auch in diesem Jahr sind wir wieder zusammengekommen, um den Toten der vergangenen 2 Weltkriege zu gedenken. Aber heute geht es
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- Inken Ritter
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1 Volkstrauertag November 2015 Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, auch in diesem Jahr sind wir wieder zusammengekommen, um den Toten der vergangenen 2 Weltkriege zu gedenken. Aber heute geht es auch um weit mehr. Die Situation auf unserer Erde, vornehmlich aber im Nahen Osten, hat für uns kaum vorstellbare Auswirkungen. Das Gedenken an die Opfer der Weltkriege, die der Kriege in der heutigen Zeit, die des Terrorismus, ist leider aktueller denn je. Man kann das nicht mehr trennen, denn es gibt wie früher auch heute überall Tote, Verletzte und Hinterbliebene, denen der Vater, die Mutter Kinder oder sonstige Angehörige genommen wurden. Dies alles in richtige Worte zu bringen, hat mir viele Gedanken und Überlegungen gemacht. Noch nie ist es mir so schwer gefallen, meine Rede zum Volkstrauertag zu formulieren. Die Herausforderungen an unsere Gesellschaft haben sich im letzten Jahr für jeden spürbar total gewandelt. Ich musste bisher aber auch nicht die Rede einen Tag vor der heutigen Gedenkfeier so aktuell ergänzen. Nun ist es aber so. Nach den schrecklichen Morden am vergangenen Freitag in Paris hat sich noch
2 eine neuere Dimension der Gewalt aufgetan. Mit menschenverachtender Grausamkeit haben Verbrecher unschuldige Menschen wahllos niedergemetzelt, nur weil sie zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort waren. Die Bedrohung kommt immer näher zu uns. Waren es am Freitagmorgen noch 2 Flugstunden von uns entfernt, wo Krieg, Verfolgung und Terror verübt werden, so sind es seit Freitagabend nur noch 2 Autostunden. In den Medien wird von 120 Toten berichtet. Offensichtlich sind es heute schon mehr. Unser Mitgefühl und unsere Anteilnahmen gelten den Angehörigen der Toten, den Verletzten und dem gesamten französischen Volk. Zum einem gilt es, wie ich vorhin erwähnt habe, unseren gefallenen Männern, Frauen, Geschwister, Freunde und auch den vielen Unbekannten der beiden Weltkriege zu gedenken. Viele von uns, die die Gnade der späteren Geburt erfahren durften, können die Erinnerungen nur aus den Erzählungen der Älteren widergeben. Aber es gibt auch noch Bürger unter uns, die das Leid aus persönlicher Erfahrung kennen. Dieser Personenkreis wird aber immer kleiner, so dass es nun unsere Aufgabe ist, diese Erinnerung wach zu halten. Leider werden wir durch die momentane Weltlage ständig daran erinnert, wie es früher bei uns war. Es ist jedoch eine andere Erinnerung, wenn man im eigenen Land davon betroffen ist, als wenn man die Tragödien der Kriege von weiter weg über die Medien frei ins Haus geliefert bekommt. Es ist alles sehr tragisch, aber doch weit weg, meint man.
3 Genaugenommen sind es wie erwähnt nur 2 Flugstunden, bis wir mitten im Krieg sind. Den Fernseher kann man abschalten, wenn man die grausamen Bilder nicht mehr sehen will. Aber sie blieben trotzdem im Gedächtnis haften und sind Realität. Schließlich eingeholt haben uns die Kriegsauswirkungen durch den enormen Flüchtlingsstrom, der Europa, aber vor allem Deutschland, überrollt. Wir sind in hohem Maße gefordert zu helfen, auch im Rückblick auf die Hilfe, die Deutschland nach dem 2. Weltkrieg erfahren hat. Ich möchte hier aber heute keineswegs den Versuch unternehmen und der Frage nachgehen, wie viele Flüchtlinge wir aufnehmen können oder wollen. Ich werde auch mich heute und hier nicht an der politischen Bewertung beteiligen. Es gibt dazu aber 2 Sichtweisen zu berücksichtigen. Erstens die christliche und moralische Aufgabe, anderen in Not und Lebensgefahr befindlichen Menschen zu helfen. Auch ist es eine grundgesetzlich verpflichtende Aufgabe, diesen Menschen beizustehen. Denn der Artikel 1 unseres Grundgesetzes lautet: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Aufgabe jeder staatlichen Gewalt.
4 Und ich füge hinzu, es ist nicht nur Aufgabe der staatlichen Gewalt, sondern wir alle sind aufgerufen, diesen menschenwürdigen Auftrag mit Leben zu erfüllen und umzusetzen. Dazu braucht unsere Gesellschaft Bürgerinnen und Bürger, die sich selbstlos dafür einsetzen und helfen. Freiwillige, die sich in der Flüchtlingsbetreuung einbringen, die diese Leute mit Wohnung, Essen und Kleidung unterstützen. Die Frauen, Männer und Kinder, die unter Lebensgefahr zu uns gekommen sind, brauchen aber auch Ansprache, um sich bei uns aufgehoben und sicher fühlen. Dieses Gefühl kann nicht mit Geld- und Sachspenden vermittelt werden. Es braucht den persönlichen Kontakt, damit diese Menschen dies spüren. Der andere Aspekt ist der, dass die Politik Rahmenbedingungen schaffen muss, um den Einklang zwischen notwendiger Hilfe und Belastbarkeit unseres Volkes zu finden. Dass dies eine fast unlösbare Aufgabe ist, erkennt man daran, wie schwierig es für die politisch Verantwortlichen ist, einen gemeinsamen Weg zu finden. Es sollte sich jeder darüber klar sein oder werden, dass es keine einfachen Lösungen bei der Bewältigung des Flüchtlingsstroms gibt. Gäbe es diese einfachen Lösungen, wären sie sicher schon lange umgesetzt. In unserer demokratischen Gesellschaftsordnung gibt es aber verschiedene Ansichten, die jeder frei äußern darf, solang er nicht gegen Gesetze verstößt. Dies macht es aber wiederum umso schwieriger, tragbare Lösungen zu finden.
5 Bei allen Schwierigkeiten, die es zu bewältigen gibt, dürfen wir eines nicht vergessen, dass wir es mit Menschen zu tun haben, die unsere Hilfe brauchen. Deshalb müssen wir aller Gewalt eine klare Absage erteilen. Leute, die Unterkünfte anzünden und damit Menschen umbringen oder deren Leben gefährden, sind schlicht und einfach Verbrecher und als solche müssen wir sie auch sehen. Wer solchen Leuten Sympathien entgegenbringt, macht sich mitschuldig an diesen Verbrechen. Die Ausrede, das wollte ich nicht, gilt dann nicht mehr. Nun aber nochmals zurück zum Sinn der Volkstrauertags. Er soll wie erwähnt ein Zeichen des Gedenkens sein. Die Kriegsgegner von damals sind inzwischen mehr oder weniger Freunde geworden. Dies hält zusammen und ist ein guter Garant für den Frieden. Über Grenzen hinweg setzt sich der Volksband Deutscher Kriegsgräbervorsorge für die Bestattung und Pflege der Grabstätten weltweit ein. Bei aller Trauer wissen wir, dass und wo unsere Toten begraben sind. Wie geht es da den Angehörigen der Flüchtlinge, die auf der Flucht in Massengräbern verscharrt wurden oder im Wasser ums Leben kamen. Dort gibt es keinen Platz zum Abschied nehmen oder Gedenken. Selbst ein grober Gedenkstein, wie bei uns auf den Friedhöfen üblich ist, macht den Umgang mit dem Schmerz an die Verstorbenen leichter. Deshalb dürfen die in Stein gemeißelten Namen nicht verwischt werden. Sie müssen als ständiges Mahnmal an die Toten und die Gewaltherrschaft auf dieser Welt erhalten werden. Daher sind wir auch gerade dabei, unser Ehrenmal hier auf dem Friedhof zu sanieren, dass die Namen nicht
6 verblassen. Dass die Arbeiten von der ausführenden Firma für den heutigen Tag nicht fertig gestellt werden konnten, tut unserem Gedenken sicherlich keinen Abbruch. Der Umgang mit Menschen anderer Glaubensrichtungen, anderer Herkunft, anderem Aussehen, anderen Ansichten und Einstellungen erfordert von jedem eine hohe Toleranz und Akzeptanz. Dies ist sicherlich nicht immer einfach. Es gilt jedoch, dessen ständig bewusst zu sein und daran zu arbeiten. Meine Gedanken zur heutigen Gedenkfeier möchte ich schließen mit einem Gedicht eines unbekannten Verfassers zum Thema Toleranz:
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