Hinweise zur Formulierung anfechtungsfester Sanierungsbeschlüsse

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1 Mandantenveranstaltung 2015 am Uwe Wanderer Rechtsanwalt Hinweise zur Formulierung anfechtungsfester Sanierungsbeschlüsse 1

2 Ausgangssachverhalt: 2

3 Die WEG besteht aus einem Haus mit Ziegeldach. Das Ziegeldach ist in einem erheblichen Umfang sanierungsbedürftig, worüber auch bereits ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde, welches zu dem Ergebnis gelangt, dass die äußere Dachhaut, die Lattung, die Unterspannbahn und Teile der tragenden Holzkonstruktion erneuert werden müssen. Das Gutachten enthält eine Grobkostenschätzung von Zur Eigentümerversammlung liegt ein Kostenangebot von vor, welches den Eigentümer allerdings nicht übersandt wurde. Auch ein Hinweis auf dessen Vorliegen und die Möglichkeit einer Akteneinsicht wurde im Ladungsschreiben nicht gegeben. Zur Anfrage des Eigentümers Q vor der Eigentümerversammlung, ob Angebote vorlägen und wann diese eingesehen werden können, teilt der Verwalter mit, die Angebote könnten aus Zeitgründen erst auf der Eigentümerversammlung eingesehen werden. 3

4 Folgende Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst: 4

5 Top1 a - Beschluss über die Sanierung des Daches Die Eigentümergemeinschaft beschließt, das Dach des Vorderhauses zur X- Str. umfassend nach Maßgabe des Sachverständigengutachtens Y zu sanieren. Der Verwalter wird beauftragt, mindestens zwei weitere Kostenangebote einzuholen und den Auftrag in Abstimmung mit den Verwaltungsbeirat zu einem max. Kostenvolumen von zu erteilen. Top 1 b Beschluss über die Finanzierung der Dachsanierung Die Eigentümergemeinschaft beschließt, die Kosten für die zu TOP 1 a beschlossene Dachsanierung von ca über eine Sonderumlage zu erheben, die zum fällig gestellt wird. 5

6 Beide Beschlüsse werden von Herrn Q mit folgenden Argumenten angefochten: 1. Keine ordnungsgemäße Willensbildung, da keine ausreichenden Angebote vorlagen. 2. Das eine Angebot konnte vor der Eigentümerversammlung nicht geprüft werden. 3. Unzulässige Kompetenzverlagerung, da die Eigentümergemeinschaft und nicht die Verwalter und/oder der Verwaltungsbeirat über die Auftragsvergabe zu entscheiden hat. 4. Sonderumlage in der Höhe nicht erforderlich und auch zu ungenau, da kein genauer Betrag genannt wird. 5. Keine umfassenden Sanierungsbedürftigkeit gegeben, da der Sachverständige aus Eigeninteresse heraus, eine Reparaturwürdigkeit verneint hat. 6

7 Rechtliche Bewertung: 7

8 Zu 1. vorlagen): (Keine ordnungsgemäße Willensbildung, da keine ausreichenden Angebote Nach ständiger Rechtsprechung bedarf es zur Vorbereitung einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung über nicht nur ganz untergeordneter Maßnahmen (abhängig vom Einzelfall, i.d.r. jedenfalls ab ca ,00 ) der Einholung mehrerer (in der Regel drei) vergleichbarer Kostenangebote. Die Eigentümer sollen in die Lage versetzt werden zu beurteilen, ob eine technisch sinnvolle und wirtschaftliche Lösung gewählt wird (Landgericht Hamburg ZMR 2012, 388), wobei es regelmäßig nicht ausreicht, dass die Vergleichsangebote erst nachträglich eingeholt werden, sondern sie sollen der Eigentümergemeinschaft schon vor der Beschlussfassung vorliegen (LG Hamburg, ZMR 2015, 143). Unterbleibt dieses, kann der Beschluss im Falle der Anfechtung ohne inhaltliche Sachprüfung für ungültig erklärt werden. 8

9 Zu 2. (Das eine Angebot konnte vor der Eigentümerversammlung nicht geprüft werden): Jedenfalls bei umfangreicheren Maßnahmen und Kostenangeboten müssen die Eigentümer in die Lage versetzt werden, diese schon vor der Eigentümerversammlung prüfen zu können. Ob die Angebote mit der Ladung versandt werden oder nur ein Preisspiegel beiliegt, mit dem Hinweis, dass die Angebote vor der Eigentümerversammlung angefordert oder eingesehen werden können oder nur der Hinweis auf vorliegende und einzusehende Kostenangebote erfolgt, mag dahinstehen; wichtig ist, dass die Eigentümer über deren Existenz informiert werden und Gelegenheit erhalten, die Angebote vor der Versammlung mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen (vgl. z.b. Landgericht München I, ZMR 2015, 147). Unterbleibt dieses, kann der Beschluss im Falle der Anfechtung ohne inhaltliche Sachprüfung für ungültig erklärt werden. 9

10 Zu 3. (Unzulässige Kompetenzverlagerung): Die notwendigen Entscheidungen über das Ob und Wie von Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums hat die Eigentümergemeinschaft hat grundsätzlich selbst zu treffen. Im Beschlusswege können dem Verwalter / Verwaltungsbeirat nur Entscheidungen aus der Kompetenz der Eigentümergemeinschaft übertragen werden, wenn 10

11 die Eigentümer vorher die wesentlichen Eckpunkte und weitere Handlungsdirektiven festgelegt haben, so dass keine umfassende Kompetenzübertragung, sondern nur eine Übertragung der Konkretisierung von Entscheidungen der Eigentümergemeinschaft stattfindet, z.b.: Delegation über Einzelheiten einer Farbauswahl, wenn der Farbton lichtes Grau bereits vorgegeben wurde (Landgericht Hamburg ZMR 2015, 143) oder Übertragung der Auswahl einer zu beauftragenden Firma an die Verwaltung in Zustimmung (nicht Abstimmung ) mit dem Verwaltungsbeirat, wenn ausreichende Kostenangebote vorlagen und nur noch Endverhandelt werden soll, wobei auch das Auswahlkriterium vorgegeben werden sollte (preiswertester Bieter). Bei einem Verstoß gegen diese Grundsätze, kann der Beschluss im Falle der Anfechtung ohne inhaltliche Sachprüfung für ungültig erklärt werden. 11

12 Zu 4. (Sonderumlage zu ungenau): Mit den notwendigen Sanierungsbeschlüssen ist die Finanzierung sicherzustellen, wobei die Eigentümer nach billigem Ermessen entscheiden können, ob sie die Kosten durch Auflösung der Instandhaltungsrücklage und/oder Bildung einer Sonderumlage decken, aber: der erforderliche Umlagebetrag hat sich nach dem geschätzten Bedarf auszurichten, wobei die Wohnungseigentümer den Betrag großzügig bemessen können (BGH NZM 2012, 275), es muss ein genau bestimmter Betrag im Beschluss aufgeführt werden (kein ca.-betrag LG München ZWE 2011, 282), die Verteilung muss nach dem geltenden Kostenverteilungsschlüssel erfolgen, der im Beschluss aufzuführen ist, wenn keine konkreten Einzelsonderumlagenbeträge beschlossen werden können. Bei einem Verstoß gegen diese Grundsätze, kann der Beschluss im Falle der Anfechtung ohne inhaltliche Sachprüfung für ungültig erklärt werden. 12

13 Zu 5. (Keine umfassenden Sanierungsbedürftigkeit gegeben): Wenn der Sanierungsumfang bestritten wird, muss die Sanierungsnotwendigkeit substantiiert dargelegt werden, z.b. durch Bezugnahme auf ein bereits vorliegendes Sachverständigengutachten oder Kostenangebot, so dass das Gericht bei ausreichendem Bestreiten Beweis zu erheben hat. Das Gericht gelangt zu diesem Themenkomplex aber nur dann, wenn der Beschluss nicht bereits an durchgreifenden formalen Mängeln leidet. 13

14 Beschlussvorschläge: 14

15 Grundbeschluss Die Eigentümergemeinschaft beschließt dem Grunde nach, dass die festgestellten Mängel am beseitigt werden. Die Maßnahmen und die voraussichtlichen Kosten in Höhe von ergeben sich aus dem/der als Anlage diesem Beschluss beigefügten Gutachten / Maßnahmenplanung / Kostenzusammenstellung des vom. Über die Auftragsvergabe wird nach Vorlage der Kostenangebote auf einer weiteren Eigentümerversammlung beschlossen werden. 15

16 Ausführungsbeschluss Unter Bezugnahme auf den Grundbeschluss der Eigentümerversammlung vom zu TOP, beschließt die Eigentümergemeinschaft, zur Beseitigung der Mängel am den Auftrag an die Firma auf Grundlage des dem Protokoll als Anlage beigefügten Kostenangebotes vom zu einem Kostenvolumen von zu vergeben. Die Verwaltung wird zur Auftragsvergabe ermächtigt. Der Verwalter darf den Auftrag zu erteilen, wenn 90 % des Finanzierungsvolumens zur Verfügung stehen. 16

17 Finanzierungsbeschluss Die Finanzierung erfolgt durch Auflösung der Instandhaltungsrücklage in Höhe von. Alternativ: Die Finanzierung erfolgt über eine Sonderumlage in Höhe von., zu verteilen nach (z.b. MEA),mit Fälligkeit zum. Alternativ: Die Finanzierung erfolgt in Höhe eines Teilbetrages von durch Auflösung der Instandhaltungsrücklage in dieser Höhe und über eine Sonderumlage in Höhe des Restbetrages von., zu verteilen nach (z.b. MEA), mit Fälligkeit zum. 17

18 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 18