphylaktischer Schock, Schwindel, Kopfschmerz, Tremor, Tachykardie, Arrhythmie, Bradykardie, Herzflimmern, Herzstillstand, Hypotonie, Hypertonie, Hyperventilation, Lungenödem, Erbrechen, Durchfall, Mundtrockenheit, Hyperhidrose, Erythema multiforme, Arzneimittelentzugssyndrom (bei Patienten, die von Opioiden abhängig sind). Warnhinweise: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Vor der Anwendung keinen Probestoß abgeben und nicht testen. edes Spray enthält nur eine Dosis. Bei Überdosierung von Opioiden (wie Heroin). Mundipharma Corporation (Ireland) Limited, Millbank House, Arkle Road, Sandyford Industrial Estate, Dublin 18, Irland. Örtlicher Vertreter in Deutschland: Mundipharma GmbH, Frankfurt am Main Gemeinsam Suchtmed 21 mehr (2) 2019 Gesundheit erreichen. 99

34 SCHWERPUNKTTHEMA PRÄVENTIVE HEPATITIS-C-IMPFUNG 5 Herausforderungen der Hepatitis-C- Impfentwicklung 5.1 Immunologische Herausforderungen und standardisierte Messverfahren Es existieren 7 HCV-Genotypen, welche global unterschiedlich verteilt sind (Hajarizadeh et al. 2013, Smith et al. 2014). Erschwerend zirkuliert das Hepatitis-C-Virus in jeder einzelnen HCV-infizierten Person als Quasispezies in unterschiedlichsten Varianten mit Punktmutationen. Eine ideale sterilisierende Impfstrategie sollte daher kreuzreaktive bnabs wie auch eine robuste T-Zellantwort gegen genetisch konservierte HCV-Antigene beinhalten. Repetitive Impfungen oder zusätzliche immunstimulierende bzw. immunmodulierende Faktoren werden benötigt, um eine breitere Impfantwort zu generieren, welche die HCV-Genotypen gleichmäßig abdeckt. Die Heterogenität der zirkulierenden HCV-Quasispezies ist auch ein Resultat der genetischen Diversität der humanen Population. Gerade für T-Zell-basierende Impfantworten spielt die Wahl des Immunogens eine entscheidende Rolle. Dieses wird durch die Impfung via MHC-Moleküle präsentiert und induziert dadurch die Immunantwort. Multiple Faktoren beeinflussen die MHC-vermittelte Präsentation, u. a. die Ethnizität, das Alter oder eine HIV- Koinfektion. Verschiedene Impfabstände und additive Immunstimulationen könnten kombiniert werden, um eine gleichzeitige protektive bnab- und T-Zell-Antwort zu generieren. Zudem steht die Charakterisierung der protektiven Immunantwort weiterhin im Fokus. Obwohl die grundsätzlichen Bestandteile einer guten Abwehrreaktion bekannt sind, ist es nach wie vor unbekannt, warum nur ca. 25 % der HCV-infizierten Personen eine solche ausbilden und die Infektion spontan ausheilen. In diesem Zusammenhang ist zwar ebenfalls bekannt, dass eine T-Zell-Dysfunktion zu der Etablierung einer chronischen Infektion beiträgt, die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen sind jedoch nur bruchstückhaft bekannt. Ein Beispiel ist die T- Zell-Gedächtnisantwort, welche sich nach der Ausheilung einer chronischen HCV-Infektion mittels DAA ausbildet. Neuere Erkenntnisse weisen darauf hin, dass diese in ihrer Polyfunktionalität eingeschränkt ist, obschon das Virus nach der Ausheilung der Infektion nicht weiter persistiert ( Abb. 2B) (Wieland et al. 2017). Dies legt den Schluss nahe, dass die Ausbildung der T-Zell-Gedächtnisantwort von der Infektionsdauer beeinflusst wird, selbst wenn die Virusreplikation nicht mehr persistiert. Daraus folgt die Hypothese, dass HIV-koinfizierte Personen allenfalls eine dysfunktionale HCV-spezifische T-Zell-Impfantwort entwickeln ( Abb. 2C). Die Messung der T-Zellimpfantwort stellt ein weiteres Entwicklungsfeld dar. Sie ist nicht standardisiert und zudem aufwendig. Bisher hat nur ein Assaysystem zur Messung der Tuberkulose-spezifischen IFN-ᵞ-Produktion in der klinischen Routine Einzug gehalten (Hoffmann et al. 2003), welches nach wie vor Gegenstand kontroverser Diskussionen der Messwertinterpretation ist. Dasselbe wird auch für ein analoges Messsystem im Kontext einer T-Zell-induzierenden Impfung gelten, angefangen von der Wahl standardisierter HCV-Antigene bis hin zur ex vivo- Stimulation. 5.2 Tiermodelle, Kohorten für klinische Studien und deren Finanzierung Menschen und Schimpansen sind die einzigen zwei Spezies, bei welchen sich eine HCV-Infektion etablieren kann. Dadurch ist die Impfstoffprüfung in präklinischen Modellen aufwendig und birgt ethische Bedenken. Bestehende Mausmodelle zur Erforschung des HCV-Lebenszyklus sind für die Impfstoffforschung und die damit einhergehenden immunologischen Charakterisierungen nur beschränkt nützlich, da diese auf Tieren mit einem immundefizienten Background basieren (Shoukry 2018). Eine der aktuellen Hauptprioritäten stellt die Rekrutierung von Personen mit einem hohen HCV-Akquisitionsrisiko dar. Die Arbeit mit marginalisierten Personengruppen wie IVDUs, welche zusätzlich an multiplen ökonomischen, medizinischen und sozialen Problemen leiden, stellt eine besondere menschliche wie auch medizinische Herausforderung dar (Maher et al. 2010). Die oben erwähnte Effizienzstudie in IVDUs wurde über Jahre immer wieder verzögert, da das Rekrutierungsziel durch eine kontinuierlich hohe Drop- Out-Rate schwer erreichbar war. Mit der Verfügbarkeit der DAAs ergeben sich neu die Möglichkeiten eines humanen Challenge-Modells, dessen ethische Implikationen einer vertieften Diskussion sowohl in Wissenschaftskreisen wie auch in der Gesellschaft bedürfen. Die HCV-Forschung sollte nach wie vor eine der Prioritäten auf der globalen Gesundheitsagenda bleiben. Um eine HCV-Elimination zu erreichen, ist ein kontinuierliches Investment in die Grundlagenforschung und die translationale Impfforschung unabdingbar. Die Finanzierung notwendiger Phase-2/3-Impfstudien, die Herstellung der Impfstoffe sowie die Etablierung und Aufrechterhaltung der entsprechenden Infrastruktur bedingt eine enge Zusammenarbeit zwischen Regierungen, akademischen Partnern, Industriepartnern und auch Patientenorganisationen rund um den Globus. Der Grundstein für diese Zusammenarbeit ist durch die aktuelle HCV-Impfforschung wie auch durch die Verfügbarkeit der DAAs gelegt. Nun ist der politische und wirtschaftliche Wille zur weiteren Umsetzung gefragt, um die Eliminationsstrategie erfolgreich weiterzuführen. Die Schnittstelle zwischen all den unterschiedlichen Interessen ist der Zugang zu den Risikopopulationen, bei welchen patientenorientierte Aufklärungsund Präventionsarbeiten der erste Schritt zum Erfolg sein werden. 100

35 PRÄVENTIVE HEPATITIS-C-IMPFUNG SCHWERPUNKTTHEMA Interessenkonflikte Der Autor erklärt, dass keine Interessenkonflikte vorliegen. Er ist Local PI und Steering Committee Mitglied PEACHI- Konsortium (HCV) Impfstudien, EC FP7 Manuskript eingereicht am , akzeptiert am Literatur Abdel-Hakeem MS, Bédard N, Murphy D, Bruneau J, Shoukry NH (2014). Signatures of protective memory immune responses during hepatitis C virus reinfection. Gastroenterology 147 (4): e8 Abdel-Hakeem MS, Shoukry NH (2014). Protective immunity against hepatitis C: many shades of gray. Front Immunol 5: 274 Bailey JR, Barnes E, Cox AL (2019). Approaches, Progress, and Challenges to Hepatitis C Vaccine Development. Gastroenterology 156 (2): Bannan C, Capone S, Brown A, Hartnell F, Folgori A, Vernazza PL, et al.; the PEACHI Consortium (2017). 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37 IM SCHATTEN VON HIV: DAS ASCHENBRÖDEL HEPATITIS C SCHWERPUNKTTHEMA Im Schatten von HIV: Das Aschenbrödel Hepatitis C Julia Kind 1, Bettina Maeschli 2, Philip Bruggmann 1, 2 1 Arud Zentrum für Suchtmedizin, Zürich, Schweiz 2 Hepatitis Schweiz, Zürich, Schweiz Zusammenfassung Die beiden Epidemien Hepatitis C und HIV belasten die öffentliche Gesundheit in vergleichbarem Ausmaß. Trotzdem steht Hepatitis C seit eh und je im Schatten von HIV, sowohl was die generelle Aufmerksamkeit anbelangt als auch in Bezug auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen. Die Gründe hierfür liegen nicht nur im medizinischen Bereich, sondern insbesondere auch im gesellschaftspolitischen Kontext und in der Zeitabfolge des Auftretens der beiden Epidemien. Während die Finanzierung der HIV-Bekämpfung Opfer ihres eigenen Erfolgs zu werden droht und die Bestrebungen zur Hepatitis-C-Elimination trotz der Verfügbarkeit aller notwendiger Instrumente stagnieren, drängt sich eine intensive Zusammenarbeit der beiden medizinisch-epidemiologisch sehr verwandten Gebiete als Win-win-Situation richtiggehend auf. Schlagworte: Hepatitis C, HIV/Aids, Public Health, Politikentwicklung, Präventionskampagne In the shadow of HIV: The Cinderella hepatitis C Abstract The two epidemics hepatitis C and HIV put to a similar extent a strain on public health. However, hepatitis C has always been overshadowed by HIV, both in terms of general attention and available resources. The reasons are not only to be found in the medical domain, but in particular in the socio-political context and in the timing of the emergence of the epidemics. In view of decreasing funding of HIV control and stagnating efforts to eliminate hepatitis C despite the availability of all necessary means, a close cooperation between the two medically and epidemiologically closely related areas would pose a true win-win situation. Keywords: Hepatitis C, HIV/AIDS, public health, policy development, prevention campaign 1 Hepatitis die unsichtbare Krankheit Der Global Burden of Disease Report (Collaborators GBDCoD 2018) ist ein exzellent aufgemachter und aufwändiger Bericht zur weltweiten Krankheitslast, der in regelmäßigen Abständen in der renommierten Fachzeitschrift Lancet publiziert wird. Er liefert wichtige und detaillierte Informationen und Daten für Analysen, auch über virale Hepatitis. Doch was beim neuesten Bericht auffällt: Auf den Grafiken zu den häufigsten Todesursachen wird virale Hepatitis nicht aufgeführt. Dies, obwohl die Todesursache viraler Hepatitis diejenige von HIV in den letzten Jahren an Häufigkeit überholt hat, Tendenz weiter steigend. Schaut man genauer hin, sieht man: Während für HIV die Todesursachen gesammelt ausgewiesen sind, werden die Sterbefälle aufgrund von viraler Hepatitis aufgeteilt zum einen in akute Hepatitis, zum anderen in Todesfälle aufgrund verschiedener Folgen einer Hepatitis-Infektion wie Leberkrebs. So bleibt die reale Krankheitslast von viraler Hepatitis unsichtbar. Dies wohl kaum aus bösem Willen seitens der Autoren. Es ist jedoch ein typisches Beispiel dafür, dass es an Awareness fehlt. Hepatitis C fristet auf vielen Ebenen ein Aschenbrödel-Dasein, trotz der erdrückenden Evidenz ihrer erheblichen Krankheitslast. 2 Tödliches Hepatitis C Seit 20 Jahren kann Hepatitis C im Gegensatz zu HIV geheilt werden. Trotzdem sterben heute deutlich mehr Menschen an den Folgen von Hepatitis C als an denen von HIV Korrespondenzautor: PD Dr. med. Philip Bruggmann Arud Zentrum für Suchtmedizin Schützengasse 31 CH-8001 Zürich p.bruggmann@arud.ch Suchtmed 21 (2) (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg 103

38 SCHWERPUNKTTHEMA IM SCHATTEN VON HIV: DAS ASCHENBRÖDEL HEPATITIS C (Keiser et al. 2018). Die HIV-bedingte Mortalität nimmt von Jahr zu Jahr ab, während diejenige von Hepatitis C auf hohem Niveau verharrt oder nur leicht in Abnahme begriffen ist ( Abb. 1). Dies versinnbildlicht einerseits den erfolgreichen Kampf gegen HIV, andererseits die klaffenden Lücken in der Hepatitis-C-Versorgung. Im deutschsprachigen Europa beträgt die Prävalenz für chronische Hepatitis C zwischen 0,2 % und 0,4 % (Zimmermann et al. 2018, Keiser et al. 2017, Schmutterer & Busch 2016), diejenige für HIV zwischen 0,1 % und 0,15 % (Kohler et al. 2015, Heiden et al. 2018). Die Inzidenzen sind für beide Infektionskrankheiten tief und abnehmend. Abbildung 1: Während auf globaler Ebene die HIV-bedingte Mortalität abnimmt, nimmt die Sterblichkeit als Folge von viraler Hepatitis zu und ist bereits höher als diejenige von HIV. Die Schweiz ist in der Bekämpfung von HIV im internationalen Vergleich ein Vorzeigeland. Bereits 2015 erfüllte das Land zwei der drei UNAIDS-Ziele für 2020, die lauten: 90 % der HIV-positiven Personen sind diagnostiziert und 90 % der Personen unter HIV-Therapie haben eine unterdrückte Virenlast (Kohler et al. 2015). Im Gegensatz zum Erfolg im HIV-Bereich steht das Land bei der Hepatitis-C- Versorgung im europäischen Vergleich im hinteren Mittelfeld (Cebolla & Björnberg 2012). Die WHO setzte 2016 auf globaler Ebene das Ziel, Hepatitis C bis 2030 zu eliminieren (WHO 2016). Die Instrumente, die erforderlich sind, um dieses Ziel zu erreichen, sind in Ländern wie Deutschland, Österreich und der Schweiz alle vorhanden: Es gibt einfache, breit zugängliche Tests; mit den direkt antiviralen Hepatitis- C-Medikamenten liegen hocheffiziente, gut verträgliche Therapien mit beinahe hundertprozentiger Heilungsrate vor. Die notwendigen präventiven Maßnahmen sind bekannt und sofern auch richtig umgesetzt ebenfalls sehr effizient. Trotzdem ist keines der drei Länder zurzeit auf Kurs bezüglich Hepatitis-C-Elimination. Es fehlt grundlegend an Wissen und Aufklärung auf allen Ebenen, angefangen bei der Allgemeinbevölkerung über Fachleute des Gesundheitswesens bis hin zu Behörden und Politikern. Versorgungslücken klaffen beim Testen und beim Behandeln (Bruggmann et al. 2018). 3 Die Schweiz als HIV-Pionierin 1987 startete in der Schweiz die Stop-Aids-Kampagne. Der Spruch Ohne Dings kein Bums dieser groß angelegten HIV-Präventionskampagne schrieb Werbegeschichte und wurde zum allgemein geläufigen Slogan (Landesmuseum BfGASS 2005). Von Beginn an sorgte die Kampagne für Aufreger: Mit unverblümten Botschaften zielte die HIV- Aufklärung auf die Verhaltensänderung und Eigenverantwortung der Gesamtbevölkerung ab. Von konservativen Kreisen wurde dieser Ansatz abgelehnt und stattdessen die Forderung gestellt, die Betroffenen ausfindig zu machen und zu isolieren. Aids-Aktivisten hingegen fürchteten, dass ein solcher Ansatz zu noch mehr Diskriminierung von HIV-positiven Menschen führen würde, waren doch Aidskranke bereits jetzt einem starken Stigma ausgesetzt. Der progressive Ansatz setzte sich schließlich durch: Die gesamte Bevölkerung sollte mit klaren Botschaften über HIV aufgeklärt werden und sich schützen können. Und so hängen auch heute noch die Plakate der Stop-Aids-Nachfolgerkampagne LOVE LIFE jedes Jahr in den Straßen mit Millionenbeiträgen der öffentlichen Hand finanziert ( Abb. 2a und b). Durch die jahrzehntelange Aufklärung rückten HIV und Aids nachhaltig ins öffentliche Bewusstsein. Gepaart mit einer pragmatischen Drogenpolitik wurden wirksam Neuansteckungen und viel Leid verhindert. Die HIV-Prävention gilt daher als Paradebeispiel, wie eine gefährliche Infektionskrankheit mit hohem Diskriminierungspotenzial gebändigt werden konnte. 4 Aschenbrödel Hepatitis C Ganz anders verlief die Geschichte von Hepatitis C trotz vieler Gemeinsamkeiten mit HIV. Die Übertragungswege sind vergleichbar: Aus diesem Grund tragen manche HIV- Positive auch das Hepatitis-C-Virus in sich. Das Stigmatisierungspotenzial ist bei Hepatitis ähnlich hoch wie bei HIV. Zudem sind etwa die gleichen Bevölkerungsgruppen betroffen, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß. Doch es bestehen auch Unterschiede: Während in den 1980er- Jahren prominente Gesichter gleichsam öffentlich an Aids starben, sieht man die Hepatitis-Opfer nicht. Denn eine Hepatitis-Infektion schreitet bedeutend langsamer voran als eine HIV-Infektion und erfährt so weit weniger Beachtung. Auch deshalb wird Hepatitis oft als stille Krankheit bezeichnet. Daran ändert auch die Tatsache, dass heute mehr Menschen an Hepatitis als an HIV sterben, nichts. Die bloßen Zahlen 104

39 IM SCHATTEN VON HIV: DAS ASCHENBRÖDEL HEPATITIS C SCHWERPUNKTTHEMA von Verstorbenen haben nicht im gleichen Maße das Potenzial aufzurütteln wie es Einzelschicksale tun. Die Diagnose Hepatitis C wurde zudem nie mit einem Todesurteil assoziiert, wie das bei HIV und Aids vor 1996 der Fall war, bevor die ersten Medikamente zur Verfügung standen. Denn eine Hepatitis-C-Infektion muss auch unbehandelt nicht zwangsläufig zum Tod führen; mit der Krankheit leben die Betroffenen viele Jahre oder Jahrzehnte, oft ohne eindeutige Symptome. So bleibt die Infektion auch in vielen Fällen unentdeckt, bis sich schwere Lebererkrankungen oder andere Folgeerkrankungen zeigen. Gleichzeitig ist Hepatitis C in noch höherem Maße eine Infektionskrankheit von Drogenkonsumierenden, einer Gruppe, die kaum eine Lobby hat und sich weniger schlagkräftig organisieren kann als die schwulen Männer und Gay-Aktivisten der ersten Stunde. Abbildung 2a: Die mit staatlichen Mitteln jährlich durchgeführte Schweizer STOP-AIDS-Kampagne fand internationale Beachtung und trug wesentlich zur erfolgreichen Bekämpfung der HIV-Epidemie bei. Greatest Hits Kennst Du auch die Kehrseite? 2 Greatest Risks Virale Hepatitis Betroffene die Hälfte weiss es nicht Teste jetzt Dein Risiko auf Abbildung 2b: Mit viel bescheideneren Ressourcen kämpft die zivilgesellschaftliche Organisation Hepatitis Schweiz seit 3 Jahren für mehr Aufmerksamkeit für virale Hepatitis. Eine Mobilisierung von Patientinnen und Patienten mit Hepatitis C erfolgte in der Schweiz erst, als die ersten hochwirksamen antiviralen Medikamente auf den Markt kamen. Wie in anderen Ländern auch schränkte die Schweiz die Verfügbarkeit der Medikamente ein: Wegen der hohen Therapiekosten erhielten nur Personen mit fortgeschrittenem Leberschaden Zugang zu den Medikamenten. Die Diskussion über die Preise wurde in den Medien rege geführt. Für einmal rückte damit auch Hepatitis C in den Fokus der Öffentlichkeit. Seit sich die Gesundheitsbehörden und die Pharmaindustrie auf niedrigere Preise einigen konnten und im Oktober 2017 die Vergütungseinschränkungen für die letzten Medikamente fielen, ist es jedoch wieder deutlich stiller geworden um Hepatitis C (Bruggmann & Maeschli 2018). 5 HIV und Hepatitis C bei Personen mit Drogenkonsum Auch bei den Drogenkonsumierenden, die von HIV und Hepatitis C besonders betroffen sind, zeigen sich Unterschiede. Obwohl die Quelle der großen Ansteckungswelle dieselbe war und zur hohen Viruslast in dieser Population bis heute führte, griffen die Maßnahmen gegen HIV und Hepatitis C unterschiedlich gut. In den 1980er-Jahren entstanden in der Schweiz offene Drogenszenen. Die Bilder des Needle Parks, des Platzspitzes in Zürich mit seinem Drogenelend, gingen um die Welt. Gleichzeitig wurde klar, dass sich HIV und virale Hepatitis so rasant ausbreiten konnten. Die Schweiz hatte eine der höchsten HIV-Prävalenzen von Westeuropa und % der Personen mit intravenösem Drogenkonsum waren mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert (Bachmann et al. 2002, Grob 2009). Die Verantwortlichen mussten handeln. Nach zähem Ringen, bei dem sich die liberalen Kräfte gegen die konservative Fraktion von Abstinenzbefürwortern durchsetzen konnten, wurde schließlich eine weitsichtige Drogenpolitik mit dem Ansatz der Schadensminderung ausgearbeitet und umgesetzt (Csete & Grob 2012). Während mittels schadensmindernden Maßnahmen wie der Opioid-Agonisten-Therapie, Nadel- und Spritzenabgabeprogrammen sowie betreuten Konsumräumen die HIV-Neuansteckungen bei Drogenkonsumierenden heute beinahe gegen null reduziert werden konnten, wurde dieser 105

40 SCHWERPUNKTTHEMA IM SCHATTEN VON HIV: DAS ASCHENBRÖDEL HEPATITIS C Effekt im Hepatitis-C-Bereich nicht annähernd im selben Umfang erzielt. Als einer der Gründe hierfür ist die hohe Behandlungsrate bei HIV zu sehen, die im Kontrast steht zu den ungenügenden Test- und Therapiezahlen bei Drogenkonsumierenden mit Hepatitis C (Bregenzer et al. 2017). Weiter konzentrierte sich die Prävention lange Zeit auf HIV, ein Virus, das außerhalb des Körpers nicht infektiös bleibt. Im Bereich Drogenkonsum ist die Bereitstellung von sterilen Spritzen und Nadeln ausreichend für eine wirksame Prävention. Im Gegensatz dazu kann das Hepatitis-C-Virus, das außerhalb des Körpers tage- bis wochenlang überleben und ansteckend bleiben kann, auch durch das Teilen von Filtern, Löffeln oder Wasser beim Konsumieren von Drogen übertragen werden (Paintsil et al. 2010, Doerrbecker et al. 2013) ( Abb. 3). Um für eine effiziente Hepatitis-C- Prävention zu sorgen, müssen alle diese Konsum- und Zubereitungs-Materialien in den entsprechenden Programmen in genügender Menge zur Verfügung gestellt werden. Das war im deutschsprachigen Europa lange nicht der Fall oder ist es gar immer noch nicht. Abbildung 3: Teilen von jeglichen Utensilien bei der Zubereitung und beim Konsum von intravenös applizierten Drogen bergen ein erhebliches Ansteckungsrisiko für Hepatitis C. (Copyright: Gertrud Vogler, Schweizerisches Sozialarchiv) 6 Epidemien als soziale Artefakte Wie Setbon (1997) aus sozialwissenschaftlicher Perspektive bemerkt, wird eine Krankheit erst dann als ein Problem der öffentlichen Gesundheit bearbeitet, wenn eine kritische Masse an konsensuellem Wissen besteht, die Auskunft gibt zu den Ursachen, den betroffenen Bevölkerungsgruppen, den Übertragungswegen und den Risikofaktoren. Aids ist dabei ein perfektes Beispiel dafür, dass Probleme der öffentlichen Gesundheit in erster Linie sozial konstruiert sind. Um zu verstehen, weshalb die beiden Viruserkrankungen so unterschiedlich große Aufmerksamkeit vonseiten der Behörden und Politik erhielten und erhalten, muss man sich somit von der rein medizinischen Sicht lösen: Zwar weisen die beiden Infektionskrankheiten Parallelen auf, doch HIV und Hepatitis C sind auch soziale Artefakte (Ballard 2005), die die jeweiligen gesellschaftspolitischen Umstände ihrer Zeit wiederspiegeln. So prägten die Art und Weise, wie die Krankheiten zu Beginn ihres Auftretens wahrgenommen wurden, die spätere Ausgestaltung der Politik (Bachmann et al. 2002, Ballard 2005, Landel 2005). 7 Faktoren, die HIV zu mehr Beachtung verhalfen Mit dem Auftauchen von Aids zu Beginn der 1980er-Jahre zerschlug sich die damals in reichen Industrienationen vorherrschende Gewissheit, dass das Zeitalter von Infektionskrankheiten dank wirksamer Medikamente und Impfungen vorbei sei (Rosenbrock et al. 2000, Rosenbrock 2002). Die klinische Medizin stand der rätselhaften, tödlichen Epidemie machtlos gegenüber. Das ermöglichte, dass sich Akteure ohne medizinischen Hintergrund dem Thema HIV annahmen. Und verhinderte, dass medizinische Spezialisten einen alleinigen Anspruch auf die Wissenshoheit über Aids erheben konnten es bildeten sich sogenannte exceptionalist alliances (Rosenbrock et al. 2000). Diese Netzwerke bestanden nebst Gesundheitsfachpersonen aus psychosozialen Berufsgruppen, der Homosexuellen-Community sowie aus liberalen und linken Parteien. Sie forderten angesichts der HIV-Epidemie neue Ansätze und präventive Maßnahmen im Umgang mit Infektionskrankheiten. Für die Formulierung und Implementierung der späteren HIV-Politik waren diese Gruppierungen von grundlegender Bedeutung (Neuenschwander et al. 2004). Entscheidungen bezüglich Maßnahmen mussten zu Beginn der Aids-Epidemie in einer Phase getroffen werden, als noch kaum Fakten oder Gewissheiten über das Ausmaß, die Ansteckungswege und die Verlässlichkeit von Schutzstrategien bestanden (Rosenbrock et al. 2000). Während anfänglich Homosexuelle und Drogenkonsumierende als Risikogruppen im Fokus standen, wurde mit zunehmendem epidemiologischen Wissen klar, dass HIV und Aids potenziell die gesamte Bevölkerung betraf (Bachmann et al. 2002). So wurde Aids in den meisten europäischen Ländern als nationale Krise gesehen (Kenis & Marin 1997), was die Bereitschaft erhöhte, bei der Bekämpfung neue Wege zu gehen (Rosenbrock et al. 2000). In der Schweiz erkannte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schon früh den Ernst der Lage und erreichte, dass sich auch die kantonalen Verwaltungen und die Bundesregierung der Aids-Problematik annahmen, um einer politischen Einmischung zuvorzukommen (Bütschi et al. 1997). Anfänglich stellten Präventionsmaßnahmen Safer Sex und Safer Use die einzigen verfügbaren Möglichkeiten dar, um das Virus zu bekämpfen. Dazu wurden Lösungen angestrebt, die sich an den New Public Health -Prinzipien orientierten: Eine konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Betroffenen, Kommunikation mittels Massenmedien, das Setzen von positiven Anreizen zur Verhaltensänderung und die Ermächtigung von Betroffenen (Rosenbrock et al. 2000, Neuenschwander et al. 2004). Dieser neue An- 106

41 IM SCHATTEN VON HIV: DAS ASCHENBRÖDEL HEPATITIS C SCHWERPUNKTTHEMA 107

42 SCHWERPUNKTTHEMA IM SCHATTEN VON HIV: DAS ASCHENBRÖDEL HEPATITIS C satz im Umgang mit einer Epidemie unterschied sich grundlegend vom Old-Public-Health -Paradigma, bei dem die Kontrolle und Eindämmung im Vordergrund standen und die Infektionsquellen mittels obligatorischer Untersuchungen, Screenings, strikter Verhaltensvorschriften und teils massiver Eingriffe in die Privatsphäre schnellstmöglich identifiziert und stillgelegt werden sollten. Vor allem in Bezug auf sexuell übertragbare Krankheiten, den sogennanten STIs, hatte sich dieser rigide Ansatz in der Vergangenheit aber als wenig wirksam erwiesen (Rosenbrock et al. 2000, Rosenbrock 2002). Um die Präventionsbotschaften bei den unterschiedlichen Risikogruppen bekannt zu machen, suchte das BAG gezielt die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, koordinierte deren Aktivitäten und unterstützte ihre Arbeit finanziell (Bachmann et al. 2002, Cattacin 1996, Neuenschwander et al. 2004). Von besonderer Bedeutung war dabei die enge Kooperation mit den Schwulenorganisationen und der 1985 gegründeten Aids-Hilfe Schweiz (AHS), bei der das BAG auch Mitglied wurde. Gemeinsam lancierten BAG und AHS 1987 die Stop-Aids-Präventionskampagne: Das BAG stellte die wissenschaftlichen und professionellen Kompetenzen zur Verfügung und übernahm die Finanzierung, während die AHS für die Umsetzung der Kampagne zuständig war (Bütschi et al. 1997). Mit ihrer ausgeprägten Community-Identität und einem starken Netzwerk verfügte die Gay Community über umfassende Ressourcen, um sich für die eigenen Anliegen Gehör zu verschaffen und gegen Diskriminierung vorzugehen (Ballard 2005). Damit trug sie maßgeblich zum Erfolg der Maßnahmen bei (Bütschi et al. 1997). Das Engagement der Schwulenbewegung macht dabei deutlich, dass es bei der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit HIV und Aids nicht einzig um Gesundheit ging, sondern gleichermaßen auch um Bürgerrechte (Rosenbrock 2002). So brachte die Sorge vor zusätzlicher Diskriminierung und Ausgrenzung der ohnehin schon marginalisierten Hauptbetroffenengruppen all jene Akteure zusammen, die sich auch sonst für Gesundheit und Bürgerrechte stark machen. Dadurch erhielt das Thema Aids eine unvergleichliche Prominenz und Schubkraft (Rosenbrock 2002). Zu einer Beschleunigung der Umsetzung führte nicht zuletzt der öffentliche Druck kombiniert mit wissenschaftlichen Erkenntnissen (Bachmann et al. 2002). Die Aids-Epidemie hat in Industrienationen ein window of opportunity geöffnet für neue Ansätze und innovative Projekte, wodurch Aids zu einer Ausnahmeerscheinung in der Gesundheitspolitik, Prävention und Patientenvorsorge wurde (Rosenbrock et al. 2000). 8 Warum Hepatitis C zu einer vernachlässigten Krankheit wurde 1989, sechs Jahre nach der Entdeckung von HIV, gelang die diagnostische Identifikation des Hepatitis-C-Virus, das bis dahin unter Non-A/Non-B-Hepatitis subsumiert worden war. Doch anders als bei HIV und Aids löste das Virus keine Panik aus. Ein wesentlicher Grund dafür: Hepatitis C wurde von den Gesundheitsbehörden nicht als eine grundlegend neue Krankheit angesehen, sondern lediglich als eine weitere Form der bereits bekannten Hepatitiden-Viren (Bachmann et al. 2002). Dadurch erhielt Hepatitis C kaum mehr Aufmerksamkeit als andere chronische Erkrankungen (Bachmann et al. 2002, Ballard 2005). Ohne das sexuelle Übertragungsrisiko, das bei HIV eine wesentliche Voraussetzung für die gesellschaftliche Mobilisierung darstellte, wurde Hepatitis C zudem weder von den Behörden noch von der breiten Bevölkerung als eigenständiges Risiko wahrgenommen (Setbon 1997). Wie Bachmann et al. (2002) in ihrer vergleichenden Fallstudie zur Schweizer Gesundheitspolitik aufzeigen, gingen die Behörden bei Hepatitis C von nur zwei Risikogruppen aus und erachteten damit die Gefahr einer Ausbreitung als sehr gering: Den Drogenkonsumierenden und den Empfängern von Bluttransfusionen. An dieser engen Risikodefinition hielten die schweizerischen Gesundheitsbehörden selbst dann noch fest, als in ihren eigenen Publikationen dargelegt wurde, dass sich bei rund 40 % der Infizierten die Übertragungswege nicht ermitteln ließen (Bachmann et al. 2002). Außerdem nahm man zunächst an, dass beim intravenösen Drogenkonsum die Präventionsmaßnahmen in Bezug auf HIV und Aids gleichzeitig auch vor einer Ansteckung mit dem Hepatitis-C-Virus schützen würden. Mit der Einführung von Tests ab 1990 wurde von den Behörden ferner das Übertragungsrisiko bei Bluttransfusionen als vernachlässigbar klein eingestuft. Auch gaben Ende der 1990er-Jahre die sich allmählich abzeichnenden Therapiemöglichkeiten Anlass zur Hoffnung, dass sich die Krankheit bald beherrschen lassen würde (Bachmann et al. 2002). Und nicht zuletzt gingen die Gesundheitsbehörden davon aus, dass der Großteil der Infizierten keinen schwerwiegenden Krankheitsverlauf entwickeln würde trotz anderslautender Forschungsresultate, die zu Beginn der 1990er-Jahre vorlagen (Bachmann et al. 2002). Diese Einschätzungen führten dazu, dass Hepatitis C zu keinem Zeitpunkt als ein gesamtgesellschaftliches Gesundheitsrisiko gehandelt wurde. Es lässt sich in diesem Kontext auch von Risikonegation sprechen (Bachmann et al. 2002): So wurde das Gefahrenpotenzial von den Behörden zwar erkannt, doch eine Bedrohung sah man nicht dies im Gegensatz zu medizinischen Fachkreisen, die schon früh warnten (Bachmann et al. 2002, Grob 2009). Folglich wurden auch keine speziellen Akteure damit betraut, auf breiter Ebene für Hepatitis C zu sensibilisieren (Bachmann et al. 2002). Fachkreise wurden vom BAG über die neusten Entwicklungen bezüglich Hepatitis C informiert. Doch anders als bei HIV und Aids, zu dessen Bekämpfung verschiedene Gremien gegründet worden waren, waren die Zuständigkeiten in Bezug auf Hepatitis C oftmals unklar. Durch diese fehlende Verantwortungsübernahme vonseiten der Behörden blieben die Maßnahmen weitgehend unkoordiniert (Bachmann et al. 2002). 108

43 IM SCHATTEN VON HIV: DAS ASCHENBRÖDEL HEPATITIS C SCHWERPUNKTTHEMA Einzig im Bereich der Drogenkonsumierenden wurden seit Anfang der 2000er-Jahre im Auftrag des BAG von dessen Fachstelle Infodrog Aufklärungsmaßnahmen ergriffen (Nationale Kampagne zu Hepatitis C im Drogenbereich 2019). Die Mittel waren jedoch stets beschränkt. Eine Zusammenarbeit mit den Strukturen zur HIV-Bekämpfung fand nicht statt. Zudem fehlten begleitende Maßnahmen, um die Versorgungssituation auf dezentraler Ebene zu verbessern. Somit blieben die Reichweite und Wirksamkeit dieser Aufklärungskampagne zwangsläufig eingeschränkt (Bregenzer et al. 2017). Anders als bei HIV, wo sich die Gay Community für ihre Anliegen und Rechte einsetzte, fehlte es den Hepatitis-C-Betroffenen zudem an Mobilisierungsfähigkeit für politische Interessenvertretung. In 2014 dann, kurz bevor die ersten antiviralen Therapien auf den Markt kamen, die Hepatitis C zu einer heilbaren Krankheit machten, formierte sich in der Schweiz die zivilgesellschaftliche Initiative Schweizer Hepatitis-Strategie. Das Netzwerk von 80 Persönlichkeiten hat ein Strategiepapier entworfen und verfolgt das Ziel, virale Hepatitis in der Schweiz zu eliminieren (Network SHS 2016) ( Abb. 2b). Hepatitis C trat zu einer Zeit in Erscheinung, als die Gesellschaft sich mit den Herausforderungen von Aids bereits seit über einem Jahrzehnt beschäftigt und HIV das Terrain der Politik und Finanzierung von Infektionskrankheiten schon besetzt hatte (Ballard 2005). Nach den großen strukturellen Umbrüchen in Folge der HIV-Epidemie fürchteten die Behörden weitere Umwälzungen (Bachmann et al. 2002). Zudem waren in der Schweiz die Möglichkeiten des BAGs Ende der 1990er-Jahre wesentlich kleiner als zu Beginn der 1980er-Jahre, während das Aufgreifen eines neuen Themas zumeist mit der Neuverteilung von Ressourcen einhergeht. Die Konsequenz: Das BAG sprach sich mittels Nichteintretensentscheid wiederholt gegen eine gezielte Bekämpfung von Hepatitis C aus, woraufhin die Krankheit schließlich der HIV-Präventionsstrategie untergeordnet wurde (Bachmann et al. 2002). Für die größere Sichtbarkeit von HIV und Aids gibt es schließlich noch einen weiteren Erklärungsgrund: Aids ist kein ausschließlich gesundheitliches Phänomen geblieben, sondern wurde auch zu einem kulturellen Phänomen, was sich in unzähligen Bildern, Kunstwerken, Romanen und Filmen manifestiert (Ballard 2005). Hepatitis C hingegen fand als Thema nicht Eingang in das Schaffen einer Künstlerkohorte und blieb als Krankheit weitgehend gesichtslos. 9 Von HIV lernen Trotz der unterschiedlichen Herkunft und anderer begrifflicher Aufgeladenheit: Von einem nüchternen Standpunkt aus betrachtet, muss und kann Hepatitis C im selben Ausmaß wie HIV bekämpft werden. Wie oben ausgeführt, ist die Krankheitslast von Hepatitis C ähnlich hoch oder sogar höher als diejenige von HIV. Zudem stehen uns alle Instrumente für die Bekämpfung zur Verfügung: Impfungen, wirksame Therapien und Harm Reduction. Damit ist die Elimination dieser gefährlichen Viruserkrankung möglich. Doch wie soll das geschehen? International machen heute die Begriffe Mainstreaming und Integration die Runde. Die ausgezeichnete Arbeit, die in der HIV-Prävention geleistet wurde, soll für die Bekämpfung von viraler Hepatitis genutzt werden. Das ist sinnvoll, denn wie oben ausgeführt, kämpfen wir im Bereich Hepatitis bei allen Unterschieden mit sehr ähnlichen Themen. Die Erweiterung von Strukturen und Organisationen um Hepatitis, die für die Bekämpfung von HIV und Aids ins Leben gerufen wurden, schafft Synergien und Mehrwert. Pionierländer im Kampf gegen virale Hepatitis, wie Frankreich oder Australien, haben dies schon vor vielen Jahren getan (so wurde die französische HIV-Forschungsagentur ARNS schon 2005 um das Thema Hepatitis erweitert). Gleichzeitig müssen wir den Betroffenen eine Stimme geben, damit Hepatitis B und C ein Gesicht bekommen. Es braucht prominente Persönlichkeiten, die ihre Geschichte mit dieser Infektionskrankheit erzählen. Und wir müssen laufend Lobbyarbeit leisten. Gerade der Schweiz, die in den 1980er- und 90er-Jahren so erfolgreich neue Konzepte für die Bekämpfung von HIV und Aids entwarf, würde es gut anstehen, hier mit gutem Beispiel voranzugehen. Noch sind wir nicht so weit. Denn die Schweizer Gesundheitsbehörden zögern nach wie vor, Hepatitis C den Stellenwert einzuräumen, den es gemäß der Krankheitslast, die das Virus verursacht, eigentlich braucht. Nach wie vor stehen nur wenige Ressourcen für die Bekämpfung von viraler Hepatitis zur Verfügung; und das BAG unterstützt die zivilgesellschaftliche Initiative Schweizer Hepatitis-Strategie nur punktuell. Auch international wäre es wichtig, dass Hepatitis C die entsprechende Aufmerksamkeit erhält, gerade auch in so wichtigen Berichten wie dem eingangs erwähnten Global Burden of Disease Report (Collaborators GBDCoD 2018). So kann Hepatitis aus dem Schatten von HIV treten und die Elimination dieser gefährlichen Infektionskrankheit vorangetrieben werden. Auch die HIV-Bewegung kann von einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit dem Hepatitis- C-Feld nur profitieren, drohen doch zusehends finanzielle Kürzungen aufgrund der stetig sinkenden Inzidenzen. Oder mit anderen Worten: Finden sich Aschenbrödel Hepatitis C und Prinz HIV, wird durch diese Hochzeit nicht nur Hepatitis C zur Prinzessin, sondern auch HIV erhält wieder mehr Zuwendung. Interessenkonflikte Julia Kind und Bettina Maeschli erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen. Philip Bruggmann erhielt Projekt-, Studien- und Kongress- Grants sowie Referentenhonorare von AbbVie, Gilead, MDS und Mundipharma. 109

44 SCHWERPUNKTTHEMA IM SCHATTEN VON HIV: DAS ASCHENBRÖDEL HEPATITIS C Manuskript eingereicht am , akzeptiert am Literatur Bachmann C, Bachmann R, Cattacin S (2002). Risikoverwaltung: Lernen aus der eidgenössischen Politik im Umgang mit Gesundheitsrisiken: HIV/Aids, Hepatitis C und BSE im Vergleich. Basel: Helbing & Lichtenhahn Ballard J (2005). Australian policy-making on HIV and hepatitis C. In: Australasian Society for HIV Medicine Inc. (ASHM), HIV and hepatitis C: policy, discrimination, legal and ethical issues. ASHM, Sydney, 9 22 Bregenzer A, Conen A, Knuchel J, Friedl A, Eigenmann F, Naf M, et al. (2017). Management of hepatitis C in decentralised versus centralised drug substitution programmes and minimally invasive point-of-care tests to close gaps in the HCV cascade. Swiss Med Wkly 147: w14544 Bruggmann P, Cerny A, Fraga M, Horowitz D, Keiser O, Lavanchy D, et al. (2018). Versorgungslücken schliessen beim Testen auf virale Hepatitis. 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Managing AIDS: Analyzing the organizational responses to HIV/AIDS in European countries. In: Kenis PN, Marin B (Eds.). Managing AIDS: Organizational responses in six European countries. Aldershot: Ashgate, 1 25 Kohler P, Schmidt AJ, Cavassini M, Furrer H, Calmy A, Battegay M, et al. (2015). The HIV care cascade in Switzerland: reaching the UNAIDS/WHO targets for patients diagnosed with HIV. AIDS 29 (18): Landel D (2005). La crise de l hépatite C n aura pas lieu. Le cheminement d une épidémie silencieuse. In: Jouzel J-N, Landel D, Lascoumes P. Décider en incertitude: les cas d une technologie à risques et de l épidémie d hépatite C. Paris: Ed. L Harmattan: Landesmuseum BfGASS (2005). Ohne Dings kein Bums 20 Jahre Aids-Arbeit in der Schweiz Nationale Kampagne zu Hepatitis C im Drogenbereich (2019). Schweiz Network SHS (2016). Swiss Hepatitis Strategy Time to act now! Process Paper a living document Neuenschwander P, Kübler D, Frey K (2004). 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Global Health Sector Strategy on Viral Hepatitis Geneva: World Health Organization, Contract No.: WHO/HIV/ Zimmermann R, Meurs L, Schmidt D, Kollan C, Dudareva S, Bremer V (2018). Zur Situation bei wichtigen Infektionskrankheiten in Deutschland. Hepatitis C im Jahr Epid Bull 29:

45 WISSEN UND INFORMATIONSBEDARFE ZU HEPATITIS B, C UND HIV SCHWERPUNKTTHEMA Wissen und Informationsbedarfe von Drogengebrauchenden zu Hepatitis B, C und HIV Ergebnisse einer multizentrischen Studie in Deutschland R. Zimmermann 1, U. Marcus 1, S. Nielsen 1,2, B. Wenz 1, M. Gassowski 1, V. Bremer 1, DRUCK-Study group* 1 Robert Koch-Institut, Abt. für Infektionsepidemiologie, Fachgebiet HIV/AIDS und andere sexuell und durch Blut übertragene Infektionen, Berlin 2 Charité Universitätsmedizin, Berlin Zusammenfassung Hintergrund: Personen, die Drogen injizieren (IVD), haben ein hohes Risiko, durch Blut übertragene Infektionen zu erwerben und weiterzugeben. Um den Wissensstand von IVD zu Hepatitis B/C (HBV, HCV) und HIV zu überprüfen, wurden Daten eines Sero- und Verhaltenssurveys bei IVD in Deutschland analysiert. Methoden: IVD, die in den letzten 12 Monaten Drogen injiziert hatten, wurden von mittels respondent driven sampling in 8 Städten rekrutiert. Neben Testungen auf HBV, HCV und HIV erfolgten fragebogengestützte Interviews. Zur Abfrage des Wissens sollten Teilnehmende zu 26 wahren Aussagen über HBV, HCV und HIV angeben, ob sie den Sachverhalt vorher wussten, nicht genau wussten oder ob ihnen dieser neu ist. Bei Wissenslücken wurde eine gezielte Kurzberatung angeboten. Zur Analyse wurden die Wissens-Aussagen thematisch kategorisiert und ein Score von 0 (keine Aussage gewusst) bis 100 (alle gewusst) gebildet. Ergebnisse: Von insgesamt in die Studie eingeschlossenen IVD (23 % Frauen, medianes Alter 38 Jahre) wurde bei der Wissensstand analysiert. Der mittlere Gesamt-Wissensscore betrug 76,4 (Spanne der Städte 71,5 79,0). Das allgemeine Wissen zu HBV, HCV und HIV war mit 90,5 relativ hoch. Das spezifische Wissen zu HCV-Übertragungsmöglichkeiten betrug 72,7. Noch geringer war das Wissen zu HBV, v. a. zur Impfung (64,4) und zu HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP) und -Behandlung (34,1). Es zeigten sich auch Unterschiede bei Subgruppenanalysen. Schlussfolgerungen: Die Befragung hat Wissenslücken von IVD zu spezifischen HCV-Übertragungswegen (Filter, Löffel, Wasser, Sniefröhrchen), HBV-Impfung und HIV-PEP erbracht, die einer Anpassung von Informationsmaterialien sowie der Verbesserung der Beratung durch Personal in Drogenhilfen und Ärztinnen/Ärzten bedürfen. Schlagworte: HIV, Hepatitis, HBV, HCV, Wissen, Drogengebrauch Abstract Background: People who inject drugs (PWID) have a high risk of infection and transmission of blood-borne and sexually transmitted infections. To amend prevention strategies we analysed data on knowledge about HIV, hepatitis B and C (HBV, HCV) collected in a serobehavioural survey among PWID in Germany. Methods: People who injected drugs in the last 12 months were recruited via respondent driven sampling in 8 German cities. Blood samples were tested for HBV, HCV and HIV and structured interviews were conducted. To test knowledge, true statements on HBV, HCV and HIV * DRUCK-Study group: Prof. Dr. Norbert Bannert (Robert Koch-Institut, Abt. Infektionskrankheiten), Vikas Bapat (Fixpunkt Step ggmbh), Prof. Dr. Claus-Thomas Bock (Robert Koch-Institut, Abt. Infektionskrankheiten), Andreas Hecht (Sozialdienst Katholischer Männer e.v.), Jürgen Klee (Aids-Hilfe Frankfurt e.v.), Astrid Leicht (Fixpunkt Berlin e.v.), Prof. Dr. R. Stefan Ross (Universität Duisburg-Essen, Institut für Virologie), Dirk Schäffer (Deutsche Aids-Hilfe e.v.), Dr. Claudia Santos-Hövener (Robert Koch-Institut, Abt. Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring), Ina Stein (Stadt Leipzig, Gesundheitsamt) Korrespondenzadresse: Dr. Ruth Zimmermann Robert Koch-Institut Nordufer Berlin zimmermannr@rki.de Suchtmed 21 (2) (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg 111

46 SCHWERPUNKTTHEMA WISSEN UND INFORMATIONSBEDARFE ZU HEPATITIS B, C UND HIV were presented to participants who indicated if this information was known to them already, if they were not sure about it or if it was new to them. In case of knowledge gaps, targeted counselling was offered. For analysis, knowledge items were categorized and a score established from 0 (no item known) to 100 (all items known). Results: Knowledge was analysed from participants (total included PWID; 23 % women, median age 38 years). Average overall-knowledge score was 76.4 (city range ), with a good general knowledge of the 3 infections (90.5), but poorer in specific HCV transmission modes (72.7), and much poorer for HBV vaccination (64.4) and HIV postexposure prophylaxis (PEP)/treatment (34.1). Differences were found between subgroups. Conclusions: We found knowledge gaps regarding specific modes of transmission of HCV (via filters, cookers, snorting straws), HBV vaccination and HIV-PEP among PWID. Updating information materials and targeted education and counselling by trained staff in low threshold drug services and by medical doctors is recommended. Keywords: HIV, hepatitis, HBV, HCV, knowledge, people who inject drugs 1 Einleitung Personen mit injizierendem Drogengebrauch (IVD) sind aufgrund des teilweise gemeinsamen Gebrauchs von Injektionsutensilien durch blutübertragene Infektionen stark gefährdet. Zusätzliches riskantes Verhalten wie Sexarbeit und ungeschützte Sexualkontakte können das Risiko für den Erwerb von Infektionen erhöhen. Damit haben IVD ein hohes Risiko, Blut- und sexuell übertragene Infektionen zu erwerben oder diese weiterzugeben. Um beides zu verhindern, ist es wichtig, dass IVD Übertragungswege dieser Infektionen, insbesondere von Hepatitis-B- und -C- Virus (HBV, HCV) sowie HIV-Infektionen, und mögliche Präventionsmaßnahmen kennen. Das Ziel von Wissensvermittlung, Trainings- und Beratungsangeboten im Rahmen von Schadensminimierungsmaßnahmen (harm reduction measures) ist eine Verhaltensänderung in Bezug auf spezifische Aspekte. Wissensvermittlung zu HBV, HCV und HIV bei IVD sollte neben klinischen Symptomen und Verlauf der Infektionen, die Übertragungswege und die Möglichkeiten der Prävention und Behandlung umfassen. Im Bereich Prävention gehören dazu neben der Nutzung von sterilem Injektionsmaterial die Kondome zur Verhinderung einer sexuellen Übertragung, die Händehygiene und das Blutbewusstsein, das das Bewusstsein dafür schärfen soll, dass selbst kleinste getrocknete Blutmengen, z. B. auf Flächen oder am Stauschlauch, infektiös sein können (Schulte et al. 2008). Durch zielgerichtete Informationsvermittlung konnte in Studien eine Verhaltensänderung in Bezug auf unsafe use- (unsichere Drogenkonsum-) Verhaltensweisen gezeigt werden, insbesondere wenn diese mit einem Angebot verknüpft waren, wie der Ausgabe von sterilem Material, Testangebot oder Ähnlichem (Aggleton et al. 2005, ECDC & EMCDDA 2011). Kenntnisse des klinischen Verlaufs von Infektionen und Möglichkeiten der Behandlung sind Vo raussetzung dafür, sich testen zu lassen, die Bedeutung des Testergebnisses zu verstehen und eine Behandlung nachzufragen (Ford et al. 2015, Treloar et al. 2012, Marshall et al. 2015). Ein besseres HCV-bezogenes Wissen war in einer kanadischen Studie mit einer höheren Bereitschaft, die Infektion behandeln zu lassen, assoziiert (Mah et al. 2017). Ein entsprechendes Wissen ist auch Voraussetzung dafür, dass Drogengebrauchende empfohlene primär- und sekundärpräventive Maßnahmen wie HBV-Impfung und HIV-Postexpositionsprophylaxe besser annehmen oder verstärkt nachfragen. Um den Wissensstand von IVD in Bezug auf HBV, HCV und HIV zu überprüfen, wurden Daten eines Sero- und Verhaltenssurveys bei IVD in Deutschland analysiert. 2 Methoden Für die DRUCK-Studie ( Drogen und chronische Infektionskrankheiten in Deutschland ), wurden in 8 deutschen Städten mit größerer Drogenszene Personen mit injizierendem Konsum (in den letzten 12 Monaten) über ein Schneeballverfahren (Respondent driven sampling) zur Studienteilnahme eingeladen. Ziele der DRUCK-Studie waren es, die Prävalenz von HIV, HBV und HCV sowie damit gekoppelte Daten zu Wissen, Risiko- und Präventionsverhalten von IVD in Bezug auf die Infektionen zu bestimmen, um daraus Präventionsempfehlungen zum Schutz vor HIV und Hepatitiden bei IVD anzupassen. Die Studie wurde vom Robert Koch-Institut (RKI) konzipiert und durchgeführt. Nach einer Pilotierung 2011 in Berlin und Essen folgten die Datenerhebungen im Rahmen der durch das Bundesministerium für Gesundheit geförderten Hauptstudie in Leipzig, Hannover, Frankfurt, Köln, München und Hamburg. Von IVD mit aktuellem injizierendem Konsum wurden Kapillarblutproben entnommen und von geschulten Interviewern detailliert Daten zu Soziodemographie, Drogenkonsum, Infektions- und Gesundheitsstatus, Risiko- und Präventionsverhalten in Bezug auf Drogenkonsum und Sex, Inhaftierung und Wissen zu HIV und Hepatitiden abgefragt. Nähere Informationen zu den Methoden und Ergebnissen der Studie sind publiziert (Zimmermann et al. 2014, Wenz et al. 2016, Robert Koch-Institut 2016). Die Abfrage von Wissen zu den untersuchten Infektionen in Form einer Risikoeinschätzung in hoch, mittel, niedrig von verschiedenen Übertragungswegen wurde nach der Pilotierung der DRUCK-Studie mit Expertinnen und Exper- 112

47 WISSEN UND INFORMATIONSBEDARFE ZU HEPATITIS B, C UND HIV SCHWERPUNKTTHEMA ten diskutiert, für zu stereotyp und daher teilweise nicht wahrheitsgemäß beantwortet befunden und grundlegend geändert. Die in der Hauptstudie implementierte Abfrage des Wissens der Teilnehmenden wurde inhaltlich erweitert: den Teilnehmenden wurden insgesamt 26 Aussagen zu den 3 Infektionen, ihren Übertragungswegen, Präventionsmaßnahmen und Therapiemöglichkeiten vorgelesen. Vorher wurden sie informiert, dass alle Aussagen wahr sind. Zu jeder Aussage wurden Teilnehmende gebeten, anzugeben, ob sie den Inhalt vorher wussten, nicht genau wussten oder ob ihnen diese Aussage völlig neu war. Dadurch konnten Teilnehmende während der Datenerhebung ihre Wissens defizite selbst erkennen und ggf. etwas lernen. Diese Vermittlung von Wissen während der Ab frage Wissen in Form von kurzen verständlichen Botschaften entspricht bereits einer Intervention. Zusätzlich wurde die Wissensabfrage mit dem Angebot einer zielgerichteten kurzen Beratungsintervention zur Schließung konkreter Wissenslücken nach dem Interview kombiniert. Wegen der geänderten Abfrage des Wissens nach der Pilotierung werden in der Folge nur die Ergebnisse der 6 Studienstädte der Hauptstudie dargestellt. Für die Ergebnisse zum Wissen in den Pilotstädten Berlin und Essen verweisen wir auf die Städteberichte ( Für die Auswertung wurden die 26 Wissensaussagen thematisch in 6 Kategorien eingeordnet. Die Kategorien untergliedern die Aussagen in erregerspezifisches und erregerübergreifendes Wissen sowie Wissen zu Übertragungswegen und Behandlungsmöglichkeiten: Zur Analyse des Wissens wurde ein Score von 0 (keine der Wissensaussagen der jeweiligen Kategorie gewusst) bis 100 (alle Aussagen gewusst) gebildet. Es erfolgten sowohl Analysen der einzelnen Kategorien wie auch des Gesamtwissens. Deskriptive Analysen wurden für einzelne Subgruppen (Männer/Frauen, verschiedene Altersgruppen, Schulbildungsstand, Grad der Berufsausbildung, Infektionsstatus, Behandlungsstatus, Substitutionserfahrung) erstellt. Um der Varianz des Wissens in den verschiedenen Studienstädten gerecht zu werden, erfolgte eine Darstellung des Scores der einzelnen Wissenskategorien je Studienstadt. Zusätzlich wird der mittlere Wissensscore aller Teilnehmenden gezeigt ( Abb. 1). In einem weiteren Fragenblock wurden Teilnehmende aller 8 Studienstädte gefragt, welche ihre wichtigsten Informationsquellen zu HIV und viraler Hepatitis sind. Neben vorgegebenen Antwortmöglichkeiten bestand die Möglichkeit zusätzlicher Angaben im Freitext durch die Interviewer. Mehrfachantworten waren möglich. Die Ergebnisse werden deskriptiv dargestellt und beschrieben. Die Annahme der freiwilligen gezielten Kurzberatung bei aufgefundenen Wissenslücken im Interview im Rahmen der Wissensabfrage wurde dokumentiert. Faktoren, die die Annahme durch Drogengebrauchende verbessern und hemmen, wurden in einem Nachtreffen mit Studienpersonal in jeder Studienstadt nach der Datenerhebung anekdotisch erhoben. 3 Ergebnisse 3.1 Wissen Insgesamt wurden Personen in die Studie eingeschlossen. Sowohl in der Prävalenz von Hepatitis B, Hepatitis C und HIV als auch in soziodemographischen und Verhaltensfaktoren bestanden teils deutliche Unterschiede zwischen den Studienstädten. In der Gesamtstudienpopulation waren 23 % Frauen und 77 % Männer, zwischen den Studienstädten bewegte sich der Frauenanteil zwischen %. Das mediane Alter der Teilnehmenden betrug insgesamt 38 Jahre (29 41 Jahre in den Studienstädten) mit einer Altersspanne der Gesamtpopulation von Jahren. Von allen Teilnehmenden waren 78 % in Deutschland geboren. Insgesamt hatten 37 % (18 45 %) einen Migrationshintergrund (1. und 2. Generation), wobei die größte Gruppe der Erstgenerationsmigrant/innen aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion stammte (10 % der Gesamtstudienpopulation). Der größte Teil der eingeschlossenen IVD berichtete über langjährigen injizierenden Drogenkonsum (> 10 Jahre). Die meisten (80 %) hatten in den letzten 30 Tagen Drogen injiziert, von diesen ein Drittel täglich. Ein Großteil hatte suchttherapeutische Erfahrung, zwischen % je nach Stadt waren jemals in Opioidsubstitutionstherapie (OST), % waren aktuell in OST. In die folgenden Analysen des Wissens gingen die Ergebnisse von insgesamt Personen ein, die in den Städten der Hauptstudie (Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig und München) an der DRUCK-Studie teilgenommen haben. Diese Zahl entsprach allen Teilnehmenden dieser 6 Studienstädte. Es fehlten keine Antworten. Der erreichte mittlere Gesamt-Wissensscore bezüglich HIV, Hepatitis B und C, deren Übertragung, Prävention und Behandlung für alle Aussagen reichte in den 6 Städten der Hauptstudie von 71,5 (Leipzig) bis 79,0 (Frankfurt). Der mittlere Wissensscore über alle Städte betrug 76,4. Zwischen den einzelnen Kategorien variierten die Wissensscores jedoch stark ( Abb. 1, Tab. 1). Das allgemeine Wissen zu HIV, Hepatitis B und C war im Mittelwert der Städte mit 90,5 relativ hoch. In dieser Kategorie wurde allgemeines Wissen zu den 3 Infektionen, zu gemeinsamen Übertragungsmöglichkeiten und Schutzmöglichkeiten abgefragt. Aussagen zu Hepatitis waren in diesem Bereich weniger gut bekannt als Aussagen zu HIV. Etwas geringer fiel mit 83,3 der mittlere Score für das allgemeine Wissen zu HCV aus. Relativ gut bekannt waren in allen Städten die HCV-Übertragungswege, die sich auf Spritzen, Nadeln und Blut bezogen. Es ergab sich ein mittlerer Score von 86,5. Spezifischeres Wissen zu HCV-Übertragungsmöglichkeiten beim Drogenkonsum, wie durch das Teilen von Filtern, Wasser oder Sniefröhrchen, war hingegen weniger präsent, der mittlere Score der Städte betrug in 113

48 SCHWERPUNKTTHEMA WISSEN UND INFORMATIONSBEDARFE ZU HEPATITIS B, C UND HIV 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0 % Alle Aussagen Allgemeines Wissen zu HIV, Hepatitis B und C Allgemeines Wissen zu HCV Allgemeines Wissen zur HCV- Übertragung Spezifisches Wissen zur HCV- Übertragung Allgemeines Wissen zu HBV Wissen zur PEP/HIV- Behandlung % % % % % % % Abbildung 1: Spanne der erreichten mittleren Wissensscores nach Wissenskategorien. Graue Punkte entspr echen dem mittleren Wissensscore aller Teilnehmenden je Studienstadt, schwarze Punkte: mittlerer Wissensscore aller Teilnehmenden, n=1 543 dieser Kategorie 72,7. Vor allem die HCV-Infektionsmöglichkeit beim Sniefen, aber auch durch die gemeinsame Benutzung von Filtern und Wasser waren den Teilnehmenden nicht umfänglich bekannt ( Tab. 1). Noch weniger ausgeprägt war das Wissen zu HBV, speziell zur Impfung. Hier betrug der mittlere Score über die Städte lediglich 64,4. Die Kategorie zur HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP)/HIV- Behandlung war mit einem Score von nur 34,1 der Bereich mit dem niedrigsten Wissensscore. Weder die Existenz einer PEP, noch die konkrete Durchführung waren ausreichend bekannt. Die größten Wissenslücken sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Wie Abbildung 1 zeigt, variierte der Wissenstand zwischen den Städten wenig. In dem Bereich allgemeines Wissen zu HCV waren die Wissenscores breiter gestreut, vor allem schnitt hier Leipzig mit einem Score von 71,5 etwas schlechter ab (vermutlich besteht ein Zusammenhang zu dem niedrigeren Alter der Teilnehmenden). Auch in dem Bereich Wissen zur PEP/HIV-Behandlung wurde eine höhere Variabilität der Scores beobachtet. Hier wich Frankfurt mit einem deutlich höheren Score (44,7) ab, möglicherweise könnte dies mit dem hohen Anteil bekannter HIV-Infektionen bei den Teilnehmenden in Frankfurt in Zusammenhang stehen. Die erreichten Wissensscores korrelierten mit Alter und Geschlecht ( Tab. 2): Insgesamt zeigte sich in der deskripti- Tabelle 1: Identifizierte Wissenslücken. Ausgewählte Wissens-Items und Anteil derjenigen Teilnehmenden mit Angabe Das war mir nicht so klar oder Das ist neu für mich unter allen, n=1 543 Wissens-Item nicht so klar/ neu für mich Es genügt nicht, fremde Spritzen und Nadeln durchzuspülen, um sich vor HCV zu schützen. 9,2 % Hepatitis C kann übertragen werden durch fremde Filter 19,3 % durch das Teilen von Löffeln 20,2 % durch das Teilen von Wasser 21,9 % durch Teilen von Röhrchen beim Sniefen 47,6 % Eine HCV-Reinfektion ist nach Heilung möglich. 16,5 % HBV-Impfung: es sind mindestens 3 Impfungen nötig. 48,6 % Es existiert eine HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP). 66,1 % HIV-PEP muss direkt nach der Risikosituation für 4 Wochen genommen werden. 78,8 % Das HIV-Übertragungsrisiko sinkt durch eine wirksame Behandlung. 42,9 % 114

49 WISSEN UND INFORMATIONSBEDARFE ZU HEPATITIS B, C UND HIV SCHWERPUNKTTHEMA Tabelle 2: Wissensscores nach Geschlecht und Alterskategorien (für Berlin und Essen nicht vorhanden), n=1 543 Gesamt (Median der Städte) Frauen Männer < 25 Jahre Jahre 40+ Jahre alle Aussagen 76,4 78,6 75,6 65,5 77,5 76,7 allgemeines Wissen zu HIV, Hepatitis B und C 90,5 92,4 89,8 85,3 91,3 90,3 allgemeines Wissen zu HCV 83,3 89,1 81,3 61,4 84,8 84,6 allgemeines Wissen zur HCV-Übertragung 86,4 87,7 86,0 82,3 87,6 85,9 spezifisches Wissen zur HCV-Übertragung 72,7 72,1 72,9 54,2 73,6 74,3 Wissen zu HBV und HBV-Impfung 64,4 69,5 62,6 51,9 66,9 63,5 Wissen zur PEP/HIV-Behandlung 34,1 35,8 33,4 30,8 34,1 34,4 ven Analyse nach Geschlecht ein höheres Wissen von Frauen im Vergleich zu Männern. Nur das spezifische Wissen zur HCV-Übertragung war bei Männern geringfügig besser als bei Frauen ausgeprägt. Jüngere Personen unter 25 Jahren wiesen in allen Bereichen ein weniger gut ausgeprägtes Wissen auf als Ältere. Insbesondere fiel ein deutlich niedrigerer Wissensscore junger Studienteilnehmender in den Kategorien Allgemeines Wissen zu HCV und Spezifisches Wissen zur HCV-Übertragung im Vergleich zu den älteren Teilnehmenden auf. Setzt man die Wissensscores in Zusammenhang mit dem höchsten Schulbildungs- und Ausbildungsabschluss der Teilnehmenden, so zeigte sich mit steigendem Grad der Schulbildung (kein Schulabschluss Sonder-/Hauptschulabschluss Mittlere Reife Abitur/Fachabitur) in allen Kategorien ein zunehmender Wissensscore, wobei sich keine großen Unterschiede in den Scores zwischen Personen mit mittlerer Reife und Abitur/Fachabitur darstellten. Noch prägnanter ausgeprägt war die Zunahme der Scores in allen Wissenskategorien mit dem steigenden Grad der Berufsausbildung (keine Ausbildung abgeschlossene Lehre/Ausbildung Meister/Techniker/Hochschulabschluss). Einen Einfluss auf das Wissen schien auch der Infektionsstatus zu haben: Infizierte waren besser informiert als Nicht- Infizierte. So wussten 73 % derjenigen, die ihren positiven HIV-Status kannten, dass eine HIV-Therapie das Risiko einer Übertragung senkt, 65 % war klar, dass eine HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP) existiert, und 47 % wussten, dass diese für 4 Wochen direkt nach einer Risikosituation eingenommen werden muss. Hingegen waren diese Fakten lediglich 46,6 % (HIV-Therapie), 34 % (HIV-PEP existiert) und 21 % (HIV-PEP-Einnahme) der Personen, die von einem negativen HIV-Status ausgehen, bekannt. Beim zusammenfassenden Score in der Kategorie zur HIV-PEP wurde ebenfalls von Personen, die ihren positiven HIV-Status kennen, ein wesentlich höherer Score erreicht: 61,5 im Vergleich zu 33,7 bei Personen, die annehmen, HIV-negativ zu sein. Auch bei den anderen HIV-bezogenen Scores schnitten Infizierte (mit Kenntnis des eigenen Status) besser ab als die anderen, jedoch waren die Unterschiede nicht so groß. Noch höher war der Wissensscore zur HIV-Pep bei Personen mit antiretroviraler Therapieerfahrung (66,0). Erwartungsgemäß war auch ein Einfluss der Behandlungserfahrung auf das Wissen zur HIV-Infektion zu erkennen: 75,4 % der Personen mit HIV-Therapieerfahrung im Vergleich zu 66,7 % der Personen ohne Therapieerfahrung war bekannt, dass durch eine HIV-Therapie das Risiko einer Übertragung reduziert wird. 68,6 % der Therapieerfahrenen im Vergleich zu 41,7 % der nicht-therapierten HIV-Infizierten wussten um die Existenz einer HIV-PEP, und 53,9 % im Vergleich zu 16,7 % kannten die Details der PEP-Einnahme. Bei Hepatitis C waren die Unterschiede nicht ganz so stark ausgeprägt, dennoch wiesen auch Personen, die jemals ein positives HCV-Testergebnis erhalten haben, in folgenden Kategorien einen besseren Wissensscore auf als die, die bisher nie ein positives HCV-Testergebnis hatten oder nie getestet wurden: Allgemeines Wissen zu HIV, Hepatitis B und C : 93,1 vs. 89,9; Allgemeines Wissen zu HCV : 88,5 vs. 80,3; Allgemeines Wissen zur HCV-Übertragung : 89,1 vs. 86,4 und spezifisches Wissen zur HCV-Übertragung : 78,2 vs. 75,1. Umgekehrt war allerdings der Effekt beim Wissen zu HBV und zur HBV-Impfung und Wissen zur PEP/HIV- Behandlung : hier war das Wissen von Personen, die nie getestet wurden oder nie eine HCV-Diagnose erhalten haben, geringfügig schlechter ausgeprägt als bei Personen mit positiven HCV-Testergebnissen in der Vergangenheit (HBV- Impfung: 64,8 vs. 67,8 und HIV-PEP: 33,3 vs. 38,0) Einen weiteren Einfluss schien die Substitutionserfahrung zu haben: Jemals Substituierte hatten in allen Kategorien ein besser ausgeprägtes Wissen als Personen ohne Substitutionserfahrung. Hier ist allerdings eine Interaktion der Substitutionserfahrung mit dem Alter möglich, die weiterer Untersuchungen bedarf. 3.2 Akzeptanz der Beratungs-Intervention im Rahmen der DRUCK-Studie Über die beschriebenen Ergebnisse der erhobenen Daten hinaus zeigte sich eine hohe Akzeptanz von Angeboten der Beratung in Einrichtungen der Drogenhilfe, insbesondere in Form von kurzen, gezielten Interventionen. Je nach Studienstadt haben zwischen 30 % und 80 % der Teilnehmenden eine kostenlose und freiwillige Kurzberatung zum HIV- Schnelltest und/oder zur Schließung von Wissens lücken wahrgenommen. Eine hohe Akzeptanz der Beratung war zu verzeichnen, wenn das Angebot fokussiert und unmittel- 115

50 SCHWERPUNKTTHEMA WISSEN UND INFORMATIONSBEDARFE ZU HEPATITIS B, C UND HIV bar verfügbar war sowie nur kurze Zeit in Anspruch nahm (10 Minuten). Besonders günstig hat sich die Kooperation der Drogenhilfeeinrichtung mit der lokalen AIDS-Hilfe oder auch mit dem Gesundheitsamt erwiesen, entweder durch ein Schulungsangebot dieser Einrich tungen für das Personal der Drogenhilfe im Vorfeld der Studie oder durch ein lokales Angebot in der Drogenhilfe durch Kooperationspartner. Die Schulungen des im Rahmen der DRUCK- Studie als Beraterinnen und Berater eingesetzten Personals aus niedrigschwelligen Drogenhilfeeinrichtungen wurden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr begrüßt, und der Wunsch nach einem regelmäßigen Schulungsangebot wurde geäußert. Die Beratungssituation mit Teilnehmenden der DRUCK-Studie wurde von den geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den lokalen Evaluationsveranstaltungen nach Durchführung der Studie als positiv geschildert. 3.3 Informationsquellen zu Hepatitis und HIV Auf die Frage nach den für sie wichtigsten Informationsquellen zu HIV und Hepatitis gaben mehr als die Hälfte der Teilnehmenden an, dass ihr Arzt oder ihre Ärztin für sie die wichtigste Informationsquelle darstellt. 20 % der Teilnehmenden fanden Broschüren, Flyer oder Plakate am informativsten, gefolgt vom Internet als Hauptquelle, um sich über HIV und Hepatitis zu informieren. Niedrigschwellige Drogenhilfeeinrichtungen sowie Freunde und Bekannte oder auch Radio und Fernsehen wurden von 15 %, 13 % und 11 % der Teilnehmenden als wichtigste Informationsquelle genannt. Lokale AIDS-Hilfen, das Gesundheitsamt, die Ausbildung, das Gefängnis oder der Maßregelvollzug oder andere Quellen wurden von weniger Teilnehmenden als Hauptinformationsquellen angegeben ( Abb. 2). Zur Verteilung der Hauptinformationsquellen von Teilnehmenden in den einzelnen Studienstädten verweisen wir auf die Städteberichte. 4 Schlussfolgerungen und Empfehlungen Die meisten Teilnehmenden verfügten über ein relativ gutes allgemeines Wissen zu HIV und Hepatitiden. Das spezifische Wissen zu HCV-Übertragungswegen (Filter, Löffel, Wasser, Sniefröhrchen), zur HBV-Impfung und zur HIV- Postexpositionsprophylaxe ist jedoch verbesserungsbedürftig, insbesondere bei Drogengebrauchenden unter 25 Jahren, die am schlechtesten informiert waren. Die Ärzteschaft wurde mit Abstand von den meisten als Hauptinformationsquelle genannt, gefolgt von Flyern, Broschüren, Plakaten und dem Internet sowie Einrichtungen der Drogenhilfe. Auch beim Abschlusstreffen der DRUCK-Studie wurde diskutiert, dass Substitutionsärzte stärker in die Wissensvermittlung eingebunden werden sollten. Entsprechend sollte die Ärzteschaft, die in regelmäßigem Kontakt mit Drogengebrauchenden steht, gezielt geschult und über die Relevanz des Beratungsgesprächs informiert werden. Die Informationen sollten auch als Printmaterial sowie im Internet, gezielt auf Drogengebrauchende zugeschnitten, zur Verfügung gestellt werden. In einem Folgeprojekt der DRUCK-Studie hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Kooperation mit verschiedenen Fachgesellschaften, dem RKI und der Deutschen AIDS-Hilfe Informationsmaterialien zu Virushepatitis für Ärztinnen und Ärzte entwickelt und bereitgestellt ( fachkraefte/praevention-aerztliche-praxis/materialien-fuerdie-aerztliche-praxis-hepatitis/), darüber hinaus hat die Deutsche AIDS-Hilfe verschiedene neue Informationsmaterialien gezielt für Drogengebrauchende erstellt, die online erhältlich sind ( Personal in Einrichtungen der Drogenhilfe sollte zur niedrigschwelligen Beratung zu Infektionskrankheiten regelmäßig geschult werden. Bei den Diskussionen des Abschlusstreffens wurde wiederholt geäußert, dass beim Personal in Drogenhilfeeinrichtungen Schulungsbedarf besteht, und dass die niedrigschwellige Drogenarbeit ein wichtiger Ort zur Wissensvermittlung ist. Arzt/Ärzdn Broschüren/Flyer/Plakate Internet Drogenberatung Freunde/Bekannte Fernsehen/Radio andere Drogenkonsumenten AIDS- Hilfe/AIDS- Beratung Gesundheitsamt Streetwork* Ausbildung/Beruf Andere** 7% 4% 3% 2% 2% 3% 20% 18% 15% 13% 11% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Abbildung 2: Wichtigste Informationsquellen zu HIV und Hepatitiden (n=1 898; Mehrfachantworten möglich) * für Berlin und Essen nicht vorhanden; ** Haft/Maßregelvollzug, bei Betroffenen, Apotheke, Seminar/Info-Veranstaltung, betreutes Wohnen/staatliche Wiedereingliederungshilfe 51% 116

51 WISSEN UND INFORMATIONSBEDARFE ZU HEPATITIS B, C UND HIV SCHWERPUNKTTHEMA Ein kostenloses, freiwilliges Kurzberatungsangebot in den Einrichtungen der Drogenhilfe, das gezielt auf Wissenslücken eingeht, wurde im Rahmen der DRUCK-Studie sehr gut von Personal und Teilnehmenden akzeptiert. Interessenkonflikte Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen. Manuskript eingereicht am , akzeptiert am Literatur Aggleton P, Jenkins P, Malcolm A (2005). HIV/AIDS and injecting drug use: Information, education and communication. International Journal of Drug Policy 16 (Suppl 1): European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC), European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction (EMCDDA) (2011). Evidence for the effectiveness of interventions to prevent infections among people who inject drugs; Part 1: Needle and syringe programmes and other interventions for prevention hepatitis C, HIV and injecting risk behaviour. Technical Report. ECDC: Stockholm Ford N, et al. (2015). Ten priorities for expanding access to HCV treatment for people who inject drugs in low- and middle-income countries. International Journal of Drug Policy 26 (11): Mah A, et al. (2017). Knowledge of hepatitis C and treatment willingness amongst people who inject drugs in an era of direct acting antivirals. Int J Drug Policy 47: Marshall AD, et al. (2015). Liver disease knowledge and acceptability of non-invasive liver fibrosis assessment among people who inject drugs in the drug and alcohol setting: The LiveRLife Study. Int J Drug Policy 26 (10): Robert Koch-Institut (RKI) (2016). Abschlussbericht der Studie Drogen und chronischen Infektionskrankheiten in Deutschland (DRUCK-Studie). Robert Koch-Institut (RKI): Berlin Schulte B, et al. (2008). Prävention der Hepatitis C bei Drogenkonsumenten. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 51 (10): Treloar C, et al. (2012). Knowledge and barriers associated with assessment and treatment for hepatitis C virus infection among people who inject drugs. Drug Alcohol Rev 31 (7): Wenz B, et al. (2016). High variability of HIV and HCV seroprevalence and risk behaviours among people who inject drugs: results from a cross-sectional study using respondent-driven sampling in eight German cities ( ). BMC Public Health 16 (1): 1 14 Zimmermann R, et al. (2014). A multicentre sero-behavioural survey for hepatitis B and C, HIV and HTLV among people who inject drugs in Germany using respondent driven sampling. BMC Public Health 14 (1):

52 KONGRESSANKÜNDIGUNG analog digital: Herausforderungen für die Suchtbehandlung 32. Heidelberger Kongress des Fachverbandes Sucht e.v. vom 26. bis Die Digitalisierung verändert zentrale Bereiche unserer Gesellschaft mit unglaublicher Geschwindigkeit. Das deutsche Gesundheitswesen und damit auch die Suchtkrankenhilfe und -behandlung stehen damit vor tiefgreifenden Herausforderungen, womit erhebliche Chancen, aber auch Risiken verbunden sind. Digitalisierung wird zum einen als Hoffnungsträger bewertet, durch welche heute noch nicht absehbare Möglichkeiten zur Diagnostik, Betreuung und Behandlung eröffnet werden; dem medizinisch-therapeutischen Fachkräftemangel und der demografisch bedingten Zunahme der Multimorbidität begegnet werden kann; wie auch die Gesundheit und das Wohlergehen, etwa bei psychischen Problemlagen und Störungen, durch niedrigschwellige Online-Informations- und Beratungsportale zielgruppengerecht gefördert werden können. Derartige digitale Angebote lassen sich nicht nur im Bereich der Prävention und Frühintervention nutzen, sondern sie lassen sich auch mit bestehenden analogen Behandlungsangeboten und -strukturen vernetzen. Auf der anderen Seite entstehen aber auch vielfältige Herausforderungen hinsichtlich der Digitalisierung. So stellt sich auch vor dem Hintergrund der mit dem Internet verbundenen Aufhebung nationaler Grenzen die Frage nach der Qualitätssicherung und Wirksamkeit entsprechender gesundheits- und suchtbezogener Online-Angebote. Des Weiteren ist eine zentrale Frage, wie die Abgrenzung und Vernetzung zwischen Online-Beratung und analoger Behandlung sinnvollerweise erfolgen kann. Hierzu gibt es im internationalen Bereich unterschied liche Handhabungen und Sichtweisen, wobei fachliche, ethische, ökonomische und versorgungsspezifische Aspekte eine Rolle spielen. Die Chancen der Digitalisierung nutzen aktuell insbesondere auch Unternehmen, die ursprünglich nicht aus dem Gesundheitswesen stammen, beispielsweise Google und Microsoft. Damit verbunden ist auch die Frage, ob angesichts der wachsenden Bereitschaft zur Freigabe immer intimerer Daten, insbesondere von solchen, die auch das Wohlergehen und die psychische Gesundheit betreffen, neue ethische moralische Grenzen für die virtuelle Welt definiert werden müssen. Auch das Suchthilfe- und Behandlungssystem steht somit vor enormen Herausforderungen. Die entsprechenden Entwicklungen, Chancen und Risiken sollen im Kongress beleuchtet werden. Leitgedanke hierbei ist, dass Digitalisierung nur Mittel zum Zweck der Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung und des körperlichen und geistigen Wohlergehens sein sollte. Als weiterer Themenkomplex befasst sich der Kongress auch mit dem Phänomen der internetbezogenen Störungen. Die exzessive Nutzung von Computerspielen oder Internetanwendungen kann zu einem Verhalten führen, das in vielen Aspekten an Sucht oder Abhängigkeit denken lässt. Auch wenn die Erforschung dieser Störungen noch viele Lücken aufweist, scheint es doch evident zu sein, dass eine kompetente Versorgung und Behandlung dieser neuen Störungsbilder gewährleistet sein muss. In der fach lichen Diskussion wird zunehmend unterschieden zwischen den jeweiligen internetgebundenen Anwendungen, etwa der exzessiven Nutzung von Computerspielen und sozialen Netzwerken oder Online-Glücksspielangeboten, dem exzessiven Kaufverhalten oder exzessivem Pornographie-Konsum. Es ist damit zu rechnen, dass Gaming und Gambling als suchtähnliche Verhaltensweisen bei der ICD-11 (International Classification of Diseases) Berücksichtigung finden werden. Es erwartet uns somit ein spannender Kongress, der aktuelle Entwicklungen aufzeigt und Orientierung bieten soll. In Form von Plenen, Foren, Workshops und Posterbeiträgen werden folgende Themen behandelt: Zukunftsmedizin und -therapie: Wie das Silicon Valley Gesundheit fördern und unser Leben verlängern will Selbsthilfe, Suchtberatung und -therapie im Internet: Internationale und nationale Entwicklungen Psychoinformatik: Aktuelle Herausforderungen Internetbasierte Interventionen bei psychischen Störungen: Überblick über Entwicklungen und deren praktische Umsetzung Prävention, Beratung und Psychotherapie im Internet: Notwendige Rahmenbedingungen analog digital: Screening, Diagnostik und Behandlung bei internetbezogenen Störungen und pathologischem Glücksspiel Berufliche Integration fördern unter Nutzung neuer Medien Zukunft der Suchtkrankenhilfe und -behandlung aus Sicht der Leistungsträger und -erbringer Das Kongressprogramm steht online zur Verfügung unter und ist zu beziehen über: Fachverband Sucht e.v., Walramstraße 3, Bonn, Tel: 02 28/ , 118 Suchtmed 21 (2) 118 (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg

53 TAGUNGSPROGRAMM SUBSTITUTIONSFORUM MONDSEE 22. Substitutions-Forum Plattform für Drogentherapie April 2019, Mondsee Tagungsprogramm Samstag, 6. April 2019 bis Uhr Anreise und Registrierung Uhr Begrüßung und Eröffnung H. Haltmayer, A. Springer, N. Jachimowicz, R. Bayer Vorsitz: W. Werner Uhr Schmerz und Sucht: komplexe Zusammenhänge, therapeutische Herausforderungen A. Springer Uhr Mittagsbuffet Vorsitz: H. Haltmayer, A. Springer Uhr Die Bedeutung des medizinischen Einsatzes von Opioiden aus der UNODC-Perspektive E. Mattfeld Uhr Schmerzbehandlung bei SuchtpatientInnen S. Walcher Uhr Verleihung der ÖGABS-Ehrenurkunde für Verdienste um die Substitutionsbehandlung an G. Litzka 16:00 16:30 Uhr Kaffeepause Vorsitz: C. Scheiber, P. Skriboth Uhr Rationaler Einsatz von Opioiden/Morphin in der Schmerzmedizin B. Gustorff Uhr Behandlung von Schmerz und Sucht: Gemeinsamkeiten, Gegensätze und Notwendigkeiten Podiumsdiskussion Uhr Ende 1. Tag Uhr Gemeinsames Abendessen Suchtmed 21 (2) (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg 119

54 SUBSTITUTIONSFORUM MONDSEE TAGUNGSPROGRAMM Sonntag, 7. April 2019 Vorsitz: E. Madlung-Kratzer, J. Korosec Uhr Stellenwert von Cannabinoiden in der Schmerzmedizin K. Müller-Vahl Uhr Naloxon als Nasenspray: eine große Chance, aber auch ein großer Feldversuch Erste Erfahrungen aus Berlin K. Dettmer Uhr Schadensminimierende Interventionen im Internet/Darknet und erste Ergebnisse aus der Mortalitätskohortenstudie Substitutionsbehandlungen M. Busch, I. Horvath Uhr Kaffeepause Vorsitz: A. Bischof, G. Rechberger Uhr HCV-Elimination bis 2030 als WHO-Ziel: Ist das Hepatitis-C-Virus am Ende? H. Haltmayer, R. Schubert, M. Gschwantler Uhr Opioidabhängigkeit bei Flüchtenden aus Iran und Afghanistan Beobachtungen und praktische Erfahrungen aus der Substitutionsambulanz in Hamburg-Altona H.-G. Meyer-Thompson Uhr Zusammenfassung und Verabschiedung A. Springer Uhr Ende der Tagung Uhr ÖGABS Jahreshauptversammlung (Raum Drachenwand) ReferentInnen Mag. Raphael Bayer Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Dr. in Adelheid Bischof Ärztin für Allgemeinmedizin, Innsbruck/Referat für Suchtmedizin der Ärztekammer Tirol Dr. Martin Busch Österr. Bundesinstitut für Gesundheit Gesundheit Österreich GmbH, Wien Dr. in Kerstin Dettmer Ärztin bei Fixpunkt e.v. Berlin Prim. Univ.-Prof. Dr. Michael Gschwantler Abteilungsvorstand der 4. Medizinischen Abteilung Wilhelminenspital Wien Dr. Hans Haltmayer Ärztlicher Leiter der Suchthilfe Wien ggmbh/beauftragter für Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, 1. Vorsitzender der ÖGABS Mag. a Ilonka Horvath Österr. Bundesinstitut für Gesundheit Gesundheit Österreich GmbH, Wien Prim. Univ. Prof. Dr. Burghard Gustorff, DEAA Vorstand der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Schmerzmedizin Wilhelminenspital Wien Dr. Norbert Jachimowicz Leiter des Referates für Substitutionsfragen der Österreichischen Ärztekammer Dr. in Jutta Korosec Ärztliche Leiterin Integrative Suchtberatung Modecenterstraße Verein Dialog, Wien Dr. Gerhard Litzka Ehem. Leitender Staatsanwalt im Bundesministerium für Justiz, Wien OA Dr. Eckehard Madlung-Kratzer Psychiatrisches Landeskrankenhaus Hall in Tirol Elizabeth Mattfeld Prevention, Treatment and Rehabilitation Section of the Drugs and Health Branch UNODC, Vienna Dr. Hans-Günter Meyer-Thompson Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen, Asklepios Klinik Nord Ochsenzoll Hamburg Prof. in Dr. in Kirsten Müller-Vahl Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie Dr. Gerhard Rechberger Ärztlicher Leiter Integrative Suchtberatung Gudrunstraße Verein Dialog, Wien 120

55 ABSTRACTS SUBSTITUTIONSFORUM MONDSEE Dr. in Claudia Scheiber Ärztliche Leiterin der Drogenambulanz Klagenfurt Raphael Schubert, MSc Suchthilfe Wien ggmbh, Ambulatorium Suchthilfe Wien Dr. Peter Skriboth Ärztlicher Leiter Integrative Suchtberatung Nord Verein Dialog, Wien Univ.-Prof. Dr. Alfred Springer 2. Vorsitzender der ÖGABS/em. Leiter des Ludwig Boltzmann Institutes für Suchtforschung, Wien Dr. Stephan Walcher Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin und Allgemeinmedizin, Leiter der Substitutionspraxis Concept, Vorstand der DGS, München Dr. Wolfgang Werner Leiter des Fachbereichs Sucht Psychosoziale Zentren GmbH, Niederösterreich Abstracts Samstag, 6. April Uhr Schmerz und Sucht: komplexe Zusammenhänge, therapeutische Herausforderungen Alfred Springer Schmerz und Leiden, Schmerzwahrnehmung und Schmerzausdruck sowie der Respons auf die schmerzbezogenen Inhalte sind zentrale Topoi unserer kulturellen Landschaft. Im wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Diskurs kommt ihnen ebenfalls hoher Stellenwert zu. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Themenkreis und wissenschaftliche Erkenntnisse, die die letzten 50 Jahre erbrachten, haben zu entscheidenden Veränderungen in der Interpretation der Schmerzphänomene geführt. Schmerz wird heute nicht als isoliertes Geschehen verstanden, das aus einer Krankheit oder einer Verletzung resultiert, sondern als multidimensional bedingtes und anhaltendes Problem, das seinen eigenen Regeln folgt und oftmals viel beeinträchtigender und unerträglicher erscheint als eine evtl. auslösende Krankheit. In der Forschung wird daher, neben der Suche nach immer besseren und sichereren Arzneimitteln und Arzneimittelformulierungen, psychologischen, interaktiven, kommunikativen und soziokulturellen Aspekten des Umgangs mit Schmerz und Leid zunehmend besonderes Augenmerk geschenkt. Dieses neue Verständnis hat auch entscheidende Veränderungen des therapeutischen Zugangs eingeleitet. Neben der traditionellen Arzneimittelbehandlung und chirurgischen Eingriffen kommen vermehrt andere Methoden zum Einsatz: psychologische Therapien, Förderung der Selbstkompetenz und Selbsthilfe, rehabilitative Maßnahmen und Physiotherapie, aber auch ein buntes Angebot alternativer Methoden bis hin zur gezielten Nutzung des Placeboeffekts. Dabei geht es nicht um ein Entweder-Oder, sondern um die Entwicklung einer gut konzertierten Behandlungsstrategie, die verschiedene Methoden nutzt, um synergistische Effekte zu erzielen. Die Notwendigkeit des Einsatzes von schmerzstillenden Arzneimitteln ist unumstritten; die pharmakologische Behandlung bleibt eine wesentliche Komponente in dem erweiterten Angebot. Auch die tragische Entwicklung, die in den USA eingetreten ist, hat nicht dazu geführt, dass die grundsätzliche Bedeutung der Opioide für die Schmerzbekämpfung in Fachkreisen infrage gestellt wird. Ganz im Gegenteil wird gefordert, ihre Zugänglichkeit zu erleichtern und ihren Gebrauch in der Schmerztherapie zu enttabuieren, da die Verweigerung dieser Behandlung unnötiges Leid von Millionen Menschen verursacht. Die Beziehung zwischen Schmerztherapie und Sucht bleibt allerdings ein letztes Tabu. Aus historischer Perspektive ist sie ein wohlbekanntes Phänomen, das in Thomas de Quinceys Selbstbekenntnissen seine erste exemplarische literarische Darstellung mit überdauernder Bedeutung gefunden hat. Von den Proponenten der Schmerztherapie wird allerdings stets behauptet und mit Beispielen aus der klinischen Erfahrung und der entsprechenden Begleitforschung belegt dass eine gut und regelrecht durchgeführte Schmerzbehandlung ein geringes Risiko zu einer Suchtentwicklung in sich berge. Die Menschen, die gegen dieses Prinzip verstoßen und innerhalb einer Schmerztherapie Abhängigkeit und Craving entwickeln, gelten als a priori kranke Menschen, die von der Droge einen Effekt erwarten, der für die große Mehrheit der KlientInnen der Schmerzbehandlung irrelevant bzw. unerwünscht ist. Der Umfang dieser Teilpopulation bleibt im Dunkel. Bis zuletzt wurde kaum beachtet, dass die unerwünschte Verbindung zwischen Schmerz und Sucht, wie alle schmerzbezogenen Phänomene, ein komplexes Geschehen darstellt, das nicht reduktionistisch auf individuelle Eigenheiten zurückgeführt werden kann, sondern aus verschiedenen Bedingungen entsteht, die nicht zuletzt im soziokulturellen Rahmen verortbar sind. Die aktuelle Interpretation der Hintergründe der amerikanischen Opioidkrise enthält eine Korrektur dieser simplistischen und letztlich stigmatisierenden Auffassung. 121

56 SUBSTITUTIONSFORUM MONDSEE ABSTRACTS Angepasste Rahmenbedingungen und ein angepasstes Regelwerk für die von Schmerz und Sucht gleichermaßen belastete Population zu entwickeln, das Stigmatisierung und Ausgrenzung vermeidet, imponiert als große Aufgabe für die Zukunft des gemeinsamen Schicksals von Schmerztherapie und Suchtbehandlung. Ein Rückgriff auf das psychoanalytische Modell der Suchtkrankheit könnte das Verständnis für psychogenetisch-prozesshafte Verläufe, in denen Schmerz und Sucht ineinander verschmelzen, verbessern Uhr Die Bedeutung des medizinischen Einsatzes von Opioiden aus der UNODC-Perspektive Elizabeth Mattfeld As far back as the Single Convention on Narcotic Drugs of 1961, as amended by the 1972 Protocol, it was recognized that controlled drugs must be made available for medical and scientific use (UNODC 2013). Unfortunately for many years the focus has almost exclusively been on the harms that non-medical use of controlled drugs is responsible for in communities around the world. When the discussions began to focus on increasing access to controlled medicines, while preventing diversion, misuse and abuse, the discourse revolved around the barriers to accessing medicines. By default, the discussion became an either or, meaning you either support a regulatory system that did not allow for medical use or you support an open system that allowed controlled drugs to be available unchecked. In reality neither is accurate. All three International Drug Control Conventions support the medical use of controlled medicines. Protecting the health of people from the dangerous effects of drugs is not in conflict with promoting the medical and scientific use of controlled drugs. Likewise, implementing a strong regulatory system does not preclude the use of controlled medicines within a medically supervised setting with a patient-centred focus. A strong regulatory system can, not only bear the increase in access to controlled medicines but in reality, will serve to strengthen the rational and safe use of controlled medicines, ultimately protecting patients from the harms of diversion, misuse and abuse. The regulatory system should be considered an asset, it protects the most valuable resources a country has, it s people. In order to protect patients, a regulatory system must be reviewed and maintained at the highest quality level. As times change a responsive regulatory system demonstrates a dedication to the most recent science and reflects the most relevant needs of patients. Patients have the right to the highest quality healthcare possible, including both treatment for substance use disorders at one end of the spectrum and access to controlled medicines under appropriate medical care at the other end of the spectrum. Pain is a presenting feature of many health conditions. It can be defined as an unpleasant sensory and emotional experience associated with actual or potential tissue damage. Pain can also be defined as acute or chronic with each category including a full continuum of stages. Unfortunately, pain is rarely evaluated and is under-treated in the majority of countries around the world. The true prevalence of pain is difficult to determine at the global level. However, Golberg and McGee (2011) estimated that 1 in 5 adults suffer from pain and further, that 1 in 10 adults a year are diagnosed with chronic pain. And in 2012, Hoy et al. (2012), conducted a systematic review of the global prevalence of low back pain revealing that low back pain is a significant problem around the world, which is likely to only increase as the population ages. Management of pain can be a complex and time-consuming medical practice. However, it is critical that patients receive the best medical care available which includes addressing symptoms such as pain. To ensure the best medical care for patients the healthcare workforce must understand the physiology and classification of pain. This understanding will help with the assessment, diagnosis and management of pain as an integrated component of an individual treatment plan. The burden of pain is not just borne by the patient. An argument has been made for the inclusion of pain as a global health priority. The reasons driving this argument are 1. the high prevalence of up to 25 % reported in some regions is still likely underestimated, 2. the severity of the pain can contribute to lost days of work, mental health challenges and other impairment of daily activities, and 3. pain is associated with non-communicable diseases which are estimated to account for more than 60 % of the global mortality (Alwan et al. 2010). Healthcare workers must carefully evaluate all aspects of the pain experience in each patient. This requires a number of steps, beginning with a proper screening and assessment of the patient in general and more specifically the issue of pain. A comprehensive evaluation of a patient and pain includes a detailed understanding of the symptoms, a clinical history and a functional status. The assessment of the patient, and in particular their experience of pain should not be considered a one-time activity but rather should be car- 122

57 ABSTRACTS SUBSTITUTIONSFORUM MONDSEE ried out at regular intervals and fully integrated into clinical care protocols and practice. There are a number of tools that can be used to guide the healthcare worker in assessing pain. These tools can be used in conjunction with one another. Pain tools/scales can be used to determine the severity of the expressed pain in both adults and children. These tools are not substitutes for comprehensive pain assessment and may be more commonly used in patients with acute pain. The World Health Organization (WHO) has for several decades promoted the three-step analgesic ladder as a framework for the rational use of analgesic medications in the treatment of pain. The ladder was updated in 2012 to include two-step ladder for children, which does not include the rung for weak opioids. Consistent use of the ladder, when followed correctly, is thought to offer inexpensive treatment and adequate relief for 70 % to 80 % of patients (Kanpolat 2007). However, consideration must always be given to treating the underlying cause of the pain by means of surgery, radiotherapy, chemotherapy, or other appropriate medical measures. The WHO analgesic ladder supports the use of relatively inexpensive medications, such as morphine, in a stepwise approach. The first-line pharmacologic agent for the symptomatic treatment of mild to moderate pain recommended by the WHO analgesic ladder are basic pain relievers, usually widely available without prescription, such as paracetamol (acetaminophen) or a nonsteroidal anti-inflammatory drug (NSAID). The five areas are critical to determining an effective treatment plan, 1. administration of analgesics, 2. analgesics should be given at regular intervals, 3. analgesics should be prescribed according to pain intensity as evaluated using pain rating scale, 4. dosing of pain medication should be adapted to the individual, and 5. analgesics should be prescribed with a constant concern for detail. References: Alwan A et al. (2010). World Health Organization 2010 Global Status Report on Noncommunicable Diseases. Golberg DS, McGee SJ (2011). Pain as a global public health priority. BMC Public Health 11: Hoy D, Bain C, Williams G, March L, Brooks P, Blyth F, Woolf A, Vos T, Buchbinder R (2012). A systematic review of the global prevalence of low back pain. Arthritis and Rheumatism 64 (6): DOI /art Kanpolat Y (2007). Percutaneous destructive pain procedures on the upper spinal cord and brain stem in cancer pain: CT-guided techniques, indications and results. Adv Tech Stand Neurosurg 32: UNODC (2013). Drug_Control_Conventions/Ebook/The_International_Drug_Control_ Conventions_E.pdf World Health Organization. WHO s pain relief ladder. int/cancer/palliative/painladder/en/ Uhr Schmerzbehandlung bei SuchtpatientInnen Stefan Walcher Wirksame Schmerzbehandlung ist ein Menschenrecht (WHO 2010). Suchterkrankungen gehen überdurchschnittlich oft mit chronischen Schmerzsyndromen einher (Mattick et al. 2004). Substitutionsbehandlung (OST) ist die wirksamste Therapieform der Opioidabhängigkeit, sie senkt die Mortalität auf knapp 13 % gegenüber Straßenkonsum (Gronbladh et al. 1990). Sie ist dabei aber trotz teils sehr hoher Opioiddosierungen nur unvollständig als Schmerztherapie wirksam. Fehlgeleitete Schmerzbehandlung kann andererseits eine Abhängigkeitserkrankung verstärken (EMCDDA 2017) und Opioide selbst können Schmerz verursachen oder verstärken (Koppert et al. 2005, Lee et al. 2011). Deswegen ist ein multimodaler Ansatz in der Behandlung, ein abgestufter Einsatz von zentral und peripher wirksamen Medikamenten bzw. Methoden und die enge Absprache mit Suchtmedizinern unverzichtbar. Wirksame perioperative Schmerzbehandlung ist auch bei Suchtpatienten wichtig. Weiterführung oder äquipotenter Ersatz der OST ist hierbei nur die Basis für erfolgreiche Schmerzbehandlung, die durch weitergehende Maßnahmen (Opioidrotation, zus. lokale/regionale Verfahren, Stufenschema) dem veränderten Bedarf angepasst werden muss (BAS 2016, Emrich et al. 2018, Rosenblum et al. 2003). Literatur: BAS (2016). Leitfaden für Ärzte zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger. 3. vollständig überarbeitete Auflage, September Hrsg. Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen BAS EMCDDA (2017). European Drug Report. publications/4541/tdat17001den.pdf_en Emrich O et al. (2018). DGS-Praxisleitlinie Substitutionsbehandlung bei Opioidfehlgebrauch in der Schmerztherapie (POM, Prescription Opioid Misuse). Gronbladh L, Ohlund LS, Gunne LM (1990). Mortality in heroin addiction: impact of methadone treatment. Acta Psychiat Scand 82: Koppert W et al. (2005). Different profiles of buprenorphine-induced analgesia and antihyperalgesia in a human pain model. Pain 118 (1 2): Epub 2005 Sep 9 Lee M et al. (2011). A comprehensive review of opioid-induced hyperalgesia. Pain Physician 14 (2): Mattick RP, Kimber J, Breen C et al. (2004). Buprenorphine maintenance versus placebo or methadone maintenance for opioid dependence. The Cochrane database of systematic reviews 2004; doi: / CD Rosenblum et al. (2003). Prevalence and characteristics of chronic pain among chemically dependent patients in methadone maintenance and residential treatment facilities. JAMA 289:

58 SUBSTITUTIONSFORUM MONDSEE ABSTRACTS Uhr Rationaler Einsatz von Opioiden/Morphin in der Schmerzmedizin Steht die Opioid-Krise vor der Tür? Burkhard Gustorff In den USA sterben täglich rund 130 Menschen an einer Überdosis an Opioiden. Rund zwei Drittel der rund Drogentoten gehen auf das Konto opioidhaltiger Analgetika oder illegaler Opioide. Diese Fakten werden in lesenswerten jährlichen Berichten des US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC) veröffentlicht. Diese sogenannte Opioid-Krise wurde inzwischen zum nationalen Notstand erklärt. Und viele fragen sich, ob die Opioid-Krise nun auch nach Europa kommt oder gar schon angekommen ist. Zweifel an den Fakten gibt es kaum. Die Kurven der Opioidtoten steigt und steigt in den USA, die Kurve der verschriebenen Opioidanalgetika stieg über mehr als 15 Jahre und findet erst in den vergangenen zwei Jahren eine Abschwächung. In Australien sehen die epidemiologischen Daten ähnlich schlecht aus, so dass auch in Australien staatliche Maßnahmen intensiv diskutiert und konsequent ergriffen wurden. Die deutschsprachigen Fach- und Laienmedien greifen das Thema gerne auf. In keinem Beitrag fehlt der Hinweis auf Drogen, Tote und die Pseudo-Kausalität zum Schmerzmittel. Die Debatte bringt eine emotionale Vermischung von Schmerzmedizin und Opiatmissbrauch, ohne die erforderliche Trennung vorzunehmen. In der Schmerzmedizin interessiert vorrangig der Einsatz von Opioiden als Schmerzmittel. Abzugrenzen ist er von der Verwendung bei Abhängigkeitserkrankungen. Zwei Fragen stellen sich: Macht Schmerztherapie mit Opioiden süchtig? Und: Nach welchen Grundsätzen ist der therapeutische Einsatz von Opioiden in der Schmerzmedizin adäquat? Ein alter Grundsatz lautet: Erst erfolgt die Diagnose, dann die Therapie. Angesichts der verlässlichen Wirksamkeit klassischer Analgetika wie NSAR und Opioiden bei Akutund Krebsschmerzen kann leicht die Neigung aufkommen, diesen Grundsatz zu vereinfachen: erst das Symptom (Schmerz), dann die Therapie mit Analgetika. Und genau hier scheint ein Teil der Tücke der amerikanischen Opioid- Krise verborgen zu sein. Wenn heute immer noch mehr als 40 % aller Patienten, welche eine große Notaufnahme eines Krankenhauses in Washington besuchen und Schmerzen angeben, ein starkes Opioid beim Erstkontakt erhalten, scheint es um reine Symptomkontrolle zu gehen. Denn der Großteil dieser Patienten erhält für Kopfschmerzen starke Opioide! Bekanntlich sind Opioide bei Kopfschmerz-Diagnosen unwirksam. Die moderne Schmerzmedizin befolgt wissenschaftlich begründete Therapieansätze. Postoperative Schmerzen, Schmerzen nach Verletzungen, Entzündungsschmerzen und Tumorschmerzen sind breit belegte Indikationen mit zugrundeliegenden Diagnosen für den wirksamen Einsatz von Opioiden. Eine ausführliche und hochkontroverse Diskussion wurde in den vergangenen Jahren um den Einsatz von Opioiden bei sogenannten Nicht-Tumorschmerzen geführt. Die LONTS -Leitlinien nannten Diagnosen, Therapiechance und -dauer, und diese weicht eben ab von jahrelangem Einsatz starker Opioide bei einer großen Zahl an Patienten. Da wir diese Diskussion bereits führten und da wir weitaus genauer starke Opioide in Bezug auf die Schmerzdiagnose einsetzen, ist für Experten ebenso wie für praktisch tätige Ärzte in der Niederlassung eine Epidemie an Opioid-Fehlgebrauch unbekannt. Nur Einzelfälle iatrogener Opioidabhängigkeit werden berichtet. Dies wird auch so bleiben, wenn alle weiterhin Schmerzen ernst nehmen, zuerst Schmerzdiagnosen suchen und psychische Begleitdiagnosen erkennen und dann eine vernünftige Schmerztherapie anwenden. Starke Opioide haben dabei ihren Stellenwert. So werden Patienten mit Fibromyalgie und Kopfschmerzen auch weiterhin keine Opioide erhalten und wir uns keine Sorge vor der Opioid-Krise machen müssen. 124

59 ABSTRACTS SUBSTITUTIONSFORUM MONDSEE Sonntag, 7. April Uhr Stellenwert von Cannabinoiden in der Schmerzmedizin Kirsten R. Müller-Vahl Seit Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes im März 2017 können in Deutschland Cannabisblüten als Rezepturarzneimittel verordnet werden. Cannabisblüten sind allerdings für keine Indikation zugelassen. Sollen Cannabisblüten oder andere cannabisbasierte Medikamente (wie Dronabinol (= Tetrahydrocannabinol, THC) und Cannabisextrakte (wie Nabiximols) im Rahmen einer off-label - oder nolabel -Behandlung zu Lasten der GKV verschrieben werden, müssen die im Sozialgesetzbuch V definierten Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Bestehen einer schwerwiegenden Erkrankung, 2. Fehlen einer Behandlungsalternative und 3. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Symptomverbesserung. Aktuell sind in Deutschland lediglich folgende cannabisbasierte Medikamente zugelassen: 1. das Fertigarzneimittel Nabiximols (Sativex ) für Erwachsene mit therapieresistenter Spastik bei Multipler Sklerose (MS) und 2. das Fertigarzneimittel Nabilon (Canemes ) ein synthetisches THC-Analogon für die Behandlung Erwachsener mit Übelkeit und Erbrechen infolge einer Chemotherapie bei Krebs. Chronische Schmerzen gelten mittlerweile aber trotz fehlender Zulassung als weitere gesicherte Indikation für cannabisbasierte Medikamente. Nabiximols ist in verschiedenen Ländern (wie Kanada) auch für die Behandlung neuropathischer Schmerzen zugelassen. Laut aktueller Metaanalysen sind cannabisbasierte Medikamente in der Behandlung chronischer Schmerzen unterschiedlicher Genese wirksam inklusive neuropathischer Schmerzen, chronischer Schmerzen bei Krebs, rheumatischer Schmerzen und chronischer Schmerzen bei MS. Generell wird die schmerz linderte Wirkung als moderat eingestuft. Die stärkste Wirkung besteht nach aktueller Datenlage bei neuropathischen Schmerzen. Die number needed to treat für eine mindestens 30 %ige Schmerzlinderung bei chronischen neuropathischen Schmerzen beträgt zwischen 6 und 11. Auch wenn die Studienlage für cannabisbasierte Medikamente in der Behandlung von Tumorschmerz deutlich schlechter ist und in den wenigen bisher durchgeführten Studien der primäre Endpunkt nicht erreicht wurde (Schmerzreduk tion von > 30 %), werden cannabisbasierte Medikamente auch in dieser Indikation empfohlen, wenn andere eta blierte Analgetika unzureichend wirksam waren. Zuweilen kann in der Palliativbehandlung durch den Einsatz cannabisbasierter Medikamente eine Vielzahl weiterer Symptome (wie Schlafstörungen, Appetitminderung, Spastik, Angst, Übelkeit) vermindert und so eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität erzielt werden. Unklar ist derzeit, ob cannabisbasierte Medikamente auch bei anderen chronischen nicht neuropathischen und nicht tumorbedingten Schmerzen wirksam sind, wie etwa der Fibromyalgie. Aktuell fehlen Belege dafür, dass cannabisbasierte Medikamente in der Behandlung akuter Schmerzen wirksam sind. Allerdings wurde in Einzelfällen über erstaun liche positive Effekte in der Behandlung von Migräne und Cluster-Kopfschmerz berichtet. Die European Pain Federation (EFIC) empfiehlt in ihrem 2018 veröffentlichen Positionspapier, dass eine Schmerzbehandlung mit cannabisbasierten Medikamenten von einem in der Behandlung chronischer Schmerzen erfahrenen Experten durchgeführt und in ein multimodales Therapiekonzept eingebettet sein sollte. Eine Indikation bestehe, wenn Behandlungen der ersten und zweiten Wahl nicht zu einer Symptomverbesserung führten ( third-line therapy ). Dabei ist auf mögliche Interaktionen mit anderen zentralnervös-wirksamen Medikamenten zu achten. Zuweilen kann durch die Hinzugabe eines cannabisbasierten Medikamentes die Dosis anderer Analgetika reduziert und so Nebenwirkungen vermindert werden. Ausgehend von Untersuchungen zur Schmerzwahrnehmung bei Gesunden wurde gemutmaßt, dass cannabisbasierte Medikamente nicht die Schmerzintensität vermindern, sondern vielmehr die Schmerzwahrnehmung verändern. Durch eine primäre Beeinflussung der affektiven Komponente des Schmerzes werde der Schmerz als weniger unangenehm und erträglicher empfunden. 125

60 SUBSTITUTIONSFORUM MONDSEE ABSTRACTS Uhr Naloxon als Nasenspray: eine große Chance, aber auch ein großer Feldversuch erste Erfahrungen aus Berlin Kerstin Dettmer Seit 1998 wird Naloxon in Berlin opiodgebrauchenden Menschen als Notfallmedikament im Rahmen von sogenannten Drogennotfalltrainings verschrieben. Nach erfolgreicher Modellprojektphase wurde die Naloxonverschreibung regulärer Bestandteil der Arbeit bei Fixpunkt e.v., einem Träger zur Gesundheitsförderung von drogengebrauchenden Menschen. Einige Jahre mussten vergehen, bevor weitere kleine Projekte in Deutschland etabliert wurden während international in vielen Ländern großartige Naloxon-Take Home-Programme entstanden. Als größte Bedenkenträger erwiesen sich in Deutschland immer wieder die ÄrztInnen, die für die Verschreibung von Naloxon benötigt werden. Neben verschiedenen rechtlichen Bedenken wurde u. a. die Applikation, besonders die notwendige Art der Applikation, durch medizinische Laien kritisiert. In den Trainings wurden die i.m.-injektion, später auch alternativ die nasale Applikation mit Nasalzerstäubern im off label -Use gelehrt. Große Hoffnungen, Bedenken der ÄrztInnen reduzieren zu können, wurden deshalb auf die Zulassung eines Naloxon-Nasensprays gesetzt, dass nun seit Oktober 2018 in Deutschland verfügbar ist. Da sich die Verschreibung von Naloxon im Rahmen eines Notfalltrainings bewährt hat, wird in Berlin nun folgendes Vorgehen erprobt: MitarbeiterInnen, in der Mehrzahl SozialarbeiterInnen, aus Projekten der Drogenhilfe werden in Train the Trainer - Schulungen qualifiziert, um selbst Drogennotfalltrainings anbieten zu können. Notfalltrainings können als Gruppenveranstaltung oder auch als Kurzintervention umgesetzt werden. Da nicht in allen Projekten der Drogenhilfe ÄrztInnen zur Verfügung stehen, sollen nun auch SubstitutionsärztInnen oder andere niedergelassene ÄrztInnen für die Verschreibung gewonnen werden. Ein weiterer Vorteil dieser Kooperationen ist die Möglichkeit der Verschreibung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherungen, da die Kosten von über 40 je Verpackungseinheit für viele Projekte nicht finanzierbar ist. Erste erfolgreiche Kooperationen laufen bereits. Train the Trainer -Schulungen werden in diesem Jahr außerdem auch bundesweit von der Deutschen Aidshilfe e.v. angeboten. So viel zu der Chance, die Naloxon als verschreibungspflichtiges Nasenspray bietet. Nicht außer Acht lassen sollte man jedoch, dass es bisher keine Anwendungsstudie zu diesem nun verfügbaren Naloxon-Nasenspray gibt. Die Pharmakokinetik- Studie des Herstellers zeigt, dass Naloxon-Nasenspray in der vorliegenden Konzentration (1,8 mg) vergleichbar schnell anflutet wie nach intramuskulärer Applikation, allerdings deutlich höhere Plasmaspiegel über einen längeren Zeitraum erreicht. Aus der Praxis ist bekannt, dass neben dem vorrangigen Ziel, akut Überleben zu sichern, die Vermeidung von Entzugserscheinungen für einen dauerhaften Erfolg der Überlebenssicherung und für die Akzeptanz bei opioidgebrauchenden Menschen ebenso von großer Wichtigkeit sind. Hierzu müssen nun in der Praxis Erfahrungen gesammelt und auch die potenziellen AnwenderInnen entsprechend geschult werden Uhr Schadensminimierende Interventionen im Internet/Darknet und erste Ergebnisse aus der Mortalitätskohortenstudie Substitutionsbehandlungen Martin Busch, Ilonka Horvath Online-Drogenmärkte bestehen sowohl im Internet wie auch im verschlüsselten Darknet und bieten eine relativ neue Möglichkeit des Drogenhandels. Sie sind nicht nur global agierende Plattformen, sondern zeichnen sich auch durch eine hohe Dynamik hinsichtlich verfügbarer Marktplätze, aber auch gehandelter Substanzen aus. Diese Spezifika der Online-Drogenmärkte stellen sowohl die Suchtmittelbekämpfung als auch gesundheitsbezogene Interventionen vor neue Herausforderungen. Nach einem einleitenden Überblick über die Charakteristika der Online-Drogenmärkte, dort gehandelte Substanzen und über Usergruppen befasst sich der Vortrag primär mit möglichen gesundheitsbezogenen Interventionen in Online-Plattformen. Es werden internationale Beispiele skizziert, die darauf abzielen im Sinne einer Schadensminimierung das Bewusstsein über mögliche gesundheitliche Konsequenzen des Konsums via Online-Drogenmärkte erhältlicher Substanzen zu erhöhen. Schauplatz dieser Interventionen sind oftmals Online-Plattformen, in denen, geschützt durch die Anonymität, offen über Konsumerfahrungen, Händlerinnen/Händler und Substanzen kommuniziert wird. Der Vortrag basiert auf einer umfangreichen Literaturrecherche und trägt einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse der letzten Jahre zusammen. 126

61 ABSTRACTS SUBSTITUTIONSFORUM MONDSEE Nach jahrelangen technischen und legistischen Vorarbeiten ist es 2018 gelungen, das pseudonymisierte Statistikregister Substitutionsbehandlungen mit der allgemeinen Todesursachenstatistik zu verlinken. Die Mortalitätskohortenstudie 2018 umfasst alle Personen, die vom bis in Österreich eine Substitutionsbehandlung begonnen haben. Insgesamt verstarben davon im Beobachtungszeitraum Personen. Erste Analysen zeigen, dass die Mortalität in der beobachteten Kohorte das 4,5-Fache der österreichischen Bevölkerung mit der gleicher Verteilung nach Alter und Geschlecht beträgt ein im internationalen Vergleich niedriger Wert. Analysen hinsichtlich Todesursachen für den Zeitraum 2009 bis 2016 ergeben, dass etwa ein Drittel an einer tödlichen Überdosierung verstorben ist. Die Mortalitätskohortenstudie Substitutionsbehandlungen stellt einen weiteren wichtigen Schritt des Monitorings der Drogensituation in Österreich dar Uhr Hepatitis-C-Virus-Elimination bis 2030 als WHO- Ziel: Ist das Hepatitis-C-Virus am Ende? Hans Haltmayer, Raphael Schubert, Michael Gschwantler Die chronische Hepatitis C und ihre Komplikationen stellen weltweit ein großes Problem dar: Derzeit geht man von etwa 70 Millionen chronisch Infizierten aus. Leider sind für Österreich keine exakten Daten verfügbar, wir vermuten jedoch, dass etwa Menschen unter einer chronischen Hepatitis C leiden. Eine möglichst frühzeitige Therapie der chronischen Hepatitis C ist von großer Bedeutung, um Spätfolgen wie Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom zu vermeiden. Die aktuelle Standardtherapie der chronischen Hepatitis C Ermöglicht wurde die Entwicklung moderner antiviraler Medikamente durch die Entdeckung, dass das Hepatitis- C-Virus (HCV) für seine Replikation nicht nur wie jedes Virus Komponenten körpereigener Zellen benötigt, sondern zusätzlich drei Enzyme, die vom viralen Genom kodiert werden. Diese drei Enzyme, die man als Privatenzyme des Hepatitis-C-Virus bezeichnen könnte, sind die NS3/4A-Protease, die NS5B-Polymerase sowie das Enzym NS5A. Im weiteren Verlauf gelang es, gezielt Substanzen zu synthetisieren, die einzelne dieser viralen Enzyme blockieren. Diese neuen Medikamente werden unter dem Überbegriff direct acting antivirals (DAA) zusammengefasst. Je nachdem, welches virale Enzym gehemmt wird, unterscheidet man drei Klassen von DAA: Proteasehemmer, Polymerasehemmer und NS5A-Hemmer. Derzeit sind in Österreich folgende moderne DAA für die Therapie der chronischen Hepatitis C zugelassen: die Proteasehemmer Simeprevir, Paritaprevir, Grazoprevir, Glecaprevir und Voxilaprevir; die Polymerasehemmer Sofosbuvir und Dasabuvir sowie die NS5A-Hemmer Daclatasvir, Ledipasvir, Ombitasvir, Velpatasvir, Elbasvir und Pibrentasvir. (Zur leichteren Orientierung kann man sich merken, dass die Namen aller Proteasehemmer auf -previr, die Namen aller Polymerasehemmer auf -buvir und die Namen aller NS5A-Hemmer auf -asvir enden.) Alle genannten Substanzen werden oral eingenommen und zeichnen sich durch eine hervorragende Verträglichkeit aus. Das fast vollständige Fehlen von Nebenwirkungen ist dadurch zu erklären, dass DAA ganz im Unterschied zu Interferon ausschließlich virusspezifische Enzyme hemmen, die für den humanen Zellstoffwechsel ohne Bedeutung sind. In zahlreichen Phase-II- und Phase-III-Studien konnte in eindrucksvoller Weise gezeigt werden, dass durch Kombination von zwei oder drei der neuen DAA aus unterschiedlichen Wirkstoffklassen eine virologische Heilung der chronischen Hepatitis C bei fast allen Patienten möglich ist. Inzwischen wurde durch unzählige Studien belegt, dass die großartigen Ergebnisse der Zulassungsstudien auch unter Real life -Bedingungen im klinischen Alltag reproduziert werden können. Das ehrgeizige Ziel der WHO: HCV-Elimination bis 2030 Durch den Einsatz moderner direct acting antivirals (DAA) könnten Infektionen durch das Hepatitis-C-Virus (HCV) bei nahezu allen Betroffenen ohne relevante Nebenwirkungen geheilt werden. Vor diesem Hintergrund formulierte die WHO das ambitionierte Ziel, die chronische Hepatitis C bis zum Jahr 2030 zu eliminieren, wobei der Begriff Elimination als eine Reduktion neuer Fälle um 90 % und eine Reduktion der HCV-verursachten Mortalität um 65 % definiert wird, wobei 80 % aller HCV-Patienten, bei welchen eine Therapie indiziert ist, diese auch erhalten haben sollten. Was ist nötig, um die WHO-Ziele zu erreichen? Um die ehrgeizigen Ziele der WHO zu erreichen, ist es von entscheidender Bedeutung, Risikogruppen zu identifizieren und erfolgreich zu behandeln. Besonders hoch ist die Prävalenz der chronischen Hepatitis C bei Patienten mit vergangenem oder aktuellem intravenösem Drogenkonsum (people who inject drugs, PWID). Insbesondere in Industrienationen stellen PWID den Großteil der HCV-infizierten Population dar. Um PWID möglichst flächendeckend auf eine HCV-Infektion screenen und in der weiteren Folge einer Behandlung zuführen zu können, müssen spezielle Settings entwickelt werden, die von den Betroffenen angenommen werden und auf die lokale Infrastruktur abgestimmt sind. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Mikroelimination der chronischen Hepatitis C. In der weiteren Folge möchten wir zwei Aspekte eines wienweiten Projektes vorstellen, das auf die HCV-Mikroelimination in der Population der PWID abzielt. 127

62 SUBSTITUTIONSFORUM MONDSEE ABSTRACTS In welchem Setting kann die chronische Hepatitis C bei PWID erfolgreich behandelt werden? Patienten mit guter Compliance können problemlos über ein hepatologisches Zentrum behandelt werden. Ein großer Teil aller PWID, für die wir die Begriffe PWID mit Borderline Compliance bzw. PWID mit einem hohen Risiko für Non-Adhärenz bei der antiviralen Therapie prägten, ist jedoch durch folgende Charakteristika gekennzeichnet: Aufgrund ihrer Suchterkrankung und psychiatrischer Komorbiditäten sind diese Patienten nicht in der Lage, regelmäßig ein Schwerpunktspital aufzusuchen und können demnach nicht über hepatologische Zentren therapiert werden. Zusätzlich würden sie ihre antivirale Therapie möglicherweise nicht regelmäßig einnehmen, wenn ihnen jeweils eine Monatspackung zur selbstständigen Einnahme daheim mitgegeben würde. Bei den meisten dieser Patienten bestehen ein aktiver Drogenkonsum und relevante psychiatrische Begleiterkrankungen. Praktisch alle Patienten haben einen sehr kritischen psychosozialen Status: nahezu alle sind arbeitslos, viele ohne eigene Wohnung, nur die wenigsten leben in einer stabilen Beziehung und etwa zwei Drittel haben bereits (oft mehrfache) Hafterfahrung. Umgekehrt und dies ist der entscheidende Punkt weisen diese Patienten eine perfekte Compliance auf, was ihre orale Opioid-Substitutionstherapie (OST) angeht, die sie täglich unter Aufsicht in einer Apotheke oder einer niedrigschwelligen Einrichtung einnehmen. Um auch bei der Gruppe der PWID mit Borderline Compliance eine erfolgreiche Therapie der chronischen Hepatitis C durchführen zu können, war die Entwicklung neuer Therapiesettings erforderlich: Unsere Idee bestand darin, die hervorragende Compliance dieser Patienten bei der täglichen Einnahme ihrer OST zu nutzen, um durch Kopplung der antiviralen Therapie an die OST eine erfolgreiche Therapie der chronischen Hepatitis C zu ermöglichen. Es erfolgte ein Zusammenschluss zwischen Wilhelminenspital, Suchthilfe Wien ggmbh und Verein Dialog zu einem großen hepatologischen Zentrum. Zusätzlich zu der Hepatitisambulanz im Wilhelminenspital wurde eine zweite Hepatitisambulanz im Ambulatorium der Suchthilfe Wien eingerichtet. Bei der Suchthilfe Wien handelt es sich um eine niedrigschwellige Einrichtung, die ein geradezu ideales Setting für die Therapie von PWID mit Borderline Compliance darstellt, da sie über die gesamte Infrastruktur verfügt, die für eine umfassende Betreuung dieser Patientengruppe erforderlich ist: Sie bietet unter anderem ein Tageszentrum, eine Notschlafstelle, ein Spritzentauschprogramm sowie ein Ambulatorium mit Suchtmedizinern, Psychiatern, Pflegepersonen, Sozialarbeitern, HIV-Spezialisten und Hepatologen. Während Patienten mit guter Compliance über die Hepatitisambulanz des Wilhelminenspitals behandelt werden, erfolgt die Betreuung von PWID mit Borderline Compliance über die in der Suchthilfe Wien eingerichtete Hepatitisambulanz. An beiden Ambulanzen werden auch alle diagnostischen Maßnahmen wie Fibroscan -Untersuchung sowie Laboruntersuchungen vor und während der Therapie durchgeführt, sodass Patienten, die primär die Hepatitisambulanz in der Suchthilfe Wien aufsuchen, nicht an ein Schwerpunktspital überwiesen werden müssen. Die antivirale Therapie erhalten PWID mit Borderline Compliance täglich gemeinsam mit der OST in ihrer gewohnten Apotheke unter Aufsicht eines Apothekers oder in der Suchthilfe Wien (unter Aufsicht eines Arztes oder einer Pflegeperson). Durch diese Strategie einer directly observed therapy wird eine sichere tägliche Medikamenteneinnahme gewährleistet. Insgesamt wurden bis zum 1. März PWID mit Borderline Compliance nach dem Konzept der Directly observed therapy behandelt. Bei 213 von 214 Patienten, die bisher die Behandlungsphase sowie eine 12-wöchige Nachbeobachtungsphase beendet haben, konnte eine virologische Heilung (sustained virological response, SVR12) dokumentiert werden (SVR12-Rate 99,5 %). Bei 15 der 214 Patienten (7,0 %) kam es allerdings im weiteren Verlauf zu einer Reinfektion, die in einem Fall spontan ausheilte obwohl alle Patienten regelmäßig über die nötigen Maßnahmen informiert wurden, um auch im Falle eines fortgesetzten Drogenkonsums Reinfektionen zu vermeiden. In welchem Setting ist es möglich, die PWID- Population möglichst lückenlos auf HCV zu screenen? Wir vermuten, dass in Wien viele PWID aus verschiedenen Gründen noch nicht auf HCV gescreent wurden und dass bei vielen trotz bereits bekannter chronischer Hepatitis C bisher noch keine antivirale Therapie eingeleitet wurde. Wir starteten deshalb am 4. März 2019 ein Projekt, das darauf abzielt, alle PWID in Wien, die unter OST stehen, auf HCV zu screenen und im Falle des Vorliegens einer chronischen Hepatitis C einer antiviralen Therapie zuzuführen. Das Projekt basiert auf folgender Idee: Jeder Substitutionspatient muss einmal monatlich eines von 9 Bezirksgesundheitsämtern aufsuchen, um sein OST-Rezept amtsärztlich vidieren zu lassen. Wir denken daher, dass die entsprechenden Bewilligungsstellen ein idealer Ort wären, um ein möglichst lückenloses HCV-Screening bei PWID durchführen zu können. Über erste Ergebnisse dieses durch einen internationalen Forschungsgrant unterstützten Projektes werden wir bei der Tagung berichten. Sollte das Projekt erfolgreich verlaufen, wäre dies ein ganz entscheidender Schritt, um die WHO-Ziele in Österreich zu erreichen. 128

63 ABSTRACTS SUBSTITUTIONSFORUM MONDSEE Uhr Opioidabhängigkeit bei Flüchtenden aus Iran und Afghanistan Beobachtungen und praktische Erfahrungen aus der Substitutionsambulanz in Hamburg-Altona Hans-Günter Meyer-Thompson In der Substitutionsambulanz Hamburg-Altona werden seit den 1990er Jahren Menschen aus aller Welt behandelt. Kriege, Regimewechsel und Diktaturen spiegeln sich in den Patientengruppen aus der Türkei, Iran und Afghanistan wider. Große landsmannschaftliche Gemeinden haben vielen Patienten ermöglicht, heimisch zu werden. Die Flüchtenden in den Jahren seit 2015 stellten eine große Herausforderung dar: Zum einen, weil in kurzer Zeit viele Menschen um Aufnahme in die Behandlung baten, und zum anderen, weil sie ohne familiäre Bindungen in Hamburg vor großen Schwierigkeiten mit der Integration stehen. Außerdem unterscheiden sich ihre Bildungskapazitäten beträchtlich von denen, die in den Jahren zuvor gekommen waren. Das Team der Ambulanz hat sich frühzeitig auf diese Neuaufnahmen vorbereitet. Eine Dolmetscherin und eine muttersprachliche psycho-soziale Beratungsstelle stehen uns zur Seite. Die Stadt Hamburg hat sehr schnell den Zugang zum Gesundheitswesen geebnet und viele Drogenhilfeeinrichtungen sind multikulturell ausgerichtet. Falldarstellungen, Besonderheiten der Behandlung dieser Patientengruppe und die Herausforderungen an eine Suchtambulanz angesichts eines unfreundlich gewordenen Klimas gegenüber Flüchtlingen sind Inhalt dieses Vortrags. 129

64 ABSTRACTS 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 Multiprofessionelles Handeln in der Suchttherapie Programm Vorlesungen 24. Tübinger Suchttherapietage 2019, 3. bis 5. April 2019 Opioidwelle in den USA Vollfinanzierte leitlinienbasierte Tabakentwöhnung in Deutschland ist hoch effektiv und effizient: Ergebnisse der ATEMM-Studie an 780 Patienten in Sachsen und Thüringen Chemsex Sexualitätsbezogener Substanzgebrauch Leistungssensible Suchttherapie Wirksame Rückfallprävention durch Entstigmatisierung Sucht und Traumafolgestörungen Erkennen und Behandeln Themenschwerpunkt 1: Versorgungssysteme und -bedarfe Safety first Zur Behandlung von Ärzten und Piloten mit substanzbezogenen Störungen Drogenkonsum und Gesundheit: Aktuelle Probleme und Lösungsansätze in Europa Fördert das Darknet (drogen-)süchtiges Verhalten? Psychologische Überlegungen in Bezug auf ein unbekanntes Terrain Themenschwerpunkt 2: Tabakabhängigkeit und Tabakentwöhnung IQOS und E-Zigaretten Health Professionals als Türöffner für Tabakentwöhnung: Schulungen für Gesundheitsberufe als ein Schwerpunkt der Tabakpräventionsstrategie Steiermark Time for change: Zieloffenheit als Desideratum auch im Bereich der Tabakbehandlung Tabakabhängigkeit, Rauchverhalten und Depressivität bei chronisch lungenerkrankten Patienten Themenschwerpunkt 3: Therapieangebote Medikamentenabhängigkeit gibt es Evidenz für pharmakologische oder psychosoziale Interventionen? Internet- und Computersucht im Jugendalter Ab wann sind Bildschirmmedien sinnvoll für das Lernen? Praxisbeispiel Sicherheit finden ein Therapieprogramm für traumatisierte Suchtpatienten/innen Themenschwerpunkt 4: Internet- und Computerspielabhängigkeit Pathologisches Kaufen Wieviel Evidenz fehlt noch für die Diagnose Kaufsucht? Prof. Dr. Ursula Havemann-Reinecke Prof. Dr. Stephan Mühlig Dr. Tobias Rüther, Marcus Gertzen Martin Fleckenstein Christel Lüdecke Prof. Dr. Johannes Lindenmeyer Roland Simon Prof. Dr. Niels C. Habermann Dr. Tobias Rüther Mag. Martina Derbuch-Samek Matthias Nanz Franziska Loth Prof. Dr. Anil Batra Prof. Dr. Christoph Möller Dr. Wibke Voigt Prof. Dr. Astrid Müller 130 Suchtmed 21 (2) (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg

65 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 ABSTRACTS Problematische Nutzung von Computerspielen: Übereinstimmung der Einschätzungen von betroffenen Jugendlichen und deren Eltern sowie Zusammenhänge zu psychosozialen Aspekten Smartphoneabhängigkeit Exzess oder Zeitgeist? Prof. Dr. Lutz Wartberg Dr. Oliver Scheibenbogen, Dr. Ute Andorfer Seminare/Workshops Ich bin nicht allein Stellenwert von Selbsthilfegruppen nach therapeutischen Behandlungen Intoxikationen Notfälle in der Suchttherapie Naloxonvergabe an Laien zur Lebensrettung Leistungssensible Suchttherapie Wirksame Rückfallprävention durch Entstigmatisierung Suchttherapie in der Schwangerschaft und bei Müttern kleiner Kinder Achtsamkeitsbasierte Rückfallprävention bei Drogenabhängigkeit Akzeptanz- und Commitmenttherapie in der stationären Suchtbehandlung Handlungsmöglichkeiten in der ärztlichen Praxis Erkennen und Ansprechen von Suchterkrankungen; Motivationskonzepte; Compliance; Vermittlung von Perspektiven Rauchertelefon der BZgA und Klinik eine heilsame Verbindung Einmal süchtig, nie mehr Arbeit? Integratives Angebot zur (Wieder)herstellung bzw. Erhöhung der Arbeitsfähigkeit suchtkranker Personen Netzgänger 3.0 Prävention durch Medienkompetenz IRRT (Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy) in der Suchttherapie: IRRT-ERT Integrierte Behandlung bei Medikamentenabhängigkeit Mann-Sein-Nüchtern, Workshop für Männer Mann-Sein-Nüchtern, Seminar Psychiatrische Pharmakotherapie für Nicht-Mediziner Dialektisch Behaviorale Therapie für Patienten mit Borderline Persönlichkeitsstörungen und Abhängigkeitserkrankungen DBT-Sucht Gruppentherapie der Sucht Selbstmitgefühl Grundlagen des Programms Nichtraucher in 6 Wochen Behandlungsstrategien bei Jugendlichen exzessiver Mediennutzung Behandlungsstrategien bei Erwachsenen exzessiver Mediennutzung Zur Nähe-Distanz-Problematik in psychosozialen Institutionen die Implementierung des Bündner Standards Barbara Herzog Dr. Benjamin Kreifelts Thomas Pfister, Cornelia Schartner, Sandra Kristen Martin Fleckenstein Dr. Jutta Korosec Mathias Hardt Dr. Friederike Wernz, Dr. Sabine Schneider Dr. Christopher Dedner Christa Rustler, Kathrin Duhme Anjuna Trautmann, Dr. Maria Kofler Michael Leibfried, Florian Hoffmann Martin Fleckenstein, Dr. Thomas Lüddeckens Dr. Hans-Peter Medwed, Claus-Dieter Kieser Dr. Peter Hotz, Sebastian Bernhardt Dr. Peter Hotz, Sebastian Bernhardt Dr. Friederike Wernz Prof. Dr. Thorsten Kienast Dr. Clemens Veltrup Prof. Dr. Götz Mundle Christina Zeep Dr. Gottfried Barth Richard Wüst Dr. Oliver Bilke-Hentsch 131

66 ABSTRACTS 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 Klinik kann mehr als nur stationäre qualifizierte Entzugsbehandlung Selbstsicherheit durch Abstinenz Selbstwertsteigerung durch Überwindung der Sucht Akzeptanz- und Commitment-Training: Einführung in die ACT-Matrix Update Motivierende Gesprächsführung Ressourcen-, lösungs- und zielorientierte Arbeit mit Angehörigen in einer Suchtberatungsstelle Schematherapie in der Suchtbehandlung Schritte auf dem Weg zu sich selbst Kreative Methoden in der psychotherapeutischen Behandlung Suchtkranker Beratung bei Angehörigen von Personen mit exzessivem Internetgebrauch Dr. Ruxanda Zavoianu, Dr. Jamil El Kasmi, Dr. Hubertus Friederich, Moderation: Gerhard Längle Prof. Dr. Anil Batra, Kurt Mauser, Anke Traub Dr. Klaus Ackermann Dr. Clemens Veltrup Jens-Peter Zimmermann Dr. Bastian Willenborg Nikolaus Lange, Claudia Sieling Dr. Isabel Brandhorst Abstracts Vorlesungen Opioidwelle in den USA Ursula Havemann-Reinecke Universitätsmedizin Göttingen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Göttingen Opioide sind die ältesten und am höchsten potenten Substanzen, um schweren Schmerz zu lindern, aber sie können schwere Nebenwirkungen wie Atemdepression, Sedierung, Übelkeit und Konstipation sowie abhängigkeitsmachende Wirkungen aufweisen. Ihre klinische Anwendung ist unbestritten für die Behandlung von perioperativen und karzinom-verursachten Schmerzen. Der Langzeitgebrauch jedoch, besonders bei unspezifischen chronischen Schmerzen und nicht indikationsgerechtem Gebrauch, hat ursächlich zu der Opioidkrise, einem schädlichen Übergebrauch von Opioiden in den USA mit erhöhten durch Opioid-Arzneimittel verursachten Todesfällen geführt (United Nations 2017, Stein et al. 2018). Für die Todesfälle werden besonders der Konsum von Fentanyl, Oxycodon und Hydromorphon verantwortlich gemacht. Diese Substanzen werden, neben Tilidin und Tramadol an erster Stelle, in Deutschland aktuell zunehmend und in relativ hoher Zahl verschrieben (Glaeske, Jahrbuch Sucht 2017). Nach Daten der UN ist der Opioidgebrauch in den USA der höchste in der Welt, und mehr als 50 % höher als in Deutschland, das zweite Land in der Reihenfolge (Fontanella et al. 2019). Patienten mit schmerzhaften Störungen können einen schädlichen Gebrauch bzw. eine Abhängigkeit von Schmerzmitteln entwickeln. Das Risiko für die Entstehung einer Abhängigkeitserkrankung kann durch zu hohe Dosen, zu lange Dauer, intermittierende und nichtadäquate Indikationsstellung für eine Analgetikatherapie entstehen. Dies gilt insbesondere für eine Therapie mit Opioiden. Art und Ausprägung der schmerzhaften Grunderkrankung sowie vorbestehende und bestehende psychische Störungen, wie z. B. Suchterkrankungen, Depressionen oder somatoforme Störungen sowie positive familiäre Anamnese für psychische Störungen stellen besondere Risiken dar (Havemann-Reinecke & Degner 2016). Auch exponierte Berufsgruppen, wie medizinisches Personal, können eine Risikogruppe darstellen, eine Suchterkrankung zu entwickeln. In einer in Arbeit befindlichen AWMF-S3-Leitlinie für medikamentenbezogene Störungen unter Federführung der DGPPN und der DG-Sucht (Leitung U. Havemann-Reinecke und Anil Batra) werden aktuell mit evidenzbasierter Methode mit Vertretern von 44 Fachgesellschaften multidisziplinäre Therapieempfehlungen, schwerpunktmäßig psychotherapeutischer und medikamentöser Art, erarbeitet. Erste Ergebnisse für die Behandlung opioidbezogener Störungen werden im Beitrag vorgestellt. Literatur: Glaeske G (2017). Medikamente 2015 Psychotrope und andere Arzneimittel mit Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential. In: DHS Jahrbuch Sucht 2017: Havemann-Reinecke U, Degner D (2016). Schädlicher Gebrauch und Abhängigkeit von Analgetika. DNP-Der Neurologe & Psychiater 17 (4): Turmina Fontanella A, Molina-Bastos CG, da Silva Dal Pizzol T, Mengue SS (2019). Too much or too little opioid use? A comment on Bosetti et al. Eur J Pain. doi: /ejp [Epub ahead of print] Stein C (2018). New concepts in opioid analgesia. Expert Opin Investig Drugs 27 (10): doi: / Epub 2018 Sep 7 132

67 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 ABSTRACTS Vollfinanzierte leitlinienbasierte Tabakentwöhnung in Deutschland ist hoch effektiv und effizient: Ergebnisse der ATEMM- Studie an 780 Patienten in Sachsen und Thüringen Stephan Mühlig Technische Universität Chemnitz, Klinische Psychologie und Psychotherapie, Chemnitz Tabakrauchen stellt den ätiologischen Hauptfaktor für die Entstehung der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) und eine entscheidende Bedingung für deren Prognose im weiteren Verlauf dar. Dennoch bleiben % der diagnostizierten COPD-Patienten aktive Raucher. Mit keiner anderen Maßnahme kann die COPD-Progredienz so wirksam verlangsamt werden wie durch nachhaltige Tabakabstinenz. In einem Modellprojekt (ATEMM-Studie) wurde durch pneumologische Facharztpraxen und Psychotherapeuten in Sachsen und Thüringen eine evidenzbasierte und leitlinienorientierte strukturierte Tabakentwöhnung für Patienten mit drohender oder bestehender COPD inkl. vollfinanzierter medikamentöser Entzugssyndrombehandlung im Rahmen der GKV etabliert (Studiengruppe Maximalintervention). Patienten in der Vergleichsgruppe (Minimalintervention) erhielten die übliche Routineversorgung (treatment as usual: ärztliche Kurzberatung ohne Zufinanzierung der Medikamente). Primärer Endpunkt war die 12-Monats- Tabakabstinenz, gesichert durch ärztliche Untersuchung und CO-Messung. Nach 12 Monaten war die Hälfte der Teilnehmer (48 %) der Maximalintervention (N=524) rauchfrei (Intention-to-treat: 38 %), aber nur 8 % (Intention-to-treat 6 %) in der Minimalintervention (N=257). Ein krankheitsspezifisches Tabakentwöhnungsangebot inkl. Verhaltenstraining, medikamentöser und telefonischer Unterstützung ist im fachärztlichen Setting praktisch umsetzbar und erzielt hohe und nachhaltige Abstinenzerfolge. Chemsex Sexualitätsbezogener Substanzgebrauch Tobias Rüther, Marcus Gertzen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, München Bei sexualisiertem Substanzkonsum, oder auch Chemsex genannt, handelt es sich um die bewusste Aufnahme von psychoaktiven Substanzen im sexuellen Kontext. Bei den am häufigsten verwendeten Substanzen handelt es sich vor allem um Gamma-hydroxybutyrat (GHB), Gamma-butyrolactone (GBL), Mephedron und Crystal Meth. Sexuelle Aktivität über einen längeren Zeitraum, unter dem Einfluss von Chemsex-Substanzen, führt zu rektalen Traumen und penilen Abrasionen und somit zu einer signifikanten Erhöhung des Risikos der Übertragung sexuell übertragbarer Infektionen (STI), vor allem im Falle von kondomlosem Sex. Zudem steigt die Bereitschaft zu sexuellem Risikoverhalten, wie zum Beispiel kondomlosem Sex, mit einem serodiskordanten Partner unter Substanzeinfluss deutlich. Auch für die psychische Gesundheit scheint Chemsex ein Risiko zu sein. So wurden neben Abhängigkeitsentwicklung auch Fälle von psychotischem Erleben nach intravenösem Konsum berichtet. National und international scheint Chemsex ein zunehmendes Phänomen zu sein, mit bedeutenden Risiken und Folgen für die körperliche und psychische Gesundheit, woraus sich die Bedeutung zur weiteren wissenschaftlichen Erforschung dieser Thematik ergibt. Dieser Vortrag soll einen Überblick über die aktuelle Literatur bieten, aktuelle und zukünftige Herausforderungen aufzeigen, beziehungsweise Perspektiven weisen, wie diesem zunehmenden Phänomen begegnet werden könnte. Leistungssensible Suchttherapie Wirksame Rückfallprävention durch Entstigmatisierung Martin Fleckenstein Klinik Im Hasel AG, Gontenschwil (CH) Die Leistungssensible Suchttherapie (LST) ist ein manualisiertes und evidenzbasiertes Kurzinterventionsmodul zur Reduktion von Rückfällen und zur Entstigmatisierung. Der Schwerpunkt der LST liegt auf einer Haltungsänderung gegenüber der Abhängigkeitserkrankung. Im Rahmen von drei Gruppensitzungen wird eine leistungssensible Haltung implementiert. Der Einbezug nahestehender Personen spielt dabei eine zentrale Rolle, um die langjährigen Abstinenzbemühungen der Betroffenen sowie der Angehörigen zu würdigen und mit der tragenden positiven Emotion Stolz zu verknüpfen. In zwei Wirksamkeitsüberprüfungen wies die Interventionsgruppe während der Behandlungsdauer eine signifikant tiefere Rückfallhäufigkeit auf als die Kontrollgruppe. Die Ergebnisse wurden im Setting einer 4- bis 6-wöchigen qualifizierten Entzugsbehandlung und im Setting einer 24-wöchigen Entwöhnungsbehandlung erzielt. Die Rückfallhäufigkeit während der Behandlung kann nach Küfner et al. (1988) als Prädiktor für die Abstinenzsicher- 133

68 ABSTRACTS 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 heit nach Austritt betrachtet werden. Tendenziell verstärkt LST emotionale Kompetenzen. Zudem erreicht die Intervention bei der Evaluation der Patientenzufriedenheit und der Zufriedenheit der Angehörigen sehr gute Werte. Die 3-Monats-Katamnese zeigt ebenfalls signifikant weniger Rückfälle in der Interventionsgruppe an sowie eine signifikant verbesserte Kommunikation zwischen Betroffenen und ihren Angehörigen. Literatur: Küfner et al. (1988). Die stationäre Behandlung von Alkoholabhängigen. Suchtgefahren 34: Sucht und Traumafolgestörungen Erkennen und Behandeln Christel Lüdecke Asklepios Fachklinikum Göttingen, Allgemeinpsychiatrie-Sucht, Göttingen Jeder vierte Mensch, der sich wegen Suchtmittelproblemen an unser Suchthilfesystem in Deutschland wendet, leidet zusätzlich an einer akuten oder chronischen posttraumatischen Belastungsstörung (Driessen et al. 2008). Diese Patienten zeigen neben den spezifischen Symptomen beider Erkrankungen eine geringere Therapieadhärenz, mehr interpersonelle Probleme sowie größere psychische und somatische Beeinträchtigungen. Die Suchterkrankung ist schwerer mit früherem Beginn und mehr stationären Aufenthalten. Die Behandlung ist gekennzeichnet durch mehr Suchtverlangen sowie häufigere Rückfälle, mehr Therapieabbrüche (Hien et al. 2000, Mills et al. 2005, Schäfer & Najavits 2007, Driessen et al. 2008) und wird von Therapeuten als schwieriger empfunden (Schäfer et al. 2004). Eine integrative Trauma- und Suchtbehandlung zeigt deutlich bessere Behandlungsergebnisse. Dabei hat sich das Phasenmodell zur Behandlung posttraumatischer Störungen mit Stabilisierungs-, Expositions- und Reintegrationsphase (Herman 1992) auch für die integrative Trauma- und Suchtbehandlung bewährt, wobei die Stabilisierungsphase zeitgleich einen sucht- und einen traumaspezifischen Schwerpunkt haben muss. Grundsätzlich ist eine traumaspezifische Diagnostik mit Beginn der Suchtbehandlung notwendig, die als traumasensible Phase bezeichnet wird. Suchterkrankungen beeinträchtigen ebenso wie Traumafolgestörungen die Funktionen des zentralen Stressverarbeitungssystems erheblich und rufen veränderte Stressaktivitäten und Stressantworten hervor. Deshalb sind viele Stabilisierungstechniken und Traumaexpositionsverfahren, die sich in der Psychotraumatologie bewährt haben, unter ständiger Mitbehandlung suchtspezifischer Symptome gut einsetzbar. Literatur: Driessen M, Schulte S, Luedecke C, Schäfer I, Sutmann F, Ohlmeier M, Kemper U, Koesters G, Chodzinski C, Schneider U, Broese T, Dette C, Havemann-Reinicke U; TRAUMAB-Study Group (2008). Trauma and PTSD in patients with alcohol, drug, or dual dependence: a multi-center study. Alcohol Clin Exp Res 32: Herman JL (1992). Trauma and Recovery. New York: Basic Books 1992 Hien DA, Nunes E, Levin FR, Fraser D (2000). Posttraumatic stress disorder and short-term outcome in early methadone treatment. J Subst Abuse Treat 19 (1): Mills KL, Lynskey M, Teesson M, Ross J, Darke S (2005). Post-traumatic stress disorder among people with heroin dependence in the Australian treatment outcome study (ATOS): prevalence and correlates. Drug Alcohol Depend 77 (3): Schäfer I, Najavits LM (2007). Clinical challenges in the treatment of patients with posttraumatic stress disorder and substance abuse. Curr Opin Psychiatry 20: Schäfer I, Schultz M, Verthein U, Krausz M (2004). Traumatisierungen bei Suchtpatienten Relevanz und spezifische Behandlung in der ambulanten Suchttherapie. Suchttherapie 5: Themenschwerpunkt 1: Versorgungssysteme und -bedarfe Safety first Zur Behandlung von Ärzten und Piloten mit substanzbezogenen Störungen Johannes Lindenmeyer Salus Klinik Lindow, Lindow Die Behandlung von substanzbezogenen Störungen erfolgt bei beiden Berufsgruppen in einem schwierigen Spannungsfeld: Auf der einen Seite schränken hohe Verantwortungsund Sicherheitsanforderungen den Spielraum in der Behandlung sehr stark ein. Auf der anderen Seite kann genau dies dazu führen, dass sich die Betroffenen aus Angst vor negativen Konsequenzen nicht in Behandlung begeben. Im Vortrag werden die Prinzipien der bewährten Hilfsprogramme für beide Berufsgruppen dargestellt, die einen fairen Ausgleich zwischen den Sicherheitsanforderungen und den Bedürfnissen der Betroffenen anstreben. 134

69 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 ABSTRACTS Drogenkonsum und Gesundheit: Aktuelle Probleme und Lösungsansätze in Europa Roland Simon Institut für Therapieforschung, München Um schädliche Folgen des Drogenkonsums zu verringern, wurde in den vergangenen Jahrzehnten eine Reihe von sozialen und gesundheitsbezogenen Interventionen entwickelt. Welche dieser Interventionen wann und wie eingesetzt werden sollten, ist das Rahmenthema dieses Vortrags, der auf einer aktuellen Publikation der EMCDDA basiert. Nach einer Einführung in die Thematik werden dabei drei Themen herausgegriffen und diskutiert: Ansatzpunkt Substanz Cannabis: Cannabis weist ein Risikoprofil auf, das vor allem für junge Konsumenten Probleme bereiten kann. Interventionen werden deshalb gezielt für Jugendliche und junge Erwachsene angeboten. Prävention ist hier von besonderer Bedeutung. Ansatzpunkt Gesundheitsfolgen Infektionen: Der intravenöse Gebrauch von Drogen ist mit erhöhten Risiken von Infektionskrankheiten wie HCV und HIV verbunden. Es wird diskutiert, welche Mischung aus Prävention, Infektionsprophylaxe und Therapie die besten Ergebnisse zeigt. Ansatzpunkt Zielgruppe Gefängnisinsassen: Illegale Drogen stellen auch im Gefängnis ein wichtiges Problem dar. Erhöhte Risiken von Todesfällen bei Antritt und Ende der Haft sind dabei besonders gravierend. Interventionen von unterbrechungsfreier Substitutionsbehandlung bis zu Naloxonprogrammen werden diskutiert. Literatur: EMCDDA (2017). Health and Social Responses. Luxembourg: Publications Office of the European Union. Fördert das Darknet (drogen-)süchtiges Verhalten? Psychologische Überlegungen in Bezug auf ein unbekanntes Terrain. Niels C. Habermann SRH Hochschule Heidelberg, Fakultät für Angewandte Psychologie, Heidelberg Den meisten Menschen ist das Darknet v. a. im Zusammenhang mit der Aufdeckung schwerer Straftaten ein negativer Begriff (z. B. weltweiter Internetdrogenhandel über die sog. Silk Road in den Jahren , Waffenbeschaffung durch den sog. Münchner Amokläufer von Juli 2016, Aufdeckung eines Kinderpornorings mit mehr als Mitgliedern im Juli 2017). Auf der anderen Seite spielen legitime Gründe, das Internet anonym zu nutzen z. B. durch Journalisten, Strafverfolgungsbeamte, politisch Verfolgte, aber auch durch normale Bürger in den medial oft Ängste schürenden Diskussionen kaum eine Rolle. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wer ge- bzw. missbraucht zu welchem Zweck das Darknet und worin bestehen Bezüge der dort angesiedelten Handlungen zur nicht-virtuellen Lebenswirklichkeit? Erzeugt oder verstärkt die Schattenwelt des Internets bestehende kriminogene Dispositionen? Lässt es sich umgekehrt auch nutzen, um z. B. sucht- und kriminalitätsgefährdeten Personen anonyme Angebote zur Aufklärung und Behandlung bereitzustellen? Auf der Basis empirischen Wissens zu psychischen Grundbedürfnissen, zur Entstehung von Normen, zur Funktion von Subkulturen und zu Effekten von Anonymität auf die Meinungsäußerung werden Überlegungen zum Erleben und Verhalten im Kontext des Darknet, insbes. in Bezug auf Suchtgefahren (Drogen, Glücksspiel, Pornografie), angestellt. Themenschwerpunkt 2: Tabakabhängigkeit und Tabakentwöhnung IQOS und E-Zigaretten Tobias Rüther Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, München Hintergrund: Die erfolgreichen Tabakkontrollmaßnahmen der Politik, vor allem der letzten 20 Jahre, haben in den Industrieländern zu einem starken Rückgang der Raucherquoten und vor allen Dingen zu deutlich weniger Einsteigern in das Rauchen geführt. So ist z. B. in Deutschland der Anteil der jugendlichen Nie-Raucher in diesem Zeitraum auf über 80 % gestiegen. Die Tabakindustrie, allesamt große Aktienunternehmen mit bislang fantastischen Renditen, sucht fieberhaft nach neuen Märkten und Produkten. Vermeintlich gesündere Alternativen werden auf den Markt gebracht. 135

70 ABSTRACTS 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 Ziel: Neue Produkte der Tabakindustrie vor allem E-Zigaretten und Tabakerhitzer werden kritisch beleuchtet. Zudem soll die Evidenzbasis aktueller Vermarktungsstrategien der Tabakkonzerne hinterfragt werden. Methode: Eine systematische Literaturübersicht, inklusive von der Tabakindustrie publizierter Daten, wird vorgestellt. Schlussfolgerung: Die großen Tabakkonzerne steigen mittlerweile breit in das Geschäft mit E-Zigaretten ein. Eine weitere Strategie ist die Einführung von sog. Tabakerhitzern: Vor der Markteinführung des Tabakerhitzer-Systems IQOS legte Philip Morris umfangreiche wissenschaftliche Daten aus eigenen Laboratorien vor. Diese gilt es kritisch zu hinterfragen. Epidemiologische, toxikologische und suchtmedizinische Aspekte werden in diesem Übersichtsvortrag diskutiert. Health Professionals als Türöffner für Tabakentwöhnung: Schulungen für Gesundheitsberufe als ein Schwerpunkt der Tabakpräventionsstrategie Steiermark Martina Derbuch-Samek VIVID Fachstelle für Suchtprävention, Graz (A) Seit dem Jahr 2007 wird in der Steiermark eine Tabakpräventionsstrategie umgesetzt, die folgende vier Ziele verfolgt: weniger Menschen, die zu rauchen anfangen mehr Menschen, die zu rauchen aufhören Schutz der Menschen vor Passivrauch verbesserter Informationsstand zu den Folgen des Rauchens und Passivrauchens Ein Schwerpunkt der Tabakpräventionsstrategie sind die Weiterbildungen von Gesundheitsberufen. Von 2008 bis 2018 konnten rund Multiplikatorinnen und Multiplikatoren erreicht werden: Ärztinnen und Ärzte, diplomiertes Krankenpflegepersonal, Hebammen, MitarbeiterInnen in Klinikambulanzen und viele mehr. Diese zielgruppenspezifisch abgestimmten Weiterbildungen haben als zentralen Inhalt die Motivierende Ansprache zum Rauchstopp, die auf dem Motivational Interviewing (Miller/Rollnick 2009) basiert. Oft erfolgt der erste Anstoß zur Veränderung des Rauchverhaltens durch spezifische Interventionen (Lichtenschopf 2012), bereits kurze Gespräche können die Abstinenzrate und die Motivation zum Rauchstopp erhöhen (Update 2008 des USDHHS). Bei VIVID Fachstelle für Suchtprävention (Graz, Österreich) sind die Weiterbildungen für Gesundheitsberufe in ein umfassendes Maßnahmenbündel eingebettet, das auch die Prävention im Kindes- und Jugendalter, Advocacy, Öffentlichkeitsarbeit, Monitoring und Entwöhnung umfasst. Literatur: Fernandez K, Posch W (2011). Tabakpräventionsstrategie Steiermark. Grundlagen, Ziele und Maßnahmen 2007 bis Graz Lichtenschopf A (2012). Standards der Tabakentwöhnung. Konsensus der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie Update Wien Miller WR, Rollnick S (2009). Motivierende Gesprächsführung. Freiburg Stead LF, Bergson G, Lancaster T (2008). Physician advice for smoking cessation. Cochrane database of Sytematic Reviews Time for change: Zieloffenheit als Desideratum auch im Bereich der Tabakbehandlung Matthias Nanz Institut für innovative Suchtbehandlung u. Suchtforschung (ISS), Evangelische Hochschule Nürnberg, Nürnberg In der ohnehin nur selten erfolgenden Beratung und Behandlung im Bereich des Tabakkonsums (vgl. Etzel et al. 2008) dominiert nach wie vor die Abstinenz als Behandlungsziel. Auch die offiziellen S3-Leitlinien (Batra et al. 2015) halten an der Norm der Tabakabstinenz, die am Ende einer Beratung bzw. Behandlung stehen muss, fest. Alternative Ziele, wie das der Rauchreduktion, werden, wenn überhaupt, nur als Zwischenziele akzeptiert. Dadurch werden viele änderungsbereite RaucherInnen nicht erreicht bzw. von einer möglichen Veränderung ausgeschlossen. Eine Reihe internationaler Studien belegt, dass 1. RaucherInnen durchaus Veränderungsbereitschaft für alternative Ziele aufweisen (Glasgow et al. 2006, 2009), 2. alternative Ziele, wie z. B. eine Tabakreduktion, erfolgreich und nachhaltig umgesetzt werden können (Hughes & Carpenter 2005, 2006) und 3. durch den Einsatz der E-Zigarette (im Sinne einer Schadensminderung) weitere RaucherInnen für eine Veränderung ihres Tabakkonsums gewonnen werden können (Kröger et al. 2016). 136

71 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 ABSTRACTS Vor diesem Hintergrund wurde das aus 8 Einheiten (Modulen) bestehende Programm Change Your Smoking (Körkel & Nanz 2017) für die Einzel- und Gruppenanwendung entwickelt. Change Your Smoking ist zieloffen gestaltet und ermöglicht sowohl Abstinenz von Tabakprodukten als auch Reduktion und Schadensminderung als Behandlungsziele. Nikotinersatzprodukte werden auf Wunsch als Hilfsmittel in die Behandlung integriert. Im Vortrag wird zunächst ein Überblick über alternative Behandlungsziele (Reduktion des Tabakkonsums und Schadensminderung via E-Zigarette) im Bereich des Tabak konsums vor dem Hintergrund internationaler Studien gegeben, bevor am Beispiel des Programms Change Your Smoking die praktische Anwendung eines zieloffenen Programms zur Veränderung des Tabakkonsums vorgestellt wird. Literatur: Batra A, Hoch E, Mann K, Petersen KU (2015). S3-Leitlinie Screening, Diagnose und Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums. Berlin: Springer Etzel M, Mons U, Schmitt S, et al. (2008). Raucherentwöhnung in Deutschland Struktur der ambulanten Therapieangebote zur Tabakentwöhnung. Bundesgesundheitsblatt 51 (12): Glasgow RE, Gaglio B, France EK, et al. (2006). Do behavioral smoking reduction approaches reach more or different smokers? Two studies; similar answers. Addictive Behaviors 31 (3): Glasgow RE, Gaglio B, Estabrooks PA, et al. (2009). Long-term results of a smoking reduction program. Medical Care 47 (1): Hughes JR, Carpenter MJ (2005). The feasibility of smoking reduction: an update. Addiction 100 (8): Hughes JR, Carpenter MJ (2006). Does smoking reduction increase future cessation and decrease disease risk? A qualitative review. Nicotine & Tobacco Research 8 (6): Körkel J, Nanz M (2017). Change Your Smoking Ein zieloffenes Programm zur Veränderung des Tabakkonsums. Trainermanual und Teilnehmerhandbuch zum Einzel- und Gruppenprogramm. Nürnberg: Institut für innovative Suchtbehandlung und Suchtforschung (ISS) an der Evangelischen Hochschule Nürnberg Kröger C, Gomes de Matos E, Piontek D, Wenig J (2016). Ausstiegsversuche und Hilfsmittelnutzung unter Rauchern in Deutschland: Ergebnisse aus dem Epidemiologischen Suchtsurvey Gesundheitswesen 78 (11): Tabakabhängigkeit, Rauchverhalten und Depressivität bei chronisch lungenerkrankten Patienten Franziska Loth Technische Universität Chemnitz, Klinische Psychologie und Psychotherapie, Chemnitz Tabakrauchen ist der Hauptrisikofaktor für die Entstehung einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), welche bis zu 50 % der regelmäßigen starken Raucher entwickeln. COPD-Patienten weisen eine überdurchschnittliche psychische Komorbidität auf. Methode: Zusammenhänge zwischen Tabakabhängigkeit, Rauchverhalten und Depressivität wurden mittels einer komplexen Tabakentwöhnungsintervention bei COPD untersucht. Anhand einer Teilstichprobe (N=209) der ATEMM-Studie (AOK PLUS-Studie zur strukturierten Tabakentwöhnung durch pneumologische Facharztpraxen und Psychotherapeuten in Sachsen und Thüringen mit Minimalintervention vs. Maximalintervention) wurde überprüft, inwieweit Patienten mit depressiver Komorbidität zu ausgeprägterem Tabakkonsum, höherer Abhängigkeit und Misserfolgsquote neigen als psychisch unauffällige Patienten. Ergebnisse: Patienten mit Verdacht auf ein depressives Syndrom weisen eine hohe Rauchchronizität auf (96 % 20 Packungsjahre), bei psychisch unauffälligen Personen ist der Anteil signifikant niedriger (74 %, p=.045). Zwischen depressiver Symptomatik und 12-Monats-Tabakabstinenz besteht kein signifikanter Zusammenhang. Diskussion: Der hypothetische Zusammenhang zwischen Depressivität und Rauchverhalten bzw. Entwöhnungserfolg wird im Wesentlichen gestützt. Die Rückfallquote ist nur bei schwerer Depressionsausprägung überdurchschnittlich. Eine konsequente psychologische Begleitbehandlung könnte den Entwöhnungserfolg erhöhen. Themenschwerpunkt 3: Therapieangebote Medikamentenabhängigkeit gibt es Evidenz für pharmakologische oder psychosoziale Interventionen? Anil Batra Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Tübingen Schätzungen gehen von einer Zahl von 1,4 bis 1,5 Millionen benzodiazepinabhängiger Menschen in Deutschland aus. Insbesondere Personen mit chronischen Schmerzen oder anderen somatischen Erkrankungen sowie psychischen Störungen nehmen Benzodiazepine gehäuft ein (Panes et al. 2018). Die Ko-Morbidität wirkt sich dabei negativ auf den Verlauf sowie das Berufs- und Sozialleben aus und ist für hohe Krankheitskosten mitverantwortlich. Die Behandlungsführung wird von zahlreichen Fragen bestimmt: Ausgangsdosis, Ziel der Behandlung (Absti- 137

72 ABSTRACTS 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 nenz/reduktion) oder Behandlung der Komorbidität sind zu bedenken. Pharmakologische Strategien zum Benzodiazepinentzug wurden nur in kleiner Zahl untersucht, etwas umfassender ist die Datenlage zu psychosozialen Begleitmaßnahmen. Auf der Basis einer systematischen Recherche nach systematischen Übersichtsarbeiten und randomisierten, kontrollierten Studien zur Behandlung der Benzodiazepinabhängigkeit werden aktuelle Konzepte und evidenzbasierte Empfehlungen vorgestellt. Literatur: Panes A, Pariente A, Bénard-Laribière A, Lassalle R, Dureau-Pournin C, Lorrain S, Tournier M, Fourrier-Réglat A (2018). Use of benzodiazepines and z-drugs not compliant with guidelines and associated factors: a population-based study. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci 2018 Dec 11. doi: /s [Epub ahead of print] Internet- und Computersucht im Jugendalter Ab wann sind Bildschirmmedien sinnvoll für das Lernen? Christoph Möller Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Auf der Bult Zentrum für Kinder und Jugendliche, Hannover Die Digitalisierung verändert viele Bereiche unseres täglichen Lebens und es steht außer Frage, dass der Umgang und die Handhabung digitaler Medien zu den Grundkompetenzen von Schulabgängern gehören sollten. Folgende Fragen werden erörtert: Ob das möglichst frühe Heranführen und Nutzen dieser Medien in Kindergarten und Grundschule der erfolgversprechende Weg ist? Oder ob in der Kindheit erst gewisse Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickelt werden müssen, um die Möglichkeiten der Digitalisierung später selbstbestimmt und gewinnbringend nutzen zu können? Weiter wird auf die Thematik der Internet- und Computerspielabhängigkeit eingegangen und ein spezielles Behandlungsangebot vorgestellt, Teen Spirit Island am Kinder- und Jugendkrankenhaus Auf der Bult in Hannover. In der DSM-V gibt es erstmals vergleichbare Diagnosekriterien, die dargestellt werden, ebenso wie Untersuchung des KFN bei 15-jährigen Schülern, die diese Diagnosekriterien zugrundelegen. Praxisbeispiel Sicherheit finden ein Therapieprogramm für traumatisierte SuchtpatientInnen Wibke Voigt Katholische Kliniken Ruhrhalbinsel ggmbh, Fachklinik Kamillushaus, Essen Der Vortrag beginnt mit der Neurobiologie des Traumagedächtnisses, da es zum Verständnis der Folgen (z. B. Posttraumatische Belastungsstörung, dissoziative Störung, weitere Traumafolgestörungen) wichtig ist, die Veränderung bzw. Schädigung des Gehirns auf neurobiologischer Ebene sowie die korrespondierenden langfristigen und schwerwiegenden Auswirkungen im Erleben und Verhalten zu kennen. Das Therapieprogramm Seeking safety (Sicherheit finden) von Najavits gibt den PatientInnen in über 15 verschiedenen Modulen Informationen über die Gemeinsamkeiten zwischen Sucht und Trauma, bietet durch die Arbeitsblätter Anregungen und Unterstützung und vermittelt Techniken, diese Folgen im Erleben und Verhalten nachhaltig und effektiv zu verändern. Zum Schluss wird die Einbettung in ein klinisch erprobtes spezifisches Therapiekonzept für PatientInnen mit einer komplexen PTBS und/oder mit dissoziativen Störungen (Dissoziations-Stopp-Gruppe, Stabilisierungsübungen, Traumakonfrontation mit EMDR, Bezugspflege, Ohrakupunktur) in einer Suchtfachklinik vorgestellt. Themenschwerpunkt 4: Internet- und Computerspielabhängigkeit Pathologisches Kaufen Wieviel Evidenz fehlt noch für die Diagnose Kaufsucht? Astrid Müller Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Hannover Charakteristisch für pathologisches Kaufen sind ein unwiderstehlicher Kaufdrang, eine starke gedankliche Vereinnahmung durch das Thema Kaufen und Kontrollverlust über den Warenkonsum, der sowohl offline als auch im Rahmen von Internetkäufen auftreten kann. Es handelt sich um einen chronischen, episodenhaften Verlauf mit exzes- 138

73 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 ABSTRACTS siven Kaufepisoden, die vorrangig der Emotionsregulation dienen. Der entgleiste Warenkonsum resultiert in finanziellen, psychischen und familiären Problemen und kann mit Beschaffungsdelinquenz einhergehen. Typische psychische Begleiterkrankungen sind Depressionen, Ängste, pathologisches Horten, Binge-Eating-Störung sowie substanzgebundene Abhängigkeitserkrankungen und andere süchtige Verhaltensweisen. Laut einer Metaanalyse neigen ca. 5 % der erwachsenen Bevölkerung zu suchtartigem Kaufverhalten, wobei Frauen und jüngere Menschen häufiger betroffen zu sein scheinen. In den letzten 10 Jahren wurden viele Studien veröffentlicht, die Ähnlichkeiten zwischen pathologischem Kaufen und substanzgebundenen Abhängigkeiten sowie pathologischem Spielen fanden, was für eine nosologische Einordnung von pathologischem Kaufen als Störung in Zusammenhang mit abhängigem Verhalten spricht. Der Beitrag informiert über das Störungsbild und fasst den bisherigen Forschungsstand sowie Überlegungen zur Klassifikation zusammen. Literatur: Müller A, Brand M, Claes L, Demetrovicz Z, de Zwaan M, Fernández-Aranda F, Frost RO, Jimenez-Murcia S, Lejoyeux M, Steins-Loeber S, Mitchell JE, Moulding R, Nedeljkovic M, Trotzke P, Weinstein A, Kyrios M (2019). Buying-shopping disorder is there enough evidence to support its inclusion in ICD-11? CNS Spectrums. doi: /S [Epub ahead of print] Problematische Nutzung von Computerspielen: Übereinstimmung der Einschätzungen von betroffenen Jugendlichen und deren Eltern sowie Zusammenhänge zu psychosozialen Aspekten Lutz Wartberg MSH Medical School Hamburg, University of Applied Sciences and Medical University, Hamburg Hintergrund: Sowohl in der aktuellen Version des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM- 5) als auch in der neuen elften Version des Klassifikationssystems für medizinische Diagnosen (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, ICD-11) ist eine problematische Nutzung von Computerspielen aufgenommen worden. Im DSM-5 wird das entsprechende Störungsbild als Internet Gaming Disorder bezeichnet und in der ICD-11 als Gaming Disorder. Die Diagnostik von Internet Gaming Disorder kann aktuell über klinische Interviews oder durch Selbsteinschätzungen von Betroffenen erfolgen. In einer empirischen Studie wurde untersucht, inwieweit eine Elterneinschätzung dazu ebenfalls geeignet sein könnte. Methodik: Bei 985 Familien-Dyaden (jeweils ein Jugendlicher und ein dazugehöriges Elternteil) wurden bundesweit insgesamt computergestützte Face-to-Face-Interviews durchgeführt. Mit einem standardisierten Fragebogen wurden Selbsturteile und Fremdeinschätzungen zu Internet Gaming Disorder sowie zu verschiedenen weiteren psychosozialen Aspekten erhoben. Ergebnisse: Es zeigten sich gute Übereinstimmungen zwischen den Einschätzungen der Jugendlichen und ihren Eltern. Diskussion: Die Ergebnisse werden hinsichtlich ihrer Relevanz für Forschung und Praxis bewertet. Perspektiven für eine Weiterentwicklung dieses neuen diagnostischen Ansatzes werden diskutiert. Smartphoneabhängigkeit Exzess oder Zeitgeist? Oliver Scheibenbogen, Ute Andorfer Anton Proksch Institut, Wien (A) Nicht jede exzessive Verhaltensweise ist sogleich süchtiges Verhalten. Das akzeptable Ausmaß der Nutzung neuer Medien (Smartphone & Co) unterliegt gesellschaftlichen Konventionen. Derzeit orientiert sich das Mediennutzungsverhalten stark am pathologischen Glücksspiel, in jüngster Zeit auch an der Internetsucht. Beim Smartphone wird jedoch die Ubiquität und Mobilität als Grundlage für die Entstehung bzw. Aufrechterhaltung süchtigen Verhaltens diskutiert. Fortunati (2005) betont in diesem Zusammenhang: Smartphones beeinflussen unser Handeln dermaßen, dass sich die Kultur der ganzen Gesellschaft verändert. Historisch gesehen tritt dieser kulturelle Wandel nicht zum ersten Mal auf. Auch zur Zeit Goethes wurde das Lesen von Büchern als süchtiges Verhalten dargestellt, vor dem sich insbesondere Frauen zu schützen hatten. Auch die Wissenschaft, reflektiert sie nicht ständig auch die kulturellen Normen, ist diesen gesellschaftlichen Einflüssen unterworfen. Smart Natives sind zwar mit dem Internet aufgewachsen und dadurch häufig Early Adopter, jedoch kann derzeit noch nicht hinreichend geklärt werden, ob dies im Sinne einer späteren Abhängigkeitsentwicklung einen Schutz oder eher eine Gefährdung darstellt. Aufgrund der Schweizer-Taschenmesser-Funktion des Smartphones ist die Funktion des Suchtmittels eine dermaßen vielfältige, dass sowohl die Diagnostik als auch die Therapie exzessiven Smartphonegebrauchs äußerst schwierig sind. 139

74 ABSTRACTS 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 Der Vortrag beschäftigt sich neben der Epidemiologie und der Diagnostik auch mit neuen Ansätzen in der Prävention. Literatur: Fortunati L (2005). Mobile phone and the presentation of self. In: Ling R, Pedersen P (eds.) Mobile communication and the re-negotiation of the social sphere. London, Springer Seminare/Workshops Ich bin nicht allein Stellenwert von Selbsthilfegruppen nach therapeutischen Behandlungen Barbara Herzog SOZIALFORUM TÜBINGEN e.v., Tübingen In dem Workshop beschreiben Aktive verschiedener Sucht- Selbsthilfegruppen aus eigener Erfahrung, was ihnen auf dem Weg der Genesung besonders hilfreich war Zitat eines Betroffenen: Medizinische und psychologische Therapien sowie andere professionelle Unterstützungsangebote haben mir wieder Boden unter die Füße gebracht und Was mich dann im täglichen Leben über Wasser gehalten hat, war die Selbsthilfegruppe. Die Leiterin der Kontaktstelle für Selbsthilfe, Barbara Herzog, beschreibt die Beratungs- und Unterstützungsangebote im SOZIALFORUM TÜBINGEN e.v. und moderiert die anschließende offene Diskussionsrunde. Intoxikationen Notfälle in der Suchttherapie Benjamin Kreifelts Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Tübingen Intoxikationen stellen einerseits ein intrinsisches Symptom stoffgebundener Abhängigkeitserkrankungen und andererseits eine große Herausforderung für die Behandler dar. Neben den Entzugssyndromen sind Intoxikationen einer der häufigsten Gründe für die notfallmäßige Vorstellung in einer suchtmedizinischen Einrichtung bzw. die Aufnahme einer suchtmedizinischen Behandlung. Dabei ist zu beachten, dass gerade schwere Intoxikationen lebensbedrohlich verlaufen können, damit häufig als interdisziplinärer medizinischer Notfall zu werten sind und ein entsprechendes Management erfordern. Neben Alkohol und Medikamenten mit Abhängigkeitspotenzial ist es gerade der Bereich der illegalen Drogen, der ein weites Spektrum möglicher Intoxikationssyndrome und -komplikationen bietet. Durch die rasante Entwicklung bei den neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) hat sich dieses Spektrum in den vergangenen Jahren noch deutlich erweitert. Das Seminar befasst sich mit dem klinischen Erscheinungsbild, der Diagnostik, der Therapie und dem (interdisziplinären) Patientenmanagement bei Suchtmittelintoxikationen. Naloxonvergabe an Laien zur Lebensrettung Thomas Pfister 1, Cornelia Schartner 2, Sandra Kristen 1 1 Aidshilfe Tübingen-Reutlingen e.v., Tübingen 2 Drogenverein Mannheim e.v., Mannheim In Deutschland sterben jährlich über Drogenkonsumierende. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um eine opioidbedingte Überdosierung, die das Atemzentrum lähmt. Zumeist sind die Betroffenen nicht alleine. Hätten die anderen Anwesenden Zugriff auf Naloxon, könnten sie schnell Überlebenshilfe leisten. Naloxon als wirksames Mittel gegen Atemlähmung steht den Konsumentinnen und Konsumenten in Deutschland aber kaum zur Verfügung. Dabei ist die Vergabe des Naloxons an geschulte Laien in über 20 Ländern weltweit (z. B. USA, Kanada, Italien, Frankreich, England) seit Jahren bewährte Praxis. Die WHO, die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogengebrauch und das Bundesministerium für Gesundheit empfehlen daher die Take-Home-Vergabe. Mit der Zulassung des Naloxon-Nasensprays im September 2018 ist die Vergabe in Deutschland vereinfacht worden. Als Vorreiter in Baden-Württemberg bieten der Drogenverein Mannheim und die Aidshilfe Tübingen seither regelmäßige Trainings für Drogengebrauchende an. In Tübingen in Zusammenarbeit mit der Uniklinik Abt. Suchtmedizin auch auf der Entzugsstation. Wir wollen mit dem Workshop motivieren, sich für die Naloxonvergabe einzusetzen und sie möglichst vor Ort zu etablieren. Dazu bringen wir gerne unsere Erfahrungen aus Mannheim und Tübingen zur Organisation und Durchführung von Naloxon-Take-Home-Vergabe Trainings ein. 140

75 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 ABSTRACTS Leistungssensible Suchttherapie Wirksame Rückfallprävention durch Entstigmatisierung Martin Fleckenstein Klinik Im Hasel AG, Gontenschwil (CH) Die Leistungssensible Suchttherapie (LST) ist ein manualisiertes und evidenzbasiertes Kurzinterventionsmodul zur Reduktion von Rückfällen und zur Entstigmatisierung. Der Schwerpunkt der LST liegt auf einer Haltungsänderung gegenüber der Abhängigkeitserkrankung. Im Rahmen von drei Gruppensitzungen wird eine leistungssensible Haltung implementiert. Der Einbezug nahestehender Personen spielt dabei eine zentrale Rolle, um die langjährigen Abstinenzbemühungen der Betroffenen sowie der Angehörigen zu würdigen und mit der tragenden positiven Emotion Stolz zu verknüpfen. In zwei Wirksamkeitsüberprüfungen wies die Interventionsgruppe während der Behandlungsdauer eine signifikant tiefere Rückfallhäufigkeit auf als die Kontrollgruppe. Die Ergebnisse wurden im Setting einer 4- bis 6-wöchigen qualifizierten Entzugsbehandlung und im Setting einer 24-wöchigen Entwöhnungsbehandlung erzielt. Die Rückfallhäufigkeit während der Behandlung kann nach Küfner et al. (1988) als Prädiktor für die Abstinenzsicherheit nach Austritt betrachtet werden. Tendenziell verstärkt LST emotionale Kompetenzen. Zudem erreicht die Intervention bei der Evaluation der Patientenzufriedenheit und der Zufriedenheit der Angehörigen sehr gute Werte. Im Seminar werden Hintergrund und Inhalte der LST vorgestellt. In einem zweiten Teil findet eine praktische Vertiefung mit einem Übungsteil statt. Literatur: Küfner et al. (1988). Die stationäre Behandlung von Alkoholabhängigen. Suchtgefahren 34: Suchttherapie in der Schwangerschaft und bei Müttern kleiner Kinder Jutta Korosec Verein Dialog, integrative Suchtberatung, Wien (A) Die medizinische Betreuung von opoidabhängigen Schwangeren und Müttern kleiner Kinder ist eine zugleich herausfordernde wie auch besonders interessante und lohnende Aufgabe. In keiner anderen Lebensphase sind Klientinnen so bereit, sich mit ihren aktuellen Lebensbedingungen auseinanderzusetzen und so motiviert zu Veränderungen in ihrem Leben. Gleichzeitig werden sie oft durch Schuldgefühle und Angst, die Obsorge für ihr Kind zu verlieren, verunsichert. Heikel erscheint die Aufgabe oftmals, weil die Verschreibung von Arzneimitteln in der Schwangerschaft grundsätzlich durch das oftmalige Fehlen von Studien und Daten, auf die man sich stützen könnte, problematisch ist, umso mehr, wenn es sich um Verschreibung von Suchtmitteln zur Substitutionstherapie handelt. Erfahrung in der Wahl des Substitutionsmittels auch mit Einsatz von retardierten Morphinen in der Schwangerschaft und im Umgang mit Beikonsum von Opioiden, Benzodiazepinen, Kokain und Alkohol ist wichtig, um die KlientInnen und ihre Kinder sicher durch diese Zeit zu begleiten. In diesem Seminar sollen all diese Aspekte behandelt und anhand von Fallbeispielen diskutiert werden. Achtsamkeitsbasierte Rückfallprävention bei Drogenabhängigkeit Mathias Hardt Therapiezentrum Brückle, Buggingen Der Suchtforscher Alan Marlatt ( ) entwickelte zusammen mit seinen Kollegen mehrere Verfahren zur Rückfallvorbeugung. Die jüngste Entwicklung ist das verhaltenstherapeutische Gruppenprogramm Mindfulness-Based Relapse Prevention (MBRP; Bowen et al. 2012). Dieses Programm kombiniert kognitivverhaltenstherapeutische mit achtsamkeitsbasierten Interventionen. Achtsamkeit ist eine bestimmte Art und Weise aufmerksam zu sein: Absichtsvoll, im gegenwärtigen Moment und nicht wertend (Kabat-Zinn 1994). Es handelt sich dabei um einen Bewusstseinszustand, der automatisiertem Suchtverhalten nachweislich entgegenwirken kann. Im Therapiezentrum Brückle wurde 2014 ein Programm zur achtsamkeitsbasierten Rückfallprävention eingeführt und evaluiert. Seither wurde das Programm stetig weiterentwickelt und an die Anforderungen in der Rehabilitation angepasst. Die Teilnehmer des Seminars lernen die Inhalte und Methoden der Indikationsgruppe Achtsamkeitsbasierte Rückfallprävention kennen und erhalten Informa- 141

76 ABSTRACTS 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 tionen zum wissenschaftlichen Hintergrund des Programms. Der Schwerpunkt liegt im Seminar auf der praktischen Umsetzung der Methoden. Dabei wird besonderer Wert auf den Umgang mit typischen Hindernissen bei der Vermittlung von Achtsamkeit gelegt. Die Teilnehmer lernen, wie Suchtpatienten möglichst effektiv bei der Entwicklung von achtsamkeitsbasierten Kompetenzen angeleitet werden können. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Motivierung der Patienten zum Selbstmanagement im Alltag. Literatur: Bowen S, Chawla N, Marlatt G (2012). Achtsamkeitsbasierte Rückfallprävention bei Substanzabhängigkeit: Das MBRP-Programm. Mit Online-Materialien. Weinheim, Basel: Beltz Kabat-Zinn J (1994). Wherever you go, there you are: Mindfulness meditation in everyday life. Hyperion Akzeptanz- und Commitmenttherapie in der stationären Suchtbehandlung Friederike Wernz, Sabine Schneider Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Tübingen Das Tübinger Modell ist ein seit Jahrzehnten bewährtes, stationäres Psychotherapieprogramm für Patienten mit Alkoholabhängigkeit und komorbiden psychischen Störungen. Unter anderem hat es sich deswegen so lange bewährt, weil es regelmäßig dem aktuellen wissenschaftlichen Stand angepasst wurde. Mit der letzten Novelle des Therapieprogramms wurde nun die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) eingeführt. ACT ist ein störungsübergreifendes Behandlungskonzept, das der dritten Welle der Verhaltenstherapie zugeordnet wird. ACT geht davon aus, dass psychische Gesundheit nicht mit der Abwesenheit belastender innerer Zustände gleichzusetzen ist. Es kommt u. a. nicht darauf an, richtig zu denken oder Gefühle in den Griff zu bekommen. In der ACT-Logik leiden Menschen nicht an ihren Diagnosen, sondern an psychischer Inflexibilität in verschiedenen Dimensionen, die individuell sehr unterschiedlich sein können und die therapeutischen Ansatzpunkte der ACT darstellen. Insofern verfolgt ACT die Förderung psychischer Flexibilität in den sechs Dimensionen: Defusion, Selbst als Kontext, Achtsamkeit, Akzeptanz, Werte und engagiertes Handeln. In diesem Workshop wird, neben einer Einführung in die Grundlagen der ACT, das 6-wöchige Gruppenpsychotherapieprogramm mit den Elementen kognitive Verhaltenstherapie, Psychoedukation, Soziale Kompetenzgruppe und ACT vorgestellt und die Inhalte für die Teilnehmer, ganz im Sinne von ACT, anhand praktischer Übungen erlebbar gemacht. Handlungsmöglichkeiten in der ärztlichen Praxis Erkennen und Ansprechen von Suchterkrankungen; Motivationskonzepte; Compliance; Vermittlung von Perspektiven Christopher Dedner Klinikum Schloß Winnenden, Klinik für Suchttherapie und Entwöhnung, Winnenden / Rauchertelefon der BZgA und Klinik eine heilsame Verbindung Christa Rustler 1, Kathrin Duhme 2 1 Deutsches Netz Rauchfreier Krankenhäuser & Gesundheitseinrichtungen e.v., Berlin 2 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Referat Prävention des Substanzmissbrauchs, Suchtprävention, Köln Die Rauchstoppberatung ist eine der wirksamsten und kosteneffizientesten Behandlungsmaßnahmen. Sie sollte allen RaucherInnen bei jedem Kontakt mit Fachpersonen im Gesundheitswesen angeboten werden. Ein Klinikaufenthalt bietet die Chance eines teachable moments für rauchende PatientInnen. Vielfältige Gründe wie etwa Personalknappheit, Qualifikationsdefizite und nicht ausreichende Finanzierung von beratungsintensiven Interventionen erschweren jedoch Rauchstoppberatungen in der Praxis. Mit der kostenfreien Telefonberatung bietet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ein wirksames und vor allem leicht zugängliches Ausstiegsangebot. Proaktive Anrufe sind dabei erfolgreicher. Nach einem Jahr war proaktive Beratung mit mindestens drei zusätzlichen Beratungsgesprächen wirksamer als eine einmalige oder weniger intensive proaktive Beratung mit einer Punktprävalenz: 34,4 % vs. 21,3 % (Lindinger 2012). Die Intensivierung der Vermittlung in die Telefonberatung der BZgA innerhalb der Klinik erscheint daher als mög- 142

77 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 ABSTRACTS licher Lösungsweg, um mehr rauchenden PatientInnen ein wirksames Angebot in einer für sie günstigen Motivationslage anzubieten. Wie es gelingen kann, die bestehenden Hürden zu überwinden, soll in einem Expertenworkshop im Herbst 2018 erarbeitet werden. Aus diesen Ergebnissen wird dann ein Modellprojekt entwickelt, das ab 2019 in Pilotkliniken mit entsprechender Schulung und Prozessbegleitung umgesetzt werden soll. Der Workshop und die Implementierung werden von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gefördert. Nach Abschluss der Modellphase soll eine dauerhafte Anwendung in der klinischen Routine und die Verbreitung des Prozesses unterstützt werden. In dem Vortrag wird das Modellprojekt vorgestellt und werden erste Erfahrungen zur Diskussion gestellt. Literatur: Lindinger P et al. (2012). Arbeitsweise und Wirksamkeit einer Telefonberatung für Tabakentwöhnung. SUCHT 58 (1): DOI: / Einmal süchtig, nie mehr Arbeit? Integratives Angebot zur (Wieder)herstellung bzw. Erhöhung der Arbeitsfähigkeit suchtkranker Personen Anjuna Trautmann, Maria Kofler Verein Dialog Wien; Standort Sucht und Beschäftigung, Wien (A) Der Verein Dialog, als größter Anbieter ambulanter Behandlung und Betreuung von suchtkranken Menschen in Österreich, betreibt mehrere Ambulanzen in der Stadt Wien. Ein sehr spezifisches Angebot findet am Standort Sucht und Beschäftigung statt. Hier werden seit 1995 Angebote an der Schnittstelle von Sucht, Gesundheit und Arbeitsmarkt gesetzt. Betreut werden an diesem Standort pro Jahr ca. 700 Personen mit einer Suchterkrankung, die sich im Graubereich der Arbeitsfähigkeit befinden. Gleichgültig, ob eine Alkoholproblematik oder ein Problem mit illegalen oder illegalisierten Substanzen vorliegt, erhalten die TeilnehmerInnen psychosoziale Unterstützung und bei Bedarf auch ein medizinisches Behandlungsangebot vor Ort. Dieser multiprofessionelle Ansatz ist auch das Spezifische für dieses Angebot. Das Ziel ist die Verbesserung bzw. Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit suchtkranker Menschen und damit die Erhöhung ihrer Chancen für eine Integration in den Arbeitsmarkt. Die Angebote finden im Einzelsetting, wie auch im Rahmen von ergänzenden Workshops bzw. in mehrwöchigen Kursen statt. Die Zusammenarbeit der Berufsgruppen der Sozialarbeit, der Psychologie und der Medizin ergibt bei Bedarf ein individuelles langfristiges rehabilitatives ambulantes Betreuungs- und Behandlungsangebot. Im Rahmen des Workshops wollen wir das Angebot im Detail vorstellen und aufgrund der Erfahrungen mit den TeilnehmerInnen in einen aktiven Austausch treten. Netzgänger 3.0 Prävention durch Medienkompetenz Michael Leibfried, Florian Hoffmann Condrobs e.v. Inside, München Der Medienpädagoge Detlef Scholz sieht in der Medienkompetenzentwicklung eine wesentliche Lebenskompetenz, da sie zum selbstbestimmten und sozial verantwortlichen Handeln und damit zur eigenen und gesellschaftlich relevanten Lebensweltgestaltung befähigt. Der Lebenskompetenzansatz ist auch in der Suchtprävention allgegenwärtig. Dabei stehen nicht nur Kinder und Jugendliche im Mittelpunkt, auch das soziale Umfeld, wie zum Beispiel Eltern und Erziehende, muss miteinbezogen werden. Das Präventionsprojekt Netzgänger 3.0 setzt an diesen Punkten an und vermittelt SchülerInnen zwischen 10 und 12 Jahren neben Wissen auch Handlungskompetenzen für einen risikoarmen und reflektierten PC- und Internetgebrauch. Um die SchülerInnen möglichst gut zu erreichen, wurde es als Peer-Projekt entwickelt: SchülerInnen aus einer höheren Jahrgangsstufe werden zu Multiplikatoren ( Peers ) ausgebildet, die ihr Wissen an jüngere SchülerInnen in Workshops an der Schule weitergeben. Geschult wird in vier verschiedenen Modulen: Smart im Netz (Datenschutz), Virtuelle Spielewelten, Cybermobbing und Soziale Netzwerke. Schwerpunkte liegen hierbei auf der Auseinandersetzung mit dem eigenem (Medien-)Nutzungsverhalten sowie der Aneignung von medienkritischen und reflektierten Standpunkten. Zusätzlich finden für die teilnehmenden Schulen verpflichtend eine LehrerInnenfortbildung sowie ein Elternabend statt. Der Vortrag soll einen Überblick über organisatorische und inhaltliche Abläufe des Projektes Netzgänger 3.0 bieten sowie pädagogische und suchtpräventive Hintergründe erläutern und auf Herausforderungen und Best-Practice-Lösungen des präventiven Peeransatzes eingehen. 143

78 ABSTRACTS 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 IRRT (Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy) in der Suchttherapie: IRRT-ERT Martin Fleckenstein, Thomas Lüddeckens Klinik Im Hasel AG, Gontenschwil (CH) Bei der Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy (IRRT) handelt es sich um eine schonende und effektive Behandlungsmethode belastungsabhängiger psychischer Störungen, wie posttraumatische, depressive, Angst- und Trauer-Reaktionen. Auch in der Suchtbehandlung hat sich die IRRT bewährt, sowohl zur Behandlung entsprechender Komorbiditäten der Sucht, als auch zur Prophylaxe und Aufarbeitung von Rückfällen sowie zur Diagnose und Therapie negativer Selbstschemata (z. B. Selbsthass). Im Seminar wird nach einer kurzen Wiederholung der Grundlagen der IRRT-Behandlung vor allem auf die IRRT- ERT zur Vorbeugung und Behandlung von Rückfällen in den Substanzkonsum eingegangen. Dieser neue Ansatz der Rückfallaufarbeitung bzw. des Suchtdruck-Copings, der in Zusammenarbeit mit der Klinik im Hasel (Spezialklinik zur Behandlung von Sucht und Trauma, Gontenschwil, Schweiz) entwickelt wurde, wird im Workshop anhand von Video- und/oder Live-Demonstrationen anschaulich dargestellt. Er stellt ein neues hochwirksames Emotionsregulationstraining dar, welches Patienten in emotionaler Selbstzuwendung, Emotionstoleranz und Akzeptanz, Selbstberuhigung und Tröstung unterstützt. Die methodischen Grundpfeiler sind dabei: sokratische Haltung, Imagination, die Arbeit mit verschiedenen Persönlichkeitsanteilen sowie sprach liche und konzeptionelle Genauigkeit. Integrierte Behandlung bei Medikamentenabhängigkeit Hans-Peter Medwed, Claus-Dieter Kieser Klinikum Stuttgart, Klinik für Suchtmedizin und Abhängiges Verhalten, Stuttgart In Deutschland leiden etwa 2 Millionen Menschen an einer Medikamentenabhängigkeit. Nach wie vor erreichen wir diese Personengruppe mit unseren Angeboten in der Suchthilfe nur teilweise. Die Erfahrung zeigt aber, dass die Suchthilfe gute Strukturen für die Hilfe und Behandlung bieten kann, die einzelnen Angebote jedoch untereinander besser vernetzt werden müssen. Mit unserem Angebot der Integrierten Behandlung bei Medikamentenabhängigen haben wir ein einrichtungs- und professionsübergreifendes Konzept gestaltet, welches eine bessere Voraussetzung für eine adäquate Behandlung dieser speziellen Patientengruppe bietet. Im Seminar wollen wir unser Konzept vorstellen und über unsere mittlerweile 3-jährigen Erfahrungen in der Umsetzung berichten. Mann-Sein-Nüchtern Peter Hotz, Sebastian Bernhardt Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach, Abteilung für Suchtmedizin und Sozialpsychiatrie, Andernach Männer machen den Großteil der Belegung in Suchtkliniken aus. Gleichzeitig existieren im akuten Entzugsbereich vor allem geschlechtsspezifische Behandlungsangebote für Frauen. Vor diesem Hintergrund haben wir ein gruppentherapeutisches Behandlungskonzept speziell für suchtkranke Männer entwickelt, das auch im Akutbereich einsetzbar ist. Die Gruppe folgt einem ganzheitlichen Ansatz und fokussiert das Erleben von männlicher Verbundenheit und echtem Kontakt. Unter Einsatz von körperbezogenen, spirituellen, meditativen und gesprächspsychotherapeutischen Elementen werden wegkonsumierte Emotionen spürbar und können integriert werden. Im Workshop, der sich ausdrücklich nur an Männer richtet, werden wir eine Gruppensitzung mit den Teilnehmern durchspielen und unsere Methodik für alle lebendig werden lassen. Im Seminar, das sich an Männer und Frauen richtet, werden wir das theoretische Konzept mit den grundlegenden Techniken vorstellen und über unsere dreijährigen Erfahrungen in der Gruppe berichten. 144

79 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 ABSTRACTS Psychiatrische Pharmakotherapie für Nicht-Mediziner Friederike Wernz Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Tübingen Neben den psychotherapeutischen Verfahren stellt die Psychiatrische Pharmakotherapie eine wichtige Behandlungsstrategie in der Behandlung psychischer Erkrankungen dar. Speziell in der Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen und abhängigem Verhalten sind zum einen Medikamente von Interesse, die bei akuter Intoxikation, im Entzug, zur Rückfallprophylaxe, zur Konsumreduktion und zur Substitutionsbehandlung eingesetzt werden, zum anderen kann, in der Behandlung komorbider Störungen, das gesamte Spektrum der Psychopharmaka zum Einsatz kommen. Im Seminar wird, in allgemeinverständlicher Form, in die wichtigsten Substanzklassen, deren Indikationen sowie das Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil eingeführt. Anhand von Fallbeispielen, gerne auch aus dem Kreis der Teilnehmer, wird das erworbene Wissen möglichst alltagsnah eingeordnet. Dialektisch Behaviorale Therapie für Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen und Abhängigkeitserkrankungen DBT-Sucht Thorsten Kienast Kienast Mental Health, Hamburg Die Behandlung von Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen (BPS) in Kombination mit einer bestehenden Suchterkrankung stellt besondere Anforderungen an den Therapeuten und sein Team. Häufig tragen Störungen der Abstinenzmotivation, ein ausgeprägtes Suchtmittelverlangen und die Aktivierung dysfunktionaler Verhaltensschemata zu wiederholtem Suchtmittelkonsum bei und gefährden den weiteren Verlauf der gesamten Behandlung. Um den Therapieverlauf erfolgreich zu gestalten, müssen diese Faktoren auf besondere Weise in den therapeutischen Prozess integriert werden. Weiterhin fordern konsumbedingte neurobiologische Regenerationsprozesse während der frühen und längerfristigen Abstinenz eine gestufte Herangehensweise durch den Therapeuten, damit Überforderungen der Patienten bei der Umsetzung der Therapieziele vermieden werden. Wir haben in Zusammenarbeit mit Prof. Marsha Linehan ein Behandlungskonzept für Patienten mit Borderline- Persönlichkeitsstörung und komorbider Abhängigkeitserkrankung entwickelt und als ambulantes und stationäres Konzept evaluiert. Es lässt sowohl durch seine speziellen Rahmenbedingungen als auch durch seine inhaltliche Struktur eine zeitgleiche Behandlung beider Störungen zu. Spezifische DBT-Gruppentherapien, Suchttherapiegruppen und Einzelgespräche berücksichtigen insbesondere motivationale Aspekte und werden von verschiedenen Berufsgruppen des therapeutischen Teams durchgeführt. In diesem Workshop werden die therapeutischen Basisfertigkeiten zur Behandlung dieser Patientengruppe vermittelt und geübt. Aufgrund der fortgeschrittenen Entwicklung dieses Behandlungskonzeptes wird ein Update über den aktuellen Stand gegeben. Neu in diesem Kurs ist das Training spezieller Skills bei Abhängigkeitserkrankungen: Hierarchisierung der Therapieziele Skills in der in der DBT-Sucht dialektische Abstinenz Attachment-Strategien Literatur zur Vorbereitung für diesen Workshop: Dimeff LA, Linehan MM (2008). Dialectical behavior therapy for substance abusers. Addict Sci Clin Pract 4: Kienast T, Roediger E, Kensche M, Foerster J, Daig I, Heinz A (2009). Evidenzbasierte Psychotherapie: Sucht und Persönlichkeitsstörung als Komorbidität. Nervenarzt 80: Linehan MM (1993). Cognitive-behavioral treatment of borderline personality disorder. New York: The Guildford Press Gruppentherapie der Sucht Clemens Veltrup Suchthilfeverbund Nordelbien, Fachklinik Freudenholm-Ruhleben, Plön Im Seminar werden wichtige (überwiegend deutschsprachige) Gruppenmanuale für Substanzmissbraucher und -abhängige zur Förderung von Änderungsbereitschaft und Änderungskompetenz vorgestellt (z. B. Motivational Interviewing in Gruppen, Manuale für die qualifizierte Entzugsbehandlung, strukturierte Rückfallpräventionsprogramme), die in der Praxis angewandt werden können. In Kleingruppen- und Rollenspielübungen sollen praktische Kenntnisse erworben werden. Alle Kursteilnehmer erhalten umfangreiche Begleitmaterialien. 145

80 ABSTRACTS 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 Selbstmitgefühl Götz Mundle Zentrum für Seelische Gesundheit Oberberg City Berlin Kurfürstendamm, Berlin Damit jemand echtes Mitgefühl für andere entwickeln kann, muss man zuerst ein Fundament haben, auf dem man Mitgefühl kultivieren kann. Dieses Fundament ist die Fähigkeit, sich mit den eigenen Gefühlen zu verbinden und sich um sein eigenes Wohlergehen zu kümmern. Fürsorge für andere bedarf Fürsorge für einen selbst. (der 14. Dalai Lama) Freundlich zu sich selbst zu sein, gerade in schwierigen Situationen, Krisen oder bei psychischen Erkrankungen wie Abhängigkeitserkrankungen, erfordert die Fähigkeit des Selbstmitgefühls, d. h. eigene auch unangenehme Gefühle freundlich und fürsorglich annehmen zu können und uns gegenüber unserem Leid mit unserem Herzen zu öffnen. Selbstmitgefühl gibt die emotionale Stärke und Widerstandfähigkeit, uns Schwächen einzugestehen und uns zu vergeben. Dies ermöglicht einen neuen Umgang mit psychischen Krisen, u. a. Abhängigkeitserkrankungen. Studien belegen die positiven Wirkungen von Selbstmitgefühl auf psychisches und körperliches Wohlbefinden sowie auf Beziehungsverhalten. Gerade bei Abhängigkeitserkrankungen ist diese Fähigkeit häufig verloren gegangen und muss neu erlernt und geübt werden. Der Workshop bietet eine Einführung in die Prinzipien von Selbstmitgefühl. Anhand von Selbsterfahrungsübungen, Meditationen, Austausch in der Gruppe und Vortrag wird eine erste direkte Erfahrung von Selbstmitgefühl ermöglicht. Für den Workshop sind keine Vorerfahrungen mit Achtsamkeit oder Meditation notwendig. Programm Nichtraucher in 6 Wochen Christina Zeep Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Arbeitskreis Raucherentwöhnung, Tübingen Grundlagen: In diesem Kurs sollen die Grundlagen des Programms Nichtraucher in 6 Wochen für künftige KursleiterInnen zusammengefasst werden. Es wird ein Überblick über den grundsätzlichen Aufbau und die Inhalte des 6-Wochen-Programms gegeben. Beginnend mit der sogenannten Vorbereitungsphase, welche die ersten beiden Kurswochen umfasst, soll ferner ein Einblick in die konkrete Durchführung der Raucherentwöhnungskurse gegeben werden. Eine vertiefte Befassung mit den Kursinhalten, insbesondere der späteren Programmwochen (Wochen 3 bis 6), erfolgt verbunden mit praktischen Übungen in Teil 2 der Veranstaltung zum Programm Nichtraucher in 6 Wochen. Praxisteil: Vorgestellt wird das für eine sechswöchige Behandlung konzipierte Raucherentwöhnungsprogramm des Arbeitskreises Raucherentwöhnung der Universität Tübingen. Dieses berücksichtigt psychologische und physiologische Komponenten der Tabakabhängigkeit gleichermaßen. Ausgehend von lernpsychologischen Theorien vermittelt das verhaltenstherapeutische Programm, das auch als Selbsthilfemanual einsetzbar ist, zunächst die Komponenten Informationsvermittlung und Motivationsförderung, um dann im Rahmen der Verhaltensänderung die Selbstbeobachtung zur Verhaltensanalyse, Techniken zur Stimuluskontrolle und der operanten Selbstverstärkung, Rollenspiele, den Aufbau von Alternativverhalten und die Vermittlung eines Entspannungstrainings einzusetzen. Im zweiten Teil des Seminars wird praxisorientiert die Durchführung und Implementierung dieses Programms erläutert. Behandlungsstrategien bei Jugendlichen mit exzessiver Mediennutzung Gottfried Barth Universitätsklinikum Tübingen, Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter, Tübingen Computerspiel- und Internetabhängigkeit im Kindes- und Jugendalter ist in vielen Aspekten vom Erscheinungsbild bis zur Behandlung vom Erwachsenenalter zu unterscheiden. Es werden Einblicke in typische Situationen exzessiven Computerspiels sowie typische Reaktionen auf Computerentzug gegeben. Es werden Fallbeispiele für den Spontanverlauf, für ambulante Beratung und für stationäre Therapie dargestellt. Dabei werden typische Formen der exzessiven PC-Nutzung im Jugendalter und die notwendigen Stufen der Diagnostik sowie die Interventionsmöglichkeiten aufgezeigt. 146

81 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 ABSTRACTS Zur Nähe/Distanz-Problematik in psychosozialen Institutionen die Implementierung des Bündner Standards Oliver Bilke-Hentsch Modellstation Somosa, Winterthur (CH) Jede Institution, sei es nun eine Klinik, eine Heimeinrichtung oder eine Beratungsstelle, muss sich mit Nähe/Distanz-Themen auseinandersetzen. Dies gehört einerseits zur Natur der Sache und des Auftrags, nämlich dem Umgang mit Kindern, Jugendlichen und Familien. Andererseits bestehen in jeder fachlichen zwischenmenschlichen Interaktion multiple Schnittstellen und Nähe/Distanz-Themen. Überschreitungen sind in beide Richtungen zu erwarten und dürfen letztlich nicht eine Institution unvorbereitet treffen. In diesem Kontext ist in den letzten 10 Jahren ein Übergang von aufwendigen und reaktiv eingesetzten Ad-hoc-Lösungen hin zu einer Leitlinienorientierung zu verzeichnen, was die Reaktion und Prävention verbinden kann. Aus einem Reagieren auf Einzelfälle ist systematisch eine Vorbereitung auf mögliche Szenarien geworden, wobei zunehmend auch interdisziplinäre Aspekte stärkere Berücksichtigung finden. Anhand des in der Schweiz aktuell eingeführten sog. Bündner Standards, wird ein derartiges Vorgehen und dessen Implementierung in das bestehende Leitliniensystem einer Einrichtung dargestellt, die sowohl als Heimeinrichtung als auch als Spital, als auch als Justizeinrichtung arbeitet. Positive Entwicklungen und kritische Aspekte werden hierbei exemplarisch herausgearbeitet. Klinik kann mehr als nur stationäre qualifizierte Entzugsbehandlung Ruxanda Zavoianu 1, Jamil El Kasmi 2, Hubertus Friederich 3 1 ZfP Südwürttemberg, Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, Zwiefalten 2 Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik, Reutlingen 3 ZfP Südwürttemberg, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Region Alb-Neckar, Zwiefalten Abhängigkeitserkrankungen sind in ihrem Erscheinungsbild vielfältig und in ihrem Schweregrad sehr unterschiedlich. Aus diesem Grunde ist die bereichsübergreifende Sensibilisierung für substanzbezogene Probleme und deren psychosozialen Folgen notwendig, um davon betroffenen Menschen eine ihrer Lebenslage entsprechende Behandlung und Versorgung anbieten zu können. In diesem Seminar werden wir über bestehende und über neue Behandlungsangebote in der Region Alb-Neckar informieren und diskutieren: Ist die Suchtbehandlung von Rechtsbrechern anders als die von Nicht -Rechtsbrechern? (Ruxanda Zavoianu) Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet. So lautet das Gerichtsurteil, das zur Aufnahme und zur Behandlung im Maßregelvollzug gemäß 64 StGB führt. Spezifische Begriffe wie Vorwegvollzug, Straftat, Kriminalität, Entlassung in Haft, gehören zum Alltag der Behandlung in einer Entziehungsanstalt, genauso wie Krankheitsanamnese, Verhaltensanalyse, Rückfall, Erklärungsmodelle, Vorbereitung auf Entlassung aus der allgemeinen Suchtbehandlung. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Behandlung von suchtkranken Menschen im Maßregelvollzug gemäß 64 StGB und im regulären Suchthilfesystem werden vorgestellt. Substitutionsambulanz und PIA als Teil des Komplexangebots (Jamil El Kasmi) Aufgrund der überall drohenden bzw. schon eingesetzten Unterversorgung von Patienten mit einer Konsumstörung durch Opioide und/oder Opiate wurde am über die Fachklinik für Psychiatrie und Psychosomatik Reutlingen (PP.rt) eine Substitutionsambulanz in der Stadt Reutlingen errichtet. Durch die enge Anbindung an die Klinik, insbesondere an die psychiatrische Institutsambulanz der Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen (Sucht PiA), mit all ihren multiprofessionellen Behandlungsangeboten und durch die Zusammenarbeit mit den psychosozialen Beratungsstellen (PSB en) und Hausärzten in der Region ist die komplexe und durchaus aufwendige Substitutionstherapie sehr gut durchführbar. Die Substitutionsambulanz ist eine zunehmend wichtigere Ergänzung des ambulanten Behandlungsangebotes psychiatrischer Kliniken. Im Rahmen des Workshops werden erste Erfahrungen und daraus abgeleitet festzustellende Vorteile, aber auch Probleme und Herausforderungen dargestellt und diskutiert. Stationsäquivalente und tagesklinische Behandlung (Hubertus Friederich) Die neue Behandlungsform ist ein Angebot für jene Patienten, die das etablierte Behandlungsangebot nicht in Anspruch nehmen konnten oder wollten. Für die Mitarbeiter bedeutet es ein großes Umdenken und in vielfacher Weise einen Paradigmenwechsel. Die Macht- und Sicherheitsverhältnisse in der therapeutischen Beziehung müssen sich dabei automatisch und nachdrücklich verschieben. In Zwiefalten nahmen wir nach vorausgehenden Erhebungen an, dass mindestens 10 % unserer bisher stationär versorgten Patienten nun stationsäquivalent versorgt werden können. 147

82 ABSTRACTS 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 Nach kurzer organisatorischer Vorbereitung und aufgrund der Vorerfahrungen durch zwei bereits über ein Jahr im ZfP Südwürttemberg durchgeführte Projekte starteten wir ab Februar 2018 mit der praktischen Umsetzung. Das soziale Profil der suchtkranken Menschen wie auch die medizinischen Voraussetzungen sind für unser Angebot einer stationsäquivalenten Behandlung sehr relevant. Wir dürfen und können auch bei dieser Behandlungsform manche Risiken nicht eingehen, wenngleich sich unser Denken aufgrund der neuen Perspektiven unweigerlich ändert. Unser stationäres Behandlungsangebot eines qualifizierten Entzugs stand in den letzten Jahren zunehmend unter dem Wandlungsdruck, sich auf eine körperliche Entgiftungsbehandlung zu minimieren. Das STÄB-Angebot gibt uns nun die Möglichkeit, z. B. akut stationär entgiftete Patienten längerfristig und täglich im Sinne einer qualifizierten Entzugsbehandlung weiter zu behandeln. Der Beitrag soll die ersten Erfahrungen und Erkenntnisse der Zwiefalter Klinik mit der stationsäquivalenten Therapieform anhand von Fallbeispielen darstellen. Selbstsicherheit durch Abstinenz Anil Batra 1, Kurt Mauser 2, Anke Traub 2 1 Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Tübingen 2 Tübinger Förderverein für abstinente Alkoholabhängige e.v., Tübingen Selbsthilfe in der Sucht arbeitet gelegentlich mit dem Konzept der Selbstoffenbarung und Selbstverunsicherung: Aussagen im Sinne von Wir geben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind und unser Leben nicht mehr meistern konnten. appellieren an die Akzeptanz der unausweichlichen Tatsache, dass der Alkoholkonsum nicht mehr kontrolliert werden kann, können aber auch im Sinne einer Selbststigmatisierung und unser Leben nicht mehr meistern konnten missverstanden werden. Selbstwertaufbauende Interventionen dagegen, die auf Überwindung von Schuld und Schamgefühlen zielen und ohne negative Stereotypien oder starke normative und moralische Konnotation des Krankheitsgeschehens arbeiten, verbessern Selbstwert und damit auch Depressivität, Ängstlichkeit und Schlafstörungen. Der Aufbau von Selbstwert verbessert den Krankheitsverlauf. Selbsthilfe und Therapie sollten daher Abstinenz als Quelle des Selbstwertes in der Suchttherapie nutzen und damit die Prognose verbessern. Vorgestellt werden die Sicht der Betroffenen, der Klinik und wissenschaftliche Ergebnisse. Akzeptanz- und Commitment-Training: Einführung in die ACT-Matrix Klaus Ackermann Median-Klinik Wilhelmsheim, Oppenweiler Mit ACT können wir die psychische Flexibilität von Menschen mit Konsumstörungen wirksam unterstützen. Einerseits richtet sich ACT darauf, sprachlich-symbolische Kontexte herzustellen, in denen Richtungen und Werte wieder handlungsleitende Bedeutung gewinnen können. Andererseits soll belastendes psychisches Erleben (Suchtdruck, Hilflosigkeit, Angst, Wut ) durch die Veränderung kognitiver Bezugsrahmungen in seiner funktionalen Qualität verändert werden. Mit dem Modell der psychologischen Flexibilität und den darin enthaltenen 6 Kernprozessen ( Hexaflex ) ermöglicht ACT eine funktional-verhaltensanalytische Beschreibung relevanter Umstände menschlichen Leidens. Mit der ACT-Matrix existiert ein intuitives, leicht verständliches Anwendungsmodell ( ACT für die Westentasche ), das Menschen hilft, richtungsdienliche Verhaltensweisen umzusetzen. Die Matrix bildet somit eine hervorragende Grundlage zur Vermittlung von Bewältigungskompetenzen in klinischen und anderen Settings. Basierend auf den langjährigen gruppen- und einzeltherapeutischen Anwendungserfahrungen einer Fachklinik für alkohol- und medikamentenabhängige Menschen vermittelt der Workshop Grundkenntnisse und Fertigkeiten, um die ACT-Matrix in Gruppen und Einzelkontakten erfolgreich nutzen zu können. 148

83 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 ABSTRACTS Update Motivierende Gesprächsführung Clemens Veltrup Suchthilfeverbund Nordelbien, Fachklinik Freudenholm-Ruhleben, Plön In der dritten Auflage ihres Sucht-Bestsellers ergänzen Miller und Rollnick den Ansatz des Motivational Interviewing (MI) um wesentliche Elemente, welche v. a. dazu beitragen sollen, die Anwendbarkeit des Ansatzes zu verbessern. Helping People Change, so der neue Untertitel, unterstreicht den Anspruch des MI, eine psychotherapeutische Intervention zu sein, die als Stand-alone-Ansatz genauso wirksam ist, wie in der Kombination mit psychosozialen Interventionen, medizinischer Behandlung und verschiedenen Formen von Psychotherapie. Im Seminar sollen die wesentlichen Neuerungen vorgestellt und in Rollenspiel- und Kleintruppenübungen trainiert werden. Das Seminar richtet sich an therapeutische MitarbeiterInnen der suchtspezifischen Hilfe. Ressourcen-, lösungs- und zielorientierte Arbeit mit Angehörigen in einer Suchtberatungsstelle Jens-Peter Zimmermann Integrative Suchtberatung, Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.v., Berlin In diesem Workshop wird das Konzept des seit 2013 in der Berliner Caritas-Suchtberatungsstelle Königsberger 11 durchgeführten Seminars für Angehörige von Menschen mit einer Suchtproblematik ausführlich vorgestellt. Das Angehörigenseminar welches sechs wöchentliche Termine umfasst ist ressourcen-, lösungs- und zielorientiert konzipiert. Darüber hinaus kommen psychodramatische Elemente zum Einsatz. Die teilnehmenden Angehörigen werden eingeladen, den Fokus weg von dem von einer Suchtproblematik Betroffenen und hin auf die eigene Person zu richten. Sie erhalten Anregungen, eigene Veränderungspotenziale und -möglichkeiten zu entdecken im Sinne einer Kompetenzerweiterung und werden darin begleitet, Strategien mit Blick auf eine gewünschte Veränderung auszuprobieren. Im Anschluss an die Vorstellung des Angehörigenseminares wird Raum sein für einen Austausch über das Konzept und über die Umsetzbarkeit in anderen Suchthilfeeinrichtungen. Schematherapie in der Suchtbehandlung Bastian Willenborg Oberbergklinik Berlin/Brandenburg, Wendisch Rietz Die Schematherapie ist ein integrativer Behandlungsansatz. Dysfunktionale Schemata werden in der Schematherapie als psychologische Konstrukte verstanden, welche individuelle Annahmen über das Selbst, die Umwelt und andere Menschen beinhalten. Als eine der wichtigsten Weiterentwicklungen dieses transdiagnostischen Ansatzes ist sicherlich der Schema-Modus- Ansatz zu nennen. Ein Schema-Modus ermöglicht die Konzeptualisierung intensiver emotionaler Zustände bei Aktivierung auch mehrerer Schemata. Mit der Möglichkeit zur Konzeptualisierung auch mehrerer aktiver Schemata kann die Schematherapie vor allem zur Behandlung von Patienten mit Persönlichkeitsstörungen und komplexen chronischen Schwierigkeiten genutzt werden. In diesem Workshop werden kurz allgemeine schematherapeutische Basisstrategien vermittelt. Im weiteren Verlauf sollen dann unterschiedliche Suchtverhaltensweisen den unterschiedlichen Modi zugeordnet werden, um diese optimal ins Modus-Modell integrieren zu können. Dies ist dann die Grundlage, um im weiteren Verlauf modusspezifische Interventionen durchführen zu können. Diese werden im Rahmen des Workshops anhand von Videobeispielen demonstriert. Vorwissen im schematherapeutischen Ansatz ist vorteilhaft aber nicht notwendig. 149

84 ABSTRACTS 24. TÜBINGER SUCHTTHERAPIETAGE 2019 Schritte auf dem Weg zu sich selbst Kreative Methoden in der psychotherapeutischen Behandlung Suchtkranker Nikolaus Lange 1, Claudia Sieling 2 1 Baden-Württembergischer Landesverband für Prävention und Rehabilitation ggmbh, Renchen 2 Fachklinik Eußerthal, Eußerthal Suchterkrankungen gehen meist einher mit Verstummung von Betroffenen und ihrer sozialen Umwelt. Selbstwahrnehmung, Selbstbewusstsein, Selbstachtsamkeit und der Glaube an Selbstwirksamkeit scheinen bei unseren Patienten oft nicht mehr oder in stark reduzierter Form vorhanden, der alleinige Zugang über Sprache und Vernunft nur eingeschränkt möglich zu sein. Die hier vorgestellten kreativen Methoden basieren auf der Integrativen Therapie nach Hilarion Petzold und helfen in der psychotherapeutischen Behandlung Suchtkranker, auf der Basis von ganzheitlichen Erfahrungen besseren Zugang zur eigenen Identität zu finden. Kreative Methoden schöpfen über die Aktivierung aller 5 menschlichen Sinne eine Vielfalt von Wegen aus, sich selbst und andere wieder emotional zu begreifen und diese Erfahrungen im Sinne einer kognitiven Selbststeuerung zu nutzen. Kreative Methoden sind psychotherapeutische Interventionen, welche, an Übung, Erleben, Ressourcen und Konflikten orientiert, in der Einzel- und Gruppentherapie eingesetzt werden können. Ziel dieses Kurses ist es, den Teilnehmern durch praktische Übungen kreative Methoden zu vermitteln und ihnen deren vielfältigen Einsatz im therapeutischen Alltag näher zu bringen. Nach dem Selbsterfahrungsteil werden wir im Rahmen einer Prozessanalyse anhand der praktischen Erfahrungen den theoretischen Hintergrund erläutern Praxis und Theo rie verschränken. Beratung bei Angehörigen von Personen mit exzessivem Internetgebrauch Isabel Brandhorst Universitätsklinikum Tübingen, Abteilung für Psychiatrie, Psychosomatik und Psycho therapie im Kindes- und Jugendalter, Tübingen Gerade im Jugend- und Adoleszentenalter kommt den Angehörigen von Menschen mit psychischen Erkrankungen eine zentrale Rolle für wirksame Interventionen zu und oftmals liegt bei den Angehörigen der größte Leidensdruck vor. Dies zeigt sich auch in der Arbeit mit Computerspiel- und Internet-abhängigen Menschen, insbesondere auch angesichts der oft sehr geringen eigenen Änderungsmotivation der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Deshalb hat die Beratung, Unterstützung und das Training von Angehörigen eine große Bedeutung. Ziel der Angehörigenarbeit ist es, bei den Angehörigen ein neues Verständnis für das Verhalten der Betroffenen sowie alternative Kommunikationsund Verhaltensweisen und eine verbesserte Selbstfürsorge aufzubauen. Im Seminar werden Strategien der Angehörigenarbeit bei Computerspiel- und Internetabhängigkeit aufgezeigt und in Form von Rollenspielen und weiteren Übungen praxisnah vermittelt. 150

85 TAGUNGSKALENDER SUCHTMED Datum Veranstaltung Ort Veranstalter Internet 28. April 1. Mai th Harm Reduction International Conference Porto, Portugal Harm Reduction International 61 Mansell Street Aldgate GB-Lonon, E1 8AN Tel: +44 (0) Mai 2019 Umgang mit schwierigen Situationen in der Suchtbehandlung im Bereich Ergo-, Ernährungs- und Sport-/ Bewegungstherapie 8. Mai Wissenschaftliches Symposium des Norddeutschen Suchtforschungsverbundes (NSF e.v.) Mai 2019 Mein Arbeitsplatz in einer Suchteinrichtung Mai Wissenschaftliches Gespräch der DG -Sucht Phänotypen der Sucht: Ausgangspunkt für individualisierte Therapieansätze? Mai fdr+sucht+kongress Hey Alex, ich habe ein Suchtproblem! Digitaler Aufbruch in der Suchthilfe Juni Suchttherapietage Suchttherapie und -prävention: Alles nur noch online? Juni Heidelberger Kongress analog digital: Herausforderungen für die Suchtbehandlung Bonn Hannover Bonn Nürnberg Frankfurt am Main Hamburg Heidelberg Fachverband Sucht e.v. Walramstraße Bonn Tel: 0228/ Fax: 0228/ sucht@sucht.de Prof. Dr. Havemann-Reinecke Sekretariat Frau Kerstin Rommel-Fengewisch Klinik für Psychiatrie von-siebold-str Göttingen kerstin.rommel-fengewisch@med.uni-goettingen.de Fachverband Sucht e.v. Walramstraße Bonn Tel: 0228/ Fax: 0228/ sucht@sucht.de Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e.v. Postfach Hamm Tel: 02381/ ekaterini.georgiadou@klinikum-nuernberg.de Fachverband Drogen- und Suchthilfe e.v Gierkezeile Berlin Tel: 030/ mail@fdr-online.info Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung ZIS Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Martinistraße Hamburg Tel: 040 / Fax: 040 / Fachverband Sucht e.v. Walramstraße Bonn Tel: 0228/ Fax: 0228/ sucht@sucht.de Juli Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin München Süddeutscher Verlag Veranstaltungen GmbH Mike Aschenbrenner Justus-von-Liebig-Str Landsberg am Lech Tel: Fax: mike.aschenbrenner@sv-veranstaltungen.de September th INHSU International Conference on Hepatitis Care in Substance Users Montreal, Kanada ASHM Conference & Events Division Locked Bag 5057 Darlinghurst NSW 1300 Tel: Fax: info@inhsu2019.com Suchtmed 21 (2) 151 (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg 151

86 AUS INDUSTRIE UND FORSCHUNG Umstellung eines 48-jährigen Patienten von Levomethadon auf Morphin retard (Substitol ) und Diamorphin Thorsten Kelter (Düsseldorf) berichtet von einem 48-jährigen Substitutionspatienten, der unter mehreren Vortherapien mit Methadon und Levomethadon über hohen Suchtdruck nach Heroin sowie wiederkehrende Depressionen klagte und darüber hinaus einen sehr problematischen Alkoholkonsum aufwies. 2017, eingestellt auf eine Tagesdosis von 40 mg Levomethadon, stellte er sich in der Düsseldorfer Diamorphinambulanz vor und wünschte eine Behandlung mit Diamorphin. Er versprach sich davon, endlich den Absprung vom Straßenheroin zu schaffen und ein normales Leben mit einer Rückkehr ins Arbeitsleben führen zu können. Kelter initiierte die Umstellung auf Diamorphin (i.v.) und Morphin retard, in deren Folge eine deutliche Verbesserung herbeigeführt werden konnte. Es zeigte sich ein starker Rückgang des Alkoholkonsums sowie eine erhebliche Reduktion des Suchtdrucks nach Heroin, letztere insbesondere in den Abendstunden sowie nachts. Anamnese Nach dem Abitur absolvierte der Patient eine Ausbildung zum Schuhmacher, ein anschließendes naturwissenschaftliches Studium brach er nach 6 Semestern ab. Er ist ledig, hat keine Kinder und lebt zurzeit in der Einliegerwohnung seiner Eltern. Mit 17 Jahren konsumierte er LSD, ein Jahr später begann er Tabak zu rauchen heute sind es ca. 15 Zigaretten pro Tag. Mit 21 Jahren nahm er erstmals Heroin inhalativ, kurz darauf aber auch intravenös. Während er in der Anfangsphase bis zu 5 g/d konsumierte, lag seine Tagesdosis zuletzt bei 0,8 g. Auch Kokain habe er zwischenzeitlich ausprobiert. Aufgrund von BtM-Delikten und Beschaffungskriminalität war er insgesamt ca. 4 Jahre inhaftiert. Mehrere langjährige Substitutionstherapien waren wenig erfolgreich geblieben, darunter die 2001 und 2003 in JVAs initiierten Therapien mit Methadon. Entgiftungen oder Langzeitentwöhnungstherapien fanden bisher nicht statt. Seit 2004 befindet er sich regelmäßig in Substitutionstherapie, zuletzt mit 40 mg Levomethadon pro Tag. Zum Zeitpunkt seiner Erstvorstellung in der Diamorphinambulanz im Juni 2017 gab er an, seit einigen Monaten bis zu 9 mg Bromazepam pro Tag zu nehmen und den Absprung vom Straßenheroin nicht zu schaffen. Zudem trank er seit 2013 pro Tag 5 6 Flaschen Bier. Von der Therapieumstellung erhoffte er sich, endlich ein normales Leben führen zu können und irgendwann wieder in das Arbeitsleben integriert zu werden. Untersuchungen und Diagnosen Der Allgemeinzustand ist trotz langjähriger Polytoxikomanie verhältnismäßig gut, aufgrund des kontinuierlichen i.v.- Heroinkonsums bildeten sich allerdings an den oberen Extremitäten beidseits multiple Abszesse. Weiterhin liegt eine arterielle Hypertonie vor; zudem leidet er unter einer rezidivierenden depressiven Störung. Unter der Therapie mit Methadon und Levomethadon konnten der hohe Suchtdruck und die ausgeprägten, wiederkehrenden depressiven Phasen nicht auf ein erträgliches Maß reduziert werden. Therapie und Behandlungsverlauf Aufgrund des ungebrochen starken Suchtdrucks nach Heroin, einer angestrebten Reduzierung des Alkoholkonsums und dem Wunsch des Patienten, ein normales Leben führen zu wollen, wird der Patient im Juni 2017 direkt von 40 mg Levomethadon auf initial 600 mg Morphin retard umgestellt. Begleitend dazu erfolgt die Gabe von Diamorphin entsprechend dem aktuellen Beigebrauch. Nachdem im weiteren Verlauf die Tagesdosen der beiden Substitute angepasst wurden, hat sich der Patient deutlich stabilisiert. Aktuell erhält er pro Tag 420 mg Diamorphin (i.v.) und mg Substitol sowie als Begleitmedikation 10 mg Diazepam. Der Patient besucht täglich die Praxis, ist zuverlässig und eloquent. Die regelmäßigen Beigebrauchskon trollen sind bis auf das ärztlich verordnete Benzodiazepin unauffällig. Infolge der Umstellung auf Diamorphin (i.v.) und Substitol wurde der hohe Suchtdruck nach Heroin sowie der Alkoholkonsum erheblich reduziert. Der Patient zeigt sich nun offen für eine weitergehende Therapie und strebt zeitnah eine zusätzliche stationäre Alkoholentgiftung an. Kommentiertes Fazit für die Praxis Der beschriebene Fall zeigt, so Kelter, dass man sich nicht scheuen sollte, auch verhältnismäßig hohe Dosen Morphin retard zu verordnen, wenn dadurch eine erhebliche Stabilisierung des Patienten erreicht werden kann. Der Suchtdruck nach Alkohol kann unter Substitol deutlich gesenkt werden; mögliche auftretende Nebenwirkungen, wie z. B. eine opiatinduzierte Obstipation, beobachtet Kelter nur selten. 152 Suchtmed 21 (2) (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg

87 AUS INDUSTRIE UND FORSCHUNG Ärzte müssen bei der Einstellung auf und während der Behandlung mit SUBSTITOL eine umfassende Risiko-/Nutzenabwägung durchführen, um u. a. das Risiko einer Fehldosierung zu minimieren. Ein ganzheitliches Therapie konzept (u. a. evidenzbasierte Behandlung und psychosoziale Betreuung) ist erforderlich. Substitol 30/60/100/200 mg Hartkapseln, retardiert Wirkstoff: Morphinsulfat. Verschreibungspflichtig. Zusammensetzung: Substitol 30/60/100/200 mg Hartkapseln, retardiert: Arzneilich wirksame Bestandteile: 1 Hartkapsel, retardiert enthält 30/60/100/200 mg Morphinsulfat (Ph.Eur.) entsprechend 22,6/45,1/75,2/150,4 mg Morphin. Sonstige Bestandteile: hydriertes Pflanzenöl, Macrogol 6000, Talkum, Magnesiumstearat (Ph. Eur.) [pflanzl.], Natriumdodecylsulfat, Gelatine, Schellack, Propylenglykol, Titandioxid (E 171), Eisenoxid (II, III)-oxid (E 172), zusätzlich: -30 mg: Indigocarmin (E 132), -60 mg: Indigocarmin (E 132), Eisenoxidhydrat (E 172), Eisenoxid (III)-oxid (E 172), -100 mg: Erythrosin (E 127), Eisenoxid (III)-oxid (E 172), -200 mg: Eisenoxid (II)-oxid (E 172), Eisenoxid (III)-oxid (E 172). Anwendungsgebiete: Zur oralen Substitutionsbehandlung von Erwachsenen mit Opioidabhängigkeit im Rahmen medizinischer und umfassender psychosozialer Maßnahmen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Morphin oder einen der sonstigen Bestandteile, Ileus, akutes Abdomen. Nebenwirkungen: Überempfindlichkeitsreaktionen, anaphylaktische oder anaphylaktoide Reaktionen, Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH; Leitsymptom: Hyponatriämie), Appetitabnahme bis zum Appetitverlust, Morphin zeigt vielfältige psychische Nebenwirkungen, die hinsichtlich Stärke und Art individuell unterschiedlich (je nach Persönlichkeit und Behandlungsdauer) in Erscheinung treten, Stimmungsänderungen, meist Euphorie aber auch Dysphorie, Veränderungen der Aktiviertheit (meist verminderte Aktivität, aber auch Hyperaktivität oder Agitiertheit), Schlaflosigkeit, Denkstörungen, Wahrnehmungsstörungen (z. B. Halluzinationen), Verwirrtheitszustände, verminderte Libido, Abhängigkeit, Angst, Reizbarkeit, Drogenhunger, Kopfschmerzen, Schwindel, Geschmacksstörungen, Konvulsionen, Tremor, unwillkürliche Muskelkontraktionen, Benommenheit, Sedierung (dosisabhängig), Synkope, Parästhesien, Hyperalgesie oder Allodynie, Restless Legs Syndrom, Miosis, verschwommenes Sehen, Doppeltsehen, Nystagmus, Mydriasis, Vertigo, Tachykardie, Bradykardie, Palpitationen, Herzversagen, Blutdruckabfall, Blutdruckanstieg, Hitzegefühl, Bronchospasmen, Dyspnoe, Husten vermindert, Atemdepression (dosisabhängig), nicht-kardiogen bedingte Lungenödeme nach rascher Dosissteigerung, Obstipation (bei Dauerbehandlung), Erbrechen (besonders zu Beginn der Behandlung), Dyspepsie, Erhöhung der Pankreasenzyme bzw. Pankreatitis, Darmverschluss, Abdominalschmerz, Zahnerkrankungen, wobei jedoch ein ursächlicher Zusammenhang zur Morphin-Behandlung nicht hergestellt werden kann, Übelkeit, Mundtrockenheit (beides dosisabhängig), Diarrhö, Bauchkolik, Gallenkoliken, Erhöhung leberspezifischer Enzyme, Hyperhidrosis, Urticaria, Pruritus, andere Hautausschläge (z. B. Exantheme), Muskelspasmen, Muskelrigidität, Harnretention, Nierenkoliken, Erektionsstörungen, Amenorrhoe, Unwohlsein, Asthenie, Ermüdung, Schüttelfrost, periphere Ödeme, körperliche Abhängigkeit mit Arzneimittelentzugssyndrom, Toleranzentwicklung, Körperschmerzen, grippeähnliche Symptome, Arzneimittelentzugssyndrom bei Neugeborenen. Warnhinweise: Arzneimittel für Kinder unzugänglich aufbewahren. Mundipharma GmbH, Frankfurt am Main Meilensteine der Substitutionstherapie Das Überleben der Opioidabhängigen sichern und ihnen eine Resozialisierung zu ermöglichen dies sind die wichtigsten Motivationen für Suchtmediziner. Dies ist das Ergebnis einer Voting-Aktion, die Mundipharma während des letzten interdisziplinären Kongresses in München durchführte. 390 Stimmen zum Thema Warum substituieren Ärzte in Deutschland? wurden abgegeben. Neben der Sicherung des Überlebens (24 %) und der Resozialisierung (23 %), waren Empathie (18 %) und die Verantwortung als Arzt (16 %) weitere wichtige Gründe für die Substitutionsmediziner. Darum substituieren Ärzte in Deutschland Überleben sichern Eine Frage der Empathie 24% 18% 16% Es geht um 10% Menschenrechte Verantwortung als Arzt 9% 23% State of the Art- Behandlung Resozialisierung ermöglichen Quelle: 19. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin 2018 n=390 Abbildung 1: Ergebnisse der Münchener Voting-Aktion Warum substituieren Ärzte in Deutschland? Eine weitere Aktion fand während des letzten Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin e. V. in Berlin statt. Hier wurden 296 Meilensteine gesammelt, welche die Suchtmediziner gemeinsam in den nächsten Jahren erreichen möchten. Viele Kongressbesucher haben ähnliche Wünsche für die Zukunft. Für die meisten steht neben der besseren Aufklärung und Akzeptanz der Substitutionsmedizin vor allem die Patientenbetreuung und -versorgung im Vordergrund. So werden beispielsweise die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung, die Akzeptanz der Opioidabhängigkeit als chronische Erkrankung und weniger Drogentote durch Überdosierung als wichtige zukünftige Meilensteine angesehen. Seit 2017 führt Mundipharma Kongress-Aktionen durch, um damit die Leistungen der Suchtmediziner zu würdigen und mehr Ärzte zur Substitution zu motivieren. Gleichzeitig wird auch praktische Unterstützung geleistet: Für jedes abgegebene Votum in München und jeden Meilenstein in Berlin spendete Mundipharma 5 Euro. Schließlich wurden die Spendenbeträge aufgerundet und so gingen insgesamt Euro an Condrobs e. V., München und PUR e.v., Dortmund. Mit freundlicher Unterstützung der Mundipharma Deutschland GmbH & Co. KG 153

88 AUS INDUSTRIE UND FORSCHUNG Substitution gegen Aids? Suchtmedizin kann dazu beitragen, dass HIV und Hepatitis-Infektionen frühzeitig erkannt und erfolgreich behandelt werden. Seine HIV-Diagnose erhielt Robert mit 16 vom Kinderarzt. Als er mit 25 eine Substitutionstherapie begann, hatte er noch 250 Helferzellen pro Milliliter Blut, befand sich also kurz vor einem schweren Immundefekt. Dabei können HIV-Patient- Innen heute bei früher Diagnose und antiretroviraler Therapie eigentlich leben wie andere Menschen auch. Die Therapie sorgt zugleich sogar dafür, dass HIV nicht mehr übertragbar ist. Robert jedoch hatte neun Jahre ohne Therapie verbracht. Zwar hatte er trotz seiner Abhängigkeit regelmäßig seine Blutwerte überprüfen lassen. Doch sein Arzt hatte ihm immer wieder gesagt, er könne mit den Medikamenten noch warten. Zwar hatte er chronischen Durchfall, aber der konnte auch andere Ursachen haben. Erst sein substituierender Arzt, ein HIV- Spezialist, legte Robert einen sofortigen Therapiebeginn nahe. Zu spät diagnostiziert, zu selten behandelt Robert ist kein Einzelfall: Intravenös drogenkonsumierende Menschen und Substituierte sind noch immer eine besonders stark von HIV betroffene Gruppe. Und sie erkranken im Vergleich mit anderen HIV-positiven Menschen überproportional häufig an einem schweren Immundefekt bis hin zum Vollbild Aids. Zum einen wird HIV bei ihnen oft zu spät erkannt. Zum anderen bleibt die Infektion nach der Diagnose oft lange unbehandelt. So lag in der umfassenden DRUCK-Studie des Robert-Koch-Instituts* die Prävalenz bei etwa 5 % (Allgemeinbevölkerung: 0,1 %). Ein Fünftel der HIV-Positiven wusste nichts von ihrer Infektion und konnte deshalb auch nicht behandelt werden. Von denen, die Bescheid wussten, waren aber auch nur 55 % in einer Therapie. Ein katastrophaler Wert: Insgesamt nehmen 92 % der wissentlich HIV-positiven Menschen in Deutschland HIV-Medikamente**. HIV-Therapie so früh wie möglich Die aktuellen HIV-Therapieleitlinien sind eindeutig: Eine HIV-Infektion sollte so früh wie möglich behandelt werden, ** Robert Koch-Insitut: Drogen und chronische Infektionskrankheiten in Deutschland DRUCK-Studie. Berlin ** Robert Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin 47/2018. Berlin bit.ly/2j7881n um Folgeerkrankungen und Gesundheitsschäden abzuwenden. Das gilt auch für drogenkonsumierende PatientInnen und Substituierte. Sie kommen in aller Regel gut mit den Medikamenten zurecht. Warum gibt es also so viele Unbehandelte? Ein häufiger Grund: ÄrztInnen fürchten, ihre drogenabhängigen Patient- Innen wären mit der regelmäßigen Einnahme der Medikamente überfordert. Die Erfahrung zeigt jedoch: Die Behandlung läuft in aller Regel gut und einfacher als erwartet. PatientInnen lassen sich gut motivieren. Die aktuellen antiviralen Therapien sind simpel und effektiv. Sie versagen nur in Einzelfällen und wirken sogar, wenn der Patient nicht voll compliant ist. Fast alle unsere Substitutionspatienten sind unter der Nachweisgrenze, berichtet Dr. Hubert Schulbin, Facharzt für Innere Medizin, Infektiologie und Suchtmedizin in Berlin. Chancen in der Suchtmedizin Der Suchtmedizin kommt bei der Diagnose und Behandlung von HIV wie auch von Hepatitis C eine Schlüsselfunktion zu. Viele SuchtpatientInnen suchen keine anderen Arztpraxen auf. Die Regelmäßigkeit ihrer Besuche in der Substitutionspraxis hingegen bietet eine Chance, Tests und gegebenenfalls Behandlung anzubieten. Das ärztliche Gespräch über Risiken und Schutzmöglichkeiten kann auch dazu beitragen, Infektionen zu verhindern. Angebracht ist aufgrund des höheren Risikos dieser Gruppe ein regelmäßiger HIV- und HCV-Test. Dr. Markus Backmund, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin, empfiehlt in seiner Münchner Praxis beide Tests gleich bei der Eingangsuntersuchung und dann mindestens einmal im Jahr. Für ihn ist es ein besonderes Erfolgserlebnis, wenn wir verhindern können, dass Patienten an Aids erkranken, oder wenn wir eine HCV-Infektion endlich heilen können. Einfache, wirksame Therapien Die HIV-Behandlung ist im Falle des Falles mittlerweile so einfach, dass sie sofern gewünscht nach der Ersteinstellung in einer HIV-Schwerpunktpraxis in der Substitutionspraxis erfolgen kann. 154 Suchtmed 21 (2) (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg

89 AUS INDUSTRIE UND FORSCHUNG Auch für die PatientInnen ist die HIV-Therapie mittlerweile in der Regel simpel. Meist genügt eine Pille am Tag. Die Therapietreue ist dementsprechend bei Substituierten in aller Regel gut. Wir sehen am Blutbild, dass die Tabletten korrekt eingenommen werden, sagt Schulbin. Er plädiert in dieser Frage für Vertrauen. Und gerade wenn es doch zu Compliance-Problemen kommt, kann Substitution hilfreich sein: Backmund und Schulbin bieten PatientInnen dann an, das HIV-Medikament zusammen mit dem Substitutionsmittel in der Praxis einzunehmen. Auch bei Hepatitis C früh starten Auch bei Hepatitis C gilt mittlerweile: Die neuen Therapiemöglichkeiten sollten so früh wie möglich zum Einsatz kommen, und die PatientInnen kommen in der Regel gut mit der Therapie zurecht. Die jüngsten, leicht anwendbaren Medikamente verzeihen dabei auch Abweichungen vom Behandlungsplan. Die neuen Therapien verlaufen sogar erfolgreich, wenn der Patient nebenbei etwas Alkohol konsumiert, sagt der Infektiologe Schulbin. Und noch einen Effekt hat Schulbin festgestellt: Wenn man bespricht, wie gut die Therapien funktionieren und wie einfach sie anzuwenden sind, dann ist das generell sehr motivierend. Oft hilft es sogar, den Beikonsum zu reduzieren. Einige berichten stolz, wenn sie es mit zwei Bier über den Tag geschafft haben, weil sie abends nüchtern sein wollten für die HCV-Tablette. Ängste nehmen, über alles reden Ob es nun um HIV oder HCV geht: Das Arzt-Patient-Gespräch ist der Schlüssel. Neben Risiken beim Drogenkonsum sollte dabei auch Sexualität zur Sprache kommen. Denn HIV- und Hepatitis-Übertragungen finden natürlich auch beim Sex statt. Ein offenes Gespräch ist nicht einfach, aber wichtig. Vertrauen ist der Schlüssel, weiß Dr. Thomas Peschel, Leiter der Berliner Diamorphin-Ambulanz Patrida sowie Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Ein Anfang kann sein, einfach kurz über HIV- und HCV- Infektionswege aufzuklären und zu fragen, ob es ein Risiko gab ohne dass die PatientInnen weiter ins Detail gehen müssten. Wenn möglich, kann dann ein tiefer gehendes Gespräch folgen. Reichen Zeit oder Offenheit nicht aus, bleibt es bei der Testempfehlung. Erleichternd wirkt sich bei solchen Gesprächen das Wissen aus, dass Beikonsum in der Substitutionstherapie kein Ausschlussgrund mehr ist, seit die Betäubungsmittel- Verschreibungsverordnung 2017 grundlegend reformiert wurde. Generell ist es wichtig zu vermitteln, dass sowohl HIV als auch HCV heute gut therapierbar sind und dass ein früher Start sich lohnt. Denn oft geht es darum, PatientInnen Ängste zu nehmen. So war es auch bei Robert. Als ich mit der Therapie beginnen musste, habe ich geweint, berichtet er. Mein Arzt hat mir aber dann die Ängste vor Nebenwirkungen genommen und mir Mut gemacht. Zwar hatte Robert anfangs teilweise mit leichter Übelkeit zu tun. Doch die Nebenwirkung legte sich wieder. Der Erfolg hingegen stellte sich dauerhaft ein: Schon nach vier Monaten lag der Wert der Helferzellen wieder im Normalbereich. Philip Eicker / Holger Wicht Tipps für den Praxis-Alltag SuchtmedizinerInnen können viel dazu beitragen, dass HIV und HCV früh diagnostiziert und erfolgreich behandelt werden. In der Broschüre HIV früh erkennen und behandeln Ein Leit faden für die Suchtmedizin der Deutschen Aidshilfe informieren ExpertInnen prägnant über Test- und Abrechnungsmöglichkeiten sowie das Vorgehen bei HIV- und HCV-Infektionen. Gesprächsleitfäden erleichtern die Kommunikation. Fallbeispiele machen deutlich, wie erfolgreich HIV- und HCV-Therapien heute bei Drogenkonsumierenden und substituierten PatientInnen verlaufen können. Bestellen Sie Ihr Exemplar unter: Die Broschüre ist Teil der Kampagne Kein Aids für alle bis 2020! : Ansprechpartnerin: Charlotte Kunath, kontakt@kein-aids-fuer-alle. de, Tel. 030/ Das können Sie für Ihre SubstitutionspatientInnen tun: 1. Bieten Sie bei der Eingangsuntersuchung zu einer Substitutionsbehandlung immer einen Test auf HIV, Hepatitis B und C an. 2. Bieten Sie im Rahmen einer Substitutionstherapie jährlich einen Test auf HIV und Hepatitis-Erreger an. 3. Ermöglichen Sie HIV-positiven PatientInnen einen unverzüglichen Therapiebeginn. 4. Sprechen Sie von sich aus das Thema HIV an. Ihre Praxis ist vielleicht die einzige medizinische Einrichtung, die Ihre Patient- Innen besuchen. 5. Sprechen Sie mit Ihren PatientInnen über mögliche Infektionsrisiken bei Drogenkonsum und Sex. 6. Machen Sie deutlich: Eine frühe Diagnose ist wertvoll. Eine gute Therapie ist möglich. Mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Aidshilfe 155

90 SUCHTMEDIZIN Autorenhinweise 1. Allgemeines: Suchtmedizin veröffentlicht von den Herausgebern angeforderte Themenbeiträge sowie unaufgefordert eingereichte Originalbeiträge. Jede eingereichte Arbeit wird von mindestens zwei qualifizierten Gutachtern geprüft. Die Beiträge müssen so abgefasst sein, dass eine sprachliche Überarbeitung seitens der Redaktion nicht erforderlich ist. Es ist besonders auf eine übersichtliche Gliederung (Überschriftenhierarchien durch Zahlen kennzeichnen!) und eine verständliche Darstellung zu achten. Das Manuskript muss von allen beteiligten Autoren genehmigt sein. Bereits anderweitig veröffentlichte Texte, Tabellen oder Abbildungen sind mit genauer Quellenangabe zu versehen. Die Nachdruckgenehmigung des betreffenden Verlages bzw. Urhebers muss vorliegen (Copyright!). 2. Manuskriptumfang und -inhalt: Die Länge des Beitrags muss dem Inhalt angemessen sein. Die Beiträge sollen straff abgefasst sein; auf bekannte Tatsachen soll nur durch Literaturzitate verwiesen werden. Die Literatur zum Thema (insbesondere die internationale!) muss dazu aktuell und kritisch ausgewertet werden. Wissenschaftliche Originalarbeiten, Fallstudien und Statusberichte sollten maximal 6 8 Druckseiten lang sein und maximal 10 Abbildungen inkl. Tabellen umfassen. Literaturstudien und Übersichtsarbeiten können auch länger sein; im Zweifelsfall wenden Sie sich bitte an die Redaktion. Eine Druckseite enthält ca Zeichen (inkl. Leerzeichen) und entspricht etwa 2,5 Manuskriptseiten. Die Zeichenzahl ermitteln Sie in Word mithilfe der Funktion: Eigenschaften Dokument eigenschaften. Die Arbeit ist als Datei per (bitte alle Dateien eindeutig benennen!) beim Herausgeber oder der Redaktion einzureichen. Die Zusendung eines Ausdrucks ist zunächst nicht notwendig; die Redaktion fordert ihn bei Bedarf an. Jeder wissenschaftliche Beitrag muss folgende Teile enthalten: Beitragsüberschrift, alle Autorennamen inkl. Vornamen und vollständigen Institutsadressen, Korrespondenzautor mit Telefon- und Faxnummer und -Adresse, Zusammenfassung mit max Zeichen, 3 6 Schlagwörter in deutscher Sprache, englischer Abstract mit max Zeichen mit Überschrift, 3 5 englische Keywords. Zusammenfassung und Abstract sollten möglichst folgendermaßen gegliedert sein: Hintergrund/Background, Methode/ Method, Ergebnisse/Results, Schlussfolgerungen/Conclusions. Alle englischen Teile des Manuskripts sollen von einem native speaker kontrolliert werden; für deren Qualität sind ausschließlich die Autoren verantwortlich! Bevorzugtes Dateiformat für Texte ist das DOC- (für Microsoft Word) oder das RTF-Format. Bitte formatieren Sie den Text so wenig wie möglich; die Gestaltung des Layouts übernimmt der Verlag. Die Übernahme chemischer Formeln und spezieller Dateiformate muss mit der Redaktion abgeklärt werden. Auf Fußnoten und hochgestellte Verweisziffern sollte möglichst verzichtet werden. Abkürzungen im Text sind bei der ersten Erwähnung auszuschreiben. Wir verwenden die gemäßigte neue Rechtschreibung. Informationen dazu finden Sie z.b. im Internet unter Bitte bei Dezimalzahlen keine Punkte, sondern Kommata verwenden. Die Schreibweise medizinischer Fachausdrücke richtet sich nach dem Roche-Lexikon Medizin (Verlag Urban und Fischer). 3. Literatur: Das Literaturverzeichnis enthält nur die im Text zitierte Literatur. Im Text ist die Zitierweise bei einem Autor (Müller 2003), bei zwei Autoren (Müller und Schmidt 2003) und bei drei und mehr Autoren (Müller et al. 2003). Im Literaturverzeichnis erfolgt die Aufzählung alphabetisch. Die Zitierweise orientiert sich an der Vancouver-Konvention (N Engl J Med 1997: 336, ): a) Bis zu sechs Autoren alle auflisten, bei mehr als 6 Autoren 3 auflisten, dann mit et al. abkürzen. b) Die Vornameninitialen werden den Familiennamen nachgestellt; keine Punkte hinter den Vornameninitialen und keine Leerzeichen zwischen den Vornameninitialen. c) Die Autorennamen werden durch Kommata voneinander getrennt. d) Zeitschriftennamen werden abgekürzt (nach Medline, wenn möglich). Weitere Einzelheiten ergeben sich aus den folgenden Beispielen: Zeitschriftenartikel (die Heftangabe in runden Klammern kann auch entfallen): Borbé R, Braun B, Batra A. Schwerwiegende Komplikation unter Bupropion-Therapie zur Tabakentwöhnung bei Nichtbeachtung der Kontraindikationen. Suchtmed 2003; 5 (4): Bücher und andere Monographien: Christiane Fahrmbacher-Lutz C, Hrsg. Suchtberatung in der Apotheke. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart, 2004; Buchkapitel/Beiträge in Sammelwerken oder Loseblattwerken: Reimer J, Schulte B, Haasen C, Krausz M. Epidemiologie der Sucht: Cannabis. In: Backmund M, Hrsg. Sucht-Therapie. 5. Ergänzungslieferung 6/04, ecomed Medizin, Landsberg, 2004 Die Angaben für hier nicht genannte Textarten (Gesetze, Tagungsberichte, Leitlinien etc.) müssen möglichst vollständig und nachvollziehbar sein. Bei Internetadressen ist das Datum des letzten Abrufs anzugeben. 4. Abbildungen und Tabellen: Abbildung sollen möglichst in digitaler Form eingereicht werden. Die Auflösung muss mindestens 300 dpi betragen. Es können TIF, JPG, Excel, Powerpoint und andere Dateiformate verwendet werden; im Zweifelsfall setzen Sie sich bitte mit der Redaktion in Verbindung. Die Linienstärke in Strichzeichnungen muss mindestens 0,5 pt (0,2 mm) betragen. Die Aufnahme von Farbabbildungen ist nur in Ausnahmefällen und nur nach Absprache mit der Redaktion möglich. Tabellen müssen mit einem Tabellen-Editor (z.b. in Word) oder in einem Tabellenprogramm (z.b. Excel) erstellt werden; Tabellen in PowerPoint sind ungeeignet! Zur Einrichtung von Tabellenspalten keinesfalls Tabulatoren oder Leerzeichen benutzen. Tabellen und Abbildungen müssen so gekennzeichnet sein, dass sie problemlos dem Text zugeordnet werden können. Die Legenden müssen so gestaltet sein, dass deren Inhalt auch ohne Lektüre des Texts verständlich ist. Redaktion: Karin Preußner ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH Justus-von-Liebig-Straße Landsberg Tel.: 08191/ Fax: 08191/ k.preussner@ecomed-storck.de 156 Suchtmed 21 (2) 156 (2019) ecomed MEDIZIN, ecomed-storck GmbH, Landsberg

91 Daten. Fakten. Analysen. Suchtmedizin Addiction Medicine Fundiert. Geprüft. Übersichtlich aufbereitet. S U C H T M E D I Z I N S U C H T M E D I Z I N Jetzt sechsmal im Jahr. Abo inklusive Onlinezugang. Organ der ÖGABS (Ö Gerhard Isenberg Suchtmed ISSN Band 19, Nr. 1 (2017) Addiction Medicine Herausgeber: M. Soyka M. Backmund Ph. Bruggmann H. Haltmayer M. Krausz Karsten Gessulat / Alles easy Suchtmed ISSN Band 21, Nr. 1 (2019) Addiction Medicine Herausgeber: M. Backmund Ph. Bruggmann H. Haltmayer M. Krausz M. Soyka M. Walter Schwerpunktthema: Verhaltenssüchte Zum Zusammenhang von Cannabiskonsum und dem Risiko für Psychosen aus der Forschungsperspektive des Integrativen Drogengebrauchs Schwerpunktthema: Cannabis Cannabinoide in der Schmerzmedizin: ein Überblick Cannabisregulierung international Komorbidität von psychischen und somatischen Störungen bei nichtmedizinischem Cannabisgebrauch Organ der ÖGABS (Österreichische Gesellschaft für arzneimittelgestützte Behandlung von Suchtkrankheit) Organ der ÖGABS (Österreichische Gesellschaft für arzneimittelgestützte Behandlung von Suchtkrankheit) Fundierte, verlässliche Fachinformationen zu drängenden Fragen der Suchtmedizin Mit wissenschaftlichen Originalartikeln und Übersichtsbeiträgen, aktuellen Berichten und interessanten Beobachtungen Profiliertes Herausgeberteam: Prof. Dr. Markus Backmund, PD Dr. Philip Bruggmann, Dr. Hans Haltmayer, Prof. Dr. Michael Krausz, Prof. Dr. Michael Soyka, Prof. Dr. Marc Walter Gutachterverfahren (Peer review) dadurch hohe Expertise Ihr lebendiges Service-Forum der Suchtmedizin: Leserbriefe, Rezensionen, Veranstaltungskalender, Weiterbildung... Umfassende Abstract-Dokumentation der Interdisziplinären Kongresse für Suchtmedizin in München Weitere Infos unter Markus Backmund / Philip Bruggmann / Hans Haltmayer Michael Krausz / Michael Soyka / Marc Walter (Hrsg.) Suchtmedizin ISSN erscheint 6-mal jährlich Jahresabonnement: Print (inkl. Online): 189,99 IP-Zugang: 254,99 Einzelheft: 38, (zzgl. Versandkosten) Interesse? Hier können Sie die Suchtmedizin abonnieren und Einzelhefte bestellen: Und als Abonnentin/Abonnent das Online-Archiv nutzen. Redaktionsstand 2/201 Preisirrtümer und Änderungen vorbehalten. 9

92 Ich substituiere jetzt mit Tablette. Die Tablette in der Substitutionstherapie ein Schritt zu mehr Normalität Wieder zurück in ein fast normales Leben zu finden, ist das Ziel vieler Substitutionspatienten. Dies erfordert hohe Willenskraft und extreme Disziplin. Einfach eine Tablette zu nehmen, wie viele Menschen gegen andere Krankheiten auch, kann einen großen Fortschritt bedeuten. Hexal bietet als engagierter Partner im Bereich Suchtmedizin neben Flüssigpräparaten ein breites Produktportfolio in Tablettenform an, wie z. B. L-Poladdict, das Patienten auf ihrem Weg begleitet und unterstützt. L-Poladdict 5 mg/- 20 mg/- 30 mg Tabletten Wirkstoff: Levomethadon als Levomethadon-HCl. Zusammensetz.: Jede Tbl. enth. Levomethadon als 5 mg/20 mg/30 mg Levomethadon-HCl, mikrokrist. Cellulose, Stärkehydrolysat (7,8 9,2 %), Mannitol (Ph. Eur.), Carboxymethylstärke-Na (Typ A) (Ph. Eur.), hochdisp. Siliciumdioxid, Mg-stearat (Ph. Eur.) [pflanzl.]. Anwendungsgeb.: Zur oralen Substitutionsbehandl. b. Opioidabhängigk. im Rahmen medizin., sozialer u. psycholog. Maßn. b. Erw. Gegenanz.: Überempf. geg. Inhaltsst., Behandl. m. MAO-Hemmern od. innerh. v. 2 Wo. nach deren Absetzen, gleichz. Behandl. m. Opioidagonisten/-antagonisten (z. B. Pentazocin, Buprenorphin) (außer zur Behandl. einer Überdos.). Nebenwirk.: Häufig zu Beginn der Substitutionsbehandl. Opiat-Entzugssympt. (z. B. Angstzustände, Anorexie, unwillkürl. zuck. u. stoß. Beweg., Darmkrämpfe, Depress., Diarrhö, Erbrechen, Fieber, wechselweise Frösteln u. Hitzewall., Gähnen, Gänsehaut, Gewichtsverlust, Tachyk., lauf. Nase, Niesen, Mydriasis, Reizbark., Schläfrigk., allgem. körperl. Schmerzen, plötzl. Asthenie, starkes Schwitzen, verstärk. Tränenfluss, Nausea, Unruhe, Unterleibskrämpfe, Tremor). Anorexie, Euphorie, Dysphorie, Benommenh., Sedierung, Verwirrth., Desorientierth., Kopfschmerzen, Insomnie, Unruhe, Sehstör., Palpitat., Bradyk., kardiale Arrhythmien, Herzstillstand, Sickerblutungen, orthostat. Hypotonie, Einschränk. der Kreislauffunkt., Schock, Atemdepress., Apnoe, Erbrechen, Nausea, Mundtrockenh., Verstopf., Gallenwegskrämpfe, Urtikaria u. and. Hautausschläge, Juckreiz, vermind. Harnmenge, Blasenentleer.-stör., eingeschr. Libido u./od. eingeschr. Potenz, vermehrtes Schwitzen, Mattigk., plötzl. Asthenie, Ödeme, Flush. Warnhinw.: Dop.! Die Tbl. sind erst unmittelbar vor der Anwend. aus der Pack. zu entnehmen. Die Tbl. dürfen nicht vorzeitig f. eine spät. Einnahme aus der Pack. entnommen werden. Weit. Einzelh. u. Hinw. s. Fach- u. Gebrauchsinfo. Verschreibungspflichtig, Betäubungsmittel. Mat.-Nr.: 3/ Stand: April 2017 Hexal AG, Holzkirchen,

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