Landeshauptstadt Düsseldorf - Umweltamt. Geschäftsanweisung zur umweltfreundlichen Beschaffung von Baustoffen

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1 Landeshauptstadt Düsseldorf - Umweltamt Geschäftsanweisung zur umweltfreundlichen Beschaffung von Baustoffen Inhalt: 1. Einführung 2. Alternativausschreibungen 3. Allgemeine Anforderungen 3.1 Stoffe der Dunkelgrauen 3.2 Stoffe der Grauen Liste 4. Anforderungen in den Ausschreibungen bzw. Leistungsverzeichnissen 4.1 Kennzeichnung 4.2 Ausschluß bestimmter Stoffe 5. Kooperation zwischen Bauämtern und Umweltamt 6. Aktualisierung Erläuterungen zur Geschäftsanweisung zur umweltfreundlichen Beschaffung von Baustoffen Tabelle: Bewertung von Baustoffen nach ökologischen bzw. (öko)toxikologischen Kriterien 1. Einführung Die Erfahrungen mit Baustoffen in bestehenden Gebäuden zeigen, daß rechtzeitige, wohl überlegte Anforderungen an deren Zusammensetzung und Qualität dazu beitragen, gesundheitliche und ökologische Probleme wie auch Folgekosten zu minimieren. Beispiele für besonders problematische Bau- und Bauhilfsstoffe sind Asbest oder Polychlorierte Biphenyle, die bis in die achtziger Jahre hinein weite Anwendung fanden. Inzwischen haben die Kenntnisse über die gesundheits- und umweltschädliche Wirkung dieser Stoffe zu Anwendungsverboten geführt. Verbautes Material wird als Altlast angesehen und muß mit hohem Aufwand saniert werden. Die Baustoffindustrie hat in den vergangenen Jahren ökologische und gesundheitliche Auswirkungen ihrer Produkte verstärkt untersucht und bietet neben vielen altbekannten umweltverträglichen auch etliche neuentwickelte umweltverträglichere Baustoffe an. Diese Geschäftsanweisung regelt die Beschaffung von Baustoffen für Neubauten und bedeutende Umbauten aus Sicht des Gesundheits- und Umweltschutzes. Die Stadt Düsseldorf wird in ihrer Bautätigkeit möglichst umweltfreundliche Materialien verwenden. Die Empfehlungen zur Auswahl der Baustoffe werden vor allem bereits bei der Objektplanung berücksichtigt. Weiterhin werden klar definierte Anforderungen an einzelne Baustoffe in den Ausschreibungen bzw. Leistungsverzeichnissen einbezogen. 2. Alternativausschreibungen Eine Prüfung aller in der Baustoffbewertung genannten Kriterien ist nicht bei jeder Ausschreibung zu leisten. Es werden daher in der Regel keine

2 Alternativausschreibungen durchgeführt. Ggfls. können Alternativausschreibungen an Testobjekten im Rahmen des Grundsatzbeschlusses im zuständigen Ausschuß beschlossen werden, um einen aktuellen Überblick über die Kostenverhältnisse zu erlangen. 3. Allgemeine Anforderungen Bei der Objektplanung sollen folgende Kriterien angelegt werden: Konstruktion und Materialauswahl bei Bauprojekten sollen unter anderem berücksichtigen, dass - bei der Herstellung der Materialien eine gute Gesamt-Energiebilanz gewährleistet ist, - eine hohe Lebensdauer, leichte Pflege und gute Reparaturfreundlichkeit der Gewerke gewährleistet sind, - möglichst wenig verschiedene Materialien bzw. möglichst wenige Verbundmaterialien in Bauwerken eingesetzt werden, wobei weiterhin auf eine gute Rückbaubarkeit geachtet werden soll, um die spätere Materialverwertung und -entsorgung zu vereinfachen, - später auftretende Abfälle möglichst schadstoffarm sind. Die Materialien der Hellgrauen Liste und der Weißen Liste (Bericht des Umweltamtes zur Problematik von Baustoffen) erfüllen diese Anforderungen und sollen daher bevorzugt eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang wird auf 37 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW- /AbfG) vom (BGBl I S. 2705) hingewiesen, das die Stellen des Bundes verpflichtet, durch ihr Verhalten die Ziele des KrW-/AbfG anzustreben. Die Stadt Düsseldorf schließt sich dieser Zielsetzung an. Verwiesen sei auch auf den Runderlaß des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Berücksichtigung des Umweltschutzes bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vom Diesen Erlaß hat die Stadt Düsselorf mit Verfügung vom für ihr Vergabewesen für verbindlich erklärt. 3.1 Stoffe der Dunkelgrauen Liste Diese Stoffe sollen grundsätzlich nicht mehr beschafft werden. Im einzelnen wird folgendes angemerkt: - PVC: PVC soll auch bei Elektroinstallationen für festverlegte Kabel nicht in die Planung einbezogen werden. Gravierende Mehrkosten beim Einsatz halogenfreier Kabel sind lediglich für Sonderbauten (z.b. auf den Kläranlagen) zu erwarten. In solchen Fällen ist der zuständige Ausschuß vorab in Kenntnis zu setzen. Auch im Rahmen von kleineren Ausbesserungsarbeiten bzw. Ergänzungen, z.b. bei vorhandenen Bodenbelägen und Kabeln aus PVC, kann ggfls. weiterhin PVC verwendet werden. Die Verfügung des Oberstadtdirektors zum Verzicht auf den Einsatz von PVC-haltigen Materialien vom (Sammlung Mitteilungsblatt, Stichwort PVC-Verzicht ) bleibt im übrigen bei Beschaffungen außerhalb des Baubereiches (Geräte, Maschinen, Mobiliar, Büromaterialien usw.) in Kraft. - Stoffe mit hohem Anteil (halogenierter) Lösemittel, Weichmacher oder

3 Formaldehyd, insbesondere auch Abbeizmittel: Auf Baustoffe und Arbeitsmittel wie Farben, Lacke, Grundierungen, Dichtmassen etc. kann nicht grundsätzlich verzichtet werden. Es sollen Mittel mit möglichst unschädlichen Inhaltsstoffen verwendet werden. Diese Anforderung wird erfüllt, wenn die Produkte den Kriterien des RAL-Umweltzeichen ( Umweltengel ) entsprechen. Auch Produkte mit Anteilen von Polychlorierten Naphthalinen, Chlorparaffinen oder Chloroprenkautschuk sollten nicht beschafft werden. - Holz aus Primärwäldern: Beispielsweise Tropenholz steht gegenwärtig praktisch noch nicht aus nachweislich nachhaltiger Produktion zur Verfügung. Für den Fall, daß vom FSC (Forest Stewardship Council) zertifiziertes Tropenholz am Markt erhältlich wird, könnte dieses verwendet werden. Dieser Aspekt ist bei Aktualisierung der Baustoffliste zu überprüfen, bis auf weiteres soll Tropenholz nicht beschafft werden. 3.2 Stoffe der Grauen Liste Bei diesen Stoffen bestehen nennenswerte Umwelt- oder Arbeitsschutzprobleme, daher werden folgende Anforderungen gestellt: - Künstliche Mineralfasern: Der Kanzerogenitätsindex muß größer als 40 sein. Im direkten Verbund mit der Innenraumluft sollen künstliche Mineralfasern nach Möglichkeit vermieden werden. - Farben, Lacke, Beschichtungsstoffe, Kleber, Bitumen etc.: Wenn Produkte am Markt erhältlich sind, die den Anforderungen des Umweltzeichens ( Umweltengel ) genügen, sind diese zu verwenden. Chemische Holzschutzmittel sowie arsen- und chromhaltige Holzschutzsalze sollen so weit als möglich vermieden werden. Bei Verdacht auf Schädlingsbefall ist ein Holzgutachter hinzuzuziehen. (Abstimmung des Einsatzes von Holzschutzmitteln mit Umwelt- und Gesundheitsamt) - Aluminium, Blei, Kupfer und Zink: Der Einbau wird auf das technisch notwendige Maß beschränkt, die Bauteile sollen recycelbar eingebaut werden. Die Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft beklagen die mangelnde Bereitschaft der Zementhersteller, chromatarme Zemente anzubieten. Chromat in Zementen ist ein Auslöser für die Mauerkrätze, eine seit langem bekannte Berufskrankheit im Baugewerbe. Chromatarmer Zement wird in Deutschland bisher nur für den Export nach Skandinavien und für die Sackware produziert. Die Bau-Berufsgenossenschaften appellieren an alle Bauträger, Zemente mit möglichst geringen Chromatgehalten zu kaufen, am besten... mit Chromatgehalten unter 2 ppm. In den Vorbemerkungen der Ausschreibungen sind die Anbieter daher auf die gesundheitliche Belastung der Arbeitnehmer durch chromathaltigen Zement hinzuweisen. 4. Anforderungen in den Ausschreibungen bzw. Leistungsverzeichnissen 4.1 Kennzeichnung In den Ausschreibungen ist den Bietern vorzuschreiben, größere Kunststoffprodukte (mit größenordnungsmäßig mehr als 1 kg Masse, wie Rohre, Profile, Bodenbeläge etc.) zu kennzeichnen, um eine spätere Sortierung von Kunststoffabfällen zu ermöglichen. Bauwerke und großflächige Innenraumausbauten, die hauptsächlich aus Holzprodukten (auch aus Sperrholz oder Spanplatten) ausgeführt werden, sind

4 hinsichtlich Holzart und Herkunftsland zu deklarieren. 4.2 Ausschluß bestimmter Stoffe In den Ausschreibungen ist festzulegen, daß folgende Baustoffe nicht verwendet werden dürfen: - PVC, sofern andere technisch geeignete Materialien am Markt erhältlich sind (Ausnahmen für Kabel in Sonderbauten sind entsprechend zu formulieren), - Teilhalogenierte Fluorchlorkohlenwasserstoffe und Fluorkohlenwasserstoffe (HFCKW), - Mineralfaserdämmstoffe mit einem Kanzerogenitätsindex KI kleiner als 40, - Tropenholz sowie Hölzer aus Primärwäldern außerhalb der Tropen. Für Kleber, Farben, Lacke und sonstige Mittel zur Behandlung und Beschichtung von Oberflächen sowie für Spanplatten ist festzulegen, daß nur solche Stoffe zur Anwendung kommen dürfen, die den Anforderungen des RAL-Umweltzeichens ( Umweltengel ) genügen, sofern für die benötigte Produktgruppe solche Anforderungen definiert sind. 5. Kooperation zwischen Bauämtern und Umweltamt Die Überprüfung der Qualität der Baustoffe obliegt der Bauleitung. Aufgrund der Komplexität von Bauwerken ist eine umfassende Überprüfung im Hinblick auf die ausschließliche Verwendung von ökologisch unbedenklichen Baustoffen im Rahmen der Objektüberwachung nicht leistbar (z.b. Verbundwerkstoffe, Schalmaterial usw.). Von daher sind die grundsätzlichen Anforderungen für die Baustoffe in die Ausschreibung aufzunehmen. Die Überprüfung im Rahmen der Objektüberwachung muß sich naturgemäß auf Stichproben beschränken. Das Umweltamt und die Bauämter unterstützen sich gegenseitig durch Austausch der Erfahrungen mit Baustoffen sowie über Weiterentwicklungen. Auf Wunsch der Bauämter beteiligt sich das Umweltamt an Weiterbildungsmaßnahmen und unterstützt die Bewertung von Baustoffen und die Kontrolle der Umsetzung dieser Geschäftsanweisung. 6. Aktualisierung Die Verwaltung berichtet zwei Jahre nach Erlaß dieser Geschäftsanweisung über deren Umsetzung. Die Klassifizierung der Baustoffe wird zu diesem Zeitpunkt überprüft und ggfls. aktualisiert. Erläuterungen zur Geschäftsanweisung zur umweltfreundlichen Beschaffung von Baustoffen Die Geschäftsanweisung kann und soll bereits in der Planungsphase eines Objektes herangezogen werden. In dieser Phase wird über die Gestaltung des Objektes entschieden, wobei die allgemeinen Forderungen ( weiche Kriterien ) der Geschäftsanweisung zu berücksichtigen sind. Teilweise entscheiden sich Materialfragen schon bei der Festlegung der Grundkonzeption. In Ausschreibungen bzw. Leistungsverzeichnissen können nur noch klar definierte harte Kriterien herangezogen bzw. Vorgaben gemacht werden. Dabei kann sowohl

5 - ein Baustoff in der Ausschreibung von vornherein vorgegeben werden oder - die Wahl des Baustoffs mit den Einschränkungen des Abschnitts 4.2 der Geschäftsanweisung dem Bieter überlassen werden. Mustervorlagen für einen entsprechenden Passus in den Ausschreibungen sowie für eine verbindliche Erklärung der Bieter sind beim Umweltamt erhältlich, ihre Verwendung ist freigestellt. Die Geschäftsanweisung bezieht sich auf Baustoffe im engeren Sinne, nicht jedoch auf Inventar wie Maschinen, Geräte, Möbel usw. In der Tat wäre die Umsetzung einer solchen Dienstanweisung auf dieses Inventar deutlich schwieriger umzusetzen als auf die Bausubstanz an sich. Die Grenze wäre, am Beispiel einer Pumpe, wie folgt zu ziehen: Fest installierte Kabel und Rohre, die zur Versorgung der Pumpe bzw. für das zu pumpende Medium benötigt werden, gelten als Bausubstanz. Sie werden separat verlegt bzw. montiert, so daß Gelegenheit besteht, das Material im Rahmen der Verwendbarkeit auszusuchen. Es ist weder gewollt noch möglich, mit den Mitteln der Stadtverwaltung Grenzwerte für irgendwelche Schadstoffe aufzustellen, dies ist ggfls. Sache der Stellen auf Bundesebene. Als Stoff im Sinne dieser Geschäftsanweisung gelten daher - nicht: Hintergrundbelastungen - ausnahmsweise: technisch bedingte Verunreinigungen nur dann, wenn explizit darauf eingegangen wird - in der Regel: Stoffe, die einer Bausubstanz mit Absicht zugefügt wurden (um eine bestimmte Funktion zu erfüllen). Die Geschäftsanweisung sagt aus, daß Baustoffe der dunkelgrauen Liste grundsätzlich nicht beschafft werden. Dies bedeutet, daß geeignete Alternativstoffe bzw. Bauteile am Markt vorhanden sein müssen. Für den Hochbau ist dies gegeben, i.d.r. auch ohne gravierende Mehrkosten. In Bezug auf die Kosten ist auch der PVC-Ersatz meist finanzierbar, wenn Entsorgungskosten und Probleme im Brandfall berücksichtigt werden. Für PVC-Kabel in Sonderbauten wie Klärwerken wurde im Entwurf der Dienstanweisung eine Ausnahme formuliert, weil deren Ersatz in der Tat zu relevanten Mehrkosten führt. Um das Beispiel der HFCKW aufzugreifen: Diese werden nur in einigen Schaumplatten aus extrudiertem Polystyrol verwendet, die Hersteller kennzeichnen die Produkte entsprechend. Jeder Bieter ist also ohne Umweltgutachter in der Lage, Material auszusuchen, das frei von HFCKW ist. Die Einstufung von Baustoffen in die dunkelgrauen Liste und die damit verbundenen Harten Kriterien erfolgte u.a. auch unter der Voraussetzung, daß marktgängige Alternativen vorhanden und bekannt sind. Die definitiven Anforderungen an die Stoffe der grauen Liste (KI-Wert, Umweltengel etc.) sind ebenfalls so gestellt, daß sie einfach am Markt abgefragt werden können. Dr. Hölz Tabelle: Bewertung von Baustoffen nach ökologischen bzw. (öko)toxikologischen Kriterien "Schwarze Liste" "Dunkelgraue Liste" "Graue Liste" "Hellgraue Liste" "Weiße Liste"

6 Bestehende Anwendungsverbote, ggf. Sanierung notwendig Asbest PCB PCP FCKW Bei Neuanschaffungen vermeiden, für Altmaterial ggf. besondere Entsorgung empfohlen PVC HFCKW Cadmiumhaltige Stoffe Stoffe mit hohem Anteil (halogenierter) Lösemittel, Weichmacher oder Formaldehyd, insbesondere auch Abbeizmittel Teer Holz aus Primärweldern Probleme vorhanden, Klärungs- und/oder Entwicklungsbedarf bzw. Einzelfallprüfung; ggf. spezifische Anforderungen stellen Künstl. Mineralfasern (insbesonde re KI<40) Polyurethan Farben, Lacke, Beschichtungsstoffe, Kleber, Bitumen Einzelne Recycling-Baustoffe (z.b. MV-Asche) Diverse Metalle: Aluminium, Zink, Blei, Chrom, Kupfer Zement Begrenzte Probleme, teilweise nur vermutet Polystyrol, Polyamid, Styrolbutadienkautschuk, ABS Linoleum Andere Baustoffe aus nachwachsenden Rohstoffen je nach Zusätzen (Altpapier etc.) Eisen, Stahl Beton, Mörtel, Putz i.w. unauffällig Polyethylen, Polypropylen mineralische Baustoffe (Ziegel, Fliesen etc.) Holz (aus "ökologischer Waldnutzung") - je nach Behandlung