Übergangsmanagement in der LernweltEssen

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1 Übergangsmanagement in der LernweltEssen Förderung von 3-10-jährigen Kindern: Diagnose und Beobachtung als Basis für Beratung und Förderung I: Rahmendaten Auf Initiative des Essener Konsenses und der Stadt Essen, haben sich Institutionen aus Bildung, Kultur, Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Weiterbildung, Jugendhilfe und Soziales auf den gemeinsamen Weg gemacht. In einem großen Netzwerk wurden in sechs Themenschwerpunkten - entlang der unterschiedlichen Lebensphasen - Maßnahmen und Strukturen zum Lebenslangen Lernen entwickelt. Von Beginn an galt es, bestehende Netzwerke einzubeziehen, um keine unnützen Parallelstrukturen aufzubauen und die Nachhaltigkeit der Themen mitzudenken. Es zeigt sich heute, dass die Verankerung neuer Vorgehensweisen in die Regelsysteme gelungen ist. Neue Konstellationen und systemübergreifende Partnerschaften sind entstanden, bestehende Konkurrenzen sind zurückgetreten zugunsten einer gemeinsamen Weiterentwicklung. Durch die Ansiedlung der Koordination des Projektes im Büro Stadtentwicklung und durch die Unterstützung des Büros des Oberbürgermeisters, konnte das Zusammenspiel Essener Konsens durch die Steuerungsgruppe und das Projektmanagement mit der Verwaltungsspitze sinnvoll organisiert werden. Lernwelt in der Praxis: KinderLernwelt: Bereits vor dem Gesamtprojekt LernweltEssen - im Essener Konsens hatten Expert/inn/en aus dem Vorschul- und Primarbereich die notwendigen Entwicklungen in einer Zukunftswerkstatt beschrieben. In der weiteren intensiven Zusammenarbeit im Netzwerk wurden im Rahmen des Teilprojektes KinderLernwelt die Umsetzungsschritte strukturiert. Ein Reader entstand, in dem für Fachleute aus Kitas und Grundschulen die notwendigen Informationen und Materialien zusammengetragen wurden. Auf einer Veranstaltung mit rund 400 Verantwortlichen für Kinder im Vorschul- und Grundschulalter, wurden die Ergebnisse präsentiert, bestehende Beispiele gelungener Kooperationen diskutiert und die Basis geschaffen, dass Kita und Grundschule zusammenwachsen. In den folgenden Jahren haben sich tiefergehende Kooperationen gebildet. Dabei wurden die neuen Bündnisse von der KinderLernwelt beraten und in ihrer Arbeit unterstützt, z.b. auch mit einem Kalender für ein Begegnungsjahr. Es ist außerdem gelungen, die Inhalte des Readers in die 1

2 Ausbildung der Erzieher/innen und Lehrer/innen zu integrieren, um die Fachkräfte auf die neue Vorgehensweise in der Praxis entsprechend vorzubereiten. LernweltEssen Brigitte Liesner - Tel.: brigitte.liesner@lernwelt.essen.de - II: Konzept des Übergangsmanagements Die Zusammenarbeit von Elementarerziehung und Grundschule ist der Schlüssel für früh einsetzende und kontinuierliche Förderung der Kinder. Die bereits in der Elementarerziehung greifende kind- und altersgerechte Förderung muss in der Grundschule kontinuierlich aufgegriffen werden, damit die Kinder den Schulbeginn als Fortsetzung eines schon begonnenen Bildungsprozesses erleben. Darum war es das Ziel der KinderLernwelt und aller Essener Akteure innerhalb des Projektzeitraums von April 2002 bis März 2007, die zahlreichen Beispiele der guten Zusammenarbeit von Kitas und Grundschulen zu systematisieren und zum Standard der pädagogischen Arbeit werden zu lassen. Die konkrete Arbeit des Projektes KinderLernwelt bestand darin: in ausgewählten Stadtteilen die Kooperationen bei der Umsetzung exemplarisch zu begleiten und die Umsetzung zu evaluieren, Fachveranstaltungen mit Best-Practice-Projekten aus Elementar- und Primarerziehung zu planen, ein träger- und systemübergreifendes Fortbildungskonzept für Erzieher/innen und Lehrer/innen zu erarbeiten und das bereits erstellte und erprobte Konzept zur Beratung von Eltern vierjähriger Kinder zu überarbeiten und erneut zu erproben. Durch die KinderLernwelt wurde eine Expert/inn/engruppe aus Vertreter/inne/n der unterschiedlichen Träger von Kitas, des Schulamtes und Schulverwaltungsamtes, des Büros für interkulturelle Arbeit bei der RAA, des Gesundheitsamtes und der Regionalen Schulberatungsstelle gebildet, die es sich zur Aufgabe machte, die unterschiedlichsten Entwicklungen aufzunehmen und gemeinsame Leitlinien und Ziele zu entwickeln und aufeinander abzustimmen. Die KinderLernwelt übernahm die Moderation dieses Prozesses. Der Richtungspunkt lautete demnach, diesen Kooperationen in Essen insgesamt eine gemeinsame Basis und Zielrichtung zu geben und alle Einrichtungen in diese Entwicklung einzubeziehen. Das Projekt nahm diese Aktivitäten auf und leitete daraus folgende übergeordnete Ziele für die KinderLernwelt ab: Entwicklung gesamtstädtischer Standards für das Zusammenwirken von Kita und Grundschule; Entwicklung einer neuen, gemeinsamen Lernkultur und Neugestaltung der Lebenswelten; 2

3 Organisation des Transfers in die gesamtstädtische Praxis zu organisieren und sicherzustellen. Die oben beschriebene Zukunftswerkstatt, bestehend aus Erzieher/inne/n und Lehrkräften, arbeitete darüber hinaus beispielsweise an konzeptionellen Themenschwerpunkten der Erziehungspraxis, wie etwa einem Begegnungsjahr von Vor- und Grundschulkindern oder der Prüfung von Diagnoseverfahren hinsichtlich des Einsatzes in Elementar- und Primarerziehung. Innerhalb dieser Gruppe erfolgte die Entwicklung der Standards für das Zusammenwirken von Kita und Grundschule. Sie bearbeitete systematisch alle Konzepte, Handreichungen und Erlasse, die derzeit die Arbeit der Elementar- und Primarerziehung beeinflusste und erarbeitete hieraus eine Handreichung für eine gemeinsame Vorgehensweise aller Einrichtungen in Essen. Die Projektmitarbeiter/innen beschrieben die anfänglichen Eindrücke so, dass es unter den Akteur/inn/en der Region zu Beginn des Projektes noch kein inneres Bedürfnis nach Zusammenarbeit/Kooperation gegeben hätte, sondern diese vielmehr aus Pflichtgefühl heraus aufrecht erhalten wurden. Alle Beteiligten mussten zunächst mit den Erlassen der Landesregierung zur Vorgabe von Kooperationsbemühungen zwischen Kita und Grundschule umgehen. Schnell zeigte sich, dass eine Einigung auf bestimmte Aspekte dringend erforderlich war, da sich folgende, diesen Prozess hemmende Faktoren ausmachen ließen: es gab keine systematische Vernetzung der Institutionen Kita und Grundschulen; lange Einarbeitungszeiten in die einheitlichen Materialien sowie ein hoher Aufwand an personellen und finanziellen Ressourcen waren sehr belastend; Erzieher/innen und Lehrer/innen arbeiteten nicht auf einer Augenhöhe aufgrund unterschiedlicher Arbeitsweisen, Ausbildungen sowie Vergütungen; abweichende Strukturen und inhaltliche Vorgaben der Träger von Kitas erschwerten die Arbeit; ein hoher Reformdruck bestand; strukturelle Veränderungen bei den Trägern, in der Politik und bei der Stadtverwaltung verkomplizierten die Kooperation; durch den PISA-Schock gab es viele neue Erlasse, die eine allgemeine Verunsicherung mit sich brachten. Günstige Faktoren und Voraussetzungen sowie zentrale Aspekte, die zum Ergebnis geführt haben waren hingegen folgende: die Träger der meisten Kitas waren kooperationserfahren; es gab eine externe Moderation und Beratung durch die KinderLernwelt; ein festes, trägerübergreifendes Netzwerk mit klarer Aufgabenverteilung war gegeben; es bestand Unterstützung von politischen Gremien; einheitliche Materialien schafften einheitliche Gesprächgrundlagen; Bedarf der Eltern wurde erfragt; 3

4 es gab eine trägerübergreifende gemeinsame Planung aller Kitas über Angebote für Eltern sowie eine sinnvolle Ressourcenverteilung. III: Geschäftmodell: Organisations- und Umsetzungsebene Unterschiedliche Beobachtungsbögen, Diagnoseverfahren und Fördermaterialien wurden in den Kitas und Grundschulen auf ihren Einsatz hin überprüft. Beim Spielen wurde beobachtet, welche Fähigkeiten die Kinder schon erworben haben und wie man sie weiterhin fördern kann. Lehrer/innen erhielten durch diese systematische Beobachtung früh ein Bild von ihren neuen Schützlingen und konnten diese besser verstehen. Sie konnten ohne Bruch da weiter helfen, wo die Kita aufhörte. Die Eltern wurden bei diesem Vorgehen involviert und sind bei den regelmäßig stattfindenden Gesprächen zwischen den Einrichtungen beteiligt gewesen. So sollte die Zusammenarbeit vereinfacht und das Erfahrungswissen weiter getragen werden. Ohnehin wurde die Beteiligung der Eltern von Beginn des Projektes an mitgedacht. Es war der LernweltEssen ein großes Anliegen, die Eltern als Kooperationspartner am Übergang Kita/Grundschule zu integrieren. Daher wurde das Teilprojekt ElternLernwelt mit dem Motto Elternbildung stärkt Kinderwissen - Ein Schlüssel zur Integration und gesellschaftlichen Teilhabe ins Leben gerufen. Das Teilprojekt beschäftigte sich mit dem Abbau von Benachteiligungen, der Mobilisierung bildungsferner Gruppen, der Stärkung zur Bildungsnachfrage, interkulturellem Lernen sowie Sprachenlernen, der Förderung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen und der Gesundheitsbildung. Dabei sollte durch die Projektaktivitäten insbesondere die Einbindung von Migrant/inn/en in regionale Bildungsprozesse unterstützt werden. Insgesamt lassen sich die Ergebnisse der Bildungsvereinbarung zwischen Kitas und Grundschulen im Teilprojekt KinderLernwelt wie folgt zusammenfassen: Die Bildungsdokumentation wurde zu einem einheitlichen Formular für alle Vorschulkinder, das über die Eltern (freiwillig) an die Schulen weitergegeben werden konnte. Die Sprachstandserhebung für die Vorschulkinder wurde bisher von den Lehrern beim Vorstellungsgespräch in der Grundschule durchgeführt, wird aber nunmehr von den Erzieher/inne/n übernommen. Die Inhalte des Projekts wurden beginnend ab dem Schuljahr 2005/2006 in Essen flächendeckend umgesetzt und sichern somit sukzessive eine wachsende Kooperation von Kindertageseinrichtungen und Grundschulen. Ein System an Fortbildungen und Fachtagungen wurde entwickelt. Ein gemeinsames Konzept für Informationsveranstaltungen für Eltern 4-jähriger Kinder wurde eingeführt. Es existiert ein gemeinsamer Kalender für ein Begegnungsjahr (Leitfaden über gemeinsame Aktionen im Jahr vor der Schule, Absprachen über ein Beobachtungsverfahren zur Sprachfähigkeit von Kindern und ein Abschlussbogen zur Bildungsdokumentation, den Eltern zur Schulanmeldung mitnehmen). 4

5 Eine gemeinsame Handreichung für alle Erzieher/innen und Lehrer/innen zum Thema Gemeinsame Bildungsverantwortung: Kindergarten und Grundschule als Orte für Bildung und Lernen wurde entwickelt und verteilt. Die Inhalte wurden in die Ausbildung von Erzieher/inne/n und Lehrer/inne/n integriert, um die Fachkräfte auf die Praxis vorzubereiten. Eine Förderung verbindlicher Kooperationen in Kita und Grundschule wurde angestoßen. So organisiert beispielsweise jede Institution abwechselnd gemeinsame Weiterbildungsveranstaltungen oder Elternseminare. IV: Strategien zur Sicherung der Nachhaltigkeit Einige Akteure aus einzelnen Lernenden Regionen haben sich - zusätzlich zu den Aktivitäten des BMBF und des Projektträgers DLR im Rahmen des Programms Lernende Regionen Förderung von Netzwerken - mit dem Ziel zusammengeschlossen, die Ergebnisse der Lernenden Regionen zu verbreiten, umzusetzen und weiterzuentwickeln. Im Oktober 2007 haben sie dazu einen Verein gegründet, dem auch die LernweltEssen beigetreten ist. Zielsetzung des Vereins ist der gezielte Austausch und Transfer von regionalspezifischen Ergebnissen wie auch Kooperationen mit anderen bundesweit agierenden Interessensverbänden der Bildung und Qualifizierung und des Lebensbegleitenden Lernens. Des Weiteren gehören die Beratung von politisch und gesellschaftlich Verantwortlichen zu Fragen des Lebenslangen Lernens und die Beteiligungen an deutschen und europaweiten Projekten zu seinen Kernaktivitäten. Darüber hinaus wurde im Rahmen des Teilprojektes KinderLernwelt vereinbart, dass das Amt für Bildungsplanung der Stadt Essen in Zukunft die Geschäftsführung der bestehenden Arbeitsgruppe der KinderLernwelt übernimmt, in der die verschiedenen Systeme vier Jahre intensiv zusammengearbeitet haben. In einer Kooperation mit allen relevanten Netzwerkbeteiligten wurde ebenso ein Konzept für die weitere Ausrichtung der Elternbildung in Essen erarbeitet. Gleichzeitig wurde eine Struktur zur stadtteilorientierten Steuerung der Elternbildung entwickelt. Seit Projektende wird das Thema in dieser Struktur gesteuert und weiterentwickelt. Die LernweltEssen gibt es in ihrer Ursprungsform nicht mehr - das Netzwerk läuft jetzt auch ohne Lernwelt weiter. 5