Insolvenzanfechtung nach 133 InsO

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1 Insolvenzanfechtung nach 133 InsO 14. September 2018 Prof. Dr. Andreas Müller-Wiedenhorn Rechtsanwalt Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

2 Inhaltsübersicht Begrüßung / Vorstellung ZDF Magazin WISO Beitrag vom Fallstudie Einleitung Kontext InsO u.a. Anwendbares Recht Art. 103j EGInsO Spezifische Voraussetzungen InsO a.f. und n.f. Rechtsfolgen InsO Vermeidungsmaßnahmen Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 2

3 Fallstudie Zahlungen 2,0 Mio. Eröffnungsantrag - Rückforderung: 2 Mio.+ Zinsen ab Rücklastschriften - Angemeldete Insolvenzforderungen: 1 Mio. 3 Rücklastschriften - Liquide Masse: ,- Ratenzahlung Verfahrenseröffnung Stundung Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 3

4 129 InsO (1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der 130 bis 146 anfechten. (2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich. Allgemeine Voraussetzungen jeder Insolvenzanfechtung Eröffnetes Insolvenzverfahren Rechtshandlung - weit auszulegen - auch wissentliche und willentliche Unterlassung (129 Abs. 2 InsO) Gläubigerbenachteiligung Kausalität - Verkürzung der Insolvenzmasse nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten - mittelbare Kausalität ausreichend = Regel - unmittelbare Kausalität = Ausnahme ( 132, 134 Abs. 2 a.f./ Abs. 4 n.f. InsO) - kein Vorteilsausgleich Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 4

5 Anwendbares Recht Art. 103j EGInsO (1) Auf Insolvenzverfahren, die vor dem 5. April 2017 eröffnet worden sind, sind vorbehaltlich des Absatzes 2 die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden. (2) Im Rahmen einer Insolvenzanfechtung entstandene Ansprüche auf Zinsen oder die Herausgabe von Nutzungen unterliegen vor dem 5. April 2017 den bis dahin geltenden Vorschriften. Für die Zeit ab dem 5. April 2017 ist auf diese Ansprüche 143 Absatz 1 Satz 3 der Insolvenzordnung in der ab dem 5. April 2017 geltenden Fassung anzuwenden Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 5

6 133 InsO a.f. (vor ) (1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte. (2) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person ( 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 6

7 133 InsO n.f. (seit ) (1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte. (2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 7

8 (3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte. (4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person ( 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 8

9 133 Abs. 1 InsO Gläubigerbenachteiligungsvorsatz beim Insolvenzschuldner - keine Absicht - dolus eventualis ausreichend Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz Vermutungswirkung 133 Abs. 1 S. 2 InsO Beweisanzeichen / Indizien Rechtsprechung: Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles ( 286 ZPO), d.h. auch sog. gegenläufiger Indizien Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 9

10 Starke Beweisanzeichen für Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und Kenntnis Zahlungsunfähigkeit ( 17 Abs. 2 S. 1 InsO) BGH: Ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt regelmäßig mit Benachteiligungsvorsatz. Der Schuldner weiß im Stadium der Zahlungsunfähigkeit, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. ->Nachweis durch Liquiditätsbilanz (eine Möglichkeit) ->Nachweis der Zahlungseinstellung (Vermutung des 17 Abs. 2 S. 2 InsO) - Nichtzahlung fälliger Verbindlichkeiten - Offenkundigkeit Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 10

11 Starke Beweisanzeichen für Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und Kenntnis -> Indizien für Zahlungseinstellung - Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen über längeren Zeitraum (ca. 6 Monate) - dauerhafte schleppende Zahlungsweise - erhebliche Zahlungsrückstände - Mahnungen - Vollstreckungen / Pfändungen - nicht eingehaltene Zahlungszusagen - Rücklastschriften Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 11

12 Starke Beweisanzeichen für Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und Kenntnis Kenntnis des Anfechtungsgegners BGH: Der Kenntnis von der auch drohenden Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits angetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Dabei genügt die Kenntnis des Anfechtungsgegners von den tatsächlichen Umständen, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die drohende Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 12

13 Starke Beweisanzeichen für Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und Kenntnis Inkongruente Deckung Definition in 131 Abs. 1 InsO:... Rechtshandlung, die einem Gläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Typisierung bei Liquiditätskrise des Schuldners Praxisrelevante Fälle: Nicht dem Vertrag entsprechende Zahlungsweisen Abweichende Zahlungswege Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 13

14 Gegenläufige Indizien vom Anfechtungsgegner vorzubringen Widerlegung der Zahlungsunfähigkeit Bargeschäftsähnlicher Leistungsaustausch - Unmittelbare und gleichwertige Gegenleistung - Unmittelbarkeit bei engem zeitlichen Zusammenhang - Rückausnahme: unrentable Geschäftsführung InsO n.f. Unlauterkeitskriterium Unmittelbarkeit Sanierungsbemühungen - schlüssiges Konzept - in Anfängen umgesetzt - ernsthafte und begründete Erfolgsaussicht Zeitabläufe bei inkongruenter Deckung Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 14

15 Rechtsfolgen InsO Rückgewähranspruch Abs. 1 S. 1 InsO Zinsen u.a. Art. 103j Abs. 2 EGInsO Altfälle bis einschließlich Abs. 1 S. 2 InsO a.f. - Verweis auf Bereicherungsrecht Gleichstellung mit blösgläubigem Bereicherungsschuldner ( 819, 818 Abs. 4, 291, 288 BGB) - Kein Einwand des Mitverschuldens ( 254 BGB analog) oder des Rechtsmissbrauchs ( 242 BGB) bei Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter kurz vor ultimo Ab Art. 103j Abs. 2 EGInsO, 143 Abs. 1 S. 3 InsO n.f.: Zinsen nur bei Verzug oder Rechtshängigkeit; kein Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen Zinshöhe: nur fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 15

16 Rechtsfolgen für die Fallstudie bei unterstelltem Erfolg der Anfechtung Hauptforderung: ,- Zinsen: - vom = rd. 22 Monate, berechnet mit 4,12 % = rd ,- - ab Verzug? Kostenrisiko bei Rechtsstreit: 1 Instanz = rd ,- 2 Instanzen = rd ,- Rechtsstreit über zwei Instanzen und zwei Jahre Dauer: , ,00 Kosten ,00 Zinsen = , Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 16

17 Vermeidungsmaßnahmen Verjährungsverzicht Vergleichsverhandlungen Risikovorsorgemanagement Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 17

18 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Berlin Kurfürstendamm Berlin T F Düsseldorf Georg-Glock-Straße Düsseldorf T F Hamburg Neuer Wall Hamburg T F München Prinzregentenstraße München T F Brüssel Rue Froissart Brüssel/Belgien T F Chemnitz Weststraße Chemnitz T F Frankfurt Goetheplatz Frankfurt am Main T F Köln Magnusstraße Köln T F Stuttgart Augustenstraße Stuttgart T F Zürich Bahnhofstrasse Zürich/Schweiz T F Heuking Kühn Lüer Wojtek Insolvenzanfechtung 18