Wer regelt Ihre finanziellen und administrativen Angelegenheiten, wenn Sie selbst nicht mehr dazu in der Lage sind?

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1 Wer regelt Ihre finanziellen und administrativen Angelegenheiten, wenn Sie selbst nicht mehr dazu in der Lage sind? Eine kurze Information zum Verfahren der "vorläufigen Verwaltung"

2 Dieses Informationsfaltblatt wurde vom Ministerium der DG, Abteilung Beschäftigung, Gesundheit und Soziales, in Zusammenarbeit mit dem Beirat für Aufnahmestrukturen für Senioren der Deutschsprachigen Gemeinschaft erstellt. Die Angaben stützen sich auf externe Quellen ("Handbuch Belgisches Recht" von Marc Lazarus, Grenz Echo Verlag und Protokoll einer Besprechung mit dem Friedensrichter)

3 Sie fühlen sich nicht mehr in der Lage, Ihre finanziellen oder administrativen Angelegenheiten (Kontakte mit Behörden, Steuererklärung, Versicherungsfragen, Kaufverträge...) selbst zu tätigen? In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, einer vertrauenswürdigen Person die finanziellen Angelegenheiten anzuvertrauen. Dieses Verfahren heißt "vorläufige Verwaltung". Was bedeutet "vorläufige Verwaltung"? Ein "vorläufiger Verwalter" ist eine Person, die das Vermögen für jemand anderen verwaltet. Die "vorläufige Verwaltung" hat, wie der Name schon sagt, einen vorläufigen Charakter. Der "vorläufige Verwalter" kümmert sich NUR um die administrativen und finanziellen Angelegenheiten. Auch muss er Rechenschaft darüber ablegen, was mit den Finanzen geschehen ist (z.b. Sparguthaben) Die Arbeit des Verwalters wird also kontrolliert. NB: Eine "vorläufige Verwaltung" beginnt nicht automatisch. Sie beruht immer auf einem Beschluss des Friedensrichters, der auf Anfrage eingeschaltet wird. Wann ist eine "vorläufige Verwaltung" angebracht? Wenn der Gesundheitszustand einer Person es ihr nicht mehr erlaubt, sich selbst um ihre finanziellen Angelegenheiten zu kümmern UND Wenn die Gefahr besteht, dass ein älterer Mensch von anderen ausgenutzt oder betrogen wird ODER Wenn zum Beispiel nicht klar ist, wer die finanziellen Angelegenheiten der betagten Eltern regelt und es deshalb Unstimmigkeiten in der Familie geben kann

4 Wer kann eine "vorläufige Verwaltung" anfragen? 1. Die betroffene Person Es besteht die Möglichkeit, selbst frühzeitig festzulegen, wer die "vorläufige Verwaltung" übernehmen soll, falls man irgendwann nicht mehr in der Lage ist, selbst sein Vermögen zu verwalten und Entscheidungen diesbezüglich zu treffen. Die Erklärung wird beim Notar seiner Wahl oder dem Friedensrichter des Wohnsitzes abgegeben (ein Modell finden Sie auf Seite 9). Diese Erklärung wird in einem Register erfasst. Tritt dann der Fall ein, dass eine Person nicht mehr in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, kann eine Drittperson einen Antrag auf "vorläufige Verwaltung" für den Betreffenden stellen. Dann muss der Friedensrichter zunächst das Register einsehen, bevor er einen "vorläufigen Verwalter" bezeichnet. Wenn es keine schwer wiegenden Gründe gibt, die vorgeschlagene Person abzulehnen, wird der Richter diese bezeichnen. Weicht er von dem Vorschlag ab, muss er dies begründen. Die frühzeitige Erklärung, wer im Bedarfsfall "vorläufiger Verwalter" werden soll, kann der Betroffene jederzeit abändern. Er kann auch eine Reihenfolge von mehreren Personen festlegen, für den Fall, dass die an erster Stelle stehende Person die Vertretung nicht übernehmen kann. 2. Jede Person, die eine andere schützen möchte: Wenn der Gesundheitszustand einer Person so weit eingeschränkt ist, dass sie sich nicht mehr selbst um ihre Angelegenheiten kümmern kann, kann der Antrag durch jede Person gestellt werden, die es für erforderlich hält, dass dem Betroffenen ein "vorläufiger Verwalter" zugeteilt wird. Der Antragsteller kann ein Sohn/eine Tochter sein, der Heimleiter, der Hausarzt... (Ein Modell des Antrags ist auf Seite 10 eingefügt). NB: Um Missbräuche zu verhindern, muss ein Arzt bestätigen, dass die betreffende Person nicht mehr in der Lage ist, ihre finanziellen und administrativen Angelegenheiten selbst zu regeln, bevor ein "vorläufiger Verwalter" eingesetzt wird

5 Wann kann eine "vorläufige Verwaltung" angefragt werden? Zu jedem Zeitpunkt. Wann kann die "vorläufige Verwaltung" rückgängig gemacht werden? Sobald der Betroffene wieder in der Lage ist, sich selbst um seine finanziellen und administrativen Angelegenheiten zu kümmern, kann er selbst, aber auch seine Eltern, seine Kinder, sein Vormund, ein Verwandter... jederzeit beim Friedensrichter beantragen, die "vorläufige Verwaltung" rückgängig zu machen. Die "vorläufige Verwaltung" endet auch, wenn die zu schützende Person stirbt. Damit wird ausgeschlossen, dass das Erbe in falsche Hände gerät. Rechte und Pflichten des "vorläufigen Verwalters" Der vorläufige Verwalter ist der zu schützenden Person behilflich bei allen Geschäften im weitesten Sinne. Meist läuft dies in der Praxis so, dass dem "vorläufigen Verwalter" die Verwaltung des gesamten Vermögens anvertraut wird. Dazu gehört die Zahlung der Rechnungen, die Erledigung von Formalitäten...und auch die Unterschrift von Verträgen (auch beispielsweise des Heimvertrags bei einem Einzug in ein Alten- und Pflegewohnheim). Der "vorläufige Verwalter" hat die Pflicht, die finanziellen Angelegenheiten mit der "Sorgfalt eines guten Familienvaters" zu erledigen. Er muss dem Friedensrichter und der Person, die er vertritt, jährlich Rechenschaft ablegen. Ist die Person, die der Verwalter vertritt, nicht mehr in der Lage, den Erklärungen zu folgen (z.b. bei Demenz), muss der Verwalter einer Vertrauensperson des Betreffenden Rechenschaft ablegen. Diese Vertrauensperson wurde entweder von der zu schützenden Person selbst oder vom Friedensrichter bezeichnet

6 Bei An- und Verkäufen aller Art (Mobilien oder Immobilien), Klagen vor Gericht, Hypothekendarlehen... muss der "vorläufige Verwalter" vorher die Genehmigung des Friedensrichters einholen. Der "vorläufige Verwalter" kann nur Entscheidungen treffen, die die Güter der Person betreffen. Entscheidungen über den Aufenthalts- oder Wohnort der Person, ihre medizinische Behandlung oder ähnliche Dinge liegen weiterhin bei der Person selbst bzw. bei deren Stellvertreter oder Angehörigen. (Nähere Angaben dazu finden Sie auch im Faltblatt "Patientenrechte"). Die Entscheidung, ob und wann jemand in ein Alten- und Pflegewohnheim umzieht, darf also nicht der vorläufige Verwalter fällen, er regelt lediglich die finanziellen Aspekte, die damit verbunden sind. Welche Schritte sind für die Bezeichnung eines "vorläufigen Verwalters" erforderlich? Es ist die Aufgabe des Friedensrichters, den vorläufigen Verwalter zu bezeichnen. Die Prozedur zur Benennung eines vorläufigen Verwalters dauert etwa einen Monat. Dem Antrag muss ein ärztliches Attest beigefügt werden, das nicht älter als 14 Tage ist und beschreibt, warum die zu schützende Person nicht mehr in der Lage ist, ihre finanziellen und administrativen Angelegenheiten selbst zu tätigen. Der Friedensrichter wird auch die Angehörigen anhören, bevor er entscheidet. Er kann ebenfalls einen Sachverständigen bezeichnen, um sich ein genaueres Bild des Krankheitszustandes zu machen

7 Anfrage auf "vorläufige Verwaltung" durch die Person selbst oder durch eine Person, die eine andere schützen möchte (siehe Formular auf Seite 10) Ärztliches Attest (nicht älter als 14 Tage), das bescheinigt, dass jemand nicht mehr in der Lage ist, seine administrativen und finanziellen Angelegenheiten zu erledigen Konsultieren des Registers zur frühzeitigen Bezeichnung Friedensrichter Versammlung mit Angehörigen und der betroffenen Person Entscheidung des Friedensrichters Der "vorläufige Verwalter" übernimmt die Finanzverwaltung - 7 -

8 Wer wird "vorläufiger Verwalter"? Ist niemand von der zu schützenden Person vorab bestimmt worden, wird der Richter in der Regel den Ehepartner, ein Mitglied der engeren Familie oder den gesetzlich mit der zu schützenden Person zusammenwohnenden Partner auswählen. Der Friedensrichter kann auch einen professionellen Verwalter (z.b. einen Rechtsanwalt oder Notar) bestimmen, wenn es Unstimmig-keiten in der Familie gibt oder diese mit der Situation überfordert ist. Achtung: professionelle Verwalter arbeiten gegen Honorar. Auf keinen Fall darf jemand aus der Einrichtung, in der die zu schützende Person untergebracht werden soll oder untergebracht ist, zum "vorläufigen Verwalter" bestimmt werden (z.b. der Heimleiter oder eine Pflegekraft). So sollen Interessenskonflikte vermieden werden. Kosten des Verfahrens Das Gerichtsverfahren ist kostenlos. Wenn der Friedensrichter die betroffene Person an ihrem Wohnort aufsuchen muss, wenn also die Person nicht mehr in der Lage ist, sich zum Friedensgericht zu begeben, fallen gesetzlich festgelegte indexierte Fahrtkosten des Friedensrichter von maximal 30,74 an. Ist die betreffende Person nicht in der Lage, diese Kosten zu tragen, kann sie beim Friedensrichter eine Gerichtskostenhilfe beantragen. Zusätzlich fallen Kosten für das Ausstellen eines ärztlichen Attests an. Diese Kosten werden demjenigen in Rechnung gestellt, der den Antrag stellt. Allgemeine Informationen zur "vorläufigen Verwaltung" erteilt auch die Verbraucherschutzzentrale, Neustraße 119, 4700 Eupen (Tel. 087/ ) - 8 -

9 Muster für die frühzeitige Bezeichnung einer Person, die bei Bedarf die vorläufige Verwaltung übernehmen soll (zu Seite 4.1) - 9 -

10 Antrag auf eine "vorläufige Verwaltung" (Muster des Friedensgerichts St. Vith) (zu Seite 4.2.)

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12 Verantwortlicher Herausgeber: Norbert Heukemes, Generalsekretär des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft, Gospertstraße 1, 4700 Eupen Stand: Februar 2008 Informationen des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Internet: