Fachhochschule Kiel Anreize in Lehre und Studium. Teaching Points Eine Überlegung zur bestehenden Praxis der Lehrleistungsbemessung
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- Sarah Annegret Hauer
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1 Fachhochschule Kiel Anreize in Lehre und Studium Teaching Points Eine Überlegung zur bestehenden Praxis der Lehrleistungsbemessung L. Voegelin
2 Anreize zu engagierter Lehre Hinweise: Lehrleistungen werden im Vergleich zu Forschungsleistungen diskriminiert (auch an Fachhochschulen) Engagierte Lehrleistung wird nicht honoriert Die ungleiche Belastung durch Lehre wird nicht thematisiert, führt aber zu Streit in den Kollegien, weil oft als ungerecht empfunden; Die Reduktion der Lehrverpflichtung ist Steuerungsinstrument von Hochschulleitungen. 2
3 Anreize zu engagierter Lehre Engagement in der Lehre muss wahrnehmbar werden. Engagement in der Lehre muss berechenbar werden. Lehrleistungen müssen nachvollziehbar bewertet werden können. Im individuellen Karriereverlauf muss Lehre und Engagement für Lehre in Phasen unterschiedlich gestaltet werden können. 3
4 Gliederung Vor diesem Hintergrund soll im Folgenden drei Fragen nachgegangen werden: der Frage einer realitätsbezogenen Erfassung der Lehrleistung, der Frage der Steuerung des Lehreinsatzes und der Sicherstellung des Lehrangebots und der Frage nach einer Flexibilisierung der Lehrleistung im Berufsverlauf. 4
5 Ausgangslage In der bisherigen curricularen Planung und der Strukturierung der Lehr- und Lernprozesse gelten als wesentliche Grundsätze: Das Curriculum wird durch die zu besuchenden Veranstaltungen bestimmt. Studierbarkeit wird durch die Begrenzung der Zahl der zu besuchenden Lehrveranstaltungen sichergestellt. (Präsenzlernen; Festgelegt in der StO, gemessen in SWS) (z.b. KMK: Studierbarkeit ) Die Arbeitsleistung vom wissenschaftlichen Personal in der Lehre wird durch deren Verpflichtung zu einer bestimmten Zahl von Lehrstunden in der Veranstaltungszeit (Präsenzlehre) bestimmt. Dabei werden ihre Verpflichtungen zu anderen Tätigkeiten (Forschung, Selbstverwaltung usw.) nur implizit berücksichtigt. (festgelegt in LVO, gemessen in SWS) 5
6 Bologna-Prozess Neuorientierung der Curricula im Rahmen der Umstellung auf Bachelor- und Masterprogramme: Orientierung des Studiums am learning outcome, Systematische Einbeziehung des Selbststudiums in den Ausbildungsprozess, Beratung und Betreuung im Rahmen des Selbststudiums, Bedeutung des Prüfungssystems für den Studienverlauf Bemessung der Studierbarkeit (Einhaltung der Regelstudienzeit) unter Berücksichtigung aller erforderlichen studienbezogenen Arbeitszeiten der Studierenden (Credit Points) 6
7 Zwei Währungen I Durch die Modularisierung im Rahmen von gestuften Abschlüssen entsteht also eine neue Situation: Die Modulbeschreibungen definieren den zeitlichen Arbeitsaufwand, den durchschnittlich begabte Studierende für einen erfolgreichen Besuch des Moduls aufwenden müssen als Anteil der Jahresgesamtstudienleistung, gemessen in Credits. Die Modulbeschreibungen legen die zum Modul gehörenden Lehrveranstaltungen und damit den Lehraufwand der Lehrenden in der Präsenzlehre während der Vorlesungszeit fest, gemessen in SWS. 7
8 Zwei Währungen II Bei der Planung der Curricula/Module werden berücksichtigt: Arbeitsaufwand Studierende Arbeitsaufwand Lehrende Arbeitszeitaufwand für Präsenzlernzeiten (in Std.) Vor- und Nachbereitungszeiten Prüfungsvorbereitung Selbststudium Arbeit in Gruppen (Tutorien) Praktika usw. Gemessen in Credits Präsenzlehre in SWS Darin enthalten: generell Vorund Nachbereitungszeiten (im Lehrdeputat) Nicht berücksichtigt: Besonderer Vor- und Nachbereitungsaufwand Besondere Lehrformen (e-learning) Zahl der Teilnehmenden Zahl der Prüfungen Betreuung/Mentoring Praktika-Begleitung usw. 8
9 Erfassung der Lehrleistung Es wird deutlich: Die geltenden Instrumentarien(SWS, LVVO, KapVo) sind nicht geeignet, die Empirie des Lehrgeschehens hinreichend abzubilden. SWS als Maßstab sind nicht geeignet, um den realen Arbeitsaufwand für Lehre zu erfassen. Daher: Neues Modell für die Festlegung und die Bemessung von Lehrleistungen der Lehrenden erforderlich. 9
10 Arbeitspunkte Die Perspektive für die Bemessung der Lehrleistung: Die Jahresarbeitszeit der WissenschaftlerInnen wird auf 1840 Arbeitsstunde festgelegt ( 45 Arbeitswochen á 41 Std.). In Analogie zu den ECTS-Regeln wird diese Arbeitszeit in Arbeitspunkten (AP) ausgedrückt. Bei 60 AP pro Jahr entspricht ein AP ca. 31 Arbeitsstunden. Die Arbeitszeit der WissenschaftlerInnen, die für lehrbezogene Tätigkeiten aufzuwenden ist, wird als Anteil der Jahresarbeitsleistung einer/s Lehrenden in Stunden der Jahresarbeitszeit festgelegt. Diese AP werden Teaching Points (TP) genannt. 10
11 Verteilung der Arbeitspunkte in einem Studienjahr (Selbst) Verwaltung 60 Arbeitspunkte X Teaching Points Forschung Weiterbildung Lehre Jahres-Arbeitsleistung 1840 Std. (45 Arbeitswochen á 41 Std.; 1 AP = 31 Arbeitsstd.) 11
12 Zuweisung von Teaching Points auf den Handlungsbereich Lehre Beispiel 1 Universitätsprofessuren Fachhochschul- Professuren (Selbst)Verwaltung 6 AP (Selbst)Verwaltung 6 AP Forschung/Transfer 12 AP Teaching Points Forschung 27 AP Lehre 27 TP Teaching Points Lehre 42 TP Jahres- Arbeitsleistung 12
13 Zuweisung von Teaching Points auf den Handlungsbereiche Lehre Beispiel 2 Universitäts- Professur Fachhochschul- Professur (Selbst)Verwaltung 6 AP Forschung 10 AP (Selbst) Verwaltung 6 AP Teaching Points Lehre 44 TP Teaching Points Forschung/Transfer 44 AP Lehre 10 TP Jahres- Arbeitsleistung AP 13
14 Die realen Arbeitsaufwendungen für Lehre Empirische Erhebungen zu den Arbeitszeitaufwendungen für: Präsenzlehre Vorbereitung Lehre Team-Teaching Beratung Prüfungsvorbereitung Prüfungen/Korrekturen Begleitung (Übungen) Begleitung von Praxisphasen E-Learning etc. Ermittlung des durchschnittlichen Zeitaufwands pro Veranstaltungstyp und pro Modul 14
15 Ziele und Anforderungen bei der Einführung von TP Empirische Erhebung des realen Arbeitsaufwandes für alle lehrbezogenen Aktivitäten Fachspezifische Normierung der durchschnittlichen Arbeitszeitaufwendungen für Präsenzlehre (unterschiedliche Veranstaltungsformen), Prüfungen, e learning, Beratung und lehrbezogene (Selbst)Verwaltungstätigkeiten; Umrechnung in TP Neue Steuerungsmodelle zur Verteilung der lehrbezogenen Tätigkeiten auf Fakultätsebene bei Sicherung des notwendigen Angebots. 15
16 Probleme: zum Beispiel Anteil Jahresarbeitszeit Anteil Jahresarbeitszeit für Lehre (Spannbreiten (%); Universität) Mittelwert Status In der Veranstaltungszeit In der veranstaltungsfreien Zeit Anteil Jahresarbeitszeit ProfessorInnen % Andere % Angesichts der großen Spannbreite und der kleinen Zahlen ist in diesem Fall das arithmetische Mittel errechnet worden. Die Gesamtjahresarbeitsleistung für Lehre wurde wie folgt ermittelt: Jahresarbeitszeit = 46 Wochen x 41 Stunden = Std.; Veranstaltungszeit: 29 Wochen (= Std.); entspricht 63 % der Jahresarbeitszeit; Veranstaltungsfreie Zeit: 17 Wochen (= 697 Std.); entspricht 37 % der Jahresarbeitszeit. Mit diesen Werten wurden die Prozentangaben der Lehrenden gewichtet. HD TP Bericht Anglistik
17 Flexibilisierung der Lehrverpflichtung Flexibilisierung des Anteils lehrbezogener Tätigkeiten an der Gesamtjahresarbeitszeit im Berufslebenslauf Die für Lehre einzusetzenden Stunden einer/s Lehrenden könnten im Verlauf der Arbeitskarriere flexibel gestaltet werden. Einerseits! Und andererseits: Der Fachbereich/Studiengang ist dafür verantwortlich, dass das notwendige Lehr- und Betreuungsangebot sichergestellt und dass das Lehrdeputat (gemessen in TP) im Zeitablauf erfüllt wird. 17
18 Teaching Points: Ziele Ziel: Erfassung der realen Arbeitsleistung in der Lehre Der reale Aufwand für Lehrveranstaltungen unterschiedlicher Lehrveranstaltungsformen (einschl. team-teaching, e-learning, usw.) wird abgebildet. Der arbeitszeitliche Aufwand für Prüfungen und Prüfungskorrekturen sowie für Beratung wird (auch unter Berücksichtigung von den Fallzahlen einbezogen. Problem: - Es werden durchschnittliche Arbeitszeitbelastungen für die unterschiedlichen Formen des Lehrens, des Betreuens und des Prüfens festgelegt werden müssen. Individuelle Besonderheiten werden nivelliert (Normierung). - Fallzahlen sind nicht exakt vorhersehbar. 18
19 Teaching Points: Ziele Ziel: Stabile Festlegung des Lehraufwands pro Modul In den Modulbeschreibungen sind die Lehrveranstaltungsformen und die Betreuungsformen des Selbststudiums/ der praktischen Phasen festgelegt. Ihnen sind die Aufwendungen durch Lehrende als durchschnittlicher Arbeitsaufwand zuzuordnen. Die Teaching Points pro Modul sind in der Modulbeschreibung festzulegen. (Planbarkeit des Curriculums und der Lehrversorgung) Problem: Es werden durchschnittliche Arbeitszeitbelastungen für die Module festgelegt werden müssen. Eine individuelle Festlegung oder Ausgestaltung ist nicht möglich. 19
20 Teaching Points: Ziele Ziel: Flexibilisierung der individuellen Lehrbelastung im Zeitablauf Durch eine Leistungsvereinbarung wird befristet der Anteil der Jahresarbeitsleistung für Lehr-Aktivitäten für eine/n Neuberufene/n festgelegt. Diese Vereinbarung kann (z.b. bei erwartbaren Forschungsaktivitäten oder eines Engagements in der Selbstverwaltung) zugunsten anderer Tätigkeiten geändert werden (Flexibilisierung). Die Überschneidung mit Leistungskriterien im Rahmen der Zulagen der W-Besoldung ist dabei gesondert zu prüfen. Problem: Wie kann die Lehrversorgung eines Studiengangs/einer Lehreinheit trotz dieser Flexibilisierung sichergestellt werden? 20
21 Teaching Points: Ziele Ziel: Neues Steuerungsinstrument zur Sicherung der Lehre Es werden (z.t. neue) Entscheidungsstrukturen für den Einsatz von Lehr-Arbeitszeiten benötigt, die sicherstellen, dass die Lehrleistung (TP), vollständig abgerufen, auf die unterschiedlichen Lehraktivitäten aufgeteilt wird. Den Studiendekanen (oder entsprechenden Positionen) kommen dabei neue Funktionen zu, da neben Präsenzlehre auch andere lehrbezogene Aktivitäten (z.b.studienberatung) zu berücksichtigen sind. Problem: Wie kann in einem neuen System die erforderliche und die verfügbare Lehrleistung abgestimmt werden? 21
22 Zusammenfassung I: Transparenz der Lehrleistung 1. Das Engagement für gute Lehre setzt die Transparenz der Aufwendungen auch bei den Lehrenden voraus. 2. Die Anerkennung der Lehre als Leistung der Lehrenden (im Vergleich zur Forschungsleistung) setzt Transparenz der Lehrleistungen voraus. 3. Die alltäglichen Kontroversen um die Arbeitsbelastung durch Lehre innerhalb des Lehrkörpers kann nur durch Transparenz der Lehrleistungen im Studiengang und seinen Mitgliedern geklärt werden. 22
23 Zusammenfassung II: Politische Forderungen 1. Wer Bologna mit neuen Lehr- und Lernformen und einer neuen Zielorientierung auf Kompetenzerwerb will, muss die bisher gültigen Messinstrumente für Lehre wie SWS und die sie zwangsweise umsetzenden Instrumente (KapVo, LVO) aufgegeben oder zumindest neu formulieren. 2. Wer Anreizsysteme für engagierte Lehre entwickeln will, muss (neben vielem anderem) die Autonomie der Handlungsebenen stärken, die das Studium real verantworten. 3. Wer das Engagement von Lehrenden für Lehre stärken will, muss Flexibilität im beruflichen Lebensverlauf schaffen. 23
24 24
25 SWS Das erste Maß aller curricular-planerischen Dinge Semesterwochenstunden als Maß für die Studierbarkeit von Studiengängen in der Regelstudienzeit (StO) als Maß für den Arbeitseinsatz von Lehrenden in der Lehre (LVO) als ein entscheidendes Maß bei der Bemessung der Ausbildungskapazität (KapVO) 25
26 Anreize Bisher: Kein Anreiz für gute oder gut besuchte oder aufwendige Veranstaltung (eher das Gegenteil: mehr Arbeit) TP: Anreiz zu -Lehre mit guter Nachfrage -guten (aufwendigen) Veranstaltungen -Neuen Lehr- und Lernformen 26
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