Allgemeine Psychologie II. Vorlesung 9. Prof. Dr. Björn Rasch, Cognitive Biopsychology and Methods University of Fribourg
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- Friederike Bäcker
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1 Allgemeine Psychologie II Vorlesung 9 Prof. Dr. Björn Rasch, Cognitive Biopsychology and Methods University of Fribourg 1
2 Allgemeine Psychologie II Woche Datum Thema Denken Denken Sprache fällt aus --- (Master Days) Sprache Emotion Emotion fällt aus --- (Kongress) Emotion fällt aus --- (Osterferien) fällt aus --- (Tag der Arbeit) EXPRA-Kongress: Vorlesung Martin Meyer Motivation Motivation 2
3 Klausur Termin Mittwoch, den von 9 11 Uhr Auditorium B, Misericorde Mutiple Choice Fragen 4 Auswahlmöglichkeiten 1 oder 2 Antworten sind richtig 1 Punkt pro Antwort Punkte pro falsche Antwort Prüfungsrelevant: Stoff auf den Folien (mit Hintergrundsinformationen) Vorlesung von Prof. M. Meyer 3
4 Emotionen Emotionen Freude 4 Traurigkeit Ärger Angst Mitleid Enttäuschung Erleichterung Stolz Scham Schuld Neid Furcht... Motive Hunger Sexualität Neugier und Exploration Aggression Machtmotivation Leistungsmotivation...
5 Neurowissenschaftliche Emotionstheorien Amygdala Theorie der Furcht 5 Joseph LeDoux Informationen zur Furcht fliessen in Amygdala zusammen Amygdala löst Veränderungen im Verhalten, Erleben, Physiologie aus Furchtkonditionierung: Assoziationen zwischen CS und US werden in der Amygdala gebildet High road: Pfad über Kortex zur Amygdala Low road Direkter Pfad über Thalamus zu Amygdala Erklärt schnelle vorbewusste Furchtreaktion Frühwarnsystem
6 Neurowissenschaftliche Emotionstheorien Wichtigkeit der Amygdala für Emotionen eindrucksvoll belegt Neurotransmitter Noradrenalin entscheidend Amygdala entscheidend für emotionale Gedächtnisbildung Kritik Modulation von Plastizität im Hippokampus Personen ohne Amygdala können ebenfalls Angst empfinden Amygdala nicht nur wichtig für Furcht, sondern auch für positive Emotionen / Belohnungen Amygdala als Relevanzdetektor Rasch et al., 2009, PNAS 6
7 Motivation Vielen Dank an Prof. Brandstätter, Universität Zürich 7
8 Motivation Was ist Motivation? Facettenreicher Begriff Motivationale Phänomene Haben Sie schon einmal etwas angefangen und dann wieder aufgegeben? Verfolgen Sie ein Vorhaben, obwohl es zunehmend unangenehm wird? Haben Sie schon einmal etwas vor sich her geschoben? Bei welchen Aktivitäten fühlen Sie sich wohl, was kostet Überwindung? Was war Ihre letzte Entscheidung zwischen zwei Alternativen? Wann empfanden Sie das letzte Mal Stolz über etwas? Haben Sie bereits einmal jemanden motiviert etwas zu tun? Was bedeutet hohe Eigenmotivation? Motivation als aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiv bewerteten Zielzustand Rheinberg, 2006, S. 16 8
9 Motivation Drei zentrale Themenkomplexe Individuelle Präferenz für bestimmte Handlungsziele und spezifische handlungsbezogene Emotionen zentraler Begriff: Motiv Auswahl und Setzen von Handlungszielen zentraler Begriff: Motivation Ausführen und Regulieren von Handlungen Zentraler Begriff: Volition 9
10 Motivation Motivationsforschung Erklärungsziel: Das wozu und wie zielgerichteten Handelns Spezifische Merkmale zielgerichteten Handelns Richtung Ziel (Zweck) des Handelns Intensität Konzentration und Anstrengung beim Handeln Ausdauer Wiederaufnahme unterbrochener Handlungen Überwinden von Schwierigkeiten Widerstand gegen Ablenkungen 10
11 Motivation Das P-S Schema Verhalten X ist eine Interaktion zwischen Können und Wollen Verhalten X = K x W Wollen ist eine Interaktion zwischen situationalen und personeninternen Variablen Wollen = P x S Brandstätter, Vorlesung UZH 11
12 Motivation: Historische Ansätze Triebe als Erklärung des Verhaltens Sigmund Freud (1915): Psychoanalyse Trieb, das Unbewusste Clark Hull (1943): Behavioristische Triebtheorie Trieb, Habit, Anreiz Person-Umweltbezug als Erklärung von Verhalten Kurt Lewin (1926): Feldtheorie Bedürfnisspannung und Aufforderungscharacter Henry A. Murray (1938): Phänomenologischer Ansatz Person und Situations als need und press Willenprozesse als Erklärung menschlichen Verhaltens Narziss Ach (1935): Willenspsychologie Intentionen, determinierende Tendenz 12
13 S. Freud: Psychoanalyse Grundannahmen Psychischer Determinismus Jedes psychische Phänomen hat eine eindeutige Ursache Equilibrium und Homeöstase Das Nervensystem strebt einen Gleichgewichtszustand an, Erhöhung der Erregung (über ein bestimmtes Niveau) wird entladen Akkumulation von Erregung wird als Unlust erlebt, Verringerung als Lust Streben nach Lust, Vermeiden von Unlust Triebe sind biologisch fundiert Triebe als konstante Quelle der Erregung, Abbau durch Bedürfnisbefriedigung Beispiel: Hunger, Durst, Schlafen, sexuelle Aktivierung etc. Endziel des Triebes ist Bedürfnisbefriedigung, kann auf Umwegen geschehen Triebhafte Ursprung der Handlungen ist nicht bewusst Triebdualismus: Eros vs. Thanatos Persönlichkeitsmodell Konflikte zwischen ES, Über-ICH und ICH determinieren unser Verhalten 13
14 S. Freud: Psychoanalyse Primäres Handlungsmodell Innerer Triebreiz führt zur Ausführung einer Handlung Das ICH spielt keine Rolle, Abfuhr der Triebenergie ist unmittelbar Bsp.: Baby hat Hunger, schreit, bekommt Nahrung Triebniveau kann durch Vorstellungen verringert werden (Fantasien, Träume, Spiele) Sekundäres Handlungsmodell Verringern der Triebenergie mit Beteiligung des ICH Verdrängung, Verschiebung (von inaktzeptabeln zu akzeptablen Wunschobjekten) Möglichkeit: Gedankliche / planerische Auseinandersetzung mit Wunschobjekt Bedeutung für die Motivationspsychologie Anerkennnung nicht-bewusster Motivationsanteile Bedeutung von Affekten Problem: Theorie hällt empirischer Prüfung nicht stand 14
15 C. Hull: Behavioristische Triebtheorie Behaviorismus Beschränkung auf beobachtbare Phänomene Verhaltensformel von Hull Verhaltenstendenz = Habit * Drive Habit: Gewohnheit, geben dem Verhalten Richtung Erlernt durch operantes Konditionierung Drive (=Trieb): unspezifischer / ungerichteter Trieb Quelle für Bedürfnisse (Z.B. Hunger, Durst) Operationalisiert über Dauer von Nahrungs- oder Flüssigkeitsentzug 15
16 C. Hull: Behavioristische Triebtheorie Verhaltensformel von Hull Verhaltenstendenz = Habit * Drive Multiplikative Verknüpfung von Habit und Drive Kritik Annahme von verhaltenswirksamen Grössen allein im Organismus Können Variationen des Belohnungswertes in der Umwelt nicht erklären Erweiterung: Verhaltenstendenz = Habit * Drive * Anreiz (Situation) 16
17 Bewertung der Triebtheorien Kritik I: Bedürfnisse und Trieb Beziehung zwischen Deprivationsdauer und Triebindikatoren ist erheblich komplexer Häufigkeit auch kein Zusammenhang Bsp.: Sexualität 17
18 Bewertung der Triebtheorien Kritik II: Trieb ohne Bedürfniszustand Experiment: Bezahlung von Probanden für das Nichtstun Essen und Trinken vorhanden, kein Mangel Vorhersage Triebtheorien: keine Verhaltenstendenz Aber: Probanden hatten nach 4-8 Stunden Bedürfnis nach Aktivität Kritik III: Triebreduktion ohne Bedürfnisreduktion Experimentelle Befunde zeigen, dass Befriedigung des Triebes nicht unbedingt das Bedürfniss reduziert Bsp: Zuckerersatzstoff Saccharin wirkt bei Ratten verstärkend, obwohl er keinen physiologischen Bedürfniszustand (nach Zucker) reduziert. Bsp.: Selbststimulation des Belohnungszentrumq im Gehirn Andere Bedürfnisse (z.b. Essen, Trinken) werden vernachlässigt 18
19 Kurt Lewins Feldtheorie Gestaltpsychologie Ganzheitlicher Charakter von Wahrnehmung, Erleben, Verhalten Das Ganze ist mehr als die Summer seiner Teile Lewin: Menschliches Verhalten im Gesamtzusammenhang analysieren Menschliche Handlungen drängen auf geschlossene Gestalten Grundannahme der Feldtheorie Subjektive Wahrnehmung / Repräsentation der Situation massgeblich Psychologische Realität Lewins Verhaltensformel Verhalten V = f(p, U) Feld(f): Gesamtheit der Person (P)- und Situations-(S) variablen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Rolle spielen Theoretische Konstrukte: Personmodell und Umweltmodell 19
20 Personmodell nach Lewin 20
21 Kurt Lewins Feldtheorie Quasibedürfnisse, Intentionen, Vornahmen Physiologische Bedürfnisse spielen untergeordnete Rolle Spannung Der Wunsch, eine Absicht auszuführen, erzeugt einen Spanungszustand Dynamische Grösse, Spannung drängt Person zur Handlung Spannungszustand geht mit veränderter Wahrnehmung der Umwelt einher Aufforderungscharakter (Valenz) der Situation (Umwelt) Beispiel: Kind (K) möchte Schokolode (S) essen Hindernis vorhanden (Bsp.: böser Hund, H): Umweg nötig 21
22 Umweltmodell nach Lewin Zielregionen mit positiver und negativer Valenz Objekte die (Quasi-) Bedürfnisse befriedigen können, bekommen positive Valenz Objekte die der Befriedigung entgegenstehen, bekommen negative Valenz Mit Entstehung einer Valenz eines bestimmten Objekts entsteht ein Kraftfeld Man fühlt sich angezogen / abgestossen. Kraft ist um so grösser, je grösser die Valenz und je geringer die psychologische Entfernung ist Stärke der Kraft nimmt mit der Zielannäherung zu Es können gleichzeitig mehrere Kräfte bestehen 22
23 Anwendungen der Theorie Lewins Konflikte Situation, in der zwei gleichstarke Kräfte in entgegengesetzte Richtungen wirken Nähern Nähern Person wird von zwei Objekten mit positiver Valenz angezogen Bsp.: Kirschkuchen und Donauwelle etc. Zufälliges Nähern an ein Objekt erhöht Kraft zu diesem Gegenstand Veränderung der Wahrnehmung der Objekte kann Valenz / Kraft verändern Bsp.: Kirschkuchen hat weniger Kalorien Meiden Meiden Person wird von zwei Objekten mit negativer Valenz abgestossen Bsp.: Prüfungsangst vs. Angst vor Vermeiden der Prüfung Konflikt unlösbar, da Annäherung an ein Objekt Abstossung verstärkt Nur lösbar durch Veränderung der psychologischen Situation Bsp.: Verlassen des Kraftfeldes, Veränderung der Wahrnehmung / Valenz 23
24 Anwendungen der Theorie Lewins Nähern-Meiden Objekt hat gleichzeitig negative und positive Valenz Bsp.: Urlaub auf Insel und Flugangst Zunächst Urlaub gebucht (Flug weit weg) Je näher der Urlaubsbeginn, desto grösser die Abstossung durch die Flugangst Flugangst (Meiden) Urlaub (Nähern) 24
25 Anwendungen / Bewertung der Theorie Unerledigte Aufgaben Spannung drängt Person zu Handlung, um Spannung zu lösen Spannung bleibt bei unerledigten Aufgaben erhalten Experimentelle Studien: Unerledigte Aufgabe werden stärker erinnert als erledigte Aufgaben Starke Tendenz, unerledigte Aufgaben wieder aufzunehmen Bewertung der Theorie Lewins Subjekte Wahrnehmung / Intentionen im Mittelpunkt Hervorhebung von Kognition für Motivation Verhalten ensteht durch Zusammenspiel aus Person und Umwelt Experimentelle Überprüfung von Annahmen 25
26 H. Murray Person-Umwelt Bezüge Bedürfnisse der Person Need: Angestrebter Zielzustand Primäre (viszerogene) Bedürfnisse (z.b. Hunger, Durst ) Sekundäre (psychogene) Bedürfnisse (z.b. Leistungsbedürfnis, Macht etc.) Situationsmerkmale Press: Aufforderungscharakter der Situation Was die Situation als Verlockung / Bedrohung bedürfnisspezifisch ankündigt Systematische Wechselbeziehung zwischen Need und Press Need schafft sich press, press schafft sich need Person-Umwelt Bezüge Menschen unterscheiden sich in ihren Person-Umwelt Bezügen Messung über Projektive Verfahren (TAT: Thematischer Apperzeptionstest) Wichtiges Motivmessverfahren, Weiterentwickelt von McClelland
27 H. Murray Person-Umwelt Bezüge Murrays Liste von 20 psychogenen Bedürfnissen Brandstätter, Vorlesung UZH 27
28 N. Ach: Willenspsychologie Ausgangsfrage Wie gelingt es der handelnden Person, Widerstände bei der Verwirklichung einer Handlung zu überwinden? Phänomenologische Momente des primärer Willensaktes Gegenständlicher Moment Intendierte Handlung in Beziehung zur Gelegenheit Aktuelles Moment Ich will wirklich Anschauliches Moment Spannungsempfinden im Körper Zuständliches Moment Anstrengung Zentrale Konzepte Entschluss (Intention) Handlungsregulation im Mittelpunkt
29 Zusammenfassung der Konzepte Motivation durch Druck vs. Zug Druck Innerorganismische Triebe bauen als unangenehm erlebte Spannung auf, die abgeführt werden soll Zug Z.B. Freud, Hull, z.t. Lewin Am ehesten zutreffend für physiologische Bedürfnisse (z.b. Hunger..) Antizipation positiv bewerteter Endzustände (Anreize) steuert das Verhalten Z.B. Lewin, Murray, Ach Zutreffend für komplexeres zielgerichtetes Verhalten 29
30 D. McClelland: Implizite/explizite Motive Die Motiv Trias: Leistungsmotiv: Bewältigung von Herausforderungen Machtmotiv: Einfluss und Dominanz Anschlussmotiv: Positive Beziehungen zu anderen Menschen 2 Motivsysteme: Implizite und explizite Motive Two qualitatively different kinds of human motivation Implizite Motive Streben nach bestimmten Gefühlen (unbewusst) Z.B. Stolz, Stärke, Glück / zwischenmenschliche Wärme Wo fühle ich mich wohl? Explizite Motive Seinem eigenem Selbstbild folgen (bewusst) Z.B. Ich bin ein Mensch der Herausforderungen annimmt Wer bin ich? Was erwartet man von mir? (Selbstbild der Person)
31 D. McClelland: Implizite/explizite Motive Messung expliziter Motive Explizite Motive sind bewusst, Messung durch Selbstberichte möglich 31
32 D. McClelland: Implizite/explizite Motive Messung impliziter Motive implizite Motive sind unbewusst, Messung durch projektive Verfahren Thematischer Apperzeptionstest (TAT) Aufgaben: Fantasiegeschichte zu Bildern verfassen Leitfragen: Was spielt sich hier ab wer sind die Personen? Wie ist es zu der Situation gekommen was hat sich vorher zugetragen? Was denken und fühlen die einzelnen Personen auf dem Bild was wollen sie? Wie wird es weitergehen wie geht alles aus? 32
33 D. McClelland: Implizite/explizite Motive Brandstätter, Vorlesung UZH 33
34 D. McClelland: Implizite/explizite Motive Zusammenhang zwischen expliziten und impliziten Motiven 34
35 D. McClelland: Implizite/explizite Motive Implizite und explizite Motive Häufig nur geringe Zusammenhänge Inkongruenz zwischen expliziten und impliziten Motiven Bewusstes Selbstbild einer Person widerspricht seinen impliziten Motiven Folgen der Inkongruenz Reduziertes psychisches Wohlbefinden Reduzierte Lebenszufriedenheit Anstieg psychosomatischer Beschwerden Beeinträchtigung der Handlungsregulation Erleben von Handlungskrisen Brandstätter, Vorlesung UZH 35
36 Take Home Messages Motivationspsychologie: Das wozu und wie zielgerichteten Handelns erklären Motiv, Motivation Volition Verhalten als Interaktion zwischen Können und Wollen Wollen ist Interaktion zwischen Person und Situation Triebtheorien erklären Verhalten durch Abbau eines inneres Drucks Psychoanalyse (Freud), behavioristische Triebtheorie (Hull), teilweise Lewin Theorien zu Person-Umwelt Bezügen stellen subjektive Wahrnehmung / Intention sowie Zug der Umwelt/Situation in den Vordergrund Feldtheorie (Lewin), Person-Umwelt Bezug (Murray), Willenspsychologie (Ach) Explizite und implizite Motive 36 McClelland: Annahme der Motiv Trias (Leistung, Macht,Glück/Wärme) Explizite Motive: bewusstes Selbstbild einer Person, durch Befragung messbar Implizite Motive: unbewusste affektgesteuerte Bedürfnisse, durch prospektive Verfahren messbar (z.b. TAT) Korrelation zwischen expliziten / impliziten Motiven niedrig, Inkongruenz möglich
37 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 37
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