Energetische Sanierung eines Sportbades. Zeitschrift für nachhaltiges Bauen, Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege. Auszug aus Bausubstanz Heft 3/2012
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- Jesko Eberhardt
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1 ISSN Jahrgang 3 Heft 3 (September) 2012 Bausubstanz Zeitschrift für nachhaltiges Bauen, Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege Mazeration historischer Dachkonstruktionen Barrierefreies Wohnen in alten Gemäuern Energetische Sanierung eines Sportbades Auszug aus Bausubstanz Heft 3/2012 Energetische Sanierung eines Sportbades Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e. V
2 Energetische Sanierung eines Sportbades 1 Einleitung Öffentliche Schwimmhallen sind ein wichtiger Bestandteil unseres kommunalen Angebotes für die Bürger in Deutschland. Insbesondere Schul- Schwimmhallen tragen wesentlich dazu bei, dass nahezu jedes Kind heute die Gelegenheit bekommt, frühzeitig schwimmen zu lernen. Viele öffentliche Schwimmhallen sind jedoch in die Jahre gekommen und bedürfen einer Überholung und optischen Aufwertung. Der Energiebedarf ist in vielen Fällen immens und muss aus Kostenund Umweltgründen gesenkt werden. Aufgrund der relativ hohen Raumtemperatur von ca. 30 C besteht bei Schwimmhallen ein überproportionales Energieeinsparpotenzial, das durch gute Planung und umfangreiche Praxiserfahrung realisiert werden kann. Gerade bei Schwimmhallen aus den 1970er-Jahren wurden sehr viele unterschiedliche Konstruktionen angewendet, sodass nachträgliche Maßnahmen Umsicht und fachliches Know-how erfordern. Parallel zur Energieeinsparung bietet eine Sanierung die Chance einer Attraktivierung der gesamten Innengestaltung sowie Verbesserung der früher oft vernachlässigten Akustik. 2 Sanierungsmaßnahmen Diese Maßnahmen standen auch in der Schwimmhalle der Freien Turnerschaft Freiburg an. Unter der Federführung des örtlichen Architekturbüros Richard Kramer wurde ein ganzheitliches Konzept entwickelt, das eine komplette Innensanierung mit Neugestaltung von Dach, Decke und Wänden beinhaltete. Im Rahmen der ersten Stufe wurde die komplette Fensterfront mit moderner Wärmeschutzverglasung und hochdämmenden Rahmenprofilen ausgestattet. Alle massiven Bauteile erhielten eine innen liegende Wärmedämmung sowie eine Alu-Dampfsperre. Zum Einsatz kam das bewährte ISO-Plus-System. Der spezielle Systemaufbau ermöglicht eine schwimmbadgeeignete Putzgestaltung direkt auf der Alu-Dampfsperre. Da- 26
3 Der Schwimmhallenbereich nach der energetischen Sanierung und optischen Aufwertung Im Schwimmer- und Sprungbereich wird über der abgehängten Decke die Abluft abgesaugt und der hocheffizienten Wärmerrückgewinnung im Kellergeschoss zugeführt. durch sind keine aufwendigen Sonderkonstruktionen notwendig. Auch die 9 m hohe Rückwand konnte mit einer 10 cm dicken Innendämmung aufgebaut und mit Fliesen neu gestaltet werden. Diese Wand stellte eine besondere Herausforderung dar, da sich an der Außenseite eine Kletterwand befindet. Außenseitige Dämmmaßnahmen waren damit nicht möglich. Auch die Brüstungsbereiche unter den Fenstern mussten pragmatisch saniert werden, denn dort befindet sich der Zuluftkanal für die Fensterbelüftung. Mit der 5 cm dicken Dämmplatte mit Alu-Dünnblech-Kaschierung konnte auch hier eine effektive Lösung gefunden werden. Über spezielle Kantenprofile aus armiertem Dämmstoff wurde vor der Alu-Dampfsperre ein ca. 14 cm tiefer Hohlraum geschaffen, in dem die Zuluft vom Boden an die Fenster geführt wird. Im Bereich der größeren Fensterfront wurden in der gleichen Bauweise Sitzbänke mit Luftschlitzschiene montiert, sodass die warme Luft die Sitzbank erwärmt und gleichzeitig die Fensterfront mit Warmluft beschleiert wird. Aufgrund vieler unterschiedlicher Baustoffe, wie sie in den 1970er-Jahren verwendet wurden (Beton, Hohlblock, Ziegel, Porenbeton), besteht bei Schwimmhallen immer die Gefahr von Wärmebrücken an den Baustoffübergängen. Hier kann die innen liegende Wärmedämmung mit Dampfsperre ihre Stärken ausspielen: Die Dämmschicht sorgt dafür, dass die Oberflächen an Wand und Decke praktisch Raumtemperatur annehmen und dadurch Kondensatbildung auf diesen Flächen physikalisch unmöglich wird. Die hermetische Aluminium-Dampfsperre dichtet die Konstruktion nach hinten ab. Alle Wärmebrücken werden sicher überdeckt. So bleiben alle Bauteile auf Dauer trocken. An der Decke mit ihren quer verlaufenen Betonträgern wurden die Zwischenfelder ebenfalls zusätzlich von der Innenseite mit dem ISO- Plus-System beplankt und der vorhandene Wärmeschutz in diesem Bereich etwa verdoppelt. Die abgehängte Decke wurde sowohl im niedrigeren Schwimmerbereich als auch im hohen Bereich des Sprungturmes als Akustikdecke ausgeführt. Im Zwischenraum darüber wird die Abluft abgesaugt und der hocheffizienten Wärmerückgewinnung im Kellergeschoss zugeführt. Die abgehängte Konstruktion bot zudem die Integration eines klar gegliederten Beleuchtungsbandes zur optimalen Ausleuchtung der Schwimmhalle. Besonderheit beim Schwimmbadklima: Im Jahresmittel herrscht eine zweifache Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Außenraum im Vergleich zum Wohnbau Energiebedarf 27
4 Vom Boden strömt die Zuluft im Hohlraum bis zum Fenster. Alle massiven Bauteile erhielten eine innen liegende Wärmedämmung sowie eine Alu-Dampfsperre. Über den Hohlraum vor dem Fenster strömt erwärmte Zuluft und temperiert die Sitzbank. 3 Schimmelpilzgrenze eingehalten Die in der DIN 4108 definierte Schimmelpilzgrenze besagt, dass jedes Kons truktionsdetail so ausgeführt werden muss, damit auch bei 80 % relativer Luftfeuchte nirgends der Taupunkt unterschritten wird. Denn über diesem Wert beginnt die sog. Kapillarkondensation, die insbesondere in den Raumecken zu Feuchteschäden und Schimmelpilzbildung führen kann. Für Schwimmhallen mit einer Raumtemperatur von 30 C bedeutet das, dass alle Bauteile und insbesondere die Raumecken eine minimale Oberflächentemperatur von 25,1 C einhalten müssen. Diese lässt sich anhand komplexer Wärmeflussberechnungen ermitteln und sollte jeder Schwimmhallenplanung beigefügt werden. Bei der Schwimmhalle der Freien Turnerschaft Freiburg liegen die Oberflächentemperaturen im Raumeck bei normgerechten 5 C Außentemperatur bei 26,5 C. Diese Werte bieten genügend Sicherheit für trockene Bauteile. Somit ist die Konstruktion für das hochfeuchte Schwimmhallenklima zulässig. Durch die komplette Beplankung der Innenflächen mit der Systemdämmung konnte für alle Bauteile und für die früher vorhandenen Wärmebrücken im Dachbereich eine bauphysikalisch sichere Lösung gefunden werden. Besondere Herausforderungen stellten die Stahlbetonunterzüge dar, die teilweise direkten Außenluftkontakt haben. Hier mussten einige Details, wie die oben im Bild erkennbare Metallkonsole zur Vermeidung von Kondensatanfall, fachkundig gelöst werden. Die Planung und Ausführung der Arbeiten wurden durch den technischen Werksservice der Firma ISO GmbH aus Offenau fachlich begleitet. Gerade bei komplizierten Bauteilsituationen können die Experten aus einem Fundus von Erfahrungen und Individual-Lösungen zurückgreifen, die sie in ihrer über 30-jährigen Tätigkeit als Schwimmhallensanierer gesammelt haben. 4 Energieeinsparung von über 40 % In der Planungsphase wurde eine Gesamt-Energieeinsparung von ca. 40 % angestrebt. Dies betraf die Maßnahmen an der Gebäudesubstanz und im Bereich der Lüftungsanlage. Dort wurde eine hochwertige Anlage mit Wärmerückgewinnung installiert. Sie führt die in der Decke abgesaugte Luft einer Entfeuchtung zu und bläst die dann erwärmte trockene Luft an den Fensterbrüstungen wieder ins Schwimmbad ein. Die aus der Entfeuchtung gewonnene latente Wärme wird der Zuluft wieder zugeführt. Die vorhandene, 160 mm dicke Außendämmung des Daches über dem Sprungbecken konnte belassen werden. Raumseits wurde sie mit einer Innendämmung noch verstärkt. Über dem Schwimmerbereich befindet sich eine Turnhalle. Die Decke war in diesem Bereich bisher ungedämmt mit einem U-Wert von 1,36 W/m²K. Hier konnte durch das ISO-Plus-System in 80 mm Dicke ebenfalls eine bauphysikalisch sichere Konstruktion erzielt werden, wobei sich der U-Wert auf 0,34 W/m²K verbessert hat. Auch wenn der Transmissionswärmebedarf bei Schwimmhallen nicht den Hauptbedarf ausmacht (durch die Wasserverdunstung benötigt die Beckenerwärmung die meiste Energie), so ist doch die Wärmedämmung gerade in Schwimmhallen doppelt effektiv. Bei 30 C Raumtempe- Durch die Innendämmung wird auch in allen Raumecken die Schimmelpilzgrenze eingehalten. 28
5 PROJEKTDATEN Aufbau des ISO-PLUS-ELEMENTs Projekt: Hallenbad der Freiburger Turnerschaft von 1944 e. V. Standort: Schwarzwaldstraße 181, Freiburg Architekt: Dipl.-Ing. (FH) Richard Kramer, Milchstraße 3, Freiburg Fachplaner: Technische Gebäudeausrüstung TGA Planungsgruppe GmbH, Freiburg Fachingenieur/Statik: Ingenieurbüro Kienzler, Freiburg Fachingenieur/Energie: Ingenieurbüro Weiß, Freiburg Handwerker: FAPUtec GmbH Maler- und Gipsergeschäft, Eschbach Wärmedämmung und Dampfsperre: ISO-PLUS-SYSTEM, ISO GmbH, Offenau Fotos: ISO GmbH Pläne: Dipl.-Ing. (FH) Richard Kramer Grafiken: ISO GmbH Grafik»Energiebedarf des Voralbbades«: Freiburger Turnerschaft von 1844 e. V. INFO/KONTAKT ratur ergibt sich eine etwa zweifache Temperaturdifferenz zur Jahres- Mitteltemperatur im Vergleich zum Wohnraum. Zusätzlicher Wärmeschutz ist hier also besonders wirksam. Dazu kommt, dass durch die Innendämmung die Wandoberflächen nahezu Raumtemperatur aufweisen. So fällt keine sich abkühlende Luft mehr an den Wänden nach unten. In der Folge entsteht während der Ruhezeiten spürbar weniger Luftbewegung über dem Becken, was wiederum die Wasserverdunstung mindert. Alles in allem wurde die angestrebte Einsparquote von 40 % übertroffen. Bei den ca. 45 % an erreichter Energieeinsparung werden insgesamt 188 t CO 2 -Emissionen pro Jahr vermie- den. Ein respektables Ergebnis, auch für die Freiburger Luftqualität. 5 Qualitative Aufwertung Mit der Neugestaltung hat die gesamte Schwimmhalle eine Aufwertung erfahren und die Betreiber sind mit den vorgenommenen Maßnahmen in jeder Hinsicht für die Zukunft gerüstet. Weitere Informationen zum Thema Schwimmhallen-Sanierung sind unter aufbereitet. Dipl.-Ing. (FH), VDI Nach dem Maschinenbau-Studium mit den Schwerpunkten Energie und Wärmtechnik (Diplom-Arbeit: Wirtschaftlichkeit von wärmetechnischen Anlagen in einem Hallen-Freibad), seit 1982 Mitarbeiter und später Geschäftsführer im EN-OP-INSTITUT für Bau-Beratung und -Marketing. Energieberater-Tätigkeit und Mitentwicklung der Niedrigenergie-Schwimmhalle, einem abgeschlossenen Konzept für energieoptimierte Schwimmhallen. Seit 1995 Geschäftsführung bei der ISO-GmbH mit Spezialisierung auf bauphysikalische Aufgabenstellungen bei Hallenbädern. Fachautor für eine Vielzahl bau- und haustechnischer Medien, Referent für Schulungen und Fortbildungen im Schwimmbadbereich, z. B. beim Bundesverband Schwimmbad und Wellness (BSW), bei der Technische Akademie Esslingen, und der TÜV-Akademie. ISO GmbH Bahnhofstraße Offenau Tel.: Fax: info@iso.de Internet: 29
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