Amtsärztliche Einstellungsuntersuchungen im Lichte neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung - Sachstand -
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- Gerhard Baumgartner
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1 BV-ÖGD - Fachausschuss Amtsärztlicher Dienst Amtsärztliche Einstellungsuntersuchungen im Lichte neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung - Sachstand Wissenschaftlicher Kongress BV-ÖGD Rostock, Dr. Rudolf Lange Kreisgesundheitsamt Mettmann
2 Sachstand Einstellungsuntersuchungen MEMO Thematische Auffrischung aus dem Vortrag Kongress 2014 Magdeburg Rostock, Dr. Rudolf Lange, KGA Mettmann 2
3 Maßstab der gesundheitlichen Eignung (neu) Neuer höchstrichterlicher Maßstab (Zitat): Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, kann der Dienstherr die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber nur verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird. (BVerwG , 2 C / 18.12, jeweils Rz 16) (..).. oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). (BVerwG , 2 C 16.12, Rz 26) Magdeburg, Dr. Rudolf Lange - KGA Mettmann 3
4 Die neuen Kriterien gemäß Urteilsformel (1).. wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit (..) eintreten wird. d.h. ein ungezielter Vorverdacht (Screening) ist nicht hinreichend, es müssen konkret fassbare Merkmale ( Tatsachen ) gegeben sein, z.b. - anamnestisch bekannte Erkrankungen /Risikofaktoren - nicht abgeklärte, auffällige AU-Zeiten - vom AG o.a. berichtete Auffälligkeiten/Leistungseinschränkungen (soweit als zitierfähige und plausible Fremdanamnese verwendbar) Erst diese können einen ersten Anknüpfungspunkt liefern, an welchen sich dann zulässig weitergehende Ermittlungen zur medizinischen Sachverhaltsklärung anschließen. Magdeburg, Dr. Rudolf Lange - KGA Mettmann 4
5 Die neuen Kriterien gemäß Urteilsformel (2).. wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit (..) eintreten wird. erst auf dem Boden der tatsächlichen Anknüpfungspunkte soll die/der Sachverständige eine prognostische Überlegung entwickeln. Diese darf durchaus einen Unsicherheitsspielraum umfassen, jedoch nicht frei willkürlich erfolgen, sondern muss sich abwägend auf rechtfertigende Argumente stützen, d.h. auf andere, übergreifend gültige Bezugspunkte (z.b. individuelle Merkmale, wissenschaftliche Fachliteratur, statistische Erkenntnisse etc.) Im Sinne dieser Rechtfertigung werden zukünftig die fachlichen Erkenntnisquellen, auf die sich die gutachterliche Schlussaussage stützt, vermehrt gerichtlich hinterfragt werden. Magdeburg, Dr. Rudolf Lange - KGA Mettmann 5
6 Die neuen Kriterien gemäß Urteilsformel (3).. wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit (..) eintreten wird. hier liegt neben der vorbeschriebenen Anforderungen an eine höhere Konkretisierung der wesentliche neue Ansatz in Form eines abgesenkten Prognosemaßstabs: Die vzdu (..) muss nicht mehr (im Rahmen einer Annahme - s.v.) mit hoher Wahrscheinlichkeit, sondern nur noch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Magdeburg, Dr. Rudolf Lange - KGA Mettmann 6
7 How to do Das (in NRW) bewährte System: - klare Zuordnung des individuellen Patienten mit seiner Erkrankung und deren Merkmalen in eine Vergleichsgruppe durchaus diagnostisch unterschiedlicher, jedoch in der Bedeutung und Auswirkung ähnlicher Fälle (Fallgruppenbildung / Kategorisierung) - bezogen auf die Fallgruppen differenzierte, in der Aussage jedoch standarisierte gutachterliche Aussagen /Formulierungen, die dem Adressaten (Dienstherrn) weniger das Krankheitsbild, sondern dessen funktionelle Auswirkungen verdeutlichen und damit eine abwägende Entscheidung eröffnen Magdeburg, Dr. Rudolf Lange - KGA Mettmann 7
8 Kategorie A / B Fälle, bei denen keine oder allenfalls geringfügige gesundheitliche Auffälligkeiten weitab von tatsächlich drohenden Problemen feststellbar sind. Magdeburg, Dr. Rudolf Lange - KGA Mettmann 8
9 Kategorie D Fälle, bei denen chronische bzw. rezidivierende gesundheitliche Auffälligkeiten bestehen, die in hohem Maße, jedenfalls mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, Bedenken bzgl. der weiteren Prognose vorzeitige DU und/oder gehäufte/ langwierigere Ausfallzeiten auslösen Magdeburg, Dr. Rudolf Lange - KGA Mettmann 9
10 Kategorie D Maßgeblich ist, dass sich diese Bedenken auf folgende Merkmale stützen müssen: die Art der Erkrankung als solche mit ggfs. gehäuft problematischen Verläufen und/oder Folgeproblemen (Statistik, Krankheitsverlauf nach Lehrbuch) konkrete fallbezogene Befunde als Merkmale einer aktuellen klinischen Graduierung den individuellen Krankheitsverlauf (retrospektive Anamnese, bereits dokumentierte Rezidive, längere AU-Phasen ) ggfs. sonstige mögliche Einflussfaktoren (soziale oder bereits absehbare dienstliche Rahmenbedingungen) Alle(!) dieser Merkmale sind individuell zu erfassen, argumentativ zu gewichten und schriftlich für Nachfragen bereit zu halten. Magdeburg, Dr. Rudolf Lange - KGA Mettmann 10
11 Problem: Kategorie C Fälle, bei denen chronische bzw. rezidivierende gesundheitliche Auffälligkeiten festzustellen, die wesentliche Bedenken bzgl. der individuellen Krankheitsentwicklung, möglicher Leistungs- bzw. Verwendungseinschränkungen und/oder wechselnder Fehlzeiten aufkommen lassen. Es sind jedoch weder individuell unabweisbare Komplikationen ersichtlich noch hinreichend belastbare fachwissenschaftliche Grundlagen gegeben bzw. zu ermitteln, die Wahrscheinlichkeit eines negativen Verlaufs prognostisch eindeutig als überwiegend.. einzustufen. Einerseits ist auf diese Unbestimmtheits-Problematik, andererseits auf dadurch bedingte mögliche Verwendungsprobleme hinzuweisen. Magdeburg, Dr. Rudolf Lange - KGA Mettmann 11
12 Sachstand Einstellungsuntersuchungen Folgemaßnahmen (1) Verständnis vermittelnde Diskussion mit der Auftraggeberseite - gelungen mit einzelnen zentralen Diensten z.b. Formulierung des Standard-Auftragstextes (OFD) - schwierig mit anderen Groß-Auftraggebern z.b. Lehrerdezernaten der BezReg - sehr erschwert mit kleinen (kommunalen) Auftraggebern Rostock, Dr. Rudolf Lange, KGA Mettmann 12
13 Sachstand Einstellungsuntersuchungen Folgemaßnahmen (2) Soweit erkennbar: - noch keine übergreifende politische Sensibilisierung - möglicher Weise aber auch hinnehmende Akzeptanz ohne nähere Betrachtung mittelfristiger Effekte Rostock, Dr. Rudolf Lange, KGA Mettmann 13
14 Sachstand Einstellungsuntersuchungen Folgemaßnahmen (3) Im Bereich der amtsärztlichen Qualitätssicherung: Beginn einer Fallsammlung von kritischen Abgrenzungsfällen als Erfahrungspool für in etwa vergleichbare Einzelfälle zur Überprüfung der Funktionstauglichkeit der Fallgruppendefinitionen und Umsetzbarkeit der gutachterlichen Äußerungen Rostock, Dr. Rudolf Lange, KGA Mettmann 14
15 Sachstand Einstellungsuntersuchungen Fallsammlung Fallbeispiele s. Anlagen 1+2 als Verfahrensmuster Rostock, Dr. Rudolf Lange, KGA Mettmann 15
16 Sachstand Einstellungsuntersuchungen Fallsammlung (im Aufbau) Diagnose Kategorie Link Adipositas Adipositas Adipositas C C D Colitis ulcerosa Common Variable Imunodeficiency (CVID) C C Multiple Sklerose Multiple Sklerose (D) C offen (C) Rostock, Dr. Rudolf Lange, KGA Mettmann 16
17 Sachstand Einstellungsuntersuchungen Meinungsund Erfahrungsaustausch erwünscht... Rostock, Dr. Rudolf Lange, KGA Mettmann 17
18 Sachstand Einstellungsuntersuchungen Ausblick Weitere neue höchstrichterliche Rechtsprechung zu den formalen Vorbedingungen für eine amtsärztliche Dienstunfähigkeitsbegutachtung stellen weniger für uns Amtsärzte, sondern vorrangig für die Auftraggeber eine neue Herausforderung dar Rostock, Dr. Rudolf Lange, KGA Mettmann 18
19 Kontakt Dr. med Rudolf Lange Arzt für Öffentliches Gesundheitswesen Sozialmedizin Umweltmedizin Leiter des Kreisgesundheitsamtes Mettmann Düsseldorfer Str. 26, Mettmann Telefon / Telefax / Mail r.lange@kreis-mettmann.de Anfragen zum internen QS-NRW-Zugang mailto: webmaster@lv-oegd-nrw.de Rostock, Dr. Rudolf Lange, KGA Mettmann 19
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