Umsatzsteuer: Richtungweisendes EuGH-Urteil zu Verwaltungsleistungen gegenüber Investmentfonds
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- Linda Busch
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1 Umsatzsteuer: Richtungweisendes EuGH-Urteil zu Verwaltungsleistungen gegenüber Investmentfonds I. Aktuelle Rechtslage Nach aktueller Rechtslage stellt die Verwaltung von Investmentfonds i. S. d. Investmentsteuergesetzes eine steuerfreie Leistung nach 4 Nr. 8 lit. h UStG dar. Im Abschnitt Abs. 16, 18 und 19 des UStAE definiert die Finanzverwaltung, welche Tätigkeiten als steuerfreie Verwaltungsleistungen anzusehen sind und welche nicht. Der EuGH verweist diesbezüglich auf den Aktivitätskatalog im Anhang II der OGAW-Richtlinie. Gemäß BMF Schreiben vom qualifizieren als Investmentfonds nur solche OGAW oder AIF, die die Voraussetzungen des 1 Abs. 1b S. 2 InvStG erfüllen. Dies bedeutet, dass geschlossene Investmentvermögen nach BMF-Auffassung nicht unter diese Umsatzsteuerbefreiung fallen. In der Rechtsfolge waren Verwaltungsleistungen für geschlossene Investmentvermögen bislang steuerbar und steuerpflichtig. Aufgrund der steuerpflichtigen Umsätze erhielten sowohl die KVG als auch die Auslagerungsunternehmen einen (vollen oder teilweisen) Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen. II. Änderungen durch das EuGH-Urteil vom Das EuGH-Urteil vom in der Rs. Fiscale Eenheid X NV, C-595/13, definiert den Begriff des Sondervermögens (Art. 135 Abs. 1 lit. g MwStSystRL) anders als das UStG und das BMF und zählt auch Investmentgesellschaften, z. B. Investment-KG dazu. Newsletter Financial Services, Januar
2 Definition Sondervermögen Als Sondervermögen gelten nach Auffassung des EuGH alle Organismen, die die Kriterien der OGAW-RL sowie der nationalen Bestimmungen erfüllen und einer staatlichen Aufsicht unterliegen. Tatbestandsvoraussetzungen sind (vgl. Tz. 52 des Urteils): - Bestimmte Personen (Anleger) erwerben Anteilsrechte an einem Fonds. - Der Ertrag des Fonds hängt von den Anlagen ab, die mittels der eingezahlten Mittel erworben wurden. - Die Anleger haben ein Anrecht auf den Gewinn des Fonds bzw. an dessen Wertsteigerung. - Die Anleger tragen das Risiko des Fonds. - Der Fonds unterliegt einer besonderen staatlichen Aufsicht. Mit Einführung des KAGB im Juli 2013 unterliegen damit auch offene und geschlossene Investment-KG der staatlichen Aufsicht. Da die dargelegten Tatbestandsvoraussetzungen bei den unter das KAGB fallenden Investmentvermögen grundsätzlich erfüllt sind, qualifizieren somit auch geschlossene Investmentvermögen als Sondervermögen. Nach unserer derzeitigen Auffassung ist weder eine Risikomischung noch ein unterjähriges Rückgaberecht erforderlich, um als Sondervermögen i. S. d. Richtlinie qualifiziert zu werden. Diese Fragen werden aber derzeit auch auf Ebene der Verbände diskutiert. In der Folge wären Verwaltungsleistungen, die gegenüber einer Investment-KG erbracht werden, ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit. Der EuGH hat in diesem Urteil übrigens auch klargestellt, dass die Bewirtschaftung des Anlageobjektes (Property Management) nicht zur steuerfreien Verwaltung eines Sondervermögens zählt. Diesbezüglich ergibt sich keine Abweichung zur bisherigen nationalen Sichtweise. Im Abschnitt Abs. 16, 18 und 19 des UStAE definiert die Finanzverwaltung, welche Tätigkeiten als steuerfreie Verwaltungsleistungen anzusehen sind und welche nicht. Der EuGH verweist diesbezüglich auf den Aktivitätskatalog im Anhang II der OGAW-Richtlinie, in dem Anlageverwaltung, Vertrieb und bestimmte administrative Tätigkeiten (z.b. Rechnungslegung, Kundenanfragen, Bewertung, Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften, Führung Anlegerregister) als Leistungen aufgeführt sind. Newsletter Financial Services, Januar
3 III. Rechtsfolgen Da der EuGH die alleinige Auslegungskompetenz für auf Europarecht basierte Regelungen besitzt, ist dieses Urteil für den deutschen Gesetzgeber und die deutsche Finanzverwaltung bindend. Es ist zu erwarten, dass das BMF einen neuen Erlass herausgibt, in dem dieses Urteil umgesetzt wird. Grundsätzlich wirken EuGH-Urteile auf alle noch offenen Veranlagungszeiträume zurück. 1. Folgen für die KVG und den AIF Die KVG muss grundsätzlich ihre Verwaltungstätigkeit nach steuerfreien/steuerpflichtigen Leistungen aufteilen und entsprechend Rechnungen ohne/mit USt ausweisen. Die vormals erteilten Rechnungen enthalten USt, obwohl (nach neuerer Kenntnis) die Verwaltungsleistung steuerfrei ist. Es handelt sich um einen unrichtigen Steuerausweis; die ausgewiesene USt wird gem. 14c Abs. 1 UStG solange geschuldet, bis eine Rechnungskorrektur erfolgt. Für Zeiträume von Juli 2013 bis heute kann der AIF nach unserer Einschätzung darauf bestehen, dass Rechnungen korrigiert werden, in denen keine USt mehr ausgewiesen wird. Dies empfiehlt sich für die AIF, die nicht zum vollständigen Vorsteuerabzug berechtigt sind und in den Fällen, in denen das Finanzamt den Vorsteuerabzug wegen des nunmehr unberechtigten Steuerausweises rückwirkend versagt. Die Rückerstattung der USt an den Fonds bewirkt bei der KVG einen Liquiditätsabfluss. Die KVG erhält die USt vom Finanzamt erst im Wege der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung zurück. Da die KVG nunmehr mit der Verwaltungstätigkeit steuerfreie Umsätze generiert, reduziert sich auch ihr Vorsteuerabzug. Dies gilt auch für die alten Veranlagungszeiträume von Juli 2013 bis heute. Sofern die alten Veranlagungszeiträume noch nicht bestandskräftig sind, werden diese sehr wahrscheinlich rückwirkend durch die Finanzverwaltung z. B. im Zuge einer Außenprüfung angepasst. Eine sich daraus ergebende Nachzahlung wird voraussichtlich verzinst, sofern die Finanzverwaltung keinen Billigkeitserlass anwendet. Newsletter Financial Services, Januar
4 Es bleibt abzuwarten, wie das BMF auf das EuGH-Urteil reagiert. Es wäre wünschenswert, dass das BMF aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Übergangsregelung erlässt. Ebenso bleibt abzuwarten, ob das BMF sich unserer Auffassung anschließt, dass eine Risikomischung sowie das unterjährige Rückgaberecht nach Einführung des KAGB 2013 kein notwendiges Tatbestandsmerkmal für ein deutsches Sondervermögen mehr ist. Zudem sollte das BMF klarstellen, ob die Steuerbefreiung auch bei doppelstöckigen Konstrukten für Leistungen der KVG an von dem AIF gehaltene Objektgesellschaften zum Tragen kommt. Da Objektgesellschaften nicht die unter II. dargestellten Voraussetzungen für ein Sondervermögen erfüllen, kommt die Umsatzsteuerbefreiung für diese Leistungen der KVG nach unserer Einschätzung nicht in Betracht. 2. Folgen für Auslagerungsunternehmen Die Umsatzsteuerbefreiung gemäß 4 Abs. 8 lit. h UStG erstreckt sich grundsätzlich auch auf Verwaltungsleistungen, die von einem Unternehmen im Wege der Auslagerung an die KVG erbracht werden (vgl. Abschnitt Abs. 17 UStAE). Für Auslagerungsunternehmen gelten daher die obigen Überlegungen zur KVG analog: - Es wird eine Aufteilung der Verwaltungstätigkeit nach steuerfreien und steuerpflichtigen Leistungen erforderlich. - Die unrichtig ausgewiesene USt wird solange geschuldet, bis eine Rechnungskorrektur erfolgt. - Die KVG wird voraussichtlich eine Rechnungskorrektur für den Zeitraum ab Juli 2013 anfordern und die vormals geschuldete USt zurückfordern. - Die Finanzverwaltung wird für noch offene Veranlagungsjahre den Vorsteuerabzug rückwirkend reduzieren. Dabei muss für jede ausgelagerte Tätigkeit geprüft werden, ob diese von der Umsatzsteuer befreit ist. Das BMF setzt hierfür enge Grenzen (vgl. Abschnitt Absätze 14, 17 UStAE). Danach sollen ausgelagerte administrative Leistungen nur dann umsatzsteuerfrei sein, wenn alle diese Leistungen auf denselben Dritten ausgelagert wurden. Damit geht das BMF über die Anforderungen des EuGH hinaus, weshalb fraglich ist, ob die Grenzen des BMF einer gerichtlichen Prüfung standhalten werden. Newsletter Financial Services, Januar
5 IV. Handlungsbedarf Sobald das BMF die oben dargelegten Rechtsfolgen im Wege eines Erlasses bestätig, besteht Handlungsbedarf. Für zukünftige Leistungen der KVG bzw. der Auslagerungsunternehmen sollte eine Aufteilung nach steuerfreien/steuerpflichtigen Leistungen erfolgen. Dafür ist eine Überprüfung und ggf. Anpassung der Vertragswerke erforderlich (z.b. gesonderte Vergütung für das weiterhin steuerpflichtige Property Management). Zum Ausgleich des reduzierten Vorsteuerabzugs muss die KVG eine Erhöhung der an den AIF belasteten Vergütung prüfen. Für die Altjahre sind Rechnungen entsprechend zu korrigieren, sofern das BMF nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Übergangsregelung erlässt. Es ist dann zu überlegen, ob die KVG/das Auslagerungsunternehmen den Vorsteuerabzug der alten Veranlagungszeiträume zur Reduzierung eines Zinseffektes selbst korrigiert, oder eine Außenprüfung abwartet. Wir werden Sie informieren, sobald es neue Entwicklungen zu diesem Thema gibt. Bei Fragen zu diesem Thema sprechen Sie uns jederzeit gerne an. Autoren und Kontakt: Dr. Gitta Jorewitz Steuerberaterin Dr. Christian Reibis Wirtschaftsprüfer Steuerberater Tel: Tel: Newsletter Financial Services, Januar
6 Impressum TPW Todt & Partner GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Valentinskamp 88, Hamburg Hinweis Die in diesem Newsletter enthaltenen Beiträge sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand verfasst. Eine Haftung kann trotz sorgfältiger Bearbeitung nicht übernommen werden. Die Ausführungen dienen ausschließlich der allgemeinen Information und können daher eine qualifizierte, fachliche Beratung im Einzelfall weder ganz noch teilweise ersetzen. TPW steht Ihnen dazu gerne zur Verfügung Newsletter Financial Services, Januar
Das war das Urteil in Kürze. Es folgt eine ausführlichere Analyse mit Blick auf die Auswirkungen auf die Praxis:
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