in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom
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- Monica Gerhardt
- vor 8 Jahren
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1 Seite 1/7 in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom Vor Ort im Stammzelltransplantationszentrum Hamburg Jeden Tag erhalten in Deutschland etwa zehn Menschen durch eine Transplantation von Stammzellen die Chance auf ein neues Leben. Das Stammzelltransplantationszentrum im Uniklinikum Hamburg-Eppendorf hat seit 1990 fast 2000 dieser Transplantationen durchgeführt und zählt zu den fortschrittlichsten Häusern weltweit. Das Team im UKE versucht allen Menschen, die eine lebensrettende Stammzelltransplantation benötigen, rechtzeitig, individuell und unter optimalen Bedingungen zu helfen und ich war für Sie vor Ort. Heute sind wir in der Hansestadt Hamburg unterwegs. Besonders eindrucksvoll ist der über 800 Jahre alte Hafen mitten in der Stadt -- der größte Seehafen Deutschlands. Doch auch auf medizinischem Gebiet liegt Hamburg mit an der Spitze. Beispielsweise im Bereich der Stammzelltransplantation hat sich das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf einen Namen gemacht. Hier auf dem Gelände der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf befindet sich die interdisziplinäre Klinik für Stammzelltransplantation. Hier werden bösartige Erkrankungen des Blutes und des Knochenmarks behandelt, bei Kindern und bei Erwachsenen. Und wie das genau funktioniert, das schauen wir uns jetzt mal an. Die Klinik zählt zu den größten Transplantationszentren in Europa. Mit finanzieller Unterstützung durch die Deutsche Krebshilfe wird sie erweitert und ausgebaut. Zunächst treffen wir Professor Axel Zander, den Direktor der Klinik. Professor Zander, welche Patienten sind denn in ihrer Klinik, wer wird hier behandelt?
2 Seite 2/7 Prof. Dr. Axel Zander, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf: Vor allen Dingen Patienten mit Erkrankungen des blutbildenden Systems -- mit Leukämien, Kinder und Erwachsene, die hier transplantiert werden. Und was ist das Besondere hier an ihrer Klinik für Stammzelltransplantation? Prof. Dr. Axel Zander, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf: Zwei Sachen sind vielleicht besonders. Einmal, dass wir uns auch intensiv mit der Transplantation älterer Patienten beschäftigen, Patienten, die mit normaler Chemotherapie keine Chance haben. Und das Zweite, dass wir uns auf Erkrankungen spezialisiert haben, die relativ selten sind, für die es keine andere Heilung gibt als die Transplantation. Professor Zander, darf ich mich ein bisschen umschauen bei ihnen? Prof. Dr. Axel Zander, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf: Bitte schön. Danke. Als erstes muss sich jeder Besucher umziehen. Auf der Transplantationsstation sind die Patienten in besonders keimarmer Umgebung, um sie vor Infektionen zu schützen. Denn durch die Therapie wird ihr Immunsystem extrem geschwächt. Klaus T. wird von Schwester Sandra für seine Transplantation vorbereitet. Vor acht Jahren entdeckte man bei ihm eine bösartige Erkrankung des Knochenmarks. Der Familienvater bekam bereits mehrere Chemotherapien und eine Stammzelltransplantation mit eigenen Zellen. Doch die Erkrankung kam immer wieder. Im Raum nebenan wird das Transplantat von Professor Nicolaus Kröger vorbereitet, das vor einer halben Stunde in der Klinik eingetroffen ist. Die Stammzellen stammen von einem Fremdspender. Dabei spricht man von einer allogenen Stammzelltransplantation. Im Gegensatz dazu gibt es die autologe Transplantation, bei dieser Form werden dem Patienten vor der Krebstherapie eigene Stammzellen abgenommen und später wieder zugeführt.
3 Seite 3/7 Professor Kröger, welche Therapie hat denn der Patient bisher bekommen? Er hat schon vorher sehr viele Chemotherapien bekommen. Er hatte auch schon mal in seiner Vorgeschichte eine autologe Transplantation bekommen und hat jetzt, da er leider wieder einen Rückfall seiner Erkrankung hatte, eine Vortherapie aus einer hochdosierten Chemotherapie bekommen. Das war in den letzten fünf Tagen und die Therapie ist vorgestern beendet worden. Und diese Therapie war so hoch, dass seine eigenen Blutzellen, die bösartigen, aber auch die gutartigen Blutzellen, jetzt verschwunden sind und er jetzt gar keine Zellen hat und deshalb bekommt er jetzt die Stammzellen von seinem Spender. Die werden ins Blut gegeben und wandern dann direkt vom Blut ins Knochenmark und aus diesen Stammzellen, das sind ja die Mutterzellen des Blutes, bilden sich dann in den nächsten 14 Tagen wieder reife Zellen, so dass aus den wenigen Zellen nachher ein ganz neues blutbildendes System entsteht. Hallo Herr T., die Stammzellen sind gekommen. Wunderbar. Es ist jede Menge. Wir legen gleich los, damit es nicht schlecht wird. Geht es ihnen sonst ganz gut? Ja. Ich warte schon darauf. Schönen guten Tag. Danke, dass ich da sein darf. Hallo. Ging das ganz gut mit der Chemotherapie?
4 Seite 4/7 Ich denke ja. Ja? Auch mit Kaninchenserum war alles gut? Ja, doch das lief alles ganz gut. Jetzt wollen wir den nächsten Schritt. Jetzt legen wir los. Das Transplantat wird dem Patienten wie eine Bluttransfusion gegeben. Was passiert jetzt genau? Wir machen eine Kreislaufüberwachung, das ist aber mehr zur Sicherheit, das Präparat läuft jetzt praktisch wie eine Blutkonserve. Hier sehen sie, da tropft es schon rein. Dann sehen sie, dass das durch das Schlauchsystem, hier das Rote, kommen die Stammzellen jetzt so langsam näher und die wandern dann über den Katheter, Herr T. hat ja einen zentralen Katheter hier am Hals, da gehen die Stammzellen ins Blut und nach 14 Tagen werden wir ungefähr die ersten Leukozyten im Blut sehen. Und das sind dann in der Regel alles schon neue Leukozyten, das heißt Leukozyten von den Spenderstammzellen. Die Patienten sind auf Spender angewiesen, die ihre Stammzellen zur Verfügung stellen. Das wird in Hamburg koordiniert von Gitte Amsfeld und Juliane Hagelberg. Anhand zehn genetischer Merkmale des Patienten werden mit einer Suchmaschine weltweit passende Spender gesucht. Etwa 15 bis 20 Prozent kommen aus dem Ausland. Für die nächste Transplantation am Nachmittag trifft ein Kurier mit einem Stammzelltransplantat aus Köln ein. Sicher verpackt in einer speziellen Transportkiste bei vier Grad Celsius. Die Transplantate werden immer von einem Kurier der Klinik abgeholt, egal, woher sie kommen.
5 Seite 5/7 Frau Hagelberg, von wo war die weiteste Anreise bisher? Juliane Hagelberg, Koordinatorin: Die weiteste Anreise war Hawaii. Das war in diesem Frühjahr, soviel ich weiß. Dann haben wir auch ab und zu mal Taiwan, Australien, Zypern, USA öfter mal. Also ganz international. Juliane Hagelberg, Koordinatorin: Das ist ganz international. Eine Stammzelltransplantation bedeutet für den Patienten hoffen und bangen zugleich. Wird die Therapie erfolgreich sein? Für die Patienten und deren Angehörige ist es eine große psychische Belastung. Hier an der Klinik werden sie deshalb von einem Team aus Psychologen, Musik- und Kunsttherapeuten unterstützt. Und da schau ich jetzt mal vorbei. Maximilian W. macht mit Ute Hennings eine musikalische Traumreise. Der 26-Jährige erkrankte vor vier Jahren an Leukämie. Während seiner Stammzelltherapie half ihm die Musiktherapeutin, die Enge des Isolierzimmers zu ertragen. Auch heute noch unterstützt die Psychoonkologin den Physikstudenten mit Körperübungen und Gesprächen. Frau Hennings, warum ist die Musiktherapie denn so wichtig? Ute Hennings, Musiktherapeutin und Psychoonkologin: Ich denke, es ist eine Möglichkeit für Patienten, gerade auf der Station, einen anderen Raum zu finden als den, den sie dort immer vorfinden -- viel Technik, viel Hightech-Medizin, und Musik kann etwas in einem wieder wachwecken, was vielleicht verschüttet ist und innere neue Räume eröffnen, die auch natürlich ganz wichtig sind, denn der Patient muss auch psychisch stabil sein und ein inneres Gleichgewicht finden zu dem Stress, der ja auf der Station ist.
6 Seite 6/7 Hallo Max. Wie hat sich das für dich jetzt angefühlt? Maximilian W., Leukämiepatient: Sehr angenehm. Die Töne des Instruments haben mich wirklich leicht gemacht, den Körper, der ja jetzt eigentlich hier schwer auf dem Boden ruht, losgelöst von dem Geist, der sich auf eine schöne Reise begeben hat. Wie hilft dir die Musiktherapie? Maximilian W., Leukämiepatient: Wir haben nicht nur die Musiktherapie, die wir tatsächlich teilweise einsetzen, sondern auch viele Gespräche, die mich an vielen Stellen weiterbringen, wenn ich irgendwie Probleme habe, die eben auch teilweise meinen Körper betreffen, teilweise aber auch Geist und Seele, dass wir einfach hier eine super Gesprächsbasis haben und teilweise dann, um näher zueinander zu finden oder um eine gemeinsame Basis zu finden, setzen wir dann eben auch die Musiktherapie ein. In den Forschungslaboren der Klinik arbeiten die Wissenschaftler daran, die Stammzelltransplantation ständig zu verbessern -- sie wirksamer und gleichzeitig schonender zu machen. Außerdem wollen sie die Ursachen für das Tumorwachstum noch genauer verstehen. Professor Boris Fehse leitet die Forschungsabteilung für Zell- und Gentherapie. Professor Fehse, was sehen wir hier, was leuchtet so schön bunt, woran arbeiten sie hier? Professor Dr. Boris Fehse, Forschungsleiter Zell- und Gentherapie : Hier haben wir ein Zellkulturgefäß. Da untersuchen wir Zellen mit einem speziellen Mikroskop, wir untersuchen, was macht eine Zelle von einer normalen Zelle zu einer bösartigen Zelle, was sind das für molekulare Schalter, die dazu führen, dass die Zelle nicht mehr weiß: ich muss jetzt aufhören mit Wachsen, sondern einfach weiterwächst, auch wenn ihr andere Zellen zum Beispiel sagen: jetzt hör mal auf mit Wachsen.
7 Seite 7/7 Und was bedeutet nun rote, blaue, grüne Zelle? Professor Dr. Boris Fehse, Forschungsleiter Zell- und Gentherapie: Wir können die Gene selbst in den Zellen gar nicht sehen und deshalb bringen wir zusammen mit den Genen, die wir analysieren wollen, immer noch ein Protein rein, was die Zellen färbt, zum Beispiel rot oder blau. Und wenn wir jetzt sehen, eine blaue Zelle wächst besonders schnell und überwächst die anderen Zellen, dann wissen wir, das Gen, das wir da reingebracht haben, ist ein Gen, was die Zelle krank macht. Manchmal ist es auch eine Kombination, zum Beispiel die roten und blauen Zellen wachsen und nicht die grünen und so kriegen wir dann am Ende raus, welche Gene sind es tatsächlich, die eine Zelle bösartig machen. Mit diesen Eindrücken geht unser Tag in der Klinik für Stammzelltransplantation in Hamburg zu Ende. Eine Transplantation kommt dann zum Einsatz, wenn keine andere Therapie geholfen hat. Sie ist für die Patienten hier eine letzte Hoffnung. Und dank der großen Erfahrung, der intensiven Forschung und der umfassenden Betreuung bietet diese Klinik hier eine echte Chance auf Leben. Durch die permanente Weiterentwicklung der Stammzelltherapie in den vergangenen Jahren konnte die Überlebensrate bei einigen Krebserkrankungen deutlich verbessert werden.
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