Fahrlässigkeit: objektive Pflichtverletzung nach seinen subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten vermeiden konnte
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- Friedrich Schneider
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1 Strafrecht Fahrlässigkeit: Fahrlässig handelt ein Täter, der eine objektive Pflichtverletzung begeht, sofern er sie nach seinen subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten vermeiden konnte und wenn gerade die Pflichtverletzung objektiv und subjektiv vorhersehbar den Erfolg herbeigeführt hat. Die Einzelheiten des durch das pflichtwidrige Verhalten in Gang gesetzten Kausalverlaufs brauchen dagegen nicht vorhersehbar zu sein (vgl. BGH NJW 2009, S ff., 1155). Formen: Unbewusste/ Bewusste Fahrlässigkeit/ Leichtfertigkeit. 1
2 Strafrecht Unbewusste Fahrlässigkeit: Täter verkennt schon die Pflichtwidrigkeit bzw. Sorgfaltswidrigkeit seines Handelns und die Möglichkeit des Erfolgseintritts. Grundsätzlich genügt bereits die unbewusste Fahrlässigkeit. Leichtfertigkeit: Besonders grobe bzw. schwerwiegende Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (vgl. z. B. BGHSt 20, S. 315 ff., 323 f.); vgl. z.b. 176 b, 239 a Abs. 3, 251 StGB: wenigstens leichtfertig. 2
3 Strafrecht Subjektiver Tatbestand Abgrenzung von dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit: In beiden Fällen (er )kennt der Täter die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung. (Bei unbewusster Fahrlässigkeit erkennt Täter die Möglichkeit der Tatbestandverwirklichung dagegen nicht.) Im Unterschied zum Willen des Täters bei Vorliegen des dolus eventualis will der Täter bei der bewussten Fahrlässigkeit die Verwirklichung des Tatbestandes gerade nicht. Vielmehr vertraut er darauf, dass dieser Erfolg gerade nicht eintritt ( es wird schon gutgehen ). 3
4 Strafrecht Subjektiver Tatbestand Sofern in den einzelnen Tatbeständen nichts anderes normiert ist (z. B. Erfordernis einer Absicht oder des direkten Vorsatzes, vgl. z. B. 283 c Abs. 1 StGB: absichtlich oder wissentlich, 323 b StGB: wissentlich o. 352 Abs. 1, 353 Abs. 1 StGB: von denen er weiß, dass ) genügt grundsätzlich bereits das Vorliegen von dolus eventualis als Vorsatzform! 4
5 25 Abs. 1 StGB: Als Täter wird bestraft, wer die Tat selbst oder durch einen anderen begeht. 25 Abs. 2 StGB: Begehen mehrere die Tat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter). 26 StGB: Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat. 27 Abs. 1 StGB: Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. 27 Abs. 2 StGB: Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach 49 Abs. 1 StGB zu mildern. 5
6 Keine Unterscheidung von Täter und Teilnehmer bei den Fahrlässigkeitsstraftaten ( Einheitstäter ). Entscheidend wird dort auf die Kausalität des Handelns sowie auf die Sorgfaltspflichtverletzung abgestellt. Unterscheidung betrifft nur Vorsatzdelikte. Wer in seiner Person unmittelbar alle Merkmale des obj. und subj. TB verwirklicht, ist stets Täter (vgl. nur BGHSt 38, S. 315 ff., 316). 6
7 Abgrenzung von unmittelbarer ( 25 Abs Alt. StGB) und mittelbarer ( 25 Abs Alt. StGB) Täterschaft einerseits und Teilnahme andererseits wird unterschiedlich vorgenommen u. ist im einzelnen umstritten. Grundlinien: H. M. im Schrifttum: Kriterium der Tatherrschaft entscheidend. Rechtsprechung: Vorstellung und Wille des Handelnden entscheidend (Täterwille, sog. animus auctoris, oder Teilnehmerwille, sog. animus socii). 7
8 Tatherrschaftslehre (in Form der sog. materiellobjektiven Theorie): Maßgebliches Kriterium ist die Beherrschung des Tatgeschehens, also das vom Vorsatz umfasste In den Händen Halten des tatbestandmäßigen Geschehensablaufs. Der Täter entscheidet über das Ob und beherrscht das Wie der Tatbegehung. Im Gegensatz zum Teilnehmer ist der Täter eine bzw. die Zentralfigur des Tatgeschehens und kann die Tatbegehung nach seinem Willen hemmen oder ablaufen lassen. 8
9 Subjektive Theorie (u.a. BGH): Täterwille (animus auctoris) sowie (teilw.) eigenes Interesse am Taterfolg entscheidend. Täter ist derjenige, der einen objektiven Tatbeitrag leistet und die Tat als eigene will. Der Teilnehmer will dagegen lediglich eine fremde Tat veranlassen (Anstiftung) oder fördern (Beihilfe). Aber: Tatbeherrschung bzw. Tatherrschaft wird (teilweise) im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung als wichtiges Indiz für Täterschaft angesehen (vgl. z. B. BGHSt 35, S. 347 ff., 353 f.; 28, S. 346 ff., 348 f.; BGH NJW 2004, S ff., 3053). Teilweise soll Wille zur Tatherrschaft genügen (vgl. BGH NJW 1991, S f.). 9
10 Mittäterschaft ( 25 Abs. 2 StGB): Mehrere begehen die Tat gemeinschaftlich im Wege bewussten und gewollten Zusammenwirkens. Gemeinschaftliche Tatbegehung und gemeinsamer Tatentschluss erforderlich. Mittäter wirken arbeitsteilig zusammen. Jedem Mittäter werden die Tatbeiträge der anderen wie eigenes Handeln zugerechnet. 10
11 Nach h. M. ist für die Mittäterschaft keine Mitwirkung jedes Mittäters bei der unmittelbaren Tatausführung erforderlich. Es genügt bereits eine Mitwirkung im Vorbereitungsstadium der Tat, wenn diese Mitwirkungshandlung für Tatablauf und erfolg von entscheidender Bedeutung ist. Nach dieser Ansicht ist daher auch die Anwesenheit des Täters bei der unmittelbaren Tatausführung (am Tatort ) nicht erforderlich (vgl. z. B. BGH NJW 1991, S f.). Lehre von der sog. funktionalen Tatherrschaft: Entscheidende Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium begründen Mittäterschaft, wenn das Minus bei tatsächlichen Tatausführung durch die Bedeutung des Tatbeitrages und die Funktion des Betreffenden in der Organisation ausgeglichen werden (z. B. Bandenchef, der bei Tatausführung nicht vor Ort mitwirkt, aber Tatdurchführung detailiert geplant und organisiert hat, also die Fäden in der Hand hält ), vgl. hierzu nur: Schönke/Schröder: StGB, 26. Aufl., 2006, vor 25, Rdnr. 74; Fischer: StGB, 56. Aufl., 2009, 25, Rdnr. 13, 16 11
12 Gemeinsamer Tatentschluss bzw. gemeinsamer Tatplan (konkludent oder ausdrücklich) erforderlich. Jeder Tatbeteiligte muss seinen Tatbeitrag aufgrund des gemeinsamen Tatvorsatzes für die anderen Beteiligten und für sich erbringen wollen. 12
13 Bei sog. eigenhändigen Delikten (Bsp.: 316 StGB) ist nur Täter, wer die Tatbestandshandlung selbst voll verwirklicht. Besondere Tätermerkmale oder besondere Absichten müssen in der Person jedes Mittäters erfüllt sein. Hier ist keine wechselseitige Zurechnung möglich. Sukzessive Mittäterschaft: Beteiligung als Mittäter an einer zunächst fremden Tat nach deren Beginn und vor deren Beendigung (vgl. z. B. BGHSt 2, S. 344 ff., 345 ff.). Dagegen h. L.: Nur bis Vollendung möglich (vgl. nur Schönke/Schröder, 25, Rdnr. 91). Vollendung = Abschluss der Tatbestandsverwirklichung Beendigung = Tatsächliche Beendigung des gesamten Handlungsgeschehens, mit dem das Tatunrecht den Abschluss findet (vgl. nur BGHSt 3, S. 40 ff., 43 f.). 13
14 Mittelbarer Täter ( 25 Abs Alt. StGB) verwirklicht nicht selbst unmittelbar alle TB Merkmale. Er begeht die Tat aber durch einen anderen, verwendet diesen Menschen also als Werkzeug (Tatmittler), dessen Handlungen er veranlasst oder fördert. Der Tatmittler handelt dagegen (idr) nicht voll deliktisch, ist also selbst (idr) nicht Täter: Fehlende vollständige Verwirklichung des obj. o. subj. TB, Fehlen der Rechtswidrigkeit oder der Schuld. Das Defizit des mittelbaren Täters bei der unmittelbaren Tatbestandsverwirklichung wird durch die überlegene, steuernde Funktion des mittelbaren Täters überwunden. Der mittelbarer Täter beherrscht kraft überlegenen Wissens und Willens den Tatmittler. 14
15 Keine mittelbare Täterschaft bei eigenhändigen Delikten oder bei Fehlen einer geforderten bestimmten Subjektqualität beim Hintermann. Wichtig insbes. für das Wirtschaftsstrafrecht: Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft : Mittelbare Täterschaft ist hier ausnahmsweise auch dann möglich, wenn das Werkzeug strafrechtlich voll verantwortlich handelt. Täter hinter dem Täter. Beispiel: BGH NJW 1989, S. 913 ff. ( Katzenkönig Fall ): Hintermänner haben aufgrund ihres Tatplans Tatgeschehen gewollt ausgelöst und gesteuert. Unmittelbarer Täter war bei wertender Betrachtung ihr Werkzeug. Sie haben ihn zur Tat bestimmt und die Tatausführung kraft ihrer Einwirkung und ihres überlegenen Wissens beherrscht (vgl. BGH, a.a.o., S. 914). 15
16 Mittelbare Täterschaft also auch dann möglich, wenn das strafrechtlich voll verantwortlich handelnde Werkzeug vom Hintermann so in organisatorische oder geschäftliche Weisungsverhältnisse und unternehmerische Organisationsstrukturen mit regelhaften Abläufen eingebunden ist, dass die Tatverwirklichung nach diesen organisatorischen, vom Hintermann beherrschten Strukturen und nach dessen steuerndem Willen erfolgt und er die diese Strukturen für die Tatbegehung des Vordermanns ausnutzt (vgl. z. B: BGH NJW 2004, S. 375 ff., 378 u ff., 2254; 1998, S. 767 ff., 769; vgl. auch BVerfG NJW 1997, S. 929 ff., 931 f). Zust. aus der Literatur z. B. Hellmann/Beckemper: Wirtschaftsstrafrecht, 2. Aufl., 2008, Rdnr. 935; zur Kritik vgl. Fischer, StGB, 25, Rdnr
17 Anstiftung ( 26 StGB): Teilnahmefähige Haupttat eines anderen (zumindest versuchte vorsätzliche u. rechtswidrige Haupttat). Bestimmen des Haupttäters zu dieser Tat (Hervorrufen des Tatentschlusses): Nach h. M. genügt jede geistige, kommunikative Einflussnahme (vgl. hierzu z. B. Fischer, StGB, 26, Rdnr. 4). 17
18 Anstiftervorsatz (subj. TB): Muss sich auf eine bestimmte, konkretisierte Haupttat beziehen und zwar hinsichtlich aller obj. und subj. Tatbestandsmerkmale. Anstifter muss die Vollendung der Haupttat wollen. Vorsatz muss auch Bestimmen umfassen, also das Herbeiführen des Tatentschlusses beim Haupttäter. Gemäß 30 Abs. 1 StGB ist auch die versuchte Anstiftung zu einem Verbrechen strafbar. 18
19 Beihilfe ( 27 StGB): Teilnahmefähige Haupttat eines anderen (zumindest versuchte vorsätzliche u. rechtswidrige Haupttat). Hilfeleistung zu dieser Haupttat. Formen: Physische (z. B. Verschaffung von Werkzeugen o. Tatmitteln zur Tatausführung) o. psychische (z. B. Beratung) Hilfeleistung. H.M.: Auch Bestärken im bereits gefassten Tatentschluss (z. B. Beseitigung von Hemmungen o. letzten Bedenken vor Tatausführung bzw. Bestärken im Tatentschluss) genügt (vgl. z.b. BGHSt 8, S. 390 ff., 391 f.). 19
20 Gehilfenvorsatz (subj. TB): Muss sich auf eine bestimmte, konkretisierte Haupttat beziehen: bzgl. aller obj. u. subj. Tatbestandsmerkmale der Haupttat. Gehilfe muss die Vollendung der Haupttat wollen. Vorsatz muss auch hinsichtlich des Förderns der Haupttat durch die Hilfeleistung vorliegen. 20
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