Niederfrequente Felder von Hoch- und Höchstspannungsleitungen. Gesundheitliche Risken und deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit

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1 Niederfrequente Felder von Hoch- und Höchstspannungsleitungen Gesundheitliche Risken und deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit Christiane Pölzl, Bundesamt für Strahlenschutz Berlin,

2 Wirkungen niederfrequenter Felder Nachgewiesene Wirkungen Zusätzlich erzeugte Körperströme durch elektrische und magnetische Felder Reizung von Nerven- und Muskelzellen bis hin zu Herzrhythmusstörungen. Körperstromdichte ma/m Deutliche Schädigung möglich Zusätzliche Herzkontraktionen Herzkammerflimmern Gesundheitsgefahren möglich Veränderung der Erregbarkeit des zentralen Nervensystems bestätigt Reizschwellen Gut bestätigte Effekte Optische Sinneseindrücke, Berichte über beschleunigte Knochenheilung Nicht gesicherte Berichte über individuelles Unbehagen Wissenschaftlich diskutierte Wirkungen Neurodegenerative Erkrankungen Leukämie im Kindesalter Internationaler Basiswert Bereich natürlich vorhandener Körperstromdichten 1 Keine gesicherten biologischen Effekte C. Pölzl, , Berlin DUH 2

3 Grenzwerte Grenzwerte begrenzen die Stärke der Ströme, die durch äußere elektrische und magnetische Felder zusätzlich im Körper erzeugt werden dürfen. Internationaler Basiswert: 2 ma/m 2 (Milliampere pro Quadratmeter). Aus dem Basiswert abgeleitet: Grenzwerte für die elektrische Feldstärke (kv/m) und die magnetische Flussdichte (Mikrotesla µt). Grenzwerte der 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV) für 50 Hz Elektrische Feldstärke E (Kilovolt pro Meter) magnetische Flussdichte (Mikrotesla) 5 kv/m 100 µt C. Pölzl, , Berlin DUH 3

4 Diskutierte Wirkung: Neurodegenerative Erkrankungen Einige epidemiologische Studien: erhöhtes Risiko für bestimmte Erkrankungen des Nervensystems wie beispielsweise die Alzheimer-Erkrankung Vor allem bei beruflicher Exposition mit starken NF-Feldern Zusammenhang nicht bei allen epidemiologischen Studien Bisher keine Bestätigung durch Laboruntersuchungen Bislang kein biologischer Wirkmechanismus bekannt Weitere Forschung zum möglichen Zusammenhang zwischen NF und Erkrankungen des Nervensystems C. Pölzl, , Berlin DUH 4

5 Diskutierte Wirkung: Leukämien im Kindesalter Konsistente epidemiologische Befunde zu möglicher Assoziation von kindlicher Leukämie und Magnetfeldexposition (ab 0,3 0,4 µt) Experimentelle Studien (Tierversuche, in vitro Studien) konnten epidemiologische Beobachtungen bisher nicht bestätigen Kausalität vorausgesetzt wären im Mittel etwa 1,5% der kindlichen Leukämien durch Magnetfelder verursacht Risikofaktoren für Leukämie im Kindesalter insgesamt noch wenig bekannt BfS unterstützt weitere - auch interdisziplinäre - Forschung C. Pölzl, , Berlin DUH 5

6 Strahlenschutzkonzept Die bestehenden Grenzwerte der 26. BImSchV schützen vor nachgewiesenen Gefahren und beruhen auf Empfehlungen internationaler Expertengremien (ICNIRP, EU-Ratsempfehlung). Sie werden ergänzt durch: Vorsorgemaßnahmen, die einzelne Hinweise von möglichen Wirkungen unterhalb der Grenzwerte berücksichtigen. Verringerung wissenschaftlicher Unsicherheiten (Forschung) Minimierung potentieller Risiken (Expositionen) Information der Bevölkerung über mögliche Risiken C. Pölzl, , Berlin DUH 6

7 Exposition durch 380 kv Leitungen Magnetische Flussdichten in 1 m Höhe über dem Erdboden an 380 kv Freileitungen und Erdkabeltrassen in Abhängigkeit vom Abstand von der Trassenmitte. Quelle: Neitzke et al C. Pölzl, , Berlin DUH 7

8 Expositionsminimierung im niederfrequenten Bereich - BfS-Empfehlungen (1) Bei Hochspannungsleitungen Verzicht von Neubau von Kindergärten, Schulen und Wohnanlagen direkt unter Hochspannungsleitungen Maßnahmen zur Verringerung der Exposition sollten an den Feldquellen selbst erfolgen (z.b. optimale Phasenbelegung der Hochspannungsleiter, Optimierung des Gerätedesigns, ) C. Pölzl, , Berlin DUH 8

9 Expositionsminimierung im niederfrequenten Bereich - BfS-Empfehlungen (2) Im privaten Bereich: Abstand halten, z.b. Radiowecker nicht neben den Kopf stellen Dauer der Einwirkung verringern Strom sparen : strahlungsarme Geräte verwenden unnötige Quellen abschalten (auch den Standby-Betrieb), elektrische Geräte durch mechanische (Wecker) oder batteriebetriebene Geräte (Babyphone) ersetzen C. Pölzl, , Berlin DUH 9

10 Wahrnehmung von Stromleitungen in der Bevölkerung Energiewende wird bejaht + prinzipielle Notwendigkeit zum Netzausbau anerkannt Aber: durchwegs negative Bewertung neuer Stromleitungen Erdkabel werden als Alternative für Freileitungen bevorzugt Wenig Vertrauen der Bevölkerung in Beteiligte des Netzausbaus C. Pölzl, , Berlin DUH 10

11 Risikowahrnehmung Sorge um gesundheitliche Beeinträchtigung durch NF ist neben erwarteten negativen landschaftlichen Effekten ein wichtiger Aspekt. Informationsbedarf steigt mit Nähe zur Hochspannungsleitung und empfundener Beeinträchtigung Häusliche Immissionen (Elektroinstallationen, Haushaltsgeräte) haben wenig(er) Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit Individuelle Risikowahrnehmung folgt anderen Pfaden als die wissenschaftliche Risikobewertung C. Pölzl, , Berlin DUH 11

12 Sorgen der allgemeinen Bevölkerung wegen externer Einflüsse auf die Gesundheit Quelle: Brohmann et al. 2009; N= C. Pölzl, , Berlin DUH 12

13 Personen mit NF-Außenanlagen in Wohnhausnähe Personen, die über NF-Außenanlagen in Wohnhausnähe berichten (Hochspannungsleitung/elektrische Freileitung; Trafohaus/Umspannwerk; Eisenbahn/Straßenbahntrasse) Quelle: Brohmann et al. 2009; N= 702 C. Pölzl, , Berlin DUH 13

14 Betroffenheit durch Hochspannungsleitungen in Abhängigkeit der Distanz und der Sichtverbindung Betroffenheit - Mittelwert (1: gar nicht - 5: sehr stark) Betroffenheit durch Hochspannungsleitungen in Abhängigkeit der Distanz und der Sichtverbindung zur nächsten HSL 3,3 1,5 2,8 1,8 2,4 2,3 deutlich zu sehen (n=107) nicht zu sehen (n=93) 2,3 2,0 1,8 1, m m m m > 1000 m Distanz zur Hochspannungsleitung oder anderen elektrischen Freileitung Personen, die im Umfeld von Hochspannungsleitungen wohnen Quelle: Brohmann et al C. Pölzl, , Berlin DUH 14

15 Handlungsbedarf der (Risiko-)Kommunikation Auf Risikowahrnehmung und Informationsbedürfnis der Bevölkerung reagieren Über gesundheitliche Aspekte informieren: Frühzeitig, transparent, offen Verständlich, nachvollziehbar, zielgruppenspezifisch Vernetzung der Aktivitäten verschiedener Akteure Zusammenarbeit mit Multiplikatoren C. Pölzl, , Berlin DUH 15

16 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! C. Pölzl, , Berlin DUH 16