Unausgewogenes Geschlechterverhältnis in den höchsten Entscheidungsgremien von Unternehmen in der EU
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- Katarina Ute Kneller
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1 - 1 - Gummersbach, 27. Mai 2012 Unausgewogenes Geschlechterverhältnis in den höchsten Entscheidungsgremien von Unternehmen in der EU Beantwortung der Fragen für die öffentliche Konsultation Change Management Controlling (1) Für wie wirksam halten Sie die Selbstregulierung durch Unternehmen im Hinblick auf den Abbau des Geschlechterungleichgewichts in den höchsten Entscheidungsgremien von Unternehmen in der EU? Die Selbstregulierung hat in den meisten deutschen Unternehmen im Hinblick auf den Abbau des Geschlechterungleichgewichts in den höchsten Entscheidungsgremien noch keine ausreichende Wirkung gezeigt. Wir beobachten in den vergangenen 2 Jahren jedoch massive Anstrengungen zum Abbau des Geschlechterungleichgewichts, insbesondere in großen Publikumsgesellschaften. Diese Änderungen setzten in der Regel an der Wurzel an der internen Identifikation und Förderung von Frauen. Parallel dazu sehen wir viele in der Öffentlichkeit sichtbare Besetzungen von Aufsichtsräten und Vorständen mit Frauen. Aus Sicht des Personalmanagements erscheinen einheitliche Quotenvorgaben nur bedingt zielführend. Eine wirkungsvolle Förderung von Diversity muss bei der Rekrutierung, Talentidentifikation und förderung ansetzen und darf sich nicht nur auf visible Symbolbesetzungen in Aufsichtsräten oder Geschäftsleitungen beschränken. Der Ausgangspunkt einer professionellen Diversity-Strategie sollte die Analyse des aktuellen Personalbestands sowie die Schaffung von notwendigen personalpolitischen Grundlagen und Rahmenbedingungen im jeweiligen Unternehmen sein. Diese wiederum sollte als Grundlage für die Entwicklung von Zielkennzahlen mithilfe von Simulationsmodellen dienen, woraus sich konkrete Maßnahmen ableiten lassen. Es gilt also, das Thema Diversity konkret in den verschiedenen Instrumenten des Talentmanagements zu verankern. Insbe- CRM Führungssysteme Geschäftsprozessoptimierung HR-Strategie IT Business Management Job Evaluation Kommunikationsberatung Management Audit Management Development Outsourcing Performance Management Post Merger Integration Restrukturierung Vergütungsdaten Vergütungssysteme Executive Search Interim Management Newplacement 1
2 - 2 - sondere wird gefordert, der Rekrutierung von Frauen vermehrt Aufmerksamkeit zu schenken, adaptive Laufbahnmodelle und Karrieremodelle sowie Shared-Leadership-Jobs zu etablieren, die notwendige Infrastruktur für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu schaffen und nicht zuletzt die Entwicklung einer offenen Unternehmenskultur voranzutreiben, die unterschiedliche Managementstile aktiv fördert. Insbesondere die Etablierung einer Diversity-förderlichen Unternehmenskultur, bildet den Garant, dass entsprechend gestaltete Maßnahmen und Instrumente auch tatsächlich angenommen und genutzt werden, ohne dabei Sanktionierung oder gar Limitierung der weiteren Karriereentwicklungsmöglichkeiten in Kauf nehmen zu müssen. Eine einheitlich vorgeschriebene Quote für deutsche Unternehmen von 30 oder 40% zum Abbau des Geschlechterungleichgewichts in den höchsten Entscheidungsgremien ist in Anbetracht der gesellschaftspolitischen aber auch unternehmerischen Versäumnisse und der sich daraus ergebenden Konsequenz für Marktlage zu qualifizierten Frauen für TOP Führungspositionen unrealistisch, da die Grundlagenarbeit fehlt und abzulehnen. In Ergänzung zur Selbstregulierung erachten wir die Vereinbarung von für jedes Unternehmen vom Aufsichts-/Verwaltungsrat individuell abgestimmten Quoten für eine sinnvolle Maßnahme um den Abbau des Geschlechterungleichgewichts zu beschleunigen. Vorstellbar sind Quoten, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren einen deutlichen Abbau des Ungleichgewichts durch das Erreichen von Mindestzielen beschreiben. Darüber hinaus bleiben alle gesellschaftlichen Verantwortungsträger weiterhin in der Pflicht Akzeptanz und Rahmenbedingungen zu allen Diversity-relevanten Fragestellungen weiter zu verbessern. (2) Welche zusätzlichen Maßnahmen (der Selbstregulierung bzw. Regulierung) sollten im Zusammenhang mit dem Abbau des Geschlechterungleichgewichts in den höchsten Entscheidungsgremien von Unternehmen in der EU ergriffen werden? Schaffung von Transparenz Die Einhaltung der Verpflichtungen der Unterhemen sind nur dann nachvollziehbar und nachprüfbar, wenn diese transparent veröffentlicht werden. Um den Prüf- und Administrationsaufwand möglichst gering zu halten bietet sich eine entsprechende Erweiterung zu den Berichtserstattungspflichten der Organschaften an. Jede relevante Gesellschaft sollte hier zu den Zielen sowie den erreichten Fortschritten berichten. Als mögliches, probates Mittel würden sich beispielsweise eine verbindliche Auswahl von Diversity-relevanten Kennzahlen eignen, dies es dann gilt, wie entsprechende Finanzkennzahlen, zu 2
3 - 3 - veröffentlichen und in einem sog. Diversity Cockpit zu subsumieren. Durch die Notwendigkeit der regelmäßigen Veröffentlichung könnten entsprechende Fortschritte der Unternehmen transparent nachvollzogen werden sowie Stillstand erkannt werden. Weiterentwicklung des Deutschen Corporate Governance Kodizes In Deutschland empfiehlt der Corporate Governance Kodex in gewissem Umfang die Geschlechterdiversität in höchsten Entscheidungsgremien von Unternehmen. Eine Überprüfung von Empfehlungen des Corporate Governance Kodex ähnlich wie in Dänemark im Jahr 2011 wäre auch in Deutschland vorstellbar. In dieser Überprüfung wird die Notwendigkeit betont, durch die Festlegung von Zielen Fortschritte zu erreichen und mehr Frauen ins Management zu holen. Individuelle Quoten mit der Möglichkeit von Sanktionen Die Erfahrungen aus anderen Ländern der EU zeigen, dass Länder die Sanktionen an die Erreichung bzw. Nichterreichung von Zielen geknüpft haben sehr schnell die vorgegebenen Quoten erreicht haben. Sanktionen als letzte Konsequenz halten wir in der von uns favorisierten Lösung unternehmensindividueller Ziele für sinnvoll. Nach einer Phase der verbindlichen Einführung individueller Mindestziele und deren Überprüfung und Neujustierung in zweiter Runde wären Sanktionen bei Nichterreichen angebracht. Auf jeden Fall muss den Unternehmen ausreichend Zeit gegeben werden, Erfahrungen bei der Realisierung ihrer individuellen Zielvorgaben zu sammeln. Als sehr wirkungsvoller Stellhebel in puncto Sanktionierung/Incentivierung hat sich die Berücksichtigung von Diversity-Zielen im Performance Management Prozess der Führungskräfte erwiesen. Durch die Aufnahme von unternehmensspezifischen Diversity-Zielen in den konkreten Zielvereinbarungen der Führungskräfte, deren Erfüllung bzw. Nichterfüllung eine unmittelbare Auswirkung auf den variablen Gehaltsbestandteil im Rahmen der Bonusausschüttung hat, besteht ein sehr verbindliches Interesse an der Umsetzung von Diversity-Zielen. Sanktionen als ausschließliches Instrument sind kein Allheilmittel zur Erreichung einer individuellen Quote. Trotz des Erfolgs in einigen anderen Ländern der EU wären die Konsequenzen einer solchen Gesetzgebung für in Deutschland tätige Unternehmen nicht abschätzbar. In Deutschland ist die Situation bzgl. der Gleichstellung eine andere wie etwa in Frankreich oder Skandinavien. Es darf sich auf keinen Fall die Meinung durchsetzten, dass Frauen nur aufgrund der Quotenregelung in höchsten Entscheidungsgremien tätig sind. 3
4 - 4 - Investitionen in Vereinbarkeit von Beruf und Familie Die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für eine deutliche und nachhaltige Beseitigung des Geschlechterungleichgewichts essentiell, das gilt insbesondere für die Schaffung weiterer Kinderbetreuungsmöglichketen und einer Flexibilisierung von Arbeitszeit/-ort. Das Eigenengagement der Unternehmen ist hierzu bereits sehr groß, allerdings werden die benötigten Betreuungsplätze nicht ausschließlich über betriebliches Engagement geschaffen werden können. Die Betreuungssituation ist regional sehr unterschiedlich. Auffällig ist aus unserer Sicht, das gerade in den wirtschaftlichen Ballungszentren, dort wo also die Plätze benötigt werden, viel zu wenig Angebote vorhanden sind. Die Kommunen sind vielfach finanziell mit der Schaffung adäquater Angebote überfordert. Auch die Besetzung der Stellen mit Fachkräften zur Betreuung der Kinder gestaltet sich häufig sehr schwierig. Hier muss aus unserer Sicht dringend eine nationale Initiative für eine deutliche Verbesserung der Rahmenbedingungen sorgen. In diesem Kontext gilt es neben der Schaffung von Betreuungsmöglichkeiten die entsprechenden unternehmerischen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese auch ihre effektive Wirkung entfalten können. Beispielsweise helfen Öffnungszeiten von Betreuungseinrichtungen nur bedingt, wenn wichtige Unternehmensgremien (z.b. Vorstandssitzungen oder andere Führungskreise) außerhalb der Betreuungszeiten stattfinden. Dort muss unternehmensseitig nachjustiert werden. (3) Brächte Ihrer Meinung nach eine stärkere Präsenz von Frauen in den höchsten Entscheidungsgremien von Unternehmen wirtschaftliche Vorteile, und wenn ja, welche? Zahlreiche Studien belegen, dass eine stärkere Präsenz von Frauen einen positiven Einfluss auf den Unternehmenserfolg hat. Der Effekt ist für deutsche Unternehmen nachgewiesen, wenn Frauen im Aufsichtsrat vertreten sind und gleichzeitig ein hoher Frauenanteil unter den Gesamtbeschäftigten besteht (vgl. Studie Lindstädt / Fehre / Wolff (2011) Studie im Auftrag des BMFSFJ). Kienbaum Business Case Berechnungen bei Diversity-Entscheidungen belegen, neben Gender gibt es viele positive Effekte von Diversity auf den Unternehmenserfolg. So haben Alter, Internationalität und das Skills Set der Beschäftigten einen positiven Einfluss auf Innovation, Wachstum, Produktivität, Kundenzufriedenheit, Arbeitgeberimage und Ergebnis. Diese kumulativen Effekte können selbst bei sehr konservativen Annahmen mehrere Mio. Euro bei TOP Führungskräftepopulationen betragen. 4
5 - 5 - Die Woman Matter Studie von McKinsey bei internationalen Unternehmen zeigt, dass Unternehmen mit einem höheren Anteil an Frauen in ihren Managementorganen die Unternehmen mit der besten Unternehmensperformance sind (vgl. Studie McKinsey (2007), Women Matter Gender diversity, a corporate performance driver). (4) Welche Zielvorgaben (z. B. 20 %, 30 %, 40 %, 60 %) sollten für das unterrepräsentierte Geschlecht in den höchsten Entscheidungsgremien von Unternehmen festgesetzt werden und für welchen Zeitrahmen? Sollten diese Vorgaben bindenden oder empfehlenden Charakter haben? Warum? Die von uns vorgeschlagene Lösung, die wir für deutsche Unternehmen sehen unternehmensindividuelle Verpflichtungen wurde unter Frage 1 erörtert. Die genannten Zielvorgaben halten wir, wenn diese allgemeinverbindlich sind, für zu starr. So benötigen beispielsweise technikaffine Unternehmen andere Zielvorgaben als Dienstleistungsunternehmen. Vielmehr sehen wir in unternehmensindividuellen Zielzahlen die Möglichkeit, Zielvorgaben zur Steigerung der aktuellen Situation, z.b. Steigerung um mind. 30% zur heutigen Situation, zu verankern. Solche Steigerungsziele können mit einer Mindest-/Zielgrösse versehen werden, da diese dann auf der unternehmens-spezifischen Ausgangssituation aufbaut und realistische Ziele, mit einem positiven Effekt auf Umsatz und Profit ermöglichen. Die individuellen Zielvorgaben sollten zunächst keine Sanktionen bei Zielverfehlung auslösen. Erst nach einem angemessenen Erfahrungszeitraum, hier halten wir das Jahr 2015 für sinnvoll, können individuelle Zielvorgaben mit Sanktionsmechanismen verknüpft werden, so dass negative Wirkungen auf Beschäftigung, Unternehmenskultur etc. weitestgehend vermieden werden. In diesem Kontext sei nochmals betont, dass die unter Frage 2 erörterte Notwendigkeit der Schaffung von Transparenz einen wesentlichen Beitrag zu kontinuierlichen Erreichung von Quoten leisten kann und durch eine entsprechende Veröffentlichung der Druck zur Verbesserung steigt. (5) Welche Unternehmen (z. B. börsennotiert / einer gewissen Größe) sollten von dieser Initiative erfasst werden? Gesellschaften, die börsennotiert sind oder die dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer vom 4. Mai 1976 unterliegen sollten von dieser Initiative erfasst werden. Diese Unternehmen wären aus unserer Sicht organisatorisch in der Lage, die mit der Initiative verbundenen Prozesse abzubilden. Kleinere Unternehmen können sich ebenfalls an der Initiative beteiligen. Wir 5
6 - 6 - empfehlen im Sinne einer Selbstverpflichtung diesen Unternehmen die Möglichkeit/Empfehlung zu geben, sich zeitnah Diversity-Ziele zu setzen. (6) Welche Entscheidungsgremien / Gremienmitglieder (geschäftsführend/nicht geschäftsführend) sollten von dieser Initiative erfasst werden? Von der Initiative sollten die Kontroll- und Entscheidungsgremien der unter Punkt 5 genannten Unternehmen erfasst werden. Dies betrifft i.d.r. Aufsichtsrat und Vorstand bzw. Geschäftsführung. Gez. Kienbaum Management Consultants GmbH 6
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