Gerecht? Effizient? Finanzierungssysteme im internationalen Vergleich

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1 Forum Offene Wissenschaft Bielefeld, 07. Dezember 2015 Gerecht? Effizient? Finanzierungssysteme im internationalen Vergleich Alfried Krupp von Bohlen und Halbach- Stiftungslehrstuhl für Medizinmanagement der Universität Duisburg-Essen Gesundheitsökonomisches Zentrum CINCH, Essen Essener Forschungsinstitut für Medizinmanagement GmbH 1

2 Informationen zum Referenten Daten zu Jürgen Wasem Studium der WiWi und PolitikWi an der PennState U, U of Sussex und U Köln ( ) Promotion in WiWi (Köln 1986), Habilitation in Gesundheitswiss. (Bielefeld1996) Referent in der Abteilung Krankenversicherung des BMA (jetzt: BMG) ( ) Prof. an der FH Köln ( , beurlaubt:91-94) Projektleiter am MPI f. Gesellschaftsforschung, Abt. Gesundheitssystemforschung ( ) Prof. an den Unis München ( ), Greifswald ( ) u. Duisburg-Essen (seit 2003) Mitgliedschaften u.a.: Vors. Unabhängige Expertenkomm PKV (94-96), Mitgl. Herzog- Kommission (03), Vors. Wiss. Beirat Betriebl. Krankenversicherung (04-06), Vors. Erweiterter (seit 2007) und Ergänzter Erweiterter (seit 2013) Bewertungsausschuss, Sprecher Expertenkomm. K-N-B. (2007); Vors. Morbi- RSA-Beirat (seit 2009); Vors. DGGÖ (13/14); Vors. AMNOG-Schiedsstelle (2015/16) Der Lehrstuhl für Medizinmanagement (zur Zeit: 18 WiMis) arbeitet insbesondere in folgenden Forschungs- u. Beratungsfeldern: Management von Gesundheitseinrichtungen (Ökonomische) Evaluation/Systematische Reviews/ HTAs/ Nutzenbewertungen Krankenversicherungsökonomie Gesundheitssystem/Gesundheitspolitik Steuerungswirkung von Vergütungssystemen Versorgungsforschung Evaluation betrieblicher Gesundheitsförderung Finanzierende Stellen: BMBF, EU, Stiftungen Weltbank, WHO Ressortforschung BMG, BMWi Leistungserbringer, Industrie u. ihre Verbände Kostenträger und ihre Verbände G-BA, IQWiG Kurzportrait des Lehrstuhls 2

3 Übersicht: 1. Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung 2. Effizient? Gesundheitsausgaben und Outcomes 3. Gerecht? Finanzierungsquellen und Verteilungswirkungen 4. Einige Überlegungen zu Effizienz und Gerechtigkeit des dualen Krankenversicherungssystems in Deutschland 5. Schlussfolgerungen 3

4 1. Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung Idealtypische (empirisch zu einfache) graphische Darstellung Versicherte Arbeitsämter Arbeitgeber Externe Finanzierung Staat Krankenversicherungen Health Maintenance Organisations Interne Finanzierung Krankenhäuser Ärzte Apotheker Sozialstationen 4

5 Das Konzept von externer und interner Finanzierung Verteilungsfragen der Mittelaufbringung ( gerecht ) können analytisch von Wirkungsfragen der Mittelverwendung ( effizient ) getrennt werden Die externe Finanzierung wird meist unter Finanzierungs-System gefasst, die interne Finanzierung unter Vergütungs-System Unterschiedliche Ausgestaltungen des Finanzierungs-Systems sind oft unabhängig von Ausgestaltungen des Vergütungs-Systems 5

6 Übersicht: 1. Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung 2. Effizient? Gesundheitsausgaben und Outcomes 3. Gerecht? Finanzierungsquellen und Verteilungswirkungen 4. Einige Überlegungen zu Effizienz und Gerechtigkeit des dualen Krankenversicherungssystems in Deutschland 5. Schlussfolgerungen 6

7 Finanzierungssystem und Effizienz Es besteht weitgehend kein direkter Link zwischen Finanzierungssystem (externe Finanzierung) und der Effizienz des Versorgungssystems Auf der Makro-Ebene kann der Zusammenhang zwischen Umfang der aufgebrachten (finanziellen) Ressourcen und Outcomes untersucht werden 7

8 Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit 2013 in US-$ zu Kaufkraftparitäten. Ausgewählte Länder der OECD , , , , , , , , , ,00 0,00 * Daten aus dem Jahr OECD Health Data Files 2015; Download:

9 Ausgaben für Gesundheit 2013 als %-Satz des Bruttoinlandsprodukts. Ausgewählte Länder der OECD * Daten aus dem Jahr OECD Health Data Files 2015; Download:

10 Gesundheitsausgaben und Lebenserwartung: Besteht ein Zusammenhang? 1. Bivariate Analyse AUSGABE: ZUSAMMENFASSUNG Regressions-Statistik Multipler Korrelationskoeffizient 0, Bestimmtheitsmaß 0, Adjustiertes Bestimmtheitsmaß 0, Standardfehler 1, Beobachtungen 15 Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis OECD Health Data Files 2015 ANOVA Freiheitsgrade (df) Quadratsummen Mittlere (SS) Quadratsumme Prüfgröße (MS) (F) Regression 1 8, , , Residue 13 51, , Gesamt 14 60, Koeffizienten Standardfehler t-statistik P-Wert Schnittpunkt 81, , , ,6815E-17 H E $ pc 0, , , , Es ergibt sich ein statistisch nicht signifikanter Zusammenhang zw. Gesundheitsausgaben und Lebenserwartung 10

11 Gesundheitsausgaben und Lebenserwartung: Besteht ein Zusammenhang? 2. Multi variate Analyse mit Einkommen AUSGABE: ZUSAMMENFASSUNG Regressions-Statistik Multipler Korrelationskoeffizient 0, Bestimmtheitsmaß 0, Adjustiertes Bestimmtheitsmaß 0, Standardfehler 1, Beobachtungen 15 ANOVA Freiheitsgrade Quadratsummen (df) Mittlere (SS) Quadratsumme Prüfgröße (MS) (F) Regression 2 14, , , Residue 12 45, , Gesamt 14 60, Koeffizienten Standardfehler t-statistik P-Wert Schnittpunkt 79, , , ,9279E-14 Income $ pc 0, ,3064E-05 1, , HE $ pc -0, , , , in der multivariaten Analyse mit Einkommen dreht sich der (nicht stat. sign.) Effekt für die Gesundheitsausgaben um 11

12 12

13 Zusammenhang zum EuroHealth Consumer Index AUSGABE: ZUSAMMENFASSUNG Regressions-Statistik Multipler Korrelationskoeffizient 0, Bestimmtheitsmaß 0, Adjustiertes Bestimmtheitsmaß 0, Standardfehler 65, Beobachtungen 12 ANOVA Freiheitsgrade Quadratsummen (df) Mittlere (SS) Quadratsumme Prüfgröße (MS) (F) Regression , , , Residue , ,49176 Gesamt ,667 Koeffizienten Standardfehler t-statistik P-Wert Schnittpunkt 503, , , , Income $ pc -0, , , , HE $ pc 0, , , , in der multivariaten Analyse mit Einkommen sind die Pro-Kopf- Gesundheitsausgaben statistisch signifikant (das Einkommen mit nicht erwartetetem Vorzeichen ist nicht signifikant) 13

14 Übersicht: 1. Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung 2. Effizient? Gesundheitsausgaben und Outcomes 3. Gerecht? Finanzierungsquellen und Verteilungswirkungen 4. Einige Überlegungen zu Effizienz und Gerechtigkeit des dualen Krankenversicherungssystems in Deutschland 5. Schlussfolgerungen 14

15 Lorenz-Kurven und Kakwani-Index L pre (p): Lorenzkurve Einkommen vor Zahlungen für Gesundheit L pay (p): Lorenzkurve Zahlungen für Gesundheit KI > 0 bei Progressivität (2* Fläche zw. beiden Kurven) 15

16 Vier Mechanismen der externen Finanzierung Steuern Wirken im Gesamtsystem im allgemeinen progessiv uneinheitl. Befunde bei indirekten Steuern Sozialversicherungsbeiträge Progressivität im allgemeinen schwächer als bei Steuern Pauschalprämien regressiv Beiträge zu privaten Versicherungen im allgemeinen risikoabhängig, dann tendenziell doppelt regressiv Isoliert betrachtet je nach Gesundheitssystem progressiv Direkte Zahlungen (out-of-pocket) für Gesundheitsleistungen Tendenziell doppelt regressiv 16

17 Quelle: OECD 2011 Finanzierungsanteile 17

18 Kakwani-Index: Empirie Summe Privat- Direkte Summe Summe Land öffentlich versicherung Zahlungen privat Zahlungen Dänemark (1987) 0,0372 0,0313-0,2654-0,2363-0,0047 Finnland (1990) 0,0604 0,0000-0,2419-0,2419 0,0181 Frankreich (1989) 0,1112-0,1956-0,3396-0,3054 0,0012 Deutschland (1989) -0,0533 0,1219-0,0963-0,0067-0,0452 Irland (1987) n.a. -0,0210-0,1472-0,0965 n.a. Italien (1991) 0,0712 0,1705-0,0807-0,0612 0,0413 Niederland (1992) -0,1003 0,0833-0,0377 0,0434-0,0703 Portugel (1990) 0,0723 0,1371-0,2424-0,2287-0,0445 Spanien (1990) 0,0509-0,0224-0,1801-0,1627 0,0004 Schweden (1990) 0,0100-0,2402-0,2402-0,0158 Schweiz (1992) 0,1389-0,2548-0,3619-0,2945-0,1402 Großbritannien (1993) 0,0792 0,0766-0,2229-0,0919 0,0518 USA (1987) 0,1060-0,2374-0,3874-0,3168-0,1303 Quelle: Wagstaff & van Doorslaer

19 Übersicht: 1. Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung 2. Effizient? Gesundheitsausgaben und Outcomes 3. Gerecht? Finanzierungsquellen und Verteilungswirkungen 4. Einige Überlegungen zu Effizienz und Gerechtigkeit des dualen Krankenversicherungssystems in Deutschland a. Was soll unter dualem System verstanden werden? b. Kriterien zur Beurteilung des dualen Systems c. Anwendung der Kriterien auf das duale System 5. Schlussfolgerungen 19

20 a) Was soll unter dualem System verstanden sein? Geltung der heutigen Spielregeln für GKV und PKV bei versichertem Personenkreis, Rechtsformen, Beitragskalkulation, Leistungsgewährung, Vergütungssystemen etc. Insbesondere darunter auch: dauerhafte Option für die freiwillig in der GKV-Versicherten, zur PKV wechseln zu können und ihrer Pflicht zur Versicherung mittels einer PKV-Vollversicherung nachzukommen 20

21 b) Kriterien zur Beurteilung des dualen Systems Finanzielle Ergiebigkeit Nachhaltigkeit Verteilungsgerechtigkeit in der Finanzierung Verteilungsgerechtigkeit in der Versorgung Gewährleistung der Versorgungssicherheit Innovationen in der Versorgung Steuerungsfähigkeit der Versorgung Wettbewerbswirkungen im Krankenversicherungssystem 21

22 Übersicht: 1. Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung 2. Effizient? Gesundheitsausgaben und Outcomes 3. Gerecht? Finanzierungsquellen und Verteilungswirkungen 4. Einige Überlegungen zu Effizienz und Gerechtigkeit des dualen Krankenversicherungssystems in Deutschland a. Was soll unter dualem System verstanden werden? b. Kriterien zur Beurteilung des dualen Systems c. Anwendung der Kriterien auf das duale System 5. Schlussfolgerungen 22

23 Finanzielle Ergiebigkeit Der GKV-Teil des dualen Systems leidet bekanntlich unter einem systematischen Lag der Einnahmenbasis (s. nächste Folie) Dieser ist partiell auf die Dualität zurückzuführen In welchem Umfang er bei Abschaffung der Dualität geschlossen würde, hängt von der Ausgestaltung in einem einheitlichen Versicherungssystem ab voraussichtlich würde nur eine teilweise Schließung hierdurch möglich 23

24 Index Das strukturelle Finanzierungsproblem der GKV Wachstum p.a.: BIP: 2,55% GKV-LA: 3,01% BPE: 1,97% GKV-Leistungsausg. je M. BIP je Einwohner BPE je Mitglied Jahr Quelle: BMG, Statistisches Bundesamt, verschiedene Jahrgänge 24

25 Nachhaltigkeit Kontroverse Positionen aufgrund einer heterogenen Konzeptualisierung von Nachhaltigkeit und streitiger Analyse der Wirkungen des Kapitaldeckungsverfahrens In der PKV praktiziertes Kapitaldeckungsverfahren kann u.u. zu höherer Kapitalbildung in der dt. Volkswirtschaft als beim Umlageverfahren führen und aufgrund des offenen Charakters der Volkswirtschaft ggfs. eine reale Lastenverschiebung in die Zukunft ermöglichen insofern wohlfahrtssteigernder Effekt Von anderen werden diese möglichen Effekte des Kapitaldeckungsverfahrens in der nationalen und internationalen ökonomischen Diskussion bestritten (Mackenroth-Theorem); teilweise wird vielmehr auf die Risiken der Kapitalmärkte und potentiell wohlfahrtsmindernde Effekte verwiesen 25

26 Verteilungsgerechtigkeit in der Finanzierung Die individuelle Wahlmöglichkeit eines Teils der GKV-Versicherten zwischen einem System mit einkommensabhängigen Beiträgen und Familienversicherung und einem System mit risikoabhängigen Beiträgen und Individualprinzip (geringfügig modifiziert durch Annahmezwang für den Basistarif) verletzt die Prinzipien der horizontalen und vertikalen Gerechtigkeit in der Finanzierung Das in der PKV im Grundsatz angewendete Äquivalenzprinzip kann eo ipso im Rahmen bestimmter ethischer Ansätze durchaus als verteilungsgerecht interpretiert werden, nicht aber in der Verbindung mit der Wahlmöglichkeit zwischen beiden Systemen Insoweit die Kapitaldeckung in der PKV eine intertemporale Lastenverschiebung ermöglicht (was wie gesagt umstritten ist), ist ein höheres Maß an intergenerationeller Gerechtigkeit realisiert als im Umlageverfahren der GKV 26

27 Verteilungsgerechtigkeit in der Versorgung Operationalisiert sich insbesondere als Zugangsgleichheit und Orientierung des Zugangs und der Versorgung am Bedarf Bezüglich der Kapazitäten ist im niedergelassenen Bereich eine hohe Korrelation zwischen kleinräumiger Angebotsdichte und Anteil der PKV- Versicherten gezeigt Bezüglich der Terminvergabe ist eine Bevorzugung von (besser vergüteten) PKV-Versicherten gezeigt, allerdings wurden bislang nicht sehr zeitkritische Behandlungsanlässe untersucht Bezüglich der Interventionen ist eine höhere Durchdringung der PKV- Versicherten mit neuen Medikamenten (keine Budgets!) und eine höhere Invasivität bei ärztlichen Maßnahmen (finanziell attraktiv!) gezeigt, Ergebnisse bezüglich des Outcomes sind m.w. nicht untersucht 27

28 Gewährleistung der Versorgungssicherheit Die höhere Vergütung für die Behandlung von PKV-Versicherten führt zu erheblichen Mehrumsätzen, insbesondere (aber nicht nur) in der ambulanten ärztlichen Versorgung Die Mehrumsätze sind sehr ungleich zwischen Regionen und Arztgruppen verteilt In einigen Bereichen sind diese Mehrumsätze wohl bei Investitionsentscheidungen zwingend einkalkuliert Bei Abschaffung des dualen Systems und Übergang zu Vergütung auf GKV- Niveau würden diese Mittel c.p. fehlen Entscheidet sich der Gesetzgeber zur Kompensation der Mehrumsätze, wird er insbesondere zu regeln haben, ob die Kompensationsmittel den individuellen Honorarverlust ausgleichen sollen oder in der interregionalen Verteilung nach dem bisherigen Vergütungsvolumen in der GKV bzw. nach dem Versorgungsbedarf im einheitlichen Versicherungssystem eingesetzt werden sollen 28

29 Innovationen in der Versorgung Neue Arzneimittel und neue ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden diffundieren aufgrund des dualen Systems rascher im deutschen Gesundheitswesen Bewertung ist ambivalent: Garant für Innovationen? oder Erschwerung der Steuerung durch Diffusion auch solcher Innovationen, die keinen nachgewiesenen Zusatznutzen bzw. keine nachgewiesene Kosteneffektivität haben? 29

30 Steuerungsfähigkeit der Versorgung In GKV und PKV stoßen unterschiedliche Idealtypen zur Steuerung der Versorgung aufeinander: Sachleistungsprinzip mit Steuerung über Verträge zwischen Krankenversicherern und Leistungserbringern in der GKV Steuerung über Risikoselektion bei der Geschäftsanbahnung und über Kostenerstattung mit Steuerung über die Ausgestaltung der Versicherungspolice im Verhältnis Versicherer Versicherter in der PKV Begrenzte Wirksamkeit des PKV-Steuerungsinstrumentariums daher auch der Ruf nach dem Gesetz-/Verordnungsgeber Gegenseitiges Lernen im dualen System? 30

31 Wettbewerb im Krankenversicherungssystem Der System-Wettbewerb an der Schnittstelle GKV-PKV ist überwiegend dysfunktional, da ihm verzerrte Preissignale zugrunde liegen Ob die Existenz des Abwanderungsrisikos im politischen Prozess einen umfangreicheren Leistungskatalog der GKV beschert hat als bei Abschaffung der Dualität kann kontrovers diskutiert werden; für die Entscheidungen der Kassen über ihre Nutzung der Spielräume im Leistungsrecht gilt dies vermutlich Ablösung des dualen Systems durch ein einheitliches Versicherungssystem ist nicht identisch mit Einheitsversicherung Ausgestaltung des Wettbewerbs im einheitlichen Versicherungssystem hängt von zahlreichen Faktoren ab, die (überwiegend auch unabhängig von der Dualität) gesetzgeberischer Gestaltung zugänglich sind 31

32 Übersicht: 1. Zum Einstieg: Eine begriffliche Abschichtung 2. Effizient? Gesundheitsausgaben und Outcomes 3. Gerecht? Finanzierungsquellen und Verteilungswirkungen 4. Einige Überlegungen zu Effizienz und Gerechtigkeit des dualen Krankenversicherungssystems in Deutschland 5. Schlussfolgerungen 32

33 5. Schlussfolgerungen /1 Für die Finanzierung von Gesundheitssystemen stehen unterschiedliche Finanzierungsquellen zur Verfügung Mit diesen gehen unterschiedliche Verteilungswirkungen einher Da die Mischungsverhältnisse zwischen den Gesundheitssystemen verschieden sind, unterscheiden sie sich in den Umverteilungswirkungen (von progressiv bis stark regressiv) 33

34 5. Schlussfolgerungen /2 Die (externen) Finanzierungssysteme beeinflussen die Effizienz eines Systems nur indirekt; die internen Finanzierungsarrangements sind von der externen Finanzierung weitgehend unabhängig gestaltbar Es liegen keine eindeutigen Befunde für einen Zusammenhang zwischen Höhe der Gesundheitsausgaben und Outcomes der Gesundheitsversorgung vor 34

35 5. Schlussfolgerungen /3 Die Bewertung des dualen Systems der Krankenversicherung und Deutschland und des System-Wettbewerbs ist nicht schwarz-weiß Auf der grünen Wiese würde allerdings wohl niemand ein System so ausgestalten Die Idee Kein duales System keine 2-Klassen-Medizin springt vermutlich zu kurz Dass es allerdings möglich ist, sich aus der GKV und ihren verteilungspolitisch cum grano salis als verteilunspolitisch in die richtige Richtung gehenden interpersonellen vertikalen und horizontalen Verteilungswirkungen zu verabschieden, um zu (zumindest zum Wechselzeitpunkt) niedrigeren Beiträgen einen bevorzugten Zugang im Versorgungssystem zu erfahren, will nicht so recht einleuchten 35

36 4. Schlussfolgerungen /4 Insgesamt vermag ein integriertes Versicherungssystem daher bei Abwägung aller Vor- und Nachteile m.e. mehr zu überzeugen als das duale System Im Kern muss m.e. stehen, dass für den obligatorischen Teil des Leistungskataloges für alle Versicherten trägerunabhängig die gleichen Kalkulationsspielregeln (z.b. einkommensabhängige Beiträge an den Gesundheitsfonds mit versicherungsspezifischen Zusatzbeiträgen) gelten 36

37 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf eine spannende Diskussion. Prof. Dr. Jürgen Wasem Universität Duisburg-Essen tel.: