Kurzinformation zum Mathematikstudium

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1 1/15 Kurzinformation zum Mathematikstudium Prof. Dr. Michael Eisermann Fachbereich Mathematik, Universität Stuttgart Tag der Wissenschaft, 30. Juni

2 Mathematik begegnet uns überall Sie ist Grundlage für Naturwissenschaft und Technik. Beispiele: Internet-Suchmaschinen Datenkompression (CD, DVD, MP3) Zahlentheorie und Kryptographie Bildverarbeitung, Computer-Tomographie Logistik, Steuerung & Optimierung Finanzprodukte, Risikomanagement Stochastik, Statistik, Versicherungen Viele Dinge unseres täglichen Lebens würden ohne Mathematik völlig anders aussehen oder gar nicht existieren. Mathematik ist eine Schlüsseltechnologie, ohne die die meisten modernen technischen Anwendungen nicht denkbar wären. Hochtechnologie beruht meist auf mathematischer Theorie. Mathematik spielt eine fundamentale Rolle in der industriellen Forschung und Entwicklung, im Finanzwesen und in der Wirtschaft. Unter anderem ist Mathematik entscheidend, wenn Modelle und Simulationen aufwendige und kostspielige Versuchsreihen ersetzen, wenn Prognosen erstellt werden sollen und auch bei der Analyse und Optimierung von Prozessen. Zur Nützlichkeit kommen auch Spaß und Begeisterung! 1.0 2/15

3 Mathematische Berufsfelder sind sehr breit gefächert. Banken & Versicherungen Forschung & Lehre Consulting & Management Forschung & Entwicklung Logistik, Optimierung, Software, Internet,... Statistik, Medizin, Biologie, Pharma,... dmv.mathematik.de Studium und Beruf Berufsportraits Mathematisches Fundament + spezialisierte Fachkenntnisse Vorbereitung durch Neben- und Vertiefungsfächer im Studium Weiterqualifizierung in der Berufspraxis. Bleiben Sie neugierig! 1.0 3/15

4 Berufsfelder Wer Mathematik studiert, qualifiziert sich für viele interessante Tätigkeiten. Neben den klassischen Tätigkeiten als Wissenschaftler/in in der Forschung oder als Lehrer/in an der Schule gibt es zahlreiche neue Einsatzgebiete für Mathematiker/innen. Sie arbeiten heute in der Finanz- und Versicherungswirtschaft, in Konstruktion und Simulation in Unternehmen der Fahrzeug- und Flugzeugbranche, in Unternehmensberatungen und in der Softwareentwicklung. Letzteres bedeutet nicht nur Kalkulationsprogramme stricken, sondern z.b. auch die Entwicklung von 3D-Visualisierungstools für Computerspiele und Filmanimationen. Auch hinter intelligenten Suchmaschinen im Internet stehen oft Mathematiker/innen. Mathematiker/innen arbeiten im Informations- und Kommunikationssektor oder in Fach- und Serviceabteilungen von Unternehmen und Institutionen. Zudem arbeiten sie in Wirtschaftszweigen, die verstärkt mathematische Methoden für ihre Entscheidungsfindung nutzen, z.b. Versicherungen, Banken, Markt- und Meinungsforschungsinstitute und Unternehmensberatungen. Sie finden Beschäftigung in Ingenieurbüros der technischen Fachplanung und in der öffentlichen Verwaltung z.b. bei statistischen Ämtern. In der Forschung und Entwicklung sind sie in öffentlichen wie privaten Forschungsinstituten und in Entwicklungsabteilungen von Unternehmen tätig. Darüber hinaus können sie an Hochschulen oder in der mathematischen Forschung arbeiten /15

5 Branchen Quelle: BfA, Stand: 2003 Gemessen am Bedarf gibt es weiterhin zu wenige gut ausgebildete Mathematiker (Informatiker, Naturwissenschaftler, Ingenieure) /15

6 Berufsbild Mathematiker/innen sind Generalisten im kreativ-problemlösenden Denken und in nahezu allen Bereichen einsetzbar. Ich versuche, es etwas genauer zu formulieren: Sie sind darin geschult, komplexe Zusammenhänge zu modellieren und zu analysieren, Fragestellungen und Lösungsmöglichkeiten zu strukturieren, mathematische Werkzeuge zu nutzen und neue Lösungen zu finden. Sie haben konstant gute Berufsaussichten: geringe Arbeitslosigkeit hohes Gehaltsniveau hohe Berufszufriedenheit 1.0 6/15

7 Berufsbild Mathematiker/innen sind Generalisten im kreativ-problemlösenden Denken und in nahezu allen Bereichen einsetzbar. Sie sind darin geschult, Probleme zu erkennen und zu modellieren, um sie mit mathematischen Methoden zu analysieren und zu lösen. Ihre Arbeitsweise zeichnet sich durch hohe Präzision, Ausdauer und Selbständigkeit aus, zudem können sie Fragestellungen und Lösungsmöglichkeiten klar strukturieren und mit anderen darüber kommunizieren. Als Werkzeuge dienen sowohl Theoriebildung als auch Anwendungen, etwa die Nutzung und Entwicklung geeigneter Software. Die hierzu nötigen quantitativen und qualitativen Methoden haben Mathematiker/innen im Studium erlernt und erprobt, um im Beruf den Transfer auf neue Problemfelder zu leisten. Sie entwickeln mathematische Methoden weiter und übertragen die gewonnenen Erkenntnisse auf Anwendungsgebiete z.b. der Medizin, Natur-, Ingenieur- oder Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Über das mathematische Grundwissen hinaus haben Mathematiker Schlüsselqualifikationen und prozedurales Wissen erworben: Wie gehe ich Probleme an? Wie unterscheide ich Wichtiges von Unwichtigem? Wie strukturiere und organisiere ich meine Arbeit? Der Arbeitsmarkt für Mathematiker/innen ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Slogan: Alle arbeitslosen Mathematiker Deutschlands unter 35 passen in einem Linienbus. (Stern / CHE) Ob das so stimmt, kann ich nicht genau sagen. Die Zahl arbeitsloser Mathematiker/innen ist jedenfalls niedrig. Das Gehaltsniveau ist relativ hoch /15

8 Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie! The unreasonable effectiveness of mathematics in the Natural Sciences: Worauf beruht die Vielseitigkeit der Mathematik? Mathematik (gr. µαθηµατική τέχνη) heißt Kunst des Lernens. Geisteswissenschaft mit naturwissenschaftlichen Wurzeln klassisch: Wissenschaft von Zahlen und Figuren modern: allgemeine Strukturen und konkrete Anwendungen Mathematik ist die Sprache des strukturierten logischen Denkens. Wissensgebiet, Teil unserer Kultur, Schlüsseltechnologie Werkzeugkasten, um relevante Probleme eigenständig zu lösen Wissenschaft, lebendiges Forschungsgebiet, Ideenschmiede Mathematik ist den meisten aus der Schule unbekannt. nicht (nur) Schulmathematik sondern weit mehr. nicht (nur) Rechnen sondern Verstehen. nicht (nur) Formeln sondern Ideen /15

9 Was ist Mathematik? Und was nicht? Die zunehmende Komplexität unserer Welt verlangt ein immer vielfältigeres mathematisches Instrumentarium. Fortschritte in allen modernen Technologien beruhen wesentlich auf mathematischen Errungenschaften. Mathematische Werkzeuge finden daher heutzutage fast überall Anwendung. Mathematiker/innen setzen diese mathematischen Werkzeuge ein, sie passen sie neuen Erfordernissen an und entwickeln sie kreativ fort. Um spätere Enttäuschungen zu vermeiden: Mathematik ist nicht Schulmathematik! Viele Studenten empfinden den Übergang von der Schule zur Uni als enormen Sprung. Das liegt meines Erachtens nicht daran, dass das Mathematikstudium absurd schwer wäre: Im Gegenteil, in den ersten Semestern wird die gesamte Mathematik von Grund aufgebaut. Das Problem liegt vielmehr darin, dass Sie in der Schule (fast) keine Mathematik geboten bekommen. Rechnen ist eine gute Grundlage, aber Mathematik ist weit mehr als Rechnen! Vielleicht hatten Sie ja mehr Glück... und sind deshalb heute hier. Ein Student sagte es so: In der Schule ging s nur darum, die gegebenen Zahlen in die gegebene Formel einzusetzen, am besten noch mit dem Taschenrechner. Das ist nicht Mathematik, sondern Taschenrechnerei. Auf neue, komplexe Situationen muss man sich besser vorbereiten! Die Mathematik, wie sie an der Universität gelehrt wird, hat daher herzlich wenig mit Schulmathematik zu tun. An der Uni lernen Sie nicht 1001 Rezept sondern 1 Prinzip, aus dem Sie die Rezepte ableiten und nach Bedarf anpassen. Das ist wesentlich effizienter! 1.0 9/15

10 Wie studiert man Mathematik? Mathematik studiert man an Universitäten (zum Teil auch an Fachhochschulen). Lehramt (9 Semester) Mathematik + Zweitfach Bachelor (6 Semester) + Master (4 Semester) Das Studium gliedert sich in Module, die einzeln geprüft werden: Vorlesungen, Praktika, Seminare, Abschlussarbeit. Bachelor Mathematik an der Universität Stuttgart: 1. Semester 2. Semester 3. Semester 4. Semester 5. Semester 6. Semester Basis Analysis I Analysis II Analysis III Aufbau oder Aufbau Vertiefung LAAG I LAAG II Basis Aufbau Vertiefung Vertiefung Nebenfach Nebenfach Basis Proseminar Computer praktikum Seminar Nebenfach Bachelorarbeit Computermathematik SQ SQ SQ SQ Nebenfach: Physik, Informatik, Chemie, Biologie, LRT, Kybernetik, BWL,... Basis/Aufbau/Vertiefung: Algebra, Analysis, Geometrie, Stochastik, Numerik /15

11 Lehramt Mathematik in Baden-Württemberg Die Lehrerausbildung dauert 9 Semester und umfasst zwei Fächer: Mathematik (Inhalte wie oben) im Umfang von 4 Semestern Zweitfach (zum Beispiel Physik) im Umfang von 4 Semestern Ein Praxissemester in der Schule 1. Semester 2. Semester 3. Semester 4. Semester 5. Semester 6. Semester 7. Semester 8. Semester 9. Semester LAAG I LAAG II Analysis I Analysis II Geometrie Analysis III Algebra Stochastik Praxis Semester Numerik Vertiefung Seminar Vertiefung FD 1 FD 2 BB BB BB BB EPG BB BB EPG FD = Fachdidaktik, BB = Bildungswissenschaftliches Begleitstudium, EPG = Ethisch-Philosophisches Grundlagenstudium Neu: Polyvalenz Lehramt Bachelor. Zukünftig auch Bachelor Lehramt? /15

12 Was braucht / lernt man im Studium? Freude an der Mathematik! Mut zum eigenen Denken Problemen auf den Grund gehen Logische Zusammenhänge verstehen Gute Schulnoten sind ein erster Indikator, mehr nicht. Studium ist nicht Schule! Leidenschaft! Präzision Ausdauer Frustrationstoleranz Faustregel (für jedes Studium): 20% Inspiration, 80% Transpiration Eigenständigkeit! Relativ geringe Anwesenheitszeiten (ca. 20h/Woche VL+Ü) Faktor 2 bis 3 an eigener Arbeit (Nachbereitung, Übungen) Auch die Semesterferien werden Sie brauchen. (Prüfungen) /15

13 Welche Voraussetzungen braucht man? Egal, was sie studieren: Sie müssen ihr Studienfach mögen! Man kann (und muss) sich manchmal durch eine Vorlesung quälen aber nicht durch ein ganzes Studium! Die wichtigste Voraussetzung für ein Mathematikstudium ist das Bestreben, den Dingen auf den Grund zu gehen. Es drückt sich aus in der Freude am Lösen von Problemen und in der Beharrlichkeit, eine begonnene Aufgabe zu Ende zu bringen. Das Mathematikstudium fördert die Fähigkeit zu eigenverantwortlichem und konsequentem Arbeiten. Analogie: Mathematik in der Schule entspricht einem 50m Lauf. Den schafft jeder, manche schnell, manche langsam, aber jeder kommt irgendwie ans Ziel. Mathematik an der Uni entspricht eher einem Marathon: Das erfordert Ausdauer, Selbstdisziplin, Timing, und es läuft sich viel besser zusammen mit anderen. Im Training muss man sich Stück für Stück aufbauen, sich auch mal schinden, aber wer s geschafft hat, sagt: Es lohnt sich! Dieses Wunder erleben wir jedes Jahr: Das Mathematikstudium hat eine steile Progression. In drei Jahren lernen Sie eine erstaunliche Stoffmenge aber es funktioniert, dank engagierter Dozenten und Tutoren, und vor allem dank Ihrer eigenen Arbeit. (Sie werden es erleben.) Es ist generell nicht leicht, seine eigenen Begabungen einzuschätzen. Sehr gute Schulnoten in Mathematik sind sicherlich ein Kriterium, aber keine Erfolgsgarantie. Mathematisches Grundwissen ist eine gute Grundlage, reicht aber für ein Mathestudium in vielen Fällen nicht aus. (Dies trifft oft auch Studierende mit Mathematik als Nebenfach oder Grundlagenfach.) Betrachten Sie also kritisch Ihre Fähigkeiten und die Anforderungen möglicher Studiengänge /15

14 Studien- und Berufswahl Informieren geht vor Studieren! Was sind meine Stärken? Was sind meine Ziele? Was will ich studieren? Wo kann ich das am besten? dmv.mathematik.de Studium und Beruf Mathe im Studium Self-Assessment-Tests verschiedener Universitäten (z.b. Aachen) Entscheiden Sie umsichtig. Vermeiden Sie naive Fehlschlüsse: Als Kind habe ich Blockflöte gespielt. Ich will Musiker werden. Bei Aufsätzen war ich ganz gut. Ich will Schriftsteller werden. In der Schule habe ich gerne gerechnet. Ich will Mathematiker werden. Das ist nützlich, aber bei weitem nicht ausreichend! Ein Mathematikstudium ist sehr anspruchsvoll aber auch sehr lohnend! Es ist jedoch nicht jedem zu empfehlen. Werden Sie sich Ihrer Stärken und Schwächen bewusst. Informieren Sie sich kritisch über mögliche Studiengänge. 3.0 Sprechen Sie mit Freunden, Fachschaft, Studienberatung,... 14/15

15 Mathematik in Stuttgart Mathematik stark in Lehre und Forschung Vernetzung mit Natur- und Ingenieurwissenschaften Schülerzirkel und Schülerstudium Studienberatung im Fachbereich Mathematik: Studiengangsmanager: Norbert Röhrl Studiendekan Lehramt: Wolfgang Kimmerle Studiendekan Bachelor/Master: Michael Eisermann Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! /15