Supply Chain Management Software
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- Alfred Buchholz
- vor 8 Jahren
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1 Supply Chain Management Software Chancen, Risiken und Wege der Einführung Von Andreas Hartwig und Olaf Möllhoff, Miebach Logistik, Berater und Ingenieure
2 2 Die wachsende Zahl von Unternehmens-Fusionen und der Trend zum internationalen Einkauf verursachen eine zunehmende Komplexität logistischer Strukturen. Komplexität zwingt die Unternehmen über Bereichsund Unternehmensgrenzen hinweg Prozeßketten zu definieren, zu steuern und vor allen Dingen zu optimieren. Alle in jüngster Vergangenheit intensiv diskutierten Ansätze wie Efficient Consumer Response (ECR), Just-In- Time, Single Sourcing sowie die Qualifizierung von Systemlieferanten haben gemeinsam, daß die Zusammenarbeit enger und die Abhängigkeit größer wird. Aus dem Strukturwandel ergeben sich Netzwerke, die ohne moderne Informationstechnologie nicht mehr zu steuern sind. In den vergangenen Jahren ist von den Unternehmen in erheblichem Maße in Enterprise Ressource Planning-Software (ERP) zur Automatisierung und Steuerung der internen Prozesse investiert worden. Keines dieser Systeme, seien sie nun von SAP, BAAN, J.D. Edwards oder anderen, unterstützt bisher eine unternehmensübergreifende Planung und Optimierung. Diese Lücke wird geschlossen durch Supply-Chain-Management- Software (SCM), die zur Zeit einen Boom erlebt. SCM-Tools müssen zur Zeit gegenüber ERP-Systemen wie SAP, BAAN, oder Oracle abgegrenzt werden. ERP-Systeme steuern die operativen Abläufe. Sie bieten jedoch nur geringe Planungsfunktionalität. Die SCM- Tools hingegen bedienen sich der Datenbasis der ERP-Systeme über zertifizierte Schnittstellen und bauen darauf ihre Planungen auf. Die Planungsergebnisse werden an die ERP-Systeme zur Ausführung zurückgegeben. Die klare Trennung ist aber schon heute nicht mehr gegeben und wird in Zukunft noch stärker verschwimmen. SCM-Anbieter dringen mit Modulen, beispielsweise für die Feinplanung, immer mehr in den ERP- Bereich vor und umgekehrt. Die Vision Die SCM-Tools, besser bezeichnete man sie als Toolsets, bieten Planungsunterstützung auf verschiedenen Planungsebenen, für unterschiedliche Planungsaufgaben und Zeithorizonte. Alle Module sind dabei miteinander verknüpft und stellen Daten für die angrenzenden Bereiche zur Verfügung. Wird beispielsweise festgestellt, daß aufgrund eines Maschinenausfalls ein Auftrag nicht termingerecht abgewickelt werden kann, gibt es unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten. Zuerst wird man versuchen den Konflikt durch Umplanung zu lösen. Ist dies nicht möglich, wird der Konflikt an eine übergeordnete Planungsinstanz gemeldet. Diese erkennt, wer alles betroffen ist und sucht nach Auswegen, beispielsweise durch Programmumplanungen oder Prüfen der verfügbaren Kapazitäten an anderen Fertigungsstandorten. Hierfür sind Informationen über Beschaffungs- und Transportzeiten, vorhandene Kapazitäten und Aufträge, Rohmaterial- und Fertigwarenbestände sowie die Kostenstruktur aller in Frage kommenden Unternehmensbereiche notwendig (Bild 1), die alle simultan optimiert werden sollten. Solche oder ähnliche Fragestellungen sind bereits heute Planungsalltag, der gesamte Prozeß ist aber nicht effizient, da die benötigten Informatio-
3 3 nen in den meisten Fällen nicht oder nicht in der benötigten Qualität zur Verfügung stehen und die geeigneten computergestützten Planungstools bisher fehlten. Diese Lücke schließen nun die SCM-Softwareanbieter und ermöglichen heute kurzfristige, flexible und simultane Optimierung über Bereichsgrenzen hinweg. Alle SCM-Anbieter legen besonderen Wert auf Softwarebausteine zur Integration aller Prozeßbeteiligten. Dabei machen sie sich die Funktionalität von Inter- und Intranet zunutze. Der Vorteil liegt in der schon sehr weitreichenden Standardisierung der Übertragungsprotokolle und der einfachen Übernahmemöglichkeit von Daten. Die Zukunftsvision besteht darin, übergeordneten Planungsabteilungen den Zugang zu allen wichtigen Informationen über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg zu verschaffen und dadurch die Möglichkeit zu geben, sich den hochkomplexen Planungsaufgaben und Optimierungsansätzen zu stellen. Die Realität Die technischen Voraussetzungen für integrierte Planungen bestehen bereits. In den nächsten Jahren werden die ersten Unternehmen in der Lage sein Produktion und Distribution, intern integriert zu planen. Schwieriger wird es jedoch bei der unternehmensübergreifenden Kooperation. Voraussetzung für eine durchgehende Optimierung sind die Bestimmung eines Channel Masters, der übergreifend Entscheidungen treffen darf, was starke Veränderungen in der Aufbau- und Prozeßorganisation zur Folge hat. Die Realität der Planung ist deshalb von der Vision noch weit entfernt. Die bereichsübergreifende Integration, d.h. die Verknüpfung unterschiedlicher Planungsaufgaben wie Produktionsplanung, Bestandsverwaltung und Bedarfsplanung ist noch nicht sehr weit vorangeschritten. In der Praxis plant bisher jeder noch weitestgehend für sich (Bild 2). Dadurch ist eine sehr heterogene Planungslandschaft entstanden, die aus einer Ansammlung von Funktionen besteht, die alle nicht miteinander verknüpft sind. Die Konsequenz sind hohe Bestände, nicht optimal ausgelastete Produktionskapazitäten, hohe Umrüstkosten in der Industrie und Sonderaktionen im Handel zum Abverkauf überschüssiger Bestände. Die hiermit verbundenen unnötig hohen Kosten paaren sich oft noch mit einem mäßigen Lieferservice. Die SCM-Anbieter machen sich diesen Umstand zunutze und fokussieren ihre Vertriebsaktivitäten verstärkt auf die bestehenden Schwachstellen und versuchen zumindest unternehmensintern eine bereichsübergreifende Optimierung zu erzielen. Schwerpunkte liegen auf den Modulen zur Bedarfs-, Distributions-, Produktions- und Transportplanung. Basismodul ist häufig die Bedarfsplanung, die durch optimale Planungsalgorithmen und - prozesse zu erhöhter Transparenz in der Planung entlang der Supply Chain führt.
4 4 Die Software Die genaue Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Softwarepakete, auch wenn man sich auf die führenden Anbieter wie i2 Technologies, Manugistics, Numetrix und SAP beschränkt, ist aufwendig und kann nur problemspezifisch erfolgen. Der Markt ist geprägt durch Fusionen, Aufkäufe und Kooperationen. Die Geschwindigkeit, mit der sich der Markt entwickelt, gibt einen Hinweis auf das erwartete Wachstum, das nach Aussage von Forrester Research Inc., Cambridge/USA, bei ca. 35% jährlich liegt. Die realisierbaren Einsparungen durch SCM-Software werden auf 10% der Supply Chain Kosten geschätzt. Alle Anbieter setzen die Methode der linearen Optimierung ein. Hierbei wird die in Form von Gleichungen modellierte Supply Chain entsprechend vorzugebender Optimierungskriterien (Kostenminimum, Zeitminimum,...) mathematisch optimiert. Dieses Verfahren wird um Heuristiken und innovative neuere Ansätze wie beispielsweise genetische Algorithmen ergänzt um zu einer realitätsnahen Planung zu kommen. Bei Verletzung von Restriktionen (z.b. kann die nachgefragte Menge mit den vorhandenen Kapazitäten nicht produziert werden) muß der Planer manuell eingreifen und nach Lösungen suchen. Die Visualisierung der Ergebnisse sowie die Simulationsmöglichkeiten helfen dem Planer auch mit den Problemfällen fertig zu werden. Dies ist aber nicht immer perfekt unterstützt und bietet weiteres Verbesserungspotential. Technisch unterscheiden sich Tools vor allen Dingen durch die Datenhaltung und die Kommunikation mit anderen Systemen. Speicherresidentes Arbeiten wird dabei mit Geschwindigkeit, eine eigene Datenbank mit Datensicherheit gleichgesetzt. Die Kommunikation mit anderen Systemen wird durch eigenständige Module gewährleistet. Die zu favorisierende Technik hängt von den spezifischen Planungsproblemen ab. Planung und Steuerung Supply Chain Management Software Transport - Planung Gesamtnetzwerkoptimierung Produktions - Planung Beschaffungs- und Distributionsplanung Bedarfsplanung Forecasting Links Ausführung ERP - Software ERP (Oracle) ERP (BAAN) ERP (SAP) SCM-Software...erweitert ERP Systeme wie SAP, Oracle, Baan,... um komplexe Planungs- und Optimierungsfuntionen...kann in bestimmten Bereichen ERP Systeme ersetzen (Transportplanung und -ausführung)...integriert die Daten diverser ERP Systeme im eigenen Unternehmen und externer Partner...visualisiert den Status und die Aktionen in der Supply Chain
5 5 Neben den großen Softwarehäusern gibt es kleinere Anbieter, die weniger komplexe Lösungen und preislich sehr viel günstiger sind. Stellvertretend seien hier Dynasis, Synquest und Logility genannt. Die Intransparenz des Marktes macht eine genaue Anforderungsanalyse unabdingbar. Einführung Eine Einführung sollte in folgenden fünf Schritten ablaufen: Erstens: Die Potentialanalyse und Zieldefinition im Rahmen einer Einführung von Supply-Chain-Management- Tools klärt, wo die wichtigsten Einspareffekte durch die Optimierung der Supply Chain liegen und in welcher Größenordnung Verbesserungen möglich sind. Bevor dieser Schritt nicht getan ist, sollte weder nach Software gesucht noch an eine Softwareeinführung gedacht werden. Eine intime Marktkenntnis der Softwareangebote ist dennoch von Anfang an erforderlich, um im Rahmen von Brainstormings die wesentlichen Ansatzpunkte zu erkennen und um anschließend zielorientiert gefundene Ansätze zu priorisieren. Dabei gilt generell: Je höher das Planungsniveau (s.a. Kasten), desto größer das Einsparpotential. Prädestiniert sind deshalb die Prozeßindustrie, die Stahlindustrie, Unternehmen im Bereich Consumer Packaged Goods und High-Tech- Firmen. Trotzdem gibt es auch in vielen anderen Industriezweigen interessante Schätze zu heben. Voraussetzungen zur Optimierung durch SCM-Software (Planungsniveau des Unternehmens) Planbarkeit : Bereiche mit wenigen Artikeln und hohem Durchsatz gewährleisten die Prognostizierbarkeit zukünftiger Absatzzahlen. Eine Prognose für Artikel mit fast keinem Umsatz (im Handel häufig eine Vielzahl der Artikel) ist schon rein mathematisch nicht möglich. Auch die Abstimmung zwischen Vertrieb, Logistik, Einkauf kann nicht für tausende Artikel(-gruppen) stattfinden. Planungsbedarf: Nur wenn die üblichen Wiederbeschaffungszeiten intern und / oder die Lieferzeiten zu Kunden relativ hoch sind (5 Tage und mehr) besteht überhaupt ein nennenswerter Planungsbedarf. Für Produktionsunternehmen wird dies intern häufig der Fall sein, für Handelsunternehmen nicht immer. Dort wo Just-In-Time produziert oder geliefert wird, ist der Nutzen von SCM-Software eingeschränkt. Planungsalternativen: Je komplexer und vielfältiger die Alternativen hinsichtlich Beschaffung, Produktion und Distribution sind, desto mehr Potential bietet die zentrale übergreifende Steuerung. Modulauswahl und Einführungsstrategie: Nach der Definition der Potentiale ist im zweiten Schritt eine Auswahl der für die jewei-
6 6 lige Problemstellung geeigneten Software-Module notwendig. In Einzelfällen kann sich auch ergeben, daß überhaupt keine spezielle SCM-Software notwendig ist. Die Auswahl beginnt mit einer groben Vorauswahl der denkbaren Anbieter, eine Priorisierung der Einführungsschritte und die klare Bestimmung der im Unternehmen betroffenen Bereiche. Planung der Organsiationsentwicklung Die Realisierung des Supply-Chain-Management-Gedankens erfordert erhebliche Organisationsveränderungen, die im dritten Schritt gut vorbereitet und mit den betroffenen Bereichen gemeinsam erarbeitet werden müssen. Die Software kann letztendlich nur dann erfolgreich eingeführt werden, wenn ein klares Organisations- und Workflow-Konzept existiert. Pilots und Sofwareauswahl Im vierten Schritt erfolgt die endgültige Auswahl des geeigneten Softwarelieferanten. Auf Basis der langfristigen Einführungsstrategie (Langfristziele, Module, Zeitplan) und dem Organisationskonzept kann nun der geeignete Anbieter bestimmt werden. Hierzu sollten mit den interessantesten Anbietern möglichst Conference Room Pilots durchgeführt werden, in denen ausgewählte Szenarien realitätsnah durchgespielt und Planungs- und Optimierungsmöglichkeiten evaluiert werden. Fünfter und letzer Schritt ist die Implementierung der Änderungen. Auf Basis eines klaren Organisationskonzeptes ist dies wesentlich einfacher als bei einer überstürzten und evtl. sehr softwareorientierten Einführung. Fazit: Unternehmen, die jetzt mit der Planung ihrer Supply Chain Management Software beginnen, haben die Chance, den Wettbewerb mit schnelleren, kostengünstigeren Abläufen und besseren Serviceleistungen hinter sich zu lassen. Sie tragen aber auch aufgrund des sich noch immer stark entwickelnden SCM-Software-Marktes ein gewisses Risiko. (ca Zeichen) Autoren Andreas Hartwig ist Mitglied der Geschäftsführung der Miebach Logistik GmbH und betreut das Marktsegment Diskrete Fertigung Olaf Möllhoff ist Logistikprojektleiter bei BMW-Motorrad in Berlin
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