Steffen Seibert Auf Sendung!

Transkript

2 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 13 Kapitel 1 Wie eine Sendung entsteht Virtuelle Schlussredakteure machen eine Themensitzung? Weißt du, wie eine Sendung entsteht? Was ein virtuelles Studio ist? Was eine Schlussredakteurin macht? Ja? Dann kannst du das erste Kapitel einfach überspringen und gleich mit dem zweiten Kapitel beginnen. Falls du es aber noch nicht weißt und wissen willst: Viel Spaß beim Lesen. Der Schnelldurchlauf Kaum ist etwas passiert, schon ist es im Fernsehen zu sehen so ist das zumindest bei den Nachrichten. Aber eine Magazinsendung wie die Kindersendung PuR wird nicht in ein paar Stunden erstellt. Für eine einzige Sendung braucht das Team ungefähr drei Monate, bis sie fertig ist. Alles beginnt mit der Suche nach einem spannenden Thema. Dazu muss lange recherchiert werden. Das heißt, die Redakteure suchen nach den Informationen, die sie im Fernsehen zeigen wollen. Anschließend werden die Filme gedreht, und Jo, der Moderator, und Petty, seine gezeichnete Assistentin, sprechen ihre Moderationen. Zum Schluss kommt der Schnitt. Dabei werden alle Beiträge und Moderationen in der richtigen Reihenfolge zu einer PuR-Sendung zusammengesetzt. Wie eine Sendung entsteht 13

3 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 14 Am Anfang ist die Schlussredakteurin dran Imke ist Schlussredakteurin bei der Sendung PuR. Jeder würde denken, eine Schlussredakteurin kommt erst ganz zum Schluss dazu das ist aber nicht so. Imke ist fast von Anfang an dabei: von der ersten Planung bis zum letzten Schnitt. Die Schlussredakteurin ist diejenige, die alles im Griff haben muss. Sie ist die Einzige, die den kompletten Überblick hat. Und das kann manchmal ziemlich schwierig sein... An einer Fernsehsendung sind eine Menge Leute beteiligt. Schon bei der Planung sitzen einige zusammen. Und Fernsehleute müssen viel planen: Es gibt eine Jahresplanung, in der die Themen für das ganze Jahr festgelegt werden. Und dann gibt es Planungssitzungen, in denen wird drei Monate vor der Sendung die einzelne Folge durchdacht. Für die Planung sind Carina und Rita zuständig. Sie sammeln Zeitungsausschnitte, schauen andere Sendungen an und sind immer auf der Suche nach neuen Themen. Für PuR ist das besonders schwierig, denn PuR ist eine «monothematische» Sendung das heißt, dass sich jede Sendung nur um ein einziges Thema dreht. Und für fünfundzwanzig Minuten Sendezeit darf es nicht nur einen einzigen spannenden Aspekt haben, sondern es muss mehrere unterschiedliche Unterthemen geben, die alle zueinander passen sollen. Heute ist PuR-Themensitzung daran müssen alle Redakteure teilnehmen. Sie sind für den Inhalt der Sendung verantwortlich. In einem kleinen Raum sitzen viele Leute und denken nach. Imke ist natürlich auch dabei. 14 Wie eine Sendung entsteht

4 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 15 Bei Kaffee und Keksen überlegen Rita und Carina zusammen mit Simone, Imke, Jens und den anderen, welche Themen in den nächsten Sendungen vorkommen sollten. «Fußball?» «Pferde?» «Freundschaft?» «Liebe?» «Scheidung?» «Vulkane?» «Islam?» Manchmal dauert es ziemlich lange, bis die Inhalte für die nächsten Sendungen stehen. An der heutigen Besprechung nimmt auch Jo teil der Moderator von PuR. Am Ende gibt es eine Liste mit Themen. Bis daraus eine Sendung wird, dauert es noch ein bisschen jetzt ist erst mal wie- Alles auf einen Blick: die PuR- Planungswand für ein ganzes Jahr Kein Plan? Doch! Alles durchorganisiert! Am Anfang ist die Schlussredakteurin dran 15

5 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 16?! Wie wird man eigentlich... Redakteur/-in? Redakteure und Redakteurinnen arbeiten nicht nur beim Fernsehen, sondern auch bei Zeitungen, beim Radio oder in Online-Agenturen, die Internetseiten erstellen. Egal, für welches Medium Hauptaufgabe der Redakteure ist es, Informationen zu suchen, zu sammeln und zu verarbeiten. Dafür brauchen sie vor allem eine sehr gute Allgemeinbildung, müssen immer auf dem aktuellen Stand sein und sich in vielen Bereichen gut auskennen. Voraussetzung für diesen Beruf sind Abitur und ein abgeschlossenes Studium. Außerdem braucht man viel praktische Erfahrung durch Praktika oder freie Mitarbeit (das kann schon in der Schülerzeitung anfangen). Redakteure müssen gut mit Leuten umgehen können, kreativ sein und die deutsche Sprache sicher beherrschen. der die Planung dran. Rita und Carina suchen nach möglichen Drehorten, telefonieren mit Interviewpartnern und schreiben ein Sendungskonzept für die einzelnen Inhalte. Ein Stoff, auf den sich die Planungsrunde geeinigt hat, ist das Thema Vulkane. Dies ist auch die Sendung, für die Imke Schlussredakteurin ist. Jo freut sich, denn das ZDF-Team wird zu einem Vulkan fliegen, und Jo soll dort einen Vulkanforscher interviewen. Wo ist der Vulkanforscher? Noch 13 Wochen bis zur Sendung: Carina und Rita stellen Imke ihr Sendungskonzept vor. Sie haben einen Vulkanexperten gefunden, der sie für die Sendung PuR auf dem Vulkan Ätna herumführen und Jo alles erklären will. An der Besprechung nehmen außerdem noch Markus (das ist der Redaktionsleiter), Simone (sie ist für das Internetangebot zuständig) und Connie teil (sie kümmert sich um die Gewinnspiele). Gemeinsam wird das Konzept diskutiert, bis alle zufrieden sind. Danach ist erst einmal wieder Imke dran. Sie muss sich die Dramaturgie der Sendung überlegen also: Was passiert wann und wo? Wann tritt die Zeichentrickfigur Petty auf? Und sie muss 16 Wie eine Sendung entsteht

6 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 17 gemeinsam mit der Programmplanung einen Einsatzplan schreiben, wer alles an der Sendung mitwirken darf. Dann beauftragt Imke einen Drehbuchautor, der eine Storyline erstellen muss. «Storyline» heißt auf Deutsch so viel wie «Geschichtenverlauf». Damit ist gemeint, dass der Drehbuchautor sich eine logische Rahmenhandlung für die Sendung überlegen muss. Also: Wo fliegen Petty und Jo hin? Was erleben sie? Was für eine Rolle hat Petty in dieser Sendung? Manchmal dauert es Wochen, bis eine wirklich gute Geschichte entsteht. Immer wieder Das ist ein Sendungskonzept Wo ist der Vulkanforscher? 17

7 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 18 bekommt der Drehbuchschreiber Daniel seine Vorschläge zurück, weil sie zum Beispiel zu kompliziert sind, weil der Ton der Zeichentrickfigur Petty nicht genau getroffen wurde oder weil er nicht gut zum Thema passt. Auch für das Vulkanthema hat es lange gedauert, bis Drehbuchautor, Schlussredakteurin und Redaktionsleiter die richtige Rahmenhandlung hatten: Petty will mit der PuR ins Innere des Vulkans fliegen, und Jo macht gleichzeitig eine Tour mit dem Vulkanforscher. Petty gerät in Gefahr, weil es im Vulkan zu heiß ist, und kann sich gerade noch retten. In letzter Sekunde fliegt sie aus der Ausbruchsstelle heraus dort trifft sie auch Jo wieder. Gleichzeitig mit dem Drehbuchschreiber macht sich auch Simone an die Arbeit für das Internetangebot zum Thema Vulkane. Sie überlegt sich, welche Informationen sie dort unterbringen möchte, wie lustige Vulkanexperimente aussehen könnten und ob es vielleicht ein einfaches Spiel gibt, das programmiert werden kann. Briefing der Autoren Das Wort «Briefing» ist englisch und bedeutet «Anweisung». Beim Briefing der Autoren bekommen diese von den Redakteuren erklärt, wie sie sich die Sendung und die Beiträge vorstellen. Die Autoren recherchieren dann noch einmal und schreiben ein genaues Treatment das wird «Trietment» ausgesprochen. Dort steht drin, welche Bilder gedreht werden sollen und was die Personen ungefähr sagen. Dann legen sie noch fest, was ein Sprecher aus dem Off sagen soll: Das ist ein Sprecher, den man nur hört, aber nicht sieht. Mit diesem Treatment geht der Autor zum Dreh. 18 Wie eine Sendung entsteht

8 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 19 Und das ist eine Storyline. Briefing der Autoren 19

9 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 20 Für den Vulkandreh am Ätna hat die Schlussredakteurin Imke die Autorin Sandra beauftragt. Sandra hat von ihr die Adresse des Vulkanforschers bekommen, mit dem sie jetzt noch einmal alle Einzelheiten durchspricht. Für ihr Treatment muss sie genau wissen, an welche Stellen des Vulkans sie fahren und wo sie besonders spannende Dinge zeigen kann. Boris Behncke so heißt der Vulkanforscher schlägt ihr vor, oben am Gipfel bis zur Ausbruchsstelle des Vulkans zu fahren. Dort kann das Team fließend heiße Lava sehen. Außerdem einigen sich Sandra und Boris Behncke drauf, einen Lavatunnel zu besichtigen, eine verschüttete Touristenstation und den erloschenen Krater eines früheren Ausbruchs. Nach dem Gespräch mit dem Vulkanforscher schreibt Sandra ihr Treatment und bespricht es genau mit Imke. Erst dann kann Sandra sich auf den Weg machen. Das EB-Team und die Schnippler Sandra, Jo und ein Kamerateam fliegen zum Ätna! Das Team, das Sandra und Jo begleitet, nennt sich EB-Team EB steht für Elektronische Berichterstattung. Es besteht aus dem Kameramann Michael und seinem Assistenten Andi. Der Assistent ist vor allem für den Ton zuständig. Das EB-Team, Sandra und Jo haben sich tierisch auf den Dreh gefreut denn so eine weite Reise ist für PuR ungewöhnlich. Normalerweise werden die Beiträge für PuR vor allem in Deutschland gedreht. In Sizilien trifft das Team sich zu einer Vorbesprechung mit dem Vulkanexperten Boris Behncke. Dieser erzählt ihnen, dass die Wettervorhersage sehr schlecht sei und dass sie nur dann nach ganz oben auf den Gipfel fahren dürften, wenn es kein Gewitter gibt sonst sei es zu ge- 20 Wie eine Sendung entsteht

10 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 21 So sieht ein Treatment aus. Das EB-Team und die Schnippler 21

11 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 22 Jo und Boris Behncke untersuchen Lavagestein am Fuße des Ätna fährlich. Sandra muss sich schnell einen Notfallplan überlegen. Sie telefoniert noch einmal mit Imke in Deutschland: Was sollen sie machen, wenn sie nicht nach oben an die Lava-Ausbruchsstelle kommen? Funktioniert dann die Rahmengeschichte mit Petty überhaupt? Und ist das Thema noch spannend genug? Zum Glück muss der Notfallplan aber nicht zum Einsatz kommen. Am letzten Tag auf Sizilien wird das Wetter doch noch besser Jo, Sandra und das Kamerateam können zusammen mit Boris Behncke auf den Ätna. Ein Riesenerlebnis! Oben drehen sie verschiedene Einstellungen und Interviews. Das Treatment ist dabei die Grundlage, an der sich das Team orientiert. Am Ende sind auf den Bändern Informationen für viele Stunden der Beitrag soll aber nur 5 15 Minuten (das bedeutet 5 Minuten und 15 Sekunden) lang sein. Manche Interviews hat das Team mehrmals gedreht (wenn Jo sich versprochen hat, zum Beispiel, oder wenn der Vulkanexperte zu kompliziert geantwortet hat), außerdem sind einige so genannte Schnittbilder auf den Bändern. Das sind Bilder, die zum Beispiel die Lava nah zeigen oder einzelne Details von dem, worüber gerade geredet wird. Sie helfen später im Schnitt, die einzelnen Szenen oder Interviewteile zu kürzen oder zu veranschaulichen. Den Beitrag bearbeitet Joachim einige Tage später im Schnittraum des ZDF Sandra ist natürlich auch dabei. Sie hat für Joachim ein genaues 22 Wie eine Sendung entsteht

12 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 23 Skript geschrieben. Das war eine Menge Arbeit, denn Sandra musste alle Bänder ganz genau sichten, was die Leute am Ätna gesagt haben, abschreiben und sich überlegen, wie der Beitrag zusammengeschnitten werden soll. Die Bilddaten hat sie auf den Drehkassetten mitgebracht die kann man sich so ähnlich vorstellen wie bei einer Videokamera. Diese Daten müssen erst mal auf die Computerfestplatte geladen werden. Joachim ist Cutter. Er schneidet die Beiträge zusammen und macht die Bild- und Tonbearbeitung. Sandra bleibt dabei denn sie weiß am besten, wie sie sich den Beitrag vorstellt. Gemeinsam wählen sie aus den vielen Bildern die geeignetsten aus, unterlegen Szenen mit Musik und kürzen die Interviewteile so zusam- Fast geschafft: Hinter Jo sieht man schon den Krater! Das EB-Team und die Schnippler 23

13 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 24 Hier steht, um welchen Beitrag es geht. Hier steht, wer zuständig ist. Hier steht, was passiert. Das wurde gesprochen. So lange dauert die Einstellung. 24 Wie eine Sendung entsteht

14 00Imprim_Seibert, Auf Sendung! :41 Uhr Seite 25 men, dass der Beitrag am Ende nicht zu lang ist. Der Schnitt wird komplett am Computer gemacht. Das war nicht immer so. «Früher haben wir wirklich Bänder geschnitten», erklärt Joachim, «aber beim ZDF gibt es nur noch Computer- Schnittplätze.» Das ist natürlich viel einfacher. Das Schneiden dauert sehr lange. Für einen Beitrag von 5 15 Minuten brauchen Joachim und Sandra ungefähr einen Tag. Wie wird man eigentlich... Cutter? Joachim ist ein Cutter das spricht man wie «Katter». Für diese Arbeit braucht man normalerweise eine Ausbildung als Mediengestalter. Joachim hat allerdings etwas anderes gelernt, nämlich Fernsehtechniker. Wie viele andere Leute beim Fernsehen ist er ein «Seiteneinsteiger». So nennt man Leute, die etwas anderes gelernt und sich dann aber in einen neuen Job eingearbeitet haben. Jetzt schneidet er jeden Tag neue Filme mal fürs Kinderfernsehen, mal für die Nachrichten, mal für eine Wissenschaftssendung. Abnahme Sandra hat ihren Vulkanbeitrag fertig geschnitten. Er ist 5 20 Minuten lang geworden also fünf Sekunden zu lang, aber das passt hoffentlich trotzdem noch in die Sendung. Ganz sendefertig ist der Beitrag noch nicht, denn er ist noch unvertont, das heißt, es fehlt die Sprache. Sandra muss jetzt einen Sprechertext schreiben, der genau passt. Das bedeutet, er muss das erklären, was im Film zu sehen ist, und darf weder zu lang noch zu kurz sein. Mit dem Beitrag und dem Sprechertext trifft sich Sandra dann wieder mit der Schlussredakteurin Imke zur so genannten Abnahme. Imke sieht den Film jetzt zum ersten Mal. Sie muss beurteilen, ob der Film verständlich ist, ob alles stimmt oder ob noch etwas verändert werden soll.?! Abnahme 25