AGFS Positionen zur Landtagswahl
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- Kai Vogel
- vor 8 Jahren
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1 Faire und verfassungskonforme Finanzierung ohne Wenn und Aber! AGFS Positionen zur Landtagswahl Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Schulen Baden - Württemberg (AGFS) In der AGFS arbeiten Verbände und Träger von Schulen und Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft zusammen. Die AGFS vertritt rund 640 allgemein- und berufsbildende Ersatzschulen einschließlich Sonderschulen mit ca Schülerinnen und Schülern. Hinzu kommen rund 500 Ergänzungsschulen, die keine staatliche Entsprechung haben. An Freien Schulen in Baden-Württemberg arbeiten rund Lehrkräfte. Die AGFS bündelt die Interessen aller freien Bildungseinrichtungen sie erarbeitet Grundsätze und Ziele für das freie Bildungswesen und ist Ansprechpartnerin für Politik, Regierung und Schulaufsicht. Die AGFS setzt sich für ein vielfältiges Schulwesen, größtmöglichen Gestaltungsspielraum und für gleiche finanzielle Rahmenbedingungen für die Freien Schulen ein. Dieses Positionspapier der AGFS wurde zur Landtagswahl 2016 erstellt. Die Autoren / Mitglieder der AGFS: Evangelischer Schulbund in Südwestdeutsch land, Evangelisches Schulwerk Baden und Württemberg, Stiftung Katholische Freie Schule der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Schulstiftung und AG der Kath olischen Freien Schulen der Erzdiözese Freiburg, Die Internate Vereinigung e.v., Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Waldorfschulen in Baden-Württemberg, Verband Deutscher Privatschulen e.v. (VDP) Landesverband Baden-Württemberg. 1
2 Vorbemerkung Das Grundgesetz sichert die Existenz Freier Schulen in Art. 7 Abs. 4 und 5 GG. Ziel ist es, einer Monopolstellung des Staates im Schulbereich vorzubeugen und Raum für alternative Schulformen zu geben. 1 Freie Schulen sind also Teil der Freiheit unserer Grundordnung, die das staatlich verantwortete Schulwesen alleine selbst nicht garantieren kann. Baden-Württemberg hat eine lange und weltweit als vorbildlich anerkannte Privatschul - Tradition, die maßgeblich zur hohen Qualität und Pluralität der Bildungslandschaft, zur freiheitlichen und weltanschaulich vielfältigen Lebensqualität und zum Wohlstand in Baden-Württemberg beiträgt. Die Freien Schulen in Baden-Württemberg wollen unabhängig vom sozialen Hintergrund bzw. der ökonomischen Situation der Familien für alle Kinder und jungen Erwachsenen offen sein. Dies setzt voraus, dass die öffentliche Förderung der Freien Schulen so ausreichend gestaltet ist, dass diese auf Schulgeld für Unterricht und Lehrmittel weitgehend verzichten können. Dies ist in Baden-Württemberg bei der geltenden Gesetzeslage nicht gegeben, wie der Staatsgerichtshof in seinem Urteil im Juli 2015 festgestellt hat. Um der Landesverfassung gerecht zu werden, muss daher Baden-Württemberg seine Privatschulfinanzierung neu regeln. Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Schulen (AGFS) ist der Überzeugung, dass das Urteil des Staatsgerichtshofs Anlass gibt, grundsätzliche Defizite und Rechtsunsicherheiten in der Privatschulgesetzgebung und Privatschulfinanzierung nachhaltig zu beheben. Neben der nicht verfassungskonformen Privatschulfinanzierung gibt es weitere dringende politische Handlungsfelder, um das Freie Schulwesen in Baden- Württemberg existentiell zu sichern und zukunftsfähig auszurichten. 1 Vgl. BVerfG 27,(195/201); 90,107(114) 2
3 Konkrete Erwartungen an die Landespolitik Wahlrecht und Zugang zu Freien Schulen Freie Schulen tragen zu einer vielfältigen Bildungslandschaft bei und ermöglichen Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern ein echtes Wahlrecht. Freie Schulen stehen für vielfältige pädagogische und weltanschauliche Konzeptionen, sie sind Motoren und Garanten für wichtige innovative und qualitative Entwicklungen der Schul- und Bildungspolitik. Wir erwarten von der Landespolitik, dass sie das Wahlrecht und den Zugang zu Freien Schulen für alle Schüler garantiert und konkrete gesetzliche Grundlagen hierfür schafft. Konkret: Es muss bei allen staatlichen Informations- und Beratungsangeboten sowie bei Entscheidungen zum Schulweg (z. B. Grundschule / weiterführende Schule / Inklusion / Bildungswegekonferenz) sichergestellt werden, dass Eltern und Schülerinnen und Schüler über ihre Wahlrechte und die Möglichkeiten des freien Schulwesens umfassend informiert werden. Der Staat muss sich bei allen Informations- und Beratungsverfahren verbindlich trägerneutral verhalten und darf die Freien Schulen nicht ausschließen. Dies betrifft insbesondere auch staatliche Online-Bewerbungsverfahren und Informationsplattformen, bei denen sichergestellt werden muss, dass die Freien Schulen gleichrangig zu den Schulen in staatlicher Trägerschaft aufgeführt sein müssen. Alle aktuellen Versuche, die dieser Neutralität und Verpflichtung zur Beratung entgegenlaufen, wie etwa eine einseitige nicht trägerneutrale Beratung von Eltern und / oder bürokratische Auflagen, sind sofort zu beenden. Privatschulfreiheit ist auch pädagogische Freiheit Freie Schulen sind gleichwertig zu aber nicht gleichartig wie staatliche Schulen. Sie haben den Anspruch und das Recht, Unterricht und Profil nach besonderen pädagogischen Konzepten auszurichten. Dafür braucht es pädagogische und schulorganisatorische Freiheit. Diese ist durch den aktuellen Trend von Politik und Verwaltung zu einer immer detaillierteren Ausgestaltung von verpflichtenden schulorganisatorischen Grundlagen gefährdet. Damit die Freien Schulen ihren gesetzlichen Auftrag, das Bildungswesen zu bereichern (vgl. 1 PSchG) erfüllen können, brauchen sie pädagogische Freiräume, um neue Wege zu gehen und Innovationen entwickeln zu können. Wir erwarten von der Landespolitik, dass sie die Privatschulfreiheit auch dahingehend ernst nimmt, dass sie alle Versuche unterlässt, diese durch zu enge Auslegung und Fassung von gesetzlichen Bestimmungen auszuhöhlen. Konkret: Eine unabhängige Clearingstelle sollte bei Konflikten von Freien Schulen mit der Schulverwaltung vermitteln. 3
4 Faire und nachhaltige Förderung von Freien Schulen Freie Schulen sind Teil des öffentlichen Schulwesens, da sie allen grundsätzlich offen stehen, und wollen dies auch sein. Dies setzt voraus, dass die staatliche Förderung ausreichend und fair gestaltet ist, sodass auf (hohe) Schulgelder weitgehend verzichtet werden kann. Wir erwarten von der Landespolitik, dass sie die Förderung von Freien Schulen gesetzlich dynamisiert und die von den beiden letzten Regierungen gegebene Zusage von mind. 80 % der Kosten eines Schülers an einer staatlichen Schule umsetzt. Konkret: Das sog. Bruttokostenmodell (erhebt die Kosten der staatlichen Schulen als Berechnungsgrundlage für die Überprüfung der Förderung von Freien Schulen) muss sachgerecht weiterentwickelt und vervollständigt werden. Künftig müssen alle Kosten, unabhängig welchem staatlichen Kostenträger sie entstehen, in der Förderung der Freien Schulen abgebildet werden. Die Anhebung der Fördersätze muss dynamisiert werden, damit nicht wie bisher das finanzielle Risiko und die Kostenentwicklung von drei Jahren zwischen den Landtagsberichten zu Lasten der Freien Schulen gehen. Es muss weiter überprüft werden, ob die Personalkostenzuschüsse sich in Zukunft noch am Beamten- Eckmann orientieren und / oder an tariflichen Strukturen wie des TVL. Unverzichtbar ist die Festschreibung der Förderquote von mindestens 80 % im Gesetz, damit für die Freien Schulen Planbarkeit auch im Blick auf ihre Verantwortung als Arbeitgeber gegeben ist. Auch die Förderung von Bau und Bauunterhaltung von Freien Schulen muss novelliert werden. Wir erwarten von der Landespolitik, dass sie den Anspruch aus Art. 14 der Landesverfassung auf den Ausgleich für Freie Schulen bei Schulgeldfreiheit neu regelt, sodass die Freien Schulen damit tatsächlich in die Lage versetzt werden, eine vollständige oder teilweise Befreiung vom Schulgeld umzusetzen und damit dem Sonderungsverbot bzw. der sozialen Vielfalt an den Freien Schulen noch umfassender gerecht werden zu können. Konkret: Wenn Freie Schulen eine vollständige oder teilweise Befreiung vom Schulgeld für Unterricht und Lehrmittel gewähren, muss die entstehende Finanzierungslücke ausgeglichen werden. Zugleich muss es den Freien Schulen möglich bleiben, Angebote, die über die Leistungen der öffentlichen Schulen hinausgehen, durch zusätzliche Elternbeiträge zu finanzieren. Wir erwarten von der Landespolitik, dass sämtliche bildungspolitischen Schulversuche / schulbegleitenden Förderprogramme etc. in Zukunft auch den Freien Schulen offenstehen bzw. Eingang in das Bruttokostenmodell finden. Konkret: Freie Schulen müssen eine Förderung für den Ganztagsschulbetrieb, die Schulsozialarbeit und andere Maßnahmen, die das Land an den staatlichen Schulen fördert, erhalten können. Gleiches gilt für die Sachmittel-Ausstattung, z. B. für IT- Ausstattung im Rahmen von Modellversuchen. Die finanziellen Benachteiligungen der Freien Schulen bei der Beschulung von Kindern mit Inklusionsbedarf sind zurückzunehmen. 4
5 Freier Zugang von qualifizierten Lehrkräften an Freien Schulen Freie Schulen bieten für rund Lehrkräfte in Baden-Württemberg eine berufliche Alternative zum Staatsdienst und entlasten in vielfältiger Weise den Landeshaushalt z. B. durch die Übernahme der Versorgungslasten für die beschäftigten beamteten Lehrkräfte. Anderseits gibt es zahlreiche Regelungen und zunehmend negatives Verwaltungshandeln, das die Einstellung und Beschäftigung von Lehrkräften an Freien Schulen behindert und einschränkt. Wir erwarten von der Landespolitik, dass die Nachqualifizierung von Lehrkräften an Freien Schulen in allen Fächern und nicht nur in den staatlichen Mangelfächern möglich ist. Wir erwarten von der Landespolitik, dass das Fort- und Weiterbildungsangebot des Landes für Lehrkräfte auch den Lehrenden an Freien Schulen in gleicher Weise offensteht und bestehende tatsächliche Hürden abgebaut werden. Ebenso müssen alle Informationsveranstaltungen, Gremien und Arbeitsgruppen auch für die Schulleitungen der Freien Schulen zugänglich sein. Der Austausch und die Kooperation zwischen Freien und staatlichen Schulen muss gefördert werden. Fachkräftemangel gemeinsam lösen Der Fachkräftemangel in Baden-Württemberg kann nur gemeinsam gelöst werden. Gerade in den Pflege- und Gesundheitsberufen sind die Freien Schulen quantitativ und qualitativ der entscheidende Faktor in Baden-Württemberg. Aber auch in weiteren, wesentlichen wirtschafts- und industrienahen Berufen, bieten Freie Schulen herausragende und stark nachgefragte Ausbildungen an. Neben der dualen ist auch die vollschulische Ausbildung von hoher Bedeutung. Das freie berufliche Schulwesen ist nicht ausreichend in die Fachkräftestrategien des Landes eingebunden und wird bei gesetzlichen Vorhaben oder Programmen zur Weiterentwicklung der schulischen Ausbildung zunehmend benachteiligt. Wir erwarten von der Landespolitik, dass sie gemeinsam mit den Freien Schulen Strategien für den Fachkräftebedarf entwickelt. Dazu gehört auch, dass Programme und Förderstrukturen künftig trägerneutral ausgerichtet werden. Konkret: Das freie Schulwesen muss an allen Strategien und Planungen zur Fachkräftegewinnung beteiligt werden. Dazu gehört auch die Einhaltung von fairen Wettbewerbsbedingungen zwischen freien und staatlichen Ausbildungsangeboten und die Prüfung, ob neue Vorhaben mit bestehenden Strukturen freier Schulträger angeboten werden können. Wir freuen uns über Ihre Rückmeldung und stehen Ihnen bei Fragen gerne zur Verfügung. 5
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