ArbeitsmigrantiInnen aus Osteuropa Beweggründe und Erfahrungen
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- Heiko Dittmar
- vor 8 Jahren
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1 ArbeitsmigrantiInnen aus Osteuropa Beweggründe und Erfahrungen Wanda Falk Direktorin der Diakonie Polen 18. Juni 2010 Evangelische Akademie Bad Boll
2 Gliederung: - Polen in Europa - Sozial-ökonomische Situation - Arbeitslosigkeit und Arbeitslosengeld - Die Lage der Frauen im Allgemeinen - Häufige Probleme der polnischen Familien - Beweggründe für die Arbeitsaufnahme im Ausland - Haushaltshilfen aus Polen in Zahlen - Einige Ergebnisse einer Umfrage bei 6 polnischen Haushaltshilfen - Möglichkeiten der legalen Beschäftigung und Änderung ab
3 Polen in Europa Mitglied der Europäischen Union: seit 1. Mai 2004 Gesamtfläche: Bevölkerung: 42,1) Hauptstadt: km² (Deutschland: 357,021 km²) das neuntgrößte Land in Europa 38,2 Millionen, 0,6% der Weltpopulation die achtgrößte Bevölkerungszahl in Europa (Deutschland: 82,5 Mio.) davon 19,7 Millionen Frauen (Deutschland: Warschau mit 2,68 Millionen Einwohner Polen hat seit der Transformation in den 90er Jahren einen demographischen Wandel erlebt, der in Westdeutschland ein halbes Jahrhundert gedauert hat.
4 Die sozial-ökonomische Situation in Polen 2010 schätzt man, dass 3 Millionen Polen im Ausland arbeiten Rund 21 % der Bevölkerung ist von Armut bedroht. Man hofft, dass sich die Situation mit der Zeit verbessert und im Jahr 2013 nur noch 14% von Armut bedroht wird. 6 polnische Wojewodschaften gehören zu den 10 ärmsten Regionen in der EU: Lebus (Lubuskie), Karpatenvorland (Podkarpackie), Podlachien (Podlaskie), Heiligkreuz (Swietokrzyskie), Ermland-Masuren (Warminskomazurskie) Polens EU-Beitritt hat unsere sozialen Probleme nicht gelöst, die Situation wurde wegen der Marginalisierung und Verarmung vieler Gesellschaftsgruppen komplizierter. Das neue Gesetz über die Sozialhilfe vom 2. April 2004 verschob die meisten Aufgaben von der zentral-staatlichen auf die regionale Ebene. Die Sozialhilfe wird jetzt vor allem aus Mitteln der Gemeinden und Kreise gezahlt, die im Allgemeinen über wenig Geldmittel verfügen.
5 Arbeitslosigkeit und Arbeitslosengeld Ende April 2010 betrug die Arbeitslosenquote 12,3 % Personen waren arbeitslos und ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld (das sind 80,5% der registrierten Arbeitslosen) 43,1% dieser Arbeitslosen wohnen in ländlichen Gegenden 30,6% der arbeitslosen Frauen sind zwischen Jahre alt. Seit dem 1. Juni 2007 beträgt das Regelarbeitslosengeld bei einer zurückgelegten Beschäftigungszeit von über 5 Jahren (jedoch weniger als 20 Jahren) 538,30 PLN (1 ca 4, 1 PLN) bei einer zurückgelegten Beschäftigungszeit von über 20 Jahren 120% des Regelarbeitslosengeldes, bei einer zurückgelegten Beschäftigungszeit unter 5 Jahren 80% des Regelarbeitslosengeldes.
6 Die Lage der Frauen in Polen im Allgemeinen Im Jahr 1919 erhielten Frauen das Wahlrecht. Heute garantiert die Verfassung die gleichen Rechte für Männer und Frauen. Die Rolle der Frau als Mutter und Fürsorgerin herrscht jedoch vor und beeinflusst stark die Position der Frau in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt. Beinahe 90 % der erwerbstätigen Frauen arbeiten Vollzeit, hauptsächlich im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen. Ein positiver Aspekt des Wechsels zur Marktwirtschaft ist, dass sich mehr Frauen selbständig machen (1989 3,7% der Frauen, ,7%, Tendenz steigend). Bei den letzten Wahlen stieg der Anteil der Frauen sowohl im Sejm (Untere Kammer des Parlaments) als auch im Senat auf 21%. 56% der Universitätsabsolventen in Polen sind weiblich. Frauen sind an den Fakultäten dagegen nicht so gut vertreten (36% der Lehrenden und 17% der Professoren). Obwohl Frauen eine bessere Ausbildung haben, verdienen sie circa 20 % weniger als Männer im selben Beruf. Frauen neigen dazu im Niedriglohnsektor zu arbeiten. Ungleiche Bezahlung setzt sich auch im neuen Rentensystem fort, das 1999 eingeführt wurde und zu circa 40% niedrigeren Renten für Frauen führte.
7 Häufige Probleme in polnischen Familien Arbeitslosigkeit (oft Langzeitarbeitslose) Suche nach Arbeit im Ausland Man schätzt, dass ca. 120 Tausend Frauen aus Polen als Altenpflegerinnen und Hausangestellte in Deutschland arbeiten. Wie hoch der jeweilige Anteil illegal und legal tätiger Frauen ist, ist nicht bekannt. Man schätzt, dass es 2010 ca 300 Tausend Eurowaisenkinder in Polen gibt. Verarmung und Marginalisierung (in der Hälfte der Haushalte müssen mindestens zwei Drittel des Budgets für Lebensmittel und Unterkunft ausgegeben werden. Das bedeutet: keine Chance für eine gute Ausbildung und ausreichende Erholungsmöglichkeiten; Frustration, Schuldgefühle, Flucht in Alkohol und Betäubungsmittel.) schlechte Wohnverhältnisse (fast jedes 4. Kind hat keinen Platz zum Spielen bzw. Lernen; fast jedes 6. Kind hat kein eigenes Bett)
8 Beweggründe für die Arbeitsaufnahme im Ausland keine Möglichkeit überhaupt Arbeit in Polen zu finden: dies gilt besonders für Berufsanfänger mit qualifizierter Ausbildung, Frauen bis 35 Jahre, Frauen nach der Kinderpause und Frauen aus der Gruppe 50+ keine Möglichkeit entsprechend bezahlte und/oder befriedigende Arbeit zu finden Schulden, insbesondere Überschuldung mit drohender Obdachlosigkeit Anschaffung notwendiger Ausstattungen (z.b. Wohnungseinrichtung, Um- und Ausbau von Haus oder Wohnung, Maschinen für den Betrieb eines Familienmitgliedes) junge Menschen, Eltern und Großeltern arbeiten um eine Ausbildung (oft per Fernstudium) zu finanzieren Viele, vor allem Frauen 50+, haben keine ausreichende Rente und keine attraktive Möglichkeit eines Hinzuverdienstes Erreichen eines kleinen Wohlstandes, so dass sich Familienmitglieder kleine zusätzliche Annehmlichkeiten leisten können, jüngere haben eher das Ziel eine Wohnung oder ein Auto zu erwerben oder eine Urlaub zu finanzieren. Die Arbeitsmigranten kommen aus allen Schichten und Berufen, aus ganz Polen, vorrangig aus wirtschaftlich armen Gegenden, und sie werden immer jünger.
9 Die Arbeitsmigranten unterliegen in Pflege und Haushalt erheblichen psychischen Belastungen, (über die sie oft nicht sprechen können und wollen, die aber dennoch bestehen), die vielfältige Ursachen haben u.a.: schwere, zu meist illegale Arbeit ein Leben in Unsicherheit: (infolge der Illegalität) Orientierungsprobleme infolge mangelnder Sprachkenntnisse und fehlender Kenntnisse der Strukturen des Landes, in dem sie arbeiten Einsamkeit und Isolation wenig Zuwendung und Achtung/ Respekt durch Arbeitgeber/deren Familie fehlender oder sehr wenig Kontakt zu Landsleuten und zur heimischen Familie Umgang mit dementen und/oder psychisch kranken Menschen, die nicht mehr in der Lage sind neue Erfahrungen zu machen, weil es ihnen am Erinnerungsvermögen fehlt Beim Auftreten von Problemen (mit dem Arbeitgeber, der fremden und eigenen Familie, finanziellen, rechtlichen, gesundheitlichen und psychischen Probleme) werden sie meist allein gelassen. Leben in wirtschaftlich besser situierten Ländern, ohne selbst davon profitieren zu können. Ständige Ungewissheit über die Situation zu Hause und gleichzeitig wenig Informationsmöglichkeiten über die Medien, wenn ausreichende Sprachkenntnisse fehlen
10 Einige Ergebnisse einer Umfrage bei 6 polnischen Haushaltshilfen Alter/Familienstand: 48, geschieden 56, verheiratet 30, verh., m. 2 minderj. Kindern 41, Verk., m.2 minderj. Kindern 2 x 70, Witwe Berufe: Büroangestellte mit Abitur Fabrikarbeiterin Erzieherin Pädagogin Rentnerin Laborantin
11 Einige Ergebnisse einer Umfrage bei 6 polnischen Haushaltshilfen Bezahlung: Euro 2 x 35 pro Tag 1100 pro Monat 800 pro Monat 1070 pro Monat 400 pro Monat plus500 Sozialabgaben plus 2-Zimmerwohnung Arbeitszeit täglich plus Bereitschaftsdienst: 17 h 16h 14h 22h 14h 4h Bereitschaftsdienst: 21-24h
12 Einige Ergebnisse einer Umfrage bei 6 polnischen Haushaltshilfen Vermittlung: entweder durch Agentur oder Bekannte in Polen Umfang der Arbeiten: Kochen, Waschen, Einkaufen, Putzen und andere Hausarbeiten, Grundpflege, Füttern, Verabreichung von Medikamenten, Arztbesuche, Spaziergänge, Freizeitgestaltung, alle 6 haben Rufbereitschaft bei Nacht. Wünsche/Änderungen: geregelte Arbeitszeit; mehr Zeit für mich; mehr Kontakt zu anderen
13 Möglichkeiten der legalen Beschäftigung in Deutschland und Änderung ab Die Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften ist im Moment in Deutschland kompliziert. Es ist zwar erlaubt, sie zu beschäftigen, aber unter folgenden Bedingungen: wenn sie über das deutsche Arbeitsamt angefordert werden wenn sie in Deutschland auf der Grundlage des Entsendegesetzes arbeiten wenn sie selbstständig sind und die Betreuung Pflegebedürftiger anbieten. Nach dem ändert sich die Rechtslage. Die bisher von Deutschland errichteten Hindernisse zur Eingrenzung der Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern dürfen aus EU-rechtlichen Gründen nicht weiter fortgeführt werden.
14 Zugang polnischer Staatsbürger zum Arbeitsmarkt der EU: Die Vorschriften der Gemeinschaft garantieren den polnischen Staatsbürgern den freien Zugang zum Arbeitsmarkt in den Staaten, die Mitglieder der EU sind, d.h. ohne dass sie eine Arbeitserlaubnis benötigen. Im Beitrittsvertrag des Jahres 2003 wurde jedoch einigen Ländern das Recht eingeräumt, vorübergehend den freien Zugang zu ihrem Arbeitsmarkt für die Angehörigen mancher Staaten zu beschränken, unter anderem für die Staatsangehörigen Polens Die meisten dieser Beschränkungen enden mit dem 1. Mai Gegenwärtig halten lediglich Österreich und Deutschland die Beschränkungen des Zugangs zum Arbeitsmarkt aufrecht; dies gilt auch gegenüber polnischen Unternehmern, die ihre Arbeitnehmer im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen in diese Staaten entsenden. Die Beschränkungen müssen spätestens bis zum 1. Mai 2011 aufgehoben werden. Die Staatsangehörigen aller EU-Mitgliedsstaaten haben das uneingeschränkte Recht in Polen zu arbeiten.
15 Die polnischen Vorschriften über die Arbeitsaufnahme polnischer Staatsangehörige im Ausland. Nach den Vorschriften von Kapital 16 des Gesetzes vom 20. April 2004 (Gesetz zur Förderung der Beschäftigung und der Einrichtungen des Arbeitsmarktes) ist die Arbeitsaufnahme im Ausland wie folgt erlaubt: Direkter Vertrag zwischen dem Arbeitnehmer und dem ausländischen Arbeitgeber; durch Vermittlung einer öffentlichen Arbeitsvermittlung (Arbeitsamt oder Internetdienst EURES durch Vermittlung einer privaten Arbeitsagentur, die von der zuständigen örtlichen Wojewodschaftsverwaltung zugelassen ist
16 Zugangsvoraussatzungen für polnische Staatsbürger auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland: Bis Ende April 2011 dürfen polnische Staatsbürger nur mit einer Arbeitserlaubnis beschäftigt werden, und nur ausnahmsweise (z.b. als Au Pair/Praktikant) besteht die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme ohne Arbeitserlaubnis der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung - ZAV in Bonn; Haushaltshilfen für Menschen, denen die Pflegestufe 1 bis 3 zuerkannt worden ist, können eine Arbeitserlaubnis für 3 Jahre erhalten, Voraussetzung ist allerdings, dass keine entsprechende deutsche Arbeitskraft zur Verfügung steht. auf der Grundlage von bilateralen Vereinbarungen aus der Zeit vor dem Beitritt zur EU können zeitlich begrenzt auch folgende Tätigkeiten in Deutschland ausgeführt werden. als Saisonarbeitnehmer Arbeit in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Obst- und Gemüseanbau, in der Hotellerie und Gastronomie, für Arbeit im Sägewerk, für 6 Monate im Kalenderjahr; als Schaustellergehilfe, Personal im Bereich der Schaustellerei, für 9 Monate im Kalenderjahr; als Au Pair und zum Zwecke eines Praktikums um die berufliche Qualifikation oder die Sprachkenntnisse zu verbessern, für 12 Monate, mit einer Verlängerungsmöglichkeit von 6 Monaten; als Grenzgänger, im Grenzbereich innerhalb von 50 km.
17 Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit
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