II. Zum Begriff Kommunikation
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- Elisabeth Ackermann
- vor 8 Jahren
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1 Interkulturelle Kommunikation 17 II. Zum Begriff Kommunikation II. 1. Die Anatomie einer Nachricht (Schulz von Thun)
2 Interkulturelle Kommunikation 18 Man kann nicht nicht kommunizieren. (Watzlawick u.a.) Kommunikation ist ein zweiseitiger Prozess aus Senden und Empfangen Kulturelle Herkunft und Kommunikationssituation bestimmen unsere 4 Ohren : Welche Bedeutung kommt in welcher Kommunikationssituation dem Beziehungsaspekt im Verhältnis zum Sachaspekt der Nachricht zu?
3 Interkulturelle Kommunikation 19 II.2. Kommunikative Funktionen Karl Bühler (1934) Gegenstände und Sachverhalte Darstellung Ausdruck Z Appell Sender Empfänger Erweiterung der Bühlerschen Funktionen durch Roman Jacobson (1960) KONTEXT: referentielle Funktion MITTEILUNG: poetische Funktion SENDER emotive Funktion EMPFÄNGER konative Funktion KONTAKT: phatische Funktion KODE: metasprachliche Funktion
4 Interkulturelle Kommunikation 20 Erweiterung der Bühlerschen Funktionen durch Karl Popper (1984) [Schematische Darstellung: H.K.] Argumentation Darstellung Ausdruck Appell Kommunikation K-Intention K-Situation K-Mittel Sprecher Rahmen Diskurs Zeichen Partner Ort Zeit sprachlich außersprachlich
5 Interkulturelle Kommunikation 21 Thesen zum Verhältnis von Kommunikation (kommunikativen Funktionen) und Kultur: Der Wert und die Realisierungsform kommunikativer Funktionen ist kultur-, aber auch situations- und persönlichkeitsabhängig. Kultur ist gegliedert in Lebens- und Kommunikationsbereiche, in denen sich Diskurse (der Politik, des Rechts, der Religion, der Ökonomie, der Wissenschaft, des Alltags usw.) ausprägen. Auf der Ebene der Diskurse ist nicht nur mit kulturspezifischen, sondern auch mit sprachlichen, kommunikativen Regelhaftigkeiten zu rechnen, die dem jeweiligen Diskurs angehören, d.h. kulturübergreifend sind. Die Realisierungsebene von Diskursen sind monologische und dialogische Texte (z.b. privates Gespräch, Meeting, Gedicht, politische Rede, Plädoyer vor Gericht usw.). it is not cultures that communicate, but people (Janney/Arndt 1994, 33)
6 Interkulturelle Kommunikation 22 Diskurs: Politik Textsorte: Politische Debatte Text: Streitgespräch zwischen A und B Kultur A Kultur B Kommunikationsrahmen
7 Interkulturelle Kommunikation 23 II.3. Die Dimensionen von Sprache Sprache ist* eine Fähigkeit ein System eine Norm ein Handeln Unser Kind kann schon sprechen Wortschatz und Grammatik des Russischen Amtsdeutsch, Sprache der Liebe Wie sprichst du mit mir? Sprache umfasst Artefakte Mentefakte Soziofakte Wörter, Texte grammatische Regeln, Normen des Sprechens, Bedeutungen, Begriffe (Konzepte) sprachliches Handeln: Sprechen, Schreiben * vgl. Saussure, F. de Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft. Berlin. Coseriu, E Einführung in die allgemeine Sprachwissenschaft. Tübingen.
8 Interkulturelle Kommunikation 24 Kommunikationsmittel* nonverbal verbal vokal nonvokal systemisch pragmatisch statisch dynamisch Lexik Darstellungsform Grammatik Ausdrucksform Pausen Körperbau Blickkontakt Appellform Tempo Gesichtsform Mimik, Gestik usw. Frequenz usw. usw. Argumentation usw. *vgl. Mang (1998, 66)
9 Interkulturelle Kommunikation 25 Ursachen für das Scheitern interkultureller Kommunikation nach Gumperz: (1) Unterschiedliche kulturelle Annahmen über die Situation und ihr angemessene Verhaltensweisen und Intentionen. (2) Unterschiedliche Verfahren der Informations- und Argumentationsstrukturierung in einem Gespräch. (3) Unterschiedliche Sprechweisen, etwa die Verwendung eines unterschiedlichen Systems von bewussten linguistischen Konventionen, mittels derer betont wird, mittels derer Beziehungen und Logik signalisiert werden und mittels derer die Bedeutsamkeit dessen impliziert wird, was an Gesamtsinn und Einstellungen ausgedrückt worden ist. (zit. n. Hinnenkamp 1989, 10)
10 Interkulturelle Kommunikation 26 Russisches vs. österreichisches Telefonat Алло Ирину можно? Ее нет. Перезвоните попозже. Ja bitte? Grüß Gott, hier spricht Könnte ich bitte Irina sprechen? Sie ist leider momentan nicht zu Hause. Könnten Sie vielleicht später noch einmal anrufen? Ja, danke. Auf Wiederhören. Auf Wiederhören. (aufgelegt) (Brugger 2000, 177) (aufgelegt) Nähe und Ferne von Bekanntschaftsbezeichnungen Englisch, Deutsch, Russisch intim besonders nah sehr nah bekannt (m/f) (m/m, f/f) nah devuška/paren X Drug X X Podruga X X X prijatel X X Freund X nur mit X X Attributen Freundin X X X X Bekannte/r X girl-/boyfriend X friend X X my friend X X X friend of mine X X (vgl. Brugger 2000, )
11 Interkulturelle Kommunikation 27 II.4. Sprechakte und Kommunikationsprinzipien Sprechakte Grundlagen: L. Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, J.L. Austin, How to do things with words, 1962 J.R. Searle, Speechacts, 1969 D. Wunderlich, Studien zur Sprechakttheorie, Performative versus konstative Äußerungen nach Austin 1962 Performativ: Die Sagenhandlung ist die gesagte Handlung. Konstativ: Die Sagenhandlung ist von der gesagten Handlung unabhängig. vgl.: Я клянусь. Объявляю собрание открытым. (perform.) Я иду. Подпишу документ. Дом имеет пять этажей. (konst.) 2. Implizit/primär performative Äußerungen Здесь не курят. 3. Direkte versus indirekte Sprechakte BITTEN -> FRAGEN -> ÄUSSERUNG primärer sekundärer Illokutionsakt Ты не мог бы закрыть окно? Ты не мог бы занять мнеденег до воскресения?
12 Interkulturelle Kommunikation 28 Grafik DTV-Atlas Philosophie
13 Interkulturelle Kommunikation 29 Sprechaktklassen nach J.R. Searle Prinzipien der Klassifikation 1. Illokutionärer Zweck (illocutionary point): Absichten, die ein Sprecher mit seiner Äußerung verfolgt. 2. Psychische Einstellung (psychological state): Einstellungen, die der Sprecher mit dem Sprechakt zum Ausdruck bringt (z.b. Überzeugung, Wunsch, Bedauern, Verärgerung) 3. Anpassungsrichtung (direction of fit): Beziehung zwischen Worten und Welt als Folge des illokutionären Zwecks. Sprechaktklassen Assertiva / Repräsentativa Direktiva Kommissiva Expresssiva Deklarativa Sp sagt, was der Fall ist und legt sich auf die Wahrheit der Proposition fest. (BEHAUPTEN, FESTSTELLEN) Anpassungsrichtung: Wort an Welt Psychische Einstellung: Überzeugung Sp sagt, was H tun soll und versucht damit zu erreichen, dass H diese Handlung ausführt (BITEN, BEFEHLEN, RATEN) Anpassungsrichtung: Welt an Wort Psychische Einstellung: Wunsch SP sagt, was SP tun wird und legt sich darauf fest (VERSPRECHEN, GELOBEN) Anpassungsrichtung: Welt an Wort Psychische Einstellung: Absicht Sp sagt, was Sp oder H fühlen (DANKEN, KLAGEN, LOBEN) Rituelle Handlungen (BEGRÜßEN, VERABSCHIEDEN) Keine Anpassungsrichtung, psychische Einstellungen entsprechen den konkreten Sprechakten Sp sagt, was gelten soll (ERÖFFNEN, VERURTEILEN, TAUFEN) Herstellung der Übereinstimmung von Wort und Welt im erfolgreichen Vollzug des Sprechakts
14 Interkulturelle Kommunikation 30 Konversationsprinzipien und -maximen Kooperationsprinzip nach Grice Handle kooperativ. Mache deinen Beitrag zur Konversation genau so, wie es der Punkt der Konversation, an dem er erfolgt, erfordert. Das was, was erforderlich ist, ist bestimmt durch den Zweck oder die Richtung des Gesprächs. Konversationsmaximen nach Grice Quantität Mache deinen Beitrag so informativ wie nötig, aber nicht informativer als nötig. Qualität Sage nichts, was du für falsch hältst, oder wofür dir ausreichende Gründe fehlen. Relation Sei relevant. Modalität Sei klar. Vermeide Dunkelheit, Mehrdeutigkeit, Weitschweifigkeit und halte die richtige Reihenfolge ein.
15 Interkulturelle Kommunikation 31 Kritik und Erweiterung der Griceschen Maximen um das Höflichkeitsprinzip (Goffman, Leech, Brown/Levinson u.a.) Sprechakte im Beziehungsaspekt der Kommunikation Sprechakt gesichtsbedrohend (face threatening act) gesichtsbeschützend (face saving act) Gesicht (face) negativ Handlungsfreiheit Unabhängigkeit Ungestörtheit etc. des Selbst positiv Gemeinschaft Akzeptanz Anerkennung etc. mit/durch andere Höflichkeit negativ (Distanzhöflichkeit) indirekt gesichtsbeschützend Konflikt mit Qualitätsmaxime positiv (Solidaritätshöflichkeit) direkt gesichtsbedrohend gesichtsbeschützend >gesichtsaufbauend
16 Interkulturelle Kommunikation 32 Beispiel: Wie ich einen Kuli bekomme (Meibauer 1999, 115) Wie ich einen Kuli bekomme etwas sagen offenkundig gesichtsbeschützender Akt positive Höflichkeit Sei so gut und leih mit deinen Kuli nichts sagen (in der Tasche kramen) nicht offenkundig Ich habe meinen Kuli vergessen ganz offenkundig Gib mir deinen Kuli! negative Höflichkeit Könntest du mir deinen Kuli leihen Ein alternatives Modell: Geltungsansprüche nach Habermas (1988/1; 1995) Kommunikative Geltungsansprüche sind: äquivalent zu der Behauptung: Die Bedingungen für die Gültigkeit einer Äußerung sind erfüllt; universal, d.h. sie werden in jeder kommunikativen Äußerung für die Äußerung erhoben; quantitativ begrenzt.
17 Interkulturelle Kommunikation 33 Geltungsansprüche werden erhoben auf: die Wahrheit von Propositionen; die Richtigkeit von moralischen Handlungsnormen; die Wahrhaftigkeit, d.h. dass die manifeste Sprecherintention so gemeint ist, wie sie geäußert wird; die Verständlichkeit bzw. Wohlgeformtheit von symbolischen Ausdrücken. Der Sprecher muß einen verständlichen Ausdruck wählen, damit Sprecher und Hörer einander verstehen können; der Sprecher muß die Absicht haben, einen wahren propositionalen Gehalt mitzuteilen, damit der Hörer das Wissen des Sprechers teilen kann; der Sprecher muß seine Intention wahrhaftig äußern wollen, damit der Hörer an die Äußerung des Sprechers glauben (ihm vertrauen) kann; der Sprecher muß schließlich eine im Hinblick auf bestehende Normen und Werte richtige Äußerung wählen, damit der Hörer die Äußerung akzeptieren kann, so daß beide, Hörer und Sprecher, in der Äußerung bezüglich eines anerkannten normativen Hintergrunds miteinander übereinstimmen können (Habermas 1995, 354f.). Unterschied zu Grice: Geltungsanspruch der Richtigkeit. zu Brown/Levinson: Richtigkeit ist ein normativer Begriff, der anders als Höflichkeit über aktuelle Kommunikationsnormen hinausgeht.
18 Interkulturelle Kommunikation 34 Kommunikationstheoretische Alternative: Angemessenheit kommunikatives Handeln/Verhalten, das positiv wie negativ gerechtfertigt werden, also als richtig im Sinne von Habermas oder aber als akzeptabel im Sinne von entschuldbar ausgewiesen werden kann. Höflichkeit ist eine Submaxime der Angemessenheit neben diskursiver und situativer Angemessenheit sowie Wohlgeformtheit in der Text-/ Kommunikationssorte. Akzeptables Handeln/Verhalten kann auch die Verletzung der Höflichkeitsmaxime beinhalten (z.b.: hart, aber herzlich ). angemessen richtig entspricht den Normen der Kommunikationspartner akzeptabel Verletzung von Normen die gerechtfertigt werden kann höflich diskursiv richtig... höflich unhöflich diskursiv akzeptabel
19 Interkulturelle Kommunikation 35 Relevanz und Kooperation Das Prinzip der Relevanz besagt: Jede Mitteilung kommuniziert die Voraussetzung ihrer eigenen optimalen Relevanz (Sperber/Wilson 1995, 158). Eine Äußerung ist relevant wenn sie mindestens einen kontextuellen Effekt erzeugt und sie ist umso relevanter, je größer die Menge der Effekte im Verhältnis zur kognitiven Anstrengung (der Länge der Äußerung, der Menge der verarbeiteten enzyklopädischen Informationen, der Menge der zur Anwendung gekommenen deduktiven Regeln) ist. (Sperber/Wilson 1995, 48) Kommentar: Das Relevanzprinzip ist dem Kooperationsprinzip übergeordnet, ersetzt es aber nicht. Das Relevanzprinzip ist das Prinzip allen kommunikativen Handelns, das aber nicht ausreicht, um Kommunikation im Sinne von Verständigung zu gewährleisten. Für diese ist das Kooperationsprinzip mit den ihm untergeordneten Geltungsansprüchen der Wahrheit, Angemessenheit, Wahrhaftigkeit und Verständlichkeit die notwendige Bedingung. Widerspricht die als kommunikativ relevanteste Mitteilung erschlossene Information der kommunikativen Kooperation, in dem sie als unwahr, unangemessen oder unwahrhaftig erscheint, oder ist aufgrund von Unverständlichkeit keine relevante Information zu erschließen, so liegt eine willentliche oder unwillentliche Verletzung des Kooperationsprinzips vor, die entweder zum Abbruch der Kommunikation oder zur Problematisierung und eventuellen argumentativen Einlösung eines oder mehrerer Geltungsansprüche führt.
20 Interkulturelle Kommunikation 36 Kommunikative Unkooperativität (Nikolaeva 1990, 226f.)
21 Interkulturelle Kommunikation 37 Zusammenfassendes Modell: Relevanz, Kooperation und Geltungsansprüche Kommunikation folgt dem Relevanzprinzip Handeln folgt nicht dem Relevanzprinzip Verhalten folgt dem Kooperationsprinzip Erfüllung der missachtet das Kooperationsprinzip Missachtung eines oder mehrerer Geltungsansprüche Wahrheit Wahrhaftigkeit Angemessenheit Verständlichkeit normative Richtigkeit
22 Interkulturelle Kommunikation 38 Argumente gegen den Universalitätsanspruch der theoretischen Pragmatik (Anna Wierzbicka, Cross-cultural Pragmatics) (1) In different societies, and different communities, people speak differently. (2) These differences in ways of speaking are profound and systematic. (3) These differences reflect different cultural values, or at least different hierarchies of values. Different ways of speaking, different communicative styles, can be explained and made sense of, in terms of independently established different cultural values and cultural priorities. (Wierzbicka 2003, 69) Kulturrelationale Revision der Griceschen Maximen (Clyne 1996, 194) Quantität Mache deinen Beitrag so informativ wie nötig, aber nicht informativer als nötig in Abhängigkeit von den konversationellen Konventionen einer gegebenen Kultur. Qualität Gestalte deine Äußerung so, dass Du für sie nach den Normen Deiner Kultur Verantwortung übernehmen kannst. (1) Sage nichts, von dem Du meinst, dass es deinen kulturellen Normen von Wahrheit, Harmonie, Nächstenliebe und/oder Respekt widersprechen könnte. (2) Sage nichts, was du für falsch hältst, oder wofür dir ausreichende Gründe fehlen. Modalität Sei klar. (1) Mache deine Äußerung nicht unklarer als es Respekt (face) und Autorität erfordern. (2) Vermeide Ambiguität, es sei denn sie dient der Höflichkeit oder Unantastbarkeit eines zentralen, die Würde des Gegenüber betreffenden Werts, z.b. Harmonie, Nächstenliebe oder Respekt.
23 Interkulturelle Kommunikation 39 (3) Mache deine Äußerung so ausführlich wie es die Art und das Ziel der Kommunikation und die konversationellen Konventionen deiner Kultur erfordern. (4) Strukturiere deinen Beitrag gemäß den Erfordernissen deiner Kultur. Clynes These zu den Erfordernissen der interkulturellen Kommunikation: Successful inter-cultural communication is achieved by making the communicative intent very clear and, where possible, being aware of the interlocutor s cultural expectations (Clyne 1996, 195). Daher ist der Modalitätsmaxime hinzuzufügen: (5) In your contribution, take into account anything you know or can predict about the interlocuter s communication expectations. (ebd.) Kommentar zur kulturwissenschaftlichen Kritik der Pragmalinguistik Die kulturwissenschaftliche Kritik trifft nicht grundsätzlich die Universalität von Konversationsmaximen, zeigt aber die kulturell differente Hierarchie von Maximen die kulturelle Differenz von Kriterien zur Erfüllung von Maximen Zur Sicherung gelungener interkultureller Kommunikation müssen und der Geltungsanspruch der Verständlichkeit die Angemessenheitsmaxime erstens hierarchisch dominant gesetzt und zweitens im Kommunikationsablauf kritisch reflektiert werden: lernendes Kommunizieren
24 Interkulturelle Kommunikation 40 Ein Effekt des lernenden Kommunizierens : Merkmale Interkultureller Handlungskompetenz nach A. Thomas: 1. Interkulturelle Kompetenz ist die notwendige Voraussetzung für eine angemessene, erfolgreiche und für alle Seiten zufrieden stellende Kommunikation, Begegnung und Kooperation zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen. 2. Interkulturelle Kompetenz ist das Resultat eines Lern- und Entwicklungsprozesses. 3. Die Entwicklung interkultureller Kompetenz setzt die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit fremden kulturellen Orientierungssystemen voraus, basierend auf einer Grundhaltung kultureller Wertschätzung. 4. Interkulturelle Kompetenz zeigt sich in der Fähigkeit, die kulturelle Bedingtheit der Wahrnehmung, des Urteilens, des Empfindens und des Handelns bei sich selbst und bei anderen Personen zu erfassen, zu respektieren, zu würdigen und produktiv zu nutzen. 5. Ein hoher Grad an interkultureller Kompetenz ist dann erreicht, wenn (1) differenzierte Kenntnisse und ein vertieftes Verständnis des eigenen und fremder kultureller Orientierungssysteme vorliegen, (2) aus dem Vergleich der kulturellen Orientierungssysteme kulturadäquate Reaktions-, Handlungs- und Interaktionsweisen generiert werden können, (3) aus dem Zusammentreffen kulturell divergenter Orientierungssysteme synergetische Formen interkulturellen Handelns entwickelt werden können, (4) in kulturellen Überschneidungssituationen alternative Handlungspotenziale, Attributionsmuster und Erklärungskonstrukte für erwartungswidrige Reaktionen des fremden Partners kognizierbar sind, (5) die kulturspezifisch erworbene interkulturelle Kompetenz mit Hilfe eines generalisierten interkulturellen Prozess- und Problemlöseverständnisses und Handlungswissens auf andere kulturelle Überschneidungssituationen transferiert werden kann, (6) in kulturellen Überschneidungssituationen mit einem hohen Maß an Handlungskreativität, Handlungsflexibilität, Handlungssicherheit und Handlungsstabilität agiert werden kann. Dabei sind Persönlichkeitsmerkmale und situative Kontextbedingungen so ineinander verschränkt, dass zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen eine von Verständnis und gegenseitiger Wertschätzung getragene Kommunikation und Kooperation möglich wird. (zit. n. A. Thomas, Interkulturelle Handlungskompetenz und wirtschaftsethisches Verhalten in international tätigen Unternehmen. In: Mit interkulturellem Wissen zum Unternehmenserfolg. Prag 2004, S (= Unternehmenskultur und Unternehmenserfolg. Bd. 2.; auch Thomas 2003;
25 Interkulturelle Kommunikation 41 (Palmer 1996, 187f.)
26 Interkulturelle Kommunikation 42 Grafik bei Thieme 2000
27 Interkulturelle Kommunikation 43 Hyperkooperativität Hinnenkamp (1989, 93) Hilfe anbieten, wo sie nicht gebraucht wir, unterstellt Hilfsbedürftigkeit, die aber gesichtsbedrohend sein kann vor allem, wenn sie sich penetrant und hartnäckig offeriert. Rekalibrierung kann auch unangemessen sein, Korrekturen können auch hyperkorrekt sein (Hinnenkamp 1989, 94)
28 Interkulturelle Kommunikation 44 Fazit: Vier Kommunikationsprinzipien Kooperationsprinzip: Relevanzprinzip: Nachsichtigkeitsprinzip: Ethisches Prinzip: der/die andere will verstanden werden der/die andere ist relevant der/die andere ist nicht dumm der/die andere ist rational der/die andere will mir nichts Böses Normen: Versuche zu verstehen, vermeide, was vom/von der anderen nicht verstanden werden kann. Versuche, die Relevanz des Beitrages deines/deiner Partners/in zu erkennen, vermeide, was für den/die andere/n (in seiner/ihrer Kommunikationswelt) nicht relevant ist. Nimm den/die andere/n ernst, vermeide, was für dich (und den/die andere/n) nicht rational ist. Unterstelle dem/der anderen keine bösen Absichten (suche eine positive Interpretation), vermeide, was der/die andere als Aggression oder Hinterlist interpretieren könnte.
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