Inhaltsverzeichnis. Abendmahl-Ikonographie. Vorwort

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1 Inhaltsverzeichnis Vorwort...1 Ikonographie...2 Beispiele...3 Giotto...3 Duccio...5 Taddeo Gaddi...6 Agnolo Gaddi...8 Lorenzetti...8 Ghiberti...9 Castagno...10 Ghirlandaio...11 Leonardo da Vinci...13 Nachwort...15 Abendmahl-Ikonographie Vorwort "Als es Abend wurde, begab sich Jesus mit den zwölf Jüngern zu Tisch. Und während sie aßen, sprach er: 'Amen ich sage euch: Einer von Euch wird mich verraten und ausliefern.' Da waren sie sehr betroffen, und einer nach dem andern fragte ihn: "Bin ich es etwa, Herr?' Er antwortete: Der, der die Hand mit mir in die Schüssel getaucht hat, wird mich verraten. Der Menschensohn muß zwar seinen Weg gehen, wie die Schrift über ihn sagt. Doch weh dem Menschen, durch den der Menschensohn verraten wird. Für ihn wäre es besser, wenn er nie geboren wäre". (Mt, 26, 20-24). Judas Iskariot ging zu dem Hohepriester und erklärte sich bereit, Christus für 30 Silberlinge zu verraten. Am Vorabend seines Todes versammelte sich Jesus von Nazareth mit seinen 12 Aposteln außerhalb der Mauern Jerusalems, auf dem Berg Zion, wahrscheinlich in einem Gebäude das heute cenaculum genannt wird, um mit ihnen zusammen das letzte mal zu speisen. Er verkündete ihnen, dass einer der Jünger ihn verraten werde, woraufhin sie sich fragten, ob sie selbst der Verräter seien. Johannes legte seinen Kopf an die Brust Christi. Christus segnete Brot und Wein. Judas reichte er ein Stück Brot als Zeichen, dass er ihn verraten werde. Dann fuhr der Satan in Judas Iskariot und er verließ den Raum. "Das Abendmahl bedeutet für das Christentum mit der Einsetzung des Sakraments den Beginn eines "Neuen Bundes" zwischen Gott und den Menschen und ist Stiftungsereignis wie Gründungsbild für das Christentum. Zugleich visualisiert sich in Abendmahlsdasrstellungen häufig [...] eine deutliche Abgrenzung vom Judentum, das nach christlicher Lehre in der Verkennung von Christus irrtümlich beim "Alten Bund" bleibt." Deshalb finden wir in exponierter Stellung Judas und Christus.

2 Ikonographie Die Jünger sind in einem Saal an einem gedeckten Tisch versammelt. Ihre Zahl in den Darstellungen beträgt seit der Neuzeit zwölf, früher konnten es aus Platzmangel weniger sein. Christus sitzt an einem Ende der Tafel oder zentral in der Mitte. Die Abendmahl-Darstellungen lassen sich in zwei zeitliche Handlungsphasen gliedern: - die Ankündigung des Verrats und das Brotreichen - der eucharistische Prozess, als Messfeier Vorherrschend in den Darstellungen ist die erste Phase, auf die ich heute näher eingehen werde. In dieser Komposition finden wir eine statische, gereihte Anordnung der Apostel am Tisch, von denen sich Christus und Judas absetzen. Diese Statik und Ordnung weicht in der Entwicklung der Renaissance tiefer emotionaler Ergriffenheit. Denn der Mensch rückt in das Blickfeld der Künstler und seine Emotionen werden als Topos wiederendeckt und wiederbelebt. Judas ist oft an seinem gelben Gewand zu erkennen. Er umfasst den Beutel mit den Silberlingen oder greift zum Brot. Er hat keinen oder einen dunklen Nimbus, sitzt alleine oder isoliert am Tisch. Eine Teufelsschlange oder eine Katze (Hund) können seine Attribute der Falschheit sein. Auf dem Tisch finden wir oft die traditionellen Speisen wieder: Lamm und Fisch, Brot und Wein. Christus ist von seinen treusten Jüngern flankiert: Petrus und Johannes, der vielfach seinen Kopf an die Brust Christi ruhend oder voll von Ergriffenheit legt. Jedoch bei all der profanen neuen Wirklichkeit, die Einzug in die Werke der Renaissance hält, der wichtigste Auftraggeber für Kunstwerke in der Renaissance ist die Kirche. Die göttliche Ordnung soll in den diesseitigen Werken untermauert werden. Behalten wir folgende Aspekte der Renaissance im Hinterkopf, wird die nun folgende Bilderreihe strukturierter, klarer und verständlicher: Die Renaissance entdeckt: * die Persönlichkeit * den Raum, Perspektive (Brunelleschi, Massacio) * den Körper (Körperlichkeit und Räumlichkeit) Mit den Worten Jacob Burckhardts ist die Renaissance "die Entdeckung der Welt und des Menschen". Der Mensch und seine diesseitige Umgebung erhalten einen neuen Stellenwert innerhalb der Schöpfung und werden deshalb wieder darstellungswürdig.

3 Beispiele Giotto Mit Giotto als Wegbereiter der italienischen Renaissance möchte ich den Anfang machen. Giotto di Bondone arbeitete vermutlich als Schüler Cimabues in seiner Werkstatt. Cennino Cennini pries ihn als Überwinder der maniera byzantina an. Vasari bezeichnet die Zeit Giottos als die "Wiedergeburt der guten Kunst". Weiter Vasari: Mit Giotto bricht die diesseitige Wirklichkeit in den Bereich der Künste ein. In der Arenakapelle zu Padua ist in Giottos etwa 1305/06 fertiggestellten Freskenzyklus [...] eine Abendmahlsdarstellung eingebunden. Giotto verlieh seinen Figuren Volumen, Breite, Tiefe und eine deutliche Position im Raum. Die Akteure sind nicht mehr bloße Symbolfiguren, wie in der byzantinischen Ikonographie. Sie werden zu wahren Abbildungen lebendiger Menschen. Der byzantinische Goldgrund weicht dem realistischerem Ultramarin-Blau. Die flachen, zwei-dimensionalen Gewänder weichen einem komplexerem Faltenwurf. Seine Figuren zeichnen sich durch Natürlichkeit, Körperlichkeit und Lebhaftikgeit aus. Sie strahlen eine würdevolle Schwere aus. Giotto formte seine Figuren plastisch, wie Skulpturen aus Stein. Giotto wollte mit seiner Architektur-Darstellung keinen konkreten Bau realisieren, sondern den Figuren einen überzeitlichen Ort zuweisen. Die erste Annäherung an eine korrekte perspektivische Darstellung (Erfahrungsperspektive), erlaubte es ihm die Interaktion der Figuren untereinander im Raum zu akzentuieren. Der Raum wird durch gemalte perspektivisch-verkürzte architektonische Elemente definiert. Die Figurenkonstellation baut sich wie folgt auf: fünf von ihnen wenden dem Betrachter den Rücken zu, fünf weitere sitzen ihnen gegenüber, am linken Tischende sitzen drei Personen eng zusammengerückt. Das Beisamensein ist ein Hauptmotiv dieser Darstellung. Interaktion geschieht durch die verschiedenen Blickrichtungen und Kopfdrehungen. Doch der Betrachter wird nicht in die Gemeinschaft eingeladen, er ist nur ein Außenseiter. Da es sich unzweifelhalt um eine Abendmahlsdarstellung handelt und nicht um eine beliebige Sitzgruppe, ist an der Differenzierung der Hauptpersonen zu erkennen. Jesus ist an seinem Kreuznimbus charakterisiert. Johannes ruht an der Brust Jesu und Petrus, erkennbar an seiner grauen Haartracht und Bart, blickt sorgenvoll auf ihn. Judas ist eine der Rückenfiguren, links außen auf der vorderen Bank. Er sitzt seitlich gedreht, im verlorenem Profil, und wird durch das schmucklose gelbe Gewand als Verräter charakterisiert.

4 Duccio Die nächste Abendmahlsdarstellung befindet sich ebenfalls in einem Zyklus, nämlich es ist eine Szene von Duccios Alterwerk, der "Maestá", für den Sieneser Dom. Als Entstehungszeit nimmt man die Jahre an. Duccios Maesta umfasst eine große Hauptszene, 58 Episodentafeln und 30 einzelne Figuren. Die Abendmahldarstellung befindet sich im unteren Register auf der Rückseite der Haupttafel. Duccio di Buonsegna war ein Zeitgenosse Giottos, jedoch spürt man bei ihm die Einflüsse des byzantynischen Stills stärker durchschimmern. Duccio bricht nicht so abrupt mit der byzantynischen Tradition, jedoch auch seine Figuren erzählen ihre eigenen Geschichten, sprich sie erhalten eine Persönlichkeit, und die Auseinandersetzung mit der Realität ist deutlich spürbar. Auch Duccio fasst seine handelnden Figuren in einer Art Kastenraum. Die Personen befinden sich allerdings nicht in dem Raum, sondern vor ihm was man an den Überschneidungen an den Rändern erkennt. Anders als bei Giotto rückt der triviale Tisch in den Fokus. Großflächig und rechteckig ordnet und dominiert er die Komposition. Christus sitzt hinten in der Mitte, links ruht Johannes, mit jeweils drei weiteren Jüngern an den Seiten. An der vorderen Tischseite befinden sich die übrigen Apostel im Profil. Anhand Giotto und Duccio lässt sich der Unterschied zwischen der Florentinischen und Sienesischen Schule ausarbeiten: In Giottos Bemühungen um die dreidimensionale Erscheinung von Figuren und Gegenständen zeigt sich die bildhauerische Begabung, die alle Florentiner Malerei bestimmen wird. Die Sienesische Schule zeichnet sich vor allem durch die feine Linienführung und die differenzierte Wahl der Farben aus. Duccios Figuren wirken zierlicher und gestreckter. Weiter verzichtet Duccio auf die Nimben bei der vorderen Apostelreihe, um den Blick nicht auf den reich gedeckten Tisch zu versperren. Solche Freiheiten sind erste zarte Ansätze einer sich stärker entwickelnden Künstlerpersönlichkeit. Die Identifizierung der Hauptpersonen ist bei Jesus, Petrus und Johannes nicht schwierig. Judas ist allerdings nur anhand der Gestik zu "finden". Gemäß der Bibel reicht Jesus dem Verräter ein Stück Brot. Als der Adressat dieser Handlung kann nur die zweite Person von links gelten.

5 Taddeo Gaddi Die Abendmahlsdarstelung Taddeo Gaddis ist nicht in ein Zyklus eingebunden, und sie befindet sich auch nicht in einer Kirche, sondern im Refektorium von Santa Croce in Florenz. Es wird häufig als das früheste der erhaltenen Abendmahlsdarstellungen in einem Refektorium bezeichnet und steht hier für den Beginn einer Tradition, Speisesäle der Mönche mit dem letzten Mahl Christi zu schmücken. Etwa Mitte des 14.Jahrhunderts schuf Gaddi an der welstichen Seite des Refektoriums ein riesiges Fresko, wobei nur der untere Teil, über die ganze Breite hin das Abendmahl darstellt. Darüber sehen wir einen Lebensbaum mit dem gekreuzigten Christus und an den Seiten je zwei verschiedenen Darstellungen von Heiligenviten. Betrachtet man die Abendmahlsdarstellung isoliert, fällt auf, dass wir eine ganz andere Personenaufteilung vorfinden. Eine lange, schmalle Tafel nimmt die ganze Bildbreite ein. Der Abendmahlstisch, so trivial es klingen mag, wird zum raum-aufspannendem Element, der Ordnung in die immer größer werdenden Abendmahlsdarstellung bring. Christus sitzt an der hinteren Tischseite in der Mitte, rechts und links sind die elf Jünger platziert. Nur Judas sitzt auf seinem Stuhl, etwas nach rechts vom Zentrum gerückt. Durch diese Wahl der Anordung weicht die fast schon familiere Atmosphere in Giottos und Duccios Werken einen representativen Bankett, einer Zeremonie mit Prominenz. Etwas statisch und künstlich wirkt auch die Interaktion der Figuren untereinander. Die Gesten der Apostel sind eher stilisierte Ornamentik als wahre Indikatoren für Emotionen. Sie haben keine sichtbare gemeinsame Ursache, sondern sind festgeprägt und formelhalt (Herbert von Einem 1961, S.35 f.). Die Interaktion der Figuren untereinander kann aber auch als subtiler oder fast schon psychologischer wahrgenomemne werden. Die vielleicht "realistischere" kreisförmige Darstellung der Apostel um den Tisch, weicht einer lang gestreckten und horizontalen Anordnung. Der Betrachter wird Teil des Abendmahls. Er sitzt an der anderen Seite der Tafel. Jede Figur am Tisch ist nun imstande ihre persönlichen Gefühle sichtbar auszudrücken, ohne von Nimben überschnitten zu werden. Judas sitzt vor der langen Personenreihe, isoliert, ohne Nimbus, im violetten Gewand. Die Judas-Figur ähnelt der von Agnolo Gaddi, und die Verteilung der Figuren auf einer horizontalen Achse könnte wiederum ein Vorbild für das berühmten Abendmahl da Vincis sein. In der Kunst hängt kein Bild im luftleeren Raum. Jeder Künstler sucht Inspiration in der Vergangenheit, adaptiert Gedanken und manchmal schafft er es, neue Wege zu bestreiten. (Giotto war der Patenonkel von Taddeo Gaddi.) Die Nachfolger Duccios wie etwa Taddeo Gaddi konzentrierten sich auf die Ausgestaltung der realistischen Details. Gaddi übernahm von Giotto die Aufteilung der Figuren im Raum und die Begrenzung des Raumes an sich. Die Lebhaftigkeit und Ausdruckskraft der Figuren steigert sich, wie etwa an der Judas-Darstellung deutlich wird. Der Verräter wendet sich ganz mit dem Rücken vom dem die Speisen segnenden Jesus ab. Taddeo Gaddis Vater, Agnolo Gaddi malte das letzte Abendmahl folgendermaßen:

6 Agnolo Gaddi Bemerkenswert an dieser Darstellung ist die Vorantreibung der Zentralperspektive, die sich in der Tischdarstellung, dem Boden und dem architektonischen Hintergrund widerspiegelt. Lorenzetti Pietro Lorenzetti, ein sieneser Maler, intensiviert die Auseinandersetzung mit Giotto, ohne auf den Sieneser Stil zu verzichten: den beweglichen Linienstil, den Reichtum der Farben und die Erzählfreude. In San Francesco in Assisi ist das südliche Querschiff der Unterkirche von Lorenzetti mit einem Freskenzyklus über die Passion Christi ausgemalt worden. Dreiviertel der Fläche nimmt die Abendmahlsdarstellung ein. Der restilche Bildteil gibt Einsicht in die Küche: eine von der biblischen Erzählung vollkommen losgelöste Szene. Lorenzetti positioniert die Abendmahlsteilnehmer in einem sechseckigen Raum, was man als unvergleichlich für diese Zeit bezeichnen kann. Vergleichbar mit Giotto ist die Raumbegrenzung durch Architektur und die Gestalltung der Figuren. Ohne Rückgriffe auf bereits existierende Werke ist es sehr schwierig Neues zu erschaffen. Vielleicht schaute Lorenzetti sogar auf die Kanzel von Nicollo Pisano, die im Baptisterium in Pisa steht, als er die Architektur für sein Abendmahl konstruiert hat. Lorenzettis Figuren weisen die Charakteristika von Giotto und von Duccio auf. Volumenbildende Gewänder und eher flächig und linear gezeichnete Apostel sind nebeneinander zu finden. Jedoch finden wir bei allen Figuren eine individuelle Gestalltung: deutliche Zuwendung oder Wegdrehen, Variation in der Gestik und differenzierte mimische Reaktionen verleihen den Figuren Persönlichkeit. In der Mitte, an der hinteren Seite des Tisches sitzt Christus, mit Kreuznimbus bekrönt, größer als die restlichen Figuren. Die mittelalterliche Bedeutungsperpektive wirkt noch nach. Nur einer der Jünger ist ohne Nimbus: Judas. Er greift, schwerlich zu erkennen, nach dem Stück Brot, das Jesus ihm reicht. Ghiberti Die Wendung der Figuren, die Überschneidungen, vor allem aber die Differenzierung der Reliefhöhe bewirken den Eindruck räumlicher Tiefe bei gleichzeitiger Zunahme realistischer Ausbildung der Details. Der Reliefraum wird überschritten, um der Plastizität Rechnung zu tragen. Das Körpervolumen wird gesteigert. Man spürt den Willen zur Verräumlichung des Geschehens

7 Castagno Als Masaccio um 1427 sein Trinita-Fresko fertigstellte, bereitete er den Boden für perspektivisch korrekte Abendmahl-Darstellungen. Ein prominentes Beispiel eines Malers in der Masaccio-Tradition ist Andrea del Castagno. Für das Kloster Sant'Apollonia in Florenz schuf Andrea del Castagno ein Abendmahlsbild, das sich an der nörlichen Seite des Refektoriums befindet. Die Entstehungszeit wird auf die Monate Juni bis Oktober 1447 datiert. Den kubische Raum, die starke Verkürzung in der Perspektive, die enorme Vielfalt in der Physiognomie und Gestik, die Qualität des disegno lobte bereits Giorgio Vasari in seinen Viten. Diese Darstellung wird als die erste und dramatischste der neuzeitlichen Komposition betrachtet. Die Figuren sind auf ihr "gewöhnliches" Mensch-Sein reduziert. Jedoch ist die Perspektive in sich nicht komplet schlüssig und nicht streng perspektivisch. Zählt man die Schachbrettmuster auf der Decke fällt auf, dass in die Breite 14 Felder in die Tiefe aber 16 gehen. Die Girlanden unterhalb dieser weisen auf der Haupt wand 34 Windungen, an den Seitenwänden nur 17. Die großen quadratischen Felder an den Wänden sind jedoch überall in der gleichen Zahl vertreten, nämlich sechs. Vermutlich sind die Seitenfelder, genause wie die frontalen Felder als Quadrate gemeint. Letztendlich bleibt die Erkentnis, dass der Raum völlig uneinheitlich und ohne Streckenverhältnisse konstruiert worden ist, was jedoch in keinster Weise den künstlerischen Wert dieses Gemäldes schmählert. Anders als Giotto kannte Castegnonach Brunelleschis Entdeckung der korrekten Perspektivkonstruktion. Jedoch setzt er vermutlich nicht so viel Wert auf perspektivische Perfektheit, wenn der künstlerische Gesamteindruck nicht darunter leidete. Die kühne Perspektivkonstruktion ("brutale" Frontalsicht), der Realismus der Figuren, die Verknüpfung der Apostel durch Kopfwendugen und Gebärden können als Vorstufe für da Vincis Abendmahl bezeichnet werden. Erst in den Vergrößerungen zeigt sich die neu erreichte Qualität dieser Wandmalerei. In Licht umhüllt scheinen die Figuren zu sein. Der Faltenwurf ist skulpturähnlich stark ausgearbeitet, die Physiognomie erreicht eine neue Stufe der Realität. Das Licht verleiht den Figuren ein plastisches Relief und die Schatten eine expressive Tragik Jede Figur ist einzeln gestaltet, keine schematische Wiederholung ist erkennbar. "Abwechselungsreichtum in den Gesten", "Vielfalt in den Körperhaltungen", "seelischer Ausdruck", der die "Mitempfindung" wecken soll, gleichzeitiges "Maßhalten", verlangt Alberti um die Storia zu perfektionieren und Castagno folgt diesen Gedanken. Ob das Werk dadurch nicht zu theoretisch wurde, ist eine andere Frage.

8 Andrea del Castagno starb bereits mit 34 Jahren, doch mit seinen Werken tritt er die Nachfolge Massacios an und trieb die Malerei mit seiner persönlichen, dramatischen Art voran. Ghirlandaio Mit der Zeit gewinnt die Abendmahl-Darstellung einen erzählerischen Aspekt. Der Raum wird aufgebrochen, die Monumetalität nimmt zu. Domenico Ghirlandaio, der Lehrer von Michelangelo, malte sein Abendmahl in einer zeitgenössischen Umgebung. Vermutlich im Jahre 1480 schul Ghirlandaio ein weiteres Abendmahlfresko im Refektorium des Florentiner Klosters Ognissanti. Interessant an dieser Darstellung sind die Figuren, die vermutlich an echten Modellen angelehnt sind. Ghirlandaio war berühmt für seine Porträts, und so tauchen viele Persönlichkeiten seiner Zeit in seinen Gemälden auf, wie etwa Mitglieder der Familie Medici. Zudem bildet dieses Wandgemälde die perspektivische Fortsetzung des realen Raumes mit illusionistischem Ausblick in den Klostergarten, was eher auf eine dekorativ-bereichernde Intention des Werks schließen lässt. Jede Abendmahlsdarstellung fügt der letzteren neue Aspekte hinzu oder erweitert sie mit technischen und künstlerischen Verbesserungen. Hier bezieht Ghirlandaio die reale Konsole in seine Konstruktion des illusionistischen Gewölbes ein. Zugleich Element des Bildraumes als auch des Realraumes schafft dies eine Verbindung vom Betrachter zu den gemalten Figuren. Um die Distanz zwschischen dem Betrachter und dem Geschehen weiter zu verkürzen und den Raum zu überbrücken, rückt Ghirlandaio die Seitenflügel des Tisches näher in den vorderen Bildraum. Wieder finden wir eine Personenreihe an der hinteren Seite des Tisches, mit Jesus, Johannes und Petrus und den übrigen Aposteln, und Judas alleine vor der Gemeinschaft, im Innefeld des Tischbogens. Die starre Personenreihe der Apostel wird jedoch aufgebrochen und zwar durch Bildung von Zweiegruppen. Die Literatur sieht hier eine Vorbildfunktion für Leonardos Abendmahl, bei dem die Jünger in vier Dreiergruppen zusammengefasst sind. Weiter sind die Personen unterglieder in eine aktive link Gruppe, mit starken Zuwendungen und Gesten, und einer kontemplativen, arretierten Gruppe. Man kann von einer Hinführung zum Hauptthema sprechen und einem Ausklang. Somit wird klar, dass Ghirlandaio keinen fixen Punkt des Abendmahls darstellt, sondern ein zeitliches Geschehen, von der ersten Aufregung bin hin zur Resignation. Der Judasfigur gewährt Ghirlandaio viel Platz. Als einzige vollständig dargestellt, in frecher, selbstherrlicher Pose, wird der Verräter Christi, jedoch nur im Profil gezeichnet und er sitzt auch niedriger als die übrigen Jünger. In seiner Linken hällt er wiederum den Geldbeutel. Der Geldbeutel und auch andere bestimmte Gegenstände ist eine Erweiterung des dargestellten Geschehens. Den er verweist auf einen Handlungszusammenhang der außerhalb des Verlaufs des Abendmahls liegt. So deuten auch die Zinnkaraffen links und die Schale mit dem

9 Salbsgefäß rechts auf die Fußwaschung hin. Das Messer Petri ist eine Anspielung auf die gewaltsame Gefangennahme Jesu, bei der Petrus bekannterweise ein Ohr des Dieners des Hohenpriesters abschlägt. Der Pfau im rechten Fenster, als Symbol für die Unsterblickkeit, verweist wiederum auf die Auferstehung Christi. Somit schafft es der Maler, im Vergleich zum Dichter, der auf nur eine Textdimension beschränkt ist, in nur einem Bild mehrere zeitliche Handlungen zu einer Gesamtaussage zu verdichten. Leonardo da Vinci Als die Epitomie der Abendmahldarstellung und als "Abendmahlsdarstellung schlechthin" wird das Wandgemälde von Leonardo da Vinci betrachtet. Ludovico Sforza machte die Dominikanerkirche S.Maria delle Grazie zu seiner Familienkirche nachdem er in Mailand an die Macht kam. Er beauftragte Donato Bramante mit der architektonischen Umgestalltung und da Vinci mit malerischen Aufgaben. In der Jahren schul Leonardo das Abendmahl an der Nordwand des Refektoriums. Das Abendmahl misst 4.62m x 8.51m. Im Jahre 1652 vergrößerte man die Türöffnung und so verlor Christus und der Jünger neben ihm ihre Füße. Da Vinci fängt die Emotionen ein, die die Nachricht Jesu "Einer von Euch wird mich verraten" bei den Aposteln hervorgerufen hat. Wir finden wie bei Giotto einen Bühnen-ählichen Raum vor, der jedoch korrekt mit Hilfe der Zentralperspektive das Auge des Betrachters zum Zentrum, zum Kopf Jesu (seiner Schläfe) lenkt. Natürlich ist der Raum Leonardos nicht mit einem Giottoraum des Quatrocento zu vergleichen. Der Raum wird zum bestimmenden Element, der die Personenkonstellationen akzentuiert und die Wirkung auf den Betrachter verstärkt. Aber Giotto hat den Anfang gemacht. Der Betrachter wird direkt mit der Monumentalität der Figuren konfroniert. Diese "Übermacht" der Figuren erzeugen die Größenverhältnise zum Raum an sich. Die stark fluchtenden Seitenweände, die sich verkleinernde Wandteppiche und Nischenöffnungen, die Rückwandöffnungen nach draußen, und die stark fluchtenden Kassetten der Decke, gliedern den Raum in lauter kleine Flächen und Linien. Dadurch können die Figuren auf engstem Raum groß komponiert werden. Die ungewöhnliche Position des Tisches ganz an der Schnittstelle zwischen Bildebene und reallem Raum, zeigt nocheinmal, dass der Raum nur dienende Funktion hat. Es ist kein neutraler Raum, in dem anderer Ereignisse stattfinden könnten. Alles ist auf die Akzentuierung und Presentation der Figuren abgestimmt. Da Vinci verzichtet auf die Heiligenscheine, denn er malt wirkliche Menschen, und wie sie tatsächlich reagiert hätte können. Die vier Apostel-Gruppen ordnen die ausgedrückten Gefühle in der Komposotion. Bezeichnend ist, dass jede Figur, zusätzlich zu der ihr eigenen emotionalen Darstellung, auch eine kompositorisch-lenkende Funktion hat, nämlich die ganze Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Zentrum des Bildes zu lenken.

10 * Bartholomäus- ganz links, blauen Gewand, steht emört auf, fasst mit den Händen auf den Tisch, sein Blick auf Jesus gerichtet * Jacobus, starr vor Schreck, blickt zu Jesus, mit der rechten Hand stützt er sich auf Andreas ab, mit der linken berührt er Simon Petrus, und baut so eine Verbindung zur nächsten Dreier-Gruppe auf * Andreas, wehrt mit den Händen ab, Blick wieder zu Jesus gerichtet * Simon Petrus, flüstert oder fragt Johannes, seine Hand weist zu Jesus * Judas Iskariot ist der einzige dessen Ellebogen auf den Tisch ruht, in der rechten Hand die Silberlingen, mit der Linken greift er zum Brot, seine Körperachse ist von Jesus abgewendet * Johannes, der Lieblingsjünger Jesu, hat die Hände auf dem Tisch gefaltet, bleibt ruhig, da er frei von Schuld und seiner Treue sicher ist * Jesus ist das zentral Element des Bildes, die ganze Komposition ist um ihn herum und auf ihn hin ausgerichtet, seine fast geometrisch perfekte Darstellung fungiert als Ruhepol des Bildes, er blickt in seine linke Handlfäche, die auf dem Tisch aufliegt * Thomas zeigt zum Himmel * Jacobus breitet seine Arme aus und bildet eine schützende Mauer zu Jesus * Phillipus ist tief betroffen * Matthäus und Thaddäus wenden sich fragend an Simon Zelotes, der zu erklären versucht Der Inbegriff der Renaissance ist in diesem Bild gebündelt. Das Fresko wirkt wie selbstverständlich. Jedoch verbirgt sich hinter jedem Farbauftrag eine künstlerische Intelligenz. Das Spannungsverhältnis zwischen Fläche im Vordergrund und Raum im Hintergrund, die zentrale Perspektive, die Anordnung der Figuren links und rechts von Christus, die Führung des Betrachterauges durch die Richtungen der Hände, die Aufteilung der Apostel in vier Dreiergruppen, Farbkonstraste, Raumeröffnung und Positionierung, das Miteinbeziehen des Betrachters, all diese Aspekte sind bedacht ausgeführt und zeugen von außerordentlichen Gespür für die Kunst an sich. Leonardo da Vincis Abendmahl schwebt zwischen Realität und Idealität, zwischen Tradition und Zukunft und ist zurecht als die vollendetste Abendmahl-Darstellung in der Kunstgeschichte bezeichnet worden.

11 Nachwort Genau 12 Abendmahldarstellungen haben wir sehr schnell betrachtet. Über jedes einzelne Werk lässt sich ein eigener Vortrag schreiben. Jedoch war es nicht mein Ziel erschöpfend jedes Werk zu behandeln, sondern den Weg nachzuzeichnen den die Abendmahldarstellungen im Zuge des Einflusses der Renaissance nahmen, wo sie anfingen und wo sie zwischenzeitlich endeten. Michael Godawski