Hurra, ein Befehl! Quelle: Armin Rohm (Hrsg.) Change-Tools. Okt. 2006, 312 S., kt. 49,90 EUR, managerseminare, Bonn ISBN

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1 Quelle: Armin Rohm (Hrsg.) Change-Tools Erfahrene Prozessberater präsentieren wirksame Workshop-Interventionen Okt. 2006, 312 S., kt. 49,90 EUR, managerseminare, Bonn ISBN Hurra, ein Befehl! managerseminare Praxishandbuch Trainingskonzept 3

2 Phase 3 Hurra, ein Befehl! Von Frank Wippermann Anwärmen Orientieren Bearbeiten Abschließen Die Methode klärt, welchen konkreten Beitrag die Beteiligten zur Erreichung des Ziels einer vorgegebenen Veränderungsmaßnahme leisten können und wollen. Dazu werden Ängste und Befürchtungen, Hoffnungen und Erwartungen, Potenziale und Visionen sowie absehbare Probleme und Unterstützungserwartungen formuliert und ausgetauscht. Dieser Austausch schafft die Basis für tragfähige Vereinbarungen. Kurzbeschreibung Drei bis vier Stunden. Dauer Hurra, ein Befehl! wird bei Gruppen bis zu 20 Personen eingesetzt, deren Mitglieder von einer anstehenden Veränderung in ähnlichem Maße betroffen sind. Das kann beispielsweise eine vor einer EDV-Umorganisation stehende Abteilung sein. Der Einsatz des Instruments ist immer dann sinnvoll, wenn das Ziel einer Veränderungsmaßnahme unumstößlich feststeht, und es nur noch darum geht, die Umsetzungsschritte vorzubereiten und umzusetzen. Anwendungsbereiche Mit dem Tool werden Widerstände und Potenziale systematisch erfasst und bearbeitet. Dabei nimmt das Instrument zunächst die vielfältigen Emotionen auf, die angeordnete Veränderungen auslösen und konzentriert sich dann auf die zielunterstützenden Beweggründe, ohne hemmende zu ignorieren. Die Dringlichkeit der anstehenden Veränderung wird den Beteiligten bewusst gemacht. Dadurch erscheinen unpopuläre Entscheidungen in einem anderen Licht. Sie werden nachvollziehbar und akzeptabel. Hurra, ein Befehl! schafft die Grundlage, dass die Teilnehmer am Ende konkrete Maßnahmen vereinbaren können, und unterstützt so wirkungsvoll den Praxistransfer. Zielsetzung/Nutzen managerseminare: Change-Tools 155

3 Frank Wippermann Ausführliche Beschreibung Bevor das Tool zum Einsatz kommt, sollten schon einige vorbereitende Schritte erfolgt sein. Die anstehende Veränderung wurde durch einen Repräsentanten der Unternehmenshierarchie bereits erläutert am besten im Workshop selbst, unmittelbar vor dem Instrument Hurra, ein Befehl!. Damit werden die Entstehung einer Gerüchteküche und die Bildung von Bedenkenträgerfraktionen am ehesten vermieden. Dieser Input durch die Unternehmenshierarchie sollte gut geplant sein sowohl hinsichtlich der Länge als auch der Sprache. Es darf nur wenig Druck erzeugt werden. Der Input soll klar und eindeutig sein, ohne zu überrollen. Durch den Input soll sowohl die Neugier auf die beschlossene Veränderung als auch das Engagement für die Mitwirkung bei der Umsetzung geweckt werden. Ebenso konnten die Teilnehmer klärende Fragen stellen und die für sie wichtigsten Inhalte der Veränderung herausstellen. Bei dieser Fragephase soll durchaus kritisch nachgehakt werden. Die Antworten sind idealerweise prägnant und sachlich Diskussionen werden zu denjenigen Themen unterbunden, die in den folgenden Schritten noch bearbeitet werden. Hurra, ein Befehl! besteht aus drei Phasen mit jeweils zwei zusammengehörenden Schritten: Phase 1: Risiken und Chancen (Dauer: 60 Minuten) Den meisten Menschen fällt zu angekündigten Veränderungen zunächst einmal ein Ja, aber... ein. Diese Energie wird im Workshop genutzt, indem zunächst die Ängste und Befürchtungen und erst danach (wenn die vielen aber bereits benannt worden sind) die Hoffnungen und Erwartungen abgefragt werden. Schritt 1: Ängste und Befürchtungen Auf einer Pinwand ist die Veränderungsmaßnahme mit einem Stichwort visualisiert, beispielsweise EDV-Umorganisation. Der Moderator hat bereits eine Frage vorbereitet und auf eine Moderationskarte geschrieben: Welche Ängste und Befürchtungen haben Sie hinsichtlich der [Veränderung]? In die eckige Klammer gehört das zur Bearbeitung anstehende Veränderungsthema, im Beispiel also die EDV-Umorganisation. Der Moderator pinnt die Frage an und bittet die Teilnehmer um ihre Statements. Er notiert alle Antworten einzeln auf roten Moderationskarten und heftet diese sofort an die Pinwand. Um das alles zügig zu bewältigen, kann er auch jemand bitten, ihm bei diesem Prozessschritt 156 managerseminare: Change-Tools

4 Hurra, ein Befehl! zu assistieren. Am Ende des Brainstormings dreht der Moderator die Pinwand um. Schritt 2: Hoffnungen und Erwartungen Auf einer weiteren Pinwand wird nach den Hoffnungen und Erwartungen der Teilnehmer gefragt. Der Moderator geht genauso vor, wie im vorangegangenen Schritt, nur verwendet er jetzt grüne Moderationskarten. Die Einstiegsfrage lautet: Welche Hoffnungen und Erwartungen haben Sie hinsichtlich der [Veränderung]? Wenn auch dieses Brainstorming durchgeführt ist, stellt der Moderator die beiden Pinwände nebeneinander und lässt die Teilnehmer die Antworten clustern. Dabei dürfen rote und grüne Karten gern in ein Cluster zusammengefasst werden. Wenn die Karten sortiert sind, sollen die Teilnehmer für jedes Cluster eine möglichst neutral formulierte Überschrift finden, mit der sie das Cluster betiteln. Phase 2: Die Stolpersteine auf dem schwierigen Weg zum Ziel (60 Minuten) Hier geht es zunächst darum, die mit der Veränderung angestrebte Situation möglichst genau zu beschreiben, um daraufhin die möglichen Probleme und die damit verbundenen Wünsche um Unterstützung ebenfalls möglichst konkret formulieren zu können. Schritt 1: Das Ziel der Reise Jeweils drei, vier oder fünf Teilnehmer setzen sich um einen Tisch, auf dem ein großes Blatt Papier liegt, das so vorbereitet ist: Abb. 1: Arbeitsblatt: Das Ziel der Reise (Eventuell muss mit 3er-, 4er- und 5er-Tischen variiert werden, so dass alle Teilnehmer Platz finden das Blatt wird dann entsprechend mit drei, vier bzw. fünf Außenfeldern markiert.) Jeder Teilnehmer schreibt in sein kleines Feld, das vor ihm liegt, die eigenen Ansichten zum Ziel der Reise auf. Die Anmoderation lautet: managerseminare: Change-Tools 157

5 Frank Wippermann Stellen Sie sich vor, dass die [Veränderung] gelungen ist wie sieht die Organisation dann in drei bis fünf Jahren aus? Sind die Teilnehmer einer Kleingruppe damit fertig, so präsentieren sie sich die Notizen untereinander. Gemeinsame Ideen oder solche Ideen, die die Zustimmung aller finden, werden in das Rechteck in der Mitte des Blattes geschrieben. Jede Kleingruppe präsentiert anschließend ihre Ergebnisse (die Inhalte aus der Blattmitte) im Plenum. Danach wird das Ziel der Reise gemeinsam auf einem Zeitstrahl visualisiert: Auf einer Pinwand werden die später eintreffenden Situationen hinter den früher eintreffenden auf Karteikarten angebracht. Schritt 2: Probleme und Wünsche: Der Moderator schiebt die eben erstellte Pinwand ganz nach rechts (aus Teilnehmerperspektive), stellt zwei weitere Pinwände links daneben und sorgt dafür, dass die Teilnehmer freie Sicht auf die Ergebnisse aus Phase 1 (die geclusterten Befürchtungen/Hoffnungen) haben. Nun sammelt der Moderator die Antworten der Teilnehmer auf die Frage: Welche Probleme können auf dem Weg zu diesem Ziel auftreten? Er notiert die Antworten auf eckigen Moderationskarten, die er erst dann auf die beiden Pinwände heftet, wenn die Antworten versiegen. Der Moderator lässt unter den Karten genügend Platz. Denn nun pinnt er unter jede eckige Moderationskarte eine ovale. Er ruft den Inhalt der eckigen Karten auf und fragt dann jeweils: An wen haben Sie welche Erwartungen, um bei der Bewältigung dieses Problems unterstützt zu werden? Die Antworten notiert er auf die dazugehörigen ovalen Karten. Phase 3: Anpack-Themen und Maßnahmen (75 Minuten) Durch das Abrufen der Unterstützungswünsche wird deutlich gemacht, dass die Veränderung nicht durch die Betroffenen allein angegangen werden muss. Sobald die Mitwirkung anderer formuliert ist, fällt es vielen leichter, auch die eigenen Beiträge zu benennen. Schritt 1: Anpack-Themen In einem ersten Schritt lässt der Moderator die Teilnehmer die wichtigsten der zuvor erarbeiteten Unterstützungswünsche mithilfe einer Punktabfrage priorisieren. Anschließend fragt er in die Runde: Welches sind Ihre Beiträge, Themen und Aktionen, damit die Veränderung gelingt? Die Antworten sammelt er mittels MindMapping auf einer Pinwand. Sind die Antworten sehr allgemein, so ist es seine Aufgabe, die Teilnehmer zu konkreteren Aussagen zu ermuntern. 158 managerseminare: Change-Tools

6 Hurra, ein Befehl! Schritt 2: Maßnahmenliste Die priorisierten Unterstützungswünsche und die eigenen Beiträge für die Veränderung werden vom Moderator auf einem Flip-Chart untereinander notiert. Bei einer umfangreichen MindMap reicht es aus, nur die Titel der Hauptäste auf das Flip-Chart zu übertragen. Vor der nun folgenden Einschätzung erhalten die Teilnehmer Gelegenheit, nochmals einen Blick auf das Ergebnis des Schrittes Ziel der Reise zu werfen. Nun entscheidet die Gruppe für jede Maßnahme, ob diese A kurzfristig (bis die Veränderung beginnt), A mittelfristig (während der Veränderung) oder A langfristig (nach der Veränderung) durchgeführt werden muss. Darüber hinaus lässt der Moderator die Gruppe entscheiden, ob die jeweilige Maßnahme A für das Gelingen der Veränderung unverzichtbar ist, A die Veränderung unterstützt und leichter macht oder A für die Veränderung eher unbedeutend ist. Die Einschätzungen notiert er hinter jeder Maßnahme. Auf diese Weise entsteht eine Rangfolge der Maßnahmen hinsichtlich ihrer Dringlichkeit: Höchste Priorität haben kurzfristige unverzichtbare, hohe Priorität mittelfristige unverzichtbare Maßnahmen usw. Indem diese Maßnahmen durch die Teilnehmer selbst entwickelt werden ausgehend von ihren Befürchtungen und Hoffnungen steigt die Identifikation nicht nur mit den Maßnahmen, sondern ebenso mit der Veränderung selbst. Im Anschluss an Hurra, ein Befehl! kann eine klassische Maßnahmenplanung erfolgen, bei der Verantwortlichkeiten, Detailschritte, Unterstützungsleistungen und Fristen vereinbart werden: Wer macht was mit wem bis wann? Der Moderator benötigt profunde Erfahrungen in der Moderation kleiner Gruppen sowie Mut und Fantasie, die einzelnen Schritte der jeweiligen Situation in der Gruppe anzupassen. Voraussetzungen/ Kenntnisse Die Ergebnisse der einzelnen Schritte können durch MindMapping, Kartenabfrage, Brainwriting (6-3-5-Methode), Tischdecke oder Flip- Chart-Notizen dokumentiert werden. Nach meinen Erfahrungen hängt der Einsatz weniger vom jeweiligen Schritt ab, sondern vielmehr von Kommentar/ Erfahrungen managerseminare: Change-Tools 159

7 Frank Wippermann der Vertrautheit innerhalb der Gruppe und der Erfahrung von Moderator und Gruppe mit dem jeweiligen Verfahren. Die Methode kann grundsätzlich auch mit einer großen Gruppe (bis zu 250 Personen) durchgeführt werden. Hierbei sind einige Besonderheiten zu berücksichtigen: A Meistens sind die Mitglieder der Organisation von einer anstehenden Veränderung in sehr unterschiedlicher Weise betroffen beispielsweise ein Werk, in dem Gruppenarbeit eingeführt wird, wovon einige Werksbereiche kaum berührt sind, anderen dagegen grundlegende Veränderungen bevorstehen. A Nach der Arbeitsgruppenphase folgt für jeden Schritt zusätzlich die Präsentation der einzelnen AG-Ergebnisse sowie eine moderierte Zusammenfassung. A Der Vorbereitungsaufwand wird um ein Vielfaches höher (Absprache der Moderatoren, Bereitstellung der Logistik,...) der Übergang zur Großgruppenmoderation ist mit dieser Variante vollzogen, der Zeitaufwand erhöht sich auf das bis zu Dreifache. Ansonsten gilt für alle Varianten und Anpassungen dieses Instruments das Motto der Großgruppenmoderatoren: Vertraue auf den Prozess! Dieses Vertrauen ist in meiner Praxis noch nie enttäuscht worden. Technische Hinweise Ausstattung: A Moderationskoffer A Flip-Chart A 2 Pinwände für die beiden Brainstomings in Phase 1 A 3 Pinwände für Zeitstrahl und Problematisierung in Phase 2 A 1 Pinwand für das MindMapping und 1 Flip-Chart für die Maßnahmenliste in Phase 3 Räumliche Voraussetzungen: A Außreichend Platz, um die Pinwände mit den erarbeiteten Ergebnissen unterbringen zu können Vorbereitung: A Moderationskarten mit den formulierten Moderationsfragen Höchst-Teilnehmerzahl: A 20 Personen (bei der hier vorgestellten Variante) 160 managerseminare: Change-Tools

8 Hurra, ein Befehl! Hurra, ein Befehl! ist als eine sehr schlanke Version von Real-Time- Strategic-Change (RTSC) entstanden, einer Methode der Großgruppenmoderation. RTSC zielt darauf ab, die Identifikation mit einem Zielzustand herzustellen und darauf aufbauend die Verantwortung für die Umsetzung in die Hände der Teilnehmenden zu legen. A Robert W. Jacobs (1994). Real time strategic change. How to involve an entire organization in fast and far-reaching change. San Francisco: Berrett-Koehler Publ. A Barbara B. Bunker/Billie Alban (1996). Large Group Interventions. Engaging the Whole System for Rapid Change. San Francisco/London: Jossey-Bass. S Quellen/ Weiterführende Literatur managerseminare: Change-Tools 161