Beschluss des Verwaltungs- und Personalausschusses vom (VB) Öffentliche Sitzung
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1 Telefon: Telefax: Personal- und Seite 1 von 13 Organisationsreferat Betriebliche Gleichstellung POR-P 5.02 Karriere in Teilzeit Ergebnisse der Workshops, des Stadtratshearings und Vorschlag zum weiteren Vorgehen Sitzungsvorlage Nr /V Anlagen Anlage 1: Einladung zum Stadtratshearing Karriere in Teilzeit Anlage 2: Vortrag auf dem Stadtratshearing von Herrn Dr. Böhle Anlage 3: Vortrag auf dem Stadtratshearing von Frau Fauth- Herkner Anlage 4: Vortrag auf dem Stadtratshearing von Herrn Dr. Hirsch Anlage 5: Produktdatenblatt PROD5701 Personal- und Organisationssteuerung Beschluss des Verwaltungs- und Personalausschusses vom (VB) Öffentliche Sitzung I. Vortrag des Referenten 1. Anlass Mit Antrag Nr /A der Stadtratsfraktion DIE GRÜNEN/RL vom wur de beantragt, dass die Stadtverwaltung ein Hearing zum Thema Karriere in Teilzeit durch führt. Das Personal- und Organisationsreferat hat in der Sitzungsvorlage Nr / V09236 vom / folgendes Vorgehen vorgeschlagen: 1. Das Personal- und Organisationsreferat führt im Herbst/Winter 2012 einen Workshop mit weiblichen und männlichen Teilzeitführungskräften durch. Dabei wird eruiert, wie sich die aktuelle Situation von Führungskräften, die Teilzeit arbeiten oder sich eine Führungsposition teilen, darstellt. Es wird herausgearbeitet, was gut läuft, wo Schwierigkeiten auftreten und wie diesen begegnet werden kann. 2. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse wird für Sommer 2013 ein Hearing konzipiert, bei dem die Ergebnisse des o.g. Workshops vorgestellt und externe Expertinnen und Experten eingeladen werden. 3. Der Stadtrat wird über die Ergebnisse des Hearings und weitere geplante Maßnahmen informiert. Die Vollversammlung des Stadtrats hat dem Vorschlag einstimmig zugestimmt.
2 Seite 2 von Workshops zur Vorbereitung des Hearings 2.1 Kreis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer Zur Vorbereitung des Hearings fanden in der Zeit vom fünf Workshops statt. Von den 555 Teilzeitführungskräften nahmen an den Workshops insgesamt 106 Personen teil 85 Frauen und 21 Männer. Der Frauenanteil von 80 % entspricht dem Frauen/Männer- Verhältnis bei Führung in Teilzeit. Des weiteren wurde die Gleichstel lungsstelle für Frauen, der Gesamtpersonalrat, die Teilzeit- und Beurlaubtenberatungsstelle und Vertreterinnen und Vertreter der Allgemeinen Fortbildung eingeladen. Der Personal- und Organisationsreferent hat außerdem alle Geschäftsleitungen gebeten, den betreffenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Teilnahme an den Workshops zu ermöglichen. 2.2 Ziele der Workshops Ziel der rund dreistündigen Workshops war, den Ist- Stand Führen in Teilzeit bei der Landeshauptstadt München zu erheben, um eine Grundlage für das Hearing zu erhalten. Es sollte herausgearbeitet werden, welche Erfahrungen mit Führung in Teilzeit vorliegen, was gut läuft, wo es Schwierigkeiten gibt und was verbessert werden könnte. Außerdem wurde Gelegenheit zum intensiven persönlichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen in vergleichbaren Arbeitssituationen gegeben. 2.3 Entwicklung In den letzten 15 Jahren hat sich der Anteil an Führungspositionen in Teilzeit wie folgt entwi ckelt: Führungspositionen in Teilzeit
3 Seite 3 von 13 20,0% 18,0% 16,0% 14,0% 12,0% 10,0% 8,0% 6,0% 4,0% 2,0% 5,4% 10,0% 11,3% 13,9% 15,7% 16,6% 18,1% 0,0% Von den insgesamt Führungspositionen im Jahr 2012 wurden 555 in Teilzeit ausgeübt (18,1 %). Der Männeranteil bei den Teilzeitführungspositionen liegt bei 20 %. Von den 555 Teilzeitführungspositionen beträgt der Anteil geteilter Führungspositionen rd. ein Drittel. Das Arbeitszeitmaß der Teilzeitführungskräfte verteilt sich auf 57% über 30 Wochenstunden und 43% unter 30 Wochenstunden. 2.4 Ergebnisse der Workshops Gründe für Teilzeit Danach gefragt, warum mit reduzierter Arbeitszeit gearbeitet wird, wurden folgende Gründe angegeben: Vereinbarkeit von Beruf und Familie (71 %) Work - Life - Balance (18 %) Gesundheitliche / persönliche Gründe (6 %) Weiterbildung (5 %) Da die aktive Förderung der Teilzeit vorrangig der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gilt, ist dies wie zu erwarten der Hauptgrund für Teilzeit. Bemerkenswert ist aber, dass nichtfamiliäre Gründe mit 29 % vertreten sind. Dabei wird die steigende Bedeutung des Themas Work - Life - Balance deutlich, die für rund ein Fünftel ausschlaggebend ist, Teilzeit zu arbeiten. Im Hinblick auf alternsgerechtes Arbeiten sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass
4 Seite 4 von 13 gesundheitliche /persönliche Gründe für Teilzeit von aktuell 6 % der Teilnehmenden angegeben wurden. Angesichts einer älter werdenden Belegschaft ist davon auszugehen, dass künftig mit steigender Nachfrage zu rechnen sein wird. Bereits heute ist Teilzeit aus anderen als familienpolitischen Gründen grundsätzlich möglich. Zur eigenen Weiterbildung haben 5 % der Teilnehmenden ihre Arbeitszeit reduziert Wo wurden die Vorteile gesehen, was funktioniert gut? Aus Sicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ergeben sich Vorteile bei Führung in Teilzeit nicht nur für die Führungskräfte selbst, sondern auch für das Unternehmen: Für die Führungskraft Möglichkeit zu führen trotz familiärer/anderer Verpflichtungen (kein entweder/ oder) Man hat mehr vom Leben Hohe Motivation Mehr Energie durch längere Erholungsphase Vermeidung von Burn- out Für das Unternehmen schnellere Rückkehr aus Elternzeit kein Potenzial- und Know- how- Verlust Hohe Effizienz (aus Sicht der Teilzeitführungskräfte) Alles läuft so gut wie in Vollzeit (aus Sicht der Teilzeitführungskräfte) Zusätzlich bei geteilter Führung Entlastung durch 2. Hälfte geteilte Verantwortung gemeinsame Problembewältigung Aufteilung der Aufgaben nach Kompetenz und Neigung Zwei Blickwinkel Lebendigere Kommunikation im Team Keine Krankheitstage (krank an freien Tagen) Wo gibt es Schwierigkeiten? Trotz aller positiven Gesichtspunkte wurde eine Reihe von Problemen herausgearbeitet. Akzeptanz Vorgesetzte und/oder Mitarbeiter sind skeptisch oder ablehnend Mann in Teilzeit wird gleichgesetzt mit weniger Engagement Ansehensverlust (man ist nur Teilzeit) Erwartung, dass aufgestockt wird oder Teilzeit beendet wird Vorwurf, dass Arbeit in Vollzeit erledigt werden könnte Man wird übergangen (nicht gewartet, bis wieder im Dienst)
5 Seite 5 von 13 Organisation Aufgabenverteilung Informationsstand unklare Zuständigkeiten Erledigung der gleichen Aufgaben in reduzierter Arbeitszeit Führungsaufgaben und Arbeitsverdichtung nehmen zu Zu große Führungsspanne Vollzeitnahe Teilzeit = Ausbeutung/Selbstausbeutung Kontrollverlust ( Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch ) Stellvertretung überschreitet Kompetenzen Zeit Einarbeitung in Teilzeit dauert länger Zu wenig Zeit für die Bearbeitung komplexer Sachverhalte Klagen über mangelnde Präsenz / schlechte Erreichbarkeit Besprechungen außerhalb der Arbeitszeit Spontane Termine ( halten Sie sich bereit ) Permanente Erreichbarkeit wird erwartet Arbeit in der Freizeit wird erwartet Individuell Eigener hoher Anspruch Arbeit wird mit nach Hause genommen Schlechtes Gewissen Team gegenüber Keine Zeit für kollegiale Kontakte Berufliches Weiterkommen Teilzeitführungskraft wird aufgrund geringerer Präsenz unsichtbar, wirkt sich auf dienstliche Beurteilung/leistungsorientierte Bezahlung aus Karriere bei Teilzeit? Zugang zu Führungsstellen in Teilzeit schwierig Zusätzlich bei geteilter Führung hoher Abstimmungsbedarf Gegeneinander ausspielen der beiden Führungskräfte Unterschiedliche Einstellung zu bestimmten Themen, Personalführung etc. Unterschiedlicher Erfahrungsstand, Karrierevorstellungen Aufgabenmehrung ( Sie sind doch zu zweit ) Kontakt/ Absprache in der Freizeit notwendig Gemeinsame Bewerbung auf eine Stelle möglich? Lösungsansätze Ziel der Workshops war es u.a., nicht nur die Probleme bei Führung in Teilzeit herauszuar beiten, sondern die Teilzeitführungskräfte danach zu fragen, wie sie in der Vergangenheit aufgetretene Probleme gelöst haben. Im Folgenden sind bewährte Lösungen aus Sicht der Workshop- Teilnehmenden dargestellt.
6 Seite 6 von 13 Akzeptanz bei mangelnder Akzeptanz: thematisieren Erwartungen und deren Realisierbarkeit klären Durchhaltevermögen Organisation Klare Absprachen treffen klare Aufgabenzuordnung guter Informationsfluss, damit in Abwesenheit kein Stau entsteht vorhandene Angebote nutzen (Teilzeit- und Beurlaubtenberatungsstelle im Personal- und Organisationsreferat; Broschüre Handlungshilfe zur Vorbereitung der Teilung einer Führungspositi on ) sporadische Telearbeit wo möglich Umstrukturierung des Teams mit anderer Aufgabenverteilung Zeit gewisses Maß an Flexibilität Optimierung der Besprechungskultur Individuell Hilfe in Anspruch nehmen o Fortbildungen Fit bleiben im Beruf, Stressbewältigung o Coaching Erziehung der Mitarbeiter und Vorgesetzten Lernen, dass es zeitweise auch ohne Führungskraft geht Nein- sagen lernen Zusätzlich bei geteilter Führung geschlossen auftreten klare Kommunikation, wer für was zuständig EIN Kalender für alle Termine des Teams Regelung: wer da ist, entscheidet Übergabebuch, Protokolle Ideen, Änderungswünsche, Unterstützungsbedarfe seitens der Workshop- Teilnehmenden Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Workshops wurden danach gefragt, wie sie in ihrem Führungsalltag unterstützt werden könnten. Folgende Punkte wurden genannt: Stärkere Vernetzung von Teilzeitführungskräften Austauschforen kollegiale Beratung für Teilzeit spezieller Austausch unter männlichen Teilzeitführungskräften
7 Seite 7 von 13 Berufliches Weiterkommen in Teilzeit Informationen zum Bewerbungsverfahren Einrichtung einer Teilzeitbörse Mehr Information für Führungskräfte auf bereits bestehende Beratungsstellen aufmerksam machen Organisation Aufgabenvolumen an Arbeitszeit anpassen Fazit Insgesamt kann festgehalten werden, dass Führung in Teilzeit bei der Landeshauptstadt München ein inzwischen bewährtes Modell ist, das aber mit Herausforderungen verbunden ist. Dabei ist zu unterscheiden: Das Modell Eine Person führt mit reduzierter Arbeitszeit ist angekommen. Das Modell Geteilte Führung (zwei Personen teilen sich eine Führungsposition) wird kritischer gesehen. Auch zahlenmäßig ist geteilte Führung das weniger verbreitete Modell. Führen in Teilzeit wird von der überwiegenden Mehrheit der Teilzeitführungskräfte positiv bewertet. Besonders hervorgehoben wird, dass es die Möglichkeit gibt, in Teilzeit zu führen sowie die Vielfältigkeit der Teilzeitmodelle, die aus Sicht der Teilzeitführungskräfte ein Alleinstellungsmerkmal der Landeshauptstadt München sind. Auf die Frage: Würde Sie einer Kollegin/einem Kollegen 'Führen in Teilzeit' bzw. 'Geteilte Führung' empfehlen fiel die Antwort folgendermaßen aus: 77,2 % eher ja 11,4 % nicht ja/nicht nein 11,4 % eher nein Als weiteres Ergebnis der Workshops kann betrachtet werden, dass Führen in Teilzeit dann gut gelingt, wenn folgende Rahmenbedingungen gegeben sind: Förderliche Rahmenbedingungen für Führung in Teilzeit: Nächsthöhere Führungsebene steht Führung in Teilzeit positiv gegenüber Team steht Führung in Teilzeit positiv gegenüber Aufgaben sind an reduzierte Arbeitszeit angepasst ein gewisses Maß an zeitlicher Flexibilität seitens der Teilzeitführungskraft Teilzeitführungskraft und Stellvertretung ziehen an einem Strang Kompetenzen der Stellvertretung sind klar geregelt hohe Kommunikationsfähigkeit der Teilzeitführungskraft, damit
8 Seite 8 von 13 Stellvertretung und Team in Abwesenheit der Führungskraft weiterarbeiten können Hilfreiche Rahmenbedingungen für Führung in Teilzeit Einarbeitung in Teilzeit dauert länger. Hilfreich ist, wenn die Führungskraft fachlich sattelfest ist und bereits ein gewisses Standing hat Telearbeit, um Sonderaufgaben und Arbeitsspitzen zu erledigen 3. Stadtratshearing Karriere in Teilzeit am Zum Hearing wurden alle Stadträtinnen und Stadträte, Referentinnen und Referenten, Geschäftsstellenleitungen, der Gesamtpersonalrat, Personalrat des Personal- und Organisati onsreferates sowie alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Workshops eingeladen (siehe Anlage 1). Insgesamt nahmen neun Stadträtinnen und Stadträte aus drei Fraktionen sowie weitere rd. 50 Personen teil. Neben dem Personal- und Organisationsreferenten, Herr Dr. Thomas Böhle, gab es zwei weitere Vortragende sowie eine anschließende Podiumsdiskussion. Personalreferent Dr. Thomas Böhle eröffnete das Hearing und stellte in seinem Vortrag (siehe Anlage 2) den hohen Stellenwert heraus, den Teilzeit und Führen in Teilzeit bei der Landeshaupt stadt München einnehme. Dr. Böhle zufolge biete Teilzeit die Chance, das Potenzial der Beschäftigten voll auszuschöpfen und den Beschäftigten lebensphasenbezo gene Arbeitszeit gestaltung anzubieten. Davon profitieren beide Seiten. Er zeigte zunächst die Entwicklung des Frauenanteils bei den Führungspositionen insgesamt, der bei 47 % liegt. Von den Führungspositionen werden inzwischen 18 % in Teilzeit ausgeübt. Dabei machte er deutlich, dass nahezu jedes beantragte Arbeitszeitmaß genehmigt werde und Teilzeit in allen Berufen und auf allen Ebenen möglich sei. Maßnahmen zur Förderung der Rückkehr sind Beurlaubungs- und Rückkehrgespräche, eine Informationsveranstaltung für werdende Eltern, Kontakthalteprogramme sowie der Beurlaubtenbrief und - newsletter. Außerdem führte Dr. Böhle aus, dass 36 % der Teilzeitkräfte im Rahmen der Leistungs- orientierten Bezahlung eine Prämie erhalten, bei den Vollzeitkräften sind es 44 %. Ähnlich verhält es sich bei der Beurteilungspraxis in Bezug auf Vollzeit- und Teilzeitkräfte: 53,3 % der Vollzeitkräfte erhiel ten 2007 das 1. und 2. Gesamturteil, bei den Teilzeitkräften lag der Anteil bei 46,8 %. Ferner stellte er die Ergebnisse der o.g. Workshops dar (siehe Ziff. 2.4). Die Unternehmensberaterin Frau Angela Fauth- Herkner führte in ihrem Vortrag (siehe Anlage 3) aus, dass eine lebensphasenbewusste Personalpolitik mit interessengerechten Arbeitszeitmodellen auch in Führung die Motivation und Identifikation mit dem Unterneh men stärke, Belastungen vermeiden und dem drohenden Führungskräftemangel vorzubeu gen helfe, da der Betrieb attraktiv sei. Sie zeigte auf, dass Befragungen zufolge rund 60 % der Führungskräfte
9 Seite 9 von 13 bundesweit ihre Arbeitszeit in bestimmten Lebensphasen reduzieren möchten, dass aber nur 39 % der befragten Frauen dieses Ziel für realisierbar halten und über 87 % der befragten Männer Nachteile für die Karriere befürchten. Insgesamt arbeiten 11 % der Führungskräfte in Deutschland Teilzeit, 14 % der weiblichen und 2 % der männli chen Führungskräfte. Die gewählten Arbeitszeitmodelle sind primär die vollzeitnahe Teilzeit (z.b. 4- Tage- Woche) und die tägliche Reduktion (z.b. früher gehen). Job Sharing und Halbierung der Arbeitszeit sind hingegen eher die Ausnahme. Damit Führung in Teilzeit gelin ge, seien u.a. flexible Teilzeit- Gestaltungsmöglichkeiten, eine Kombination mit mobilem Arbeitsort, Vertretungsregelungen, klare Kommunikation und Absprachen erforderlich. Für den Philosophen und Politikwissenschaftler Dr. Michael Hirsch ist die Frauenfrage eine Männerfrage (siehe Anlage 4). In unserer Gesellschaft sei das Paradigma lebenslanger Vollzeiterwerbstätig keit das zentrale Normalitäts- und Identitätsmuster. Hirsch führte aus, dass unbegrenzte Leistungsbereitschaft und Mehrarbeit zentrale Bedingungen für berufli chen Aufstieg und das vorherrschende Selektionskriterium bei der Rekrutierung des Führungspersonals seien. Damit würden eine bestimmte Lebensform privilegiert und weibliche und andere von dieser Norm abweichende Lebensformen benachteiligt. Dies betreffe Menschen, die anders leben wollen oder müssen, z.b. weil sie Familienpflichten haben. Ein fortschrittlicher Feminismus strebt Hirsch zufolge nicht mehr die Emanzipation der Frauen durch die Verlängerung der weiblichen Erwerbsarbeitszeit an, sondern durch die Verringe rung der männlichen. Die schrittwei se Senkung der normalen Arbeitszeiten für alle und für alle Arbeitsplätze (auch die höher qualifizierten) sei auch für Personen entworfen, die Betreuungsaufgaben haben. Damit gehe es künftig nicht mehr um Ausnahmeregelungen für Frauen, sondern um die Änderung der gesellschaftlich vorherrschenden Regeln und Normalitätsbedingungen. Die Option öffentli cher und privater Arbeitgeber für Führung in Teilzeit für insgesamt markant reduzierte Normalarbeitszeiten hat Hirsch zufolge eine kulturelle und gesellschaftspolitische Signalwir kung und Modellfunktion. Im Anschluss an die Vorträge fand eine Podiumsdiskussion statt, an der neben Herrn Dr. Hirsch, Frau Fauth- Herkner und Herrn Dr. Böhle auch die Leiterin der Gleichstellungsstelle für Frauen, Frau Pichlbauer, teilnahm und die von der Journalistin Frau Prediger moderiert wurde. Fragen aus dem Publikum waren ausdrücklich erwünscht. Im Hinblick auf die Ausführungen von Frau Fauth- Herkner wurde angemerkt, dass Teilzeit bei Männern weder erwartet noch gut geheißen werde. Männern, die Teilzeit arbeiten, hafte das Stigma an, nicht belastbar zu sein. Dies zeigten auch die Auswertungen zur leistungsorientierten Bezahlung bei der Landeshauptstadt München: teilzeitarbeitende Männer bildeten bei der Prämienvergabe das Schlusslicht. Einigkeit herrschte im Hinblick darauf, dass diesbezüglich ein Umdenken erforderlich sei. Studien bei Führungskräften haben gezeigt, dass Führungskräfte die besten Ideen nicht am Arbeitsplatz haben, sondern in der Freizeit. Längere Erholungsphasen, wie sie durch Teilzeit ermöglicht werden, fördere also u.a. die Qualität der Führung und die Leistungspotenziale der
10 Seite 10 von 13 Führungskräfte. Das notwen dige Umdenken werde durch die demografische Entwicklung forciert. Durch den Fachkräf temangel steige der Druck auf Unternehmen, den Wünschen der Beschäftigten sowie der Bewerberinnen und Bewerber nachzukommen. Dass mehr Freizeit inzwischen auch in Berufen gewünscht werde, die bislang eher nicht in Teilzeit ausgeübt wurden, mache das Beispiel einer Schweizer Klinik deutlich, die die Stelle eines Klinikdirektors in Teilzeit (70 % der vollen Arbeitszeit) ausgeschrieben habe. Bezüglich der Thesen von Herrn Dr. Hirsch, der eine Reduzierung der Arbeitszeit von Männern forderte, wurde darauf hingewiesen, dass sie nicht nur die Geschlechterfrage betref fen, sondern auch eine arbeitsmarkt- sowie gesundheitspolitische Dimension haben. Gerade auch im Hinblick auf die zunehmende Burn- out- Problematik sei eine Reduzierung der Arbeitszeit ein möglicher Lösungsansatz. Es wurde auch die Frage nach Vorbildern gestellt. Das öffentliche Bild von Führungskräften großer Unternehmen sowie von Politikerin - nen und Politiker sei, dass sie multipräsent sein müssten. Hier gelte es, stärker anzusetzen und andere Vorbilder zu schaffen. Diskutiert wurde auch der Stellenwert, den ein voller Terminkalender und mangelnde freie Zeit in anderen Kulturen habe. Während der in Deutschland häufig gebrauchte Hinweis, keine Zeit zu haben, ein positives Image aufweise, werde es in anderen Kulturen mit Verwunderung aufgenommen, keine Zeit für Familie und Freunde zu haben. Schließlich wurden die im Vortrag von Herrn Dr. Böhle dargestellten Ergebnisse zur Ist- Situation bei der Landeshauptstadt München erörtert. Trotz der dargestellten Probleme sei der bei der Landeshauptstadt München eingeschlagene Weg ein guter, mehr als 99 % aller Stellen werden in Vollzeit und Teilzeit ausgeschrieben und auch bei der Besetzung von Führungspositionen haben Teilzeitkräfte gute Chancen. Die Möglichkeiten zur Vereinbar keit von Beruf und Familie seien einer der Vorzüge der Landeshauptstadt München, welcher bei der Personalgewinnung auch eine große Rolle spiele. Frau Pichlbauer hob abschließend hervor, dass vor allem die Probleme auf der Ebene der Arbeitsorganisation gemeinsam und verbindlich in Angriff genommen werden müssen um das Modell Führen in Teilzeit für die Landeshauptstadt München weiter erfolgreich auszubauen. 4. Geplante Maßnahmen Die im Folgenden dargestellten Vorschläge zur Unterstützung von Teilzeitführungskräften wurden auf den Workshops sowie dem Stadtratshearing genannt (s. Ziff ). 4.1 Austausch und Vernetzung Ein häufig genannter Wunsch war, Austausch- und Vernetzungsmöglichkeiten zu schaffen, damit sich Teilzeitführungskräfte über die auf den Workshops geäußerten Probleme austauschen können. Das Personal- und
11 Seite 11 von 13 Organisationsreferat veranstaltet im November 2013 zwei Informations- und Vernetzungstreffen. Dabei wird das Instrument der kollegialen Beratung vorgestellt und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Möglichkeit geboten, sich in Kleingruppen zusammenzuschließen und sich auszutauschen. Kollegiale Beratung ist ein strukturiertes Verfahren praxisnahen Lernens. In einem gemeinsamen Reflexionspro zess werden die Erfahrungen und Kompetenzen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer akti viert und zur Problemlösung genutzt. Die Methode zielt auf Weiterentwicklung von Handlungskompetenzen und die Erschließung neuer Perspektiven. Im September 2013 erfolgte die Einladung an alle Teilzeitführungskräfte. Darüber hinaus ist es bereits jetzt möglich, dass Teilzeitführungskräfte zur Realisierung eines konkreten Veränderungswunsches oder zur Lösung eines individuellen Problems ein Coaching beantragen. Führen in Teilzeit gehört zu den ausdrücklich genannten Anlässen für Coaching. Die Beratung und die Vermittlung geeigneter Coaches erfolgt durch die Fortbildungsabteilung P 6.2. Ebenso ist es möglich, das gesamte Team mit Hilfe einer Teamentwicklungsmaßnahme zu unterstützen. Ansprechpartner ist auch hier die Fortbildungsab teilung P Einrichtung einer Teilzeitbörse Auf den Workshops mit Teilzeitführungskräften wurde vielfach der Wunsch nach einer Teilzeitbörse geäußert, die es ermöglicht herauszufinden, ob es andere wechselwillige Teilzeit- bzw. Teilzeitführungskräfte gibt, mit denen man sich ggfs. gemeinsam erfolg reich auf ausgeschriebene Stellen bewerben kann. Es entstand der Eindruck, dass Teilzeit kräfte manch mal in Auswahlverfahren nicht zum Zuge kämen, da keine geeignete zweite Besetzung für die verblei benden Stundenanteile existieren würde. Die Personalauswahl erfolgt immer nach dem grundgesetzlich in Art. 33 Abs. 2 manifestier ten Leistungsgrundsatz nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Dabei darf das Arbeitszeitmaß keine Rolle spielen. Städtische Stellen sind grundsätzlich für Vollzeit- und Teilzeitkräfte ausgeschrieben. Wenn eine Teilzeitbeschäftigte oder ein Teilzeitbeschäftig ter aus dem Auswahlverfah ren als am besten geeignet hervorgeht, ist sie/er zwingend auszuwählen und ggfs. die verbleibenden Stundenanteile erneut auszuschreiben, falls keine weiteren Teilzeitkräfte als geeignet gereiht sind. Falls sich weitere Teilzeitkräfte beworben haben, die im Auswahlver fahren ihre Eignung nachweisen konnten, muss nicht erneut ausgeschrieben werden und die Stelle kann mit zwei Teilzeitkräften besetzt werden. Die Schaffung einer Teilzeitbörse, in der sich wechselwillige Teilzeitkräfte eintragen und für eine Tandembildung finden können, wirft eine Reihe organisatorischer, datenschutzrechtli cher und IT- relevanter Fragen auf. Neben der organisatorischen Anbindung der Börse ist z.b. zu klären, wie die Zugangsrech te zu handhaben sind, inwieweit eine IT- Unterstützung notwendig und eine IT- Vorhabensplanung erforderlich ist etc. Das Personal- und Organisationsreferat
12 Seite 12 von 13 wird daher in Abstim mung mit dem Gesamt personalrat und der Gleichstel - lungsstelle für Frauen prüfen, ob und inwieweit dem Wunsch der Teilzeitführungskräfte Rechnung getragen werden kann. Da es im Rahmen der Stellenbesetzungsverfahren aus rechtlichen Gründen bei der individuellen Beurteilung der einzelnen Bewerberinnen und Bewerber verbleiben muss, ist der Nutzen einer Tandembildung nicht absehbar. 4.3 Aufgabenvolumen an reduzierte Arbeitszeit anpassen Als häufig auftretendes Problem bei Führung in Teilzeit, insbesondere bei vollzeitnaher Teilzeit, wurde genannt, dass die vollen Aufgaben in weniger Stunden zu bewältigen sind. Kommt es zu keiner Reduzierung der Aufgaben, sind eine permanente Überlastung der Teilzeitführungskraft und mögliche Konflikte vorprogrammiert. Künftig wird das Personal- und Organisationsre ferat prüfen, wie Dienststellen die Aufgaben auf das verringerte Stundenmaß zugeschnitten haben, wenn eine Vollzeitführungsposition mit einer Teilzeitkraft neu besetzt wird und die verbleibende Stundenkapazität vakant bleibt. Eine Unterstützung hierbei soll die Broschüre Handlungshilfe zur Vorbereitung der Teilung von Führungspositionen sein. Diese Broschüre entstand im Nachgang zu den Workshops Teilzeitbeschäftigte in Führungspositionen des Jahres Sie macht deutlich, dass eine sorgfältige Analyse im Vorfeld die Grundlage für eine erfolgreiche Führung in Teilzeit ist. Die Broschüre beinhaltet eine Checkliste, mit deren Hilfe die Führungsaufgaben analysiert und die delegierbaren Aufgaben identifiziert werden können. Im Falle von geteilter Führung gibt sie Hinweise, wie die Aufgaben verteilung zwischen den beiden Teilzeitfüh rungskräften auf den Weg gebracht werden kann. Die Broschüre soll aktualisiert und über arbeitet werden. 4.4 Mehr Information Zwar gibt es eine Teilzeitbroschüre für Beschäftigte und einen Teilzeit- Leitfaden für Vorgesetzte, doch spezielle Informationen zu Führen in Teilzeit gibt es noch nicht. Daher sollen die Ergebnisse der Workshops und des Hearings in einer Broschüre dargestellt und Teilzeitführungskräften, Vorgesetzten, Geschäftsleitungen und Personalstellen zur Verfügung gestellt werden. Die Broschüre soll zum einen als Informationsquelle dienen und Interessierten Kenntnisse über gelingende und problematische Faktoren hinsichtlich Führung in Teilzeit vermitteln. Es sollen die Schwierigkeiten, aber auch die Lösungsansätze, erfahre ner Teilzeitführungskräfte dargestellt werden, wie sie auf den im November 2012 durchge führten Workshops ermittelt werden. Ferner werden förderliche und hilfreiche Rahmenbedingungen dargestellt. Zum anderen wird auf bestehende Einrichtungen (z.b. Teilzeit- und Beurlaubtenberatungsstelle), die Handlungshilfe zur Vorbereitung der Teilung einer Führungsposition etc. hingewiesen. 5. Gesamtkosten und Finanzierung
13 Seite 13 von 13 Für die Überarbeitung der vorhandenen Handlungshilfe zur Vorbereitung der Teilung einer Führungspositi on sowie die Neuerstellung einer Broschüre Führen in Teilzeit werden einmalig Mittel in Höhe von ,- - Euro anfallen. Die einmaligen Mittel in Höhe von können aus dem Restefonds des Personal- und Organisationsreferats entnommen und im Jahr 2014 aus dem Büroweg im PROD5701 Personal- und Organisationssteuerung eingestellt werden. Ein- / Auszahlungen Personalauszahlungen Beamte Angestellte Sachauszahlungen (z.b. Auszahlungen für DV- Arbeitsplatz an IT@m, Ersteinrichtung Transferauszahlungen Summe Auszahlungen Einzahlungen Saldo Aus- und Einzahlungen Nachrichtlich: Vollzeitäquivalente Nachrichtlich: Investitionen dauerhaft einmalig/befristet ,- - Euro in ,- - Euro 6. Beteiligung Die Finanzierung ist mit der Kämmerei abgestimmt. Die Beschlussvorlage wurde der Gleichstellungsstelle für Frauen und dem Gesamtperso nalrat zugeleitet. Der Ergänzungswunsch der Gleichstellungsstelle für Frauen wurde aufgenommen. Dem Korreferenten des Personal- und Organisationsreferats, Herrn Stadtrat Amlong, sowie der zuständigen Verwaltungsbeirätin, Frau Stadträtin Schmitt, ist ein Abdruck der Sitzungsvorlage zugeleitet worden. II. Antrag des Referenten
14 Seite 14 von Vom Vortrag und den unter Ziffer 4 genannten Maßnahmen wird zustimmend Kenntnis genommen. 2. Die einmaligen Mittel in Höhe von ,- - werden aus dem Restefonds des Personal- und Organisationsreferats entnommen und im Jahr 2014 aus dem Büroweg im PROD5701 Personal- und Organisationssteuerung eingestellt. 3. Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle. III. Beschluss nach Antrag. Der Stadtrat der Landeshauptstadt München Der/Die Vorsitzende Der Referent Ober- /Bürgermeister/in Ehrenamtliche/ - r Stadtrat/rätin Stadtrat Dr. Böhle Berufsmäßiger IV. Abdruck von I. mit III. über den Stenografischen Sitzungsdienst an das Direktorium Dokumentationsstelle an das Revisionsamt an die Stadtkämmerei zur Kenntnis.
15 Seite 15 von 13 V. Wv. Personal- und Organisationsreferat, P Die Übereinstimmung vorstehenden Abdrucks mit der beglaubigten Zweitschrift wird bestätigt. 2. An das POR, BdR, P2, P6.22, GL 2 an das Baureferat an das Direktorium an das Kommunalreferat an das Kreisverwaltungsreferat an das Kulturreferat an das Referat für Arbeit und Wirtschaft an das Referat für Gesundheit und Umwelt an das Referat für Stadtplanung und Bauordnung an das Referat für Bildung und Sport an das Sozialreferat- GL an die Stadtkämmerei an die Münchner Stadtentwässerung an den Abfallwirtschaftsbetrieb an die Markthallen München an die Münchner Kammerspiele an die Münchner Philharmoniker an die Landwirtschaftlichen Betriebe an das Jobcenter München an IT@M an die Gleichstellungsstelle für Frauen an den Gesamtpersonalrat zur Kenntnis.
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