Stellungnahme des BMF zu dem Dokument der EU-Kommission MARKT/2539/03 vom 19. September 2003
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- Heiko Hauer
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1 Stellungnahme des BMF zu dem Dokument der EU-Kommission MARKT/2539/03 vom 19. September Anmerkungen zu der generellen Struktur der Solvency II Rahmenrichtlinie (Kapitel 2) Aus deutscher Sicht werden die von der Kommission so frühzeitig gestarteten, zum Teil parallel durchgeführten Arbeiten an der künftigen Richtlinie als sinnvoll erachtet. Es wird jedoch als dringlich empfunden, bei der zukünftigen Aufgabenspezifizierung eine genaue Unterscheidung der level 1, 2 und 3 Arbeiten sowie eine genaue Abgrenzung bei der Verwendung der Begriffe Mandat, Rat, Empfehlung vorzunehmen, da ansonsten für die Bewältigung der anfallenden Arbeiten, insbesondere derjenigen, die durch die Aufsichtsbehörden vorzunehmen sind, keine klaren Prioritäten und kein klares Timing erkennbar sind/ist. Die Anregung der Kommission, jeden Artikel der neuen Richtlinie zudem während der Entwurfsphase mit dem relevanten IAIS-Standard zu vergleichen, insbesondere mit den neuen IAIS Core Principles für Versicherungen, wird zugestimmt. Aus deutscher Sicht sollte allerdings hier ein ehrgeizigeres Ziel verfolgt werden: die EU-Rechtsetzung zu Solvency II sollte nicht nur kompatibel zu den weltweit geltenden IAIS-Anforderungen sein, sondern zugleich ein weltweit Maßstäbe setzender praxisnaher Standard werden.
2 Anmerkungen zu dem Kapitel 3 ( Areas for further detailed work Discussion of mandates to CEIOPS ) Object of supervision Der Vorschlag der Kommission zur Behandlung der Artikel 10 und des neu eingefügten Artikels N 1 erscheint sinnvoll. Der neue Artikel N 1 soll insbesondere die Themengebiete Internal Control and Risk Management abdecken. Der Begriff Solvabilität müsste in einem weiteren Sinne definiert werden, da er die Solvabilitätsbeurteilung einschließlich des Zielkapitals abdecken soll. In dem Dokument der Kommission MARKT/2535/02-DE vom 28. November 2002 wird auf der Seite 46 das Zielkapital verstanden als eine Eigenkapitalausstattung, die wünschenswert ist, um die Ausfallwahrscheinlichkeit auf einem annehmbaren Niveau zu halten. Diese sehr weit gefasste Definition wird für Zwecke der Richtlinie (level 1) als ausreichend erachtet. Die neue Definition zu dem Begriff Solvabilität sollte auch etwas zu dem Schutz der Versicherungsnehmer sagen Requirements on company management Die Neuschaffung der Artikel N 2 ( Requirements on internal control and administrative organisation ) und N 3 ( Requirements on risk management ) wird als richtig erachtet. Die Einbeziehung der Artikel 18 und 19 in unveränderter Form in das Kapitel requirements on company management sollte allerdings kritisch geprüft werden in Bezug auf Konsistenz mit den im Kommissions- Dokument MARKT/2535/02 entwickelten Prinzip, wonach in Säule II die Grundsätze der internen Kontrolle und des ordnungsgemäßen Risikomanagements festzulegen sind (s. dort unter Punkt 3.2.2). Die dort unter dem Punkt genannten Grundsätze des Risikomanagements stellen hier eine Art Oberbegriff dar. Diesem Oberbegriff untergeordnet sind zum Beispiel die Grundsätze zur Zeichnungstätigkeit, zum Vertrags-, Schaden- und
3 - 3 - Rückstellungsmanagement jeweils getrennt für Lebens- und Schaden-/Unfall- Versicherer, zum Aktiva und Finanzmanagement, zur Rückversicherung, zu den sonstigen Risiken. Zumindest in Artikel 19 (2) werden Details festgelegt, die nach dem in MARKT/2535/02 beschriebenen Methodologie eher in eine Durchführungsverordnung (level 2) aufzunehmen wären Supervisory review process Der Supervisory Review Process wird in Solvency II das Kernstück der aufsichtsbehördlichen Tätigkeit sein. Bei der Ausarbeitung der entsprechenden Grundsätze sollte daher CEIOPS eine entscheidene Rolle spielen. Das Thema Transparenz der aufsichtsbehördlichen Tätigkeit gegenüber der Wirtschaft ist bisher kaum diskutiert worden und sollte daher eher auf die Tagesordnung von CEIOPS gesetzt werden. Zu Abschnitt 36 ist nicht klar, was level 2 und was level 3 Aufgaben sein sollen. Es wird aus deutscher Sicht um eine Präzisierung gebeten sowie um die Festlegung von Prioritäten. Darüber hinaus schlägt Deutschland vor unter dem Abschnitt 36 noch 2 weitere Themengebiete aufzunehmen: a) Festlegung von Mindestanforderungen an die Überprüfung von Internen Modellen b) Entwicklung von sog. Verprobungsrechnungen zur Überprüfung der angemessenen Höhe der Schadenrückstellungen Co-operation and communication between supervisors In Abschnitt 39 wird die Einführung von geeigneten Mechanismen vorgeschlagen zum besseren Austausch von Informationen im Falle von Krisen. Aus deutscher Sicht wäre es sinnvoll in diesem Zusammenhang die Krisensituation genauer zu differenzieren in Krisen eines einzelnen Versicherungs-unternehmens, einer Versicherungsgruppe oder branchenweite Krisen.
4 - 4 - Die in Abschnitt 40 aufgeworfenen Themen sollten den in der Finanzkonglomerate-Richtlinie genannten Regelungen nicht zu wider laufen Peer Reviews Das Thema Peer Reviews wird zurzeit auf europäischer Ebene sehr kontrovers diskutiert, da der Umfang, die Ausgestaltung und der Zweck von der Kommission nicht klar definiert sind. Es wird vorgeschlagen, hierzu eine Stellungnahme von CEIOPS einzuholen und dieses sodann im Versicherungsausschuss zu diskutieren Life technical provisions Uns ist bekannt, dass die Deckungsrückstellung in der Lebensversicherung generell vorsichtig kalkuliert wird, wir wissen aber nicht wie hoch der spezifische Grad der Vorsicht in den einzelnen Mitgliedstaaten tatsächlich ist. Eine weitergehende Harmonisierung erscheint daher wünschenswert. Entsprechende Spezifikationen sollten aber nicht in einer Richtlinie (level 1) Berücksichtigung finden, sondern allenfalls in einer Durchführungsverordnung (level 2) geregelt werden. In Abschnitten 53 und 54 (Punkt ) sollte eine klare Unterscheidung der zu erfüllenden Aufgaben in level 2 Aufgaben und level 3 Aufgaben vorgesehen werden. Die aufgezählten Mandate könnten zudem noch ergänzt werden z.b. um die Themen risk of surrender, management risk oder deferred aquisition costs Investment and asset-liability management Die Kommission schlägt auf Richtlinienebene (level 1) vor, den derzeit bestehenden Artikel 22 Vermögenswerte zur Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen wie folgt zu ändern: Zum einen soll verlangt werden, dass das Zielkapital auch durch geeignete Kapitalanlagen bedeckt werden soll. Diese Handhabung würde dem Prudent Person -Prinzip entsprechen. Zum anderen sollte dieser Artikel im Hinblick auf Anlage- und
5 - 5 - Risikomanagementgesichtspunkten ausgeweitet werden. Darüber hinaus ist beabsichtigt, einen komplett neuen Artikel einzufügen, der die ALM-Systeme eines Versicherungsunternehmens thematisiert. Gegen die geplante Vorgehensweise der Kommission bestehen keine Bedenken. Dass Risiken aus Kapitalanlagen bei der Berechnung der Solvabilitätsspanne stärker berücksichtigt werden sollen, ist aus deutscher Sicht unstrittig. Auch halten wir es für sinnvoll, dass trotz einer verstärkten Risikoorientierung auf der Aktivseite zusätzlich auch noch eine begrenzte Anzahl von quantitativen Grenzen (siehe insbesondere Artikel 24) sozusagen als ein grob geknüpftes Sicherheitsnetz vorgegeben wird. Aus deutscher Sicht sollte die EU insoweit allerdings Flexibilität zeigen, indem sie den Mitgliedstaat die Möglichkeit einräumt, nach ihrer Wahl quantitative Vorschriften zu den Kapitalanlagen zusätzlich zu erlassen oder davon abzusehen Non-life technical provisions In Abschnitt 72 wird vorgeschlagen, in eine zukünftige Richtlinie einen neuen Artikel zu dem Themengebiet Principles for sound claim management and provisioning practices aufzunehmen. Gegen diesen Vorschlag erheben wir aus deutscher Sicht keine Bedenken. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung dieses Artikels könnten die Ergebnisse der OECD-Working Party of Insurance Experts unter der Leitung von Herrn Claude Wirion berücksichtigt werden. Allerdings scheint es angezeigt, sich auf die für die Finanzaufsicht relevanten Aspekte zu beschränken. In Abschnitt 73 wird die Einführung eines neuen Artikels zu dem Themenkomplex A quantitative benchmark for the level of prudence in claims provisions erwogen. Aus deutscher Sicht gehören derartig technische Details nicht in eine Richtlinie (level 1), sondern ausschließlich in eine Durchführungsverordnung (level 2). Im übrigen besteht z.z. keinerlei Klarheit über Methoden zur Bestimmung des Sicherheitsgrades von Rückstellungen bzw. der Festlegung und Messung von Ruinwahrscheinlichkeiten. Gegen die in Abschnitt 74 von der Kommission gemachten Vorschläge erhebt die deutsche Delegation gegenwärtig keine Bedenken.
6 Safety margin and safety nets Um Verwechselungen oder Mißverständnisse zu vermeiden sollte der Begriff safety margin hier an dieser Stelle nicht benutzt werden, da er aktuariell schon anders belegt ist. Bei der Definition der Beiträge und Rückstellungen in der Lebensversicherung sind in Deutschland sog. Sicherheitsmargen berücksichtigt. Die Kommission meint hier aber das Minimumkapital. In dem Dokument der Kommission MARKT/2535/03 wurde das Minimumkapital verstanden als eine absolute Mindestschwelle, bei deren Unterschreitung das Unternehmen mit einem deutlich zu hohen Risiko arbeitet ( Schutzmechanismus ) Target capital In Abschnitt 88 wählt die Kommission folgende Definition für das Zielkapital: the economic capital that a company would need to operate with a quantified low probability of failure within a given time period. Die hier gewählte Definition sollte kompatibel sein zu den definierten Zielen in Artikel N 1. In Abschnitt 90, 1. Spiegelstrich ist aus deutscher Sicht noch zu klären, ob für Solvency II eine Einteilung zwischen tier 1 und tier 2 capital ähnlich dem Basel II Ansatz für notwendig erachtet wird. In Bezug auf Abschnitt 90, 3. Spiegelstrich ist Deutschland der Auffassung, dass die Festlegung einer Ruinwahrscheinlichkeit nicht in einer Richtlinie (level 1), sondern allenfalls in einer Durchführungsverordnung (level 2) erfolgen sollte. In Abschnitt 93, 5. Spiegelstrich wird von der Kommission folgende Frage aufgeworfen: What is an acceptable risk level for guarantee schemes to be activated? Die Kommission sollte hierzu nähere Erläuterungen geben, denn der Zweck der Frage ist hier nicht nachvollziehbar. Die in Abschnitt 94 angesprochenen Themen gehören nicht in eine Richtlinie (level 1), sondern ausschliesslich in eine Durchführungsverordnung (level 2). Bei den Überlegungen hierzu (vgl. auch Abschnit 95) sollte die Internationale Aktuarvereinigung (IAA) konsultiert werden.
7 - 7 - Mit den Erläuterungen in Abschnitt 96 sind wir einverstanden. Zu Abschnitten 99 bis 103 (Punkt ) ist nicht klar, was level 2 und was level 3 Aufgaben sein sollen. Eine Präzisierung wäre angezeigt Internal models Uns ist nicht klar, was von der Kommission insbesondere in Fußnote 28 verlangt wird, die Einführung eines full oder eines partial internen Modells. Deutschland würde es bevorzugen, wenn kleineren Unternehmen u.a. die Möglichkeit eingeräumt würde, beispielsweise auch ein partielles Modell in sehr vereinfachter Form zu verwenden. Beispiel: Unternehmen A verfügt über ein vollständiges internes Modell, Unternehmen B hat ein Standardmodell, aber möchte den Kapitalanlagerisiko- Teil des Standardmodells durch ein internes Modell ersetzen. Zudem sollte eine Regelung für die Durchführungsverordnung (level 2) gefunden werden, unter welchen Umständen von dem internen Modell zurückgegangen werden muss auf ein Standardmodell. Zu Abschnitt 110 sollte die Kommission nochmals überprüfen, ob alle dort aufgeführten Aufgaben tatsächlich level 2 Aufgaben sind oder ob diese teilweise eher level 3 zugeordnet werden müssten. Zu Punkt sollte die Kommission präzisieren, welche Aufgaben sie level 2 und welche level 3 zugeordnet wissen will, und welche Priorität den einzelnen Fragestellungen zukommen soll Target level intervention Die in Abschnitt 125 aufgezählten Massnahmen bzw. Interventionsbefugnisse können aus deutscher Sicht im Rahmen der Richtlinie (level 1) nur sehr allgemein beschrieben werden. Details gehören eher in eine Durchführungsverordnung (level 2).
8 Pillar III disclosures Der Inhalt von Pillar III ist bislang noch nicht eindeutig festgelegt. Aus deutscher Sicht wäre die Offenlegung von Kerninformationen für alle Marktteilnehmer über beispielsweise die Eigenmittel, die Risikoposition sowie die gewählten Risikomessverfahren sinnvoll. Es sollte hierbei ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Bedürfnis einer aussagefähigen Offenlegung und der Wahrung rechtlich geschützter und vertraulicher Informationen über Produkte/Systeme ( Unternehmensstrategie ) angestrebt werden. Berlin, den 11. November 2003
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