Original-Prüfung 12. aufgabenstellung/material. Material 1
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- Justus Hoch
- vor 8 Jahren
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1 1A Original-Prüfung 12 aufgabenstellung/material Original-Prüfung 12 Material 1 D 5 Original-Prüfung 12 Aufgabentyp Gattung Epoche Material Thema Niveau/Jahr Aufgabenstellung Textanalyse und literarische Erörterung Brief Sturm und Drang/Klassik Brief an den fünf Jahre jüngeren Bruder Lebenshaltungen Leistungskurs, 300 Minuten (inkl. Lesezeit)/ Analysieren Sie, wie der Autor seine Vorstellungen inhaltlich und sprachlich entwickelt. 2. Ordnen Sie den Text auch unter Verweis auf die im Unterricht behandelte Literatur literaturgeschichtlich ein. 3. Setzen Sie sich, ausgehend von Ihren bisherigen Ergebnissen, mit der Frage auseinander, inwieweit das Ziel der Wünsche und der Tätigkeit des Briefautors auch in der Biografie der Mathilde Möhring eine Rolle spielt. Material (Ihnen liegt ein Brief eines Autors an einen fünf Jahre jüngeren Bruder vor.) [erste Hälfte September] Das war brav, lieber Karl, daß Du mir auch einmal wieder schriebst. Daß Du teilnehmen würdest an meiner Freude über die neue Bekanntschaft, konnt ich vermuten. Ich werd s auch nie vergessen, wie lieb wir uns hatten, als Buben und als Jünglinge. Sieh! lieber Karl, das dacht ich auch, als Du über Mangel eines Freundes klagtest. Ich kenn es wohl, dieses Erwachen des jugendlichen Herzens, ich habe sie auch gelebt, die goldnen Tage, wo man sich so warm und brüderlich an alles anschließt und wo einem doch die Teilnahme an allem nicht genügt, wo man eines will, einen Freund, in dem sich unsere Seele wiederfinde und freue. Soll ich Dir s gestehen, ich bin bald über diese schöne Periode hinaus. Ich hange nicht mehr so warm an einzelnen Menschen. Meine Liebe ist das Menschengeschlecht, freilich nicht das verdorbene, knechtische, träge, wie wir es nur zu oft finden, auch in der eingeschränktesten Erfahrung. Aber ich liebe die große, schöne Anlage auch in verdorbenen Menschen. Ich liebe das Geschlecht der kommenden Jahrhunderte. Denn dies ist meine seligste Hoffnung, der Glaube, der mich stark erhält und tätig, unsere Enkel werden besser sein als wir, die Freiheit muß einmal kommen, und die Tugend wird besser gedeihen in der Freiheit heiligem erwärmenden Lichte als unter der eiskalten Zone des Despotismus. Wir leben in einer Zeitperiode, wo alles hinarbeitet auf bessere Tage. Diese Keime von Aufklärung, diese stillen Wünsche und Bestrebungen einzelner zur Bildung des Menschengeschlechts werden sich ausbreiten und verstärken und herrliche Früchte tragen. Sieh! lieber Karl! dies ist s, woran nun mein Herz hängt. Dies ist das heilige Ziel meiner Wünsche und meiner Tätigkeit dies, daß ich in unserm Zeitalter die Keime wecke, die in einem künftigen reifen werden. Und so, glaub ich, geschieht es, daß ich mit etwas weniger Wärme an einzelne Menschen mich anschließe. Ich möchte ins Allgemeine wirken, das Allgemeine läßt uns das Einzelne nicht gerade hintansetzen, aber doch leben wir nicht so mit ganzer Seele für das Einzelne, wenn das Allgemeine einmal ein Gegenstand unserer Wünsche und Bestrebungen geworden ist. Aber dennoch kann ich noch Freund eines Freundes sein, vielleicht kein so zärtlicher Freund wie ehmals, aber ein treuer, tätiger Freund. Oh! und wenn ich eine Seele finde, die, wie ich, nach jenem Ziele strebt, die ist mir heilig und teuer, über alles teuer. Und nun, Herzensbruder! jenes Ziel, Bildung, Besserung des Menschengeschlechts, jenes Ziel, das wir in unserm Erdenleben nur vielleicht unvollkommen erreichen, das aber doch um so leichter erreicht werden wird von der bessern Nachwelt, je mehr auch wir in unserem Wirkungskreise vorbereitet haben jenes Ziel, mein Karl! lebt, ich weiß es, vielleicht nur nicht so, auch in Deiner Seele. Willst Du mich zum Freunde, so soll jenes Ziel das Band sein, das von nun an unsre Herzen fester, unzertrennlicher, inniger vereinigt. Oh! Es gibt viele Brüder, aber Brüder, die solche Freunde sind, gibt s wenige. Lebe wohl. Der lieben Mama tausend herzliche Grüße Dein (Die Rechtschreibung folgt der Quelle.)
2 1A anforderungen Checkliste 1 D Anforderungen Aufgabe 1 Die erste Aufgabenstellung erfordert, dass Sie zunächst den Brief inhaltlich erfassen und die Kernaussagen ermitteln. Gehen Sie dabei auch auf die Textsorte sowie die besondere sprachliche Gestaltung ein und formulieren Sie erste Deutungsansätze. (Entspricht den Anforderungsbereichen I und II) Aufgabe 2 Anschließend bestimmen Sie aufgrund Ihrer literaturgeschichtlichen Kenntnisse, welche epochenspezifischen Merkmale an der Gestaltung des Briefes und der Schreibweise des Autors erkennbar sind. Prüfen Sie, ob Sie den Text einer Epoche zuordnen können. Aus diesen Erkenntnissen können sich weitere Interpretationsansätze ergeben. (Anforderungsbereiche I und II) Checkliste zur Selbsteinschätzung I. Methodisches Wissen Schritte einer Textanalyse kennen und festlegen wesentliche sprachliche und gestalterische Mittel erfassen und in ihrer Wirkung und Funktion beschreiben die Struktur eines Textes erfassen Noch einmal nachlesen Aufgabe 3 Die dritte Teilaufgabe erfordert, dass Sie auf der Grundlage der in den vorangegangenen Analyse- und Interpretationsschritten gewonnenen Erkenntnisse untersuchen, ob sich in Fontanes Roman ähnliche Grundgedanken wiederfinden wie im vorliegenden Brief oder ob abweichende Haltungen deutlich werden. Ausgehen sollten Sie dabei von einem Vergleich der Vorstellungen des Briefschreibers und der Hauptfigur des Romans Mathilde Möhring. (Die Bearbeitung erfordert Operationen aus den Anforderungsbereichen II und III.) geeignete Vergleichsaspekte auswählen Textanalyse und anschließenden Textvergleich aspektorientiert organisieren II. Inhaltliches Wissen Überblick über zentrale Ideen und Gedanken der Zeit der Aufklärung, des Sturm und Drang und der Klassik Kenntnisse charakteristischer Merkmale der Literatur der Aufklärung, des Sturm und Drang und der Klassik exemplarische Kenntnis von Werken der Aufklärung, des Sturm und Drang und der Klassik
3 1C checkliste Erwartungshorizont 1 D Kenntnisse über charakteristische Merkmale der Literatur des Realismus Kenntnis des Romans Mathilde Möhring von Theodor Fontane III. Textanalytisches Wissen Besonderheiten der Textsorte Brief Stilmittel, sprachliche Mittel IV. Platz für Notizen Noch einmal nachlesen Erwartungshorizont Folgendes wird bei dieser Prüfung von Ihnen erwartet: Aufgabe 1 Klären Sie, dass der Autor seinen Bruder in diesem Brief von einer für ihn zentralen Vorstellung überzeugen will: Nicht die innige Freundschaft zu einem Menschen, sondern die Liebe zum Menschengeschlecht im Allgemeinen steht im Mittelpunkt. Er ist erfüllt von dem Wunsch, durch sein eigenes Bestreben die Bildung und Besserung der Menschheit vorantreiben zu können. Den Bruder möchte er an seinen Vorstellungen teilhaben lassen und ihn als Freund in das Streben nach einer humanen Gesellschaft aktiv einbinden. Zeigen Sie auf, wie die inhaltlichen Aussagen durch die Struktur des Textes und die sprachliche Gestaltung gestützt werden. So führt der Autor zunächst eigene Jugenderinnerungen an, um Verständnis für den Bruder zu signalisieren, betont aber im Folgenden, dass seine jetzige Haltung die Einsicht einer gereiften Persönlichkeit ist. Der Ton ist sehr enthusiastisch (Ausrufe, Wiederholungen), durch Stilmittel wie die wiederholte Kontrastierung des Einzelnen mit dem Allgemeinen wird die Aussage verstärkt. Aufgabe 2 Die von Ihnen zu Aufgabe 1 erarbeiteten zentralen Gedanken und charakteristischen Elemente des Textes sollen jetzt dazu herangezogen werden, den Brief literaturgeschichtlich einzuordnen. Dabei ist nicht so sehr eine eindeutige Epochenzuweisung das Ziel, die bei diesem Text auch gar nicht möglich ist, wichtig sind vielmehr die genaue Analyse und Ihre stichhaltige Argumentation. Die sprachliche Gestaltung des Textes trägt deutliche Züge des Sturm und Drang, die es herauszuarbeiten gilt. Die vom Autor vertretene Idee der Bildung und Besserung des Menschengeschlechts wird Ihnen hingegen aus der Klassik vertraut sein. In diesem Zusammenhang lassen sich sogar Bezüge zur Aufklärung herstellen. Um Ihre Argumente zu stützen, sollten Sie auf Ihnen bekannte Texte aus der jeweiligen Epoche verweisen. Hilfe finden Sie im Pocket Teacher ABI Deutsch: Analyse von Sachtexten.
4 1 erwartungshorizont/lösungsschritte Lösungsschritte Aufgabe 3 Hier muss der zentrale Unterschied zwischen den Lebenshaltungen des Briefautors und Mathilde Möhrings deutlich benannt werden: Sein Eintreten für die Humanitätsidee ( Bildung, Besserung des Menschengeschlechts, Z. 31 f.) kennzeichnet den Autor des Briefes als Idealisten. Mathilde Möhrings Handeln ist hingegen vorrangig von pragmatischen Erwägungen (sozialer Aufstieg, Sicherheit) bestimmt. Bei Ihrem Vergleich sollten Sie dies unter Rückbezug auf wichtige Stationen und Entscheidungen im Leben Mathilde Möhrings ausführen. Es empfiehlt sich, einleitend einen knappen Überblick über ihre Biografie zu geben. Lösungsschritte Um die vorliegende Prüfung zu lösen, sind folgende Arbeitsschritte sinnvoll: die Aufgabenstellung verstehen Beobachtungen zu Inhalt und Form einzelnen Epochen zuordnen (vgl. Aktiv-Seiten) Bezüge zu anderen Texten aus den Epochen herstellen (vgl. Aktiv-Seiten) Lebensziele des Briefautors und Mathilde Möhrings in einer Tabelle gegenüberstellen (vgl. Aktiv-Seiten) zentrale Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten benennen eine Gliederung für die eigene Darstellung entwickeln erstes Lesen, Klären des ersten Textverständnisses den eigenen Text ausformulieren zweites Lesen, Markieren der Schlüsselstellen den eigenen Text noch einmal lesen und systematisch überarbeiten eine Gliederung des Briefes vornehmen wenn möglich: nach zeitlichem Abstand erneute Kontrolle und ggf. Überarbeitung des Textes zentrale Aussagen des Briefautors in eigenen Worten stichpunktartig notieren (vgl. Aktiv-Seiten) Besonderheiten der sprachlichen Gestaltung markieren Bezüge zwischen Inhalt, Aufbau und sprachlicher Gestaltung des Textes herstellen
5 1A aktiv-seite Aktiv-Seite Aktiv-Seiten In diesem Brief erläutert der Autor seinem Bruder eine für sein Leben zentrale Vorstellung ( das heilige Ziel meiner Wünsche und meiner Tätigkeit, Z. 21 f.). Versuchen Sie, diese in eigene Worte zu fassen. Vervollständigen Sie folgenden Satz: Der Autor ist der Überzeugung, dass Stellen Sie Bezüge zu anderen Ihnen bekannten Texten der jeweiligen Epochen her. Welche Ideen/Begriffe/stilistischen Besonderheiten dieser Texte finden sich in dem Brief wieder? Epoche weitere Texte Ideen/Begriffe/ stilistische Besonderheiten entsprechende Stelle im Brief Stellen Sie in einer Tabelle die zentralen Ziele und Wünsche des Briefautors und die Lebensziele von Mathilde Möhring gegenüber: Briefautor Mathilde Möhring Untersuchen Sie den Text auf Hinweise, die Ihnen Aufschluss über die Entstehungszeit geben könnten. Diese können sowohl inhaltlicher als auch sprachlicher Art sein. Ordnen Sie diese Hinweise aufgrund Ihrer Kenntnisse der Literaturgeschichte einzelnen Epochen zu. Markieren Sie die Zuordnung durch verschiedenfarbige Unterstreichung (Aufklärung = grün, Klassik = blau, Sturm und Drang = rot).
6 1 Bewertungskriterien Stichpunktlösung Bewertungskriterien für die Noten ausreichend und gut Die Leistung wird als ausreichend bewertet, wenn zentrale Aussagen und sprachliche Gestaltung des Briefes in Grundzügen textgestützt dargestellt werden; zumindest eine Epochenzuordnung (Klassik) nachgewiesen wird; Unterschiede zwischen den Zielvorstellungen des Briefautors und Mathilde Möhrings Handlungsmotiven und Entscheidungen beispielhaft entfaltet werden; die Darstellung erkennbar gegliedert, verständlich ausgeführt und standardsprachlich weitgehend fehlerfrei ist. Die Leistung wird als gut bewertet, wenn die im Erwartungshorizont genannten Aspekte differenziert und textgestützt dargestellt werden; besonders Bezüge zwischen Inhalt, Form und Sprache umfassend erfasst werden und in Bezug auf die Epochenzuordnung das Grenzüberschreitende des Briefes herausgearbeitet wird; bei der Epochenzuordnung auf andere Werke der jeweiligen Epochen verwiesen wird; das utopische Denken des Autors der kleinbürgerlichen Zeichnung der Figur Mathilde Möhring differenziert gegenübergestellt wird; die sprachliche Darstellung logisch stringent aufgebaut, unter funktionsgerechtem Einsatz von Textzitaten präzise formuliert und fehlerfrei niedergeschrieben wird. Stichpunktlösung zum Vergleichen Aufgabe 1 Inhalt Die Überzeugungen des Autors (Glaube an das Gute im Menschen; Hoffnung auf eine goldene Zukunft in Freiheit und Tugend; Streben nach Bildung und Besserung des Menschen) kennzeichnen ihn als Idealisten. Nicht der Einzelne, sondern die Liebe zum Menschengeschlecht im Allgemeinen steht für ihn im Mittelpunkt. Er ist erfüllt von dem Bestreben, sich aktiv für die Humanitätsidee einzusetzen. Er möchte den Bruder für seine Ziele gewinnen. Die inhaltlichen Aussagen werden durch den Aufbau des Textes und die sprachliche Gestaltung gestützt. Gliederung des Briefes Rahmen: Typisch für die Textsorte Brief ist der Rahmen (Dank für den Brief, Gruß an die Mutter). (Z. 1 4, Z. 39) Jugenderinnerung: Zunächst führt der Autor eine Jugenderinnerung an, die dem Bruder Karl verdeutlichen soll, dass er selbst Ähnliches erlebt hat wie sein Bruder, ihn also grundsätzlich verstehen kann. (Z. 5 8) Darstellung der Argumentationsposition als reifere Haltung: Er macht deutlich, dass er diese Phase überwunden hat, und stellt seine jetzige Haltung als die Einsicht eines gereiften Menschen dar, der nicht mehr nur den Einzelmenschen, sondern die Idee des Menschen in den Blick nimmt. (Z. 8 13) Verweis auf den utopischen Gehalt der Vorstellung: Er gibt zu, dass erst die Überwindung der feudalabsolutistischen Herrschaft die ideale Welt ermöglichen wird, die sein Ziel ist. (Z ) Konsequenzen: Aus seiner Überzeugung ergeben sich für den Autor folgende Konsequenzen: a) allgemein: weniger Konzentration auf den Einzelnen/ das Einzelne, b) konkret: neue Sicht von Freundschaft, die auf Verbindung durch ein gemeinsames Ziel gerichtet ist und als Vertiefung der brüderlichen Beziehung angesehen wird. (Z ) Unterstellung: Er gibt dem Bruder zu verstehen, dass dieser im Grunde bereits seine Ideale unwissentlich teilt. (Z ) Indirekter Appell: Der Bruder soll seine (des Briefautors) Ideen unterstützen. (Z ) 10
7 1S stichpunktlösung Stichpunktlösung Sprache Der Brief ist aus einer Haltung des verstehenden Älteren verfasst. Die Sprache ist sehr gefühlsbetont, teils leidenschaftlich (Ausrufe etc.). Die Idee und das Ziel werden enthusiastisch entfaltet (Adverbien, Wiederholungen). Der Autor verwendet zentrale Begriffe der Epochen der Aufklärung, des Sturm und Drang, der Klassik ( Freiheit, Tugend, Freundschaft, Bildung/Besserung des Menschengeschlechts ). Die Aussagen werden gestützt durch den Gebrauch von Phrasen, des häufig verwendeten Pronomens ich, Variationen zwischen direkter Ansprache, Vereinnahmung und Verweis auf Allgemeinheit, Wiederholungen, Kontrastierung, Metapher ( der Freiheit heiligem erwärmenden Lichte, Z. 16 f.; eiskalten Zone des Despotismus, Z. 17), Anapher ( jenes Ziel, Z. 30, 31), Klimax. Aufgabe 2 Der Briefautor erweist sich in diesem Brief sprachlich und gedanklich als Grenzgänger zwischen den Epochen Sturm und Drang und Klassik und sieht sich selbst im Sinne der Aufklärung agieren. Er greift auf Aussagen zeitgenössischer Literatur zurück: Anklänge an Herder, an Schillers Don Carlos. Er formuliert seine Ideen im Duktus des Sturm und Drang ( Herz, Seele, Freund, Freundschaft ), unterstützt Ideen der Klassik ( Bildung, Besserung des Menschengeschlechts, Z. 31 f.). Bei der epochenmäßigen Zuordnung der charakteristischen Elemente des Briefes sollten Sie auf Ihre Erfahrungen mit literarischen und pragmatischen Texten aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zurückgreifen, z. B. Goethes Die Leiden des jungen Werthers, Goethes Gedicht Das Göttliche, Schillers Ankündigung der Horen, Don Carlos, Herders Briefe zur Beförderung der Humanität. Aufgabe 3 Briefautor wesentliche Aspekte Der Autor sieht sich als ein Mitglied in einem Kreis, der die Humanitätsidee vorantreiben will. Diese Idee hat programmatischen Charakter für sein Handeln: Er will aktiv beteiligt sein ( Keime wecken, Z. 23; herrliche Früchte tragen, Z. 20; Bildung, Besserung des Menschengeschlechts, Z. 31 f.). Figur Mathilde Möhring wesentliche Aspekte Mathilde ist im Grunde ein Gegenentwurf zum Briefautor. Die sachliche Kalkulation der Dinge und Möglichkeiten wird Maßstab ihres Denkens und Handelns. Dies ist verstärkt durch die kleinbürgerliche Zeichnung der Figur. In diesem Sinne erscheint ihr die Welt der Dichtung suspekt. Hugo soll die richtigen Bücher lesen, Mathilde geht in die Lesehalle, um Stellenanzeigen, nicht etwa Romane zu lesen. Hugo soll als Bürgermeister praktisch-pragmatische Ideen haben, damit Woldenstein einmal in der Woche in der Zeitung steht. Nach Hugos Tod richtet Mathilde ihren erzieherischen Anspruch auf sich selbst: Sie wird Lehrerin, aber nicht aus einer pädagogischen Idee heraus, sondern aus praktisch-vernünftigen Erwägungen. Sie erkennt aufgrund ihrer Lebensklugheit die geringen Möglichkeiten, den begrenzten Lebensumständen des Kleinbürgerstandes zu entkommen und einen bescheidenen sozialen Aufstieg zu versuchen. Sie verfolgt selbstbewusst, nüchtern und pragmatisch ihre Ziele (Existenzsicherung und Statusverbesserung). Ihre emanzipatorischen Bestrebungen stehen in keinem Zusammenhang mit einer größeren, tragenden Idee. Sie verwendet zwar Begriffe wie Bildung, Idee oder Erziehung, diese werden aber im Kontext ihres praktischen Wissens auf der Ebene rationaler Nützlichkeitserwägungen abgehandelt. Parallelen lassen sich unter Umständen in Bezug auf die Einstellungen zu zwischenmenschlichen Beziehungen aufzeigen: Sowohl der Briefautor als auch Mathilde Möhring stellen die Freundschafts- bzw. Liebesbeziehung in den Dienst anderer Ziele (Autor: Beförderung des Humanitätsideals, Mathilde Möhring: sozialer Aufstieg). Hinweis Der Briefautor ist der Dichter Friedrich Hölderlin. Sein Brief an den jüngeren Bruder ist entnommen: Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke und Briefe, Bd. 2. Hg. von Günther Mieth. München 1984, S. 571 f
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