Ratgeber für Jugendliche, die diskriminiert werden
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- Franka Hermann
- vor 8 Jahren
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1 Ratgeber für Jugendliche, die diskriminiert werden
2 Was heißt denn hier eigentlich dissen? Dis kri mi nie rung, die; ungleiche Behandlung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Kultur, Hautfarbe, Nationalität, Geschlecht, sexuelle Identität (hetero, homo oder bi), Sprache oder Religion. Dazu zählen alle Äußerungen, Handlungen oder Unterlassungen, die Menschen herabwürdigen, benachteiligen, belästigen oder bedrohen. Viele Jugendliche sagen auch dissen dazu. Das Gegenteil von dissen ist voll krass. Klar hast du ein Recht darauf, dass man dich fair behandelt, dass deiner Lebensweise, deiner Herkunft und Nationalität, Sprache, Kultur und Religion mit Respekt und Wertschätzung begegnet wird. Leider sieht das in der Realität aber oft anders aus. Dieser Ratgeber möchte dir Mut machen und dich dabei unterstützen, dich gegen Diskriminierung zu wehren. Wer wir sind und was wir wollen Das Drei-Säulen-Modell in Köln ist ein Zusammenschluss aus Interkulturellem Referat der Stadt Köln, Caritasverband für die Stadt Köln und Öffentlichkeit gegen Gewalt e.v., der sich aktiv für die Gleichbehandlung aller Menschen in Köln und gegen Benachteiligung, Ausgrenzung und Diskriminierung einsetzt. Unser Ziel ist, in Köln ein friedliches, gleichberechtigtes und respektvolles Miteinander von Menschen unterschiedler Herkunft, Nationalität und Kultur zu fördern und zu schützen. Lass uns gemeinsam was gegen Diskriminierung tun! Mehr Infos bekommst du unter Wo kann ich hingehen? Was genau kann ich tun und sollte ich tun? Welche Rechte habe ich? Wie kann ich mich wehren, wenn ich mich in der Schule, im Praktikum, in der Ausbildung, bei Bewerbungen oder Vorstellungsgesprächen gedisst fühle? «2» Wer kann mir dabei helfen? Mit wem kann ich darüber sprechen? «In diesem Ratgeber erhältst du auf solche oder ähnliche Fragen Antworten.
3 INHALT Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz 4 Du hast ein Recht darauf Wehr Dich! 16 Kontaktaufnahme zu einer Beratungsstelle 18 Adressen 19 Impressum 20 3
4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Im August 2006 ist in Deutschland ein neues Gesetz in Kraft getreten, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das Gesetz hat zum Ziel Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu bekämpfen. IN ANDEREN WORTEN HEISST DAS: Kein Mensch darf schlechter behandelt werden, weil er oder seine Familie aus einem anderen Land kommt (ethnische Herkunft), eine andere Hautfarbe hat ( Rasse ), einer bestimmten Religion angehört oder eine bestimmte Meinung vertritt (Weltanschauung). Außerdem darf man nicht schlechter behandelt werden, weil man eine Behinderung oder ein bestimmtes Alter hat oder weil man zum Beispiel schwul oder lesbisch ist (sexuelle Identität). Verboten ist auch, jemanden schlechter zu behandeln, nur weil die Person ein Mädchen oder ein Junge ist (Geschlecht). Wenn jemand auf Grund der eben beschriebenen Merkmale schlechter behandelt wird als andere, spricht 4
5 Ich wurde zwar nie öffentlich oder direkt von den Lehrern diskriminiert, fühle mich aber doch in vielen Punkten benachteilgt und ich habe oft das Gefühl, nicht wirklich willkommen zu sein. So sagte z.b. der Direktor am ersten Schultag ganz erstaunt zu mir, dass ich Sprache spreche, als ob er dies einem Menschen mit schwarzer Hautfarbe nicht zutraut. (Gymnasiastin, 17 Jahre) man auch von Diskriminierung. In der Umgangssprache sagt man manchmal auch dissen dazu. Diskriminierung war auch schon vor dem neuen Gesetz grundsätzlich verboten. Durch das neue Gesetz kann man sich in einigen Bereichen jetzt aber noch besser gegen Diskriminierung wehren. Zum Beispiel, wenn man auf Grund eines dieser Merkmale keinen Ausbildungsplatz bekommt oder nicht in die Disco reingelassen wird. Das Gesetz ist sehr kompliziert und nicht immer, wenn diskriminiert wird, kann man vor Gericht gehen und sich dagegen wehren. Aber auch wenn das nicht geht, gibt es oft andere Möglichkeiten, sich gegen Diskriminierung zu wehren. In diesem Ratgeber geht es darum, dir zu zeigen, was Diskriminierung im Bereich Schule und Ausbildung bedeuten kann und wie du dich dagegen wehren kannst. Dabei geht es um Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft oder Hautfarbe. Es gibt viele unterschiedliche Formen von Diskriminierung. Manche Formen von Diskriminierung sind einfach zu erkennen. Zum Beispiel wenn ein Arbeitgeber in einer Stellenausschreibung sagt, dass er keine Bewerbungen von Ausländern haben möchte. Das nennt man auch unmittelbare oder direkte Diskriminierung. 5
6 Oft wird aber versteckter diskriminiert. Das passiert, wenn Regeln angewendet werden, die angeblich fair und für alle gleich sind, aber eigentlich dazu da sind, bestimmte Gruppen zu benachteiligen. Wenn zum Beispiel in einer Stellenausschreibung steht, dass sich nur Leute bewerben sollen, die sehr gute Deutschkenntnisse haben, dann sieht das erst mal so aus, als sei das eine berechtigte Forderung, die an alle gleich gestellt wird. Wenn man die Arbeit aber auch gut machen könnte, ohne sehr gute Deutschkenntnisse zu haben und es den Arbeitgebern eigentlich darum geht, dass sich nur Deutsche bewerben, dann ist das eine versteckte Diskriminierung. Solche Diskriminierung nennt man auch mittelbare oder indirekte Diskriminierung. Das Gesetz verbietet nicht nur Diskriminierung, sondern auch Belästigungen, die mit den oben beschriebenen Merkmalen (Religion, ethnische Herkunft...) zusammenhängen. Wenn jemand also zum Beispiel wegen seiner Hautfarbe beleidigt wird, kann er sich dagegen auch vor Gericht wehren. Auch Viktimisierung verbietet das Gesetz. Viktimisierung bedeutet, dass eine Person schlechter behandelt wird, weil sie sich darüber beschwert hat, dass sie von jemandem diskriminiert wurde. Eigentlich hatte ich die Möglichkeit, meinen Realschulabschluss zu machen. Aber es hat nicht geklappt. Ich wurde nicht zur Nachprüfung gelassen, meine deutsche Mitschülerin aber doch, gleich standen. Nun muss ich nach der Schule an der Berufsschule meinen Realschulabschluss machen. (Hauptschülerin, 16 Jahre) 6
7 Ein Freund von mir kommt aus der Türkei. Er wollte Mechaniker werden. Er hat nur Einsen auf dem Zeugnis. Er wurde nicht genommen, dafür ein Deutscher mit Dreien und Vieren auf dem Zeugnis. Grund: Ausländer es gibt keinen anderen Grund! (Azubi, 18 Jahre) Auch wenn sich jemand für eine Person einsetzt, die diskriminiert wird, und deswegen auch schlecht behandelt wird spricht man von Viktimisierung. Zum Beispiel: Ein Jugendlicher italienischer Herkunft, in Deutschland geboren und aufgewachsen, macht sein Betriebspraktikum in einer Kfz-Werkstatt. Eigentlich hat er sich sehr auf das Praktikum gefreut und sein Chef ist zufrieden mit ihm. Nach ein paar Tagen sagt dann aber ein Kollege zu ihm, das erste, was er hier lernen müsse, sei, dass die Deutschen die besseren Menschen seien. Wenn sich der Jugendliche beim Chef darüber beschweren würde und der Chef ihn danach schlecht behandeln und sagen würde, dass er dort bestimmt keinen Ausbildungsplatz bekommt, wäre das ein Fall von Viktimisierung. Wenn sich ein anderer Kollege für ihn einsetzt und aus diesem Grund danach schlecht behandelt wird, wäre das auch Viktimisierung. Als letztes möchten wir noch eine Form von Diskriminierung beschreiben, gegen die man sich mit dem Gesetz nicht wehren kann. Sie nennt sich strukturelle Diskriminierung. Der Begriff bedeutet, dass es Regeln in einer Gesellschaft gibt, die zur Folge haben, dass manche Gruppen ist uns gar nicht bewusst, dass diese Regeln Ungerechtigkeiten bedeuten. Wusstest 7
8 du zum Beispiel, dass Deutschland das Land ist, in dem es am schwersten ist, einen guten Schulabschluss zu bekommen, wenn die Eltern selber keinen guten Schulabschluss haben? Wenn die Eltern aus einem anderen Land kommen ist es für die Kinder sogar noch schwieriger, einen guten Schulabschluss zu bekommen. Das hat viel mit struktureller Diskriminierung zu tun. Kinder aus Familien, die aus einem anderen Land kommen, werden durch das Schulsystem in Deutschland schlecht unterstützt. Sogar der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für das Recht auf Bildung hat gesagt, als er Deutschland besucht Du musst doppelt soviel Leistung bringen, um die selben Noten wie die deutschen Mitschülerinnen zu bekommen. hat, dass das deutsche Schulsystem ungerecht ist und dringend verändert werden müsste. Obwohl es für Kinder, deren Eltern aus anderen Ländern kommen, insgesamt schwieriger ist, einen guten Schulabschluss zu machen und eine gute Ausbildungsstelle zu bekommen, gibt es doch viele Menschen mit Migrationshintergrund, die sehr erfolgreich sind. Ein Beispiel dafür ist der Politiker Cem Özdemir. Er selber war Hauptschüler, hat später Abitur gemacht und ist heute ein erfolgreicher Politiker. Auch wenn es viele Formen von Diskriminierung gibt, bedeutet das nicht, dass es für Menschen mit Migrationshintergrund erfolgreich zu sein. Auf Grund von Diskriminierung ist es aber oft schwerer als für Deutsche. Deswegen ist es wichtig, gegen alle Formen von Diskriminierung zu kämpfen. (18jährige türkische Gymnasiastin) 8
9 ABER: Nicht jede Ungleichbehandlung ist auch eine Diskriminierung. Oft ist es nicht leicht zu erkennen, ob diskriminiert wird oder nicht. Deswegen geben wir dir hier ein paar Beispiele, die erklären sollen, wann man von Diskriminierung sprechen kann und wann nicht: Wenn Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nicht in eine Diskothek hereingelassen werden, so ist das keine Diskriminierung, sondern basiert auf dem Jugendschutzgesetz. Niemand unter 16 darf in eine Disco. Wenn aber eine Gruppe von dunkelhäutigen Jugendlichen nicht in eine Disco gelassen wird, eine Gruppe von deutsch aussehenden Jugendlichen aber schon, dann kann es gut sein, dass hier die Gruppe der dunkelhäutigen Jugendlichen diskriminiert wird. wieder stören sagt, dann ist das wahrscheinlich keine Diskriminierung. Wenn er aber zum Beispiel sagt: In Russland kann man vielleicht während des Unterrichts reden, hier aber nicht! Dann ist das diskriminierend, weil er sich auf die ethnische Herkunft bezieht. Diskriminierend wäre es auch, wenn er sich nur bei zum Beispiel türkischen Schülerinnen und Schülern beschwert, wenn sie laut sind und nicht bei deutschen. Wenn also ein sachlicher Grund vorliegt, kann man in der Regel nicht von Diskriminierung sprechen. Wenn du zum Beispiel bei einem Vokabeltest 10 Fehler gemacht hast und deswegen, wie alle anderen, die 10 Fehler gemacht haben, eine Fünf bekommst, ist das noch keine Diskriminierung. Wenn jemand anders in demselben Vokabeltest allerdings auch 10 Fehler macht, und eine bessere Note bekommt als du, dann kann es sein, dass das mit Diskriminierung zu tun hat. Wenn dir dein Lehrer sagt, dass du ruhig sein und besser zuhören sollst, und er das auch bei anderen, die immer Ich verstehe nicht, warum die alle einen Bogen um mich machen! Ich bin in Köln geboren, mein Vater ist aus Ghana. (15jährige Hauptschülerin) 9
10 Du hast ein Recht auf faire Behandlung! 10
11 Auf all dies hast du ein Recht. Leider sieht das in der Realität aber oft anders aus. Ungleichbehandlung, Ausgrenzung und Diskriminierung sind Alltagserscheinungen. Nach wie vor werden Migrantinnen und Migranten aufgrund ihrer Herkunft bzw. ihres ausländischen Aussehens in der Schule, bei der Suche nach einem Nebenjob, einer Praktikumsstelle und/oder einem Ausbildungsplatz benachteiligt und ausgegrenzt. steckt, privat oder öffentlich statt. Manchmal ist es schwer alleine zu überlegen, wie man sich wehren kann, wenn man diskriminiert wurde. Wenn du in eine unserer Beratungsstellen kommst, können wir gemeinsam überlegen, wie du dich am besten wehren kannst. Genauere Informationen zu unserem An- Dich. Um anschaulich zu erklären, wie Diskriminierung aussehen und wie man sich dagegen wehren kann, stellen wir im nächsten Abschnitt Beispiele vor, die wirklich so passiert sind. Wie kann Diskriminierung in der Schule, bei der Ausbildungsplatzsuche oder bei der Ausbildung aussehen und wie kannst du dich dagegen wehren? DISKRIMINIERUNG IN DER SCHULE Ich fasse die Sachen nie mehr an...! Eine Schülerin (Vater Deutscher, Mutter Angolesin) besucht die Hauptschule und schildert die Schul-Alltags-Situation vor Ort. Seit einigen Wochen geht sie mit Bauch- und Kopfschmerzen in die Schule. Sie hat Stress, da sie von ihren Mitschülern ständig mit diskriminierenden Äußerungen und Gesten beleidigt, gehänselt und fertig gemacht wird. Ein Mitschüler von ihr sagt, nachdem sein Mäppchen von ihr berührt wurde, dass er...die Sachen niemals mehr anfasst, die sie aufgehoben bzw. angefasst hat, da sie schwarz ist. Es gibt keinen Unterschied, ob im Unterricht oder in den Pausen, sie ist dem abwertenden, diskriminierenden Verhalten ihrer Mitschüler ständig ausgesetzt. Sie weiß nicht, wie sie sich gegen die Anfeindungen wehren kann und steht unter einem permanenten Druck, diese aushalten zu müssen. Wie und was konnte an der beschriebenen Situation verändert werden? Die Schülerin war mehrfach in der Beratungsstelle des Antidiskriminierungsbüros zu 11
12 Beratungsgesprächen. Es fanden gemeinsame Gespräche mit der Schulleiterin und der Klassenlehrerin statt. Die Schulleitung führte Gespräche mit den Eltern und Schülern der Klasse, die die diskriminierenden Äußerungen gemacht haben. Im Unterricht wurden Themen wie Umgang miteinander, Wo sind meine eigenen Grenzen und die der anderen, Regeln einführen besprochen und umgesetzt. Weiterhin hat die Schule in Zusammenarbeit mit der Polizei zum Thema Gewaltschutz und vorbeugung eine Gesprächs- und Übungsreihe durchgeführt. Im letzten Beratungsgespräch sagte die Schülerin, dass es ihr viel besser gehe. Sie hat weiterhin immer die Möglichkeit, sich an die Beratungsstelle zu wenden. Ein junges Mädchen, ihre Eltern kommen aus Togo, besucht eine weiterführende Schule. Sie hat immer das Gefühl, ihre Leistungen müssen viel besser sein, als die der deutschen Mitschüler, um die gleiche Note zu erzielen. Sie muss sich viel mehr anstrengen und fühlt sich in vielen Situationen aufgrund ihrer Herkunft und Hautfarbe benachteiligt. Sie möchte das Thema gerne in der Klasse und bei den Lehrerinnen und Lehrern ansprechen, traut sich nicht und weiß nicht genau, wie sie es machen könnte. Im Anschluss an mehrere Beratungsgespräche im Antidiskriminierungsbüro fand ein gemeinsames Gespräch mit den Lehrerinnen und Lehrern des Mädchens statt. Die Lehrerinnen und Lehrer waren überrascht, betroffen und bemüht, die beschriebenen Situationen und Begebenheiten, die die Schülerin Ich möchte, dass die Klasse darüber spricht! äußerte, zu klären. Eine Abmachung wurde dahingehend getroffen, dass die Lehrerinnen und Lehrer versicherten, die negativen Erfahrungen der Schülerin im Auge zu behalten und in der Zukunft tig hierbei ist natürlich auch die Mitarbeit der Schülerin selbst, die alle Vorkommnisse sofort mit den betreffenden Lehrerinnen und Lehrern bespricht. 12
13 DISKRIMINIERUNG BEI DER AUSBILDUNGSSUCHE Unzumutbar für die Kundschaft Rashid 1, ein Zehntklässler afghanischer Herkunft, bewirbt sich auf eine Lehrstellenannonce und wird daraufhin zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Im Gespräch teilt der Personalchef Rashid mit, dass er ihn vor dem 11. September 2001 gerne eingestellt hätte, allerdings sei den Kunden seit den terroristischen Anschlägen nicht zuzumuten, ihnen einen Auszubildenden, dessen Herkunft so offensichtlich ist, vorzusetzen. Rashid kam zu mehreren Beratungsgesprächen ins Antidiskriminierungsbüro. Rashid will, wenn ihm so etwas wieder einmal passieren sollte, sich anders verhalten. Er will die Leute direkt fragen, was sie denn damit meinen und ihnen sofort DISKRIMINIERUNG IN DER AUSBILDUNG Von Türken lass ich mich nicht waschen! Eline 1, Lernschwester im zweiten Ausbildungsjahr, erhält von der Dienst habenden Oberschwester die Anweisung, den in der Nacht eingelieferten Patienten zu waschen. Als sie das Zimmer des Patienten betritt, fällt sein Blick auf ihr Namensschild. Er fragt sie, woher ihr Name stammt. Nachdem er erfährt, dass es sich beim Namen der Lernschwester um einen türkischen Vornamen handelt, weigert er sich, sich von Eline waschen zu lassen. Der Patient verlangt nach der Oberschwester. Als sie ihn nach dem Grund für sein Verhalten fragt, sagt er, er ließe sich von Türken nicht waschen. Daraufhin fordert die Oberschwester Eline auf, eine deutsche Kollegin zu holen, damit sie den Patienten waschen kann. Eline hat in einem persönlichen Gespräch diesen Vorfall erzählt. Sie wollte dann doch nichts unternehmen, weil sie Angst hatte, ihre Ausbildungsstelle zu verlieren. Es war jedoch gut und aufbauend für sie, darüber sprechen zu können. 13
14 DISKRIMINIERUNG IN DER AUSBILDUNG Du vergraulst mir noch meine Stammgäste Dario 1, der aus Italien kommt, jobbt neben der Schule in einer Gaststätte. Dort ist er hauptsächlich im Küchenbereich zwei Wochenenden als Kellner unter Beweis stellen. Obwohl Dario oft gesagt wird, dass er als Kellner sehr gut ist, möchte sein Chef ihn wieder in die Küche versetzen. Er teilt Dario mit, dass einige seiner Stammgäste unschöne Bemerkungen hinsichtlich seiner Herkunft gemacht hätten. Nun befürchte er, dass sie nicht mehr in das Lokal kommen, wenn er ihn weiter in der Bedienung beschäftigt. Dario hat im persönlichen Gespräch mit der Mitarbeiterin des Antidiskriminierungsbüros über die Situation gesprochen, seinen Ärger so richtig raus gelassen. Das tat ihm gut und er war sehr erleichtert. Ihm war es wichtig, seine Wut und seinen Frust los werden zu können, es nicht runterschlucken zu müssen. An seinen Chef direkt wollte er sich nicht wenden, da er auf seinen Job angewiesen war und zum damaligen Zeitpunkt keine Alternative hatte. tätig. Nach einiger Zeit fragt er seinen Chef, ob er in die Bedienung wechseln kann. Er möchte durch das Trinkgeld, das er zusätzlich verdienen würde, seine Fahrstunden bezahlen. Sein Chef ist einverstanden und Dario kann sich an 1) Alle Namen wurden geändert 14
15 Emine und Ebru Gleiche Chancen? 15
16 Was du tun solltest, wenn du von Diskriminierung betroffen bist Nicht nur in der Schule und in der Ausbildung gibt es Diskriminierung. Diskriminierung kann auch heißen, dass du aufgrund deiner Herkunft/Nationalität, deiner äußeren Erscheinung oder Sprache beleidigt, beschimpft oder körperlich angegriffen wirst, dir der Zugang zu Diskotheken oder Gaststätten nicht erlaubt wird, du in öffentlichen Verkehrsmitteln herausgegriffen, kontrolliert und schikaniert oder bei Behörden nur unzureichend beraten wirst... WEHR DICH! Versuche in deiner direkten Umge- unterstützen kann und mit dem du reden kannst! Das können Freunde, Eltern, Nachbarn oder andere Personen sein. Vielleicht wurden sie selbst Zeugen von Ungleichbehandlung oder sind selbst Betroffene! Wichtig ist auch, dass du sofort alles aufschreibst! Schreibe alles auf, was mit dem Vorfall zusammenhängt: Wann und wo geschah es? Wie kam es dazu? Was hast du zu diesem Zeitpunkt gemacht? Was genau wurde mit dir gemacht? Notiere dir Namen, Anschriften und Telefonnummern von Personen, die das Geschehene gesehen haben oder haben könnten (Zeugen). Mache möglichst genaue Angaben zur Person (Größe, Aussehen, Kleidung, Sprache etc.). Falls es möglich ist, ohne dass du die Situation dadurch verschlimmerst, kannst du auch ein Handyfoto von der Person machen. Warte mit diesem Gedächtnisprotokoll nicht länger als nötig! Denn wenn es dir gelingt, glaubhaft zu machen, dass du diskriminiert worden beweisen, dass sie dich nicht diskriminiert hat! Auf jeden Fall solltest du dich nicht in Gefahr bringen, wenn du dich gegen Diskriminierung wehrst oder jemand anderem helfen willst, der diskriminiert wird! 16
17 Möglichkeiten sich gegen Diskriminierung in der Schule oder Ausbildung zu wehren Wenn du dich in der Schule benachteiligt oder gedisst fühlst, dann suche zunächst einmal das persönliche Gespräch mit der Person, die dich disst. Wenn das nichts nützt, wende dich an deine Lehrerin oder deinen Lehrer. Wenn die Lehrerin oder der Lehrer die Person ist, von der du dich gedisst fühlst, ist es auch am besten, wenn du sie erst mal persönlich darauf ansprichst. Ist dies nicht möglich, bleiben dir folgende Möglichkeiten: Informiere dich, wer in deiner Schule Vertrauenslehrerin oder Vertrauenslehrer ist oder wende dich an eine andere Lehrerin oder einen Lehrer deines Vertrauens und schildere ihr oder ihm dein Anliegen. Schalte die Klassensprecherin oder den Klassensprecher ein und versuche gemeinsam mit ihr oder ihm mit der Lehrerin oder dem Lehrer zu sprechen. Auch hierbei gilt: Sammle Beweise und/oder notiere dir Auffälligkeiten z.b. im Unterricht, bei Klassenarbeiten oder der Notengebung. So hast du eine gute Argumentationsgrundlage! Ein Beispiel: Ich habe beim letzten Englischtest genauso viele Fehler gemacht wie meine Mitschülerin. Warum wurde meine Arbeit dennoch schlechter benotet? re die Schulleitung und bitte um Hilfe und Unterstützung. Wenn du in der Ausbildung gedisst wirst, kannst du ähnlich vorgehen: Suche auch hier erst einmal das persönliche Gespräch mit der Person, von der du dich gedisst fühlst. Sofern deine Ausbildungsstätte einen Betriebsrat hat, kannst du dir dort zusätzlich Rat, Hilfe und Unterstützung holen. Wenn du dich durch eine Kollegin oder einen Kollegen gedisst fühlst, beschwere dich direkt bei deinem Vorgesetzten. Wenn du möchtest, kannst du dich aber auch sofort an eine unserer Beratungsstellen wenden. Informationen dazu, was wir anbieten und sten Abschnitt. Noch mal zusammengefasst: Wenn du dich diskriminiert fühlst und dich wehren willst, solltest du... die Person, die dich diskriminiert, darauf ansprechen nach jemanden suchen, der dich unterstützen kann genau aufschreiben, was passiert ist dich selber nicht in Gefahr bringen wenn du nicht weiterkommst, eine unserer Beratungsstellen kontaktieren 17
18 Kontaktaufnahme zu einer Beratungsstelle Du wirst in der Schule, im Praktikum, bei der Suche nach einem Nebenjob, einer Ausbildungsstelle, in der Ausbildungsstätte selbst, bei Bewerbungen oder Vorstellungsgesprächen ungleich behandelt, benachteiligt oder gedisst? Du wirst von bestimmten Personen aufgrund deiner Herkunft, deiner Hautfarbe, deines Aussehens oder deiner Sprache beleidigt, mit Worten oder körperlich angegriffen? Ist dir auch Ähnliches passiert und du brauchst Hilfe? Oder hast du miterlebt oder beobachtet, dass jemand gedisst wurde und willst etwas dagegen tun? Dann melde dich bei uns! Wir beraten dich gerne. In einem Erstgespräch klären wir mit dir, was genau vorgefallen ist, was du vielleicht schon wegen dieses Problems unternommen hast. Falls du Beweise oder Notizen hast, dann bringe diese unbedingt mit. In einem zweiten Schritt überlegen wir dann gemeinsam, wie wir vorgehen können/sollten. Es liegt in deiner Hand, d.h., du selbst entscheidest, wie wir vorgehen. Wir werden nichts unternehmen, was du nicht willst! Unsere Beratung orientiert sich an Deinen Bedürfnissen und ist kostenlos. Alles, was du uns erzählst, wird vertraulich behandelt, wir erzählen also nichts weiter, wenn du es nicht willst. Wir sind auf deiner Seite! Was wir dir anbieten: Beratung und Unterstützung Entscheidungshilfen zum weiteren Vorgehen Kontaktaufnahme mit deinen Mitschülerinnen und Mitschülern, Lehrinnen und Lehrern, deinen Ausbilderinnen und Ausbildern oder deinen Kolleginnen und Kollegen Begleitung zu und Unterstützung in Gesprächen Gemeinsame Suche nach Lösungen Falls nötig, Informationen über juristische Möglichkeiten zum Beispiel, wie man vor Gericht gegen die Diskriminierung kämpfen kann 18
19 Vermittlung von weiteren Beratungsstellen und Einrichtungen Wir können auch die Fälle in die Zeitung bringen, damit die Leute wissen, dass ungerechte Sachen passieren. Wir machen es natürlich nur, wenn du das auch möchtest! TRAU DICH und kontaktiere uns! Stadt Köln Der Oberbürgermeister Interkulturelles Referat Kalker Hauptstr , Köln Frau Cevriye Alaman Tel. 0221/ Internet: Weitere Hilfs- und Unterstützungsangebote gibt es auch bei diesen Anlaufstellen, die dir bei deinen Fragen gerne weiterhelfen und ebenfalls der Schwei- sagen, wenn du es nicht willst: Wenn du mit jemandem über s Gedisst werden sprechen möchtest, kannst du zu einer der Beratungsstellen gehen. AntiDiskriminierungsBüro (ADB) Köln/ Öffentlichkeit gegen Gewalt (ÖgG) e.v. Keupstr. 93, Köln Frau Banu Bambal Tel. 0221/ oegg@netcologne.de Internet: Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) der Stadt Köln Stadthaus Ostgebäude, Riegel H, Ebene 8 Willy-Brand-Platz 3, Köln Frau Rosemarie Loos Tel. 0221/ rosemarie.loos@stadt-koeln.de Internet: Antidiskriminierungsbüro des Caritasverbandes für die Stadt Köln e.v. Stolzestr. 1a, Köln Frau Kornelia Meder Tel. 0221/ kornelia.meder@caritas-koeln.de Internet: Amt für Kinder, Jugend und Familie der Stadt Köln Ottmar-Pohl-Platz 1, Köln Herr Peter Butzbach Tel. 0221/ peter.butzbach@stadt-koeln.de Internet: 19
20 IMPRESSUM Herausgeber: AntiDiskriminierungsBüro (ADB) Köln/Öffentlichkeit gegen Gewalt e.v. Caritasverband für die Stadt Köln e. V./Antidiskriminierungsbüro Interkulturelles Referat der Stadt Köln Mit freundlicher Unterstützung der Mitgliedsorganisationen des Arbeitskreises Antidiskriminierungsarbeit in Köln : agisra Köln e.v. Amt für Kinder, Jugend und Familie der Stadt Köln Arbeiterwohlfahrt (AWO) Kreisverband Köln e.v. Migrationssozialdienst Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) Migrationsausschuss Ford-Werke GmbH Köln, Ford Diversity Förderverein Kölner Flüchtlingsrat e.v. Polizeipräsidium Köln, Kommissariat Vorbeugung Schulverwaltungsamt der Stadt Köln/Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) der Stadt Köln Konzept und Redaktion: Banu Bambal AntiDiskriminierungsBüro (ADB) Köln/Öffentlichkeit gegen Gewalt e.v. Kornelia Meder Caritasverband für die Stadt Köln e. V. /Antidiskriminierungsbüro Texte: Rebecca Bahr Studentin der Philipps-Universität Marburg: Europäische Ethnologie/Kulturwissenschaft Banu Bambal AntiDiskriminierungsBüro (ADB) Köln/Öffentlichkeit gegen Gewalt e.v. Kornelia Meder Caritasverband für die Stadt Köln/Antidiskriminierungsbüro Layout: Adrian Starosczyk Druck: diedruckerei.de Erscheinungsdatum: Januar 2007 Bezug: Caritasverband für die Stadt Köln Öffentlichkeit gegen Gewalt e.v. Stolzestr. 1a Keupstraße Köln Köln Telefon: 0221/ Telefon: 0221/ Der Druck dieser Broschüre wurde aus Mitteln des Ökofonds Grüne NRW, des ESF-Projektes e.v., des Interkulturellen Referates der Stadt Köln und des Vereins Öffentlichkeit gegen Ge-
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