Strategien der Schwingungsanalyse
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- Henriette Meinhardt
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1 1 Strategien der Schwingungsanalyse (Grundlagen) 1. Prolog Approximation einer Zeitfunktion Zur Einführung in das Thema soll die Approximation einer Zeitfunktion x( durch einen Satz von Basisfunktionen ψ i ( betrachtet werden. n x( = a i ψ ( Gl. 1.1 i = 1 i Die Approximation soll in einem Intervall der Länge T optimiert werden. Wählt man ein System von Basisfunktionen, das im Approximationsintervall orthogonal ist 1 i = k ψ i ( ψ k ( = δ ik = Gl i k T so erreicht man, dass die einzelnen Terme der Entwicklung bestimmte Eigenschaften exklusiv in sich vereinigen (im konkreten Fall die Eigenschaft Frequenz) das führt zum Begriff der Analyse. Die Einflüsse können getrennt untersucht und modifiziert werden, die Rücktransformation der Reihe mit modifizierten Termen simuliert ein geändertes Zeitsignal. Zur Lösung, d. h. zur Berechnung der Koeffizienten, gibt es verschiedene Ansätze, z. B. setzt man einfach Identität im Mittel an: T n x( ai ψ i ( dt = 0 Gl. 1.3 i = 1 Zur Lösung von Gl. 1.3 ein kurzer Seitenblick auf die lineare Algebra: Die Lösung eines linearen Gleichungssystem, in Matrixform geschrieben Ax = y Gl. 1.4 erhält man für ein reelles System durch Multiplikation mit der Inversen A -1 A A 1 1 Ax = x = A A = E 1 y Gl. 1.5
2 2 In komplexen Systemen tritt an die Stelle der Inversen die adjungierte Matrix A ~ ~ ~ AAx = x = Ay Gl. 1.6 ~ AA = E Der Formalismus wird auf Gl. 1.3 übertragen. Man wählt als Basisfunktionen ein adjungiertes Funktionenpaar ~ 1 i = k ψ i ( ψ k ( = δ ik = Gl i k T Multiplikation im Integral vom Gl. 1.3 ergibt n ~ ψ k ( x( aiψ i ( dt = 0 Gl. 1.8 i = 1 T Aus Gl. 1.7 und Gl. 1.8 erhält man schließlich die gesuchten Koeffizienten 1 ai = x ~ ψ i T T ( t ) ( t ) dt Gl. 1.9 Ein geeignetes adjungiertes Funktionensystem für die Frequenzanalyse ist die Exponentialfunktion ψ i ( = e ~ ψ ( = e ψ i ( ~ ψ k ( dt = δ ik T i jω t i jω t i 2π ω i = i ω 1 = i T Gl Gl. 1.1 und Gl. 1.9 ergeben mit diesem Ansatz schließlich die Fourriertransformation (Fourierreihe); x a ( i = 1 = T n i = 1 T x a i e ( t ) jω t e i jω t i dt Gl Was kann man aus dieser kurzen Ableitung ablesen? - Die Fouriertransformation ergibt sich als Lösung eines einfachen Approximationsansatzes - Da alle Basisfunktionen periodisch sind, ist auch die Summe periodisch mit der Periode 1/T - Jede periodische Funktion mit der Periode 1/T kann als Summe nach Gl. 1.1 dargestellt werden (Theorem von Fourier) Es sind dies die üblicherweise sehr abstrakt präsentierten Ansätze zur Fouriertransformation (ggf. nach dem üblichen Grenzübergang T.
3 3 Ausblick - Ansätze mit anderen Eigenschaften, z. B. die Wavelettransformation, können durch Einsetzen geeigneter Basisfunktionen auf gleichem Wege abgeleitet und interpretiert werden - Die Rolle der Orthogonalität wird sichtbar: o Konsistenz - bei Erweiterung bleiben die ursprünglichen Koeffizienten erhalten o Exklusivität die Eigenschaften sind vollständig von einem einzigen Reihenglied beschrieben - Algorithmen und Eigenschaften für nicht orthogonale Basisfunktionen können abgeleitet werden. 2. Grundlagen der Fourieranalyse 2.1 Zeitbereich und Frequenzbereich die Fourierreihe Ein periodisches Signal mit der Periodizität T kann dargestellt werden als Summe von harmonischen Komponenten x( = x( t + T ) x( = a n f n cos( 2 π t + Θn ) Gl f = T n Abbildung 2.1: Komponentenzerlegung eines periodischen Signals Der Prozess kann dargestellt werden im Zeitbereich als Zeitsignal oder im Frequenzbereich als Spektrum. Zur Schwingungsdiagnose im stationären Fall ist in
4 4 der Regel nur das Amplitudenspektrum von Interesse, die Phase bleibt außer Betracht. Zur messtechnischen Durchführung verwendet man einen Fourieranalysator. Er liefert wahlweise beide Darstellungsarten, Abbildung 2.2. Abbildung 2.2: Darstellung in Zeitbereich und Frequenzbereich Man weiß aus Erfahrung: Ereignisse, die im Inneren einer Maschine mit konstanter Frequenz ablaufen, sind auch von außen akustisch mit gleicher Frequenz vernehmbar. Da Schall über Gehäuseschwingungen abgestrahlt wird, sind die Frequenzkomponenten auch im Schwingungsspektrum zu finden. Kennt man Kinematik und Betriebsdaten, können die Schwingungskomponenten zugeordnet werden, Abbildung 2.3. Im Zeitsignal sind solche Zuordnungen im Allgemeinen nicht möglich. Abbildung 2.3: Identifikation von Schwingungskomponenten
5 5 Es kann jedoch nicht Aufgabe sein, Komponenten lediglich zu identifizieren. Welche Aufgaben hat man zu erfüllen? Hier zwei Beispiele als Repräsentanten. 2.2 Aufgaben der Frequenzanalyse Aufgabe A Schallminderung. Abbildung 2.4: Schallminderung Das Spektrum einer als zu laut beurteilten Maschine wird zur Berücksichtigung der Charakteristik des menschlichen Gehörs mit einer A-Bewertung gewichtet. Im A- Bewerteten Spektrum kann die schädliche Komponente identifiziert werden. Aus einem Standard über zulässige Grenzwerte entnimmt man die erforderliche Reduktion. Die Aufgabe ist von der messtechnischen Seite vollständig gelöst.
6 Aufgabe B Lagerdiagnose Abbildung 2.5: Diagnose eines Wälzlagers Im Spektrum sind die Laufgeräusche eines Wälzlagers zu identifizieren. Die Qualität des Lagers kann jedoch aus der Beurteilung eines Einzelspektrums nicht beurteilt werden Warum kann A lösen und B nicht? Zunächst zu B: Gemessen werden Schwingungen außen an der Maschine. Interessant als Beurteilungsgrundlage sind jedoch nicht die Schwingungen außen, sondern die inneren Kräfte. Diese entziehen sich jedoch einer Messung. Zwischen Kraft und Schwingung liegt die unbekannte Übertragungsfunktion, die überdies stark frequenzabhängig ist. Und nun zu A A hat prinzipiell das gleiche Problem. Jedoch die Übertragungsfunktion zwischen Ursache und Wirkung ist bekannt, ebenso der zulässige Grenzwert. Daher kann A lösen. Bleibt B erfolglos? Nein. B muss eine andere Strategie entwickeln. Zum Beispiel: Trendbeobachtung Die Lagerkomponenten werden über einen längeren Zeitraum beobachtet. Schwingungen werden immer infolge von Imperfektionen erzeugt, sind also bis zu einem gewissen Ausmaß normal. Solange sich die Schwingung stabil verhält, ist das Lager in Ordnung. Erst ein Ansteigen der Komponenten weist auf eine Verschlechterung hin.
7 7 Beurteilung des Laufgeräusches Erfahrene Beobachter können das Lager auf Grund seines Geräusches beurteilen. Man kann versuchen, diese subjektive Empfindung signalanalytisch nachzuempfinden. Es werden dazu verschiedene Analyseverfahren angeboten. Für diese sei hier ein Begriff geprägt: Strategische Analysen Man kennt vielleicht einschlägige Begriffe wie Cepstrumanalyse Hüllkurvenanalyse Hilberttransformation Die Erläuterung solcher Verfahren läuft sehr schnell in aufwändige mathematische Ableitungen. Man kann sie verstehen, wenn man entsprechendes Hintergrundwissen hat oder aufbaut. Offen bleibt jedoch sehr oft der Aspekt über die allgemeine Anwendbarkeit. Man hat eine Lösung und sucht das passende Problem. In diesem Beitrag soll der mathematische Teil im Hintergrund bleiben und durch grundlegende naturwissenschaftliche Betrachtungen ersetzt werden. Auf diesem Weg sind Aspekte wesentlich zielführender zu erarbeiten. 3. Strategie Was ist Strategie? Man verschafft sich Vorteile. Man bildet ein unlösbares Problem ab auf ein einfacheres oder leichter zu interpretierbares Problem. 3.1 Physiologische Strategien Auf die akustische Beurteilung durch den erfahrenen Beobachter wurde bereits hingewiesen. Die menschlichen Sinne haben umfangreiche Strategien zur Erkennung und Beurteilung geliefert: Erkennen von Tönen... von Farben... von Klängen Die ersten haben mit Frequenzen zu tun. 3.2 Strategien der Physik Der Physiker (nicht nur er) beobachtet die Natur und versucht sie zu beschreiben. Die grundsätzlichen Strategien sind Experimentelle Physik Theoretische Physik
8 8 3.3 Mathematische Strategien Die Mathematik dient der Beschreibung und Quantifizierung der Beobachtung. Vordergründig erwartet man vom Mathematiker eine explizite Lösung der Form x = Meist kann er sie nicht liefern. Hat der Mathematiker versagt? Nein! Voraussetzung wäre, dass das Problem auch explizit darstellbar ist! Meist ist dies nicht der Fall. Die Mathematik ist in diesem Zusammenhang als strategisches Instrument zu betrachten. Es werden, angepasst an z. B. Physik oder Physiologie, Strategien entwickelt (s. o.). Die grundlegenden seien hier betrachtet.
9 Zählen Abbildung 3.1: Zählen Das Zählen bedarf keiner näheren Erläuterung. Es ist einfach aber so einfach doch wieder nicht! Man denke an die lange Entwicklung bis zur Erfindung der Null, der Basis für systematisches Zählen Sortieren (Trennen) Abbildung 3.2: Sortieren nach Merkmalen Eine einfache Aufgabe: Wir sortieren Obst in die Kategorien Äpfel Birnen Trauben...
10 10 Abbildung 3.3: Trennung von Sprecher und Sprache Oder: Wir hören ein gesprochenes Wort. Bei entsprechender Hintergrundkenntnis können wir trennen nach Erkennung des Inhaltes Identifizierung des Sprechers Logarithmieren Zur Quantifizierung arbeiten unsere Sinne überwiegend auf logarithmischer Basis. Mathematisch wird durch Logarithmieren die Multiplikation in die einfachere Addition transformiert a * b log a + log b Gl Integraltransformation Integraltransformationen transformieren ein analytisches Problem in ein algebraisches (Differentialrechnung Algebra). Am Beispiel Fouriertransformation jωt X ( f ) = x( e dt Gl. 3.2 Eine Vereinfachung??? Back to the Roots!
11 Newton und Fourier Keine Angst! Isaac Newton Newton gelang mit Hilfe des Differentialkalküls erstmals die geschlossene Beschreibung von Bewegungen mit bewegungsabhängigen Kräften. Am Beispiel des einfachen linearen Schwingers: m x + kx = F( Gl. 3.3 Wegen der Linearität kann die Kraft F( im stationären Fall in eine Fourierreihe zerlegt werden. Die Einzellösungen für die Fourierterme können superponiert werden. mx + kx = F cosωt Zur Vereinfachung des Rechenganges ersetzt man die Winkelfunktion durch die komplexe Exponentialfunktion. Als schlussendliche Lösung wird nur der Realteil herangezogen. Hier die Formulierung des Lösungsweges mx + kx = F e x = X e jωt jω t 2 ( mω + k) X = F X F 2 k mω = Gl Jean Baptiste Fourier Eine Allegorie was sagt Fourier zu Newton? Die Idee ist zwar genial 1, aber ich kann aus dieser Beschreibung keine Vorstellung über den Prozess ableiten sie entspricht nicht meiner Sinnesempfindung. Eigentlich trifft das schon in den meisten Fällen für die Beschreibung über ein Zeitsignal x( zu. Ich bin Naturwissenschafter. Ich möchte meine Beobachtung beschreiben, das ist mein Ziel. 1 Albert Einstein sagt später einmal: Wahrscheinlich der genialste Geistesblitz, den ein Mensch je hatte.
12 Beschreibung menschlicher Perzeption Was sind die elementarsten Grundlagen menschlicher Wahrnehmung. Es die Erkennung von Tönen Farben Akkorden Figuren Man sieht zumindest drei davon haben mit Frequenzen zu tun Erkennen von Tönen Wie kann das Erkennen von Tönen mathematisch beschrieben werden? Man (das neuronale System) prüft, inwieweit ein bestimmter Ton im Signal enthalten ist. Die Ähnlichkeit zwischen zwei Signalen x( und y( wird durch das Kovarianzintegral beschrieben, Abbildung 3.4. Cov( x, y) = x( y( dt Gl. 3.5 In Worten: Man multipliziert zeitgleiche Funktionswerte und bildet die Summe. Abbildung 3.4: Statistisch unabhängige Prozesse Im Fall statistischer Unabhängigkeit wechselt der Wert des Produktes zwischen positiv negativ groß klein. Die Summe geht gegen Null.
13 13 Der Fall statistischer Abhängigkeit ist in Abbildung 3.5 am Beispiel identischer Funktionen demonstriert: Das Produkt ist immer positiv, die Summe wird groß. Abbildung 3.5: Kovarianz identischer Funktionen Zur Analyse wird ein zu analysierendes Signal x( mit einer Testfunktion y( verglichen. Für Zwecke der Tonerkennung wählt man y( = cosωt Das Kovarianzintegral nimmt die Form an Cov( x, ω) = x( cosωtdt In Abbildung 3.6 bis Abbildung 3.8 sind die Grenzfälle hinsichtlich der Phasenlage zu sehen. Demnach verfehlt man die Erkennung bei einer Phasenverschiebung von 90 - das Kovarianzintegral geht gegen Null.
14 14 Abbildung 3.6: Tonerkennung Phasengleichheit Abbildung 3.7: Tonerkennung Gegenphasigkeit
15 15 Abbildung 3.8: Tonerkennung Phasenlage 90 Das Phasenproblem löst man durch die komplexe Exponentialfunktion als Testfunktion e j ω t = cos ωt + j sin ωt Gl. 3.6 Das Kovarianzintgral wird zum Fourierintegral jωt X ( ω) = x( e dt Gl. 3.7 Das Ergebnis, die Spektralfunktion X(ω) wird zwar komplex, das Phasenproblem ist jedoch beseitigt, Abbildung 3.9. Handlicher ist oftmals die symbolische Schreibweise jωt { x( } = X( ω) = x( e dt Gl. 3.8
16 16 Abbildung 3.9: Zum Fourierintegral Fouriertransformation eines Prozesses Die Zeitfunktion x( beschreibt einen Prozess im Zeitbereich. Gleiches leistet eine Differentialgleichung. Ist der Prozess linear, kann die Fouriertransformation Gl. 2.7 auch auf den gesamten Prozess angewendet werden, demonstriert am linearen Schwinger Gl. 2.3 m x + kx = F( Die Fouriertransformation einer abgeleiteten Funktion kann leicht abgeleitet werden 2 Man erhält { x( } = X ( ω) { x ( } = jω X ( ω) { x ( } = 2 ( mω + k) F( ω) X( ω) = 2 k mω 2 ( jω ) X ( ω) { mx + kx} = { F( } X ( ω) = F( ω) 2 Auf den Beweis der Vertauschbarkeit von Differentiation und Integration für uneigentliche Integrale soll hier verzichtet werden.
17 17 Der Vergleich mit Gl. 2.4 zeigt unmittelbar: Der Exponentialansatz für die lineare Differentialgleichung ist eine Fouriertransformation des Prozesses Die Fouriertransformation ist die Beschreibung einfachster menschlicher Perzeption 3.5 Die Grundrechenarten der Signalanalyse Auf Basis der in den letzten Abschnitten vorgestellten Strategien sind praktisch alle Schwingungsanalysen für stationäre Signale aufgebaut. Man wird ihnen im Folgenden immer wieder begegnen. Sie seien daher hier noch einmal zusammengefasst. Die drei Grundrechenarten der Signalanalyse Sortieren Logarithmieren Fouriertransformation 4. Die Fouriertransformation 4.1 Definition Mathematisch akribische Formulierungen sind nicht Gegenstand dieses Beitrages. Wenn hier einige Formulierungen notiert sind, so dienen sie mehr allgemeinen Betrachtungen. Die Fouriertransfomation Vorwärts und Rückwärtstransformation in allgemeiner Schreibweise: X ( f ) = { x( } x( = - 1 = + x( e + { X( f )} = j2πft X ( f ) e dt + j2πft df Gl. 4.1 Es fällt zunächst auf: Als unabhängige Variable im Frequenzbereich wurde die Frequenz f an Stelle der überwiegend verwendeten Kreisfrequenz ω eingeführt mit folgenden Vorteilen: Die Frequenz liegt der ingenieurmäßigen Betrachtung näher Der konstante Faktor vor dem Integral verschwindet Die Symmetrie der Fouriertransformation wird sichtbar.
18 Eigenschaften Umkehrbarkeit Die Fouriertransformation ist eindeutig umkehrbar. Daraus folgt: Der Informationsgehalt ist in Zeit- und Frequenzbereich gleich. Linearität Die Fouriertransformation ist eine lineare Funktion, d. h. Symmetrie + { x ( + a x ( } = a{ x ( } a { x ( } a Bis auf das Vorzeichen im Transformationskern sind Vorwärts- und Rückwärtstransformation symmetrisch. Da dieses Vorzeichen qualitativ und quantitativ ohne Bedeutung ist, gilt Jede Eigenschaft der Transformation gilt gleichermaßen für Vorwärts- und Rückwärtstransformation. Komplexe Spektren Setzt man die Eulersche Beziehung Gl. 2.6 in die Transformation Gl. 2.7 ein, so sieht man unmittelbar die in Tabelle 4.1 zusammengefassten Eigenschaften von Spektren reeller Zeitsignale Zeitsignal Spektrum beliebig hermitisch 3 reell gerade ungerade Reell, gerade Imaginär, ungerade Tabelle 4.1: Spektrale Eigenschaften reeller Zeitsignale Die Spektren der wichtigsten Elementarfunktionen sind in Abbildung 4.1 zu sehen. 3 Die hermitische Eigenschaft heißt gerader Realteil und ungerader Imaginärteil
19 19 Zeitbereich Frequenzbereich f f Abbildung 4.1: Spektren harmonischer Zeitsignale 4.3 Fast Fourier Transformation (FFT) Zur praktischen Durchführung wir aus dem Zeitsignal ein Abschnitt der Länge T ausgeschnitten und nach beiden Seiten periodisch fortgesetzt. Die Fourierreihe dieses periodischen Ersatzsignals wird als Repräsentant des Spektrums gebildet. Daraus ergeben sich Einschränkungen bzw. Grenzen. Abbildung 4.2: Ersatzsignal zur Berechnung des Spektrums Unschärfe Das so berechnete Spektrum ist ein Linienspektrum, Abbildung 4.3, mit der Frequenzauflösung 1/T. Dieser Zusammenhang zwischen Blocklänge T und Bandbreite B ist Ausdruck der Unschärferelation der Frequenzanalyse B = 1 Gl. 4.2 T
20 20 Abbildung 4.3: Linienspektrum Leakage Die periodische Fortsetzung erzeugt Sprungstellen an der Nahtstelle, die zu Nebenlinien im Spektrum führen, Abbildung 4.4. Man nennt diesen Effekt Leakage, da sozusagen die Signalenergie zerfließt. Durch Hanningbewertung Multiplikation des Zeitsignals mit einem cos²-fenster werden die Nahtstellen beseitigt. Abbildung 4.4: Leakage durch Nahtstellen Hanningbewertung
21 21 Diskrete Fouriertransformation Abbildung 4.5 zeigt den Weg vom Fourierintegral zur Diskreten Fouriertransformation (DFT). Ausgehend vom kontinuierlichen und unendlichen Fourerintegral, obere Reihe 4, wird durch Fensterung wie beschrieben, ein diskretes Spektrum gebildet, Reihe 2. Zur Berechnung werden aus dem kontinuierlichen Spektrum äquidistante Stützstellen des Zeitsignals herangezogen. Aus Symmetriebetrachtungen ergibt sich: Die Diskretisierung des Zeitsignals führt zu einem periodischen Spektrum, Reihe 3. In Reihe 4, der letzten Reihe von Abbildung 4.5, sieht man schließlich das Endergebnis, das diskrete Spektrum des gefensterten, diskretisierten Zeitsignals. Man erhält ein periodisches Linienspektrum. Aus Symmetriegründen enthält wegen der Symmetrie des Amplitudenspektrums der im Bild indizierte Teil des Spektrums die gesamte Information. Er wird im Analysator angezeigt. Aliasing Wegen der Periodizität des Spektrums werden Frequenzkomponenten im periodischen Spektrum gespiegelt, sie treten mehrfach auf. Aus diesem Grund muss Sorge getragen werden, dass im analysierten Signal keine hochfrequenten Komponenten oberhalb der halben Abtastfrequenz enthalten sind (Antialiasingfilter). Solche Komponenten würden die Eindeutigkeit stören. 4 Im Bild wurde wegen der besseren Darstellbarkeit ein gerades Zeitsignal mit reellem Spektrum als Beispiel herangezogen
22 22 Zeitbereich Frequenzbereich x( X(f) kontinuierlich t kontinuierlich f x( X(f) f = 1_ T periodisch T x( t t diskret (Linienspektrum) X(f) Aliasing f diskret (gesampel t periodisch x( t X(f) f = 1_ T diskret (periodisch) t Linienspektrum (periodisch) f T F = 1 t Abbildung 4.5: Die diskrete Fouriertransformation (DFT).
23 23 5. Strategische Analysen Die Frequenzanalyse bildet zunächst eine Basis für die Fehlerdiagnose. Aufbauend auf diesem Konzept sind Strategien zur weiteren Interpretation einzusetzen. Genannt wurde schon die Trendbeobachtung. In diesem Abschnitt werden aufbauende Analysen vorgestellt. Der erfahrene Beobachter hört mechanische Fehler oft am Klang einer Maschine. Was heißt Klang? Das Laufgeräusch klingt einfach verändert. Unregelmäßigkeiten wie Eiern oder Klicken. Effekte dieser Art zeigen sich als regelmäßige Strukturen im Spektrum. Verstärktes Auftreten von Harmonischen bei Klangveränderung. Modulationen im anderen Fall. Ziel der strategischen Analysen soll das Aufspüren solcher Strukturen sein. Dabei wird die Interpretation nach Gesichtspunkten menschlicher Wahrnehmung wieder im Vordergrund stehen. 5.1 Cepstrumanalyse Der Begriff Cepstrum ist gebildet aus der Umdrehung des Wortes Spektrum, assoziiert vom dahinterliegenden Algorithmus. Man führt letztendlich eine Fourier- Rückwärtstransformation vom Frequenzbereich in den Zeitbereich aus. Zur verbalen Unterscheidung vom ursprünglichen Zeitbereich hat man eine entsprechende Nomenklatur eingeführt. So wird z. B. die unabhängige Variable mit der Dimension Zeit hier Quefrenz genannt Harmonische das Leistungscepstrum Abbildung 5.1: Spektrum einer Motor/Lüfter Kombination (linearer Amplitudenmaßstab)
24 24 Abbildung 5.2: Harmonische in Spektrum und Cepstrum Abbildung 5.1 zeigt ein Spektrum gemessen an einer Motor/Lüfter Kombination. Zu sehen ist im wesentlichen eine einzige Drehzahlkomponente. In Abbildung 5.2 zunächst wird nur das große Teilbild betrachtet ist im logarithmischem Amplitudenmaßstab eine Familie von Harmonischen (mit Cursoren indizier ist deutlich zu erkennen. Ein Zeitsignal mit solchen regelmäßigen Strukturen im Zeitbereich also Periodizitäten würde im Spektrum Linien bei den entsprechenden Frequenzen zeigen. Entsprechendes ist in Anwendung des Symmetrieprinzips nach der Fourier- Rücktransformation im Cepstrum zu erwarten (kleines Teilbild). Die im Cepstrum entsprechend den Harmonischen indizierte Linie ist der erste Repräsentant des Klanges. Als Gedankenexperiment wird das gleiche Spektrum betrachtet, aus dem die Grundfrequenz hier künstlich entfernt wurde, Abbildung 5.3.
25 25 Abbildung 5.3:... fehlende Grundfrequenz Obwohl die Grundfrequenz fehlt, ist die Harmonischenfamilie im Cepstrum nach wie vor scharf indiziert. Aus dem Spektrum allein wäre das Auffinden jetzt schon problematisch. Die erste Eigenschaft des Cepstrums ist als die Möglichkeit, die fehlende Grundfrequenz aus dem Spektrum zu rekonstruieren. Dies Fähigkeit hat auch das menschliche Gehör: So kann man z. B. auch am klassischen analogen Telefon unterscheiden, ob man mit einem Mann oder einer Frau spricht was vom Frequenzgang her eigentlich nicht möglich sein sollte. Da das hier eingeführte Cepstrum aus der Fourier-Rücktransformation des Leistungsspektrums (ohne Phaseninformation) abgeleitet wird, bezeichnet man es als Leistungscepstrum. Abbildung 5.4 zeigt noch einmal schematisch die Definition.
26 26 Zeitbereich Frequenzbereich C ( τ ) P log(f (f)) xx f 1 2 f f Leistungscepstrum τ f 0 Leistungsspektrum mit regelmäßiger Struktur f Abbildung 5.4: Das Leistungscepstrum Definition Abbildung 5.5: Spektren und Cepstren an 2 Messpunkten Einen interessanten Aspekt zeigt Abbildung 5.5: An einer Maschine wurden Spektren und Cepstren simultan an zwei Messpunkten erfasst sie repräsentieren also den selben Betriebszustand. Man sieht: Die Spektren weisen zwar eine gewisse Verwandtschaft, aber doch deutliche Unterschiede auf. Die Linien in den Cepstren typisch für Zahnradgetriebe sind für beide Messpunkte praktisch identisch. Die Verwandtschaft kommt im Cepstrum weit besser zum Ausdruck.
27 Entfaltung das komplexe Cepstrum Für den allgemeinen Fall des komplexen Cepstrums sind die Verhältnisse im Flussdiagramm Abbildung 5.6 veranschaulicht. Abbildung 5.6: Berechnung des Cepstrums Im ursprünglichen Zeitbereich sind Kraft und Schnelle, mathematisch gesehen, über die sogenannte Faltung verknüpft, Abbildung 5.7. Denkt man sich das Eingangssignal (Kraf als Folge von Einzelimpulsen zu den Zeitpunkten t 1, t 2, t 3... so kann man die Reaktion (Schwingung) als Folge von entsprechend zeitverschobenen Impulsantworten konstruieren. Demnach ist die Schwingung zu jedem Zeitpunkt beeinflusst durch (theoretisch) alle vergangenen Einzelimpulse. Faltungssatz Aus der Faltung im Zeitbereich wird durch die Fouriertransformation eine Multiplikation im Frequenzbereich.
28 28 Abbildung 5.7: Die Faltung von Kraft und Impulsantwort t y( = x( h( = x( τ ) h( t τ ) dτ Gl. 5.1 Y( f ) = y( e j 2π ft dt e j 2π = ft x( τ ) h( t τ ) dτ dt j 2πfτ j 2πfu Y( f ) = e x( τ ) dτ e h( u) du { x( h( } = { x( }. { h( } { x( h( } = { x( } { h( } Gl. 5.2
29 29 Daraus resultiert auch eine mathematische Erklärung der besseren Trennbarkeit im Frequenzbereich. Man rufe sich jetzt das Strategische Konzept in Erinnerung, die Grundrechenarten der Signalanalyse (Abschnitt 3.5)! Die Fouriertransformation wurde schon durchgeführt. Durch Logarithmieren wird die Multiplikation zur Addition Die Addition bleibt bei der Fourier-Rückwärtstransformation wegen der Linearität erhalten. Das Cepstrum C y des Ausganges wird getrennt in die Cepstren C x von Kraft und C h von Impulsantwort. Das Schema beschreibt exakt die Möglichkeit der Trennung von Sprecher und Sprache, Abbildung 3.3. Auf dieser Basis lässt sich auch die Ähnlichkeit der Cepstren in Abbildung 5.5 interpretieren: Die Linien sind der kraftbasierte Anteil, die Kraft ist für beide Messpunkte die gleiche. Die Übertragungsfunktionen repräsentiert durch die Cepstren im Bereich niedriger Quefrenzen sind durchaus unterschiedlich. Können wir auf diesem Weg die Erregerkraft messen? Der Gedanke ist reizvoll, wäre die Kraft doch unsere eigentliche Zielgröße. Die Messung scheitert jedoch an der Kalibrierbarkeit. Wieder die perzeptive Entsprechung: Aus der Lautstärke kann nicht unterschieden werden zwischen einem lauten Geräusch hinter einer dicken Wand oder einem leisen hinter einer dünnen.
30 Hüllkurvenanalyse Bei vielen Geräuschen steckt die Information in einer Hüllkurve. Läuft ein Getriebe gleichmäßig, empfindet man das (laute) Geräusch normal. Ein Eiern oder Knacken wird als unnormal interpretiert man sagt, es eiert, knackt. Man hat damit das Knacken vom Gesamtgeräusch getrennt man hat demoduliert. Wieder die Aufgabe der Trennung Modulation Abbildung 5.8: Amplitudenmodulation Abbildung 5.8 zeigt als einfachsten Repräsentanten eine amplitudenmodulierte Sinusfunktion, also Sinus (Träger) mit zeitveränderlicher Amplitude (Modulation). Im Zeitbereich mathematisch zu beschreiben durch eine Multiplikation: A m x( = 1 + cosωmt AT cosωt t = A T = A cosω t + A cosω t cosω t = T T m m T Am Am = AT cosωtt + cos ( ωt + ωm ) t + cos ( ωt ωm) t 2 2 Gl. 5.3 Die kurze mathematische Beschreibung Gl. 4.3 liefert zusammen mit dem Bild alle grundlegenden Informationen: Im Zeitbereich sind Träger und Modulation durch Multiplikation verknüpft Im Frequenzbereich wird das Spektrum der Modulation mit seinem Ursprung and die Stelle der Trägerfrequenz verschoben
31 31 Die Multiplikation im Zeitbereich wird zur Faltung im Frequenzbereiches (Symmetrie Faltungssatz, Abschnitt 5.1.2) Im allgemeinen Fall wird die Modulation eine periodische Funktion mit mehren Harmonischen sein, entsprechend wird im Spektrum um die Trägerfrequenz f T eine Familie von Linien im Abstand von Vielfachen der Modulationsfrequenz eine Seitenbandfamilie auftreten. Zwei Aufgaben sind gespiegelt am Muster des schadhaften Zahnradgetriebes zu sehen, Auffinden der Seitenbandfamilie Extraktion der Modulation = Demodulation Detektion von Seitenbändern Die Detektion von Seitenbändern erfolgt mit der Cepstrumanalyse wie schon beschrieben Der Ansatz von Hilbert Hilberts Gedanke hat eigentlich einen ganz anderen Ansatzpunkt: Ein lineares System ist charakterisiert durch seine Impulsantwort im Zeitbereich. Die Fouriertransformation der Impulsantwort ist die komplexe Übertragungsfunktion im Frequenzbereich. Im Unterschied zum Signal ist die Impulsantwort auf Grund des Kausalitätsprinzips immer einseitig. Hilbert hat die Konsequenzen für die Übertragungsfunktion untersucht und formuliert: Realteil und Imaginärteil hängen über die Hilberttransformation zusammen Demodulation - Hiberttransformation Symmetriebetrachtung des Hilbertschen Ansatzes: Die Fouriertransformation liefert positive und negative Frequenzen Das Spektrum reeller Zeitsignale ist hermitisch Wir hören nur Frequenzen Perzeptiv sind negative Frequenzen nicht zu interpretieren Wie sieht ein Zeitsignal mit einseitigem Spektrum aus? Zunächst: Das gesuchte Zeitsignal ist komplex. Man nennt es das Analytische Zeitsignal. Ableitung und Zusammenhänge kann man an Hand von Abbildung 5.9 nachvollziehen. Im linken Teilbild ist gezeigt an einer Einzelkomponente das zweiseitige komplexe Spektrum mit der hermitischen Eigenschaft zu sehen. Das rechte Spektrum zeigt das Spektrum entsprechend dem Höreindruck: Die gesamte Energie auf einer Komponente, der mit positiver Frequenz. Dazwischen der spektrale Anteil der zum gewünschten Ergebnis führt.
32 32 Abbildung 5.9: Analytisches Zeitsignal Hilberttransformation Die Prozedur lässt sich aus der Bildfolge ablesen. Schreibt man für das analytische Zeitsignal so sieht man xˆ ( = x( + j x ~ ( Der Realteil des analytischen Zeitsignals ist gleich dem klassischen reellen Zeitsignal x( Das Spektrum des Imaginärteils x ~ ( t ) entsteht daraus durch Drehung des Realteils um 90 und des Imaginärteils um + 90 Abbildung 5.10: Zur Bildung der Hilberttransformation
33 33 Der Zusammenhang zwischen Realteil und Imaginärteil des Zeitsignals wird Hiberttransformation genannt. Ihre explizite (komplizierte) mathematische Formulierung kann an dieser Stelle unterbleiben. Sie nach dem Schema von Abbildung 5.10 nur mit den Grundrechenarten der Signalanalyse zu ermitteln. Beispiel: Hilberttransformation des Cosinus Aus Abbildung 4.1 und Abbildung 5.10 kann man direkt ablesen Die Hilberttransformierte von cosωt ist sinωt Das analytische Zeitsignal ist die Exponentialfunktion x( = Acosω t x ~ ( = Asin ω t xˆ( = Ae jω t Gl. 5.4 Man erinnert sich an Newton (Abschnitt 3.4.1): Die Einführung der Exponentialfunktion als Notierung, ursprünglich argumentiert als eine Art Bequemlichkeit, war bereits die Hilberttransformation. Neu wird lediglich die Interpretation des Imaginärteiles. Der Betrag des analytischen Zeitsignals Gl. 4.4 ist die Amplitude A, die Hüllkurve. Beispiel: Amplitudenmodulation x( = A( cosω t x ~ ( = A( sin ω t xˆ( = A( e jω t Gl. 5.5 Die Relation Gl. 4.5 ist gültig, so lange der Frequenzbereich der zeitabhängigen Amplitude A( unterhalb der Trägerfrequenz liegt. Die Hilberttransformation ist ein Mittel zur Demodulation. Die Ausführung erfolgt mit den Grundrechenarten der Signalanalyse.
34 34 6. Zusammenfassung Sortieren Cepstrum Demodulation Kraft Impedanz Schwingung Schwingung Signal Struktur Signal Signal Sprache Sprecher Äpfel Birnen Tabelle 6.1: Eigenschaften strategischer Analysen 7. Schrifttum Papoulis, A.: Signal Analysis.McGraw-Hill 1977 Bendat, J.S.: The Hilbert Transform and Applications to Correlation Measurements. Bruel&Kjaer Application Note BT Randall, R. B.: Frequency Analysis. Bruel&Kjaer 1987 Kolerus, J.: Zustandsüberwachung von Maschinen. 3. Auflage, Expert Verlag 2000
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