Lösungsskizze zum Fall: Der aufstrebende Jungjurist
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- Gundi Heidrich
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1 LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig 1 Lösungsskizze zum Fall: Der aufstrebende Jungjurist I. Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrages; 765 Abs. 1 BGB 1. Schriftform ( 766 BGB) beachtet; 125 BGB (-) 2. Nichtigkeit nach 138 Abs. 1 BGB: - Rechtsprechung zu Haftungserklärungen finanziell überforderter Familienmitglieder: - Eine Bürgschaft eines finanziell überforderten Bürgen ist nach 138 Abs. 1 BGB erst dann unwirksam, wenn der Bürge durch dem Gläubiger zurechenbare Umstände in seinen berechtigten Interessen erheblich beeinträchtigt wird und so ein unerträgliches (strukturelles) Ungleichgewicht zwischen den Vertragsparteien entsteht (grundlegend BGHZ 125, 206 = NJW 1994, 1278; BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36 und 2749ff.). - Die Rechtsprechung hat inzwischen verschiedene Fallgruppen herausgearbeitet und die Umstände die zu einer Nichtigkeit führen können konkretisiert (zu den einzelnen Indizien BGH WM 1996, 1124, 1125 = NJW 1997, 3450; NJW 1997, 1003 = JA 1997, 740; Fischer WM 1998, 1749, 1751). - Gemeinsames Merkmal aller Fallgruppen ist aber, dass überhaupt eine finanzielle Überforderung vorliegt. Daran fehlt es hier bereits bei den Eltern des J. II. Widerrufsrecht der Bürgen nach 312 I, 355 BGB 1. Anwendbarkeit des 312 BGB: Bürgschaft als entgeltlicher Vertrag i.s.d. 312 Abs. 1 S. 1 BGB? Es stellt sich die Frage, ob 312 f., 355 BGB anwendbar sind, wenn ein Bürge unter den dort genannten Voraussetzungen (zb Hausbesuch des Bankmitarbeiters) die Bürgschaft unterzeichnet Die 312 f. BGB erfassen nur Verträge über eine entgeltliche Leistung. Ferner wird der Erklärende nunmehr als Verbraucher bezeichnet, wenig passend für einen Bürgen, so dass es schon an dieser Voraussetzung fehlen könnte. I.Ü. kann von einer entgeltlichen Leistung im Verhältnis Bürge-Gläubiger eigentlich keine Rede sein. Dies ist aber wegen der offensichtlichen Schutzbedürftigkeit (Bürge müsste doch erst recht geschützt werden!) hoch umstritten. Ansatzpunkt für Korrektur: Das Gesetz geht auf eine europäische Richtlinie zurück. Sie nennt in Art. 1 ganz allgemein Verträge ; in den Erwägungsgründen stellt sie sogar einseitige Verpflichtungserklärungen neben den Abschluss von Verträge. Allerdings gilt die Richtlinie nur für Verträge, die zwischen einem Gewerbetreibenden, der Waren liefert oder Dienstleistungen erbringt, und einem Verbraucher geschlossen werden. Diese Voraussetzung kann man für das Verhältnis zwischen Bürgen und Gläubiger (Kreditinstitut) nicht ohne weiteres bejahen. Seinerzeit galt das Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (HaustürWG). In der bis zum geltenden Fassung lautete 1 Abs. 1: Eine auf den Abschluss eines Vertrages über entgeltliche Leistung gerichtete Willenserklärung, zu der der Erklärende (Kunde) erstens durch mündliche Verhandlung an seinem Arbeitsplatz... a) Ansicht des EuGH Der deutsche Bundesgerichtshof hat diese Frage dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt (BGH NJW 1996, 930 = WM 1996, 384 = WuB I F 1 a. Bürgschaft Sonnenhol; Bülow NJW 1996, 2889, 2890 und ausführlich Pfeiffer NJW 1996, 3297 ff.). Die Entscheidung des EuGH (NJW 1998, 1295) hat zu einem einigermaßen überraschenden Ergebnis geführt. Der EuGH stellt auf die Dienstleistung an den Hauptschuldner ab, die zudem auch in einer Kreditgewährung gesehen wird. Die Richtlinie verlange nicht, dass der Gewerbetreibende an
2 Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig 2 den Bürgen liefern oder leisten müsse. Die Leistung an einen Dritten genüge im Hinblick auf die Akzessorietät der Bürgschaft, die zudem Voraussetzung für die Kreditgewährung sei. Allerdings muss der Hauptschuldner die abgesicherte Verbindlichkeit als Verbraucher eingegangen sein. Noch rätselhafter: Nach dem Wortlaut der Entscheidung auch im Sinne eines Haustürgeschäfts (insb. Ziff. 22 des Urteils)! LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Auszug aus dem Urteil: Die Richtlinie... soll nämlich die Verbraucher schützen, indem sie es ihnen ermöglicht, einen Vertrag zu widerrufen, der nicht auf Initiative des Kunden, sondern des Gewerbetreibenden geschlossen wurde, so dass der Kunde möglicherweise nicht alle Folgen seines Handelns überblicken konnte. Daher kann ein Vertrag, der einem Drittem zugute kommt, nicht allein deshalb vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen werden, weil die erworbenen Waren oder Dienstleistungen für diesen Dritten bestimmt sind.... Der EuGH macht aber eine sehr fragwürdige Einschränkung. Der Hauptschuldner müsse Verbraucher und seine Verbindlichkeit im Rahmen eines Haustürgeschäfts eingegangen sein. Er folgt damit nicht dem Erst- Recht-Schluß des XI. Senats. Dieser hatte noch argumentiert, das Widerrufsrecht nach HWiG (jetzt 312 BGB) sei anzuwenden, weil der Bürge besonders schutzwürdig sei, da er nicht einmal eine Gegenleistung erhalte. Der EuGH will der Richtlinie entnehmen, dass in jedem Fall einem Verbraucher Waren geliefert oder Dienste geleistet worden sein müssen. Da der Bürge, der Verbraucher ist, derartige Leistungen nicht erhalten habe, könne die Richtlinie den Bürgen nur schützen, wenn der Hauptschuldner, der Verbraucher ist, einen entgeltlichen Vertrag i.s.d. 312 Abs. 1 BGB abgeschlossen habe. Diese Argumentation, die zu eigenartigen Ergebnissen führt, ist von der Rechtslehre bisher einstimmig abgelehnt worden (z.b. Reinicke/Tiedtke ZIP 1998, 893, 895; Pfeiffer, ZIP 1998, 1129, 1132; Tiedtke, NJW 2001, 1015, 1026). b) Uneinheitliche Rechtsprechung des BGH Streitig ist deshalb, insbesondere zwischen dem IX. und XI. Senat des BGH, ob ein Verbraucher nur geschützt ist, wenn er seinerseits eine Dienstleistung oder Ware vom Gewerbetreibenden erhält 9. Senat Da die Bürgschaft nicht durch eine auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages gerichtete Willenserklärung zustande kommt, sollte nach Ansicht des IX. ZRs des BGH (damals Bürgschaftssenat") das Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften" (HWiG af 1 Abs 1 Satz 1; jetzt 312) auf eine Bürgschaft nicht anwendbar sein 11. Senat Der XI. ZS des BGH neigt ( Bankrechtssenat"; jetzt auch Bürgschaftssenat) dazu, in erweiternder Auslegung des Begriffs Vertrag über eine entgeltliche Leistung" 312 nur bei solchen Verträgen nicht anzuwenden, bei denen der Kunde eine Leistung erhält, ohne selbst dafür ein Entgelt zahlen zu müssen; bei solchen, ihn einseitig begünstigenden Vereinbarungen sei der Kunde nämlich nicht schutzbedürftig. Bei Verträgen dagegen, die umgekehrt nur eine einseitige Leistungsverpflichtung des Kunden, aber kein von der anderen Vertragspartei zu zahlendes Entgelt (an ihn) vorsehen, erscheint dem BGH 1 das Schutzbedürfnis des Kunden vor Überrumpelung sogar noch größer als in den Fällen, in denen ihm für seine Leistung irgendein - wenn auch noch so geringes - Entgelt versprochen oder gezahlt wird. Deshalb gehöre auch eine Bürgschaft zu den Verträgen über eine entgeltliche Leistung" im Sinne des HWiG 1 (jetzt 312). 1 BGHZ 131, 1, 4 ff. = WM 1995, 2027 = NJW 1996, 55 = DNotZ 1996, 531 = WiB 1996, 36 (Wenzel) = BB 1995, 2497 = DB 1995, 2521 = DZWir 1996, 115 (Bydlinski) = JA 1996, 626 (Buhlmann) = MDR 1996, 57 = LM HWiG Nr 18/19 (M Wolf). Für die Anwendbarkeit des HWiG auf Bürgschaften durch den Ehepartner des Hauptschuldners auch Düsseldorf NJW-RR 1991, 436, 437.
3 Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig 3 Der BGH 2 hat nunmehr seine Rechtsprechung aufgegeben und geht in richtlinienkonformer Auslegung des HWiG davon aus, dass eine Bürgschaft dann kein Geschäft im Sinne des HWiG 1 Abs 1 (jetzt 312) ist, wenn der Hauptschuldner die gesicherte, verbürgte Verbindlichkeit im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit eingegangen ist oder der gesicherten Verbindlichkeit kein Haustürgeschäft zu Grunde liegt. Für die Anwendbarkeit von 312 auf die Bürgschaft soll also entscheidend sein, ob das Hauptgeschäft unter 312 fällt. c) Stellungnahme Vgl. dazu im einzelnen Reinicke/Tiedtke ZIP 1998, 893, Tiedtke NJW 2001, 1015(1026); Micklitz, EuZW 1998, 25. Fragen: Was haben die Abschlussmodalitäten des Darlehensgeschäfts mit der Schutzbedürftigkeit des Bürgen zu tun? Warum soll der Bürge nicht geschützt werden, wenn das verbürgte Darlehen gewerblichen Zwecken dient? Im Regelfall sind solche Darlehen wesentlich höher und damit gefährlicher für den Bürgen. - an dieser Stelle können Sie sehr gut sich gegen die Argumente des BGH und des EuGH stellen und eine gegenteilige Ansicht vertreten. Beispielsweise mit der Argumentation: Die Schutzwürdigkeit und -bedürftigkeit des Bürgen kann nicht davon abhängen, ob auch der Hauptschuldner durch 312 BGB geschützt ist. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift werden Bürgschaften als Haustürgeschäfte unabhängig davon erfasst, ob auch der Hauptschuldner Verbraucher ist und ob er seinerseits ein Haustürgeschäft geschlossen hat. Entscheidend kann nur sein, ob der Bürge Verbraucher ist, selbst überrumpelt wurde und deshalb schutzwürdig ist. LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Das Ergebnis des EuGH, dass es auf ein Haustürgeschäft des J ankommen soll, ist einigermaßen merkwürdig. Es fragt sich, ob die EuGH-Rechtsprechung insofern bindend ist. Sie ist bedeutsam im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung, dh man muss davon ausgehen, dass die Richtlinie hier keine Anwendung der Regeln über Haustürgeschäfte verlangt. Es bleibt dem BGH unbenommen, dieses Ergebnis aus der Auslegung deutschen Rechts zu folgern (Auslegung zugunsten des Verbrauchers ist möglich). - wenn Sie allerdings dem EuGH folgen, dann müssten Sie im Folgenden prüfen, ob das Darlehensgeschäft zwischen J und der Bank B ein Haustürgeschäft gem. 312 Abs. 1 BGB ist. 2. Darlehensvertrag als Haustürgeschäft - Verbrauchereigenschaft des J nach 13 BGB? - eigentlich kommt es nicht auf 13 BGB, sondern auf das Verständnis des EuGH an. - Voraussetzung ist Abschluss zum Zweck, der weder der gewerblichen noch selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Die Tätigkeit als Rechtsanwalt ist eine selbständige Erwerbstätigkeit; die J aber noch nicht ausübt (formale Ernennung). Es fragt sich also, ob 13 BGB bei Geschäften eingreift, die der Vorbereitung der Erwerbstätigkeit dienen. - Das ist streitig, insbesondere wegen des Verhältnisses zu 507 ivm 491 ff. (vgl. aber auch 489 Abs. 1 Nr. 2!). Grundsätzlich für Anwendung von 13 Münch- Komm/Micklitz, BGB, 13 RdNr. 41; der BGH (NJW 1994, 2759) hat anders entschieden, allerdings noch zu den speziellen Regeln im HaustürwiderufsG. - Somit lässt sich Verbrauchereigenschaft gut vertretbar annehmen, beachte allerdings hier die Wertgrenze von in 507 BGB. Diese würde bei Überschreiten dieser Grenze bedeuten, dass die Verbrauchereigenschaft nicht mehr anzunehmen wäre, auch wenn es sich um ein Existenzgründerdarlehen gehandelt hätte. Hier allerdings Darlehen in Höhe von , so dass dieser Rechtsgedanke nicht trägt. 2 BGHZ 139, 21 = WM 1998, 1388 = ZIP 1998, 1144 = NJW 1998, 2356 = WuB I F 1a (Melzer).
4 Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig 4 3. Ergebnis - es liegt bei dem Darlehensvertrag kein Haustürgeschäft vor, so dass auch die Bürgen sich nicht auf ein Widerrufsrecht nach 312, 355 BGB berufen können. - Sind Sie nicht dem EuGH gefolgt, könnten Sie das Widerrufsrecht der Eltern bejahen! LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Vgl. dazu nun das Urteil des BGH, NJW 1998, 2356ff. Bürgschaftsübernahme als Haustürgeschäft Leitsatz: Ein Bürgschaftsvertrag, der zur Absicherung einer Verbindlichkeit geschlossen wird, die der Hauptschuldner im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit eingegangen ist, ist kein Geschäft i. S. des 1 I HWiG. Dasselbe gilt, wenn der Hauptschuldner die durch die Bürgschaft gesicherte Verbindlichkeit zwar als Verbraucher, jedoch nicht im Rahmen eines Haustürgeschäfts eingegangen ist. Zum Sachverhalt: Der Bekl. übernahm durch schriftliche Erklärung vom die selbstschuldnerische Bürgschaft für die Verbindlichkeiten seiner Eltern gegenüber der Kl. (einer Bank) bis zum Höchstbetrag von DM. Der Vater des Bekl. betrieb ein Bauunternehmen, für das die Kl. u. a. einen Kontokorrentkredit eingeräumt hatte. Zur Abgabe der Bürgschaftserklärung kam es im Hause der Eltern des Bekl., die ein Angestellter der Kl. nach telefonischer Absprache mit der Mutter des Bekl. aufgesucht hatte. Über ein Recht, die Bürgschaftserklärung zu widerrufen, wurde der Bekl. nicht belehrt. Im Mai 1993 kündigte die Kl. alle den Eltern des Bekl. eingeräumten Kredite, die sich damals insgesamt auf mehr als 1,6 Mio. DM beliefen, mit sofortiger Wirkung. Die Kl. hat den Bekl. auf Zahlung eines Teilbetrags von DM aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Der Bekl. hat die Bürgschaftserklärung nach den Bestimmungen des Haustürgeschäftewiderrufsgesetzes (HWiG) widerrufen. Er hat Widerklage auf Feststellung erhoben, daß der Kl. auch über den eingeklagten Betrag hinaus keine Ansprüche aus der Bürgschaft gegen ihn zustünden. Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das BerGer. hat umgekehrt entschieden. Mit der Revision erstrebte die Kl. die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der erkennende Senat hat den EuGH um Vorabentscheidung ersucht (NJW 1996, 930 = LM H HWiG Nr. 22); die Entscheidung des EuGH vom ist abgedruckt in NJW 1998, Die Revision hatte Erfolg und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung. Aus den Gründen: I. Das BerGer. hat einen Anspruch der Kl. aus der Bürgschaftserklärung des Bekl. mit der Begründung verneint, dieser habe den Bürgschaftsvertrag nach den Vorschriften des Haustürgeschäftewiderrufsgesetzes wirksam widerrufen. Dem kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden; jenes Gesetz ist auf einen Bürgschaftsvertrag von der Art, wie er hier geschlossen worden ist, nicht anwendbar. 1. Der Senat hat in früheren Urteilen entschieden, daß die Bürgschaft kein auf eine entgeltliche Leistung gerichteter Vertrag i. S. des 1 I HWiG sei, weil sie eine eigene, von derjenigen des Schuldners verschiedene, einseitig übernommene Verbindlichkeit des Bürgen begründe (BGHZ 113, 287 [288] = NJW 1991, 975 = LM HWiG Nr. 6; NJW 1991, 2905 = LM HWiG Nr. 8 = WM 1991, 1210 [1211]). Dagegen sind im Schrifttum Einwände erhoben worden, die u. a. darauf gestützt worden sind, daß Art. 1 I der Richtlinie EWG vom betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABlEG Nr. L ) auch Bürgschafts- und andere Sicherungsverträge in den von ihr gewährten Mindestschutz einbeziehe. Diese Ansicht hat auch der XI. Zivilsenat des BGH in seinen Urteilen vom (NJW 1993, 1594 = LM H HWiG Nr. 12 = WM 1993, 683 [684]) und vom (BGHZ 131, 1 = NJW 1996, 55 = LM H HWiG Nr [zur Sicherungsgrundschuld]) vertreten. 2. Der erkennende Senat hat im Rahmen des jetzigen Rechtsstreits durch Beschluß vom (NJW 1996, 930 = LM H HWiG Nr. 22 = WM 1996, 384) dem EuGH gem. Art. 177 III EWGV die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob der Bürgschaftsvertrag deutschen Rechts, der zwischen einem Kreditinstitut und einer hierbei nicht im Rahmen einer selbständigen Erwerbstätigkeit handelnden natürlichen Person geschlossen und durch den eine Forderung des Kreditinstituts gegen einen Dritten abgesichert wird, zu den von der genannten Richtlinie erfaßten Verträgen gehört.
5 LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig Der Senat hat in dem Vorlagebeschluß im einzelnen dargelegt, daß weder der Wortlaut des 1 I HWiG noch der im Gesetz und seiner Entstehungsgeschichte zum Ausdruck gekommene Schutzzweck dafür sprächen, Bürgschaftsverträge in den Regelungsbereich des Gesetzes einzubeziehen. Die Bürgschaft sei als Sicherungsmittel keine Gegenleistung für den Kredit. Der Schutzzweck des Gesetzes beschränke sich, soweit sich das dessen Wortlaut und seiner Entstehungsgeschichte entnehmen lasse, auf die Abnehmer von Waren und Dienstleistungen, zu denen der Bürge nicht gehöre. Gehe er seine Verpflichtung in Form eines Haustürgeschäfts ein, so könne er zwar auch besonderen Gefahren ausgesetzt sein; diese seien aber vom Grundsatz her anderer Art als diejenigen, denen die Zielpartner von Waren- und Dienstleistungsanbietern ausgesetzt seien. Im Gesetzgebungsverfahren sei offenbar nicht daran gedacht worden, Bürgen und andere Sicherungsgeber in den Kundenschutz des Haustürgeschäftewiderrufsgesetzes einzubeziehen. Der Senat hat es aber, wie er in dem Vorlagebeschluß weiter zum Ausdruck gebracht hat, trotz dieser Gesichtspunkte für möglich gehalten, im Wege der richtlinienkonformen Auslegung Bürgschaftsverträge einzubeziehen, soweit die Richtlinie vom in diesem Sinne zu verstehen sein sollte. Der EuGH hat auf die Vorlage des Senats durch Urteil vom (NJW 1998, 1295 = WM 1998, 649 [651] - Ditzinger) entschieden, daß ein Bürgschaftsvertrag, der von einer nicht im Rahmen einer Erwerbstätigkeit handelnden natürlichen Person geschlossen wird, nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie (fällt), wenn er die Rückzahlung einer Schuld absichert, die der Hauptschuldner im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit eingegangen ist. An dieses Auslegungsergebnis ist der erkennende Senat gebunden. 3. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, daß die Bürgschaft des Bekl., soweit sie die Kreditschuld seines Vaters absichert, nicht von der Richtlinie erfaßt wird; denn dieser ist die Verbindlichkeit gegenüber der Kl. als Inhaber seines Unternehmens und damit im Rahmen seiner Erwerbstätigkeit eingegangen. Der Prozeßbevollmächtigte des Bekl. hat in der mündlichen Revisionsverhandlung die Ansicht vertreten, dieser brauche - schon auf der Grundlage des Richtlinienrechts - die Schuld seines Vaters trotzdem nicht zu erfüllen. Da er sich gleichzeitig auch für die denselben Kredit betreffende Rückzahlungsschuld seiner Mutter verbürgt, diese aber, wie in der Revisionsinstanz mangels einer gegenteiligen Feststellung des BerGer. anzunehmen sei, dabei nicht im Rahmen einer Erwerbstätigkeit gehandelt habe, habe jedenfalls insoweit ein Widerrufsrecht bestanden. Die wirksame Ausübung dieses Rechts habe zumindest unter dem Gesichtspunkt des 139 BGB auch die Einstandspflicht des Bekl. für die Verbindlichkeit des Vaters beseitigt. Diesem Rechtsstandpunkt kann sich der Senat nicht anschließen. Dabei mag die Frage, wie sich ein Wegfall der Bürgschaft für die Kreditschuld der Mutter des Bekl. auf die Haftung für die Verbindlichkeit des Vaters auswirken würde, offenbleiben. Der EuGH hat zwar im Tenor seiner Vorabentscheidung die Vorlagefrage des Senats in negativer Form dahin beantwortet, daß eine Bürgschaft, die ein Verbraucher für eine im Rahmen der Erwerbstätigkeit des Hauptschuldners eingegangene Verbindlichkeit übernimmt, nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie fällt. Hinter dieser Formulierung stehen aber die Erwägungen, die in Tz. 22 der Urteilsbegründung niedergelegt sind. Dort ist ausgesprochen, daß unter die Richtlinie nur eine Bürgschaft für eine Verbindlichkeit fallen kann, die ein Verbraucher im Rahmen eines Haustürgeschäfts gegenüber einem Gewerbetreibenden als Gegenleistung für Waren oder Dienstleistungen eingegangen ist. Von der Richtlinie wird danach ein Bürgschaftsvertrag nur dann erfaßt, wenn nicht nur er selbst ein Verbraucher- und Haustürgeschäft ist, sondern auch die durch ihn gesicherte Hauptverbindlichkeit auf einem Verbraucher- und Haustürgeschäft beruht. Auch diese Auslegung ist für den erkennenden Senat verbindlich. Bindungswirkung hat zwar grundsätzlich nur die Urteilsformel einer im Vorlageverfahren nach Art. 177 III EWGV ergangenen Vorabentscheidung; der Urteilsausspruch ist aber im Lichte der ihn tragenden Entscheidungsgründe zu verstehen (EuGH, Slg. 1978, 855 [859] - Bosch). Der Tenor des Urteils des EuGH vom ist wörtlich aus der Tz. 23 der Entscheidungsgründe übernommen. Deren Text schließt mit dem Wort daher an die Tz. 22 an und zieht damit die auf den Vorlagefall zugeschnittene Schlußfolgerung aus dem Auslegungsergebnis, das mit den Ausführungen unter Tz. 22 aus dem akzessorischen Charakter der Bürgschaft gewonnen worden ist. Es gibt im Prozeßstoff keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Mitverpflichtung der Mutter des Bekl. ein Haustürgeschäft zugrundegelegen haben könnte. Die Bürgschaft des Bekl. fällt deshalb auch insoweit nicht in den Bereich der Richtlinie, als sie sich auf die Kreditrückzahlungsverpflichtung der Mutter bezieht. 4. Eine Anwendung des Haustürgeschäftewiderrufsgesetzes auf den vorliegenden Fall käme somit nur in Betracht, wenn der Schutzbereich des Gesetzes insoweit über denjenigen der Richtlinie hinausginge; diese steht, da sie nur einen Mindestschutz für den Verbraucher bei Haustürgeschäften enthält (Art. 8), einer weitergehenden Regelung durch einen Mitgliedstaat nicht entgegen. Es kann indessen nicht angenommen werden, daß das deutsche Haustürgeschäftewiderrufsgesetz in diesem Punkt einen weiteren Regelungsbereich abdecken soll als die EWG- Richtlinie. Der eine entgeltliche Leistung voraussetzende Wortlaut des 1 I HWiG ist sogar enger gefaßt als die entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie, in denen dieser Begriff nicht verwendet wird. Auch der Entstehungsgeschichte des Gesetzes läßt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß der deutsche Gesetzgeber in der Frage der Einbeziehung von Sicherungsverträgen über die in der Richtlinie enthaltene Regelung hinausgehen wollte. Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages und der Bundestag selbst sind vielmehr bei den abschließenden Beratungen davon ausgegangen, daß sich das zu verabschiedende Gesetz im Rahmen des damals vorliegenden Entwurfs der fast zeitgleich erlassenen Richtlinie halte (BT-Dr , S. 9; vgl. Vorlagebeschl. vom , NJW 1996, 930 = LM H HWiG Nr. 22 = WM 1996, 384 [386]). In manchen Punkten mag das zwar nicht zutreffen; soweit das Haustürgeschäftewiderrufsgesetz hinter der Richtlinienregelung zurückbleibt, ist nach Möglichkeit durch richtlinienkonforme Auslegung eine Harmonisierung herbeizuführen (vgl. dazu auch Ulmer, in: MünchKomm, 3. Aufl., Vorb. 1 HWiG Rdnrn. 8, 21). Ein Wille des Gesetzgebers, den Schutzbereich der Richt- 5
6 LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig linie in dem Punkt, um den es hier geht, für das deutsche Recht zu erweitern, läßt sich jedoch nicht feststellen (a. A. offenbar Pfeiffer, NJW 1996, 3297 [3302]). 5. Es bedarf im Hinblick auf die Entscheidungen des XI. Zivilsenats des BGH vom und (BGH, NJW 1993, 1594 = LM H HWiG Nr. 12; BGHZ 131, 1 = NJW 1996, 55 = LM H HWiG Nr ) keiner Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen. a) Soweit es um den Inhalt der EWG-Richtlinie vom geht, ist das Urteil des EuGH vom für das mit der Sache befaßte nationalstaatliche Gericht verbindlich. Der erkennende Senat ist deshalb nicht befugt, die Entscheidung der Frage, welchen Inhalt das durch die Richtlinie geregelte Gemeinschaftsrecht hat, einem anderen Spruchkörper zu überlassen. Auch der Große Senat dürfte insoweit nicht anders entscheiden (vgl. BSG, NJW 1974, 1063 [1064]). Die Rechtslage unterscheidet sich, wenn eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts auslegungsbedürftig ist und damit für den BGH eine Vorlagepflicht nach Art. 177 III EWGV besteht, nicht wesentlich von derjenigen nach Art. 100 I GG. Gericht im Sinne dieser Bestimmung ist in solchen Fällen nicht der Große Senat, sondern der einzelne in der Sache befaßte Senat (BVerfGE 6, 222 [230 ff., 237, 242]). Nicht anders ist es im Fall des Art. 177 III EWGV. Eine Vorlage an den Großen Senat ist daher, wenn der EuGH auf Vorlage hin eine Vorabentscheidung getroffen hat, trotz einer früheren abweichenden Entscheidung eines anderen Senats des BGH weder nötig noch zulässig. b) In der Frage, ob das deutsche Haustürgeschäftewiderrufsgesetz hinsichtlich der Anwendbarkeit auf Bürgschaften über den Schutzbereich des Richtlinienrechts hinausgeht, fehlt es an einem Abweichungsfall i. S. des 132 II GVG. Die Ausführungen zur Anwendbarkeit des Haustürgeschäftewiderrufsgesetzes auf Bürgschaften im Urteil des XI. Zivilsenats des BGH vom waren für die dortige Entscheidung nicht tragend. Das Urteil vom betraf keine Bürgschaft, sondern eine Sicherungsgrundschuld. Der XI. Zivilsenat hat im übrigen in beiden Urteilen entscheidend darauf abgestellt, daß die Richtlinie die Bürgschaft insgesamt erfasse; dadurch sollte ein Konflikt zwischen innerstaatlichem und Gemeinschaftsrecht vermieden werden (NJW 1993, 1594 = LM H HWiG Nr. 12 = WM 1993, 683 [684]; BGHZ 131, 1 [5] = NJW 1996, 55 = LM H HWiG Nr ). Die Grundlage für diese Erwägungen ist durch das Urteil des EuGH vom entfallen. II. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Nach dem Vorbringen des Bekl. läßt es sich nicht ausschließen, daß der Bürgschaftsvertrag wegen Sittenwidrigkeit nach 138 BGB nichtig ist. Der Bekl. hat in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht, daß er bei Übernahme der Bürgschaft mit seinen damals 27 Jahren geschäftsunerfahren, ohne abgeschlossene Ausbildung und seit eineinhalb Jahren Mitarbeiter im Geschäft seines Vaters gewesen sei. Mit geschäftlichen Angelegenheiten habe er nichts zu tun gehabt. Er habe kein Vermögen gehabt und sein Verdienst im Unternehmen des Vaters habe gerade ausgereicht, um ihn selbst, seine Frau und sein Kind zu ernähren. Der Bekl. hat ferner zu den Umständen, unter denen es zu der Unterschrift unter das Bürgschaftsformular gekommen sei, vorgetragen: Der Vertreter der Kl., M, habe damals zunächst etwa eine Stunde lang mit ihm, seinen Eltern und seinen Brüdern darüber gesprochen, wie sich die Arbeiten auf den Baustellen forcieren ließen, damit bis Ende Oktober 1992 etwa DM hereingearbeitet werden könnten. Nachdem man sich über die Möglichkeit einig geworden sei, habe M am Schluß des Gesprächs zur allgemeinen Überraschung aus seiner Aktentasche zwei vorbereitete Bürgschaftserklärungen (für ihn, den Bekl., und seinen Bruder R) herausgeholt und erklärt, er brauche nur zwei kleine Unterschriften, die sich auf die angesprochenen zwei Baustellen bezögen; er brauche nur eine Bestätigung, daß bei diesen Baustellen bis Ende Oktober je DM hereingearbeitet würden. Auf Nachfragen habe M gesagt, die Unterschriften bezögen sich nur auf die Baustellen, begründeten keine private Haftung und seien auf die Dauer von zwei Monaten befristet. Das BerGer. hat zu diesem Sachvortrag bisher keine Feststellungen getroffen (vgl. zu den rechtlichen Maßstäben insbesondere BGHZ 125, 206 [216]; BGH, NJW 1996, 1274 = LM H BGB Nr. 104 = WM 1996, 519 [522 ff.]; NJW 1997, 52 = LM H BGB Nr. 110 = WM 1996, 2194 [2195 f.]; NJW 1997, 1005 = LM H BGB Nr. 113 = WM 1997, 465 [466 f.]; NJW 1997, 3372 = LM H BGB Nr. 120 = ZIP 1997, 1957 [1960], z. Veröff. in BGHZ bestimmt; NJW 1998, 894 = LM H [Bb] BGB Nr. 84 = WM 1998, 235 [236], z. Veröff. in BGHZ bestimmt). Damit das nachgeholt werden kann, ist die Sache an das BerGer. zurückzuverweisen. 6
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