Braucht es bei jedem Kopfschmerz ein CT? Marcel Arnold, Neurologische Klinik
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- Roland Gehrig
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1 Braucht es bei jedem Kopfschmerz ein CT? Marcel Arnold, Neurologische Klinik
2 Kopfschmerz und CT Bei welchen Patienten braucht es keine Bildgebung? Bei welchen Patienten braucht es eine Bildgebung? In welcher Situation genügt ein CT nicht?
3 Patient 1, 1960 Seit 1990 Anfälle von stärksten, stechenden, rechtsseitigen retro- und supraorpitalen Schmerzen, meist in den Wintermonaten Tränenfluss, Rhinorrhoe, konjunktivale Injektion Keine Aura, keine Nausea Gelegentlich leichte Photophobie
4 Patient 1, 1960 Dauer (unbehandelt): ca Min. Schmerzmaximum: nach ca. 5 Minuten Schmerzintensität: VAS 7-10 Zeitpunkt: meistens in den frühen Morgenstunden Frequenz: meistens 1-5x tgl. Therapie: Zeitweise gutes Ansprechen auf Imigran 6 mg s. c. Auslösende Faktoren: keine Abklärungen: MRI Schädel vor 3 Jahren (damals Zunahme der Anfallsfrequenz)
5 Patient 1, 1960 Aktuell Zunahme der Anfallsfrequenz seit 6 Tagen (7-9 x täglich) Schmerzcharakter, Dauer etc. unverändert Ansprechen auf Imigran s. c. weiterhin gut, jedoch limitiert auf maximal 2 Mal täglich
6 Patient 1, 1960: Diagnose, Procedere Diagnose: Cluster-Kopfschmerz mit Zunahme der Anfallsfrequenz, Ansprechen auf Imigran Procedere: Keine Bildgebung Anfallstherapie: O2 und Imigran s. c. Basistherapie: Verapramil
7 Patientin 2, 1980 Nikotinabusus, orale Antikonzeption Seit 3 Wochen zunehmende holokranielle Dauerkopfschmerzen VAS 3 bis 6 Maximale Intensität am morgen Mehrmals morgendliches Erbrechen Konzentrationsstörung bei der Arbeit Normaler internistischer Status und Neurostatus Non-Contrast CT extern normal
8 Patientin 2, 1980 Am folgenden Tag leichte transiente Arm- und Beinschwäche links (wenige Minuten) und vermehrte Schläfrigkeit Zuweisung auf die Notfallstation
9 Patientin 2, 1980: Befunde Neurostatus CT extern nativ CT Notfall nativ +KM
10 Patientin 2 : Diagnose, Procedere Diagnose: Hirnvenenthrombose Procedere: Hospitalisation, Vollliqueminisierung, Novalgin, Paracetamol
11 Patient 3, 1968 Am Abend nach einer langen Radfahrt stechende Kopfschmerzen periorbital und frontal links (VAS 7) Bei Persistenz der Schmerzen nach 2 Tagen Notfallkonsultation
12 Patient 3, 1968 Neurostatus auf der Notfallstation Ansonsten Normalbefunde im neurologischen Status
13 Patient 3, 1968 Verdachtsdiagnose? Weiterführende Diagnostik?
14 Patient 3, Diagnose und Procedere MRI: Wandhämatom A. carotis interna li hochzervikal Diagnose: Karotisdissektion Procedere: Antikoagulation für 3 bis 6 Monate
15 Patientin 4, 1955 Seit 4 Wochen lageabhängige holokranielle occipital betonte Kopfschmerzen, aufgetreten im Anschluss an leichtes Schädel- Hirntrauma Schmerzen verschwanden beim Liegen und traten jeweils 5 bis 10 Minuten nach dem Aufstehen auf (VAS maximal 7) Seit 3 Tagen Dauerkopfschmerzen gleichen Charakters, im Liegen Schmerzlinderung, aber Schmerzen gehen nicht mehr ganz weg Neurostatus und internistischer Status beim Hausarzt normal
16 Patient 4: Diagnose, Procedere D: Hypoliquorrhoe- Syndrom P: Liegekur, Lecksuche
17 Kopfschmerz und CT: Einleitung Primäre Kopfschmerzen Leidensdruck ungefährlich Sekundäre Kopfschmerzen seltener zum Teil hohe Mortalität, Morbidität Ursache vielfach gut behandelbar bei rechtzeitiger Diagnose Klinische Symptome und Befunde sind oft wegweisend und bestimmen die weitere Diagnostik
18 Kopfschmerz auf dem Notfall: Häufigkeit 1 5% aller Notfallkonsultationen 66% - 81% primäre Kopfschmerzen 19% - 34% sekundäre Kopfschmerzen 5% - 10% lebensgefährliche Kopfschmerzen 1% SAB Agostino E. Neurol Sci 2004; 25, Suppl 3: 187; Davenport R. JNNP 2002; 72, Suppl 2: ii33
19 Kopfschmerz und CT Bei welchen Patienten braucht es keine Bildgebung? Bei welchen Patienten braucht es eine Bildgebung? In welcher Situation genügt ein CT nicht?
20 Keine Bildgebung Primäre Kopfschmerzen mit früherer Bildgebung Primäre Kopfschmerzen seit Jahren ohne Änderung von Frequenz, Qualität und Intensität
21 Keine Bildgebung Cave: Die Diagnose von primären Kopfschmerzen erfordert mehrere Episoden Migräne ohne Aura: 5 Migräne mit Aura: 2 Episodische Spannungskopfschmerzen: 10 Cave: Migräne ist ein Risikofaktor für zervikale Gefässdissektionen Cave: Symptomatischer Clusterkopfschmerz
22 Kopfschmerz und CT Bei welchen Patienten braucht es keine Bildgebung? Bei welchen Patienten braucht es eine Bildgebung? In welcher Situation genügt ein CT nicht?
23 Bildgebung obligat Verdacht auf sekundäre Kopfschmerzen Vaskulär: SVT, Dissektion, SAB, ICB, SDH Posttraumatisch Entzündlich (Meningitis, Encephalitis, Abszess) Erhöhter Hirndruck (Tumor, Pseudotumor cerebri) Persistierendes Hypoliquorrhoesyndrom Hypertensive Krise Reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom
24 Bildgebung nur bei diagnostischer Unsicherheit Verdacht auf sekundäre Kopfschmerzen Glaukom Arteritis temporalis Sinusitis, Otitis Toxisch, medikamentös (Medikamente, CO, Industriegifte) Stoffwechsel (Hypoxie, Dialyse, Hypoglykämie)
25 Kopfschmerz und CT Bei welchen Patienten braucht es keine Bildgebung? Bei welchen Patienten braucht es eine Bildgebung? In welcher Situation genügt ein CT nicht?
26 CT ungenügend Dissektionen (MRI) Brückenvenenthrombose (MRI) Hypophysenapoplexie (MRI) SAB > Stunden (MRI, LP) Hypoliquorrhoesyndrom (MRI) Reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (MRI, MRA, Angiographie) Hirnmetastasen (MRI) Infektiöse und autoimmune ZNS-Erkrankungen (LP, evtl. MRI)
27 Anamnestische Wegweiser Donnerschlag-Kopfschmerz SAB (cave warning leak) wenn rezidivierend reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom selten Sinusvenenthrombose, Dissektion, Hypophysenapoplexie, Kolloidzyste 3. Ventrikel
28 Anamnestische Wegweiser Morgendlich betont, morgendliches Erbrechen, Zunahme bei Valsalva, Somnolenz, beim Liegen Hirndruck (Tumor, Pseudotumor cerebri, Abszess..) Lageabhängigkeit (verschwindet beim Liegen ) Hypoliquorrhoesyndrom Claudicatio masticatoria Arteritis temporalis
29 Anamnestische Wegweiser HIV Abszess, Meningitis Tumorleiden Hirnmetastasen Systemerkrankungen, z. B. M. Behcet: Sinusvenenthrombosen oder entzündliche fokale Läsionen Lupus: Neurolupus, Antiphospholipid-AK-Syndrom
30 Wegweisende Befunde Stauungspapillen (Hirndruck: Tumor, Pseudotumor, SVT) Retinale Blutungen: SAB Steinharter Bulbus: Glaukom
31 Wegweisende Befunde Fieber, Meningismus, Brudzinski, Kernig, Hautläsionen: Meningitis
32 Wegweisende Befunde Ipsilaterales Horner-Syndrom, Hirnnervenausfälle, pulssynchroner Tinnitus Karotisdissektion
33 Wegweisende Befunde Okulomotoriusparese (besonders innere mit Pupillenbefall) SAB bei Aneurysma der A. communicans posterior
34 Wegweisende Labor-Befunde Senkung, CRP Arteritis temporalis, Meningitis, Encephalitis, aber bei 50% der P. mit Hirnabszess normal D-Dimere Hirnvenenthrombose, aber bei >10% der P. mit isolierten Kopfschmerzen normal
35 Wegweisende Befunde Cave hypertensive Krise Blutdruck oft sekundär erhöht bei SAB, intracerebralen Blutungen, Dissektionen Potentieller Schaden durch abrupte Blutdrucksenkung Cave Trauma: Sturz evtl. sekundär bei SAB, SVT
36 Zusammenfassung I Keine Bildgebung bei eindeutig primären Kopfschmerzen mit langer Anamnese Bildgebung bei Verdacht auf sekundäre Kopfschmerzen mit einigen Ausnahmen Aufgrund der hohen Morbidität und Mortalität sekundärer Kopfschmerzen sind unverzügliche Abklärungen auch bei relativ geringer Wahrscheinlichkeit sinnvoll Auch transiente Donnerschlag-KS sind abklärungsbedürftig CT muss qualitativ gut und fein geschichtet sein (< 3 mm) Gabe von Kontrastmittel bei normalem Nativ-CT Ein normales CT schliesst einen gefährlichen Kopfschmerz nicht aus
37 Zusammenfassung II MRI und/oder LP abhängig von anamnestischen und klinischen Wegweisern Red flags (Dr. Hans Marty) berücksichtigen Hoher Blutdruck heisst nicht hypertensive Krise Einige Engramme mit nach Hause nehmen
38 Zusammenfassung III Auch bei sorgfältiger Anamnese und Untersuchung werden einige sekundäre Kopfschmerzen verzögert diagnostiziert (z. B. bei monosymptomatischer SVT oder Vertebralisdissektion (50% der Patienten erleben Schmerzen nicht als aussergewöhnlich)
39 Herzlichen Dank!
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