Kritische Bewertung der Evidenz von ernährungsmedizinischen Metaanalysen am Beispiel der perioperativen Immunonutrition.
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- Susanne Raske
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1 Kritische Bewertung der Evidenz von ernährungsmedizinischen Metaanalysen am Beispiel der perioperativen Immunonutrition Monika Nothacker AWMF-Institut für Medizinisches Wissensmanagement c/o Philipps-Universität Marburg
2 AGENDA 1. Hintergrund Auftrag der DGEM 2. Bearbeitete Fragestellungen/Studien 3. Studienergebnisse/Kritische Bewertung (enterale und parenenterale Immunonutrition) 4. Fazit
3 Hintergrund Aktualisierung der S3-Leitlinien zu enteraler und parenteraler Ernährung Auftrag an das ÄZQ (Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin): Evidenzbericht zu Fragen der perioperativen Immunonutrition Recherche der Studien durch Leitlinienkoordinator Prof. Dr. A. Weimann Aufgabe des ÄZQ: Darstellung und Kritische Bewertung der Evidenz
4 Fragestellungen/Studien Welchen Einfluss hat die enterale Immunonutrition auf das Outcome chirurgischer Patienten? Cerantola et al. 2011, Drover et al. 2011, Marik et al. 2010, Stableforth et al Welchen Einfluss hat die parenterale Gabe von Glutamin auf das Outcome chirurgischer Patienten? Wang et al Welchen Einfluss hat die parenterale Gabe von Omega- 3-Fettsäuren auf das Outcome chirurgischer Patienten? Chen et al. 2010
5 Bewertungsinstrumente Methodische Bewertung der Metaanalysen mit dem Oxman-Guyatt-Index (u.a. vom IQWIG angewandtes Instrument zur methodischen Bewertung systematischer Übersichtsarbeiten) Einstufung in die Evidenzhierarchie nach SIGN SR / Metaanalysen aus RCT = alle LoE 1 zusätzlich Einschätzung des Verzerrungsrisikos (Bias) der erzielten Ergebnisse = hohes Verzerrungsrisiko + = geringes Verzerrungsrisiko ++ = sehr geringes Verzerrungsrisiko
6 Studienergebnisse I Welchen Einfluss hat die enterale Immunonutrition auf das Outcome chirurgischer Patienten? Cerantola et al. 2011, Drover et al. 2011, Marik et al. 2010, Stableforth et al Ergebnisse: 1. Cerantola et al. 2011(21 RCT), Marik et al (21 RCT) Drover et al (25 RCT), Pat. mit großen abdominalen, elektiven Eingriffen bzw. jegl. großen chirurgischen Eingriffe Senkung Auftreten postoperativer Komplikationen OR 0,46 [95%KI 0,38-0,56] bis OR 0,59 [95%KI 0,50-0,70]; p < 0,001; absolute Senkung um 11,2% -16,7%
7 Studienergebnisse I Ergebnisse: 2. Verkürzung des Krankenhausaufenthalts gewichtete mittlere Differenz -2,12 Tage [95%KI -2,97; -1,26] bis - 3,95 Tage [95%KI 3,43; 2,64]) positive Ergebnisse!
8 Kritische Bewertung (Oxman-Guyatt) Durchführung der Literaturrecherchen, Auswahl und Extraktion von Studien: meist gut Beschreibung von Ein- und Ausschlusskriterien: ja, aber sehr allgemein Bewertung der methodischen ja, v.a. Jadad-Score Qualität der Einzelstudien: Statistische Auswertungen: überwiegend gut, Heterogenität nicht berücksichtigt Ableitung von Schlussfolgerungen: nicht immer datengestützt
9 Kritische Bewertung Ein und Ausschlusskriterien: Patientengruppe : sowohl oberer als auch unterer GI-Trakt Eingriff, fast ausschließlich Krebspatienten heterogener Anteil an Patienten mit Malnutrition Intervention : Outcome: heterogen: prä-/postoperative Gabe Dosierung, Dauer, Komponenten (mind. Arginin, mind. Arginin/Glutamin und/oder RNA und/oder Omega-3-Fettsäure) Ko-Interventionen? Keine klinische Definition postoperative Komplikation, Infektionskomplikation
10 Kritische Bewertung Bewertung der methodischen Qualität der Einzelstudien v.a. Jadad-Score (Randomisierung, Verblindung, Loss to Follow up), valid. älterer Score mit wenig Kriterien nur wenige Primärstudien guter Qualität!! (v.a. Randomisierung und Verblindung nicht ausreichend) Studien guter Qualität oft nicht Intention to treat Stichprobe aus 10 Primärstudien: gemessene Endpunkte keine primären Endpunkte, v.a. kleine Studien ohne Powerberechnung
11 Kritische Bewertung Statistische Berechnungen/Durchführung der Metaanalysen Fixed Effects Modell Random Effects Modell (individuellere Gewichtung der Studien) bei Vorliegen von Heterogenität cave: bei Vorliegen eines hohen Anteils an nichtzufallsbedingter Heterogenität ist die zusammenfassende Berechnung des Effekts nicht zulässig. Länge des Krankenhausaufenthalts: I² = 77%-87%, p<0,0001
12 Studienergebnisse II Welchen Einfluss hat die enterale Immunonutrition auf das Outcome chirurgischer Patienten mit malignen Kopf-Halstumoren? Stableforth et al (10 Studien, 650 Pat.), Komponente der Immunonutrition vorwiegen Arginin, präop 0-10Tage, postop 8 Tage bis 12 Wo Ergebnisse: Keine signifikante Senkung postoperativer Komplikationen keine signifikante Verringerung der postoperativen Wundinfektionen (6/10 nicht definiert) oder Fistelbildungen (OR 0,66 [95%KI 0,22-1,93])
13 Studienergebnisse II Ergebnisse: Länge des Krankenhausaufenthalts WMD -3,51 [95%KI -6,3 bis -0,72]), keine signifikante Heterogenität Mehr Fisteln bei kürzerem Aufenthalt! Schlussfolgerung Stableforth: Anteil des Immunonutrition an Kausalität des Effekts unklar, da kein Effekt auf postoperative Komplikationen, methodische Limitationen
14 Kritische Bewertung Abschließende Bewertung der Metaanalysen zu enteraler Immunonutrition: Cerantola et al. 2011: OG 4-5, SIGN 1+/- Drover et al. 2011: OG 4-5, SIGN 1+/- Marik et al. 2010: OG 4, SIGN 1- Stableforth et al. 2009: OG 5-6, SIGN 1+
15 Studienergebnisse III Welchen Einfluss hat die parenterale Gabe von Glutamin auf das Outcome chirurgischer Patienten? Wang et al erwachsene Patienten mit großen elektiven chirurgischen Eingriffen, 14 RCT, 587Pat. (22-69) Dosierung von 0,18-0,5g/kg/Tag postoperative Dauer von 2-10 Tagen Ergebnisse Signifikante Verringerung der Infektionskomplikationen RR 0,69 [95%KI 0,50-0,95], p=0,02 (abs. Senkung 10,2%)
16 Studienergebnisse III Signifikante Verkürzung des Krankenhausaufenthalts gewichtete mittlere Differenz -3,84: [95%KI -5,4; -2,28] p<0,001 positives Ergebnis
17 Kritische Bewertung Studienqualität: mäßig! 9x Jadad 3-4, 5x Jadad 1-2 Definition Endpunkt postoperative Komplikationen nicht gegeben Endpunkt Länge des Krankenhausaufenthalts I²= 83,5%, p<0,00001 hochsignifikante Heterogenität Schlussfolgerung: Kausalitätszuweisung der Effekte berechtigt? Wirkmechanismus Glutamin?
18 Studienergebnisse IV Welchen Einfluss hat die parenterale Gabe von Fischöl (Omega-3-Fettssäure) auf das Outcome chirurgischer Patienten? Chen et al, 2010 erwachsene Patienten mit großen abdominalen Eingriffen Eingriffen, 13 RCT, n=892 Patienten ( ), z.t. ansteigende Dosierung von 0,07-0,28g/kg/Tag, z.t. feste Dosierung 0,15-10g/Tag über 4-7 Tage postop. Ergebnisse Signifikante Verringerung der Infektionskomplikationen OR 0,56 [95%KI 0,32-0,98], p=0,04 abs. Senkung n.a
19 Studienergebnisse IV Signifikante Verkürzung des Krankenhausaufenthalts mittlere Differenz -2,98 Tage [95%KI -4,65; -1,31] p=0,0005 positives Ergebnis
20 Kritische Bewertung Studienqualität: Bewertung nach Jadad, nur Studien guter Qualität eingeschlossen, Score nicht angegeben Definition Endpunkt postoperative Komplikationen nicht gegeben Endpunkt Länge des Krankenhausaufenthalts I²= 68%, p=0,004 hochsignifikante Heterogenität Schlussfolgerung: Kausalitätszuweisung der Effekte berechtigt?
21 Fazit Es bleiben Fragen. zu klinischer Relevanz, Kausalität der Effekte/ Wirksamkeit der Komponenten, Dosierung/Dauer, Patientengruppen Metaanalysen ersetzen keine gute Primärstudien!
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