Augmented Reality, sprachbasierte Navigation und digitale Karte Fußgängernavigation unter Verwendung von OpenStreetMap
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- Ida Bieber
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1 164 Augmented Reality, sprachbasierte Navigation und digitale Karte Fußgängernavigation unter Verwendung von OpenStreetMap Sven LEITINGER, Enrico STEIGER, Manuela SCHMIDT, Karl REHRL, Stefan KRAMPE, Renate STEINMANN und Michael WEBER Zusammenfassung Im Projekt ways2navigate werden die Performance, sowie die Benutzbarkeit der Technologien Digitale Karte, sprachbasierte Navigation und Augmented Reality im Kontext der GPS-basierten FußgängerInnen-Navigation untersucht. Das Paper beschäftigt sich mit der Modellierung der Datengrundlagen unter Verwendung von OpenStreetMap sowie der Umsetzung der drei Navigationstechnologien. 1 Einleitung Ob mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Fahrrad oder zu Fuß um alternative Arten der täglichen Fortbewegung attraktiv zu gestalten, sind Maßnahmen erforderlich, die Menschen effizient an ihr Ziel bringen. Während dem motorisierten Individualverkehr eine Vielzahl von Assistenzsystemen zur Verfügung steht, wird die Routenplanung und Wegfindung für FußgängerInnen meist immer noch mit traditionellen Papierkarten unterstützt. Es existieren zwar bereits zahlreiche mobile Navigationslösungen für FußgängerInnen am Markt, diese sind jedoch unzureichend auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abgestimmt. Das Forschungsprojekt ways2navigate zielt darauf ab, das Informationsdefizit von FußgängerInnen durch neuartige Navigationstechnologien effektiv und nachhaltig zu schließen. Mithilfe iterativer BenutzerInnen-Experimente wird untersucht, unter welchen Bedingungen sich die Technologien digitale Karte, Sprache und Augmented Reality zur Navigationsunterstützung von FußgängerInnen im urbanen Umfeld eignen. Dazu werden entlang von drei Testrouten in der Salzburger Pilotregion Andräviertel Salzburg o. g. Technologien mit jeweils 24 ProbandInnen in mehreren Iterationen quantitativ und qualitativ getestet. Dabei wird u. a. untersucht, wie gut sich die unterschiedlichen Technologien für die Kommunikation von Weganweisungen eignen und welche Auswirkungen sie auf die Verkehrssicherheit der benutzenden Personen haben. In diesem Paper werden die Modellierung der Datengrundlagen unter Verwendung von OpenStreetMap (OSM), die Nutzung und das Tagging in OSM, sowie die Umsetzung der drei Präsentationstechnologien behandelt. Abschließend wird eine Zusammenfassung und kritische Betrachtung von OSM für die Fußgängernavigation gegeben. Strobl, J., Blaschke, T. & Griesebner, G. (Hrsg.) (2011): Angewandte Geoinformatik Herbert Wichmann Verlag, VDE VERLAG GMBH, Berlin/Offenbach. ISBN Dieser Beitrag ist ein Open-Access-Beitrag, der unter den Bedingungen und unter den Auflagen der Creative Commons Attribution Lizenz verteilt wird (
2 Fußgängernavigation unter Verwendung von OpenStreetMap Modellierung der Datengrundlage unter Verwendung von OpenStreetMap Als Grundlage für die Umsetzung der drei Technologien wird die frei editierbare Weltkarte OpenStreetMap 1 (OSM) genutzt. Vor allem in urbanen Bereichen mit einer Vielzahl von OSM-NutzerInnen übertrifft der Detailgrad der in den Karten enthaltenen Information teilweise die Angebote der kommerziellen Kartendienste (vgl. NEIS et al. 2010). Neben zusätzlicher Information, basierend auf dem lokalen Wissen der Community-Mitglieder, sind vor allem Wegattribute für den FußgängerInnen- und RadfahrerInnenverkehr quantitativ besonders stark ausgeprägt. Es können Elemente wie z. B. Versorgungseinrichtungen, spezielle Barrieren (Poller, Zugangsstore, Zäune etc.), und sicherheitsrelevante Aspekte, die auch in Zukunft nicht im Fokus von kommerziellen Kartenanbietern liegen, erfasst werden. Aufgrund der fußgängerrelevanten Objekte (Gebäude, POI) und des damit verbundenen detaillierteren Routings, bildet OpenStreetMap eine ideale Datengrundlage für ways2navigate. Die Testrouten werden durch sogenannte Entscheidungspunkte definiert, an denen sich FußgängerInnen orientieren und ggf. eine Richtungsänderung vollziehen müssen (vgl. Abb. 1). Als wissenschaftliche Grundlage für die Realisierung der Routenanweisungen an diesen Entscheidungspunkten dienen u. a. die Erkenntnisse des Forschungsprojekts Semway (REHRL 2011). Dabei wurde untersucht, wie Navigationssysteme für FußgängerInnen mit semantischen Informationen angereichert werden können, um den Kommunikationsprozess natürlicher zu gestalten und das Navigationsergebnis zu verbessern. Abb. 1: OpenStreetMap-Kartenansicht der ways2navigate Testroute im Andräviertel in Salzburg mit den einzelnen Entscheidungspunkten 1
3 166 S. Leitinger, E. Steiger, M. Schmidt et al. Neben der direkten Verwendung der Kartendarstellung für die Präsentationsform Digitale Karte wird auf die OSM-Geodaten (Nodes, Ways, Relations) sowohl für das Routing, als auch für das Generieren der Routenanweisungen zurückgegriffen. Zusätzlich zu den vorhandenen Daten werden weitere projektbezogene Tags und Relationen erstellt, welche die Umsetzung der semantischen Weganweisungen in der sprachbasierten Navigation ermöglichen. Die Testrouten werden dabei an den entsprechenden routingrelevanten Entscheidungspunkten mit einer semnav -Notation versehen (vgl. Abb. 2). Abb. 2: Max-Ott-Platz in Salzburg und semnav -Notation im JOSM Editor Neben der Definition bestimmter Radien für die Auslösung der jeweiligen Routenanweisungen und der Integration einzelner Objekte (Nodes) der Testroute als Relation, beinhaltet das Tagging zusätzlich einen Projektverweis auf das OpenStreetMap-Wiki 2. Eine mögliche Editierung der Attribute durch OpenStreetMap-NutzerInnen wird damit minimiert und die Community gleichzeitig über das Projekt informiert. 3 Technologien zur Informationsübermittlung Um die Performanz von Weganweisungen mit den Technologien Digitale Karte, Sprache und Augmented Reality zu testen, wurde eine eigenständig entwickelte Applikation am Apple iphone 4 entwickelt. Im Projekt ways2navigate werden mehrere Testiterationen durchgeführt, um die Technologien von einer Iteration zur nächsten durch das Feedback der Testpersonen zu verbessern. Die erste Testiteration wurde von September bis Oktober 2010 durchgeführt; die zweite Iteration wird von Mai bis Juni 2011 mit den angepassten Technologien wiederum mit 24 Testpersonen abgehalten werden. Im Folgenden werden Bildschirmausschnitte der Technologien Digitale Karte, Sprache und Augmented Reality bei der 1. Testiteration, sowie nach der Anpassung auf Basis der Testergebnisse präsentiert. Digitale Karte Das Interface der Technologie Digitale Karte wurde unter anderem basierend auf den Arbeiten von AGRAWALA & STOLTE (2000) sowie DILLEMUTH (2005) entwickelt. Die Benutzeroberfläche weist folgende Funktionalitäten auf: Routenüberblick, egozentrische An- 2
4 Fußgängernavigation unter Verwendung von OpenStreetMap 167 sicht, Unterscheidung zwischen dem gegangenen und dem noch zurückzulegenden Weg, Zoom- und Scrolling-Funktion sowie einen Richtungspfeil. Folgende Hauptprobleme wurden bei der 1. Testiteration durch die 24 Testpersonen identifiziert: 1) Die Karte wirkt unübersichtlich, da sie zu viele Informationen enthält. 2) Um eine bessere Orientierung auf der Karte zu gewährleisten, sollte diese mehr Orientierungspunkte (Landmarks) enthalten. 3) Die Kartenschrift (z. B. Straßennamen) steht je nach Ausrichtung des Geräts teilweise auf dem Kopf, was zu einer schlechten Lesbarkeit der Karte führt. 4) Der Richtungspfeil wird teilweise von den Testpersonen als störend empfunden. Die genannten Probleme wurden für die 2. Testiteration folgendermaßen angepasst: 1) Um das zu viel an Information in der Karte zu beseitigen, wurden die Informationen reduziert (weniger POIs). 2) Zur besseren Orientierung wurden Landmarks an den Entscheidungspunkten hinzugefügt. 3) Die Schriftausrichtung wurde angepasst, sodass die Schriften unabhängig von der Ausrichtung des Geräts gut leserlich sind. 4) Für die 2. Testiteration wird der Richtungspfeil weggelassen. Abbildung 3 zeigt den Vergleich der Digitalen Karte für die 1. Testiteration und nach den Anpassungen für die 2. Testiteration. Abb. 3: Vergleich Digitale Karte für die 1. Testiteration und nach den Anpassungen für die 2. Testiteration Sprache Das audiobasierte Interface für die Sprachnavigation basiert hauptsächlich auf den Erkenntnissen aus den Studien von REHRL et al (2010). Bei der Sprachnavigation werden auf Basis der aktuellen Position des/der FußgängerIn sprachliche, auf FußgängerInnen ausgerichtete kognitiv ergonomische Audio-Navigationsanweisungen ausgegeben. Abbildung 4 zeigt das Beispiel einer Sprachanweisung, wie sie im Projekt ways2navigate umgesetzt wurde. Bei der Technologie Sprache wurden von der 1. Testiteration zur 2. Testiteration keine Änderungen vorgenommen, da es nur geringfügige Änderungswünsche der Testpersonen gegeben hat, mit Ausnahme des Zeitpunkts, wann die Sprachanweisung abgespielt wird. Dies ist jedoch nicht von der Applikation abhängig, sondern vom GPS-Signal. Des Weiteren wurde die Technologie Sprache schon intensiv in anderen Studien getestet (vgl. REHRL et al. 2010).
5 168 S. Leitinger, E. Steiger, M. Schmidt et al. Abb. 4: Sprachnavigation mit semantischen Weganweisungen Augmented Reality Bei der Augmented-Reality-Ansicht werden grafische Elemente über die Kameraperspektive gelegt. Für die Umsetzung bei der 1. Testiteration wurde ein Kreis mit Entfernungsangaben in Metern bis zum nächsten Entscheidungspunkt verwendet. Je näher man sich am Entscheidungspunkt befindet, umso größer wird der Kreis. Die Navigation mit Augmented Reality bereitete den Testpersonen verglichen mit der digitalen Karte und der Sprache die größten Probleme. Es ist anzunehmen, dass dies unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass die Technologie Augmented Reality neu und so dem/der BenutzerIn nicht vertraut ist. Die Testpersonen identifizierten folgende Hauptprobleme bei der 1. Testiteration: 1) Es entstanden Schwierigkeiten beim Auffinden des roten Punktes; 2) Die Testpersonen wünschten sich mehr Zusatzinformationen zur Umgebung; 3) Die Richtungsangaben sollten früher und nicht erst am Entscheidungspunkt gegeben werden. Um diese Probleme zu beseitigen, wurden für die 2. Testiteration folgende Anpassungen durchgeführt: 1) Implementierung eines neuen Konzepts mit einem dreidimensionalen Band, das dem/der BenutzerIn den Weg weist; 2) Einblendung von wichtigen Landmarks; 3) Das Problem mit der zu späten Anzeige der Richtungsangaben konnte nicht beseitigt werden, da dies nicht an der Technologie, sondern an der Ungenauigkeit des GPS-Signals liegt. Abb. 5: Vergleich von Augmented Reality für die 1. Testiteration und nach den Anpassungen für die 2. Testiteration
6 Fußgängernavigation unter Verwendung von OpenStreetMap Zusammenfassung In der vorliegenden Arbeit wurden die Performance sowie die Benutzbarkeit von drei unterschiedlichen Navigationstechnologien (Digitale Karte, Sprache, und Augmented Reality) im Kontext der GPS-basierten FußgängerInnen-Navigation untersucht. Anhand bestehender Navigations- und Orientierungskonzepte für FußgängerInnen sowie zielgruppenspezifischer Parameter wurden unterschiedliche FußgängerInnen-Navigationskonzepte entwickelt. Das Testergebnis der ersten von drei Testiterationen ergab, dass sich die Testpersonen durch die Technologie Digitale Karte am besten geführt fühlten, gefolgt von der Sprache. Signifikant schlechter wurde die Navigation mit Augmented Reality bewertet. Da OSM individuell gestaltbar ist und auf die Bedürfnisse von FußgängerInnen angepasst werden kann, wurde für die Umsetzung der Technologien OSM als Datengrundlage verwendet. OSM bietet nicht nur eine Vielzahl an frei editierbaren Kartenattributen und die Möglichkeit Spezialannotationen vorzunehmen, sondern auch einen direkten inhaltlichen Austausch mit der Community und damit auch einer potenziellen Zielgruppe. Es gilt jedoch zu beachten, dass in OSM jederzeit Änderungen durch die Community vorgenommen werden können, was zu technischen Herausforderungen aufgrund einer sich ständig verändernden Datenbasis führt. 5 Danksagung Das Forschungsprojekt ways2navigate wird vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) im Förderprogramm ways2go gefördert. Literatur AGRAWALA, M. & STOLTE, C. (2000): A Design and Implementation for Effective Computer-Generated Route Maps. AAI Symposium on Smart Graphics. DILLEMUTH, J. (2005): Map Design Evaluation for Mobile Display. Cartography and Geographic Information Science, 32, S NEIS, P., ZIELSTRA, D., ZIPF, A. & STRUNCK, A. (2010): Empirische Untersuchungen zur Datenqualität von OpenStreetMap Erfahrungen aus zwei Jahren Betrieb mehrerer OSM-Online-Dienste. In: STROBL, J., BLASCHKE, T. & GRIESEBNER, G. (Hrsg): Angewandte Geoinformatik Beiträge zum 22 AGIT Symposium Salzburg. Wichmann Verlag, Heidelberg, S REHRL, K. (voraussichtlich 2011): Elektronische Navigationsunterstützung für Fußgänger auf der Basis von kognitiv ergonomischen Sprachanweisungen, Dissertation TU Wien, Institut für Geoinformation. REHRL, K., HÄUSLER, E. & LEITINGER, S. (2010): Comparing the Effectiveness of GPS- Enhanced Voice Guidance for Pedestrians with Metric- and Landmark-Based Instruction Sets. GIScience 2010, Springer, S
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