reden bei Der verleihung Des grossen bundesverdienstkreuzes Mit stern an Die ausländischen MitglieDer Des OrDens
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- Katarina Armbruster
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1 ORDEN POUR LE MÉRITE FÜR WISSENSCHAFTEN UND KÜNSTE REDEN UND GEDENKWORTE siebenunddreissigster BAND wallstein verlag
2 reden bei der verleihung des GroSSen Bundesverdienstkreuzes mit stern an die ausländischen mitglieder des ordens
3 ORDENSKANZLER HORST ALBACH DIE AUSBILDUNG von ALEXANDER VON HUMBOLDT ZUM BETRIEBSWIRT Hochverehrter Herr Bundespräsident, sehr verehrte, liebe Frau Köhler, Wes das Herz voll ist, des läuft der Mund über, heißt es im Sprichwort. Wenn das Herz noch voller ist, findet man keine Worte, heißt es auch. Ich finde keine Worte des Dankes für den Empfang mit der Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern an unsere ausländischen Mitglieder. Sie haben damit dem scheidenden Kanzler einen Wunsch erfüllt, den ich seit dem Beginn meiner Amtszeit als einen Herzenswunsch hegte. Im vergangenen Jahr erwähnten Sie, daß Sie gerne Staatsbesuche in Lateinamerika auf den Spuren Alexander von Humboldts gemacht hätten. Ich möchte Ihnen herzlich dafür danken, daß Sie in Ihrer Begrüßung eine Art virtuelle Reise mit Alexander von Humboldt gemacht haben. Gestatten Sie mir, daß ich vor der Tischrede, die unser Vizekanzler Enzensberger gleich halten wird, kurz erwähne, daß Alexander von Humboldt nicht nur der erste Kanzler des Ordens, sondern auch der erste Betriebswirt im Orden war. 89
4 Am 7. September 1790 schrieb Alexander von Humboldt an Ludwig Gustav Karsten 1 in Hamburg, er»gehe morgen von hier (Berlin) nach Hamburg«, er sei»beim Prof. Büsch«zu erreichen. 2 Auf Wunsch seiner Mutter Caroline sollte ihr Sohn Alexander an der von Johann Georg Büsch im Jahre 1767 gegründeten privaten Handelsakademie, heute würde man sie wohl»international Business School«nennen, ein Semester Betriebswirtschaftslehre studieren. Nach Scurla genoß die Handelsakademie Weltruf, 3 nach Bloech war sie»eine der bedeutendsten«, 4 Humboldt meinte, sie»sei im Sinken«. 5 Die Vorlesungen über Kameralwissenschaften sollten ihn auf den Staatsdienst vorbereiten. 6 Er studierte»den Geldumlauf, Buchhaltung und (Warenkunde) Kolonialwaren«, 7 er sah»nichts als Zahlen und Contoirbücher«vor sich, 8 er erwarb juristisch-kameralistische Kenntnisse und setzte sich mit dem Merkantilismus auseinander. 9 Ob Humboldt wirklich das Buch von Johann Georg Büsch»Abhandlung von dem Geldsumlauf in anhaltender Rücksicht auf die Staatswirtschaft und Handlung«10 gelesen hat, wird man bezweifeln dürfen, da dieses Buch wohl ebenso wie sein Werk»Theoretisch- Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften«11 zwar in 14 Auflagen erschien, aber Büsch häufig vom Thema abwich 12 und»nur durch seine Stoffanhäufung beeindruckte«. 13 Humboldt empfand ein Semester als»wenig hinreichend«, meinte aber:»ich hoffe, da es mir an gutem Willen nicht fehlt, mit männlichem Eifer zu arbeiten und auch in 6 Monathen viel, recht vieles zu lernen.«14 Das Studium in Hamburg hat Alexander von Humboldt nicht zu einem guten Geschäftsmann gemacht. 15 Am 17. April 1835 mußte er sich an Friedrich Wilhelm III. wenden, weil er bankrott war. 16 Er legte dem König einen Sanierungsplan vor. Der König rettete ihn, ohne das Cabinett zu fragen. 90
5 Anmerkungen 1 Dietrich Ludwig Gustav Karsten war seit 1789 Assessor der Provinzialadministration in Berlin. Vgl. Jugendbriefe, S Jahn, Ilse; Lange, Fritz G. (Hrsg.): Die Jugendbriefe Alexander von Humboldts, Berlin Scurla, S Vgl. Fußnote 5. 5 Brief an Wilhelm Wegener vom , Jugendbriefe, S Scurla, S. 57. Jürgen Bloech bezeichnet die Handlungsakademie von Hamburg als»eine der bedeutendsten«. Vgl. Bloech, Jürgen; Bogaschewsky, Ronald; Schulze, Marion: Vom Kaufmann zum Betriebswirt, Göttingen Scurla, S Brief an Wilhelm Gabriel Wegener vom , Jugendbriefe, S Brief an Abraham Gottlob Werner vom , Jugendbriefe, S Büsch, Johann Georg: Abhandlung von dem Geldsumlauf in anhaltender Rücksicht auf die Staatswirtschaft und Handlung, Erster Teil, Hamburg und Kiel 1780; zitiert nach Bloech, S Hamburg 1792, Bloech, S Bloech, S Sundhoff, Edmund: Dreihundert Jahre Handelswissenschaft, Beiträge zur Geschichte der Betriebswirtschaftslehre, Göttingen 1979, S Brief an Abraham Gottlob Werner vom , Jugendbriefe, S Er war»ein recht schlechter Geschäftsmann«, Bottig, S S der Akte»Undatierte Briefe Humboldts an den Kronprinzen«GStA PK I. HA Rep 50 A (?)
6 Anlage: Eingabe Alexander von Humboldts an Friedrich Wilhelm von Preußen wegen seiner prekären finanziellen Lage Ew. Königl. Hoheit haben in dieser, für mich so unaussprechlich traurigen Zeit mir gnädigst so oft erlaubt, Ihnen von meinem Schmerze zu reden, daß es mir eine doppelte Pflicht ist, Ihnen ein gestriges Ereignis, einen ungemein freundlichen Beweis der Kön. Gnade und väterlichen Sorgfalt für meine innere Ruhe unterthänigst zu melden. Es ist Ew. Königlicher Hoheit längst bekannt, wie durch vierjährige Reisen, Herausgabe meiner Werke, die mehrere Buchhändler erdrückt haben, und durch einen größeren Capital Verlust ( M) in Pohlen, ich mein väterliches Vermögen aufge opfert habe. Durch die reich liche Stellung welche mir seit einigen Jahren zuteil geworden ist, hat sich meine Lage sehr gebessert. Ich habe seit 12 Jahren von meinen Schulden, die an M betrugen, alles bis auf etwa M abbezahlt. Diese Summe ist kaum der Werth eines einzigen Folio-Exemplars meines großen Reisewerkes, aber ich bin nie wohl habend genug gewesen, mein Buch zu besitzen, was glücklicherweise meine Heiterkeit nie gestöhrt hat. Der Tod meines Bruders, mit dem ich von jeher auf das Zärtlichste verbunden war, hat mich natürlich zu ernsthaften Betrachtungen geführt. Wenn ich die Herausgabe meiner Vor lesungen, deren Druck jetzt beginnt, und welche Cotta mit ein tausend Louis d or, also sehr ansehnlich bezahlt, nicht vollends erlebe, so verliere ich jenes Honorar und muß im Sterben von dem Staate noch die Zahlung meiner Pension auf 3 /4 Jahr aufteilen, um meinen Leuten etwas von meiner gänzlichen häuslichen Habe hinterlassen zu können. Sehr zufällig und absichtslos hatte ich dies dem F. Wittgenstein erzählt, der jetzt in mich drang, Ihnen von meiner eigenen Lage etwas zu sagen und der (ich würde sehr undankbar sein, wenn ich es nicht erkennen möchte) trotz seiner früheren politischen Abneigung gegen meinen verewigten Bruder, mich (seit der Zeit in der ich ihn, zum ersten Male im Congreß zu Aachen sah) ununterbrochen auf das freundlichste behandelt hat. F. Wittgenstein kam vorgestern zu mir, um mir zu sagen»der König haben geglaubt, durch ein früheres von Allerhöchstderoselben, unerbetenes, ausgehendes Versprechen mir mehr Ruhe in meinen wissenschaftlichen Arbeiten zu 92
7 geben, Er thue es mit ganz besonderem Vergnügen in dieser Zeit; eine solche Sache müsse aber nicht durch den Umweg des Cabinetts gehen«. Gestern erhielt ich auch schon von Graf Lottum einen eigenhändigen Brief mit den Worten beginnend: Ew verfehle ich nicht zu benachrichtigen, daß ich von Sr. Majestät beauftragt worden bin, Ihnen anzuzeigen, wie Allerhöchstdieselben gestatten wollen, daß Sie über die Einnahmen, welche Sie aus der königlichen Casse beziehen, auch noch Ein Jahr nach Ihrem dereinstigen Ableben disponieren können. Da dieser Zeitpunkt hoffentlich noch recht lange hinausgeschoben sein wird, so habe ich geglaubt, Ew. von dem wohlwollenden Entschluß Sr. Maj. des Königs schriftlich Anzeige machen zu müssen, um sich bei Ihren Dispositionen auf dieselben beziehen zu können Ew. Königliche Hoheit beglücken mich mit einem so menschlichen Antheil von allem was auf meine heurige Existenz und auf meine geistige Thätigkeit einwirkt, daß ich mich nicht gescheut habe, Sie nochmals zu belästigen. Ich werde mich jetzt bemühen, nicht zu sterben, Herrn v. Cotta, den Infanten, statt der Staatskasse zahlen zu lassen, mich unter dem gnädigen Schutz Ew. Königlicher Hoheit, des Hügels von Sanssouci zu erfreuen und vielleicht gegen den Herbst, während des schlesisch russischen manœuvres, wegen Vollendung meines Französischen Werks, auf ein paar Monate nach Paris zu gehen, wo ich seit vier Jahren nicht war und manches Wissenschaftliche einsammeln muß. Ich wage diese unterthänigste Bitte an Ew. Königliche Hoheit, dieses Blatt in einigen Nebel zu verhüllen, damit die Humboldtschen Fonds nicht von der Börse weichen oder Saldierung fordern. Berlin Mit der ehrfurchtsvollsten Dankbarkeit Ew. Königlicher Hoheit den 17. April 1835 unterthänigster Alexander Humboldt Quelle: GStA PK, BPH Rep 50 J, Nr. 500, S (drei Seiten) 93
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