Bisherige mittelstandsrelevante Maßnahmen der Großen Koalition (Stand: November 2006)
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- Kirsten Goldschmidt
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1 Bundesverband der Selbständigen -- Information -- Bisherige mittelstandsrelevante Maßnahmen der Großen Koalition (Stand: November 2006) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Das rot-grüne Antidiskriminierungsgesetz wurde mit einigen Verbesserungen unter dem neuen Namen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz beschlossen. Das Gesetz geht jedoch nach wie vor über EU-Recht hinaus und bringt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen zahlreiche Benachteiligungen. Arbeitslosenversicherung Angekündigt war ursprünglich allerdings schon für 2006, den Beitrag ab 2007 von 6,5 auf 4,5 Prozent reduzieren zu wollen. Das eine Prozent soll durch die Mehrwertsteuererhöhung und das andere Prozent von der Arbeitslosenversicherung selbst finanziert werden. Angesichts von der Bundesagentur für Arbeit erwirtschafteten Überschüsse hat die Bundesregierung nun eine weitere Reduzierung um 0,3 Prozent auf insgesamt 4,2 Prozent angekündigt. In Anbetracht der anderweitigen von der Bundesregierung bereits angekündigten Belastungen braucht der Mittelstand eine weitere Reduzierung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge, um eine wirkliche Entlastung zu spüren. Arbeitszimmer Ein häusliches Arbeitszimmer gilt im Hinblick auf die steuerliche Absetzbarkeit (Betriebsausgaben oder Werbungskosten) nur noch als Arbeitszimmer, wenn es den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit bildet. (Änderung EstG) Bürokratieabbau Standardkosten-Modell Zukünftig sollen unter Anwendung des Standardkosten-Modells die durch Bundesgesetze hervorgerufenen Bürokratiekosten für KMU gemessen werden. 1
2 Normenkontrollrat Beim Bundeskanzleramt ist zukünftig ein Normenkontrollrat angesiedelt, der künftige und bestehende Bundesgesetze und Normen auf Erforderlichkeit und Bürokratiekosten überprüfen und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge machen soll. Das Ziel der Eindämmung von Bürokratie und der Normenkontrollrat als ein entsprechender Ansatz dafür sind zu begrüßen, jedoch bleibt abzuwarten, ob er den Erwartungen gerecht werden kann und sich als probates Mittel der Bürokratiebekämpfung erweisen wird. Buchführungspflicht Die steuerliche Buchführungspflicht wird ab 2007 von Euro auf Euro angehoben. Diese Neuregelung kommt insbesondere kleinen Betrieben zugute. Degressive Abschreibung Die Abschreibebedingungen für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem angeschafft oder hergestellt wurden, sind durch eine bis zum 31. Dezember 2007 befristete Anhebung der degressiven Abschreibung auf höchstens 30 Prozent verbessert worden. Diese Befristung verringert allerdings den Investitionseffekt und sollte deshalb aufgehoben werden. Dienstwagenregelung Die Besteuerung der privaten Nutzung von Kraftfahrzeugen unter Anwendung der Ein-Prozent-Regelung soll nur noch erfolgen, wenn der Dienstwagen zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird. Bei einer betrieblichen Nutzung von 10 Prozent bis zu 50 Prozent muss diese zwar nicht unbedingt durch ein Fahrtenbuch, jedoch in jedem Fall glaubhaft nachgewiesen werden. Die Ein-Prozent-Regelung, die ursprünglich zum Zweck der Vereinfachung eingeführt wurde, sollte wieder für jegliche Dienstwagennutzung gelten. Eigenheimzulage Die Eigenheimzulage wurde abgeschafft. Dies verschlechtert die Auftragslage der Bauunternehmen erheblich. Einkommensteuer Eine Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer gibt es auch auf Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen. Demnach können künftig Handwerkerleistungen von maximal 600 Euro jährlich steuerlich abgesetzt werden. 2
3 Erbschaftssteuer Bei Firmennachfolgen soll die Erbschaftssteuer über 10 Jahre hinweg gestundet werden. Bleibt der Betrieb über 10 Jahre erhalten, entfällt die Steuer danach gänzlich. Dieser Kabinettsbeschluss der Bundesregierung sieht allerdings auch vor, die steuerliche Entlastung an den Erhalt des Arbeitsplatzniveaus zu koppeln. Dies setzt Betriebe jedoch enorm unter Druck, denn kein Unternehmer ist kann Arbeitsplätze garantieren. Der wirtschaftliche Erfolg und somit der Erhalt von Arbeitsplätzen sind von marktwirtschaftlichen Faktoren abhängig. Freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbständige Die noch von der rot-grünen Bundesregierung beschlossene Möglichkeit, dass nahezu alle Selbständige freiwillig in die Arbeitslosenversicherung einzahlen können, ist ohne Bekanntgabe des Gesetzesänderungsvorhabens binnen eines Tages im Deutschen Bundestag beschlossen worden. Seit Juni lohnt sich die Antragsstellung auf Einzahlung in die Arbeitslosenversicherung nur noch für Selbständige, die ihr Unternehmen nach dem gegründet haben. Für den einzelnen Selbständigen war die alte Regelung durchaus positiv, aus volkswirtschaftlicher Sicht hingegen äußerst fragwürdig. Gehalts- und Lohnstrukturerhebung Im sogenannten Ersten Mittelstandsentlastungsgesetz ist festgelegt, dass die Gehaltsund Lohnstrukturerhebung 2007 ausgesetzt wird. Bisher waren von dieser Erhebung, die alle vier Jahre stattfindet, nur Betriebe ab 10 Mitarbeiter betroffen. Aktuell ist jedoch im Bundestag entschieden worden, sich über diese Regelung im Mittelstandsentlastungsgesetz durch die Verabschiedung eines neuen Gesetzes hinwegsetzen zu wollen. Die Erhebung wird nun 2007 doch durchgeführt. Betroffen werden fortan alle Unternehmen sein unabhängig von ihrer Mitarbeiterzahl. Kleinbetriebe werden nicht ent-, sondern ganz klar belastet! Gewerbeummeldung Im Ersten Mittelstandsentlastungsgesetz ist festgeschrieben, künftig auf die statistische Auswertung der Gewerbeummeldungen zu verzichten. Für den Mittelstand wird sich jedoch nichts ändern, denn die Gewerbeummeldungen müssen nach wie vor durchgeführt werden. Die Begründung des Wirtschaftsministeriums lautet, dass künftig die Landesstatistikämter entlastet würden, weil diese Daten irrelevant seien. Da bleibt nur die Frage, was diese Maßnahme dann in einem sogenannten Mittelstandsentlastungsgesetz zu suchen hat. 3
4 Gesundheitsreform Private und gesetzliche Krankenversicherungen sollen verpflichtet werden, e- hemalige Versicherte wieder aufzunehmen. Damit soll erreicht werden, dass künftig jeder Bürger krankenversichert ist. Aus Sicht insolventer Selbständiger, die bisher in den meisten Fällen keinen Versicherungsschutz genießen können, ist diese Zusage sehr zu begrüßen. Mit dem angekündigten Gesundheitsfonds wird keine Abkopplung der Arbeitskosten von den Gesundheitskosten stattfinden. Ebenfalls angekündigt wurde für 2007 eine Erhöhung des durchschnittlichen Beitragssatzes zur Gesetzlichen Krankenversicherung. Die Privaten Krankenversicherungen werden verpflichtet, einen Basistarif anzubieten. Der Wunsch des Wechsels aus einer gesetzlichen in die private Krankenkasse wird erschwert, weil diese Personen einen mindestens dreijährigen Verdienst oberhalb der Bemessungsgrenze nachweisen müssen. Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf wird den Anforderungen an das heutige Gesundheitssystem in keiner Weise gerecht. Es muss vielmehr eine Abkopplung der Gesundheits- von den Arbeitskosten erfolgen. Außerdem wird unser Gesundheitssystem auf dem gewohnten hohen Standard zukünftig nur zu finanzieren sein, indem jeder Einzelne ein großes Stück private Vorsorge und auch Eigenverantwortung übernimmt. Es sollten künftig nur noch Grundleistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden müssen. Alle weiteren medizinischen Leistungen müssten in Eigenverantwortung und in eigener Entscheidung von jedem privat zusatzversichert werden. Gebäude-AfA Die degressive Gebäude-AfA für Mietwohnungen existiert seit 1.Januar 2006 nicht mehr. Diese Regelung hat sich negativ insbesondere auf Baubetriebe ausgewirkt. GmbH-Gesetz Die bisher vorliegenden Pläne zur Herabsetzung des Stammkapitals, Vereinfachung der Registereintragung, Änderungen bezüglich der Gesellschaftsanteile und des 4
5 Verwaltungssitzes sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Missbrauch sind als durchaus positiv zu werten. Damit sollen Unternehmensgründungen vereinfacht und beschleunigt werden. Derzeit liegt ein Referentenentwurf zur Novellierung des GmbH-Gesetzes aus dem Bundesjustizministerium vor. Die Bundesregierung plant laut Aussage des Bundesjustizministeriums die Vorlage eines Regierungsentwurfs für Anfang 2007 und somit das Inkrafttreten des Gesetzes erst zum Ende Geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2006 hat die Bundesregierung den geschäftsführenden Mehrheitsgesellschaftern die Rechtssicherheit verschafft, nicht rentenversicherungspflichtig zu sein bzw. möglichen Nachzahlungsforderungen der Deutschen Rentenversicherung aufgrund eines Urteils des Bundesssozialgerichts entgegenzuwirken. Ich-AG Die Ich-AG s wurden zwar abgeschafft, dafür jedoch der sogenannte Gründungszuschuss mit 9-monatiger gesetzlicher und 5-monatiger Ermessensförderung eingeführt. Vorrang muss die Förderung regulärer Existenzgründungen haben! Ist-Besteuerung Die Umsatzgrenze bei der Umsatzbesteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist von Euro auf Euro in den alten Bundesländern angehoben worden. Diese in den neuen Bundesländern bereits existierende Regelung wurde bis Ende 2009 verlängert. Angesichts der vor der Wahl angekündigten Jahresumsatzgrenze von 1 Mio. ist dieses Ergebnis unzureichend. Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 19 Prozent unter Beibehaltung des ermäßigten Steuersatzes ab
6 Mutterschaftsgeld Künftig werden auch Unternehmen mit mehr als 20 bzw. 30 Beschäftigten ihre Aufwendungen für Mutterschaftsleistungen erstattet bekommen. Pfändungsschutz der Altersvorsorge Lebensversicherung und private Rentenversicherung von Selbständigen sollen vor der Vollstreckung durch den Gläubiger rechtlich geschützt werden. Um jedoch auch die Rechte der Gläubiger zu wahren, soll der vor Pfändung geschützte Rentenbetrag in Höhe der jeweiligen Pfändungsfreigrenze liegen. Das entsprechende Gesetz befindet sich im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren. Handelsregister Ab 2007 wird das Handelsregister auf elektronische Führung umgestellt sein. Damit soll die Bearbeitung beschleunigt werden. Renteneintrittsalter Die Bundesregierung plant, das Renteneintrittsalter von derzeit 65 auf 67 Jahre anzuheben. Die Erhöhung soll bis zum Jahre 2029 schrittweise erfolgen. Zumindest für das Jahr 2006 soll mit dem Gesetz über die Weitergeltung der aktuellen Rentenwerte ab 1. Juli 2006 eine Reduzierung der Rente verhindert werden. Rentenbeitrag Mit der Erhöhung des Renteneintrittalters wird gleichzeitig entgegen aller Wahlversprechen der Beitragssatz von derzeit 19,5 auf 19,9 Prozent angehoben. Trotz unerwartet hoher Einnahmen der Deutschen Rentenversicherung, die eine geringere Steigerung möglich machen würde, hält die Bundesregierung an der von ihr geplanten Anhebung ab 2007 fest. Das entsprechende Gesetz soll bis Weihnachten ins Parlament eingebracht werden. Die Beitragserhöhung erfolgt, obwohl die Deutsche Rentenversicherung mit dem Vorziehen der Sozialversicherungsbeiträge in diesem Jahr einen 13. Monatsbeitrag erhält. Saison-Kurzarbeitergeld Bei saisonbedingtem Ausfall wird künftig das Saison-Kurzarbeitergeld gewährt. Damit haben Arbeitnehmer von Dezember bis März einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Die Bundesagentur für Arbeit zahlt aus Beitragsmitteln zur Arbeitslosenversicherung 60 Prozent bzw. bei mindestens einem Kind 67 Prozent des pauschalierten Netto- Entgelts. Arbeitgeber müssen während dieser Zeit lediglich einen reduzierten Sozialversicherungsbeitrag für den Arbeitnehmer abführen. 6
7 Startotheken One-Stop-Anlaufstellen Die Bundesregierung hatte flächendeckend sogenannte One-Stop-Anlaufstellen für Existenzgründer angekündigt. Damit soll das Ziel verfolgt werden, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, Als ersten Schritt bezeichnet die Bundesregierung die seit Januar 2006 vorhandenen Startotheken im Internet, bei denen der Interessent alle für seine Existenzgründung wichtigen Informationen und Formulare im Internet bekommen kann. Unternehmenssteuerreform Die bisher bekannten Eckpunkte einer Unternehmenssteuerreform sehen ein generell einfacheres Steuersystem, die Absenkung des Körperschaftssteuersatzes und die steuerliche Begünstigung von im Unternehmen verbleibenden Gewinnen vor. Derzeit streiten sich Union und SPD noch um das geeignete Mittel des Ausgleiches der durch den abgesenkten Körperschaftssteuersatz entstehenden Einnahmenausfälle. Durch entsprechende Freibeträge scheint die Substanzbesteuerung von Kleinbetrieben vermeidbar. Die genaue Ausgestaltung der Steuerreform bleibt jedoch abzuwarten. Vergaberecht Derzeit wird in den entsprechenden Bundesfachressorts an Reformvorschlägen für eine Vereinfachung des Vergaberechts gearbeitet. In einem ersten Reformschritt wurden bereits die EU-Vorgaben umgesetzt. Ansprechpartnerin: Sophia Otto Diplom-Politologin -wissenschaftliche Referentin- BDS-Bundesgeschäftsstelle Tel:
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