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1 Inhaltsverzeichnis Vorwort Kapitel / Seite I II Einleitung Basiswissen 1 Pathologisches Glücksspielen Definition nach DSM-IV und ICD / Einordnung des Krankheitsbilds... 1 / Spielertypologie... 1 / Epidemiologie... 1 / Glücksspielverhalten in Bayern... 1 / 4 2 Rechtliche Grundlagen Rechtliche Rahmenbedingungen... 2 / Hintergrundinformationen zur Spielersperre... 2 / 6 3 Glücksspielangebote Überblick über die Glücksspielangebote... 3 / Glücksspielangebot in Bayern... 3 / 8 4 Basisschulung Grundlagen der Glücksspielsucht... 4 III Vertiefung spezifischer Aspekte 1 Aufbauschulungen pathologisches Glücksspielen Schnittstelle Schuldnerberatung Wissenswertes über Schuldner- und Insolvenzberater... 2 / Ablauf der Schuldnerberatung... 2 / Hinweise zur Vorbereitung des Ersttermins bei der Schuldnerberatung... 2 / Regelmäßig auftretende Fragen zum Bereich Private Insolvenz... 2 / 10 3 Fallbeschreibung: Verhaltenstherapeutische Behandlung eines Pathologischen Glücksspielers... 3 IV Aktuelle Forschung und Entwicklungen 1 Literaturreferate Wissenschaftliche Artikel... 2 V Arbeitsmaterialien für die Beratungspraxis 1 Interviewleitfaden pathologisches Glücksspielen Spielersperre Selbsttest Monatlicher Haushaltsplan Schuldenaufstellung Ausgabenprotokoll Überleitung einer angeleiteten Gruppe in eine Selbsthilfegruppe.. 7 VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention 1 Workshop 1x1 der Medienarbeit Pressetexte Methoden zur Prävention von problematischem und pathologischem Glücksspielen 3 4 Übersicht über die Kampagnenmaterialien zum Einsatz in den Praxisstellen Grundlagen der Suchtprävention. 5 PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL Inhaltsverzeichnis Seite 1/1

2 Kapitel / Seite VII Kontakte, Adressen, nützliche Links 1 Kompetenznetzwerk Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern Ansprechpartner der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern Selbsthilfegruppen in Bayern Stationäre Einrichtungen für pathologische Spieler in Deutschland Landeskoordinatoren Glücksspielsucht in Deutschland Assoziierte Adresslisten... 6 VIII Anhang 1 Literaturempfehlungen Gesetze und Verordnungen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV)... 2 / Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen (AGGlüStV)... 2 / Auszug aus der Gewerbeordnung... 2 / Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (SpielV)... 2 / 23 PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL Inhaltsverzeichnis Seite 1/2

3 Impressum Herausgeber Edelsbergstraße 10, München Tel. 089/ Fax 089/ Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen BAS Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) Redaktion Dipl.-Psych. Ursula Buchner, Dipl.-Soz.Päd. [FH] Vanessa Irles-Garcia, Dipl.-Psych. Annalena Koytek, Dipl.-Soz. Martina Kroher, Dipl.-Soz. Monika Sassen Kontakt: Manuela Freese-Wagner, Tel. 089/ , Autoren Dipl.-Psych. Ursula Buchner, BAS, Bereich LSG Prof. Dr. Gerhard Bühringer, IFT Institut für Therapieforschung Dipl.-Soz.Päd. [FH] Daniel Ensslen, Aktion Jugendschutz, Landesarbeitsstelle Bayern e.v. Manuela Freese-Wagner, M.A., Geschäftsstelle LSG Dipl.-Psych. Tobias Hayer, Universität Bremen, Institut für Psychologie und Kognitionsforschung (IPK) Dr. Heike Hinz, AHG Klinik Wigbertshöhe Dipl.-Soz.Päd. [FH] Vanessa Irles-Garcia, Geschäftsstelle LSG Theresa Keidel, Selbsthilfekoordination Bayern Dipl.-Psych. Eva Korell, Korell & Hoßner Dipl.-Psych. Annalena Koytek, BAS, Bereich LSG Dipl.-Soz. Martina Kroher, IFT, Bereich LSG Rainer Mesch, Schuldnerberater ISKA Nürnberg, Vorstand Landesarbeitsgemeinschaft Schuldner- und Insolvenzberatung Bayern e.v. Dr. Volker Premper, AHG Klinik Schweriner See Dipl.-Soz. Monika Sassen, IFT, Bereich LSG Dipl.-Soz.Päd. [FH] Marco Stürmer, BAS, Bereich LSG Dipl.-Psych. Susanne Winter, BAS, Bereich LSG 1. aktualisierte Auflage, September 2010 Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern

4 Vorwort Seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 sehen sich die Bundesländer immer mehr in der Pflicht, den Schutz der Bürger vor Glücksspielsucht zu verstärken. In Bayern wurde deshalb im Juni 2008 die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern (LSG) gegründet. Sie bildet die zentrale Schnittstelle aller an der Prävention, Suchthilfe und Suchtforschung bei Glücksspielsucht beteiligter Organisationen und Akteure. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit finanziert die LSG. Ihre Aufgaben bestehen in der Forschung, in der Einrichtung spezifischer Beratungsstellen vor Ort in ganz Bayern, in der Weiterbildung von Profis, die mit pathologischen Spielern und/oder deren Angehörigen arbeiten sowie in der Prävention und Aufklärung der breiten Bevölkerung. Die Umsetzung erfolgt in Zusammenarbeit mit folgenden Partnern: - Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) Sie ist Träger und Betreiber der Geschäftsstelle sowie der Praxisstellen vor Ort. - Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) Die BAS organisiert Weiterbildung und Supervision, ist für den Transfer von der Forschung in die Praxis zuständig und koordiniert Veranstaltungen. - IFT Institut für Therapieforschung Das IFT ist für sämtliche Forschungsvorhaben verantwortlich. Um die Qualität des Beratungsangebotes in Bayern auf dem bis dato eher stiefmütterlich behandelten Gebiet der Glücksspielsucht zu optimieren und langfristig auf hohem Niveau sicherzustellen, wurde im Rahmen der LSG das Kompetenznetzwerk Glücksspielsucht gegründet. Darin sind aktuell 52 Suchthilfeeinrichtungen zusammengeschlossen, die sich verstärkt dem Thema widmen. Von der LSG werden deren Mitarbeiter geschult, erhalten sie Materialien, Supervision und fachliche Begleitung. Regelmäßige Netzwerktreffen sorgen für persönlichen, fachlichen Austausch. Um alle Beteiligten zu vernetzen, initiiert die LSG auch Kontakte zu anderen Institutionen, die medizinische oder psychosoziale Hilfsangebote bereitstellen. Das vorliegende Handbuch wurde in Zusammenarbeit aller Kooperationspartner erstellt. Hiermit liegt bayernweit erstmals ein Kompendium vor, das Beratern vor Ort als umfangreiches Arbeitsmittel in ihrem täglichen Umgang mit pathologischen Spielern und/oder deren Angehörigen dient. Damit leistet die LSG einen entscheidenden Beitrag zur Qualitätssicherung und -verbesserung in der Behandlung pathologischer Spieler in Bayern. Andreas Czerny Geschäftsführer Landessstelle Glücksspielsucht in Bayern München, im September 2010 PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL Vorwort

5 Einleitung M. Freese-Wagner Das vorliegende Handbuch wendet sich an alle, die beruflich mit Glücksspielsucht zu tun haben, im Wesentlichen an diejenigen, die sich in Suchtberatungsstellen um Betroffene und/oder Angehörige kümmern. Die gezielte Beratung dieser Menschen erfordert ein hohes Maß an Fachwissen. Dies möchten wir Ihnen in Form dieses Handbuches möglichst komprimiert bieten, um Sie bestmöglich in Ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen. Dabei soll das Handbuch ein lebendiges Dokument sein, das Sie mit eigenen Materialien ergänzen können und das von uns laufend aktualisiert und ausgebaut wird. Ihre persönlichen Unterlagen wie auch die Schulungsmaterialien, die Sie von uns vielleicht bereits erhalten haben, können Sie jederzeit einheften. Neuerungen werden wir kontinuierlich auf unserer Homepage unter veröffentlichen und Materialien zum Download anbieten. In unserem vierteljährlichen Newsletter werden wir außerdem auf neue Bausteine für das Handbuch hinweisen. Sie können den Newsletter auf unserer Homepage abonnieren, dann sind Sie immer im Bilde. Wir werden Sie mit unseren Materialien für das Handbuch über den aktuellen Forschungsstand auf dem Laufenden halten, Sie über neue Therapiemethoden oder Schulungsunterlagen informieren und vieles mehr. Um ein angenehmes Arbeiten zu gewährleisten, werden wir auch das Inhaltsverzeichnis ständig mit aktualisieren. Wie auch das Handbuch selbst bleiben diese Angebote für alle Interessenten in Bayern kostenfrei. Wir freuen uns über Anregungen von Ihnen und sind genauso offen für mögliche Kritik. Helfen Sie uns, das Handbuch für Sie zu einem praktikablen Arbeitsmittel zu gestalten, indem Sie uns Feedback geben. Schicken Sie einfach eine an: Hinweis Zugunsten einer angenehmen Lesbarkeit verzichten wir auf die männliche und weibliche Schreibweise und beschränken uns auf die traditionell männliche Form. Gemeint und angesprochen sind in jedem Falle gleichrangig beide Geschlechter. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL I Einleitung

6 1 Pathologisches Glücksspielen 1.1 Definition nach DSM-IV und ICD-10 M. Sassen Im Allgemeinen ist unter Glücksspiel das Setzen eines Wertes auf ein Spiel/Event oder eine Wette jeglicher Art zu verstehen, deren Ausgang nicht vorhersagbar ist und bei der das Ergebnis zu einem gewissen Grad vom Zufall abhängt (Bolen & Boyd, 1968). Pathologisches Glücksspielen (PG) (Pallanti, DeCaria, Grant, Urpe, & Hollander, 2005) stellt ein schwerwiegendes Problem dar, das mit negativen Konsequenzen für das Individuum, für Personen in dessen Umfeld, aber auch für die Gesellschaft insgesamt einhergeht (Raylu & Oei, 2002; Raylu & Oei, 2004). Im ICD-10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten, zehnte Revision) ist PG unter abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle (F63) eingeordnet (Weltgesundheitsorganisation WHO). Hiernach besteht die Störung im häufig wiederholten episodenhaften Glücksspiel, das die Lebensführung der betroffenen Person beherrscht und zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte und Verpflichtungen führt. Das DSM-IV (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen, vierte Version) kategorisiert PG ebenfalls als eine Störung der Impulskontrolle, die nicht andernorts klassifiziert ist (American Psychiatric Association, APA 1994). Wesentliches Merkmal von PG ist demnach ein andauerndes, wiederkehrendes und maladaptives Spielverhalten, das persönliche, familiäre oder Freizeitbeschäftigungen stört oder beeinträchtigt (APA 1994, S. 615). Dies kann sich unter anderem in starkem Eingenommensein vom Glücksspiel, erfolglosen Einschränkungs- oder Aufgabeversuchen des Spiels, Unruhe und Gereiztheit dabei, Lügen gegenüber Dritten zur Vertuschung der Spielproblematik oder Wiederaufnahme des Glücksspiels, um Geldverluste auszugleichen, äußern. Werden fünf der insgesamt zehn Kriterien erfüllt, liegt PG vor. Als eine schwächere Ausprägung, bei der drei bis vier, aber nicht alle für eine Diagnose notwendigen Kriterien erfüllt werden, kann das so genannte problematische Spielverhalten (PrG) angesehen werden (z. B. Volberg, Abbott, Ronnberg, & Munck, 2001). Die diagnostischen Kriterien für PG sind in den Abbildungen 1 und 2 jeweils für das ICD-10 und das DSM-IV dargestellt. ICD-10 F63 Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle F63.0 Pathologisches Glücksspielen Dauerndes, wiederholtes Spielen Anhaltendes und oft noch gesteigertes Spielen trotz negativer sozialer Konsequenzen, wie: - Verarmung - gestörte Familienbeziehungen - Zerrüttung der persönlichen Verhältnisse Abbildung 1: Diagnosekriterien für pathologisches Glücksspielen nach ICD-10 PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 1/1

7 DSM-IV 312. Störungen der Impulskontrolle, nicht andernorts klassifiziert Pathologisches Glücksspielen Andauerndes und wiederkehrendes, fehlangepasstes Spielverhalten, was sich in mindestens fünf der folgenden Merkmale ausdrückt: 1. Starke Eingenommenheit vom Glücksspiel (z. B. starke gedankliche Beschäftigung mit Geldbeschaffung) 2. Steigerung der Einsätze, um gewünschte Erregung zu erreichen 3. wiederholte erfolglose Versuche, das Spiel zu kontrollieren, einzuschränken oder aufzugeben 4. Unruhe und Gereiztheit beim Versuch, das Spiel einzuschränken oder aufzugeben 5. Spielen, um Problemen oder negativen Stimmungen zu entkommen 6. Wiederaufnahme des Glücksspielens nach Geldverlusten 7. Lügen gegenüber Dritten, um das Ausmaß der Spielproblematik zu vertuschen 8. illegale Handlungen zur Finanzierung des Spielens 9. Gefährdung oder Verlust wichtiger Beziehungen, von Arbeitsplatz und Zukunftschancen 10. Hoffnung auf Bereitstellung von Geld durch Dritte Abbildung 2: Diagnosekriterien für pathologisches Glücksspielen nach DSM-IV 1.2 Einordnung des Krankheitsbilds U. Buchner Derzeit gibt es eine wissenschaftliche Diskussion um die korrekte nosologische Einordnung des pathologischen Glücksspielens. Die zentrale Fragestellung dabei ist, welchen anderen Erkrankungen in Bezug auf Symptom, Ursache und Verlauf das pathologische Glücksspielen ähnelt. Gerade in Hinblick auf die Erstellung des DSM-V, das nach Informationen der APA voraussichtlich im Mai 2012 erscheinen soll, stellt sich die Frage, ob pathologisches Glücksspielen künftig weiterhin als Impulskontrollstörung eingeordnet wird oder ob nicht eine Einordnung als Zwangsstörung oder als nicht-stoffgebundene Abhängigkeit bzw. Sucht zutreffender wäre. In der bisherigen Einordnung als Impulskontrollstörung gehört das pathologische Glücksspielen zu den Verhaltensweisen, bei denen der Betroffene nicht dazu in der Lage ist, dem Impuls, Trieb oder der Versuchung zu widerstehen, eine Handlung auszuführen, die für die Person selbst oder andere schädlich ist (DSM-IV, S. 691). Ein subjektiv erlebter innerer Spannungszustand vor der Handlung geht dabei mit einer Entlastung nach der Handlung einher, wobei nach der Handlung Reue, Schuldgefühle oder Selbstvorwürfe auftreten können. Die Schwierigkeit in der Zuordnung zu den Impulskontrollstörungen ergibt sich daher, dass beim pathologischen Glücksspielen von einer Toleranzentwicklung sowie von der Zentrierung der Lebensinhalte um das Glücksspiel berichtet wird (Grüsser, 2007). Dies lässt sich mit dem Konzept der Impulskontrollstörung nicht gut vereinen. Die mögliche Einordnung als Zwangsstörung bzw. als Zwangsspektrumsstörung ist ebenfalls problematisch: Zwangshandlungen werden zumeist auch anfangs nicht als angenehm erlebt und gelten häufig als Vorbeugung gegen ein drohendes Unheil. Außerdem wird die Zwangshandlung nicht vorbereitet und teilweise unmittelbar mehrfach stereotyp wiederholt (Grüsser-Sinopoli, 2008). Das ICD-10 schließt die Bezeichnung zwanghaft für pathologisches Glücksspielen explizit aus: denn das Verhalten ist weder im engeren Sinne zwanghaft noch steht es mit der Zwangsneurose in Beziehung (S. 238). Die dritte Alternative, die derzeit diskutiert wird, ist die Einordnung des pathologischen Glücksspielens als Sucht bzw. als nicht-stoffgebundene Abhängigkeit. Meist werden dabei die Bezeichnungen PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 1/2

8 Verhaltensabhängigkeit ( behavioral dependence ) oder Verhaltenssucht verwendet. Unterstützt wird die Diskussion durch Befunde, die zeigen, dass stoffgebundene und stoffungebundene Abhängigkeiten in dieselben zentralnervösen Verstärker-Mechanismen eingreifen. Zudem wurden die diagnostischen Kriterien des pathologischen Glücksspielens bei der Aufnahme der Diagnose im DSM-III in Anlehnung an die Kriterien der stoffgebundenen Sucht (Abhängigkeit von psychotropen Substanzen) formuliert (Müller-Spahn & Margraf, 2003; Grüsser-Sinopoli, 2008). In dem gemeinsamen einheitlichen Diagnoseschlüssel der Renten- und Krankenversicherungen ist das pathologische Glücksspielen unter Spielsucht" aufgenommen. Auch Betroffene selbst bezeichnen sich überwiegend als süchtige Spieler". 1.3 Spielertypologie M. Sassen Die meisten Spieler lassen sich einer der folgenden Gruppen zuordnen: Soziale Spieler Professionelle Spieler Problematische Spieler Pathologische Spieler - Größte Gruppe unter den Glücksspielern - Unterhaltung, Freizeitgestaltung - Kein auffälliges Spielverhalten - Kleine Gruppe unter den Glücksspielern - Eher im illegalen Bereich - Verdienen Lebensunterhalt mit Glücksspielen - Distanziertes und kontrolliertes Verhältnis zum Spielen - Sind gefährdet - Befinden sich in Übergangsphase - Merkmale: Schuldgefühle, erste Vernachlässigung von Verpflichtungen, erste höhere Geldverluste - Schwerwiegende Probleme mit Glücksspiel - Unkontrolliertes Spielverhalten (Meyer & Bachmann, 2005) 1.4 Epidemiologie M. Sassen Das Spielen um Geld ist für eine große Zahl der Deutschen eine gelegentliche oder regelmäßige Form der weitgehend unproblematischen Unterhaltung und Freizeitgestaltung. Nach einer repräsentativen Studie im Jahr 2006 (Bühringer, Kraus, Sonntag, Pfeiffer-Gerschel, & Steiner, 2007) haben 71,5% (37 Mio.) der erwachsenen Deutschen bereits einmal in ihrem Leben an einem Glücksspiel teilgenommen, 49,4% (25,7 Mio.) spielen dabei regelmäßig. Ähnliche Werte zeigen sich in der bayerischen Bevölkerung im Alter von 18 bis 64 Jahren: Mehr als zwei Drittel (69,2%) hat schon einmal gespielt und etwa die Hälfte (52,3%) hat in den vergangenen 12 Monaten an einem Glücksspiel teilgenommen. Daraus ergeben sich für Bayern entsprechend folgende Absolutwerte: 5,4 Mio. bzw. 4,1 Millionen (siehe Abschnitt 1.5 Glücksspielverhalten in Bayern). Weltweite Prävalenzschätzungen von pathologischem Glücksspiel (PG) ergeben, dass 0,4% bis 4,7% der Bevölkerung in den vergangenen zwölf Monaten problematisches Spielverhalten (PrG) gezeigt hat und 0,15% bis 2,1% sogar pathologisch spielen (Stucki & Rihs-Middel, 2007). In Deutschland liegt aktuellen Studien zufolge der Anteil der Personen, die in den vorangegangenen zwölf Monaten die Kriterien für PG nach DSM-IV erfüllten, bei ca. 0,2% bis 0,6% der erwachsenen Gesamtbevölkerung PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 1/3

9 (Buth & Stöver, 2008; Bühringer et al., 2007; BZgA, 2008). Bei weiteren 0,3% bis 0,64% wird angenommen, dass bereits Probleme mit dem Glücksspielen bestehen. Becona (1996) zufolge sind mindestens die Hälfte aller Spieler in Deutschland, Spanien und Holland unter 30 Jahre alt. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, das Spielverhalten Jugendlicher und junger Erwachsener zu untersuchen. Dies gilt umso mehr, da sich das Ausmaß an Problemen, die mit Glücksspiel einhergehen, zwischen Erwachsenen und Jugendlichen zu unterscheiden scheint. Eine Metaanalyse von 119 Prävalenzstudien hat gezeigt, dass die Prävalenzen PrGs und PGs bei Jugendlichen signifikant höher sind als bei Erwachsenen (Shaffer, Hall, & Vander Bilt, 1999). Studien zu Glücksspielproblemen bei Jugendlichen weisen Werte von 1,8% bis 22,7% für riskantes sowie 0,4% bis 9,0% für problematisches Glücksspielen auf. Für Deutschland liegen zum problematischen Spielverhalten von Jugendlichen zurzeit jedoch keine Werte vor. Des Weiteren weisen bestimmte soziodemografische Faktoren sowie Zielgruppen einen besonderen Zusammenhang mit ausgeprägtem Spielen auf. Beispielsweise neigen Männer vermehrt zu exzessivem Spielverhalten als Frauen (Rihs et al., 2006). Für erhöhte Prävalenzen von PG bei ethnischen Minderheiten (Cuadrado, 1999; Lesieur & Rosenthal, 1991) oder Patienten psychiatrischer Einrichtungen (Shaffer et al., 1999) bestehen ebenfalls konsistente Befunde in der Glücksspielforschung. Internationale Vergleiche von Prävalenzwerten verschiedener Studien sind jedoch problematisch, da Prävalenzangaben nicht differenziert nach Faktoren wie genutztem Instrument zur Klassifizierung der Problematik, Art der Datenerfassung (telefonisch vs. postalischer Fragebogen) und Alter und Zusammensetzung der Stichprobe sind, welche jedoch Einfluss auf die Prävalenzschätzungen haben können. 1.5 Glücksspielverhalten in Bayern M. Sassen 1 Zielsetzung Schätzungen aus Bevölkerungsstudien zu Glücksspiel in Deutschland zufolge haben um die 70% der Deutschen schon einmal gespielt (Bühringer, Kraus, Sonntag, Pfeiffer-Gerschel, & Steiner, 2007). Etwa die Hälfte der Befragten hat in den vergangenen 12 Monaten mindestens einmal an einem Glücksspiel teilgenommen (Bühringer et al., 2007; Buth & Stöver, 2008; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), 2008). Da regionale Unterschiede und Schwankungen im Glücksspielverhalten zu erwarten sind, wird eine gesonderte Analyse für das Bundesland Bayern durchgeführt. Ziel der Analyse ist es, Informationen über das Spielverhalten sowie die Anzahl problematischer und pathologischer Glücksspieler in Bayern zu erhalten. 2 Methodik 2.1 Datenerhebung und Stichprobe Datengrundlage bildet der Epidemiologische Suchtsurvey 2006, eine seit 1980 regelmäßig durchgeführte repräsentative Studie zum Gebrauch und Missbrauch psychoaktiver Substanzen in der Allgemeinbevölkerung (vgl. Kraus, 2008). Die Rekrutierung der Stichprobe erfolgte über ein zweistufiges Auswahlverfahren. Zunächst wurden alle Gemeinden nach geographischen und siedlungsstrukturellen Kriterien geordnet. Aus diesem Pool wurden proportional zur Bevölkerungsgröße der Bundesländer Gemeinden (Sample Points) zufällig gezogen. Für das Bundesland Bayern wurde die Stichprobe erweitert, um eine länderspezifische Auswertung zu ermöglichen. Die Zielpersonen wurden in einem zweiten Schritt direkt aus den Einwohnermelderegistern der ausgewählten Gemeinden zufällig ausgewählt. Die Ziehung nach Altersklassen erfolgte disproportional zur Verteilung in der Bevölkerung. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 1/4

10 Junge Erwachsene sind daher in der Stichprobe überproportional repräsentiert, da ihr Anteil in der Gesamtbevölkerung geringer ist als der älterer Personen. Zudem nehmen jüngere Personen seltener an Befragungen teil als Ältere. Allen ausgewählten Personen, die den schriftlichen Fragebogen nach drei Erinnerungen nicht beantworteten und von denen eine Telefonnummer vorlag, wurde die Beantwortung des Fragebogens in einem telefonischen Interview angeboten (Mixed-Mode-Design). Für das Bundesland Bayern ergibt sich nach Ausschluss von Fällen mit ungültigen Angaben insgesamt eine Stichprobe von Personen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren, die den Analysen zu Grunde liegt (Kraus, Baumeister & Stonner, 2008). Um Abweichungen hinsichtlich zentraler Merkmale von der deutschen Allgemeinbevölkerung auszugleichen, wurde die Stichprobe so gewichtet, dass die gemeinsame Verteilung von Alter und Geschlecht sowie die Verteilungen von Bundesland und Gemeindegrößenklasse mit der demographischen Struktur der Grundgesamtheit übereinstimmen (Statistisches Bundesamt Stand ). 2.2 Instrumente Das Spielverhalten wurde für verschiedene Glücksspiele bezogen auf die Lebenszeit, die letzten 12 Monate und die letzten 30 Tage vor der Erhebung erfasst. Für die Diagnose pathologisches Glücksspiel wurden die Kriterien nach DSM-IV-TR (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen IV, Textrevision) verwendet (Saß, Wittchen, Zaudig & Houben, 2003). Die Items zur Erfassung der Kriterien wurden von Stinchfield (2002) übernommen, ins Deutsche übersetzt und zur Kontrolle ins Englische rückübersetzt (die Fragen wurden aus DSM-IV abgeleitet, sind aber mit DSM-IV- TR identisch). 2.3 Statistische Auswertung Zur Erfassung des Spielverhaltens bzw. der Bevölkerungsattraktivität wurden vier Maße berechnet: die Prävalenzwerte für Glücksspielen bezogen auf die (1) Lebenszeit und (2) die letzten 12 Monate, die Prävalenz des (3) präferierten Glücksspiels in den letzten 12 Monaten (Glücksspielpräferenz) sowie (4) der Anteil der aktuellen Glücksspieler (12-Monatsprävalenz mit Glücksspielpräferenz) an der Lebenszeitprävalenz des jeweiligen Glücksspiels, d.h. das Verhältnis von 12-Monats- und Lebenszeitprävalenz (Glücksspielbindung). Für das Risiko pathologischen Glücksspielens bzw. die Anzahl pathologischer Glücksspieler in Bayern wurden zwei Kennzahlen ermittelt: Das Glücksspielrisiko einer Spielart steht für das Risiko aktueller Spieler mit einer Spielpräferenz für eine Diagnose PG, bezogen auf die bevorzugte Spielart. Das Bevölkerungsrisiko im Sinne einer Belastung der Bevölkerung im Zusammenhang mit Glücksspielen berücksichtigt die Prävalenz des präferierten Glücksspiels (letzte 12 Monate) und das Glücksspielrisiko für die jeweils präferierten Glücksspiele bzw. Glücksspielgruppen. Somit stellt das Bevölkerungsrisiko eine Hochrechnung des betroffenen Anteils von pathologischen Spielern auf die Bevölkerung dar. Das Glücksspielverhalten in Bayern (Lebenszeit- und 12-Monatsprävalenz, präferiertes Glücksspiel und Glücksspielbindung) wurde basierend auf einer eigenständigen Auswertung der Fälle aus der bayerischen Stichprobe gemäß der bundesweiten Auswertung berechnet. Für die Berechnung pathologischen Glücksspielens in Bayern (Glücksspiel- und Bevölkerungsrisiko) wurden wegen der kleinen Fallzahl in der bayerischen Stichprobe die Prozentergebnisse der bundesweiten Stichprobe verwendet und die Absolutzahlen auf Bayern umgerechnet. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 1/5

11 3 Ergebnisse 3.1 Bevölkerungsattraktivität: Lebenszeit- und 12-Monatsprävalenz Die Ergebnisse in Tabelle 1 für die verschiedenen Glücksspiele zeigen, dass mehr als zwei Drittel (69,2%) der bayrischen Bevölkerung im Alter von 18 bis 64 Jahren schon einmal gespielt haben und dass etwa die Hälfte (52,3%) in den vergangenen 12 Monaten Glücksspiel betrieben hat. Hinsichtlich der Lebenszeitprävalenz wurden vor allem die Lotto-Glücksspiele bevorzugt (56,0%), gefolgt von den Lotterien (Fernsehlotterie: 24,9% bzw. Klassenlotterie: 17,7%) und den Geldspielautomaten (13,0%). Eine ähnliche Reihenfolge zeigt sich für die 12-Monatsprävalenz-Spieler (jeweils Mehrfachnennungen möglich). So spielten im vergangenen Jahr 37,9% LOTTO, 11,0% nahmen an Fernsehlotterien bzw. 3,6% am großen Spiel teil. Für Glücksspiele im Internet (Internetspielkasino: 0,5%; Internetkartenspiele: 0,6%), Pferdewetten (0,8%) oder illegales Glücksspiel (0,5%) war die Nachfrage geringer. 3.2 Bevölkerungsattraktivität: Präferiertes Glücksspiel und Glücksspielbindung Für die Glücksspielpräferenz der Personen mit 12-Monatsprävalenz ergibt sich folgendes Bild (siehe Tabelle 2): Am liebsten wurden Spiele der Lottogruppe gespielt (57,9%), gefolgt von Lotterien (12,8%) und Spiele im Kasino (5,6%). Weniger attraktiv für bayerische Glücksspieler waren Sportwetten (4,6%), das Spiel an Geldspielautomaten (2,4%) sowie illegales Glücksspiel (0,9%). Insgesamt präferierten 83,3% der 12-Monatsprävalenz-Spieler eine bestimmte Spielform. Die höchste Glücksspielbindung zeigen Lottospiele (Quicky, 77,8%; LOTTO/TOTO/KENO, 67,7%), gefolgt von illegalem Glücksspiel (66,5%) und Sportwetten (im Internet, 65,0%; in Annahmestellen, 62%). Geringe Bindungen zeigen sich für Pferdewetten (28,6%), Geldspielautomaten (20,8%) und das kleine Spiel in Spielbanken (14,1%). PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 1/6

12 Lebenszeitprävalenz 1 12-Monatsprävalenz: alle Glücksspiele 1 Glücksspielgruppen/ einzelne Glücksspiele Tabelle 1: Bevölkerungsattraktivität: Lebenszeit- und 12-Monatsprävalenz der Beteiligung an Glücksspielen Gesamtdeutschland Bayern Gesamtdeutschland Bayern % n % n % n Stichprobe N Bevölkerung % n Stichprobe N Bevölkerung Lotto Lotto/Toto/Keno 56, , , Quicky 2, ,8 22 1, , Lotterien Fernsehlotterie 24, , , , Klassenlotterie 16, , , , Sportwetten Annahmestellen 4, , , Internet 2, ,0 31 1, , Pferdewetten 3, ,8 43 0, , Spielkasino Kleines Spiel 6, ,4 99 1, , Großes Spiel 8, , , , Internetspielkasino 0,6 46 0,8 13 0, , Internetkartenspiele 0,5 44 0,6 11 0, , Geldspielautomaten 13, , , , Illegales Glücksspiel 0,8 67 0,8 12 0, , Alle Glücksspieler 71, , , , Nie gespielt/kein aktueller Spieler 28, , , , Gesamtstichprobe 100, , , , ) Keine Gesamtwerte für Glücksspielgruppen, da Mehrfachnennungen bei einzelnen Glücksspielen möglich sind 2) Angaben des statistischen Bundesamtes (Stichtag ) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 1/7

13 Tabelle 2: Bevölkerungsattraktivität: Verteilung der Glücksspielpräferenzen und Glücksspielbindung 12-Monatsprävalenz: Glücksspielpräferenz 1 Glücksspielbindung 2, 3 Glücksspielgruppen/ einzelne Glücksspiele Gesamtdeutschland Bayern Gesamtdeutschland Bayern % n Stichprobe N Bevölkerung % n Stichprobe N Bevölkerung % % Lotto 60, , Lotto/Toto/Keno 59, , ,9 67,7 Quicky 0, , ,4 77,8 Lotterien 13, , Fernsehlotterie 8, , ,5 44,2 Klassenlotterie 4, , ,1 36,2 Sportwetten 5, , Annahmestellen 2, , ,2 62,0 Internet 1, , ,7 65,0 Pferdewetten 0, , ,6 28,6 Spielkasino 3, , Kleines Spiel 0, , ,4 14,1 Großes Spiel 2, , ,8 30,8 Internetspielkasino 0, , ,3 60,1 Internetkartenspiele 0, , ,0 100,0 Geldspielautomaten 2, , ,9 20,8 Illegales Glücksspiel 0, , ,5 66,5 Alle Glücksspiele mit Präferenz 85, , ,1 68,5 Alle Glücksspiele ohne Präferenz Alle Glücksspieler (aktuelle) 14, , , , ) Keine Mehrfachnennungen 2) Keine Gesamtwerte für Glücksspielgruppen, da Mehrfachnennungen bei einzelnen Glücksspielen möglich 3) Anteil der aktuellen Glücksspieler (12-Monatsprävalenz) an der Lebenszeitprävalenz 3.3 Vergleich mit der deutschen Gesamtbevölkerung Im Vergleich zur 18 bis 64-jährigen Bevölkerung in Gesamtdeutschland (Bühringer et al., 2007) lassen sich nur geringfügige Abweichungen bezüglich der Lebenszeitprävalenzen erkennen (siehe Tabelle 1). Die bayerische Bevölkerung spielte im Laufe ihres Lebens im gesamtdeutschen Vergleich insgesamt etwas seltener (69,2% vs. 71,5%). Hingegen war die Teilnahme an Glücksspielen im Jahr vor der Erhebung (12-Monatsprävalenz) etwas höher (52,3% vs. 49,4%). Auffällig ist vor allem, dass in Bayern besonders das große Spiel im Kasino, sowohl bezogen auf die Lebenszeit (11,7% vs. 8,8%) als auch auf die vergangenen 12 Monate (3,6% vs. 2,0%), mehr Interesse hervorrufen hat als in Gesamtdeutschland. Des Weiteren war die bayerische Bevölkerung geringfügig mehr an Klassenlotterien und etwas geringer an Pferdewetten interessiert. Hinsichtlich der Glücksspielpräferenz im Vergleich zu Gesamtdeutschland lässt sich lediglich die leichte Tendenz erkennen, dass illegales Glücksspiel geringfügig häufiger präferiert wurde und LOTTO, Lotterien, Sportwetten und Kasinospiele geringfügig unattraktiver erschienen (siehe Tabelle 2). Geldspielautomaten waren bei der bayerischen Bevölkerung gleichermaßen beliebt wie deutschlandweit. In Bayern wurde etwas seltener eine bestimmte Spielform präferiert (2,3 Prozentpunkte weniger). PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 1/8

14 Vergleicht man die Glücksspielbindung von Bayern und Gesamtdeutschland ergibt sich für die meisten Glücksspielarten eine höhere Bindung. Ausgenommen sind hierbei Sportwetten im Internet und das Spielen an Geldspielautomaten, die jeweils einen niedrigeren Bindungswert aufweisen. 3.4 Schätzung der Anzahl problematischer und pathologischer Glücksspieler in Bayern Die Schätzung der Anzahl der Glücksspieler in Bayern erfolgte auf Basis der vom statistischen Bundesamt veröffentlichten Bevölkerungszahlen in Bayern (Stichtag ) und den bundesweiten Schätzungen der Prävalenzen pathologischen Glücksspielens aus den Publikationen von Bühringer et al. (2007), Buth und Stöver (2008) und der BZgA (2008). Das Rational dieser Hochrechnung besteht dabei in der Anwendung der publizierten Daten für Deutschland auf die 18 bis 64-jährige Bevölkerung des Bundesland Bayerns. Tabelle 3: Übersicht problematisches und pathologisches Glücksspielen Pathologisches Glücksspielen 1 Problematisches Glücksspielen 2 Gesamtdeutschland Bayern Gesamtdeutschland Bayern % N 3 N 4 % N 3 N 4 Bühringer et al. (2007) 0, (KI: ) , (KI ) Buth & Stöver (2008) 0, , BZgA (2008) 0, , ) mindestens fünf DSM-IV Diagnosekriterien erfüllt 2) drei bis vier DSM-IV Diagnosekriterien erfüllt 3) Gesamtbevölkerung Deutschlands zum zwischen 18 und 64 Jahren umfasst Personen (Angaben des statistischen Bundesamtes). 4) Gesamtbevölkerung Bayerns zum umfasst Personen (Angaben des statistischen Bundesamtes). 5) 95%-Konfidenzintervall 4 Einschränkungen Die bayerische Stichprobe ist partiell in der Gesamtdeutschenstichprobe enthalten. Mit größeren Abweichungen ist jedoch nicht zu rechnen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 1/9

15 Literatur American Psychiatric Association (1994). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders. (fourth edition ed.) Washington, DC: American Psychiatric Press. Becona, E. (1996). Prevalence surveys of problem and pathological gambling in Europe: The cases of Germany, Holland and Spain. Journal of Gambling Studies, 12, Bolen, D. W. & Boyd, W. H. (1968). Gambling and the gambler. A review and preliminary findings. Archives of General Psychiatry, 18, Bühringer, G., Kraus, L., Sonntag, D., Pfeiffer-Gerschel, T., & Steiner, S. (2007). Pathologisches Glücksspiel in Deutschland: Spiel- und Bevölkerungsrisiken. Sucht, 53, Buth, S. & Stöver, H. (2008). Glücksspielteilnahme und Glücksspielprobleme in Deutschland: Ergebnisse einer bundesweiten Repräsentativbefragung. Suchttherapie, 9, BZgA (2008). Glücksspielverhalten und problematisches Glücksspielen in Deutschland Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Cuadrado, M. (1999). A comparison of Hispanic and Anglo calls to a gambling hotline. Journal of Gambling Studies, 15, Kraus, L. (2008). Epidemiologischer Suchtsurvey Repräsentativerhebung zum Gebrauch und Missbrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in Deutschland. Sucht, 54, S1-S63. Kraus, L., Baumeister, S., & Stonner, T. (2008). Epidemiologischer Suchtsurvey Repräsentativerhebung zum Gebrauch und Missbrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in Bayern (Rep. No. IFT-Berichte Bd. 162). München: IFT Institut für Therapieforschung. Lesieur, H. R. & Rosenthal, R. J. (1991). Pathological gambling: a review of the literature (prepared for the American Psychiatric Association Task Force on DSM-IV committee on disorders of impulse control not elsewhere classified). Journal of Gambling Studies, 7, Meyer, G. & Bachmann, M. (2005). Spielsucht. Ursachen und Therapie. Heidelberg: Springer. Pallanti, S., DeCaria, C. M., Grant, J. E., Urpe, M., & Hollander, E. (2005). Reliability and validity of the pathological gambling adaptation of the Yale-Brown Obsessive-Compulsive Scale (PG-YBOCS). Journal of Gambling Studies, 21, Raylu, N. & Oei, T. P. (2002). Pathological gambling. A comprehensive review. Clinical Psychology Review, 22, Raylu, N. & Oei, T. P. (2004). Role of culture in gambling and problem gambling. Clin.Psychol.Rev., 23, Rihs, M., Andronicos, M., Stucki, S., Stach, M., Simon, O., Aufrère, L., et al. (2006). Vulnérabilité par rapport au jeu de hasard et d argent: Implications pour la prévention. Recherches de l OFSP en matière de dépendances Volume 2/3: Prévention. Ed.Office fédéral de la santé publique. Bern: Office fédéral de la santé publique, Saß, H., Wittchen, H.-U., Zaudig, M., & Houben, I. (2003). Diagnostische Kriterien DSM-IV-TR. Göttingen: Hogrefe. Shaffer, H. J., Hall, M. N., & Vander Bilt, J. (1999). Estimating the prevalence of disordered gambling behavior in the United States and Canada: a research synthesis. American Journal of Public Health, 89, Stinchfield, R. (2002). Reliability, validity, and classification accuracy of the South Oaks Gambling Screen (SOGS). Addictive Behaviors, 27, Stucki, S. & Rihs-Middel, M. (2007). Prevalence of Adult Problem and Pathological Gambling between 2000 and 2005: An Update. Journal of Gambling Studies, 23, Volberg, R. A., Abbott, M. W., Ronnberg, S., & Munck, I. M. (2001). Prevalence and risks of pathological gambling in Sweden. Acta Psychiatrica Scandinavica, 104, PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 1/10

16 2 Rechtliche Grundlagen U. Buchner 2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen Hintergrund Grundsätzlich ist in Deutschland das Glücksspiel verboten ( 284 ff. Strafgesetzbuch StGB). Um der Bevölkerung die Teilnahme an Glücksspielen dennoch ermöglichen zu können, sind öffentlich veranstaltete und konzessionierte Glücksspiele von diesem Verbot ausgenommen. Die Gesetzgebungshoheit ist dabei Sache der Bundesländer. Seit dem wird das Glücksspiel in Deutschland über den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) geregelt. Aus der geschichtlichen Entwicklung heraus fällt das Spielen an Automaten in Gaststätten und Spielhallen unter die Gewerbeordnung (GewO) und gehört damit zum Wirtschaftsrecht. Auch Pferdewetten werden anderweitig über das 1922 erstmalig in Kraft getretene Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) sowie die gleichzeitig in Kraft getretenen Ausführungsgesetze geregelt, da sie ihren Ursprung in der Leistungsprüfung für Zuchtpferde haben, die seit Beginn des 19. Jahrhunderts in Form von Rennen durchgeführt wird. Auch die inzwischen weit verbreiteten Telegewinnspiele, die bspw. im Fernsehen von dem Sender Neun Live angeboten werden, können Glücksspiele i.s.v. 3 GlüStV darstellen, soweit ein Entgelt etwa in Form eines Mehrwertdienstes verlangt wird und der Spielausgang überwiegend vom Zufall abhängt (vgl. amtliche Erläuterungen zu 3 GlüStV). Unabhängig davon finden auf solche Spiele in jedem Fall die Gewinnspielregelungen aus 8a des Staatsvertrages über Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag, RStV) sowie die hierzu erlassene Satzung der Landesmedienanstalten über Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele (Gewinnspielsatzung) Anwendung. Insoweit gelten für diese Spiele seit dem Inkrafttreten des 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrages (RÄStV) am 1. September 2008 deutlich strengere Regelungen, die Transparenz und Verbraucherschutz gewährleisten sollen und bspw. die Spieldauer oder einen zulässigen Höchstbetrag von 50 Cent je Anruf betreffen. Aktuelle Rechtslage Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag Vom GlüStV werden alle öffentlich veranstalteten Glücksspiele, d.h. Lotterien, Wetten, Sportwetten, Gewinnsparen sowie das (große und kleine) Spiel in den Spielbanken, erfasst ( 2 GlüStV). Für die Veranstaltung von Glücksspielen ist eine Erlaubnis notwendig ( 3 GlüStV). Glücksspiele dürfen nicht im Internet veranstaltet oder vermittelt werden ( 4 Abs. 4 GlüStV). Glücksspiel darf nur sehr eingeschränkt beworben werden. Die Werbung muss sich auf Information und Aufklärung beschränken und darf keinen Anreiz- bzw. Aufforderungscharakter haben ( 5 GlüStV). Im Fernsehen sowie im Internet gilt ein Werbeverbot für öffentliches Glücksspiel ( 5 Abs. 3 GlüStV). Die Veranstalter von öffentlichem Glücksspiel sind zur Erstellung von Sozialkonzepten verpflichtet, in denen sie darlegen, mit welchen Maßnahmen sie den sozialschädlichen Auswirkungen des Glücksspiels vorbeugen und wie diese Auswirkungen behoben werden. Vor diesem Hintergrund sind sie auch zur Schulung ihrer Mitarbeiter verpflichtet ( 6 GlüStV). PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 2/1

17 Die Veranstalter müssen über die Gewinn- und Verlustwahrscheinlichkeiten sowie über die Suchtrisiken der von ihnen veranstalteten Glücksspiele informieren. Sie müssen außerdem über Möglichkeiten der Beratung und Therapie aufklären ( 7 Abs. 1 GlüStV). Auf Losen, Spielquittungen etc. müssen Hinweise über Suchtgefahren und Hilfemöglichkeiten aufgedruckt sein ( 7 Abs. 2 GlüStV). Die Veranstalter müssen zum Schutz der Spieler ein übergreifendes Sperrsystem zur Verfügung stellen. Dieses Sperrsystem gilt neben den Spielbanken auch für Sportwetten und Lotterien mit rascher Zeitabfolge wie KENO ( 8 GlüStV). Neue Glücksspielangebote müssen vor ihrer Einführung vom Fachbeirat Glücksspielsucht, der sich aus Experten in der Bekämpfung der Glücksspielsucht zusammensetzt, geprüft werden ( 9 Abs. 5 und 10 GlüStV). Die Länder müssen die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren sicher stellen ( 11 GlüStV). Regelungen in der Gewerbeordnung Neben dem staatlich konzessionierten Glücksspiel gibt es das über die Gewerbeordnung bzw. über die Spielverordnung (SpielVO) regulierte gewerbliche Spiel. Bei der SpielVO handelt es sich um eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) erlassene Durchführungsvorschrift nach 33f GewO. Das gewerbliche Spielrecht wird in der Gewerbeordnung über 33c bis 33i GewO geregelt. Ziel ist hier ebenfalls, die Betätigung des Spieltriebs einzudämmen und die Allgemeinheit, die Spieler sowie die Jugend zu schützen. Auch beim gewerblichen Spiel handelt es sich um Verbote mit Erlaubnisvorbehalt: Für das Aufstellen gewerbsmäßiger Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit oder anderer Spiele mit Gewinnmöglichkeit wird eine Erlaubnis der zuständigen Behörde benötigt. In der Praxis fehlt allerdings häufig die rechtliche Grundlage, um die Erlaubnis zu versagen. Laut Gesetzgebung handelt es sich um Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit ( 33c GewO). Unterhaltungsspiele sind ausschließlich Spiele ohne Gewinnmöglichkeit, bspw. Flipper oder Billard ( 33i GewO). Wesentliche Regelungen der Spielverordnung: Die Spielgeräte müssen nach 12 Abs. 2b SpielVO mit einem Zufallsgenerator ausgestattet sein. Damit sind es nach Diegmann et al. (2008) Glücksspielgeräte. Langfristig darf kein höherer Gewinn als 33 je Stunde in der Kasse verbleiben ( 12 Abs. 2a SpielVO). Die Mindestspieldauer beträgt fünf Sekunden bei einem maximalen Einsatz von 0,20 und einem maximalen Gewinn von 2 ( 13 Abs. 1 SpielVO). Als Spiel gilt dabei nicht der Walzenlauf, sondern das automatische Umbuchen von Geld in Punkte. Dies folgt den gesetzlichen Vorgaben. Das, was für gewöhnlich unter Spiel verstanden wird der Walzenlauf, läuft davon losgelöst schneller ab und ist durch diese Entkoppelung an keine gesetzlichen Regelungen gebunden. Der maximale Verlust (Einsätze abzüglich Gewinne) darf innerhalb einer Stunde 80 nicht übersteigen ( 13 Abs. 3 SpielVO). Der maximale Gewinn (abzüglich der Einsätze) darf innerhalb einer Stunde 500 nicht übersteigen ( 13 Abs. 4 SpielVO). Nach einer Stunde Spielbetrieb ist eine Spielpause von mindestens fünf Minuten vorgeschrieben. Der Beginn der Spielpause darf sich so lange verzögern wie Gewinne die Einsätze deutlich übersteigen ( 13 Abs. 5 SpielVO). PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 2/2

18 Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen In der nachfolgenden Tabelle findet sich ein Überblick zu den wesentlichen Unterschieden der verschiedenen Spielarten: Tabelle 1: wesentliche Unterschiede der verschiedenen Spielarten (erweitert nach Diegmann et al., 2008, S. 82) Zuständigkeit Länder (Recht der öffentlichen Sicherheit) Spielrechtliche Regelungen Besondere Kennzeichen Veranstalter Spielhallen oder ähnliche Unternehmen Besonderheiten Sperrmöglichkeiten Beispiele Glücksspiel 284 ff. StGB; GlüStV und Ausführungsgesetze hierzu; Glücksspielgesetze; Spielbankgesetze Gewinnmöglichkeit steht im Vordergrund; Zufallsspiel; keine Gewinn- und Verlustgrenzen Gesellschaften des DLTB*, Klassenlotterien, Sparvereine, Spielbanken Grundsätzliches Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Selbstsperre (durch Spieler initiiert), Fremdsperre (durch Mitarbeiter, Angehörige, Freunde etc. initiiert) * DLTB: Deutscher Lotto- und Totoblock * PTB: Physikalisch-Technische Bundesanstalt Spielgerät mit Gewinnmöglichkeit Bund (Recht der Wirtschaft) 33c GewO; 1 bis 3a und 6 bis 16 SpielVO Gewinnmöglichkeit steht im Vordergrund; Zufallsspiel; Gewinn- und Verlustgrenzen Gewerbliche Spielstätten wie Spielhallen und Gaststätten Keine einheitliche Sperrmöglichkeit; Hausverbot durch jeweiligen Betreiber theoretisch möglich, faktisch kaum durchsetzbar Automatenspiel in Spielhallen und Gaststätten Anderes Spiel mit Gewinnmöglichkeit Bund (Recht der Wirtschaft) 33d GewO; 4 bis 10 SpielVO Unterhaltung steht im Vordergrund, Geschicklichkeit maßgeblich, keine unangemessen hohen Verluste in kurzer Zeit Bauartzulassung durch PTB* notwendig; Bestätigung der Eignung des Aufstellungsortes notwendig Unbedenklichkeitsbescheinigung des BKA notwendig; bestimmte andere Spiele sind gemäß 5a SpielVO erlaubnisfrei, wenn der Gewinn in Waren besteht Lotterien, Sportwetten, Spiel in Spielbanken Geschicklichkeitsspiele wie Dart und Skat Unterhaltungsspiel ohne Gewinnmöglichkeit Bund (Recht der Wirtschaft) 33i GewO Ausschließlich Unterhaltung Ausschließlich Unterhaltung Elektrische Schießstände, Flipper, Billard, TV-Spiele PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 2/3

19 Legale und illegale Spiele Tabelle 2: Überblick über die illegalen und legal öffentlichen Spiele um Geld Art des Glücksspiels LOTTO 6 aus 49, Keno-Annahmestelle LOTTO 6 aus 49, Keno-Internet Fernsehlotterie (z.b. Glücksspirale, Aktion Mensch) Klassenlotterie (z.b. Norddeutsche Klassenlotterie) Roulette großes Spiel in Spielbanken Roulette außerhalb der Spielbank ohne Internet Roulette Internet Poker, Black Jack großes Spiel in Spielbanken Poker, Black Jack außerhalb der Spielbank ohne Internet und ohne private Spielrunden Poker, Black Jack Internet Sportwetten (ohne Pferdewetten) Annahmestelle (ODDSET, TOTO) Sportwetten (ohne Pferdewetten) Sportwettengeschäft o.ä. (privater Anbieter) Sportwetten (ohne Pferdewetten) Internet Pferdewetten Rennbahn (Totalisator) Pferdewetten Buchmacher Spielautomaten kleines Spiel in Spielbanken Spielautomaten gewerbliches Spiel in Spielhalle oder Gaststätten Gewinnspiele in Telemedien oder Rundfunk Gewinnspielsendungen in Telemedien oder Rundfunk legal oder illegal? legal (Mindestalter 18 Jahre) illegal legal (Mindestalter 18 Jahre) legal (Mindestalter 18 Jahre) legal (Mindestalter 21 Jahre)* illegal illegal legal (Mindestalter 21 Jahre)* Spiel um Geld grundsätzlich illegal, allerdings existiert inzwischen in Bezug auf die Veranstaltung von Pokerturnieren mit Eintrittsgeldern (i.d.r. bis 15 ) und Sachpreisen eine sehr unübersichtliche Rechtslage sowie eine regional sehr unterschiedliche Verwaltungspraxis** illegal, im Internet finden sich häufig legale Übungsspiele um Spielgeld oder Punkte. Diese dienen meist zur Anwerbung der Kunden für das illegale Spiel um Geld legal (Mindestalter 18 Jahre) illegal illegal legal legal legal (Mindestalter 21 Jahre) legal (Mindestalter 18 Jahre) legal (Mindestalter 14 Jahre)*** legal (Mindestalter 18 Jahre)*** * In Deutschland variiert das Mindestalter je nach Bundesland ab 18 oder 21 Jahren. Für die bayerischen Spielbanken gilt aufgrund der Spielbankordnung (SpielbO) vom 13. Juni 1996 (letzte Änderung: ) ein Mindestalter von 21 Jahren. ** vgl. bspw. VG Trier, Urteil vom K 592/08.TR, ZfWG 2009, S. 66 ff. Die Veranstaltung von Pokerturnieren, in denen nur Sachpreise mit geringem Wert (hier: im Wert von höchstens 60,00 ) als Gewinne ausgeschrieben werden und bei denen von den Teilnehmern anstelle eines Einsatzes, der in die Gewinne fließt, lediglich ein Unkostenbeitrag (hier: 15 ) erhoben wird, unterliegt dem gewerblichen Spielrecht und nicht dem Glücksspielstaatsvertrag. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom OVG 1 S : Das Pokerspiel ist ein überwiegend von nicht steuerbaren Zufallselementen abhängiges Glücksspiel; an diesem Charakter ändert sich auch nichts dadurch, wenn es im Rahmen eines Turniers gespielt wird. Öffentliche Pokerturniere sind nur unter der Voraussetzung zulässig, dass kein Einsatz geleistet wird. *** Rechtlich handelt es sich hierbei nicht um Glücksspiele sondern um Gewinnspiele. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 2/4

20 Ausblick Am verkündete der Europäische Gerichtshof (EuGH) sein Urteil in der Rechtssache Liga Portuguesa de Futebol Profissional" (Az. C-42/07) zum staatlich-gemeinnützigen Glücksspielmonopol Portugals im Internet. Dabei hält der EuGH an den Grundsätzen seiner bisherigen Rechtsprechung zum Glücksspielbereich fest (vgl. Gambelli, 2003 und Placanica, 2007) und gelangt zu dem Ergebnis, dass der Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers im Internet, der in einem anderen EU- Mitgliedsstaat über eine Erlaubnis verfügt, nicht gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit verstößt. Damit spricht sich der EuGH gegen eine Liberalisierung des Glücksspielsektors aus. Der EuGH verlangt, dass in den Mitgliedsstaaten die Gesetzgebung bezüglich des Glücksspiels kohärent gestaltet wird. In Deutschland ist dies bis dato nicht der Fall. Daher ist perspektivisch mit weiteren Klagen und notwendigen Gerichtsentscheidungen zu rechnen. Die vollständigen Gesetzestexte befinden sich im Anhang. Literatur Diegmann, H., Hoffmann, C., Ohlmann, W. (2008). Praxishandbuch für das gesamte Spielrecht. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer. Gebhardt, I., Grüsser-Sinopoli, S. (2008) Glücksspiel in Deutschland. Ökonomie, Recht, Sucht. Berlin: De Gruyter. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 2/5

21 2.2 Hintergrundinformationen zur Spielersperre Eine Spielersperre kann grundsätzlich nur im öffentlichen Glücksspiel, nicht aber im gewerblichen Spiel, d.h. in Spielhallen, erwirkt werden. Online-Glücksspiel ist in Deutschland grundsätzlich nicht legal ( 4 Abs. 4 GlüStV). Die im Internet angebotenen Glücksspiele werden von nicht in Deutschland ansässigen Betreibern veranstaltet und fallen unter 284 StGB (Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels). Daher gibt es hier keine einheitlichen Möglichkeiten zur Selbstsperre. Bei manchen Anbietern sind Sperren allerdings möglich, z.t. finden sich auch Informationen zum pathologischen Glücksspielen sowie Selbsttests. Zudem existieren verschiedene Computerprogramme, die der Betroffene am eigenen PC installieren kann und die dann die Teilnahme an Online-Glücksspielen verhindern. Die folgenden Informationen gelten dementsprechend nur für folgende Angebote der staatlichen Anbieter: Spielbanken, Sportwetten und Lotterien mit besonderem Gefährdungspotential, d.h. Lotterien, die häufiger als zweimal pro Woche veranstaltet werden (nicht LOTTO 6 aus 49). Die Spielersperre ist im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) 8 geregelt: (1) Zum Schutz der Spieler und zur Bekämpfung der Glücksspielsucht sind die Spielbanken und die in 10 Abs. 2 genannten Veranstalter verpflichtet, ein übergreifendes Sperrsystem zu unterhalten. (2) Die zur Teilnahme am Sperrsystem verpflichteten Veranstalter sperren Personen, die dies beantragen (Selbstsperre) oder von denen sie aufgrund der Wahrnehmung ihres Personals oder aufgrund von Meldungen Dritter wissen oder aufgrund sonstiger tatsächlicher Anhaltspunkte annehmen müssen, dass sie spielsuchtgefährdet oder überschuldet sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen oder Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen oder Vermögen stehen (Fremdsperre). (3) Die Sperre beträgt mindestens ein Jahr. Die Veranstalter teilen die Sperre dem betroffenen Spieler unverzüglich mit. (4) Die Veranstalter haben die in 23 Abs. 1 genannten Daten in eine Sperrdatei einzutragen. Ein Eintrag ist auch dann zulässig, wenn nicht alle Daten erhoben werden konnten. (5) Eine Aufhebung der Sperre ist frühestens nach einem Jahr und nur auf schriftlichen Antrag des Spielers möglich. Über diesen entscheidet der Veranstalter, der die Sperre verfügt hat. Die in 23 Abs. 1 genannten Daten umfassen Familiennamen, Vornamen, Geburtsnamen, Aliasnamen, verwendete Falschnamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Anschrift, Lichtbild, Grund der Sperre, Dauer der Sperre und die meldende Stelle. Zur Einhaltung der Spielersperren gibt es in den Spielbanken Zugangskontrollen, bei Sportwetten oder Lotterien mit besonderem Gefährdungspotential ist eine Ausweiskontrolle bzw. das Spielen mit einer persönlichen Kundenkarte vorgeschrieben. Diese Kontrollen waren im Großen Spiel auch schon vor Inkrafttreten des GlüStV zur Durchsetzung von Spielersperren üblich. Bei einer Nichtbeachtung von Sperren kann die Spielbank unter Umständen dazu verpflichtet werden, die Verluste des gesperrten Spielers zurück zu bezahlen, wie bspw. schon das Urteil des OLG Hamm vom zeigt. Eine Sperrung in den deutschen Spielbanken wird nicht unbedingt an im Ausland ansässige Spielbanken weitergegeben. In den vergangenen Jahren gab es zwar mit Kasinos in Österreich Kooperationen, die allerdings durch die Neuregelungen im GlüStV (noch) nicht einheitlich weiter laufen. Der Betroffene kann allerdings die Sperre parallel in Österreich, der Schweiz und den Niederlanden erwirken. Beantragung einer Spielersperre Eine Spielersperre kann bei allen Anbietern öffentlichen Glücksspiels beantragt werden, z.b. in Spielbanken oder Lotto-Annahmestellen, oder direkt bei der Staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern. Laut Informationen von LOTTO Bayern muss der Antrag auf Selbstsperre persönlich gestellt werden ( PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 2/6

22 Der Antrag auf Selbstsperre ist persönlich bei einem Glücksspielanbieter, d.h. bei der Zentrale einer Lottogesellschaft oder in einer ihrer Annahme-/Verkaufsstellen bzw. in der Rezeption einer Spielbank zu stellen. Bitte Ausweispapiere zur Prüfung der persönlichen Angaben mitbringen. Es ist aber verschiedenen Berichten nach auch möglich, den Antrag schriftlich zu stellen. Dabei sollten folgende Angaben enthalten sein: Name, Geburtsname, Vorname, Adresse, ggfs. Aliasname, ggfs. verwendete Falschnamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Grund der Sperre (Spielsucht bzw. Spielsuchtgefährdung) sowie als Identitätsnachweis eine Kopie des Personalausweises. Günstig ist es, die Sperre schriftlich bestätigen zu lassen. Neben der Selbstsperre ist auch die Fremdsperre möglich. Die Fremdsperre wird aufgrund von Hinweisen dritter Personen, bspw. Familienangehöriger, Freunde oder dem Personal in Annahmestellen, verhängt. Nach der Stellung des Antrags wird dabei zunächst eine vorläufige Sperre verfügt. Der betroffene Spieler hat dann 14 Tage Zeit, eine Stellungnahme abzugeben und den Sachverhalt zu widerlegen. Die vorläufige Spielersperre wird daraufhin entweder aufgehoben oder in eine endgültige Sperre umgewandelt: ( Laufzeit und Aufhebung einer Spielersperre Grundsätzlich läuft die Spielersperre mindestens ein Jahr ( 8 Abs. 5 GlüStV). Danach kann die Sperre auf schriftlichen Antrag aufgehoben werden. Bislang gibt es noch keine einheitliche Regelung, welche Dokumente dem Antrag auf Entsperrung beigelegt werden müssen. Momentan zeichnet sich allerdings ab, dass die Anbieter einen Einkommens- bzw. Schufa-Nachweise verlangen sowie eine ausführliche Begründung, dass der Grund für die Spielersperre nicht mehr vorliegt. Im Fall einer Sperrung wegen Spielsuchtgefährdung ist dieser Nachweis schwer zu führen. Bislang zeichnet sich eine große Zurückhaltung bei der Entsperrung ab. Adressen Staatliche Lotterieverwaltung in Bayern Karolinenplatz 4, München Österreich: Casinos Austria AG Responsible Gaming, Rennweg 44, 1030 Wien Schweiz: Sozialbeirat Schweizer Spielbanken c/o Swiss Casinos, Albisriederstrasse 164, Postfach 1263, 8040 Zürich Niederlande: Holland Casino Valkenburg Postbus 807, 6300 AV Valkenburg aan de Geul Literatur und weiterführende Informationen Diegmann, H., Hoffmann, C., Ohlmann, W. (2008). Praxishandbuch für das gesamte Spielrecht. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer. Gebhardt, I., Grüsser-Sinopoli, S. (2008). Glücksspiel in Deutschland. Ökonomie, Recht, Sucht. Berlin: De Gruyter Recht. ( ) Antrag auf Selbstsperre: ( ) Antrag auf Fremdsperre: ( ) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 2/7

23 3 Glücksspielangebote 3.1 Überblick über die Glücksspielangebote A. Koytek Glücksspielmarkt Seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) am liegt das Monopol zur Veranstaltung von Glücksspielen in der Hand des Staates. Nur öffentlich veranstaltete und konzessionierte Glücksspiele sind vom grundsätzlichen Verbot der Glücksspiele ausgenommen. Die Gesetzgebungshoheit im Einzelnen ist dabei Sache der Bundesländer jedes hat eigene Ausführungsgesetze zum GlüStV. Der Glücksspielmarkt in Deutschland umfasste in den letzten Jahren im Überblick folgende Angebote: Tabelle 1: Glücksspielangebote, Meyer (2008) ergänzt* durch Bunke (2009) Spielstätten Spielbanken inklusive Automatenkasino Spielhallen Geldspielgeräte in Gaststätten / Spielhallen *(BA) Lotto-Annahmestellen Private Wettbüros Webseiten Online-Glücksspiele Angebote und Anbieter Lotterien Das Lotterierecht ist in Deutschland Landesrecht, d.h. jedes Bundesland hat seine eigene Lotteriegesetzgebung und sein eigenes Lotteriewesen. Die 16 Lotteriegesellschaften, die in Deutschland das Zahlenlotto mit den Zusatzlotterien veranstalten, haben sich seit den 60er Jahren zum deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) zusammengeschlossen (zunächst schlossen sich die elf Lotterieunternehmen der alten BRD zusammen, in Folge der Wiedervereinigung traten die der neuen Bundesländer hinzu). Jede Lotteriegesellschaft betreibt auf der Basis seiner Landesgesetze das jeweilige Lotterieund Wettangebot (Diegmann et al., 2008). LOTTO Bayern ist die zweitgrößte Lotteriegesellschaft aller Bundesländer. Den größten Bekanntheitsgrad unter den deutschen Lotterien genießt das Zahlenlotto ( 6 aus 49 ), es ist gleichzeitig das populärste der Lotteriespiele (Meyer G & Bachmann M, 2005). Die Ziehungen finden jeweils mittwochs und samstags mit einem elektro-mechanischen Ziehungsgerät statt. Die Gewinnwahrscheinlichkeit für einen Sechser mit Superzahl liegt bei ca. 1:140 Mio. Das Zahlenlotto ist ein Angebot des Deutschen Lotto- und Totoblocks und damit staatlich bzw. staatlich getragen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/1

24 Die Klassenlotterien NKL und SKL haben in Deutschland seit langem Tradition: Sie finden als sogenannte Nummernlotterien statt, d.h. der Spieler kauft ein Los, das eine bestimmte Nummer trägt, in der Ziehung werden dann Gewinnzahlen gezogen. Stimmen Losnummer und Gewinnzahl überein, wird ein darauf entfallender Gewinn erzielt. Die beiden bekanntesten und bundesweit veranstalteten Privatlotterien (kein Angebot von LOTTO Bayern!) sind die Fernsehlotterien Ein Platz an der Sonne und Aktion Mensch. Hierbei handelt es sich um sogenannte Wohlfahrtslotterien, die der Genehmigung jedes einzelnen Bundeslandes bedürfen. Auch sie sind als Nummernlotterien organisiert. Für die Fernsehlotterien gilt laut 12 Abs. 2 GlüStV die Sonderregelung der Befreiung vom Verbot der Fernsehwerbung ( 5 Abs. 3 GlüStV), die mit ihrem geringen Suchtpotential begründet wird. Weiterhin existieren die Losbrieflotterien (z.b. Bayernlos) und das Prämien- und Gewinnsparen (kein Angebot von LOTTO Bayern!). Bei letzteren wird die Teilnahme an einer Lotterie mit dem Erbringen gewisser Sparleistungen verknüpft. Spielbanken In den Spielbanken werden Glücksspiele mit hohen Gewinnchancen, aber gleichzeitig auch hohen Verlustrisiken angeboten. In den einzelnen Spielbanken gibt es verschiedene Spielarten. Dabei ist zwischen großem und kleinem Spiel zu unterscheiden: Tabelle 3: Großes und kleines Spiel in Spielbanken, Großes Spiel Roulette Französisches Roulette Amerikanisches Roulette Kartenspiele Black Jack Poker (Texas Hold em, Bavarian Stud) Kleines Spiel/Automatenspiel Video-Slotmachines Game-Maker Multi-Roulette Bingo, Poker, Black Jack 3 Automatenjackpots: o o o Haus-Jackpot, Poker-Jackpot Bayern-Jackpot (vernetzt bayernweit 36 Spielautomaten) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/2

25 Poker Besondere Erwähnung verdient auf Grund der großen und in den letzten Jahren immer weiter wachsenden Beliebtheit Poker, v.a. in der Variante Texas Hold em. Besonders im Internet vollzieht sich in den letzten Jahren ein regelrechter Pokerboom. Schätzungen zufolge spielten Ende 2006 rund bis Bundesbürger auf Online-Plattformen Poker und setzten dabei ca. 1 Mrd. ein (Meyer, 2008b). Im Vergleich 2005 ist der Umsatz um 125% gestiegen. Die enorme Vermarktung von Pokerturnieren als Sportereignisse und die massiven Werbekampagnen treiben den Boom weiter voran. Nicht alle Varianten von Poker sind dabei legal: Tabelle 4: Überblick legale und illegale Arten, Poker zu spielen Poker Rechtlicher Status in Spielbanken legal (Mindestalter 21) außerhalb der Spielbank ohne Internet und ohne private Spielrunden Online (Trainingsmodus, kein Geldeinsatz) Online Geldeinsatz Spiel um Geld grundsätzlich illegal, allerdings existiert inzwischen in Bezug auf die Veranstaltung von Pokerturnieren mit Eintrittsgeldern (i.d.r. bis 15 ) und Sachpreisen eine unübersichtliche Rechtslage sowie eine regional sehr unterschiedliche Verwaltungspraxis* legal illegal * vgl. bspw. VG Trier, Urteil vom K 592/08.TR, ZfWG 2009, S. 66 ff. Die Veranstaltung von Pokerturnieren, in denen nur Sachpreise mit geringem Wert (hier: im Wert von höchstens 60,00 ) als Gewinne ausgeschrieben werden und bei denen von den Teilnehmern anstelle eines Einsatzes, der in die Gewinne fließt, lediglich ein Unkostenbeitrag (hier: 15 ) erhoben wird, unterliegt dem gewerblichen Spielrecht und nicht dem Glücksspielstaatsvertrag. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom OVG 1 S : Das Pokerspiel ist ein überwiegend von nicht steuerbaren Zufallselementen abhängiges Glücksspiel; an diesem Charakter ändert sich auch nichts dadurch, wenn es im Rahmen eines Turniers gespielt wird. Öffentliche Pokerturniere sind nur unter der Voraussetzung zulässig, dass kein Einsatz geleistet wird. In der Rechtsprechung hat sich noch keine klare Linie herausgebildet, wie mit von privaten Anbietern veranstalteten Pokerturnieren zu verfahren ist. Entscheidendes Kriterium, ob ein unerlaubtes Glücksspiel vorliegt, das damit ordnungsbehördlich unterbunden werden kann bzw. unter Umständen sogar wegen Verstoßes gegen 284 StGB ein Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden nach sich zieht, ist die Leistung eines erheblichen Einsatzes. Unter Beachtung folgender Rahmenbedingungen wird ein (privates) Pokerturnier von vielen Gerichten nicht als unerlaubtes Glücksspiel angesehen: kein Spielen um Geld, nur Sachpreise von geringem Wert (dieser wird jedoch von Gericht zu Gericht unterschiedlich beurteilt) kein Re-BuyIn (der Einsatz ist auf jeden Fall verloren) Unterbindung von verdecktem Spielen um Geld (Pflicht des Veranstalters) es darf nur ein Unkostenbeitrag von 15 von den Teilnehmern erhoben werden (Saalmiete, Personalkosten, Auslagen für die Herstellung von Spielmarken, Listen usw.; aber: auch gegenteilige juristische Entscheidungen bzw. 30 bei mehrtägigem Turnier/15 je Runde/Erlös kommt karitativen Zwecken zugute etc.) keine Verwendung des Unkostenbeitrags zur Beschaffung von Gewinnen einheitliche Anzahl von Spieljetons für jeden Teilnehmer, keine Nachkaufmöglichkeit ausschließlich gesponserte Preise gemäß 6 Jugendschutzgesetz: Anwesenheitsverbot von Personen unter 18 Jahren (Quelle: PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/3

26 Aber: Unter Umständen kann ein privates Pokerturnier unter 33d Gewerbeordnung (GewO) ( andere Spiele ) fallen und wegen fehlender Genehmigungsfähigkeit durch die zuständigen Ordnungsbehörden untersagt werden. Im Freundeskreis hingegen ist Pokern erlaubt; jedoch nur, wenn es nicht regelmäßig bzw. gewohnheitsmäßig bertrieben wird. Sportwetten Nach dem GlüStV liegt das Sportwettenmonopol bei den Ländern. Sportwettangebote privater Anbieter sind nicht erlaubnisfähig, d.h. es gibt keine legalen privaten Sportwettangebote mehr in Deutschland. Legale Sportwetten sind nur die Angebote des DLTB: Fußballtoto und ODDSET. Die Rahmenbedingungen dieser Sportwetten sind dabei im Überblick: Tabelle 5: Überblick Fußballtoto und ODDSET (Stürmer 2009) Fußballtoto TOTO 13 Tippschema: 1 Heimsieg / 0 Unentschieden / 2 Auswärtssieg Vorhersage des Ausgangs von 13 Fußballspielen Mindesteinsatz: 0,50 + Bearbeitungsgebühr Toto-Auswahlwette 6 aus 45 Vorhersage von 6 Fußballspielen, die unentschieden ausgehen Mindesteinsatz: 0,65 + Bearbeitungsgebühr Totalisatorprinzip ODDSET ODDSET Kombi-Wette Tipp auf den Ausgang von mindestens zwei und höchstens zehn Begegnungen wöchentlich zwei Wettprogramme mit jeweils 90 Spielen Einsatz 2,50 bis 500,00 ODDSET Topwette Einzelwette als Siegerwette, Ergebniswette, Sonderwette (Anzahl der Tore an einem BL-Spieltag) Festquotenmodelle bereits im Vorfeld werden Einzelquoten veröffentlicht Pferdewetten Pferdewetten haben ihren Ursprung darin, dass sich seit Beginn des 19. Jh. in Deutschland Zuchtpferde einer Leistungsprüfung in Form von Rennen auf der Rennbahn unterziehen müssen. Der Wettabschluss ist auf der Rennbahn oder bei einem Buchmacher möglich, der Mindesteinsatz beträgt dabei 2. 75% aller Einsätze stehen für Gewinne zur Verfügung. Die Wette läuft auf der Rennbahn nach dem Totalisatorprinzip, d.h. die Wettteilnehmer wetten untereinander und nicht gegen einen Buchmacher, wie es bei Sportwetten zu festen Quoten der Fall ist. Veranstalter dieser Wetten sind Pferderennvereine. Rechtsgrundlage für die Zulassung von Totalisatoren und Buchmachern ist das Rennwett- und Lotteriegesetz vom und dessen Ausführungsbestimmungen vom Das eigentliche Lotteriewesen ist nicht Gegenstand dieses Gesetzes, hierfür gelten 287 StGB, der GlüStV und die weiteren Regelungen der Bundesländer. Gewerbliches Geldgewinnspiel Geldgewinnspielgeräte Neben dem staatlich konzessionierten Glücksspiel wird das über die Gewerbeordnung bzw. Spielverordnung (vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) erlassene Durchführungsvorschrift nach 33f GewO) regulierte gewerbliche Spiel veranstaltet. In Deutschland gab es 2008 gewerbliches Geldgewinnspiel in ca Spielstätten und ca gastronomischen Bertrieben (Bunke, 2009). Hier sind ca münzbetätigte Unterhaltungsautomaten mit und ohne Gewinnmöglichkeit aufgestellt: davon sind ca Geldgewinnspielgeräte, ca Bildschirmgeräte, PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/4

27 ca Flipper und ca Sportspielgeräte. Des Weiteren gibt es ca Internet-Terminals und sonstige Unterhaltungsgeräte ohne Geldgewinnmöglichkeit. (Details zu den Rechtsvorschriften der Spielverordnung und dem gewerblichen Spiel befinden sich im vorherigen Kapitel 2 Rechtliche Grundlagen.) Umsatz der verschiedenen Angebote Die Automatenaufsteller haben 2008 einen Umsatz von ca. 3,39 Milliarden erzielt, davon 3,25 Milliarden mit Geldgewinnspielgeräten (Bunke, 2009). An Steuern und Sozialabgaben wurden dabei 2008 über 1 Milliarde abgeführt, davon ca. 250 Millionen an Vergnügungssteuern an Länder und Kommunen. Die Umsatzzahlen der einzelnen Glücksspielarten haben sich von 2005 bis 2007 (in Mrd. ) wie folgt entwickelt: Spielbanken 10,58 10,26 Dt. Lotto-Toto-Block Geldspiel (gewerblich) 5,88 7,63 7,47 7,75 Sportwetten (inkl. Oddsett) 3,65 Gewinnspiele (TV, Radio) Klassenlotterien Sonstige (bspw. Gewinnsparen) 2 1,33 1,07 1, Abbildung 1: Glücksspielumsätze in Deutschland in Mrd. (Meyer 2008) Bis auf das gewerbliche Geldspiel ist also ein leichter Rückgang des Umsatzes auf dem Glücksspielmarkt zu verzeichnen. Das gewerbliche Geldspiel allerdings konnte von 2005 bis 2007 stark expandieren. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/5

28 Die Umsatzanteile auf dem deutschen Lotterie- und Wettspielmarkt teilten sich 2008 wie folgt auf: Pferdewetten Fernsehlotterien 1,00% 6,00% Sparkassen & Banken; 4,70% ; 0 Dt. Lotto-Toto- Block 76,80% Klassenlotterien 11,60% Klassenlotterien Dt. Lotto-Toto-Block Fernsehlotterien Pferdewetten Sparkassen & Banken Abbildung 2: Umsatzanteile auf dem deutschen Lotterie- und Wettspielmarkt 2008 (Diegmann et al 2008) Den größten Umsatzanteil beansprucht der Deutsche Lotto-Toto-Block für sich (76,80%). Die Klassenlotterien nahmen 2008 innerhalb des Lotterie- und Wettsektors mit einem Umsatzanteil von 11,60% das zweitstärkste Spielsegment ein. Insgesamt stiegen die staatlichen Einnahmen aus Glücksspielen bis 2001 stetig an. In den Folgejahren bis 2007 gingen sie dann wieder leicht zurück: 5,0 4,5 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 1,734 3,149 4,597 4,127 4,030* * Schätzung Abbildung 3: Staatliche Einnahmen aus Glücksspiel in Mrd. (Meyer 2008) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/6

29 Literatur Bunke, H. (2009). Bundesverband Automatenunternehmer e.v.. Vortrag gehalten am Symposium der LSG Bayern. München. Diegmann, H., Hoffmann, C., Ohlmann, W. (2008). Praxishandbuch für das gesamte Spielrecht. Verlag W. Kohlhammer: Stuttgart. Meyer, G. (2008). Vortrag gehalten am Basisschulung der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern. Nürnberg. Meyer, G. (2008b). Glücksspiel Zahlen und Fakten. In: DHS Jahrbuch Sucht Meyer, G., Bachmann, M. (2005). Spielsucht. Ursachen und Therapie. Springer Verlag: Heidelberg. Stürmer, M. (2009). Vortrag gehalten am Workshop Spielsucht. Landestagung Streetwork/Mobile Jugendarbeit in Bayern. Sucht 2.0. Nürnberg. (vom ) (vom ) (vom ) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/7

30 3.2 Glücksspielangebot in Bayern M. Kroher Staatliches Glücksspielangebot in Bayern Betreiber In Bayern wird der Lottoblock, ebenso wie die neun bayerischen Spielbanken, von der Staatlichen Lotterieverwaltung betrieben. LOTTO Bayern ist rechtlich betrachtet eine staatliche Einrichtung ohne Rechtspersönlichkeit im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen. Die Glücksspielaufsicht wird aus dem Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren wahrgenommen ist die zweitgrößte Lotteriegesellschaft aller Bundesländer hat ihren Sitz in München, Karolinenplatz 4, München Die Geschäfte von LOTTO Bayern leitet Präsident Erwin Horak, der zugleich auch für die neun Bayerischen Spielbanken verantwortlich ist. Vizepräsident ist Hans-Wilhelm Forstner. Struktur und Vertrieb 28 Bezirksstellen betreuen durchschnittlich 140 Lotto-Annahmestellen. In ganz Bayern gibt es derzeit knapp Lotto-Annahmestellen, die jeweils einen eigenen Geschäftsbesorgungsvertrag mit LOTTO Bayern haben und die Produkte von LOTTO Bayern vertreiben LOTTO Spielarten LOTTO 6 aus 49 (normal oder als System spielbar) o Spiel 77 o Super 6 GlücksSpirale KENO o plus 5 Sofortlotterien o Bayernlos o Astrolos o Extra Gehalt Seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages zum ist das Glücksspiel im Internet verboten. Für einen bis befristeten Übergangszeitraum waren Ausnahmeerlaubnisse möglich. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/8

31 Spieleinsätze (zuzüglich Bearbeitungsgebühr pro Spielschein) Mindesteinsatz LOTTO 6 aus 49 0,75 pro Tippfeld KENO Einsatz 1, 2, 5, 10 pro Spiel (bestimmt der Spieler selbst) plus 5 0,75 GlücksSpirale 5 pro Los Super 6 1,25 Spiel 77 1,50 Bayernlos 1 Astrolos 1 Extra Gehalt Los 2 Höchsteinsatz LOTTO 6 aus 49 Richtet sich nach Anzahl der Felder und Anzahl der zusätzlichen Spiele KENO Einsatz 1, 2, 5, 10 pro Spiel (bestimmt der Spieler selbst) plus 5 0,75 GlücksSpirale 5 pro Los Super 6 1,25 Spiel 77 1,50 Bayernlos 1 Astrolos 1 Extra Gehalt Los 2 Höchster Lottogewinn im Jahr 2008: 6,6 Mio. Informationen Im Jahr 2008 gab es 16 Millionengewinner Gesamtumsatz LOTTO Bayern im Jahr 2008: 1,02 Mrd. Umsatz pro Kopf und Woche im Jahr 2008: 1,56 Ausschüttung an bayerische Gewinner in 2008: 485 Mio. Beliebtestes Spiel ist LOTTO 6 aus 49 Anzahl der Annahmestellen (siehe Tabelle 1) Beliebtheit der Produkte von LOTTO Bayern im Jahr 2008 (siehe Tabelle 2) Umsatz von LOTTO Bayern in Mio. (ohne Bearbeitungsgebühren) (siehe Tabelle 2) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/9

32 Tabelle 1: Anzahl der Annahmestellen Jahr Anzahl Tabelle 2: Überblick über die Lotto-Produkte im Jahr 2008 Jahr Produkt Umsatz in Mio. Rangfolge LOTTO 6 aus ,7 1 Spiel ,1 2 SUPER 6 88,7 3 Bayernlose 61,5 4 ODDSET 42,8 5 KENO 31, GlücksSpirale 23,6 7 Lose EXTRA Gehalt 18,8 8 TOTO 8,7 9 Astrolos 5,5 10 ExtraLOTTO (nur 2008 angeboten) 5,0 11 plus 5 3,1 12 gesamt 1.018,9 Spielteilnahme Eine Spielteilnahme ist ab 18 Jahren möglich KENO, ODDSET und TOTO unterliegen der Kundenkartenpflicht (Limit pro Woche) LOTTO kann mit oder ohne Kundenkarte gespielt werden PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/10

33 Geschichte/Entwicklung 1946 Bayern startet nach dem zweiten Weltkrieg als Wiederaufbaulotterie ein Brieflos 1948 Einführung Bayerisches Fußball-TOTO 1955 Erste Ziehung der Lottozahlen 1956 Einführung der Zusatzzahl Gewinnbegrenzung auf DM 1965 Erste Live-Übertragung der Ziehung der Lottozahlen im Fernsehen 1974 Anhebung des Höchstgewinns auf 1,5 Mio. DM 1976 Start der Zusatzlotterie Spiel 77" 1981 Einsatz- und Quotenverdoppelung (LOTTO, TOTO, Spiel 77) Gewinnobergrenze bei 3 Mio. DM 1982 Einführung des Mittwochslottos 7 aus 38" 1985 Einführung der Jackpot Regelung im LOTTO Aufhebung der Gewinnobergrenze 1986 Umstellung des Mittwochslottos auf 6 aus Einführung der Superzahl und der Gewinnklasse 3 Richtige mit Zusatzzahl beim LOTTO am Samstag 1992 Einführung der Zusatzlotterie SUPER 6" 1995 Einführung der Superzahl und der Gewinnklasse mit 3 Richtigen mit Zusatzzahl beim Mittwochslotto 1999 LOTTO startet ODDSET, die Sportwette mit festen Gewinnquoten 2000 Einführung eines einheitlichen LOTTOs mit zwei Ziehungstagen pro Woche und rollierendem Jackpot 2002 Einführung GemeinschaftsSystem. Erstmals Erwerb von Systemanteilen möglich 2004 Die neue TOTO 13er-Wette löst die 11er-Wette ab LOTTO führt die tägliche Zahlenlotterie KENO ein sowie die auf dem Kenoschein spielbare Zusatzlotterie plus Höchster Jackpot in der deutschen Lotto-Geschichte (45 Mio. ) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/11

34 Sportwetten In Deutschland sind Sportwetten im Internet gemäß Glücksspielstaatsvertrag verboten. In Bayern wurde die Spielteilnahme im Internet bei ODDSET und TOTO bereits zum eingestellt. Die legale Möglichkeit, auf Sportereignisse zu wetten abgesehen von Pferdewetten ist die Spielteilnahme bei ODDSET und TOTO. Spielarten ODDSET-KOMBI-Wette ODDSET-TOP-Wette Es kann zu festen Quoten auf verschiedene Sportereignisse (z.b. Fußball, Handball, Eishockey, Wintersport, Formel 1) getippt werden. TOTO 13er Ergebniswette TOTO 6 aus 45 Auswahlwette Es kann nach dem Totalisator-Prinzip auf nationale und internationale Fußballspiele gewettet werden. Spieleinsätze (zuzüglich Bearbeitungsgebühr pro Spielschein) Mindesteinsatz (siehe Tabelle 3) Höchsteinsatz (siehe Tabelle 4) Gewinn (siehe Tabelle 5 und 6) Tabelle 3: Mindesteinsatz ODDSET-Kombiwette 2,50 (1 Grundeinsatz bei Systemwetten) ODDSET-TOP-Wette 2,50 TOTO 13er-Wette 0,50 pro Tipp TOTO Auswahlwette 0,65 pro Tipp Tabelle 4: Höchsteinsatz ODDSET-Kombiwette 500,00 ODDSET-TOP-Wette 500,00 TOTO 13er-Wette Richtet sich nach Anzahl der Felder TOTO-Auswahlwette Richtet sich nach Anzahl der Felder PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/12

35 Tabelle 5: Gewinnmöglichkeiten TOTO 13er-Wette TOTO 13er-Wette Gewinnklasse Richtige Voraussage Gewinnreihen Anteil Ausschüttung je Gewinnklasse in % Theoretische Quote in , , , ,50 Tabelle 6: Gewinnmöglichkeit TOTO Auswahlwette TOTO Auswahlwette Gewinnklasse Anzahl richtiger Voraussagen Ausschüttungsanteil je Gewinnklasse in % Theoretische Quote in , Zusatzspiel , ,5 870, , Zusatzspiel 7,5 14, ,90 Informationen Beliebtheit der Sportwettenprodukte im Jahr 2008 (siehe Tabelle 7) Spieleinsätze im Sportwettenbereich im Jahr 2008 (siehe Tabelle 7) Umsatz der Sportwetten von LOTTO Bayern (siehe Tabelle 7) Tabelle 7: Überblick über die Sportwettenprodukte im Jahr 2008 Jahr Produkt Umsatz in Mio. Rangfolge 2008 ODDSET 42, TOTO 8,7 9 Spielteilnahme Eine Spielteilnahme ist ab 18 Jahren möglich ODDSET und TOTO unterliegen der Kundenkartenpflicht (Limit pro Woche) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/13

36 Geschichte/Entwicklung 1999 Einführung ODDSET-KOMBI-Wette in Bayern 2002 wurde das Angebot mit Einführung der ODDSET-TOP-Wette erweitert Deutlicher Umsatzrückgang in den zurückliegenden Jahren zu verzeichnen Aktuell ca aktive Spielteilnehmer in Bayern Spielbanken Standorte Der Freistaat Bayern betreibt unter dem Dach der Staatlichen Lotterieverwaltung in München (siehe LOTTO) aufgrund der Spielbankerlaubnis des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom / i. d. F. vom die Spielbanken Garmisch-Partenkirchen, Bad Kissingen, Lindau, Bad Reichenhall, Bad Wiessee, Bad Füssing, Bad Kötzting, Feuchtwangen und Bad Steben. Die einzelnen Spielbanken werden als kaufmännisch eingerichtete Staatsbetriebe gemäß Art. 26 Abs. 1 Bayerische HaushaltsordnungHO geführt. Sie sind rechtlich unselbständige, organisatorisch abgesonderte Teile der Staatsverwaltung. Hierbei stellt die Staatliche Lotterieverwaltung im vertikalen Behördenaufbau des Freistaates Bayern eine Mittelbehörde dar. Unter dem Dach dieser Mittelbehörde übt die Abteilung Bayerische Spielbanken einerseits die Funktion einer zentralen Spielbankleitung aus, andererseits beaufsichtigt sie die neun Bayerischen Spielbanken. Spielarten Großes Spiel o Französisches Roulette o American Roulette o Black Jack o Poker (Bavarian Stud Poker, 7-Card Stud Poker, Texas Hold em) Kleines Spiel o Automatenspiele (Video-Slotmachines, Game-Maker, Multi-Roulette, Bingo, Poker, Black Jack, Haus-/ Poker-/ Bayernjackpot) Spieleinsätze Mindesteinsatz o Roulette: Tischminimum: 1, 2, 5, 10 o Black Jack: Tischminimum: 5, 10 o 7-Card Stud Poker: 5, 10 o Bavarian Stud Poker: 5 o Texas Hold em: 5, 10, 20, 30 o Automatenspiel: Spielmöglichkeit schon ab 1 Cent Auszahlung o Roulette (siehe Tabelle 8) Höchsteinsatz (siehe Tabelle 9) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/14

37 Höchstgewinn o Großes Spiel: Der Höchstgewinn richtet sich nach dem Höchsteinsatz o Kleines Spiel: Bayern Jackpot: bis zu max. 1 Mio. Hausjackpot: bis zu max Einzelautomat: unter Tabelle 8: Auszahlung Roulette Plein eine Zahl (0-36) 35-fach Cheval 2 Zahlen 17-fach Transversale plein 3 Zahlen 11-fach Carré 4 Zahlen 8-fach Transversale simple 6 Zahlen 5-fach Manque Zahlen fach Passe Zahlen fach Erstes Dutzend Zahlen fach Zweites Dutzend Zahlen fach Drittes Dutzend Zahlen fach Kolonne Längsreihen (1-34 oder 2-35 oder 3-36) 2-fach Pair gerade Zahlen 1-fach Impair ungerade Zahlen 1-fach Noir schwarze Zahlen 1-fach Rouge rote Zahlen 1-fach Tabelle 9: Höchsteinsatz je Spielart Tischminimum 1 / Roulette Plein A cheval Transversale pleine Carré Die ersten 4 Nummern Transversale simple Kolonne, Dutzend Einfache Chance Black Jack / Poker 7-Card Stud Poker 25 oder 50 Bavarian Stud Poker 25 Texas Hold'em Spanne zwischen 10 und 60 Automaten 0,50 Denomination* * Denomination (Nennbetrag): kleinste Steigerung einer Wette am Automaten PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/15

38 Informationen Beliebtestes Spiel o Großes Spiel: American Roulette o Kleines Spiel: Multi-Roulette Casino Cards (aufladbar bis 250 ) ersetzen die Geldstücke im kleinen Spiel Anzahl der Tische (Roulette, Black Jack, Poker) im Jahr 2008 (siehe Tabelle 10) Anzahl der Automaten im Jahr 2008 (siehe Tabelle 11) Anzahl der Besuche (siehe Tabelle 12) An den Automaten kann ohne Unterbrechung gespielt werden (im Gegensatz zu den Automaten in Spielhallen) Spielersperren o Spielersperren werden von den Spielbanken aufgrund von 8 des Glücksspielstaatsvertrages i. V. m. Art. 6 des Bayerischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrages für Personen ausgesprochen, die dies beantragen (Selbstsperren) oder von denen die Spielbanken aufgrund der Wahrnehmung ihres Personals oder aufgrund von Meldungen Dritter oder aufgrund sonstiger tatsächlicher Anhaltspunkte annehmen müssen, dass die Personen spielsuchtgefährdet oder überschuldet sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen oder Spieleinsätze tätigen, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen oder Vermögen stehen (Fremdsperre); des Weiteren werden Personen gesperrt, wenn sie gegen die Bestimmungen der Spielbankordnung oder die Spielregeln verstoßen (Störersperre) o Anzahl der Selbstsperren im Jahr 2008: 316 o Anzahl der Fremdsperren im Jahr 2008: 66 Tabelle 10: Anzahl der Tische im großen Spiel je Spielbank Feuchtwangen 16 Bad Kissingen 8 Bad Wiessee 14 Lindau 8 Garmisch-Partenkirchen 10 Bad Kötzting 5 Bad Reichenhall 9 Bad Steben 5 Bad Füssing 9 Gesamt 85 Tabelle11: Anzahl der Automaten im kleinen Spiel Feuchtwangen 222 Bad Kissingen 97 Bad Wiessee 220 Bad Reichenhall 83 Garmisch-Partenkirchen 170 Bad Kötzting 73 Lindau 111 Bad Steben 73 Bad Füssing 100 Gesamt 1148 PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/16

39 Tabelle12: Anzahl der Besucher im Jahr 2008 Garmisch- Partenkirchen Bad Kissingen Lindau Bad Wiessee Bad Füssing Bad Kötzting Bad Reichenhall Feuchtwangen Bad Steben Gesamt Großes Spiel Kleines Spiel Spielteilnahme Spielberechtigt sind Erwachsene ab 21 Jahren Für den Zugang zu den Spielsälen wird eine Eintrittskarte benötigt Eintritt: großes Spiel: 2,50, kleines Spiel: 0,50 Bei den Spielbanken Bad Kötzting und Bad Steben wird kein Eintrittsgeld erhoben (eine Rezeption für beide Spielbereiche!) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/17

40 3.2.2 Pferdewetten Galopper Betreiber Verschiedene lokal ansässige Betreiber Dachverband: Direktorium für Vollblutzucht und Rennen e.v. Spielarten Totalisatorwette (nur Rennvereine): in einen Pool wird hineingewettet, derjenige der richtig vorhersagt, bekommt die anteilige Quote. Der Anbieter der Wette kann quasi nicht verlieren. Zehn Rennen unabhängig voneinander, zehn angebotene Wetten, zehn separate Töpfe Siegwette o Der Sieger muss bestimmt werden o Alle Wetter zahlen in einen Pool, aus dem der Veranstalter Abzüge herausnimmt (z.b. 21%) o Entsprechend der Höhe der Einsätze wird der Gewinn ausgezahlt Platzwette o Es wird auf ein Pferd gesetzt, das unter die ersten drei kommen muss Zweierwette o Die ersten beiden Pferde müssen in richtiger Reihenfolge bestimmt werden Dreierwette o Die ersten drei Pferde müssen in richtiger Reihenfolge bestimmt werden Viererwette o Die ersten vier Pferde müssen in richtiger Reihenfolge bestimmt werden Wetten beim Buchmacher: o Buchmacher haben staatliche Erlaubnis o es können mit dem Buchmacher Einsätze und Quoten festgelegt werden o Verluste und Gewinne stellen immer ein privates Risiko für den Buchmacher dar o Für das Wetten beim Buchmacher sind Angaben notwendig, die eine Bewettung möglich machen, sowie das offizielle Ergebnis. Daran verdienen die Rennbahnen, da sie für die Übertragung der Rennen, etc. einen bestimmten Festbetrag erhalten Spieleinsätze Mindesteinsatz o Siegwette, Platzwette und Zweierwette können schon ab 1 gespielt werden o Dreier- und Viererwette können bereits ab 0,50 gespielt werden Höchsteinsatz o ergibt sich aus der Praxis o bei der Totalisatorwette ist jedoch ein Höchsteinsatz von über 200 nicht sinnvoll, da sonst die eigene Wette reduziert wird Höchstgewinn o ergibt sich aus der Anzahl der Spieler und den Einsätzen PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/18

41 Informationen Spielersperren o Eine Spielersperre ist nicht durchführbar, da sich jede Person auf dem Gelände aufhalten kann, auch wenn sie nicht wetten möchte. Da das Gelände der Rennbahnen sehr groß (50 Hektar) ist, ist es zudem nicht möglich, Kontrollen durchzuführen o In extremen Fällen kann ein Hausverbot erlassen werden Anzahl der Besucher o min. 500, Max Personen o im Durchschnitt Beliebtestes Spiel o Dreierwette o 50% des Gesamtumsatzes Umsatz o Pro Jahr etwa 39 Mio. o 1994: 143,7 Mio. Im Ausland existieren mehr Wettorte, z.b. in Frankreich In Deutschland können auch ausländische Rennen bewettet werden Lediglich Reitsportveranstaltungen können nicht bewettet werden Das richtige Tippen einer Wette verlangt, dass man mitdenkt. Man läuft jedoch auch Gefahr, dass man sich zu sehr darauf verlässt, dass man die Chancen richtig/gut beurteilen kann Das Suchtpotential für Pferdewetten ist gering, da nur an 110 Tagen in Deutschland Rennen laufen (1.500 Rennen im Jahr) Pferdewetten sind vom Glücksspielstaatsvertrag nicht betroffen. Sie zählen als Geschicklichkeitsspiel, da es klare Favoriten gibt und Alter, Körperbau etc. der Pferde beim Rennen eine Rolle spielen. Aus diesem Grund ist das Bewetten von Pferderennen im Internet nicht verboten Die Teilnehmer an Galopp- und Trabrennen sind zum Sieg verpflichtet Spielteilnahme Ab 18 Jahren Kontrollen werden jedoch nur nach Augenschein vorgenommen PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/19

42 3.2.3 Geldspielautomaten Betreiber Verband der deutschen Automatenindustrie o Adp Gauselmann GmbH o Atronic International GmbH o Bally Wulff Entertainment GmbH o Crown Technologies GmbH o Mega Spielgeräte Entwicklungs- und Vertriebsgesellschaft mbh & Co KG o Kaiser Spiele o Merkur Gaming GmbH & Co KG o NSM-Löwen Entertainment GmbH o Playmont Flip-Inn Spielautomaten GmbH o Stella International Spielgeräte GmbH Deutscher Automatengroßhandelsverband Bundesverband Automatenunternehmer Vereinigung der europäischen Verbände der Automatenwirtschaft Spielarten Münzbetätigte Unterhaltungsautomaten umfassen im Wesentlichen drei Produktgruppen: Gewerbliche Geldgewinnspielgeräte Unterhaltungsautomaten ohne Geldgewinnmöglichkeit o Touch-Screen-Geräte o Bildschirmspielgeräte o Flipper o Internet-Terminals o Punktspiele o Fun-Games (seit 2006 verboten) o etc. Sportspielgeräte o Billard o Dart o Tischfußball o Airhockey o etc. Geldgewinnspielgeräte haben sich weiterentwickelt. Es sind nicht mehr die an der Wand stehenden bzw. hängenden Automaten. Es können Spiele zu unterschiedlichen Themen und Spielplänen gespielt werden. Zudem existieren videobasierte Geräte, die 20 oder mehr dreidimensionale Spiele offerieren. Multigambler-Automaten bieten eine Auswahl an bis zu 50 verschiedenen Spielen an. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/20

43 Spieleinsätze (siehe Tabelle 13) Tabelle13: Spieleinsätze pro Jahr Jahr Höchsteinsatz Höchstgewinn ,40 DM 4,00 DM ,20 2, ,20 2,00 Seit 2006 gilt, dass die Summe der Verluste pro Stunde maximal 80 betragen darf. Die Summe der Gewinne (abzüglich der Einsätze) pro Stunde darf höchstens 500 betragen. Informationen Anzahl der aufgestellten Automaten (bundesweit) (siehe Tabelle 14) Dauer eines Spiels bzw. der Unterbrechungen (siehe Tabelle 15) Seit 2008 dürfen zu keiner Zeit Gewinnaussichten dargestellt werden, deren in Geld umwandelbarer Gegenwert übersteigt Spielersperren o Sind für das gewerbliche Spiel nicht vorgesehen und werden als nicht erforderlich angesehen Absatzzahlen o 2008 wurden Musik-, Sport- und Unterhaltungsautomaten mit und ohne Geld- Gewinnmöglichkeit in Deutschland abgesetzt Umsatz o Gerätehersteller, Großhandel und Betreibererzielten 2008 einen addierten Umsatz von 4,435 Mrd. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/21

44 Tabelle 14: Anzahl der Automaten Gerätetypen Unterhaltungsautomaten ohne Geldgewinn Flipper Punktespiele Videospiele (Bildschirmspielgeräte) Unterhaltungsautomaten mit Geldgewinn Sportspielgeräte Gesamt Tabelle 14 fortgesetzt: Anzahl der Automaten Gerätetypen Unterhaltungsautomaten ohne Geldgewinn Flipper Punktespiele Videospiele (Bildschirmspielgeräte) Unterhaltungsautomaten mit Geldgewinn Sportspielgeräte Gesamt Tabelle 15: Spieldauer Jahr Zeit zw. 2 Spielen (Beginn) Mindestspielzeit Zwangspause (keine Möglichkeit für Einsätze/Gewinne) Sekunden 15 Sekunden Sekunden 3 Minuten Sekunden 5 Minuten Spielteilnahme Die Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen in öffentlichen Spielhallen ist verboten. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 3/22

45 4 Basisschulung Grundlagen der Glücksspielsucht Auf den kommenden Seiten finden Sie das Fact Sheet zur Basisschulung sowie den Foliensatz der ersten Basisschulung. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 4/1

46 INFORMATIONEN ZUM GLÜCKSSPIELEN Hintergrund In Deutschland hat sich der gesamte Glücksspielmarkt in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt beliefen sich die Umsätze für alle Glücksspiele (ausgenommen ausländische Anbieter) in Deutschland auf 27,62 Mrd. Euro (Meyer, 2008). Das Spielen um Geld ist für eine große Zahl der Deutschen eine gelegentliche oder regelmäßige Form der weitgehend unproblematischen Unterhaltung und Freizeitgestaltung. Nach einer repräsentativen Studie im Jahr 2006 (Bühringer et al., 2007) haben 71,5% (37 Mio.) der erwachsenen Deutschen bereits einmal in ihrem Leben an einem Glücksspiel teilgenommen, 49,4% (25,7 Mio.) spielen dabei regelmäßig. Geht man von einer regionalen Gleichverteilung der Spieler aus, dann ergeben sich für Bayern entsprechend folgende Absolutwerte: 5,6 Mio. bzw. 3,9 Mio. Ein Teil der Spieler entwickelt ein riskantes Spielverhalten und verliert dabei völlig die Kontrolle über das Glücksspiel. Vielen Personen sind die Risiken ihres Verhaltens nicht bekannt. Spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im März 2006 und dem verabschiedeten Glücksspielstaatsvertrag sind auch die negativen Konsequenzen des Glücksspiels vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Spielertypologie Die meisten Spieler lassen sich einer der folgenden Gruppen zuordnen: Soziale Spieler Größte Gruppe unter den Glücksspielern Unterhaltung, Freizeitgestaltung Kein auffälliges Spielverhalten Professionelle Spieler Kleine Gruppe unter den Glücksspielern Eher im illegalen Bereich Verdienen Lebensunterhalt mit Glücksspielen Distanziertes und kontrolliertes Verhältnis zum Spielen Problematische Spieler Sind gefährdet Befinden sich in Übergangsphase Merkmale: Schuldgefühle, erste Vernachlässigung von Verpflichtungen, erste höhere Geldverluste Pathologische Spieler Schwerwiegende Probleme mit Glücksspiel Unkontrolliertes Spielverhalten PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 4/2

47 Definition pathologischen Glücksspielens Die internationalen Klassifikationssysteme für Erkrankungen DSM-IV und ICD-10 ordnen Pathologisches Glücksspielen den Impulskontrollstörungen mit folgenden Merkmalen zu: Andauerndes und wiederkehrendes fehlangepasstes Spielverhalten, was sich in zumindest in fünf der folgenden Merkmale ausdrückt: (1) Starke Eingenommenheit vom Glücksspielen (2) Steigerung der Einsätze zur Erreichung der gewünschten Erregung (3) Wiederholt erfolglose Versuche, das Spielen einzuschränken oder zu beenden (4) Unruhe und Gereiztheit beim Versuch das Spielen einzuschränken (5) Spielen als Flucht vor Problemen oder depressiver Stimmung (6) Rasche Wiederaufnahme des Spielens nach Geldverlust (7) Lügen um das Ausmaß der Problematik zu vertuschen (8) Illegale Handlungen zur Finanzierung des Spielens (9) Gefährdung oder Verlust wichtiger Beziehungen, des Arbeitsplatzes oder von Zukunftschancen (10) Hoffnung auf Bereitstellung von Geld durch Dritte Als eine schwächere Ausprägung gilt das problematische Spielen. Für diese Form des Glücksspielens liegt keine einheitliche Definition vor. Umfang pathologischen Glücksspiels in Deutschland Berechnungen aus einer großen Bevölkerungsstudie für pathologisches Glücksspiel in Deutschland belaufen sich auf Personen (0,2% der erwachsenen Bevölkerung; statistischer Schwankungsbereich: ), (Bühringer et al., 2007). Unter Verwendung von telefonischen und Internetbefragungen ermittelte eine andere Studie einen Umfang von Personen (0,6%, Buth & Stöver, 2008). Eine kürzlich telefonisch durchgeführte Untersuchung der BZgA in Köln bestätigt die Schätzung von Bühringer. Die Unterschiede sind möglicherweise durch unterschiedliche Stichprobenzusammensetzung und -größen sowie die verschiedenartige Anwendung der Untersuchungsinstrumente bedingt. Vergleiche mit anderen Staaten sind derzeit wegen des unterschiedlichen Glücksspielangebots und der unterschiedlichen Methodik der epidemiologischen Studien kaum möglich. Charakteristik der pathologischen Spieler Es existiert keine eindeutige Spielercharakteristik, häufige Merkmale sind: Geschlecht (junge Männer besonders gefährdet) Persönlichkeitsstruktur (ausgeprägte Impulsivität, geringe Impulskontrolle im Verhalten, in kognitiven Prozessen und bei der Regulation von Affekten, Risikobereitschaft, Sensation-Seeking, externale Kontrollüberzeugungen) Zusammenhang zwischen Pathologischem Glücksspielen und Depression (nicht kausal interpretierbar) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 4/3

48 Risikofaktoren und Prozesse für die Entstehung pathologischen Glücksspielens Es gibt nicht eine dominante Ursache, weder in der Art oder Struktur des Glücksspiels, noch in den Merkmalen der Glücksspieler oder den sozialen Rahmenbedingungen. Das Vulnerabilitäts-Stressmodell (Wittchen, Lieb & Perkonigg, 1999), geht davon, dass es (1) frühe Vulnerabilitätsfaktoren gibt (genetische Einflüsse, frühkindlicher Stress, andere psychische Störungen insbesondere Impulskontrollstörungen und Störungen der kognitiven Kontrolle über das eigene Verhalten), die zusammen mit (2) Stressoren in der akuten Zeit (externale Kontrollüberzeugungen, soziale Defizite, akute Lebenskrisen, Merkmale der Glücksspiele) sowie mit den ersten Glücksspielerfahrungen (zufälliger höherer Erstgewinn) das Risiko bestimmen ein Pathologisches Glücksspielverhalten zu entwickeln. Überblick über Glücksspielangebote Spielcasino Französisches Roulette Amerikanisches Roulette Black Jack Poker Automatenspiel ( Slot- Machine ) Lotto- und Totoblock Zahlenlotto LOTTO System Super 6 Spiel 77 Lotterien SKL NKL ARD Fernsehlotterie Pferdewetten Video-Slot (virtuelle Walzen) Pokerautomat (funktioniert wie Draw-Poker) Bayern Jackpot (vernetzt je 4 bayer. Kasinos) Multi-Keno GlücksSpirale ODDSET TOTO KENO Bingo Aktion Mensch Auto-Jackpot (Festpreisjackpot, man spielt um einen festen Preis) Multi-Roulette (elektronische Form des klass. Roulette) Hyperlink-Jackpot (4 verschiedene Jackpot-Stufen) Plus 5 Losbrieflotterien Auswahlwette Ergebniswette Bayern Los Sportwetten im Internet (zahlreiche Gerichtsverfahren zur Frage der Legalität) Bwin Betsson Betfair Interwetten Mybet Partybets Bet 365 Unibet Sportingbet Wetten.de Bet at home Bettingstar Betbull Bets4all Gamebookers Expekt Sunmaker Betway Paddypower Intertops Betdick Eurobet Glücksspielautomaten in Gaststätten und Spielhallen Diese sind gesetzlich keine Glücksspiele, sondern Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit. Technisch werden die Geräte allerdings zu den Glücksspielen gezählt. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 4/4

49 Versorgung und Therapie Erste Ansprechpartner Ambulante Behandlung Stationäre Therapie (Sucht-) Beratungsstellen Selbsthilfegruppen (z.b. Anonyme Spieler) Ärzte Kliniken Soziale Dienste von Betrieben Soziale Dienste der JVAs Suchtberatungsstellen Spezialisierte Psychotherapeuten, Tageskliniken Fachkliniken für Suchtkranke oder psychosomatische Kliniken mit einem speziellen Angebot für pathologische Glücksspieler Im Jahr 2006 entfielen in Deutschland 2% der in ambulanten Suchteinrichtungen vergebenen Hauptdiagnosen auf pathologische Spieler (n=3.017 Zugänge). In stationären Einrichtungen waren es 1% (n=358 Zugänge). Es gibt Hinweise auf eine deutliche Unterversorgung der pathologischen Spieler. Handlungsbedarf und Aufgabenprofil für die Landesstelle Folgende Punkte sind für die bessere Beurteilung der gegenwärtigen Situation in Bayern, für die Verbesserung der Prävention und Therapie sowie für die dazu notwendige Forschung relevant: Trendbeobachtung zentraler Charakteristika (Aufbau eines Monitoringsystems): + Glücksspielangebot + Anzahl und Charakteristika der Spieler + Anzahl und Charakteristika der pathologischen Spieler + Art, Umfang und Qualität des therapeutischen Angebots Epidemiologische Schätzungen für Bayern Evaluation und Verbesserung der Qualität der therapeutischen Versorgung in Bayern Motivierung pathologischer Spieler für eine frühzeitige Behandlung Evaluation der Wirksamkeit der Hilfsangebote Studien an aktuellen Spielern und Nicht-Spielern zu potentiellen Risikomerkmalen (Hinweise für den Ausbau der Prävention) Aufbau und Beurteilung landesweiter Präventionsangebote Literatur Bühringer, G., Kraus, L., Sonntag, D., Pfeiffer-Gerschel, T. & Steiner, S. (2007). Pathologisches Glücksspiel in Deutschland: Spiel- und Bevölkerungsrisiken. Sucht, 53 (5), Buth, S. & Stöver, H. (2008). Glücksspielteilnahme und Glücksspielprobleme in Deutschland: Ergebnisse einer bundesweiten Repräsentativbefragung. Suchttherapie, 9 (1), Meyer, G. (2008). Glücksspiel-Zahlen und Fakten. In: Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (Eds.), Jahrbuch Sucht 2007, pp Geesthacht: Neuland. Wittchen, H.-U., Lieb, R. & Perkonigg, A. (1999). Early Developmental Stages of Substance Abuse and Dependence. In D. Ladewig (Eds.), Basic and Clinical Science of Substance Related Disorders, pp Basel: Karger. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL II Basiswissen Seite 4/5

50 Glücksspielsucht Angebotsstruktur Erscheinungsbild Epidemiologie Entstehungs- bedingungen Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Trägerkreis EineWeltHaus München e.v. München, 22. Oktober 2008 Varianten des (Glücks-)Spiels in Deutschland Glücksspiele Lotto Keno, Quicky Rubbellotterien Klassenlotterien Roulette Black Jack Poker Glücksspielautomaten Geldspielautomaten* Sportwetten Glücksspiele im Internet Illegales Glücksspiel... * Rechtlich gesehen kein Glücksspiel Geldgewinnspiele mit Glücksspielcharakter TV-Geldgewinnspiele (z.b. 9-Live ) Selbstorganisierte Spiele um Geldgewinne Börsenspekulationen... Sonstige Spiele mit/ohne Geldgewinn Gesellschaftsspiele Strategiespiele (z.b. Schach) Kreuzworträtsel Quizshows Computerspiele... Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

51 Umsätze in 2006 (in Mio. Euro) - Meyer (2008) - Staatlich lizenziertes Glücksspiel 2006 Veränderung 2006/05 (%) Spielbank - Glücksspielautomaten, Roulette, Black Jack etc. Spielhalle / Gaststätte - Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit Deutscher Lotto- und Totoblock - Lotterien, Sportwetten etc. Klassenlotterien - Nordwestdeutsche - Süddeutsche Fernsehlotterien - ARD Fernsehlotterie - ZDF Aktion Mensch Sparkasse / Bank - PS Sparen - Gewinnsparen ,3 470,8 722,5 182,0 435,1 293,7 185,3 Pferdewetten - Totalisator und Buchmacher 98,8-22,0 GESAMTUMSATZ ,5 +2,1 Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen -1,2 +17,0-2,0-4,6-13,1 +8,3 +5,9-4,9 +5,5 Öffentliche Einnahmen aus Glücksspielen (in Mrd. Euro) - Meyer (2008) - 5 4,5 4 3,5 4,371 4,597 4,467 4,393 4,365 4,254 4, ,5 2, ,5 1, , Der Rückgang der Einnahmen ist primär auf die zunehmende Präsenz privater Anbieter zurückzuführen, die keine entsprechenden Abgaben entrichten müssen In 1998 lagen die staatlichen Glücksspieleinnahmen erstmals höher als die Erträge aus alkoholbezogenen Steuern; in 2006 belief sich die Differenz auf 748 Millionen Euro Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

52 Der Spielanreiz beim Glücksspiel Phase 1 Entscheidung für eine Glücksspielteilnahme Phase 2 Geldeinsatz Hoffen auf den Gewinn: Anspannung, Stimulation, Nervenkitzel Emotionsregulation (positive Verstärkung) Ablenkung von Belastungen (negative Verstärkung) Phase 3a Gewinnsituation Glücksgefühl, Euphorie, Allmachtsphantasien,... Phase 3b Verlustsituation Frustration, Ärger, Niedergeschlagenheit,... Phase 4 Weiterspielen Emotionsregulation, Befindlichkeitsveränderung Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Die psychotrope Wirkung bei schneller Spielabfolge Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

53 Spieler-Typologie Glücks- Spiel-Spaß Glücks- Spiel-Sucht Keine Probleme Erkennbare Probleme Schwere Probleme... Problem-Spieler Gelegenheits- oder soziale Spieler Pathologische Spieler Primärprävention Sekundärprävention Tertiärprävention Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Problemausmaß - USA und Kanada - Metaanalyse von Shaffer und Hall (2001) für Nordamerika Erwachsene (%) Jugendliche (%) Level 3 Lebenszeit 1,92 3,38 Level 2 Lebenszeit 4,15 8,40 Level 3 vergangenes Jahr 1,46 4,80 Level 2 vergangenes Jahr 2,54 14,60 Level 2 = Gefährdete Spieler ; Level 3 = Pathologische Spieler Jugendliche weisen signifikant höhere Prävalenzraten auf als Erwachsene Jungen/Männer sind eher betroffen als Mädchen/Frauen Erste Längsschnittstudien deuten verschiedenartige Verlaufsformen an: a) chronisch, b) episodisch/temporär, c) anfallsartig ( binge gambling ) Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

54 Problemausmaß in Deutschland Erwachsene Buth & Stöver (2008) Bühringer et al. (2007) BZgA (2008) Erhebungsjahr Stichprobe (18-65 Jahre) (18-64 Jahre) (16-65 Jahre) Methodik Telefonisch und Online-Befragung Schriftlich und Telefonisch Telefonisch Klassifikation DSM-IV DSM-IV-TR SOGS Pathologisches Spielverhalten 0,56% N = ,2% N = ,2% N = Problematisches Spielverhalten 0,64% N = ,29% N = ,4% N = Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Der pathologische Spieler als Geldquelle - Stöver (2006) - Anteile der Geldeinsätze pathologischer Spieler an den insgesamt getätigten Geldeinsätzen pro Glücksspielform Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

55 ... Einordnung der Erkenntnisse... Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen... Konstrukte... Einfach drauflos lesen, auch wenn es komisch ausschaut! Afugrnud enier Sduite an enier Elingshcen Unvirestiät ist es eagl, in wlehcer Rienhnelfoge die Bcuhtsbaen in eniem Wrot sethen, das enizg wcihitge dbaei ist, dsas der estre und lzete Bcuhtsbae am rcihgiten Paltz snid. Der Rset knan ttolaer Bölsdinn sien, und du knasnt es torztedm onhe Porbelme lseen. Das ghet dseahlb, wiel wir nchit Bcuhtsbae für Bcuhtsbae enizlen lseen, snodren Wröetr als Gnaezs. Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

56 PG Diagnostische Kriterien (DSM-IV-TR) Pathologisches Spielen = Pathological Gambling (PG) Störungen der Impulskontrolle, nicht andernorts klassifiziert Andauerndes und wiederkehrendes fehlangepasstes Spielverhalten, indiziert durch mindestens 5 der folgenden 10 Merkmale: (1) Starke Bindung an das Glücksspiel (2) Toleranzentwicklung (3) Abstinenzunfähigkeit (4) Entzugserscheinungen (5) Glücksspielbeteiligung, um vor Problemen zu fliehen (6) Chasing ( Verlusten hinterherjagen ) (7) Verheimlichung (8) Beschaffungsdelinquenz (9) Weiterspielen trotz negativer Folgen (10) Bail-Out ( Freikaufen ) Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Glücksspielsucht Bedingungsgefüge Individuum: Persönlichkeit Umfeld: Psychische Auffälligkeiten Arbeits- und Lebensverhältnisse Genetik / Neurobiologie Zukunftsperspektiven Soziodemographische Merkmale Peer-Gruppe Familiäre Situation Selbstwert Soziale Bindungen Bewältigungsstil Glücksspiel ücksspi : Veranstaltungsmerkmale Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

57 Stress und glücksspielbezogene Probleme - Grüsser & Albrecht (2007) - Stresserleben - Stressauslöser bestehen weiterhin - Glücksspiel wird zusätzlich zum Konfliktherd Exzessives Spielverhalten als inadäquate Form der Stressbewältigung Glücksspiel lässt Stress vergessen Positive und negative Verstärkungsprozesse Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Das Suchtpotenzial von Glücksspielen - Analyseschema - Veranstaltungsmerkmale von Glücksspielen Situational (kontextbezogen) z.b. Verfügbarkeit, Werbung Strukturell (spielmediumsbezogen) z.b. Ereignisfrequenz, Gewinnmöglichkeiten Primärwirkung: Erleichterung des Zugangs Primärwirkung: Förderung einer regelmäßigen Teilnahme Beurteilung des Gefährdungspotenzials einer Glücksspielform Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

58 Das Suchtpotenzial von Geldspielautomaten - Relevante Veranstaltungsmerkmale - Verfügbarkeit Variable Einsatz-/ Gewinnmöglichkeiten Ereignisfrequenz Aktive Einbindung Auszahlungsintervall Fast-Gewinne Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Problembehaftete Glücksspielformen - Untersuchung von Spielern in der Versorgung (N=489; Meyer & Hayer, 2005) - Glücksspielform Als problembehaftet wahrgenommen Erstkontaktalter Geldspielautomaten 79% 39% als Minderjährige Glücksspielautomaten 32% 8% als Minderjährige Roulette / Black Jack 17% 5% als Minderjährige Karten- / Würfelspiele um Geld 16% 35% als Minderjährige ODDSET 10% 7% als Minderjährige Lotto 6aus49 6% 21% als Minderjährige Rubbellotterien 2% 20% als Minderjährige Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

59 Glücksspielprobleme einer Versorgungsstichprobe - Meyer & Hayer (2005) - Problembehaftete Glücksspielformen, geordnet nach Rangplatz (RP) RP 1 RP 2 RP 3 RP 4 RP 5 RP 6 Gesamt Lotto 6aus49 Rubbellotterien Toto ODDSET Private Wettbüros Geldspielautomaten Glücksspielautomaten Sonstige Nennungen Gesamt Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Psychosoziale Folgen der Glücksspielsucht Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

60 Sucht und Verschuldung Hauptdiagnose und Verschuldung bei Klienten ambulanter Beratungs- und Behandlungsstellen; Zugänge in 2007 (Sonntag et al., 2008) Hauptdiagnose Verschuldung (in Euro und %) keine bis bis bis > Alkohol (n=25.653) 72,6 18,0 4,8 2,4 2,1 Opioide (n=7.120) 41,9 44,8 8,8 2,9 1,7 Cannabinoide (n=5.430) 72,3 22,8 3,4 0,9 0,6 Sedativa/Hypnotika (n=329) 75,4 15,2 4,6 3,0 1,8 Kokain (n=1.043) 47,0 36,1 10,0 3,7 3,2 Stimulantien (n=1.107) 57,1 34,1 6,1 1,5 1,3 Essstörungen (n=429) 89,3 8,6 1,2 0,7 0,2 Pathologisches Spielverhalten (n=1.214) 26,9 33,4 19,6 11,4 8,7 Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Komorbidität - Premper & Schulz (2008) - N=101 pathologische Glücksspieler in stationärer Behandlung 84% männlich; Durchschnittsalter = 40 Jahre; strukturierte klinische Interviews Achse I-Störungen: - 84% der Patienten wiesen mindestens eine komorbide Störung auf (12-Monats-Prävalenz) -Diehöchsten Komorbiditätsraten zeigten sich bei (12-Monats-/Lebenszeit-Prävalenz): a) Affektiven Störungen (vornehmlich depressiver Ausprägung): 51,5%/61,4% b) Angststörungen: 47,5%/57,4% c) Substanzbezogenen Störungen: 25,7%/60,4% d) Somatoformen Störungen: 26,7%/33,7% - Bezüglich der zeitlichen Reihenfolge des Auftretens der Störungen ergab sich, dass: a) Angststörungen häufiger dem Auftreten der Glücksspielsucht vorausgehen b) depressive Störungen eher nach Beginn der Glücksspielproblematik evident sind c) substanzbezogene und somatoforme Störungen etwa gleich häufig vor und nach Beginn des pathologischen Glücksspiels in Erscheinung treten - Bei der Hälfte der Patienten traf die Diagnose (mindestens) einer sicheren oder wahrscheinlichen Persönlichkeitsstörung zu (Achse II-Störung) -ImVergleich zu Alkoholabhängigen zeigte sich bei Glücksspielsüchtigen insgesamt eine weitaus höhere Komorbiditätsrate Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

61 Exkurs: Kinder von pathologischen Glücksspielern - Hayer et al. (2006) - Mitten in der Nacht kam sie dann nach Hause, und ich brauchte ja auch immer meinen Schlaf, und dann hörte ich meine Mutter, wie die mit ihrer blöden Kugel da wieder mit diesem Roulette rumgespielt hat. Weil, das hat ja einen Riesenkrach gemacht [...]. Also mit diesem Roulette hatte sie dann auch immer gespielt, wenn sie kein Geld mehr hatte, und das war jeden Abend dann, und das war dann immer sehr deprimierend, weil meine Mutter dann immer brummte: Jetzt hab ich kein Geld, jetzt habe ich hier heute so eine Glückssträhne und kann nicht losfahren, so ein Mist!. Dann saß sie wirklich da in voller Montur, mit ihrem Kostümchen, so wie sie halt gerade aus dem Kasino Hohensyburg ist, und spielte da auf dem Teppich dieses Ding, da bin ich ausgerastet. Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Zocken Nur etwas für Erwachsene? Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

62 Spielverhalten Jugendlicher in Deutschland (I) - Hurrelmann et al. (2003) - N = Schüler im Alter von Jahren (NRW) 62% gaben an, schon einmal an Glücksspielen teilgenommen zu haben Glücksspielform Lebenszeit-Prävalenz (%) Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen 12-Monats-Prävalenz (%) Rubbellose 36,2 15,9 Kartenspiele um Geld 29,2 16,9 ODDSET-Sportwette 18,1 11,6 Geldspielautomaten 16,9 7,4 Geschicklichkeitsspiele um Geld 16,9 6,7 Würfelspiele um Geld 15,2 7,4 Lotto 6aus49 13,6 6,1 Spielverhalten Jugendlicher in Deutschland (II) - Hurrelmann et al. (2003) - 12-Monats-Prävalenz problematischen Spielverhaltens - 3% (Gesamtstichprobe) bzw. - 9% (aktive Spieler) Risikofaktoren - männlich - Besuch der Hauptschule - Migrationshintergrund - geringe Akzeptanz in der Peer-Gruppe - Häufung von belastenden Lebensereignissen - Konsum psychoaktiver Substanzen - niedrige Selbstwirksamkeitserwartung - Unzufriedenheit mit der eigenen Lebenssituation -... Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

63 ... ein Vorbild aus der Pokerszene... World Series of Poker 2007: Jerry Yang gewann als Sieger des Hauptturniers 8,25 Mio. $ bei einem Einsatz von 225 $... Jerry Yang ist Psychologe und Sozialarbeiter... Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Aus der Sicht eines Betroffenen - vom Ich bin ein wenig verzweifelt. Ich habe vor gut einem Jahr angefangen Poker zu spielen. Erst nur auf Spielgeld-Seiten. Irgendwann bin ich auf einer Seite gelandet, die auch das Spielen um echtes Geld anbietet, und ich dachte mir: Probier s doch einfach mal! Zuerst habe ich 50 Euro eingezahlt, damit ich den angepriesenen Bonus bekommen kann, doch das Geld war schneller weg, als ich gucken konnte [...]. Ich habe irgendwann den Bonus von 50 Euro bekommen, doch leider waren da schon knapp 500 Euro verspielt. So fing leider alles an, und ich zahlte immer mehr ein. Mittlerweile bin ich auch auf einer zweiten Seite angemeldet. Ich habe meine Kreditkarte derzeit mit insgesamt knapp Euro belastet, und ich weiß nicht mehr weiter. Ich verdiene nicht viel, da ich noch Student bin, und ich weiß leider auch nicht, wie ich das abbezahlen soll [...]. Meine Freundin und meine Eltern wissen nichts davon, und dass soll auch so bleiben. Ich will da irgendwie wieder raus aus den Schulden. In letzter Zeit spiele ich auch nur, um mit einem größeren Gewinn die Schulden auszugleichen. Ich weiß, dass das dumm ist, aber es packt mich immer wieder. Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

64 Das Internet als niedrigschwelliges Hilfeangebot Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Selbsthilfegruppen in Deutschland Anzahl der Selbsthilfegruppen Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

65 Präventionskampagne Ich mach das Spiel nicht mit! Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontaktadresse: Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen Institut für Psychologie und Kognitionsforschung Grazerstr Bremen Tel tobha@uni-bremen.de Web: Dipl.-Psych. Tobias Hayer Universität Bremen

66 1 Aufbauschulungen Pathologisches Glücksspielen Auf den kommenden Seiten finden Sie die Präsentationen der bisherigen Aufbauschulungen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 1/1

67 Diagnostik und Differentialdiagnostik bei Pathologischem Glücksspiel Dr. Volker Premper Überblick Ä Historische Entwicklung Ä International gebräuchliche Instrumente Ä Deutschsprachige Instrumente Ä Abgrenzung Problemspielen- Pathologisches Spielen Ä Abgrenzung: Pathologisches Glücksspiel Pathologischer PC-Gebrauch Ä Vorschlag für das praktische Vorgehen im ambulanten Setting Dr. Volker Premper 1

68 Historische Entwicklung Pathologisches Glücksspiel wurde erstmals 1980 in das DSM aufgenommen (DSM III). Der Prozess war wesentlich beeinflusst von den Gamblers Anonymous (GA). Mit der Revision des DSM III 1987 (DSM III-R) wurden die formulierten Kriterien am Abhängigkeitsmodell orientiert. Die diagnostische Einordnung als Abhängigkeitserkrankung wurde jedoch nicht vorgenommen. Die Neuformulierung der Kriterien im DSM IV (1994) stellt eine Kombination der Kriterien des DSM III Und DSM III-R dar. Die nosologische Zuordnung blieb weiterhin strittig. Die begriffliche und konzeptuelle Unklarheit setzte sich fort. Vorherrschend blieb das Verständnis des PG als Sucht Dr. Volker Premper Begriffsverwirrung Problematisches Spielen Risiko-Spielen Zwanghaftes Spielen Gestörtes Spielverhalten Exzessives Spielen Unmäßiges Spielen Wahrscheinlich pathologisches Spielen Freizeit-Spielen Soziales Spielen Pathologisches Spielen Pathologisches Glücksspielen Glücksspielsucht Spielsucht Dr. Volker Premper 2

69 Diagnostik Screeningverfahren SOGS (South Oakes Gambling Screen) Lesieur & Blume (1985) 20 Fragen der Gamblers Anonymus Lie/Bet Questionaire Johnson et al. (1997) MAGS (Massachusets Adolescent Gambling Screen) CPGI (Canadian Problem Gambling Index) Ferris & Wayn (2001) VGS (Victorian Gambling Screen) Ben-Tovim (2001) Dr. Volker Premper Diagnostik Instrumente für die klinische Diagnostik SCIP (Structured Clinical Interview for Pathological Gambling) Blaszczynski et al. (1999) DIGS (Diagnostic Interview for Gambling Severity) Winters et al. (1997) GABS (Gambling Attitudes and Beliefs Survey) Breen & Zuckerman (1999) GESQ (Gambling Self-efficacy Questionnaire) May et al. (2003) Dr. Volker Premper 3

70 Deutschsprachige Messinstrumente Deutsche Übersetzung des zwei Item umfassenden Lie/Bet-Questionaire von Johnsen et al. (1997) - Mussten Sie jemals Menschen, die Ihnen wichtig sind oder waren, wegen des Ausmaßes Ihres Spielverhaltens anlügen? - Haben Sie jemals das Bedürfnis verspürt, mit immer mehr Geld zu spielen? Die 20 Fragen der Gamblers Anonymous Übersetzte Fassung (Schinkel & Hunt, 2000) der South Oaks Gambling Screen (Lesieur & Blume,1987). Die South Oaks Gambling Screen umfasst 16 Items basierend auf dem DSM-III-R. Von Fisher (1999, 2000) entwickelte Glücksspiel-Screen für Jugendliche: DSM-IV- MR-J, deutsch von Schmidt & Kähnert (2003) Dr. Volker Premper Deutschsprachige Messinstrumente CCCC-Questionaire (Petry, 1996) Kurzfragebogen zum Glücksspielverhalten (KFG) (Petry & Baulig, 1996) Schweriner Fragebogen zum Glücksspielen (SFG) (Premper, 2006; Premper et al., 2007) Dr. Volker Premper 4

71 Vier Fragen zum Glücksspielverhalten (CCCC-Questionnaire) 1. Ich kann mit dem Glücksspielen erst aufhören, wenn ich kein Geld mehr habe! 2. Beim Glücksspielen zu verlieren ist für mich eine persönliche Niederlage, die ich wettmachen möchte! 3. Ich denke oft an das Glücksspielen und verspüre dann einen inneren Spieldrang! 4. Zur Geldbeschaffung für das Glücksspielen habe ich schon andere Menschen belogen und betrogen! Dr. Volker Premper CCCC-Questionnaire Ist konstruiert nach dem Vorbild des vier Items umfassenden Cage-Fragebogen zur Diagnostik des Alkoholismus (Mayfield et al., 1974). In Anlehnung an Rosenthal (1989) werden vier glücksspielerspezifische Merkmale (cannot quit, chasing, craving und consequences) erfasst (Petry, 1996). Bei zwei oder mehr positiven Antworten (Cut-off-Point) kann die vorläufige Diagnose pathologisches Glücksspielen gestellt werden. Eine erste Evaluationsstudie zur Bestimmung von Sensitivität und Selektivität ist in Planung Dr. Volker Premper 5

72 Der Kurzragebogen zum Glücksspielen (KFG) Dr. Volker Premper Dr. Volker Premper 6

73 Der Kurzfragebogen zum Glücksspielverhalten (KFG) Der Kurzfragebogen zum Glücksspielverhalten (KFG) von Petry & Baulig (1996) hat im deutsprachigen Raum große Verbreitung gefunden. Er orientiert sich im Wesentlichen an den 20 Fragen der Gamblers Anonymus. Der KFG ist geeignet als Screeningverfahren zur Feststellung des Vorliegens eines beratungs- oder behandlungsbedürftigen Glücksspielverhaltens. Neben der diagnostischen Klärung erlaubt der KFG eine Bestimmung der Schwere der Glücksspielproblematik. Hinsichtlich Validität und Reliabilität kann der Fragebogen als gut abgesichert gelten Dr. Volker Premper Der Kurzfragebogen zum Glücksspielverhalten (KFG) Normiert anhand einer Stichprobe 558 beratener und behandelter Glücksspieler. Der Wertebereich MW +/- eine SD (26 bis 45 Punkte), indem ca. 68% der Fälle lagen bezeichnet eine mittelgradige Glücksspielproblematik für den Wertebereich 46 bis 60 eine fortgeschrittene Glücksspielproblematik, für den Wertebereich von 16 bis 25 Punkten ergibt sich eine beginnende Glücksspielproblematik Als Cut-Off Wert für eine beratungs- oder behandlungsbedürftige Glücksspielproblematik wurde 16 gewählt (MW+1SD nicht pathologischen Bridgespieler) Dr. Volker Premper 7

74 Der Schweriner Fragebogen zum Glücksspielen (SFG) Dr. Volker Premper Dr. Volker Premper 8

75 Enstehungshintergrund Das Glücksspielverhalten wird bei pathologischen Glücksspielern in stationärer Behandlung durch das Setting kontrolliert. Für die Erfassung von Veränderungseffekten durch die erhaltene Behandlung ist Glücksspielfreiheit daher nicht geeignet. Es sollte ein Instrument entwickelt werden, das veränderungssentitiv ist und die kognitive und emotionale Involviertheit in das Glücksspielen unabhängig von der unter Behandlungsbedingungen eingehaltenen Glücksspielabstinenz erfasst. So entstand nach mehreren Probeläufen ein Instrument, dass 15 Items umfasst, wovon 11 auf die DSM-IV-Diagnosekriterien für pathologisches Glücksspiel bezogen sind und vier an den Kurzfragebogen zum Glücksspielverhalten (KFG) von Petry und Baulig (1996) angelehnt sind Dr. Volker Premper Bisherige Befunde 101 Patienten, die in der AHG Klinik Schweriner See mit der Zuweisungsdiagnose Pathologisches Glücksspiel aufgenommen wurden, wurden zu drei Messzeitpunkten mit dem SFG untersucht. Die Eingangsmessung wurde als vorläufige Eichstichprobe gewählt , ,9 5 5,7 SFG prä SFG post SFG kat Dr. Volker Premper 9

76 Abstinenzstatus und Involviertheit in das Glücksspielen Später Rückfällige unterscheiden sich zu allen 3 Messzeitpunkten signifikant von den "Spielfreien" hinsichtlich der "Involviertheit in das Glücksspielen , , , ,4 3,7 SFG prä (p=.002) SFG kat (p=.000) SFG post (p=.015) 2 durchgängig abstinent wieder gespielt Dr. Volker Premper Der Schweriner Fragebogen zum Glücksspielen (SFG) Die auf Basis der vorläufigen Eichstichprobe ermittelten Item- und Testkennwerte sprechen für eine gute Qualität. Die mit dem SFG erhobenen Involviertheit in das Glücksspielen stellt ein von der Diagnose unabhängiges Merkmal dar. Einsatzmöglichkeiten: - Veränderungsmessung und Behandlungsevaluation Die bisherigen Befunde sprechen für eine gute Veränderungssensitivität Dr. Volker Premper 10

77 Abgrenzung: Problemspielen Pathologisches Spielen Dr. Volker Premper Problemspielen Spielverhalten, das die Gefahr negativer Folgen birgt, oder das bereits negative Folgen für den Betroffenen oder sein soziales Umfeld hervorgerufen hat, das jedoch noch keine suchtartige Eigendynamik aufweist. (Bachmann, 1989). Abgrenzung nach Diagnosekriterien: 1 oder 2 Kriterien nach DSM IV sind erfüllt => kein ernsthaftes Spielproblem 3 oder 4 Kriterien nach DSM IV sind erfüllt => Problemspielen 5 oder mehr Kriterien nach DSM IV sind erfüllt => Pathologisches Spielen Dr. Volker Premper 11

78 Problemspielen Vier Merkmale Wenn sich das Lebens- und Erlebensspektrum zunehmend auf das Spielen einengt. Wenn mehr verspielt wird, als es der finanziellen Situation des Betreffenden entspricht (mehr als 20% des verfügbaren Nettoeinkommens). Wenn damit begonnen wird, das Ausmaß des Spielens zu verheimlichen und im Zusammenhang mit dem Spielen Lügen gebraucht werden. Wenn damit begonnen wird, das Spielen zu verwenden, um Problemen und Konflikten auszuweichen Dr. Volker Premper Kriterien nach DSM IV 1. Starkes Eingenommensein vom Glücksspiel 2. Immer höhere Einsätze, um die gewünschte Wirkung zu erreichen. 3. Erfolglose Versuche, das Spielen zu kontrollieren. 4. Unruhig und gereizt beim Versuch, das Spielen einzuschränken oder aufzugeben. 5. Spielt, um Problemen o. neg. Gefühlen zu entkommen. 6. Spielen, um Verluste auszugleichen ("hinterherjagen"). 7. Belügen von Angehörigen, vertuschen des Spielens. 8. Illegale Handlungen, um das Spielen zu finanzieren. 9. Wichtige Beziehungen oder der Arbeitsplatz wurden wegen des Spielens gefährdet oder verloren. 10. Verlässt sich darauf, dass andere ihm Geld breitstellen Dr. Volker Premper 12

79 Kriterien nach ICD-10 F63.0 pathologisches Spielen: häufiges wiederholtes episodenhaftes Glücksspiel, beherrscht die Lebensführung, führt zum Verfall der sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werte. Beruf und Anstellung wird aufs Spiel gesetzt. hohe Schulden, lügen, ungesetzliches Handeln, um an Geld zu kommen oder um die Bezahlung von Schulden zu umgehen. ein intensiver, kaum kontrollierbarer Drang zum Glücksspiel, gedankliche und bildliche Beschäftigung mit dem Glücksspiel und seinen Begleitumständen. Die gedankliche Beschäftigung und die Drangzustände verstärken sich häufig in belastenden Lebenssituationen Dr. Volker Premper Wenn Spielen pathologisch wird Ä Wunsch nach Verlassen der Realität und Vergessen von Problemen Ä Vermeiden negativer Emotionen Ä Kompensatorisches Ausleben von Macht- und Kontrollbedürfnissen Ä klassisch konditionierte Reize und Sensitivierung Ä Fehleinschätzungen von Wahrscheinlichkeiten und des Spielgeschehens Ä Kontrollillusion, magisches Denken Dr. Volker Premper 13

80 Glückspielbezogene Vulnerabilität Erhöhte Impulsivität Negativer Selbstwert Defizitäre Konfliktbewältigungsstrategien Psychische Komorbidität Angststörungen Depression Persönlichkeitsstörungen (Cluster B u. C) Substanzbezogene Störungen Dr. Volker Premper Suchtpotenzial von Glücksspielangeboten Das Spielgeschehen besteht aus einer Mischung von Zufall und persönlicher Kompetenz Ä Suggestion der persönlichen Kompetenz (aktive Einbeziehung erzeugt das Gefühl der Einflussnahme auf das Spielergebnis) Ä Hohe Ereignisfrequenz - kurze Spieldauer, schnelle Ergebnisse Ä Unregelmäßige Abfolge von mehreren Verlusten und einzelnen Gewinnen (Intermittierende Verstärkung) Ä Beinahe- Gewinne Ä Vielfältige Einsatz- und Gewinnstruktur Ä Spezifische Reizkonstellation, die "Gefangennahme" fördert als Hinweisreiz und als Belohnung) Dr. Volker Premper 14

81 Gesellschaftliches Umfeld Einstellung der Gesellschaft Verfügbarkeit, Griffnähe der Glücksspielangebote Vielfältigkeit des Glückspielangebotes ( Kleines Glückspiel ) Konsumorientierte Gesellschaft - Geld als Symbol für Macht, Erfolg, Prestige... Glückspiel als Freizeitvergnügen Dr. Volker Premper Abgrenzung: Pathologisches Spielen Pathologischer PC-Gebrauch Dr. Volker Premper 15

82 Pathologischer PC-Gebrauch Exzessiver PC-Gebrauch mit Vernachlässigung anderer Lebensbereiche und nachteiligen Folgen für den Betroffenen oder sein soziales Umfeld. Drei Unterformen Gaming (meist MMORG) Chatting Surfing/ Nutzung von Erotik-Angeboten DD: Nutzung von Glücksspielangeboten im Internet Dr. Volker Premper Pathologischer PC-Gebrauch Diagnostische Einordnung derzeit unspezifisch als Störung der Impulskontrolle (ICD 10: F63.8) Die Verhaltensstörung zeichnet sich durch wiederholte Handlungen aus, die nicht kontrolliert werden können und die die Interessen der betroffenen Person oder anderer Menschen schädigen. Die betroffene Person kann den Impulsen, das pathologische Verhalten auszuüben, nicht widerstehen. Nach einer vorausgegangenen Periode der Anspannung erfolgt während des Handlungsablaufes ein Gefühl der Erleichterung Dr. Volker Premper 16

83 Pathologischer PC-Gebrauch Als diagnostische Kriterien im engeren Sinne werden von Schuler (2008) unter anderem vorgeschlagen: Exzessiver PC-Gebrauch mit mehr als 30Std./Woche (schul- oder berufsfremd). Immersionserleben (Focussierung auf das virtuelle Erleben bei gleichzeitigem zurücktreten der Realität im Bewusstsein des PC Nutzers). Dysfunktionale Suche nach Anerkennung, Kontrollerleben, Macht- und Erfolgsgefühlen Dr. Volker Premper Pathologischer PC-Gebrauch Bei einem Verständnis des pathologischen PC-Gebrauches als Störung des zwischenmenschlichen Beziehungsverhaltens ist das Krankheitsbild als Persönlichkeits- und Verhaltensstörung zu klassifizieren. (ICD: F68.8) Petry, J. (2009) präferiert die Einordnung als Persönlichkeits- und Verhaltensstörung (ICD: F68.8). Grüsser, S. & Thalemann, C. (2006) konzeptualisieren den exzessiven PC-Gebrauch als Sucht. Gleichwohl werden die ätiologischen Annahmen primär als Entwicklungsstörung hinsichtlich Gefühls- und Stressregulation beschrieben Dr. Volker Premper 17

84 Vorschlag für das praktisches Vorgehen I Klienten, bei denen der Eindruck entsteht, das Spielverhalten könnte problematisch sein: Offene Exploration des aktuellen Glücksspielverhaltens und angrenzender Problembereiche Lie/Bet-Questionaire CCCC Questionaire Die 20 Fragen der Gamblers Anonymous Kurzfragebogen zum Glückspielverhalten (KFG) Dr. Volker Premper Vorschlag für das praktisches Vorgehen II Klienten, bei denen das Spielverhalten ausdrückliches Beratungsthema ist: Offene Exploration des aktuellen Glücksspielverhaltens und angrenzender Problembereiche Glücksspielanamnese Kurzfragebogen zum Glückspielverhalten (KFG) Schweriner Fragebogen zum Glücksspielen (SFG) Dr. Volker Premper 18

85 Vorschlag für das praktisches Vorgehen III Klienten, bei denen der Eindruck entsteht, die Computernutzung könnte problematisch sein: Offene Exploration der aktuellen Gewohnheiten der Computernutzung und angrenzender Problembereiche Anamnese der Computernutzung Kurzfragebogen zum PC-Gebrauch (KPC) Dr. Volker Premper Schwerpunkte im ambulanten Setting Wecken von Problembewusstsein Aufbau von Veränderungsmotivation Rekonstruktion der Problemgeschichte. Verdeutlichen der Folgen des Spielens. Finanzielle Bestandsaufnahme. Klären der Auslöser. Identifizieren von aufrechterhaltenden Bedingungen. Hilfe dabei, eigene Stärken im Umgang mit Risikosituationen zu erkennen. Hilfe dabei, Pläne für die Umsetzung persönlicher Strategien zum Umgang mit Risikosituationen zu entwickeln Aufbau von sozialer Unterstützung für Alternativverhalten Dr. Volker Premper 19

86 Beachten: Aufgaben im ambulanten Setting Gründliche Anamneseerhebung (Vorbehandlungen, Vorerkrankungen) Komorbide Substanzabhängigkeit? Verbale Nebelkerzen Überengagement Sich heiß reden Demonstrative Hilflosigkeit In welchem Stadium der Veränderungsmotivation befindet sich der Klient? Hausaufgaben Dr. Volker Premper Grundzüge des Motivational Interviewing 1. Empathie zeigen durch Aktives Zuhören. 2. Diskrepanzen zwischen den Zielen und Werten des Pat. und seinem aktuellen Verhalten herausarbeiten. 3. Veränderungsskeptische Haltung einnehmen um komplementär Veränderungsbereitschaft hervorzurufen. 4. Den Patienten dazu bewegen Zweifel und Unsicherheiten selbst auszusprechen. 5. Selbstmotivierende Sprache (SMS) fördern. 6. Vermeiden von Argumentieren und direkter Konfrontation. 7. Mit dem Widerstand gehen, anstatt direkt dagegen anzugehen. 8. Selbstwirksamkeit und Optimismus unterstützen Dr. Volker Premper 20

87 Schlussfolgerungen Dem rechtzeitigen Erkennen von problematischem oder pathologischen Spielverhalten kommt hohe Bedeutung zu, um die negativen Folgen des Spielverhaltens zu begrenzen oder zu verhindern. Eine gründliche Exploration des Glücksspielverhaltens und angrenzender Problembereiche ist die Basis für die Entwicklung von Problemeinsicht. Screening-Instrumente können unterstützend eingesetzt werden Kurzfristige motivierende, nicht konfrontative Interventionen haben eine gute Wirksamkeit Dr. Volker Premper Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dr. Volker Premper 21

88 Komorbidität bei Pathologischem Glücksspiel Dr. Volker Premper Überblick Ä Modelle der Komorbidität Ä Befundlage Ä Untersuchung an der KSS Ä Erkennen komorbider Störungen Ä Behandlungsansätze Ä Konsequenzen für die beraterische und therapeutische Praxis Dr. Volker Premper 1

89 Überblick Ä Modelle der Komorbidität Ä Befundlage Ä Untersuchung an der KSS Ä Erkennen komorbider Störungen Ä Behandlungsansätze Ä Konsequenzen für die beraterische und therapeutische Praxis Dr. Volker Premper Modelle der Komorbidität Zufallsmodell: Zwei oder mehr Störungen treten unabhängig von einander bei einer Person auf. Weder bei gleichzeitigem, noch bei zeitlich aufeinander folgendem Auftreten beider Störungen besteht ein irgendwie gearteter Zusammenhang. Kausalmodell: Eine Störung die ursächliche Voraussetzung für das Auftreten der anderen Störung. Ein einfaches Beispiel ist das Auftreten spezifischer neurologischer Ausfallerscheinungen in Folge einer umschriebenen Hirnläsion. Risikofaktormodell: Hier wird angenommen, dass das Vorliegen einer bestimmten Indexerkrankung die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer anderen Erkrankung erhöht Dr. Volker Premper 2

90 Modelle der Komorbidität Phänomenologisches Modell: Es besteht eine gemeinsame Ursache für beide Störungen, sie sind also Ausdruck eines anderen zu Grunde liegenden Geschehens oder Erkrankung. Interaktionales Modell: Hier wird angenommen, dass sich mehrere Störungen wechselseitig (meist ungünstig) beeinflussen. Unterformen interaktionaler Komorbiditätsmodelle: - Selbstmedikationsmodell - Exazerbationsmodell - Suchtfolgemodell - Mischmodelle Dr. Volker Premper Überblick Ä Modelle der Komorbidität Ä Befundlage Ä Untersuchung an der KSS Ä Erkennen komorbider Störungen Ä Behandlungsansätze Ä Konsequenzen für die beraterische und therapeutische Praxis Dr. Volker Premper 3

91 Komorbidität bei pathologischem Glücksspiel Befundlage Substanzbezogene Störungen Ramirez et al. (1983): 51 pathologischen Spielern in einem Behandlungsprogramm; 39 % Alkohol- oder Drogenmissbrauch in der Zwölfmonatsperspektive, in der Lifetime- Perspektive 47%. Lesieur & Blume (1991): Glückspieler in Behandlungsprogrammen; 80% Substanzabhängigkeiten Denzer, Petry, Baulig & Volker (2003): 558 Glücksspieler, die sich in Beratung oder Behandlung befanden; 18,5% Akoholabhängigkeit. Insgesamt wiesen 27,6% eine weitere Abhängigkeit auf. Glücksspieler, die sich in ambulanter Behandlung oder Beratung befanden (N=356) wiesen seltener eine komorbide Alkoholabhängigkeit auf (12,6%) als die in stationärer Behandlung (N=202, 28,7% Alkoholabhängige) Dr. Volker Premper Komorbidität bei pathologischem Glücksspiel Befundlage Depressive Störungen Renny (1997): 62 pathologische Spieler, die sich einer Behandlung unterzogen hatten; 70% depressive Störungen. Crockford & el-guebaly (1998) Metaanalyse: In drei Studien erfüllten etwa 75% der pathologischen Spieler die Kriterien für eine depressive Episode (Ramirez et al., 1983, McCromnick et al. 1984, Linden et al., 1986, Taber et al., 1987). Rahman (2000): 28 pathologische Glücksspieler durch Zeitungsannonce aquiriert; 28,6% der Probanden wiesen ein dysthymes Syndrom auf, 50% ein schweres depressives Syndrom und 21,4% ein cyclothymes Syndrom Dr. Volker Premper 4

92 Angststörungen Komorbidität bei pathologischem Glücksspiel Befundlage Crockford & el-guebaly (1998) Metananlyse: drei Studien berichten von einer erhöhten Rate von Angststörungen (Mc Cormick et. al, 1984; Linden, 1986; Bland et al., 1993) Die Prävalenzraten lagen zwischen 12,5% und 28%. Rahman (2000) fand bei 17,9% der Probanden eine Panikstörung, bei 7,1% eine Agoraphobie, bei 39,3% eine Sozialphobie, bei 14,3% eine spezifische Phobie und bei 32,1% eine generalisierte Angststörung Dr. Volker Premper Komorbidität bei pathologischem Glücksspiel Befundlage Persönlichkeitsstörungen Blaszczynski et al. (1989): 82 Glücksspieler, die sich in einem Spielerbehandlungszentrum befanden. 93% erfüllten die diagnostischen Kriterien für zumindest eine Persönlichkeitsstörung, der Durchschnitt lag bei 4,4 Störungen pro Patient. A häufigsten Cluster B Persönlichkeitsstörungen (dramatisch, emotional). Ibanes et al. (2001): 69 stationär behandelten Patienten mit pathologischem Glücksspiel zu 14,5% eine antisoziale Persönlichkeitsstörung und zu 27,5% andere PS. Moore & Jadlos (2002): 100 pathologische Glücksspieler des US- Bundesstaates Oregon. 6,6% wiesen eine Persönlichkeitsstörung auf, wobei diese bei 5,3% bereits vor Beginn des Glücksspielens vorlag und bei 1,3% in der Folge auftrat Dr. Volker Premper 5

93 Überblick Ä Modelle der Komorbidität Ä Befundlage Ä Untersuchung an der KSS Ä Erkennen komorbider Störungen Ä Behandlungsansätze Ä Konsequenzen für die beraterische und therapeutische Praxis Dr. Volker Premper Komorbide psychische Diagnosen (Achse I) Eine oder mehr komorbide Störungen (N=101) Lebenszeitprävalenz: 91,1% Zwölfmonatsprävalenz: 84,2% Komorbide Diagnosen Zwölfmonatsprävalenz E ine oder m ehr substanzbezogene Störungen (ohne F 17) N % O R F1x.x 26 25,7 E ine oder m ehr affektive Störungen E ine oder m ehr A ngststörungen F3x.x 52 51,5 4,6 F40/ ,5 2,9 Somatoforme Störungen F45.x 27 26,7 7, Dr. Volker Premper 6

94 Zeitliche Reihenfolge des Auftretens der Störungen Eine oder mehrere psychische Störungen vor Beginn des Glücksspielens: 70,3% Eine oder mehrere psychische Störungen nach Beginn des Glücksspielens: 63,4% Zeitgleiches Auftreten einer psychischen Störung mit Beginn des Glücksspielens: 14,9% vor Beginn des Glücksspielens nach Beginn des Glücksspielens Angststörungen 76,9% 15,2% Dr. Volker Premper Affektive Störungen 30,3% 60,6% Komorbide Persönlichkeitsstörungen (Achse II) Sichere Persönlichkeitsstörung: 28 (27,7%) OR= 1,8 Sichere o. wahrsch. Persönlichkeitsstörung: 51 (50,5%) OR= 2,0 P e r sö n lich k e itsstör u n g e n n a c h C luster n S ich e re D ia g n o se N = 3 0 S ich. o. w a h rsc h. D iag n o se N = 8 7 N % N % C luster A (son d e r b a r, e x z e n trisc h ) C luster B (em o tion a l, d r a m a tisc h ) C luster C (än g stlich, fur c h tsam ) N ich t n ä h e r b e z e ich n e te P S 2 6, , , , , , , , Dr. Volker Premper 7

95 Typologische Klassifizierung Die mittels einer Clusteranalyse gefundene Zuordnung der Patienten zu drei Clustern legt folgende Interpretationen nahe: Cluster 1: Defensiv-leidende Glücksspieler N=51 (50,5%) Personen mit einer defensiven" Persönlichkeitsstörung und hoher Achse I Komorbidität bei mittlerer Ausprägung der Schwere der Glücksspielsucht. Cluster 2: Reine Glücksspieler N=29 (28,7%) Personen ohne Persönlichkeitsstörungen mit geringer Achse I Komorbidität bei niedriger Ausprägung der Schwere der Glücksspielsucht. Cluster 3: Expansiv-leidende Glücksspieler N=18 (17,8%) Personen mit einer expansiven" Persönlichkeitsstörung und mittelgradiger Achse I Komorbidität bei hoher Ausprägung der Schwere der Glücksspielsucht Dr. Volker Premper Abstinenzstatus und Komorbidität Vorliegen einer komorbiden psychischen Störung => kein signifikanter Zusammenhang. Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung => kein signifikanter Zusammenhang Vorliegen einer Angststörung in der Zwölfmonatsprävalenz => Rückfallhäufigkeit signifikant erhöht (p=.011) Dr. Volker Premper 8

96 Abstinenzstatus (DGSS IV) und Spielertyp 52% 51,70% 51% 50% 50,00% 49% 48% 47% 46% 45% 45% Anteil durchgehend Spielfreier 44% 43% 42% 41% Devensiv- Leidend Reiner Spieler Offensiv- Leidend Dr. Volker Premper Überblick Ä Modelle der Komorbidität Ä Befundlage Ä Untersuchung an der KSS Ä Erkennen komorbider Störungen Ä Behandlungsansätze Ä Konsequenzen für die beraterische und therapeutische Praxis Dr. Volker Premper 9

97 Erkennen komorbider Störungen Gezielte Exploration Leiden Sie noch unter anderen (psychischen) Beschwerden? Seit wann bestehen diese Beschwerden? Wann traten Sie zum ersten mal auf? Veränderten sich die Beschwerden im Laufe der Zeit? Was löst aktuell die Beschwerden aus, oder verschlimmert sie? Was haben Sie unternommen, um mit diesen Beschwerden zurecht zu kommen? Waren Sie wegen der Beschwerden in Behandlung? Beeinflussten diese Beschwerden Ihr Glücksspielen? Dr. Volker Premper Erkennen komorbider Störungen Fragen zur Funktionalität Beeinflussten diese Beschwerden Ihren Lebensstil? Wenn ja, wie? Beeinflussten diese Beschwerden Ihren Umgang mit anderen Menschen (Partner, Kollegen, Freunde, Helfer, andere)? Wie reagierten andere Menschen auf die Beschwerden? Wie reagierten andere Menschen auf Veränderungen, die sie bei Ihnen wahrnahmen? Was verhindert es, dass sich die Beschwerden bessern oder ganz verschwinden? Was wäre notwendig, damit sich die Beschwerden bessern oder ganz verschwinden? Wie haben Sie manchmal den Eindruck, dass die Beschwerden auf eine indirekte versteckte Weise etwas Positives für Sie haben? Dr. Volker Premper 10

98 Erkennen komorbider Störungen Einsatz von Screening- Instrumenten Dr. Volker Premper Dr. Volker Premper 11

99 Erkennen komorbider Störungen Einsatz von Screening- Instrumenten Depression: Becksches Depressionsinventar (BDI) IDS (Hautzinger, 2003) Angststörungen: AKV Persönlichkeitsstörungen: IPDE oder SKID II Screeningfragebögen Dr. Volker Premper Überblick Ä Modelle der Komorbidität Ä Befundlage Ä Untersuchung an der KSS Ä Erkennen komorbider Störungen Ä Behandlungsansätze Ä Konsequenzen für die beraterische und therapeutische Praxis Dr. Volker Premper 12

100 Behandlungsansätze Substanzbezogene Störungen: Informationsvermittlung/ Motivierung Verhaltensdiagnostik Kognitive Umstrukturierung Rückfallprophylaxe Expositionsübungen Angehörigenarbeit Berufliche u. soziale Reintegration Vorbereitung der Nachsorge/Weiterbehandlung Permanente Motivierung Dr. Volker Premper Behandlungsansätze Depressive Störungen: Gründliche Diagnostik und Diagnosestellung Einschätzung des Suizid-Risikos (u.u. mehrfach) Problem- und Verhaltensanalyse Vermittlung des therapeutischen Modells Aktivitätsaufbau Veränderung von Kognitionen Förderung von sozialer Kompetenz und Gefühlsausdruck Kontrolle des Ansprechverhaltens (Verlaufserhebung, Veränderungsmessungen) Erhaltungstherapie Dr. Volker Premper 13

101 Behandlungsansätze Angststörungen: Umfassende Diagnostik und Differentialdiagnostik Problem- und Verhaltensanalyse Klärung der Funktionalitäten Vermittlung eines individuellen Störungsmodelles Veränderung angstbezogener Kognitionen Expositionsübungen Bearbeitung der Hintergrundproblematik Dr. Volker Premper Behandlungsansätze Persönlichkeitsstörungen: Gründliche Diagnostik und Differentialdiagnostik Transparenz, angemessene Sprache Positivierung: problematisches Verhalten als verstehbarer Anpassungsversuch Erkennen dysfunktionaler Kognitionen und sich daraus ergebender Interaktionsprobleme Ermutigung zum Akzeptieren der eigenen Besonderheiten Übungen zum Interaktionsverhalten und zur sozialen Wahrnehmung Therapeutischer Dreisatz Dr. Volker Premper 14

102 Konsequenzen für die beraterische/therapeutische Praxis Auf das Vorliegen möglicher komorbider Störungen muss ausdrücklich geachtet werden. Die Motivation zur Behandlung komorbider Störungen sollte aufgebaut werden, bei substanzbezogenen Störungen ist auf Abstinenz hinzuwirken. Bei Vorliegen einer Angststörung ist das Rückfallrisiko besonders hoch. Depressive Krisen können sich schnell zuspitzen, insbesondere auf mögliche Suizidalität ist zu achten. Eine Verbesserung der Gefühlsregulation, insbesondere der Umgang mit negativ getönten Emotionen, sollte wesentlicher Bestandteil der Behandlung sein. Eine spezifische Behandlung der komorbiden Störungen sollte Teil des Gesamtbehandlungsplanes sein Dr. Volker Premper Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Dr. Volker Premper 15

103 Glücksspieler in Beratung und Behandlung wie zocken Spieler mit ihren Beratern? Dr. med. Dipl.-Psych. Heike Hinz Chefärztin der AHG Kliniken Wigbertshöhe/Richelsdorf Glücksspiel (Gambling) Spiel (Playing) Ziel: Geldgewinn Beschäftigung, Spaß, Glück Konfliktkompensation Regression Funktionslust Vorr.: hohe Zufallskomponente geringer Kompetenzanteil Beeinflussbarkeit 2

104 Phasenverlauf der Glücksspielsucht 1. Gewinnphase Geld 2. Verlustphase Geldverlust magisches Erleben Macht, Überlegenheit, Kontrolle, Traum vom grenzenlosem Reichtum Ärger, Verwirrung, Ängstlichkeit Verlust von Prestige, Macht, Selbstwert 3. Verzweiflungsphase Schulden Aufholjagd vertreibt Depressionen submanische Euphorie, Lügen, Familie verschuldet sich (co-abhängig), Verlust soz. Bezüge, Kriminalität 4. Aufgabephase Zusammenbruch Hoffnungslosigkeit Suizidgefahr Therapiebereitschaft 3 Glücksspielabhängige - wählen Hochrisikosituationen - ändern diese Taktik auch nicht bei Verlusten Glücksspielabhängige - zocken in der alltäglichen Kommunikation 4

105 Serotonin Dopamin Endorphine basales Wohlgefühl Fast-Gewinn-Situation Thrill > > > > > > > > > > > > > > 5 Der Neurotransmitter Serotonin Serotonin ist ein Stoff, der für eine positive allgemeine Stimmungslage wichtig ist. Ein Serotonon-Defizit führt zu einer depressiv-ängstlichen Stimmung und im weiteren Lebensweg zu erhöhter Aggressivität. Ein Serotonin-Defizit bedeutet - verminderte Motivation, - schlechtere Lernprozesse, - ein Gefühl der allgemeinen Bedrohung und Unsicherheit Bei Menschen macht für die Höhe des Serotoninspiegels der genetische Faktor etwa 35% aus, soziale Faktoren spielen also eine große Rolle. Gesellschaftliche Ablehnung und Etikettierung kann zur Isolation führen und Damit zur Serotoninverminderung. 6

106 Der Neurotransmitter Dopamin Dopamin als Belohnungsstoff ist entwicklungsgeschichtlich alt und reguliert lebensnotwendige Reize. Stimulierung der Dopaminfreisetzung ruft ein angenehmes Gefühl der Leistungsfähigkeit und des Erfolgreichseins hervor. Dies ist ein sehr begehrenswerter Zustand. Das Gefühl motiviert zur Wiederholung. Das System wird durch Wiederholung immer empfindlicher. Selbst kleine Reize provozieren ein Verlangen und bewirken eine verminderte Kontrolle. 7 Serotonin Dopamin Endorphine basales Wohlgefühl Fast-Gewinn-Situation Thrill > > > > > > > > > > > > > > 8

107 Ziel und Inhalt der Therapie - Vermeiden dopaminerger Belohnung - Suchen serotonerger Situationen Weg - Klare Rahmenbedingungen - Information - Hinweis durch Mitmenschen im Alltag - Übungen - Selbstbeachtung 9 Suchtcharakter des pathologischen Glücksspiels Suchtmittel Dosissteigerung Kontrollverlust Suchtdruck (Craving) Abstinenz Rückfall Suchtbedingte Persönlichkeitsänderung Geld (Anreiz mit Aufforderungscharakter) Höhe und Häufigkeit des Einsatzes steigt vom Willen und Gewöhnung unabhängiger Mechanismus Ruhelosigkeit, Reizbarkeit, Depression, unangenehme psychische und körperliche Reaktion, Konzentrationsstörungen, zwanghafte Gedanken, Langeweile, innere Leere im Entzug, keine anderen Interessen keine Rückkehr zu gelegentlichem Glücksspiel möglich erneutes Spielen auch nach langer Zeit führt zurück in die Sucht z.b. Abnahme der Realitätsprüfung, der Frustrationstoleranz,Verleugnung, Projektion, Schuldverlagerung, Enthemmung, bis zur Dissozialität 10

108 Behandlung der Glücksspielsucht 1. Abstinenz als Voraussetzung für Veränderung und alternative Lösungen 2. Entwickeln von Abstinenzfähigkeit Aushalten unangenehmer emotionaler Zustände höhere Affekttoleranz Stärkung des Selbstbewusstsein Stärkung der Beziehungsfähigkeit 3. Erarbeiten von dauerhafter Abstinenzmotivation 11 Behandlung der Glücksspielsucht 4. Diagnostik der zugrunde liegenden Problematik und Aufdecken von Kompetenzen 5. Psychotherapeutische Aufarbeitung der primären Störung und Nutzen der Kompetenzen 12

109 Sinn und Ziel des Glücksspiels in Abhängigkeit von der Persönlichkeit des Glücksspielers narzisstische Struktur Erfolg Macht Bedeutung Überlegenheit Kontrolle Erregung depressive Struktur Bewältigung von Frustration Flucht vor Lebensproblemen soziale Kontakte Beziehungen Zeit füllen Entspannung 13 Behandlung der Glücksspielsucht 6. Geldmanagement und Erarbeiten einer angemessener Haltung zum Geld Achtung: - Geld ist primäres Suchtmittel und Glücksversprechen - Gefahr der Erschließung neuer Geldquellen und Externalisierung (Co abhängiges Verhalten ) - Selbstkontrollmaßnahmen und Rückzahlungen initiieren 14

110 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 15

111 2 Schnittstelle Schuldnerberatung 2.1 Wissenswertes über Schuldner- und Insolvenzberater R. Mesch (abgedruckt mit freundlicher Genehmigung von Im Fernsehen sind sie die Super-Daddies der Nation, stehen im Scheinwerferlicht des Reichstags, kommen spontan zum Hausbesuch, begleiten bei unangenehmen Bank- oder Behördengesprächen, finden einen Käufer für eine Bauruine, werden von den Schuldnern zur Konfirmation deren Kinder eingeladen und schenken ihnen dicke Sparschweine Leider erleben wir das aber nur in der schönen neuen Welt der Doku-Soaps, die mit der Realität wenig zu tun hat. Der Alltag der Schuldnerberater und Schuldnerberaterinnen (im Folgenden wird aus Vereinfachungsgründen nur die männliche Schreibweise verwendet), welche auch im Rahmen der Verbraucherinsolvenz tätig werden können, ist wesentlich unspektakulärer. Sie sind primär Schreibtischtäter, zu Hausbesuchen (die zu umfassenden Einblicken in die Lebenswelt der betreuten Schuldner manchmal durchaus sinnvoll sein könnten) haben sie nur in Ausnahmefällen Zeit. Schuldnerberater sind in der Regel bei kommunalen Arbeitgebern oder Wohlfahrtsverbänden angestellt, vereinzelt auch bei Verbraucherzentralen oder anderen gemeinnützigen Organisationen. Man schätzt, dass gegenwärtig ca spezialisierte Schuldnerberatungsstellen bundesweit existieren. Wer dort nachfragt, muss in der Regel mit Wartezeiten von mehreren Wochen oder gar Monaten rechnen (außer es handelt sich um akute Krisensituationen wie Kontopfändungen oder Mietkündigungen bzw. Stromsperren, angedrohte Zwangsräumungen, Suizidversuche etc.). In der Regel sind diese Einrichtungen kostenlos. Mit diesem Merkmal grenzen sich auch seriös arbeitende Stellen gegenüber kommerziellen Anbietern ab, welche vielfach nur das Geschäft mit der Armut im Sinn haben und großspurig mit Anzeigen in Wochenblättern und Werbezeitschriften ihre Dienste als Insolvenz-Helfer oder Schuldenverwalter anbieten. Leider ist die Berufsbezeichnung Schuldnerberater oder gar Insolvenzberater nicht rechtlich geschützt. War bis vor einigen Jahren die Trennlinie zwischen guter Beratung und geschäftstüchtiger Abzocke noch leicht zu ziehen, so hat sich die Angebotspalette auf diesem Markt durch das Auftreten ehemals abhängig beschäftigter Schuldnerberater weiter differenziert, welche nunmehr selbständig im Bereich der Insolvenzberatung gegen Entgelt Dienstleistungen offerieren. Schuldnerberatung ist eine noch recht junge Profession, die erste Stelle dieser Art wurde vor 30 Jahren geschaffen. Seit vielen Jahren sind bereits Bestrebungen der Wohlfahrtsverbände im Gange, ein einheitliches Berufsbild zu konzipieren. Auch gibt es bereits detaillierte Funktions- und Tätigkeitsbeschreibungen, bezüglich mancher Einzelfragen fehlt allerdings noch der notwendige Konsens. Schuldnerberatung hat sich als Arbeitsfeld der sozialen Arbeit etabliert. Dort wurde erstmals in den 1970er Jahren Verschuldung als gesellschaftliches Problem erkannt und in der Öffentlichkeit thematisiert. Die sprunghafte damalige Vergabe von Verbraucherkrediten und erste wirtschaftliche Krisensituationen mit beginnender Arbeitslosigkeit führten erstmals zu dem (heutzutage schon als gesellschaftsfähig angesehenen) Phänomen der Dauer-Überschuldung weiter Bevölkerungskreise. Alsbald setzte ein Boom in Ausbau der Schuldnerberatung ein, welcher allerdings trotz der bis vor wenigen Jahren stark zunehmender Arbeitslosenquote derzeit wieder leicht rückläufig ist. Schuldnerberatung als Arbeitsfeld der sozialen Arbeit setzt i.d.r. als Grundausbildung ein Studium der Sozialpädagogik voraus. Einige Schuldnerberater kommen aber auch aus anderen Berufsfeldern (Juristen, Kaufleute, Ökotrophologen) oder verfügen gar über eine Doppelausbildung. Aus Sicht der Sozialarbeit ist bei Verschuldung eine ganzheitliche Sichtweise notwendig, welche sich nicht ausschließlich auf die Regulierung der finanziellen Fragen richten sollte. Man geht davon aus, dass Verschul- PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/1

112 dung häufig weitere Probleme verursacht (z.b. in der Ehe, am Arbeitsplatz, bei der Teilnahme am kulturellen Leben) und gravierende Selbstwert- und Statusprobleme zur Folge haben kann. Der von den Gläubigern bei der Forderungsbeitreibung ausgeübte Druck sowie die Konfrontation mit gerichtlichen Schreiben lösen zusätzlich stark belastende Verunsicherungen und Ängste bei Schuldnern aus. Schuldnerberatung bedarf zur sozialpädagogischen Grundausbildung einer Vielzahl von juristischen und kaufmännischen Zusatzkenntnissen. Allerdings gibt es derzeit weder eine geregelte Ausbildungsordnung noch ein einheitliches Fortbildungskonzept. Auch sind die einzelnen Beratungsstellen personell unterschiedlich ausgestattet. Während z.b. im Flächenstaat Bayern viele kleine 1- oder 2- Personen-Einrichtungen dominieren, gibt es im dicht besiedelten NRW mehrere große Beratungsstellen mit Angeboten zu Prävention, Online-Beratung oder Ehrenamtlichen-Einsatz. Die finanzielle Förderung für den Bereich Schuldnerberatung wird über die jeweiligen Kommunen in Form einer Pauschalfinanzierung oder per Einzelfallabrechnung gewährleistet. Für die Finanzierung der Insolvenzberatung hingegen sind die jeweiligen Länderhaushalte zuständig, deren Fördersysteme entsprechend uneinheitlich sind. Die einzelnen Bundesländer legen auch die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Insolvenzberatungsstelle fest. Meist wird eine bisherige dreijährige Berufserfahrung vorausgesetzt sowie die Sicherstellung einer juristischen Begleitung. Die Aufgabenstellung der Insolvenzberatungsstellen liegt in der Hilfe bei der Durchführung des außergerichtlichen Einigungsversuches und bei der Antragstellung. Einen wesentlichen Teil der Schuldnerberatung nimmt (unabhängig von der evtl. später notwendigen Einleitung eines Insolvenzverfahrens) bereits am Anfang die Budgetanalyse ein, d.h. die monatlichen Einnahmen und Ausgaben des Schuldners werden gegenüber gestellt und der zum Lebensunterhalt verbleibende Teil ermittelt. Ziel dieser Erhebung ist es, erkennen zu können, wie (un)ausgewogen dieser Haushalt ist, welche möglichen Schwachstellen er hat (z.b. unsinnige Versicherungsverhältnisse, hohe Ausgaben für Rauchen, teure Extras ) und wie es bei dieser Konstellation überhaupt um die Rückzahlungsfähigkeit bestellt ist. Dem Schuldner, der häufig diverse Kleinstratenzahlungen vereinbart (und dann doch nicht einhalten kann), soll hierbei realistisch aufgezeigt werden, wie es um seine tatsächlichen Möglichkeiten steht. Dies kann im Einzelfall für den Betroffenen ernüchternd, aber auch entlastend sein (z.b. wenn auch ein Außenstehender anerkennt, dass bei Bezug von ALG II i.d.r. keine Kreditraten mehr zurückgeführt werden können und müssen). Wenn keine Rücklagen mehr bestehen (oder durch Nachhaken des Beraters entdeckt werden), Einsparpotentiale bereits ausgeschöpft sind oder keine Einkommenssteigerung durch einen Nebenjob möglich ist, bleibt oft die bittere Erkenntnis, dass ein ständiges Löcher-Stopfen wie bisher nicht weiterhilft. Haben Schuldner langfristig über ihre Verhältnisse gelebt, muss oft auch prinzipiell die Frage nach der Machbarkeit von Konsumwünschen gestellt werden. Der zweite Beratungsstrang liegt in der Analyse der Schuldverhältnisse. Dies hört sich sehr einfach an, entpuppt sich aber im Arbeitsalltag oft als schwieriger als gedacht. Einige Schuldner kommen zwar mit der deutlichen Erwartung, ein Insolvenzverfahren anzustreben, wissen allerdings nicht mehr, wer eigentlich ihre Gläubiger sind, da ihre Unterlagen im Laufe der Zeit verloren gegangen sind. Andere wiederum verfügen zwar Schriftverkehr en masse, aber dieser ist völlig unsortiert und teils noch in geschlossenen Briefkuverts oder durchmischt mit Werbebriefen. Nicht jeder ist sich darüber klar, was eigentlich unter Verschuldung zu verstehen ist. So erachten manche Personen ein bis zum Dispolimit ausgereiztes Girokonto oder noch laufende Versandhausraten nicht als Schulden (ebenso verhält es sich umgekehrt z.b. auch bei Rücklagen in Form von Lebensversicherungen, deren tatsächlicher Rückzahlungswert nur den wenigsten bekannt ist). Bevor also Einzelregulierungen oder ein mögliches Insolvenzverfahren erwogen werden, müssen die Berater mit den Betroffenen erst einmal die konkrete Verschuldungssituation abklären. Dabei ist auch genau zu prüfen, ob nicht Rückstände bei der Miete oder beim Stromanbieter bestehen, welche (ebenso wie die Rückzahlung von Geldstra- PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/2

113 fen etc.) vorrangig zu behandeln sind. Bereits in dieser Phase erhalten die Schuldner erste Arbeitsaufträge wie die eigenständige Einholung einer Schufa-Auskunft. Aber auch das mühselige Ordnen der Unterlagen bleibt nach dem Hilfe zur Selbsthilfe -Prinzip der Sozialarbeit dem Schuldner meist selbst überlassen. Sobald eine Gläubigerübersicht vorliegt, wird er befähigt, seine Gläubiger mit Hilfe eines Musterbriefs anzuschreiben und eine detaillierte Forderungsaufstellung einzuholen (deren Prüfung dem Schuldnerberater obliegt). Ein pädagogisch orientierter Berater wird seine Klienten begleiten und in ihren Eigenaktivitäten unterstützen, anstatt ihnen zu viel Verantwortung abzunehmen. Sollte ein Insolvenzverfahren unumgänglich sein, ist es Aufgabe des Schuldnerberaters im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen außergerichtlichen Einigungsversuches, ein geeignetes Angebot mit dem jeweils Betroffenen zu erarbeiten und dies schriftlich rechtsverbindlich auszuformulieren. Es kann (im Glücksfall!) ein über die Verwandtschaft zur Verfügung gestellter Einmalvergleichsbetrag sein, meist handelt es sich aber um monatlich oder jährlich fest vereinbarte Ratenbeträge zur Aufteilung an die einzelnen Gläubiger. Dabei gilt es, perspektivisch zu denken und ggfs. auch Schuldner davon abzuhalten, auf Dauer unrealistische Raten anzubieten, nur um Gläubigerwünsche zu erfüllen. Sind die finanziellen Verhältnisse in den kommenden Jahren voraussichtlich Änderungen unterworfen, empfiehlt sich eher ein flexibel gestalteter Schuldenbereinigungsplan. Dem hohen rechtlichen Informationsbedürfnis der Schuldner wird nicht nur im individuellen Einzelgespräch, sondern (insbesondere in den Beratungsstellen der Großstädte) auch in Form von ausführlichen Gruppeninformationsveranstaltungen Rechnung getragen. Mancherorts werden kompetente Schuldner auch mittels Musterbriefen dabei angeleitet, ihre außergerichtlichen Verhandlungen selbst zu führen, was ebenfalls wesentlich zur Stärkung der Eigenverantwortung beiträgt. Lassen sich die Gläubiger nicht auf die finanziell noch erfüllbaren Kompromissvorschläge ein, bleibt häufig nur der Gang zum Insolvenzgericht. Wer den Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens (sowie den 11 Seiten dicken Erläuterungsbogen) zum ersten Mal liest, fühlt sich erschlagen von einer Unmenge bisher unbekannter Rechtsbegriffe (was sind eigentlich Sicherungsrechte?) und schwieriger Detailfragen (z.b. was ist der Unterschied zwischen Hauptforderung und Gesamtforderung und was bedeutet berechnet bis?). Selbst für einen nicht ganz finanzunkundigen Laien ist es schier unmöglich, sich in diesen Bürokratie-Dschungel zurechtzufinden, er braucht dazu einen kenntnisreichen Lotsen. Ansonsten verheddern sich Schuldner ohne sachkundige Hilfe häufig in Detailfragen (z.b. was bedeuteten Sicherungsrechte Dritter beim Bargeld, wo liegt der Unterschied zwischen gepfändet und verpfändet?) oder sie geben einfach mittendrin auf. Die vollständige und korrekte Antragfertigstellung erfordert häufig einen abschließenden Kraftakt in der Zusammenarbeit zwischen Berater und Schuldner. Schließlich müssen alle Angaben perfekt stimmen, um die geplante Restschuldbefreiung nicht zu gefährden. Wird das Verfahren dann eröffnet und ein Treuhänder eingesetzt, ist i.d.r. die Hauptarbeit für den Schuldnerberater erledigt. Er wird sich an seinem Schreibtisch seinem nächsten Insolvenzfall zuwenden. Infolge der hohen Nachfrage wird ihm die Arbeit auch auf lange Sicht nicht ausgehen. Den Reichstag sieht er höchstens, falls er mal Urlaub in Berlin macht. Zur Konfirmation von Schuldner- Kindern wird er auch nie eingeladen. Und da sein Job nur im Mittelbereich des TVöD entlohnt wird, braucht er auch sein Sparschwein für sich selbst. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/3

114 2.2 Ablauf der Schuldnerberatung (gekürzter Beitrag, der direkt an die Ratsuchenden gerichtet ist, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung von Terminvereinbarung Wenn Sie sich zu einer Schuldnerberatung entschlossen haben, weil Ihnen der Schuldenberg über den Kopf gewachsen ist und sie ohne Rat und Unterstützung nicht mehr weiterkommen, sollten Sie zunächst bei einer Schuldnerberatung telefonisch einen Termin vereinbaren. Ausdrücklich warnen wir vor den schwarzen Schafen die sich auf dem Markt der Schuldnerberatung tummeln den gewerblichen Schuldenregulierern. Sie werben in Tageszeitungen, Anzeigenblättern, im Internet und im Videotext damit, bei Schuldenproblemen kompetent, schnell, effizient, vertraulich und persönlich" zu helfen und weisen in der Regel darauf hin, dass ihre Dienstleistungen" keine Rechtsberatung" sind. Wenn Sie solche Anzeigen lesen: Hier ist äußerste Vorsicht geboten. Zu oft verbergen sich dahinter Dienstleister", die für hohe Kosten nichts leisten. Wie nutze ich die Zeit bis zum Erstberatungsgespräch? Wenn Sie sich um einen Termin bei einer der gemeinnützigen und kostenlosen Schuldnerberatungsstellen bemühen, müssen Sie leider regelmäßig mit langen, manchmal monatelangen Wartezeiten Rechnen. Die meisten Beratungsstellen bieten deshalb neben den regulären Beratungsterminen Notfall- oder Kriseninterventionstermine und häufig auch telefonische Beratungszeiten an. Erkundigen Sie sich bereits bei Ihrer ersten Kontaktaufnahme mit der Schuldnerberatungsstelle, ob die Schuldnerberatungsstelle solche Termine anbietet. Auf jeden Fall kann man in der Wartezeit die Forderungsunterlagen sortieren, vervollständigen und ggfs. aktualisieren. Evtl. ist es auch sinnvoll, Gläubiger auf den ausstehenden Erstgesprächstermin hinzuweisen und solange eine Stundung vorschlagen. Sinnvoll ist es auch, sich einen genauen Überblick über seine Einnahmen und Ausgaben zu verschaffen. Das Erstberatungsgespräch Das erste und mögliche weitere Gespräche mit der Schuldnerberatung dienen hauptsächlich dazu einen möglichst genauen Überblick über die Verschuldungssituation zu gewinnen, einen Überblick über die Einnahme- und Ausgabesituation Ihres Haushaltes sowie der sonstigen finanziellen Situation zu erhalten, die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Überschuldung kennenzulernen, die aktuelle Lebenssituation kennenzulernen, die Prüfung, ob existenzsichernde Maßnahmen und Vollstreckungsschutzmaßnahmen notwendig sind und Festlegung erster Beratungsschritte und ziele Beratungsgrundsätze, Beratungsziele, Mitarbeit Vertraulichkeit /Verschwiegenheit: Die Beratung findet in einem geschützten Rahmen statt. Die Beteiligung und Zustimmung des Ratsuchenden an allen Entscheidungen und Verfahren wird garantiert. Ohne ausdrückliche Zustimmung des Ratsuchenden im Einzelfall werden keine Informationen an Dritte weitergegeben. Weder über die Beratung als solche, noch über die Inhalte der Beratung. Zu Beginn der Beratung wird mit dem Ratsuchenden besprochen, welche Informationen ggfs. an wen weitergegeben werden. Freiwilligkeit: Die Ratsuchenden müssen das Angebot einer ganzheitlich umfassenden Schuldnerberatung freiwillig nachfragen. Das schließt eine Zwangsberatung oder die Verknüpfung anderer Leistungen mit der Inanspruchnahme von Schuldnerberatung aus. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/4

115 Ergebnisoffenheit: Ziele, Schritte und Verfahren eines Beratungsprozesses werden zwischen Berater und Ratsuchendem vereinbart und im weiteren durch den Verlauf der Schuldnerberatung bestimmt. Ziele, Schritte und Verfahren müssen möglicherweise im Verlaufe eines Beratungsprozesses angepasst oder verändert werden. Ganzheitlichkeit: Schuldnerberatung berücksichtigt bei der Deutung und Bearbeitung des Problems neben juristischen und ökonomischen auch psychische, familiäre und soziale Zusammenhänge. Zu Beginn des Beratungsprozesses wird die Beraterin/ der Berater mit Ihnen abstimmen, welche Arbeitsaufträge Sie erledigen können und in welchen Bereichen Sie die professionelle Kompetenz der Schuldnerberatung als Unterstützung benötigen. Nicht nur wegen des in vielen Beratungsstellen fehlenden Personals, sondern vor allem auch, weil es um Ihre Lebenssituation und auch um Ihr Geld und die Gestaltung Ihres Lebens geht, wird die Beratungsstelle immer besonderen Wert darauf legen, dass Sie möglichst eigenständig handeln. Haushalts- und Budgetplanung Gerade zu Beginn einer Schuldnerberatung kann es vorkommen, dass der Berater Sie auf eine nach seiner Meinung nicht notwendige Ausgabe in Ihrem Haushaltsplan" hinweist, die aus ihrer/seiner Sicht die Schuldenregulierung und/oder Ihren notwendigen Lebensunterhalt gefährden könnte. Bei der Prüfung Ihrer monatlichen Einnahmen wird Sie die Schuldnerberatung auch dazu beraten, ob Sie Anspruch auf staatliche Sozialleistungen haben. Diese Hinweise sollten Sie nicht als Bevormundung auffassen, sondern als Möglichkeit nutzen und mit Ihrem Berater über Ihre finanziellen und persönlichen Planungen sprechen. Sie selbst wissen, was Ihnen wichtig erscheint die Schuldnerberatung kann Ihnen jedoch aus unabhängiger und objektiver Sicht bei der Einschätzung helfen, ob Sie sich diese und andere Ausgaben auf Dauer leisten können. Die Beratungsstelle kann Ihnen Orientierungshilfen geben. Sie selbst entscheiden dabei, wie Sie Ihre finanziellen Mittel verwenden und wie Sie Ihren Haushalt planen: Sie können ein ausführliches Haushaltsbuch führen, in das Sie jede einzelne Einnahme und Ausgabe eintragen oder sich darauf beschränken, Ihre regelmäßigen monatlichen Einnahmen und Ausgaben festzuhalten. Für den Erfolg einer Schuldnerberatung ist es aber unerlässlich, dass Sie überblicken können, wofür Sie Ihre monatlichen Einkünfte verwenden. Schuldenregulierung Forderungsüberprüfung Nach der Erstberatungsphase, teilweise parallel dazu, wird die Beratungsstelle die Berechtigung der gegen Sie erhobenen Forderungen und der damit verbundenen Kosten und Zinsen prüfen. Zieldefinition Ein wichtiger Schritt in dieser Phase der Schuldnerberatung ist die gemeinsame Zieldefinition, die die der Berater mit Ihnen vornimmt. Es gilt zu klären, ob Sie z.b. zunächst nur" mit Ihren Schulden besser leben können oder ob Sie in Verhandlungen mit Ihren Gläubigern eine vollständige Regulierung aller bestehenden Forderungen erreichen möchten. Verhandlungen mit den Gläubigern Bei Verhandlungen mit Ihren Gläubigern wird die Beratungsstelle Sie dabei unterstützen, einen Interessensausgleich mit allen Beteiligten zu finden. Dies ist auch von großer Bedeutung für Ihre Gläubiger, die so transparente Regulierungsvorschläge erhalten, die auf realistischen und nachvollziehbaren PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/5

116 Grundannahmen basieren. Dabei werden entweder Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten und Kompetenzen selbst tätig oder die Schuldnerberatungsstelle wird für Sie mit den einzelnen Gläubigern verhandeln. Wichtig ist auch hierbei, dass die Verhandlungen und die jeweiligen Regulierungsschritte und -vorschläge eng mit Ihnen abgestimmt werden. Ihre persönlichen wirtschaftlichen und sozialen Existenzgrundlagen bleiben jederzeit gewahrt. Richtschnur für Ihre finanzielle Belastbarkeit sind die Pfändungsfreigrenzen und bietet so die Gewähr, dass Ihre Wohnung und Ihr Lebensunterhalt gesichert sind. Als mögliche Regulierungsmaßnahmen kommen in Frage: Stundung der Forderungen: Diese Maßnahme ist sinnvoll, wenn es sich nur um eine vorübergehende Zahlungsunfähigkeit handelt. Beispielsweise, wenn bereits fest steht, dass man in einigen Monaten wieder eine Arbeitsstelle mit regelmäßigem Lohn oder Gehalt hat und daraus Zahlungen aufnehmen kann. Ratenzahlungsvereinbarungen: Ratenzahlungsvereinbarungen kommen in Frage, wenn ausreichendes Einkommen vorhanden ist, die ausstehenden Forderungen einschl. der laufenden Zinsen in einem überschaubaren Zeitraum zu tilgen. Forderungsnachlässe: Üblicherweise werden Forderungsnachlässe auch Vergleiche" genannt. Hierbei verzichtet der Gläubiger aufgrund der besonderen Umstände im Einzelfall auf mehr oder weniger große Bestandteile seiner Forderung. Der Restbetrag wird entweder in Form einer einmaligen Zahlung (z.b. aus angesparten Mitteln, Zuwendungen von Verwandten/Bekannten, Stiftungsmitteln, Stiftungsdarlehen o.ä.) geleistet. Kommt eine einmalige Zahlung nicht in Frage, so kann der Forderungsbetrag zins- und kostenfrei festgeschrieben werden und ratenweise getilgt werden. Ob und in welcher Höhe und Form Vergleiche möglich sind, hängt von vielen individuellen Faktoren ab und kann nicht pauschalisiert werden. Alter der Forderung, Prognose der finanziellen Zukunftssituation des Schuldners, persönliche und soziale Situation und Prognose des Schuldners spielen hier eine große Rolle. Vollständiger Erlass der Forderung: Hierbei verzichtet der Gläubiger aufgrund einer entsprechenden finanziellen, persönlichen und sozialen Prognose des Schuldners auf seine Forderung. Vor allem bei Behörden und öffentlichen Stellen können Forderungen aufgrund von entsprechenden Vorschriften erlassen oder niedergeschlagen werden. Insolvenzberatung Falls Sie nach Ihrer heutigen wirtschaftlichen und sozialen Situation in den nächsten Jahren Ihre Schulden nicht werden zurückzahlen können, bietet sich Ihnen als eine mögliche Lösung das Insolvenzverfahren an. Hier stehen Ihnen entweder das Regelinsolvenzverfahren (für Selbstständige und unter bestimmten Umständen auch für ehemals Selbständige) oder das Verbraucherinsolvenzverfahren (für Verbraucherschuldner/innen und unter bestimmten Umständen wiederum auch für ehemals Selbständige) offen. Die Schuldnerberatungsstelle wird Sie, soweit sie anerkannte Stelle nach der Insolvenzordnung ist, bei der Durchführung des notwendigen außergerichtlichen Einigungsversuches und ggfs. bei der Antragstellung unterstützen bzw. ihn für Sie ganz/teilweise durchführen. Auch während des Insolvenzverfahrens und der anschließenden Wohlverhaltensperiode wird man Sie bei Fragen und Problemen beraten und unterstützen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/6

117 Möglicher Leistungskatalog einer Schuldnerberatungsstelle Die Reihenfolge der nachstehenden Aufzählung der Leistungen/Aufgaben ist nicht als starr anzusehen und auf eine umfassende und langfristige Beratung ausgelegt. 1. Basisberatung 1.1. Information über die Arbeitsweise in der Schuldnerberatung 1.2. Erheben der psychosozialen Situation Erfassung der persönlichen Daten, der familiären- und beruflichen Situation Erstellung einer Einnahmen/Ausgabenübersicht Erfassung der Gesamtverbindlichkeiten Reflexion der materiellen Konsequenzen und sozialen Folgen der Überschuldung Erfassung weiterer Probleme und Beurteilung der Auswirkungen auf die Schuldnerberatung 1.3. Überprüfung der Notwendigkeit existenzsichernder Maßnahmen 1.4. Erstellen einer ersten Arbeitshypothese zu den Ursachen der Überschuldung 1.5. Klärung des Selbsthilfepotenzials des Schuldners/der Schuldnerin 1.6. Beschreibung des Beratungszieles 1.7. Absprachen zur Zusammenarbeit, Vereinbarung eines Beratungskontraktes 2. Existenzsicherung 2.1. Sicherstellung des notwendigen Lebensunterhaltes Haushalts- und Budgetberatung Sozialleistungsberatung Informationen zum Zwangsvollstreckungsrecht Überprüfung der Pfändungsfreibeträge und ggf. Unterstützung bei der Erhöhung des Pfändungsfreibetrages Beratung und Hilfestellung bei Kontopfändungen, Lohnabtretung und Aufrechnung Unterstützung bei der Reduzierung bzw. Aufstellung nicht zwingend notwendiger Ausgaben 2.2. Hilfen bei drohendem Verlust der Wohnung und bei vergleichbaren Notlagen 2.3. Hilfen zur Erhaltung und Wiedererlangung des Arbeitsplatzes 2.4. Verhinderung von Ersatzfreiheitsstrafen 2.5. Erhalt des Girokontos und Hilfe bei der Einrichtung eines Girokontos 3. Forderungsüberprüfung, Schuldnerschutz 3.1. zusammenstellen, ordnen, aktualisieren der Schuldenunterlagen 3.2. Überprüfung der Forderungen nach Grund und Höhe 3.3. Hilfen zur Wahrnehmung der Schuldner- und Verbraucherrechte 3.4. Erschließung anwaltlicher Vertretung und Unterstützung 3.5. Mitwirkung bei der Beantragung von Beratungs- und Prozesskostenhilfe 3.6. Versicherungsberatung 3.7. Kreditberatung 4. Psychosoziale Betreuung 4.1. Klärung und Bewertung der individuellen Ursachen der Ver- und Überschuldung und des Konsumverhaltens 4.2. Klärung des Anspruchsniveaus und der finanziellen Lebensplanung 4.3. Erarbeiten von Handlungsalternativen zur Vermeidung erneuter Schuldenprobleme 4.4. Befähigung zum Leben an der Pfändungsgrenze 4.5. Klärung und Bearbeitung der im Zusammenhang mit Überschuldung stehenden Beziehungs- und Persönlichkeitsprobleme 4.6. Motivationsarbeit 4.7. Stärkung der Selbsthilfepotenziale 4.8. Vermittlung zusätzlicher sozialer Beratungsangebote und Hilfen 4.9. Teilnahme an Hilfeplangesprächen 5. Regulierung und Entschuldung 5.1. Erstellung und Umsetzung von Regulierungsplänen unter Beachtung folgender Aspekte: Familieneinkommen und Unterhaltsverpflichtungen Sicherung einzelner Forderungen potenziell rechtswidrige Forderungen (Teilforderungen), z.b. Zinsen, Kosten frei verfügbare Eigenmittel bzw. Fremdmittel von Schuldner/in 5.2. Führung von Verhandlungen mit Gläubigern zur Umsetzung des Regulierungsplanes 5.3. in Ausnahmefällen: Umsetzung des Regulierungsplanes durch Lohnverwaltung bzw. treuhänderische Abtretung 5.4. Beantragung von Stiftungs- und/oder Fondsmitteln Quelle des Leistungskataloges: Empfehlungen zur Zusammenarbeit zwischen Job-Center und Schuldnerberatung im Rahmen des SGB II des Deutschen Caritasverbandes Deutschland, 2005 PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/7

118 2.3 Hinweise zur Vorbereitung des Ersttermins bei der Schuldnerberatung (gekürzter Beitrag, der direkt an die Ratsuchenden gerichtet ist, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung von Leider können die meisten Schuldnerberatungsstellen Ratsuchenden keinen zeitnahen Termin für ein Erstberatungsgespräch anbieten. Aufgrund der hohen Nachfrage lassen sich oft wochen- oder gar monatelange Wartezeiten nicht vermeiden. Dennoch können und sollten Sie die Wartezeit nutzen, den Ersttermin so vorzubereiten, dass ein rascher und zielgerichteter Einstieg in die Schuldnerberatung möglich ist. Vorbereitung der Forderungsunterlagen Für die Vorbereitung des Erstgesprächs ist es hilfreich, wenn die Forderungsunterlagen schon sortiert sind und eine Forderungsübersicht erstellt wurde. Benötigt werden immer folgende Unterlagen: Forderungsgrundlage (z.b. Darlehensvertrag, Rechnung, Kaufvertrag) Urkunden von Sicherungsrechten (Lohnabtretung, Sicherungsabtretungen, freiw. Verpfändungen) aktuelle Forderungsaufstellungen und -abrechnungen Mahn- und Kündigungsschreiben, aber nicht die zahlreichen Zahlungsaufforderungen und Drohbriefe", die Inkassounternehmen regelmäßig routinemäßig und EDV-gestützt an Schuldner verschicken. Diese bewahren sie in einem Extra-Aktenordner auf. Titel der Forderung (Vollstreckungsbescheid, Urteil, notarielles Schuldanerkenntnis) Unterlagen über Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (Pfändungsprotokolle des Gerichtsvollziehers, Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, Eidesstattliche Versicherung) evtl. Zahlungsnachweise (Kopien von Überweisungen, Kontoauszüge, Quittungen usw.) Sortieren Sie die o.g. Unterlagen in einem Aktenordner für jede Forderung getrennt in zeitlicher Reihenfolge: Oben das aktuellste Schreiben, dann absteigend die älteren Unterlagen. Aktualisierung der Unterlagen Wenn Ihnen nicht alle Unterlagen, die oben genannt werden, vorliegen oder Sie sich nicht sicher sind, ob sie vielleicht noch andere Gläubiger haben, können Sie versuchen, fehlende Unterlagen zu besorgen. Doch bevor Sie starten, berücksichtigen Sie bitte den Hinweis am Ende dieses Abschnittes. Anforderung einer Forderungsaufstellung und Kopien fehlender Unterlagen Abschrift des Vermögensverzeichnisses (Eidesstattliche Versicherung) beim zuständigen Vollstreckungsgericht (Amtsgericht, am besten durch persönliche Vorsprache) Kopie der Mahnakte bzw. das sog. Namensverzeichnis beim Vollstreckungsgericht (Amtsgericht) erbitten. Das Vollstreckungsgericht zeigt sich hier kooperationsbereit, wenn man auf die bevorstehende Schuldnerberatung hinweist. SCHUFA-Auskunft einholen: Die Selbstauskunft wird schriftlich beantragt, die Kosten von 7,60 sind vorab an die Schufa zu überweisen oder man fordert die Selbstauskunft online an. InfoScore-Auskunft einholen: ICD gehört über die Arvato-InFoScore-Gruppe zur Bertelsmann AG und ist neben der SCHUFA die größte Auskunftei in Deutschland. Hier werden vor allem Daten von Versandhäusern, Telekommunikationsfirmen usw. gesammelt. InFoScore Consumer Data (ICD), Rheinstr. 99, Baden-Baden. ICD stellt auf Antrag eine Auskunft zum Zweck der Schuldenerfassung/Schuldenregulierung" kostenlos bereit. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/8

119 Beachten Sie: Durch die Anforderung einer Auskunft wecken Sie evtl. schlafende Hunde", d.h. Gläubiger, von denen Sie lange nichts mehr gehört haben. Sie sollten Forderungsaufstellungen nur dann einholen, wenn Sie fest entschlossen sind, Ihre Schuldenprobleme anzupacken und gemeinsam mit der Schuldnerberatung nach Beginn der Beratung zeitnah Lösungen zu erarbeiten. Die Gläubiger erwarten nämlich einen zeitnahen Vorschlag, wenn solche Unterlagen angefordert werden. Sollten sie in dieser Erwartungshaltung nicht bestätigt werden, müssen Sie mit weiteren Maßnahmen des/der Gläubiger rechnen (Zwangsvollstreckungsmaßnahmen)! Einnahmen und Ausgaben erfassen Die genaue Einnahme- und Ausgabesituation zu kennen und zu gestalten, ist ein sehr wichtiger Teil der Schuldnerberatung. Bitte füllen Sie eine Einnahme- und Ausgabenübersicht oder die Ihnen durch die jeweiligen Schuldnerberatungsstelle zur Verfügung gestellte Übersicht so vollständig wie möglich aus. Hier sollen alle Einnahmen des Haushalts vollständig aufgeführt werden. Das beschleunigt den Beratungsprozess erheblich. Bei den festen Ausgaben vergessen Sie bitte nicht viertel-, halb- oder jährliche Zahlungen ( z.b. GEZ, KFZ-Steuer, Versicherungen) und rechnen Sie sie in monatliche Beträge um. Bei den Ausgaben, die sich monatlich ändern können (z.b. Telefon), rechnen Sie den Durchschnitt aus den letzten 3-6 Monaten. Falls Sie nicht wissen, wie viel Sie momentan für Ernährung, Körperpflege, Genussmittel usw. monatlich ausgeben, wäre es sinnvoll, ab sofort ein Haushaltsbuch zu führen oder konsequent Kassenzettel und Quittungen zu sammeln. Sicher ist es auch sinnvoll, einmal darüber nachzudenken, ob bestimmte Ausgaben sinnvoll sind oder evtl. überflüssig. In der Praxis zeigt sich z.b. immer wieder, das Ratsuchende oft heillos falsch- oder überversichert sind. Auch das eigene Konsumverhalten sollten Sie bei dieser Gelegenheit einmal dem Prüfstand stellen! Allgemeine Tipps und Hinweise Falls Sie ernsthaft mit Hilfe einer Schuldnerberatungsstelle eine Schuldenregulierung in Angriff nehmen wollen, sollten Sie auch folgende Tipps und Hinweise bis zum Ersttermin zu beherzigen. Sie erleichtern damit den Einstieg in eine gezielte Beratung: keine Zahlungsversprechungen gegenüber Gläubigern machen: Bitte auf den bevorstehenden Ersttermin hinweisen keine weiteren Zahlungsverpflichtungen eingehen (Kredite, Bestellungen usw.), auch keine Umschuldungen vorzunehmen keine Formulare bei Hausbesuchen von Inkassounternehmen o.ä. unterschreiben keine Nachnahmebriefe einlösen und keine Nachnahmekosten anerkennen kein Schuldanerkenntnis, das mit einer Abtretung verbunden ist, unterschreiben sich nicht durch Gläubigerdrohungen unter Druck setzen lassen (Ankündigung von Haft) Vorsicht bei Selbstauskunftsbögen, sie gehen oft über den Offenbarungseid" hinaus PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/9

120 2.4 Regelmäßig auftretende Fragen zum Thema Private Insolvenz (gekürzter Beitrag, der direkt an die Ratsuchenden gerichtet ist, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung von 1. Wer kann ein Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen? Das Verfahren greift nur, wenn Sie zahlungsunfähig sind oder die Zahlungsunfähigkeit droht, das heißt, wenn Ihre Einkünfte nicht mehr ausreichen, alle monatlichen Rechnungen zu begleichen. Das Verbraucherinsolvenzverfahren steht allen in Deutschland wohnenden Personen offen, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Kleingewerbetreibende oder ehemals unternehmerisch Tätige mit bis zu 19 Gläubigern können diesen Weg auch beschreiten für alle anderen gilt das Regelinsolvenzverfahren. 2. Brauche ich professionelle Hilfe? Ja. Die zu beachtenden gesetzlichen Regelungen und die Aufgaben sind in der Regel zu vielfältig, um von Laien ordnungsgemäß durchgeführt zu werden. Verfahrensfehler können zum Scheitern Ihres Verbraucherinsolvenzverfahrens führen. 3. Ohne Geld ohne Wohnung? Nein. Ohne Geld zu sein, bedeutet nicht, dass Sie keine Rechte haben. Aber Ihre besondere Aufmerksamkeit muss jetzt auf der Existenzsicherung liegen. 4. Mein Gläubiger hat das Insolvenzverfahren für mich beantragt darf er das? Auch ein Gläubiger kann das Insolvenzverfahren beantragen, da er Interesse hat, seine Forderungen bezahlt zu bekommen. Dann erhalten Sie vom Gericht die Aufforderung einen eigenen Antrag zu stellen. Dieser ist wichtig, um eine mögliche Restschuldbefreiung nicht zu gefährden. Danach müssen Sie versuchen, sich außergerichtlich zu einigen. Falls diese Einigung scheitert, müssen Sie innerhalb 3 Monaten eine Bescheinigung über deren Scheitern vorlegen. Jetzt gehen Sie den regulären Weg des Verbraucherinsolvenzverfahrens. 5. Wer stellt die Bescheinigung über das Scheitern der Einigung aus? Geeignete Personen" oder geeignete Stellen" sind die Schuldnerberatungsstellen, Rechtsanwälte, Steuerberater und Notare, die Regelungen sind vom Bundesland abhängig. TIPP: Fallen Sie nicht auf so genannte Finanzdienstleister herein. Die nennen sich zum Teil auch Schuldnerberater oder Schuldenregulierer. Doch Schuldnerberater, die Geld von Ihnen wollen, und Umschuldungsunternehmen sind keine Alternative. 6. Wie bekomme ich einen genauen Überblick über meine Schulden? Sammeln Sie alle Rechnungen, Mahnungen und diesbezüglichen Schreiben in einem Ordner. Ordnen Sie die Schreiben den Gläubigern zu. Sind Sie sich über Gläubigeradressen und Höhe der Forderungen nicht sicher, können Sie sich auch an Gläubiger, Gerichtsvollzieher und die Schufa wenden, um eine vollständige Liste zu erhalten. 7. Soll ich einen besonders hartnäckigen Gläubiger ausbezahlen? In dem Moment, in dem Sie Ihren Insolvenzantrag gestellt haben, genießen Sie und Ihr Vermögen einen besonderen Schutz. Dies soll dazu dienen, alle Gläubiger möglichst gerecht zu befriedigen. Bezahlen Sie nun einen Gläubiger dennoch aus, weil dieser Ihnen sehr zusetzt, muss der Treuhänder, wenn er davon erfährt, dieses Geld im Interesse der anderen Gläubiger zurückfordern (die Zahlung wird angefochten). PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/10

121 8. Wie gehe ich mit Inkassobüros um? Ihre Gläubiger können für die Eintreibung ihrer Forderungen ein Inkassobüro beauftragen und die Kosten auf Sie abwälzen. Doch unter folgenden Bedingungen bleiben die Inkassokosten auf der Seite des Gläubigers: Sie haben dem Gläubiger vor dem Inkasso mitgeteilt, dass Zahlungsschwierigkeiten auftreten Sie haben die Forderung als unsachgemäß erklärt, oder die Zahlungsunfähigkeit war für den Gläubiger ersichtlich Außerdem muss der Gläubiger die Kosten zur Beitreibung seiner Forderungen möglichst gering halten. Sie müssen sich nicht alles gefallen lassen! Inkassobüros dürfen Sie auf keinen Fall in unfairer Weise unter Druck setzen, z.b. durch nächtliche Telefonanrufe oder aufdringliche Außendienstmitarbeiter. In solchen Fällen können Sie sich beim Amtsgericht oder dem Geschäftssitz des Inkassounternehmens beschweren, oder Anzeige bei der Polizei erstatten. Sollte Ihr Gläubiger seine Forderungen an ein Inkassounternehmen verkaufen, haben Sie mit dem ursprünglichen Gläubiger nichts mehr zu tun! Sie müssen also auf zusätzliche Forderungen von dessen Seite nicht reagieren. 9. Wie bezahle ich das Verfahren? Gerichtskosten: Die Gerichtskosten belaufen sich auf mindestens 300 bis 400, abhängig vom Wert des pfändbaren Vermögens und Einkommens. Treuhänderkosten: Die Treuhänderkosten sind von der Zahl der Gläubiger abhängig. Die Mindestvergütung (bei 5 Gläubigern) beträgt ca. 800 einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer. Bei 20 Gläubigern beträgt die Vergütung des Treuhänders ca Für seine Arbeit während der gesamten Wohlverhaltensphase erhält der Treuhänder 5 % der pfändbaren Beträge, mindestens 600 plus Steuer. Dieser Betrag erhöht sich um 50 je 5 weitere Gläubiger. Bei 20 Gläubigern sind dies Bei 5 Gläubigern entstehen Ihnen im Verbraucherinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung bei 5 zu befriedigenden Gläubigern Kosten von mindestens Bei 20 Gläubigern erhöht sich diese Summe auf mindestens Mittellosen Schuldnern sollen nach dem Willen des Gesetzgebers die Kosten gestundet werden, um allen Zugang zum Verfahren zu ermöglichen. Stundung bedeutet, dass Sie die Schulden in Raten bezahlen können. Die Verfahrenskosten, d.h. Gerichtskosten, Treuhänderkosten und ggfs. Rechtsanwaltskosten können bis zu 48 Monate nach Beendigung der Wohlverhaltensperiode gestundet werden. Fallen während des Verfahrens pfändbare Beträge an, so werden zuerst die gestundeten Verfahrenskosten beglichen. Sind sie verheiratet und hat ihr Ehepartner ausreichend Einkommen, prüft das Gericht, ob Ihr Partner für die Verfahrenskosten aufkommen muss. Die Verfahrenskosten können bis zu vier Jahren nach Abschluss des Verbraucherinsolvenzverfahrens gestundet werden. In dieser Zeit ist der Schuldner verpflichtet, möglichst viele der Kosten zu begleichen; den gestundeten Rest trägt die Staatskasse. Ausschluss oder Aufhebung der Stundung erfolgt aus denselben Gründen wie die Versagung der Restschuldbefreiung. 10. Was mache ich, wenn ich kein Geld für die Beratung habe? Die Schuldenberatung der freien Wohlfahrtsverbände und Städte ist in der Regel kostenlos. Allerdings müssen Sie dort mit Wartezeiten bis zu 2 Jahren rechnen. Sind Sie nicht in der Lage, die erforderlichen Mittel für einen Rechtsanwalt und das Verbraucherinsolvenzverfahren aufzubringen, haben Sie das Recht Beratungshilfe nach dem Beratungshilfegesetz in Anspruch zu nehmen. Informationen hierzu erhalten Sie vom Bundesministerium der Justiz in der kostenlosen Broschüre Guter Rat ist nicht teuer". PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/11

122 Ein Beratungsschein, der vom Amtsgericht ausgestellt wird, ermöglicht Ihnen Beratung durch den Anwalt Ihres Vertrauens für 10 Eigenanteil. 11. Wie gehe ich mit einem Mahnbescheid um? Sollten Sie einen Mahnbescheid erhalten, haben Sie zwei Wochen Zeit, Widerspruch oder Teilwiderspruch einzulegen. Dies kann z.b. aufgrund zu hoher Verzugszinsen oder unberechtigter Inkassokosten der Fall sein. Sie müssen Ihren Einspruch zwar nicht begründen, sollten das aber besser tun. Das ausgefüllte Widerspruchsformular (liegt dem Mahnbescheid bei) senden Sie unterschrieben an das Amtsgericht zurück. Sollten Unklarheiten auftreten, wenden Sie sich an eine Schuldnerberatungsstelle oder einen Rechtsanwalt. Ist der Mahnbescheid rechtmäßig, ist ein Widerspruch sinnlos. Sie halsen sich dadurch nur zusätzliche Kosten auf! 12. Wie verhalte ich mich dem Gerichtsvollzieher gegenüber? Sollte bei Ihnen der Gerichtsvollzieher erscheinen, der Ihr Eigentum pfänden will, müssen Sie diesen grundsätzlich nicht in Ihre Wohnung lassen. Allerdings sollten Sie beachten, dass bei Verweigerung oder mehrfachem Nichtantreffen trotz Ankündigung des Besuchs ein Durchsuchungsbefehl beantragt werden kann. 13. Muss ich während der Insolvenz ohne Bankkonto leben? Ohne eigenes Konto sind Sie nur ein halber" Mensch. Auch den Banken ist dies bewusst und deshalb haben sie sich dazu verpflichtet, Konten auf Guthabenbasis, auch Jedermannkonto genannt, zu führen. So gehen Sie vor: Beantragen Sie ein Konto auf Guthabenbasis, bei dem kein Dispo, d.h. keine Kontoüberziehung erlaubt ist. Schreiben Sie auf den Kontoeröffnungsantrag mit der Hand Bitte keine Überziehung oder Dispo einräumen". Die Kopie des Antrags ist Ihr Beleg dafür, dass Sie sich ordnungsgemäß verhalten haben. 14. Stehe ich nach der Pfändung ohne Hausrat da? Das müssen Sie nicht befürchten. Persönliche Gebrauchsgegenstände oder Hausrat sind nicht pfändbar. So ist ein Fernsehgerät (pro Haushalt) nicht pfändbar, sollte Ihr Fernsehgerät allerdings sehr wertvoll sein kann der Gerichtsvollzieher eine Austauschpfändung anordnen. Dann wird z.b. Ihr Plasma-TV im Wert von gepfändet und Sie erhalten ein Standard-Röhren-TV-Gerät. Auch ein Radiogerät ist grundsätzlich unpfändbar, es sei denn, dem Schuldner steht außerdem ein Fernsehgerät zur Verfügung. Videokamera oder Hifi-Anlage müssen aber dran glauben. Einen Kühlschrank halten die meisten Gerichte für unpfändbar. Eine Kühltruhe ist pfändbar, wenn ein Kühlschrank vorhanden ist. Überhaupt sind Haushaltsgegenstände nur pfändbar, wenn es sich um Luxus-Gegenstände handelt. Alles, was für eine bescheidene Lebensführung notwendig ist, darf der Schuldner behalten. Gegenstände, die Sie beruflich benötigen, sind nicht pfändbar; das gilt sowohl für das Auto, als auch für den Computer, wenn man diesen für seinen Broterwerb benötigt. Kann der Schuldner ebenso gut mit Bus oder Bahn zur Arbeit fahren, darf der Gerichtsvollzieher pfänden. Austauschpfändungen kann der Gerichtsvollzieher auch beim Auto vornehmen, das bedeutet, dass er Luxus- Gebrauchsgegenstände durch durchschnittliche Gebrauchsgüter ersetzen kann (VW statt Porsche). 15. Wie viel Lohn darf gepfändet werden? Diese Teile Ihres Lohns/Gehalts sind unpfändbar: die Hälfte der Bruttoüberstundenvergütung und des Weihnachtsgeldes (bis 500 ), zusätzliches Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Spesen und sonstige Aufwandsentschädigungen, sowie Gefahren-, Schmutz-, Erschwerniszulagen und Treueprämien. Unpfändbar sind auch Erziehungsgeld, Mutterschaftsgeld, Leistungen der Pflegeversicherung, Grundrente, Kinder- und Wohngeld, Studienbeihilfen, Sterbe- und Gnadenbezüge, Blindenzulagen. Ab einem monatlichen Nettoeinkommen von 990 darf gepfändet werden. Bei Schuldnern, die für eine Person PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/12

123 unterhaltspflichtig sind, erhöht sich der Betrag auf 1.360, bei zwei Personen 1.570, vier Personen 1.980, bei fünf und mehr Personen gilt der Höchstsatz von TIPP: Lassen Sie sich die unpfändbaren Sonderzulagen bar oder per Barscheck auszahlen und zahlen Sie diese direkt zur Existenzsicherung (Miete, Energiekosten, Lebensmittel, etc.) auf ihr Guthabenkonto ein. Nicht gepfändet werden dürfen Einzahlungen für die Riester-Rente, betriebliche Leistungen für die Altersvorsorge und Beiträge für vermögenswirksame Leistungen (VL-Sparen). Pfändungsgeschützt ist auch für Schuldner zwischen Jahren ein altersabhängiger Vorsorgebetrag in eine private Rentenversicherung. TIPP: Auch wenn Ihr Konto gepfändet wurde, muss die Bank Ihnen den gesamten Betrag empfangener Sozialleistungen auszahlen, allerdings nur innerhalb einer 7-Tage-Frist. Verwenden Sie diese Mittel unbedingt für Miete, Strom, Lebensmittel und Nebenkosten. 16. Welche Pflichten habe ich in der Wohlverhaltensperiode? Während dieser sechs Jahre müssen Sie folgende Pflichten (sog. Obliegenheiten) erfüllen und dadurch beweisen, dass Sie ernsthaft an der Befriedigung der Gläubigerforderungen mitwirken: Angemessene oder zumutbare Erwerbstätigkeit oder ernsthafte Arbeitssuche. Als zumutbar gilt Arbeit nach den Anforderungen für Arbeitslosengeld oder ALG II. Die Pflicht zur Erwerbstätigkeit entfällt bei: Personen über 65 Jahren, Erwerbsunfähigen, Erziehenden, und für die Dauer einer beruflichen Umschulung. Herausgabe von Vermögen. Erbschaften und Schenkungen anstelle einer Erbschaft müssen Sie zur Hälfte abführen. Geschenke und Lottogewinne dürfen Sie für sich behalten. Steuererstattungsbeträge müssen Sie auch nicht an Ihre Gläubiger weiterreichen, es sei denn das Finanzamt ist einer Ihrer Gläubiger. Wohnsitz- und Arbeitsplatzwechsel mitteilen. Sie müssen den Treuhänder und das Gericht sofort informieren, wenn Sie umziehen oder wenn Sie eine neue Arbeitsstelle antreten. Auskunft erteilen. Auf Verlangen müssen Sie dem Treuhänder oder dem Gericht Auskunft über Ihre Arbeitsstelle oder Arbeitssuche, Ihre Einkünfte und Ihr Vermögen erteilen. Ihren Gläubigern gegenüber sind Sie jedoch nicht auskunftspflichtig. Treuhänderkosten erstatten. Der Treuhänder erhält aus den Pfandbeträgen, die an ihn abgeführt werden, seine Vergütung. Diese Kosten können Ihnen auf Antrag gestundet werden. Erfüllen Sie diese Obliegenheiten, so wird Ihnen vom Gericht die Restschuldbefreiung erteilt. Verletzen Sie während der Wohlverhaltensperiode bewusst eine Ihrer Pflichten, so dass die Gläubiger weniger Geld erhalten, kann das Gericht die Restschuldbefreiung innerhalb eines Jahres widerrufen. TIPP: Rechnen Sie damit, dass Ihnen nicht wohlgesonnene Gläubiger Ihre Handlungen in der Wohlverhaltensperiode genau beobachten. 17. Was geschieht, wenn ich keine Zahlungen an die Gläubiger leisten kann? Können Sie während der Wohlverhaltensperiode keine Zahlungen leisten, wird Ihnen dennoch am Ende der Wohlverhaltensperiode die Restschuldbefreiung erteilt, wenn Sie Ihre Schuldnerpflichten erfüllt haben. 18. Was ist ein Motivationsrabatt? Ab dem 5. Jahr der Wohlverhaltensperiode erhält der Schuldner 10 % der vom Treuhänder durch Abtretung erlangten Gelder zusätzlich zu dem pfändungsfreien Betrag den so genannten Motivationsrabatt; nach Ablauf des 5. Jahres (also ab dem 6. Jahr der Wohlverhaltensperiode) erhöht sich PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/13

124 dieser Bonus auf 15 %. Das heißt Sie haben ab jetzt mehr Geld zur freien Verfügung. Wurden Ihnen die Verfahrenskosten gestundet, so wird vom Gericht geprüft, ob der Motivationsrabatt zunächst zu Begleichung der Gerichts- und Treuhänderkosten einbehalten wird. 19. Versagungsgründe was ist das? Die Gläubiger können Versagungsgründe geltend machen, so dass dem Schuldner die Restschuld nicht erlassen wird. Versagungsgründe können sein: Der Schuldner ist wegen Konkursbetrug oder Gläubigerbegünstigung rechtskräftig verurteilt; er/ sie hat in den letzten drei Jahren vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Angaben gemacht um Sozialleistungen zu erhalten, Steuern zu vermeiden oder einen Kredit zu bekommen. Er/sie hat falsche Angaben über seine/ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder Auskunftsund Mitwirkungspflichten verletzt. Ihm/ihr ist in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Verbraucherinsolvenz bereits einmal Restschuldbefreiung erteilt oder versagt worden. 20. Welche Schulden betrifft die Schuldenbefreiung? Nach erfolgreichem Verfahren sind Ihnen alle aufgelisteten Forderungen erlassen. Die Schuldenbefreiung gilt nicht für neue Schulden, Buß-, Ordnungs- und Zwangsgelder. Forderungen z.b. wegen Schadenersatz oder Schmerzensgeld, Kreditbetrug oder Unterhaltspflichtverletzung bleiben auch bestehen. TIPP: Steuerschulden können, auch bei Steuerhinterziehung, in das Verbraucherinsolvenzverfahren einbezogen werden. 21. Familienmitglieder haben für mich gebürgt können sie auch von der Restschuldbefreiung profitieren? Durch das Verfahren kann ausschließlich die Person vom Verbraucherinsolvenzverfahren profitieren, die es beantragt hat. Dies bedeutet, dass wiewohl Sie die Restschuldbefreiung erlangt haben, der Gläubiger von Ihren Bürgen und Mitschuldnern den vollen Betrag verlangen kann. Familienmitglieder, die als Bürgen oder Mitschuldner eingetreten sind, müssen ein eigenes Verfahren durchlaufen. TIPP: Hat Ihr Ehepartner für Sie gebürgt, so wird er/sie nicht automatisch in das Verfahren mit einbezogen. Denken Sie daran, dass er/sie einen eigenen Antrag stellt. Sonst könnte es sein, dass zwar Sie von Ihren Schulden befreit werden, ihr Partner aber vor einem Schuldenberg steht. 22. Mahn- und Vollstreckungsbescheid erst nach Einspruchsfrist gefunden. Was nun? Nachdem Sie sich zu dem Zeitpunkt der Zustellung im Urlaub befunden haben, haben Sie die Einspruchsfrist unverschuldet versäumt. Daher beginnt zu dem Zeitpunkt, in dem Sie den Bescheid in Ihren Händen halten, eine neue zwei Wochen Frist zu laufen, innerhalb derer Sie sich an das Amtsgericht bzw. die Kammer des Amtsgerichts wenden, bei dem/der das streitige Verfahren behandelt wurde und mitteilen, weshalb Sie die Einspruchsfrist unverschuldet versäumt haben. Sie müssen die sog. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen (vgl. 233 ff. BGB). Dieser Antrag wird deshalb so bezeichnet, weil Sie bei erfolgreichem Antrag wieder in den vorherigen Stand zurückversetzt werden, d.h. als ob Sie die Einspruchsfrist noch nicht versäumt hätten. Es ist sinnvoll, gleichzeitig mit diesem Antrag auch den Einspruch einzulegen, denn teilt das Gericht Ihre Auffassung, dass die Fristversäumnis nicht verschuldet war, dann kann der Einspruch gleich mit behandelt werden und Sie sparen sich ein weiteres Gerichtsschreiben. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/14

125 23. Was ist eine Eidesstattliche Versicherung? Führen Vollstreckungsversuche nicht zum Erfolg oder scheinen aussichtslos, können Gläubiger den Gerichtsvollzieher beauftragen die eidesstattliche Versicherung (EV, früher Offenbarungseid genannt) einzuholen. Die Abnahme der EV kann auch unmittelbar an eine erfolglose Pfändung erfolgen. Es kann auch ein separater Termin festgesetzt werden. Ziel ist es, dem Gläubiger Ihre Vermögens- und Einkommenssituation offen zu legen und die Adressen der sog. Drittschuldner (z.b. Arbeitgeber, Bankverbindungen, Versicherungen) zugänglich zu machen. Die Angaben erfolgen schriftlich im sogenannten Vermögensverzeichnis. Es beinhaltet Angaben zu Vermögensgegenständen wie Immobilien, wertvollem Schmuck, Lohnzahlungen, Kontoverbindungen, Nennung der Arbeitsstelle, Nebenerwerbseinnahmen, Bausparguthaben sowie Lebensversicherungen und Wertpapierdepots. Sie sind im Rahmen einer Eidesstattlichen Versicherung zu wahrheitsgemäßen und vollständigen Angaben verpflichtet. Vorsätzliche und fahrlässige Falschangaben sind strafbar. Lassen Sie sich nach Abgabe der EV eine Kopie des Pfändungsprotokolls geben. Verweigern Sie die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, oder versäumen Sie den anberaumten Termin, kann gegen Sie ein Haftbefehl erlassen werden. Die Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung wird in ein Schuldnerverzeichnis beim Amtsgericht eingetragen und erscheint auch bei Datenabfragen der Schufa. Die Eintragung wird nach drei Jahren automatisch gelöscht. Wenn Sie Ihre Schulden bereits vorher bezahlt haben, können Sie eine vorzeitige Löschung beantragen. TIPP: Wer nach Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung neue Kreditverpflichtungen eingeht (z.b. Ratenkäufe), läuft Gefahr des Betrugs angeklagt zu werden. Sind Sie sich hinsichtlich der Abgabe der EV unsicher, fragen Sie vor dem Termin bei Ihrer Schuldnerberatungsstelle, Ihrem Anwalt, dem Rechtspfleger beim Amtsgericht oder dem Gerichtsvollzieher nach. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 2/15

126 3 Fallbeschreibung: Verhaltenstherapeutische Behandlung eines Pathologischen Glücksspielers E. Korell Die Behandlung und Prävention der pathologischen Glücksspielsucht hat seit dem Glücksspielstaatsvertrag 2008 eine besondere Aufmerksamkeit erfahren. Noch vor zehn Jahren waren die Suchtberatungsstellen überwiegend auf die Beratung von Alkoholerkrankungen und illegalen Substanzen fokussiert, und es war schwer für betroffene Spieler, Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen zu finden, in denen sie nicht mit ihrer Problematik als außergewöhnlich und exotisch galten. Auch niedergelassene Psychotherapeuten verfügten über nur unzureichendes Behandlungswissen in diesem Bereich und lehnten Spieler als potentielle Patienten einer ambulanten Psychotherapie häufig ab. Aus diesen Gründen war es oft schwierig, Spieler nach einem stationären Aufenthalt gut in die ambulante Weiterbetreuung zu bringen, um die erzielten Behandlungserfolge aufrechtzuerhalten und das Rückfallrisiko gering zu halten. Mit Hilfe der finanziellen Mittel durch den Glücksspielstaatsvertrag konnten in den vergangenen zwei Jahren viele Versorgungslücken geschlossen und die Behandlung pathologischer Glücksspieler verbessert werden. Für eine erfolgreiche Behandlung einer psychischen Störung braucht es neben einem umfassenden Störungswissen fundierte und evaluierte Behandlungsmethoden. In den letzten Jahren hat es eine deutliche Zunahme an Veröffentlichungen (z.b. Buchner et al., 2010) im Bereich der pathologischen Glücksspielsucht gegeben, denen eine Vielzahl an Studien zugrunde liegen, die einen wichtigen und unverzichtbaren Wissenszuwachs in diesem Bereich gebracht haben. Konkrete Behandlungsmethoden und Therapievorgehen sind jedoch bislang nur unzureichend beschrieben bzw. evaluiert. Dies liegt auch an dem bislang nicht abgeschlossenen fachlichen Diskurs zur ätiologischen Einordnung der pathologischen Glücksspielsucht als Impulskontrollstörung in Abgrenzung zu den stoffgebundenen Süchten bzw. den Zwangsspektrumsstörungen. Die Behandlung der Glücksspielsucht weicht in einigen Bereichen erheblich von der Behandlung anderer psychischer Erkrankungen oder Substanzabhängigkeiten ab, da spielerspezifische Verhaltensweisen wie Verheimlichen, Lügen, kognitive Verzerrungen oftmals einhergehen mit einem Verlust moralischer Werte, mangelnder Frustrationstoleranz und hoher Unzuverlässigkeit. Zusätzlich erschwert ein besonders positiv erlebtes Glücks- und Euphorieempfinden beim Spielen die Behandlung in Richtung Abstinenz. Nach verhaltenstherapeutischer Auffassung stellt die Spielabhängigkeit ein erlerntes, d.h. operant konditioniertes Fehlverhalten dar, dessen Beginn sich nicht selten in einer klassisch konditionierten Big-Win -Situation wieder findet. Hauptaufgaben in der Behandlung sind daher, individuelle und umweltbezogene Bedingungen zu explorieren, die Funktionalität des Spielverhaltens herauszuarbeiten und ein funktionales Management zur Rückfallprophylaxe zu erarbeiten. Unabdingbare inhaltliche Themen in der Behandlung der pathologischen Glücksspielsucht stellen außerdem Geldmanagement und Selbstwert dar. Das vorliegende Fallbeispiel soll anhand eines fiktiven Patienten einen optimalen Behandlungsverlauf darstellen, wobei in Teil I ausführlich die Befunderhebung, Diagnostik und das zugrundeliegende Störungsmodell dargestellt werden. Der erste Teil endet mit der Beschreibung der Therapieziele, die gleichzeitig die Gliederung für den zweiten Teil darstellen: die Behandlung. In Teil II wird eine optimale und störungsfreie Behandlung beschrieben, die sich an den individuellen Verhaltensdefiziten des fiktiven Patienten orientiert, gleichzeitig aber auch die spielerspezifischen Themen und Inhalte berücksichtigt. Nur selten verläuft eine reale Behandlung derart ideal und lehrbuchartig schon gar nicht bei pathologischen Spielern. Die Fallbeschreibung will jedoch in systematischer Weise alle Behandlungsschritte darstellen, einführende und vertiefende Methoden vorstellen und auf mögliche Schwierigkeiten in der Umsetzung hinweisen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/1

127 Teil I: Befunderhebung und Diagnostik 1. Angaben zur spontan berichteten und erfragten Symptomatik Im Erstkontakt berichtet der 43jährige Herr X., er spiele an Automaten und erleide dabei immer wieder massive Kontroll- und Geldverluste. Er spiele episodisch (immer, wenn er Geld habe), dann über Stunden an bis zu vier Automaten gleichzeitig und könne erst aufhören, wenn er kein Geld mehr zur Verfügung habe. Erste Kontakte zu Spielautomaten hatte er im Alter von 18 Jahren. Nach anfänglichen Geldgewinnen habe er Verluste erlitten und versucht, diese durch erneutes Spielen auszugleichen. Schnell sei es zu finanziellen Engpässen gekommen, er habe begonnen, seine Eltern zu belügen und zu bestehlen. Später habe er einen Kredit aufgenommen, den er ebenfalls verspielt habe. Bald habe er den Überblick über seine laufenden Kosten verloren und diese nicht mehr begleichen können. Es habe auch immer mal wieder Monate oder Jahre gegeben, in denen er nicht gespielt habe (vor allem, wenn kein Geld zur Verfügung stand), insgesamt habe sich die Situation jedoch immer weiter zugespitzt. Vor fünf Jahren habe er sich schließlich an eine Suchtberatung gewandt und dort Hilfe bekommen. Er habe sich für eine stationäre Therapiemaßnahme entschieden und sei in einer Fachklinik zwölf Wochen behandelt worden. Hochmotiviert sei er danach an seinen Arbeitsplatz zurück gekehrt, jedoch sei es dort zu massiven Konflikten gekommen, die schließlich vier Wochen nach Entlassung zu einem Rückfall geführt hätten. Dies sowie die andauernde Konfliktsituation hätten ihn derart deprimiert, dass er einen Suizidversuch mit Tabletten unternommen habe, was zu einer vierwöchigen psychiatrischen Unterbringung geführt hat. Obwohl er im Anschluss die Arbeitsstelle verloren habe, sei er seither gefestigter und die Rückfälle seltener, dennoch erlebe er sie nach wie vor als nicht kontrollierbar. Zuletzt habe er vor ca. drei Monaten das letzte Mal gespielt. Er führe diese aktuelle abstinente Phase auf die fehlenden finanziellen Möglichkeiten zurück. Durch die Verschuldung von ca Euro sowie die aktuelle Arbeitslosigkeit bestünden sehr enge finanzielle Verhältnisse, was ihn stark belaste. Gleichzeitig traue er sich berufliche Belastungen aktuell nicht zu. Er lebe zurückgezogen, habe soziale Kontakte sowie Freizeitaktivitäten weitestgehend vernachlässigt bzw. eingestellt. Er fühle sich häufig antriebsarm, niedergeschlagen und lustlos. Er halte sich für einen Versager und traue sich kaum, seinen Kindern in die Augen zu schauen. Durch die Spielsucht sowie die finanziellen Sorgen käme es immer wieder zu Konflikten mit seiner Frau. Er habe den Eindruck, als Ehemann und Familienvater versagt zu haben. Als Anliegen an eine erneute Behandlung nennt Herr X., er wolle mehr Selbstbewusstsein erreichen sowie in seinem Willen fester werden, um so Rückfällen vorzubeugen. 2. Lerngeschichtliche Entwicklung und Krankheitsanamnese Zur aktuellen Lebenssituation: Herr X. ist 43 Jahre alt, seit 17 Jahren verheiratet und hat mit seiner Frau (41 Jahre) zwei Kinder (Tochter 15 Jahre, Sohn 12 Jahre). Von Beruf ist er Technischer Zeichner, derzeit jedoch arbeitslos und in geringfügigem Ausmaß als Pizzalieferant tätig. Mit seiner Familie bewohnt Herr X. eine gemeinsame Mietwohnung, die Wohnverhältnisse werden als beengt geschildert. Aufgrund der Verschuldung von ca Euro sowie der aktuellen Arbeitslosigkeit bestehen eingeschränkte finanzielle Verhältnisse. Die Beziehung zu seiner Ehefrau beschreibt Herr X. als sehr belastet durch wiederkehrende Konflikte, meist ausgelöst durch die Spielsucht oder die finanziellen Sorgen. Die Ehefrau misstraue ihm und kontrolliere ihn stark, er erlebe sie als dominant und einschüchternd. Er habe den Eindruck, er könne es ihr kaum recht machen. Mehrfach habe sie mit Trennung gedroht, wenn er nicht mit dem Spielen aufhöre. Dies wolle er unter allen Umständen ver- PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/2

128 meiden, er hänge sehr an seiner Frau. Sie sei neben den Kindern die einzige Bezugsperson, ein Freundeskreis bestehe nicht mehr. Als Hobbies und Freizeitinteressen gibt Herr X. an, er sei früher gerne Fahrrad gefahren, gejoggt und habe Tischtennis gespielt. Dies sowie einen aktiven Freundeskreis habe er in den vergangenen Jahren komplett vernachlässigt. Zur Biographie Herr X. wurde als zweites Kind seiner Eltern geboren. Ein Bruder ist 3 Jahre älter. Die Atmosphäre im Elternhaus wird beschrieben als desinteressiert, rigide und wenig liebevoll. Der Vater sei autoritär, patriarchalisch und jähzornig gewesen und habe den älteren Bruder stets aufgrund dessen besserer schulischen Leistungen bevorzugt. Kleinste Vergehen oder Konflikte seien regelmäßig mit Prügel oder Hausarrest gemaßregelt worden. Dies habe Herr X. oftmals ungerecht oder schikanierend erlebt und nennt als Beispiel, wie er während eines Familienurlaubs eine ganze Woche im Zimmer bleiben musste, um das 1x1 zu lernen, während die Familie Ausflüge unternommen habe. Auch erinnert er sich an Aufforderungen des Vaters, sich schon mal vorn über zu beugen, so habe er in der Erwartung, Prügel zu erhalten, bis zu einer halben Stunde verharrt, bis die Mutter lachend den Scherz des Vaters aufgelöst hatte. Bis zu seinem Auszug im Alter von 23 Jahren sei er den Schikanen und Demütigungen des Vaters ausgesetzt gewesen. Die Mutter wird als ordnungsliebend und fleißig beschrieben, die nichts gegen die Erziehungsmethoden des Vaters unternommen habe. Vielfach habe sie Partei für den Vater ergreifen. Liebe und Zuneigung habe er auch von ihr nicht erhalten. Im Alter von ca. 8 Jahren vereinbarten die Eltern aufgrund der schulischen Schwierigkeiten Nachhilfeunterricht mit einem ca. 20jährigen Mann aus der Nachbarschaft. Hier kam es zu sexuellen Übergriffen, von denen Herr X. aus Scham und Angst vor Ablehnung niemandem erzählte. Er befürchtete, die Eltern würden nicht ihm, sondern dem Täter glauben. Die Übergriffe dauerten ca. zwei Jahre an. Der Vater sei in der Zwischenzeit verstorben, zur Mutter bestehe ein angespanntes und konflikthaftes Verhältnis, wobei er stets um einen guten und positiven Kontakt bemüht sei. Krankheitsanamnese Im Alter von 18 Jahren hatte Herr X. erste Kontakte mit Geldspielautomaten. Anfängliche Gewinne ließen das Spielen interessant erscheinen. Sie vermittelten Herrn X., doch etwas gut zu können und mit Hilfe der zusätzlichen finanziellen Mittel habe er sich bei Gleichaltrigen beliebt machen können. Dies ebnete den Weg in die Spielsucht: sich einstellende Verluste wurden im Sinne einer Aufholjagd auszugleichen versucht. Schnell stellten sich Kontrollverlust und sozioökonomische Folgeerscheinungen ein, insbesondere Verschuldung und Kreditaufnahme, Lügen, Bestehlen der Eltern sowie die Vernachlässigung beruflicher Verpflichtungen, sozialer Beziehungen und der Freizeitgestaltung. Einen ersten Therapieversuch unternahm Herr X. vor fünf Jahren, indem er sich an eine Suchtberatungsstelle und eine Schuldnerberatung wandte und eine stationäre Therapiemaßnahme in einer Fachklinik durchführte. Hiernach konnte Herr X. ca. vier Wochen eine Spielabstinenz aufrechterhalten. Der Rückfall sei ausgelöst worden durch massive Konflikte am Arbeitsplatz. Dieser Rückfall habe ihn derart deprimiert, dass es zu einem Suizidversuch mit Tabletten gekommen sei. Daraufhin habe er sich in einer psychiatrischen Klinik stationär aufnehmen lassen. Seit dieser Zeit sei er gefestigter und die Rückfälle seien seltener. 3. Psychischer Befund Im äußeren Erscheinungsbild altersentsprechender, gepflegt und sportlich wirkender Pat., der im Erstkontakt ruhig und sachlich, jedoch wenig emotional beteiligt über den Krankheitsverlauf berichtet. Den Kontakt gestaltet er freundlich und auffällig angepasst, fast unterwürfig, wobei er um einen positiven Eindruck bemüht ist. Wach, bewusstseinsklar und zu allen Qualitäten korrekt orientiert, bringt er bei guter Reflexionsbereit- PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/3

129 schaft hohe Therapiemotivation zum Ausdruck. Affekt ist niedergeschlagen bei eingeschränkter emotionaler Schwingungsfähigkeit. Antrieb leicht gehemmt. Er wirkt unsicher, berichtet von gelegentlicher innerer Unruhe und verneint Schlafstörungen, Alpträume oder spezifisches Vermeidungsverhalten zur Reduktion unangenehmer Gedächtnisinhalte. Es gibt keine Hinweise auf psychotisches Geschehen, akute Suizidalität wird glaubhaft verneint. Testdiagnostik Als Standarddiagnostik empfiehlt sich zu Beginn des Kontakts mit dem pathologischen Glücksspieler der Kurzfragebogen zum Glücksspielverhalten (KFG) nach Petry (2003) und das Beck-Depressions- Inventar II (BDI) nach Hautzinger et al. (2006). Im Falle von Herrn X. wurde die psychometrische Diagnostik ergänzt um die Symptom-Checkliste (SCL-90-R) nach Franke (2002) sowie das Strukturierte Klinische Interview für DSM-IV-Achse-II-Störungen (SKID-II, Persönlichkeitsstörungen) nach Wittchen et al. (1997). Zusammenfassend weisen die psychodiagnostischen Verfahren (KFG, BDI-II, SCL-90-R, SKID-II) bei Herrn X. auf eine mittelgradig ausgeprägte Glücksspielsucht, eine starke Selbstunsicherheit, Minderwertigkeitsgefühle sowie eine negative und bedrückte Lebenseinstellung hin. In dem KFG erreicht Herr X. einen Summenrohwert von 35 Punkten von insgesamt 60 möglichen, welches einer mittelgradigen und behandlungsbedürftigen Glücksspielproblematik entspricht. Im BDI-II ergibt sich einen Summenrohwert von 25 von insgesamt 63 möglichen Punkten, was einer mittelgradig ausgeprägten depressiven Symptomatik entspricht. Im SCL-90-R weißt der Gesamtindex auf eine stark ausgeprägte subjektiv erlebte psychische Belastung hin. Die Skalen Selbstunsicherheit, Ängstlichkeit und Depressivität sind im Vergleich zur altersentsprechenden Normstichprobe besonders auffällig. Im SKID-II zeigen sich Hinweise auf selbstunsichere Persönlichkeitszüge, jedoch werden nicht alle Kriterien für das Ausmaß einer Persönlichkeitsstörung erfüllt. 4. Somatischer Befund Es liegen keine auffälligen somatischen Befunde oder aktuelle Medikation vor. 5. Störungsmodell und Verhaltensanalyse Im Vordergrund steht ein chronisch-pathologisches Spielverhalten mit Kontrollverlust sowie sozioökonomischen Folgeerscheinungen, die alle Lebensbereiche negativ beeinflussen. Systematische Problemanalysen des Glücksspielverhaltens zeigen, dass sich die auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen des Spielverhaltens auf für den Pat. unzufrieden verlaufende soziale Beziehungen zurück führen lassen, insbesondere zu nahestehenden Bezugspersonen wie Mutter und Ehefrau, aber auch am früheren Arbeitsplatz. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass Herr X. durch ein passiv-vermeidendes Verhalten indirekt zu den Konflikten beiträgt. Die Beziehungsgestaltung des Pat. ist geprägt von Unterwürfigkeit und Anpassung, eigene Bedürfnisse werden weitestgehend nicht geäußert bzw. zurückgestellt und es fällt ihm schwer, sich in einzelnen Situationen angemessen abzugrenzen bzw. ggf. zur Wehr zu setzen. Dem Pat. stehen hierfür nur unzureichende soziale Handlungskompetenzen für eine zufriedenstellende Interaktion zur Verfügung. Biographischer Hintergrund der dysfunktionalen Denk- und Verhaltensmuster Zur Erklärung dieser dysfunktionalen Denk- und Verhaltensmuster sind der biografische Hintergrund sowie die lerngeschichtliche Entwicklung des Pat. zu berücksichtigen, die geprägt sind von der Notwendigkeit, sich dem autoritären und zu willkürlichen und gewaltsamen Konfliktlösungen neigenden PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/4

130 Vater unterzuordnen und anzupassen, um so weitere Bestrafungen möglichst zu vermeiden. Somit konnte Herr X. keinen angemessenen Umgang mit Konflikten erlernen bzw. ausprobieren. Durch die schikanierenden Übergriffe, die den Eltern teilweise zur Erheiterung dienten sowie die sexuellen Übergriffe, die keine Begrenzung oder Verurteilung fanden, entstanden die dysfunktionalen Überzeugungen, minderwertig zu sein und keine Rechte zu haben sowie ein hohes Misstrauen in die eigene emotionale Wahrnehmung sowie soziale Beziehungen. Da Zuneigung an schulische Leistungen gekoppelt war, denen Herr X. in den Augen des Vaters trotz starker Anstrengungen nie genügte, entstand weiterhin die Einschätzung, nicht zu genügen und dadurch nicht liebenswert zu sein. Positive und negative Verstärkung des pathologischen Spielverhaltens In den Schilderungen des Pat. wird deutlich, dass er wiederkehrend in Situationen gerät, in denen er sich übermäßig bemüht oder anpasst, dann jedoch übervorteilt, ausgenutzt oder sich in seinen Bedürfnissen übergangen fühlt, worauf er emotional mit Enttäuschung, gekränkt sein, Hilflosigkeit, Ärger und Ohnmachtsgefühlen reagiert. Da es dem Pat. an angemessenen Möglichkeiten zum Gefühlsausdruck fehlt, kommt es zu starken inneren Anspannungen und psychophysischen Erregungszuständen, für die ihm keine adäquaten Umgangs- und Bewältigungsformen zur Verfügung stehen. Das pathologische Spielverhalten fungiert als dysfunktionale Bewältigungsstrategie, da das Spielen als kurzfristig positives Erlebnis im Sinne einer Ablenkung von den Problemen gewertet wird und durch diese negative Verstärkung beibehalten wird. Gelegentliche Gewinne werden als selbstwertsteigernd erlebt und erhalten eine weitere intermittierende positive Verstärkungsfunktion. Auf die sich einstellenden Folgen (Verschuldung, soziale Konflikte etc.) und die damit einhergehenden negativen Gefühlszustände reagiert Herr X. erneut mit Spielen. Alternative Bewältigungsformen bleiben somit unberücksichtigt und ungeübt. Der resultierende Teufelskreislauf stellt für den Patienten selbst eine massive Belastung dar, auf die er in depressiver Weise mit Deprimiertheit, Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Grübeln, Rückzug, suizidalen Gedanken und Handlungen reagiert. Dieses sich wiederholende Muster von auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen sowie die Funktionalität des Spielverhaltens zeigen sich in der folgenden Verhaltensanalyse mit Hilfe des SORK-Schemas: Abbildung 1: Verhaltensanalyse mittels SORK-Schema PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/5

131 6. Diagnosen F63.0: Abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle (pathologisches Glücksspiel) vor dem Hintergrund einer selbstunsicheren Persönlichkeitsakzentuierung F33.1: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Ausprägung 7. Therapieziele 1. Aufbau eines stabilen und vertrauensvollen therapeutischen Arbeitsbündnisses 2. Erarbeitung eines individuellen Erklärungsmodells zu auslösenden Faktoren und aufrechterhaltenden Problemverhaltensweisen 3. Förderung der Abstinenzmotivation und Erlangung einer nachhaltigen Spielabstinenz a) Förderung der Impulskontrolle b) Bearbeitung irrationaler spielerspezifischer Kognitionen c) Verbesserung des Geldmanagements d) Rückfallprophylaxe 4. Verbesserung von Stimmung und Antrieb (Reduktion der depressiven Beschwerden) 5. Aufbau von mehr Selbstsicherheit 6. Mit- und Weiterbehandlung PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/6

132 Teil II: Behandlung Die dargestellten Behandlungsmethoden beziehen sich auf die zurzeit üblichen und bewährten verhaltenstherapeutischen Methoden zur Behandlung der pathologischen Glücksspielsucht. Die Gliederung des zweiten Teils erfolgt entsprechend der oben genannten Therapieziele. In abstrahierter Weise wird ein Behandlungsverlauf dargestellt, der durch das Fallbeispiel Herr X. konkretisiert wird. Zunächst werden Methoden zum Aufbau eines stabilen therapeutischen Arbeitsbündnisses beschrieben. Es folgt die Beschreibung eines gemeinsam mit dem Patienten erarbeiteten individuellen Störungsmodells, das ihm die funktionalen Bedingungen aufzeigen und eine schlüssige Erklärung für sein Glücksspielverhalten liefern soll. Im Anschluss werden Methoden dargestellt, die die Behandlung der Glücksspielsucht sowie der depressiven und selbstunsicheren Symptomatik betreffen. Es werden Methoden und Interventionen sowohl für das Einzel- wie auch Gruppensetting dargestellt. Die meisten Interventionen lassen sich gut in beiden Behandlungskontexten einsetzen. Der zweite Teil wird abgerundet mit einem Überblick zur Angebotsstruktur für pathologische Glücksspieler. Zur besseren Lesefreundlichkeit sollen im Folgenden beide Geschlechter durch die männliche Schreibweise angesprochen werden. Auch wird durchgängig von Patienten gesprochen, auch wenn der Leser selbst eventuell eine andere Bezeichnung (z.b. Klient) bevorzugt. Zudem sollen durch das Wort Behandlung (bzw. Behandler) alle Formen von therapeutischen Settings angesprochen werden, unabhängig von der beruflichen oder therapeutischen Grundausrichtung. Therapieziel 1: Aufbau eines stabilen und vertrauensvollen therapeutischen Arbeitsbündnisses Zum Aufbau eines vertrauensvollen therapeutischen Arbeitsbündnisses werden zunächst vertrauensfördernde Maßnahmen im Erstkontakt eingesetzt. Diese Interventionen basieren auf den grundlegenden Gesprächsführungstechniken wie Zugewandheit, Empathie, Akzeptanz, interessiertes und aktives Zuhören, Nachfragen und Paraphrasieren. Dem Patienten wird Gelegenheit gegeben, seine Sichtweise der Problematik uneingeschränkt zu schildern, ohne dass er an dieser Stelle eine wertende Kommentierung von Seiten des Behandlers befürchten muss. Der Berater bzw. Therapeut bleibt neutral, freundlich und in angemessenem Rahmen mitfühlend. Spielerspezifische Probleme in der Kontaktgestaltung Hierin unterscheidet sich der Kontaktaufbau zu pathologischen Glücksspielern nicht von anderen Patienten, die sich in Behandlung begeben. Wesentlich ist jedoch, bereits im ersten Kontakt spielerspezifische Problembereiche in der Kontaktgestaltung anzusprechen, mit denen eine Vorausschau auf mögliche Hürden oder Schwierigkeiten in der Behandlung gegeben wird. Dazu gehören zum Beispiel Verheimlichungen aufgrund von Scham oder Schuldgefühlen durch Lügen, Tricksen oder unentschuldigtes Fernbleiben. Durch das Ansprechen solcher möglichen Schwierigkeiten zeigt der Behandler Fachkompetenz. Im Vordergrund steht aber die Möglichkeit, erste Vereinbarungen zu treffen, wie mit diesem spielerspezifischen Problemverhalten umgegangen werden soll, wenn es auftritt. Der Patient muss sich sicher sein können, keine negativen Konsequenzen zu erfahren, wenn er rückfällig geworden ist, sondern dass er auf eine offene und neutrale Reaktion treffen wird, wenn er seine Rückfälle outet. Ihm muss klar sein, dass nur so eine Überwindung der Glücksspielsucht möglich sein wird. Demgegenüber sorgt der Behandler für eine Arbeitsatmosphäre, die ein Offenbaren von schambesetzten Themen erleichtert. Disziplinarische Konsequenzen Aus diesem Grund stellt ein disziplinarisches Behandlungsende bei wiederholtem Fernbleiben, Rückfällen oder anderem therapiestörendem Verhalten in der ambulanten Behandlung keine hilfreiche PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/7

133 Konsequenz dar. Dieses Vorgehen wird teilweise im stationären Setting in Form eines Ampel- Modells angekündigt und angewandt: gelbe Karte bei einem ersten Vergehen, rote Karte bei einem zweiten und es folgt die disziplinarische Entlassung bei einem weiteren Vergehen. Im Gegensatz zum stationären Aufenthalt, bei der die Behandlung wieder aufgenommen oder neu beantragt werden kann, stellen ambulante Behandlungsangebote oftmals nur die einzige Anlaufstelle vor Ort für den Spielsüchtigen dar. Diese Behandlungschance sollte nicht verbaut werden. Dies bedeutet nicht, dass der Behandler alles mitmachen und aushalten muss, was der Spielsüchtige an Beziehungs-Stress- Tests bietet. Gegebenenfalls kann eine vereinbarte Behandlungspause hilfreich und eine ausreichende Konsequenz für den Patienten darstellen, wobei hiermit auch immer das Angebot der Weitermachen-Könnens verbunden sein sollte, wenn der Patient stärker motiviert ist. Behandlungsfortschritte Therapieziel 1 Der Aufbau eines vertrauensvollen therapeutischen Arbeitsbündnis gelang mit Herrn X. schnell und unkompliziert. Von Beginn an war er um einen positiven Eindruck bemüht, kam verlässlich und pünktlich zu den Behandlungsterminen und brachte aufgetragene Aufgaben erledigt mit. Fragen beantwortete er aufgeschlossen und bereitwillig, darüber hinaus zeigte er eine gute Bereitschaft zur Reflektion. Im Kontaktverhalten war er zugewandt und freundlich, gleichzeitig fiel eine Unsicherheit auf, die konform ging mit dem angepassten Verhalten des Patienten: Der Patient befürchtete gemäß seiner bisherigen Lebenserfahrungen mögliche negative Konsequenzen von mir als seiner Therapeutin, sobald er etwas falsch machte. Diese Beobachtung wurde bereits zu einem frühen Zeitpunkt in der Therapie von mir rückgemeldet und im Rahmen des individuellen Erklärungsmodells (Therapieziel 2) aufgegriffen: zum einen wurden dem Patienten die langfristig negativen Konsequenzen dieser Anpassungsleistung in sozialen Interaktionen verdeutlicht und die damit verbundene wiederkehrende Rückfallgefährdung. Zum anderen sollte dem Patienten beispielhaft die therapeutische Interaktion als Übungsfeld angeboten werden, wobei mir die Rolle eines modellhaften Interaktionspartners zukam, der zu einer Verhaltensänderungen ermutigte, diese positiv verstärkte und so neue Erfahrungen im Sozialkontakt ermöglichte. Therapieziel 2: Erarbeitung eines individuellen Erklärungsmodells über auslösende Bedingungen und aufrechterhaltende Problemverhaltensweisen Die Erarbeitung eines individuellen Störungsmodells über die funktionalen Bedingungen der Erkrankung stellt das Herzstück der verhaltenstherapeutischen Behandlung dar. In anschaulicher und nachvollziehbarer Weise soll dem Patienten anhand realer Alltagsbeispiele eine Erklärung für seine Erkrankung (z.b. das Suchtverhalten) vermittelt werden. Dabei gelten die verhaltenstherapeutischen Prinzipien der Transparenz, Plausibilität, Zielgerichtetheit und Handhabbarkeit. Der Pat. soll abschließend in der Lage sein, die sogenannten auslösenden Bedingungen (d.h., was hat zu der Entwicklung der Glücksspielsucht geführt?) sowie die aufrechterhaltenden Faktoren (d.h., warum kann ich nicht einfach mit dem Spielen aufhören?) zu benennen. Auslösende Bedingungen und aufrechterhaltende Faktoren Die auslösenden Bedingungen beschreiben die langfristig zurückliegenden Bedingungen, die dazu beigetragen haben, dass der Patient glücksspielsüchtig wurde. Welche Faktoren bringt er in seiner Person und seiner Lerngeschichte mit und welche situativen Auslöser und Bedingungen herrschten zum Zeitpunkt des Spielbeginns? Die aufrechterhaltenden Faktoren beziehen sich auf aktuelle Situationen oder Bedingungen, die immer wieder zum Spielen führen, und beschreiben die Funktionalität des Problemverhaltens. Wie bereits dargestellt, handelt es sich bei dem pathologischen Spielen um ein operant konditioniertes Fehlverhalten, durch das der Betroffene negativen Lebensumständen oder Gefühlszuständen zu entfliehen versucht, denen er sich nicht gewachsen fühlt. Das Spielverhalten PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/8

134 verfestigt und chronifiziert sich unter diesen Lernbedingungen, die man negative Verstärkung nennt. Gleichzeitig, und das ist eine Besonderheit in der Darstellung und Behandlung der Glücksspielsucht im Vergleich zu vielen Störungen aus dem Neurosenbereich, findet eine positive Verstärkung durch die gelegentlichen Gewinnausschüttungen statt, die unvorhersehbar und dadurch intermittierend auftreten und deshalb extrem löschungsresistent sind. Viele Spieler können sich genau an ihr erstes Mal am Automaten oder Roulettekessel erinnern und wissen im Detail, wie hoch Einsatz und Gewinn waren. Sie berichten von einem außergewöhnlichen Kick - und Euphorieerleben, das mit jedem Beinahe-Gewinn getriggert wird und die Therapie- und Veränderungsmotivation so gering ausfallen lässt. Auch soziale Faktoren wie Zugehörigkeit, Anerkennung und Neid bei Gewinnen können als positive Verstärker gelten. Die sich einstellenden Verluste werden zunächst im Sinne einer Aufholjagd auszugleichen versucht, bevor weitere Verluste die negativen Glücksspielfolgen immer deutlicher abbilden, denen erneut entflohen werden muss: lustgesteuertes Zielverhalten wird zu frustgesteuertem Vermeidungsverhalten (Hand, 2004). Im ersten Teil der Fallbeschreibung wurde das Ergebnis einer Verhaltensanalyse inklusive SORK-Schema ausführlich beschrieben. Sie dient dem Behandler dazu, die funktionalen Zusammenhänge zu begreifen und einen entsprechenden zielgerichteten Behandlungsplan aufstellen zu können. Die gemeinsame Erarbeitung mit dem Patienten hat jedoch als wesentliches Ziel, dass dieser selbst die Zusammenhänge erkennt, seine Störung versteht und mit entsprechenden Strategien dagegen angehen kann. Dabei werden anhand von Alltagsbeispielen die konkret beobachtbaren Reaktionen auf vier Verhaltensebenen erfasst und unterschieden: - Kognitive Ebene: Was geht der betroffenen Person in diesem Moment an Gedanken durch den Kopf? - Emotionale Ebene: Was fühlt die Person in diesem Moment? - Physiologische Ebene: Welche Körperreaktionen sind beobachtbar? - Motorische Ebene: Was ist das eigentliche (Problem-)Verhalten in der Situation? Die Bezeichnung Problemverhalten wurde gewählt, da es sich um Verhaltensweisen handelt, die sich langfristig als nicht hilfreich bzw. zielführend herausstellen und somit dazu beitragen, dass sich die Störung, Krankheit oder Sucht verfestigt. Der Patient muss die Unterscheidung von kurzfristigen und langfristigen Konsequenzen lernen und auf seine Situation und sein Verhalten anwenden können. Er muss erkennen, dass sein Verhalten kurzfristig Vorteile in Form von Ablenkung, Unterhaltung, Auszeit, Konfliktvermeidung, Entspannung oder Freude bringt. Langfristig führt sein Verhalten jedoch zu weiteren negativen Glücksspielfolgen, die eine besondere Problemlösung notwendig werden lassen, denen er sich wiederum nicht gewachsen fühlt und die zu neuerlichem Spielverhalten führt. Der Patient soll erfahren, dass er sich in einem Teufelskreis befindet, aus dem es nur einen Ausweg gibt: die Spielabstinenz. Viele der Betroffenen erleben die Bezeichnung ihrer Sucht als dysfunktionalen Problemlöseversuch als sehr entlastend und entpathologisierend. Sie erfahren, dass nicht sie als Person schlecht, willensschwach und versagend sind, sondern dass es Umstände und Verhaltensdefizite sind, die das Suchtverhalten begünstigen. Der entscheidende Vorteil einer genauen Verhaltensanalyse mit dem SORK-Schema für die Behandlung der pathologischen Glücksspielsucht liegt in der Ableitung konkreter und zielgerichteter Verhaltensänderungen. Wenn der Betroffene weiß, was er ungünstigerweise in schwierigen Situationen tut und welches Verhalten hilfreicher und zielführender wäre, kann er sukzessive sein Verhalten ändern und der Sucht entgegentreten. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/9

135 Abbildung 2: Verhaltensänderung mittels SORK-Schema Zusammenfassend verfolgt die Verhaltensanalyse mehrere Behandlungsziele und ist neben der Diagnostik bereits therapeutisches Instrument: 1. Der Patient erfährt die Gründe für seine Sucht und lernt funktionale Zusammenhänge erkennen. 2. Durch die Arbeit mit dem SORK-Schema wird mit dem Patienten die Benennung der eigenen Befindlichkeiten und beteiligter Emotionen geübt, was vielen Spielern durch die invalidierenden biografischen Bedingungen oftmals schwerfällt. Viele Betroffene sind es schlichtweg nicht gewohnt, auf die eigene Befindlichkeit zu achten und in dieser Ausführlichkeit über sich selbst zu sprechen. Meist fehlen ihnen entsprechende Wortbezeichnungen für das, was sie erleben. Dies kann sukzessive in diesem Behandlungsschritt geübt werden. 3. Die Selbstwahrnehmung und Selbstbeobachtung übt und verbessert sich durch ein wiederholtes Anwenden des SORK-Schemas. Durch eine verbesserte Selbstwahrnehmung können Frühwarnzeichen bei einem drohenden Rückfall schneller erkannt werden. Und es kann frühzeitig gegengesteuert werden. 4. Die nächsten Behandlungsschritte lassen sich unmittelbar ableiten. Dabei kann der Patient zunehmend selbständig und eigenverantwortlich die nächsten notwendigen Ziele bestimmen und so im Verlauf der Behandlung im Sinne eines Selbstmanagements eine stärker werdende Kompetenz im Umgang mit seiner Erkrankung erreichen. Behandlungsfortschritte Therapieziel 2 Durch die Erarbeitung des individuellen Erklärungsmodells über die rückfallbedingenden Faktoren sowie die aufrechterhaltenden Problemverhaltensweisen erkannte Herr X., dass der Verlust des Arbeitsplatzes zu einer massiven Enttäuschung und Kränkung geführt hatte, die die Folge seines übermäßigen Bemühens nach Therapieende waren. Auch die als problematisch geschilderte Partnerschaft und die sich ambivalent gestaltenden Beziehungen tragen den aufrechterhaltenden Bedingungen Rechnung. Herr X. erkannte als eigenes dysfunktionales Verhaltensmuster ein übermäßiges Bemü- PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/10

136 hen und Fürsorgen um andere (Mutter bzw. Lebenspartnerin), durch das er sich immer wieder in Situationen der Abhängigkeit bringt und Gefahr läuft ausgenutzt zu werden bzw. eigene Bedürfnisse zu ignorieren. Ihm wurde deutlich, dass er hinsichtlich der Wahrnehmung eigener Gefühle und Bedürfnisse stark verunsichert ist und sich nur bedingt eigene Bedürfnisse zugesteht. Weiterhin wurde ihm bewusst, dass das Ausbleiben einer erwünschten Anerkennung und Wertschätzung seiner Bemühungen zu Abgelehnt- und Abgewertet-Fühlen führte, was jeweils alte, biografisch bedingte Erfahrungen und Gefühle reaktivierte und zu Grübeln, Rückzug und erneutem Spielen führte. Aus diesen Erkenntnissen ergab sich ein komplexes Behandlungsprogramm, welches gemeinsam mit dem Pat. besprochen und vereinbart wurde. Neben spielerspezifischen Maßnahmen zur Festigung der Abstinenzmotivation und Förderung einer freiwilligen Abstinenzentscheidung betrafen die Behandlungsinhalte die Steigerung von sozialen Kompetenzen zur Verbesserung sozialer Interaktionen und einer aktiveren Problem- und Konfliktbewältigung. Weiterhin sollte ein Schwerpunkt auf die Verbesserung der Selbstwahrnehmung und des Selbstwertempfindens gelegt werden. Zur Überwindung der depressiven Verstimmungen wurden eine Reduktion depressionsfördernder Verhaltensweisen wie Grübeln und Rückzugsverhalten bei gleichzeitigem Ausbau positiver Freizeitaktivitäten und Förderung der Genussfähigkeit vereinbart. Therapieziel 3: Förderung der Abstinenzmotivation und Erlangung einer nachhaltigen Spielabstinenz Abstinenzentscheidung als Voraussetzung Zur Überwindung der Glückspielsucht ist das Treffen einer freiwilligen Abstinenzentscheidung unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung. Ein kontrolliertes Spielen als Therapieziel mit dem Patienten zu vereinbaren, erscheint allenfalls als möglicher Zwischenschritt hin zur vollständigen Abstinenz, da jedes Spiel um Geld die Gefahr eines dauerhaften Rückfalls bedeutet. Bei einem fortgeschrittenen Suchtverhalten ist die Fähigkeit zur Verhaltenskontrolle, die es für ein kontrolliertes Spielverhalten bräuchte, nicht mehr vorhanden. Zudem sind irrationale Kontrollüberzeugungen und abergläubisches Denken ( gamblers fallacy ) zu stark ausgeprägt und stellen ebenfalls ein erhöhtes Rückfallrisiko dar. Pathologische Spieler neigen beim Spiel im Vergleich zu professionellen Spielern oder Unterhaltungsspielern zu einem höheren Risikoverhalten und vernachlässigen rationale und vernünftige Spielregeln. In diesem Sinne sind pathologische Spieler aus dem Paradies kontrollierter Spielunterhaltung für immer vertrieben. Ambivalenz und Behandlungsmotivation Für den Aufbau und die Festigung einer dauerhaften Abstinenzmotivation sind wie bei anderen Suchterkrankungen auch auf Seiten des Behandlers häufig eine außergewöhnliche Ausdauer und Geduld von Nöten. Spieler begeben sich zwar häufig in die Behandlung mit dem scheinbar eindeutig geäußerten Ziel ich will nicht mehr spielen!, meinen jedoch etwas anderes, denn die meisten würden durchaus weiterspielen, wenn dies keine negativen Folgen mit sich brächte. Die eigentliche Behandlungsmotivation heißt also: Ich möchte keine Schulden mehr machen. oder Ich möchte keinen Streit mehr mit meiner Frau. Die Spieler befinden sich also in einer Entscheidungsambivalenz zwischen den schönen Seiten des Spielens und den nicht mehr zu leugnenden Nachteilen. Sie wissen, dass es vernünftig wäre, mit dem Spielen aufzuhören, jedoch fehlt ihnen eine angemessene Alternative dazu und daher erleben sie das Aufgeben des Spielens als herben Verlust. Durch das jahrelange Spielen hat die Wahrnehmung anderer Gefühlsqualitäten brach gelegen und viele alternativen Freizeitaktivitäten erscheinen im Vergleich dazu langweilig. Für das Spielen gibt es für den Spieler keinen Ersatz und dem Behandler muss im PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/11

137 Rahmen dieser Behandlungsphase bewusst sein, dass ein einseitiges schmackhaft machen der Vorteile eines abstinenten Lebens den Spieler nicht überzeugen wird. Ein Spieler spürt zunächst Abstinenzwünsche aus Sicht seines Suchtverhaltens ( es wäre gut für die anderen, wenn ich nicht mehr spiele ), während der Behandler eine suchttherapeutische Motivation im Sinne eines individuellen Krankheitsmodell verfolgt ( es wäre gut für dich, wenn du nicht mehr spielst ). Das heißt nicht, dass Spieler fremdmotiviert sind, sondern dass die Vorteile seines abstinenten Lebens erst mal andere spüren werden: die Frau, die Kinder, der Arbeitgeber, die Gläubiger etc. Der Spieler selbst hingegen wird etwas Wichtiges verlieren: seinen Rückzugs- und Ruheort, seinen Kompetenzbereich, sein Kick -Erleben, seine Träume von einem sorgenfreien Leben etc. Stattdessen erwarten ihn viele Probleme, denen er sich bislang entzogen hatte: Schulden, Konflikte, Langeweile etc. Daher stellt die Ambivalenzphase die wichtigste Behandlungsphase dar und muss gegebenenfalls mehrfach im Behandlungsverlauf aufgegriffen und vertieft werden. Es ist wichtig, die Ambivalenz, in der sich der Patient befindet, offen anzusprechen und die Bereitschaft, auf soviel Wichtiges verzichten zu wollen, anzuerkennen und wertzuschätzen. Ziel ist es, dem Patienten Entscheidungsräume zu lassen und als Behandler nicht übermäßig viel mehr an Verantwortung zu übernehmen als der Spieler selbst, auch wenn dieser durch Darstellung großer Not und Hilflosigkeit dazu auffordert. Methoden: Motivierende Gesprächsführung und Konsequenzanalysen Hilfreiche Anregungen für eine motivierende Gesprächsführung in der Ambivalenzphase finden sich bei Miller & Rollnick (2009). Sie beschreiben als Ziel die Steigerung bzw. Ausweitung von Motiven, die eine Veränderung befürworten, bei gleichzeitiger Verringerung von Motiven, die eine Beibehaltung des alten Verhaltens bewirken. In der nachfolgenden Grafik verdeutlicht die Waagenmethapher das Ziel dieser Behandlungsphase, den Beibehaltungsnutzen sowie die Veränderungskosten zu verringern bei gleichzeitiger Steigerung der Beibehaltungskosten und des Veränderungsnutzens. Durch motivierende Gesprächsführung werden die Ambivalenzen offenbart und kognitive Dissonanzen erzeugt. Abbildung 3: Waagenmetapher Eine weitere Methode zur Beschreibung und Bearbeitung der Ambivalenz stellen Konsequenzanalysen dar. Dazu werden mit dem Spieler zwei Fragen thematisiert und ausgearbeitet: Wie wird mein Leben verlaufen, wenn ich weiter spiele? Wie wird mein Leben verlaufen, wenn ich nicht mehr spiele? PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/12

138 Es können dazu unterschiedliche Vorgehensweisen angewandt werden. Im stationären Setting bietet es sich an, im Rahmen der Gestaltungstherapie diese Fragen in Form von Bildern oder Collagen erarbeiten zu lassen und in der Gruppe zu besprechen. Andernfalls lässt es sich auch am Flipchart oder als Vier-Felder-Tafel in Anlehnung an Marlatt (1985) zusammen tragen: Kurzfristig Langfristig Vorteile der Abstinenz Nachteile der Abstinenz Abbildung 4: Vierfelder-Schema Es soll eine Kosten-Nutzen-Analyse aufgestellt werden, die eine realistische Einschätzung der Abstinenz verdeutlicht und die Opfer aufzeigt, die dabei erbracht werden müssen. Spieler formulieren die negativen Konsequenzen des Weiterspielens oftmals sehr realistisch, wobei sie den positiven Aspekt der kurzfristigen Problemverdrängung häufig vergessen. Hierauf sollten sie unbedingt hingewiesen werden: das Spielen wird immer eine verlässliche Hilfe in der kurzfristigen Problemvermeidung sein. Langfristige negative Konsequenzen können weitere Verschuldung, Konflikte, Delinquenz, Inhaftierung, Verlust von Familie, Freunden, Arbeitsplatz und Besitz, Hunger, Verwahrlosung, steigende Depressivität durch Versagensgefühle und Hoffnungslosigkeit mit resultierender steigender Suizidgefährdung sein. Weitaus unrealistischer bewerten Spieler ihr Leben, das sie führen werden, wenn sie nicht mehr spielen. Die Spieler träumen nicht selten von einem idyllischen Leben mit ihrem schicken Auto, dem tollen Haus, der hübschen Ehefrau, den glücklichen Kindern und den Fernreisen in exotische Länder. Selten werden der Schuldenabbau, die Jobsuche, das Kitten der Ehe, der Vertrauensaufbau zu den Eltern, Geschwistern und Freunden oder die Überwindung der Sucht erwähnt. Das glückliche Leben, das sich vielleicht jeder ein Stückchen wünscht, gibt es in dieser Reinform nur äußerst selten und bedeutet zudem oftmals hartes und ausdauerndes Bemühen. Mit dieser Lebensweisheit sind Spieler hart konfrontiert und es stellt die vielleicht noch brüchige Abstinenzmotivation erheblich in Frage. Spieler vermeiden die Auseinandersetzung mit dem realen Alltag, daher ist es wichtig, eine Auseinandersetzung mit der Realität zu bewirken, eine emotionale Dichte und Betroffenheit herzustellen und darauf vorzubereiten, dass der abstinente Weg arbeitsreich und steinig wird. Neben dieser sehr realistischen Zielformulierung lässt sich aber gleichzeitig zeigen, was für ein Erfolg jeder abstinente Tag bedeutet. Um die Ambivalenzphase abzuschließen, kann die Übung Abschiedsbrief an das Symptom unterstützend wirken. Der Spieler wird aufgefordert, einen Abschiedsbrief an den Automaten, Roulettekessel oder anderes bevorzugtes Spielmedium zu schreiben. Dabei soll er diesen Brief in persönlicher Weise, wie an einen Freund, verfassen, z.b. Lieber Automat, du hast mich lange Jahre PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/13

139 begleitet. Hast mir Rückhalt und Trost gegeben. Zumindest glaubte ich das lange Zeit. Heute weiß ich, dass Du kein wahrer Freund bist. Diese Übung ist abhängig vom Reflektionsgrad und den orthografischen Fähigkeiten des Patienten, bietet dem Behandler aber einen weiteren diagnostischen Einblick in die Denkweise und Abstinenzmotivation des Patienten. Der Spieler darf seinen alten Weggefährten durchaus noch idealisieren, aber er sollte sich eindeutig von ihm distanzieren und sich von ihm für immer verabschieden. Nach erfolgreicher Steigerung der Abstinenzmotivation erfolgt die Behandlung der glücksspielspezifischen Bereiche. Die nachfolgend dargestellten Behandlungsbausteine zur Erlangung einer nachhaltigen Spielabstinenz orientieren sich weitestgehend an den Behandlungsansätzen, wie sie bei Petry (2003) oder Meyer & Bachmann (2005) beschrieben sind. Ergänzt werden sie durch meine langjährige praktische Tätigkeit sowie gesammeltem Fortbildungswissen. Therapieziel 3a: Förderung der Impulskontrolle Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gehört die Glücksspielsucht in der diagnostischen Einordnung der gängigen Klassifikationssysteme DSM-IV-TR (Saß et al., 2003) sowie ICD-10 (WHO, 2009) noch zu der Restkategorie der Impulskontrollstörungen und ist somit getrennt aufgeführt von den substanzbezogenen Süchten (F1) und den nicht-abhängigkeitserzeugenden Substanzen (F55). Aktuell wird mit der Herausgabe der nächsten Auflage des DSM eine Neueinteilung diskutiert, in der die Glücksspielsucht den Suchterkrankungen ( addiction and related disorders ) zugeordnet werden soll. Unabhängig von der klassifikatorischen Einordnung stellt die Förderung der Impulskontrolle einen wesentlichen Bestandteil in der Behandlung von Glückspielsüchtigen dar. Viele Spieler sind in ihrem Wesen oftmals impulsiv: sie handeln plötzlich, unbeherrscht, aufbrausend oder ungeduldig. Befindlichkeiten oder Bedürfnisse werden sofort mitgeteilt und müssen unmittelbar befriedigt werden. Die Möglichkeit zum Aufschub scheint nicht zu existieren. Vielen Spielern fehlt die Fähigkeit für langfristige Zielsetzungen oder Planungen, weshalb ihre Problemlösungen häufig ein noch größeres Chaos zur Folge haben. Eine ausgeprägte Impulsivität und geringe Impulskontrolle zeigen sich auf allen Funktionsebenen: im Verhalten, in kognitiven Prozessen und bei der Regulation von Emotionen. Forschungsergebnisse sprechen dafür, dass eine mangelnde Impulskontrolle eine gewisse Prädisposition für die Entwicklung eines pathologischen Glücksspielverhaltens darstellt (vgl. Buchner et al. 2010). Was ist ein Impuls? Mit dieser Frage lässt sich das Thema in den Spielergruppen und Einzelsitzungen einleiten. Zur besseren Veranschaulichung kann man einem Gruppenteilnehmer die Hand entgegenstrecken und Guten Tag sagen. In den überwiegenden Fällen wird die ausgestreckte Hand ergriffen und die angesprochene Person erwidert den Gruß. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass ein Impuls durch einen willkürlichen Auslöser zu der Ausführung eines erlernten Verhaltens führt, das durch viel Übung automatisiert wurde. Das Beispiel die Hand zum Gruß reichen würde z.b. in weiten Teilen Asiens nicht funktionieren, da dort andere Begrüßungsrituale geübt und automatisiert sind. Damit unterscheidet sich ein Impuls von einem Reflex, der angeboren und damit nicht willentlich veränderbar ist. Ein Impuls löst also eine hochautomatisierte Handlung aus, die nicht mehr reflektiert wird (z.b. beim Autofahren: vor dem Abbiegen den Blinker setzen und in einen niedrigeren Gang schalten). Viele Spieler berichten (in Abwandlungen), ihr Auto habe den Weg zur Spielhalle ganz allein zurückgelegt und plötzlich seien sie in der Spielhalle gewesen. Mögliche auslösende Impulse werden nicht mehr PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/14

140 wahrgenommen. Der Vorteil eines Impulses ist, dass man ihn sich bewusst machen und unterbinden kann. Impulskontrolle ist also die Fähigkeit, eigenen unerwünschten Impulsen vorzubeugen, diese zu unterdrücken oder flexibel auf sie reagieren zu können. Eine adäquate Impulskontrolle bildet die wesentliche Grundlage für soziale Interaktionen im Sinne einer Handlungsregulation. Hierzu müssen die Einzelteile des impulsiven Ablaufs wieder wahrgenommen und in eine zeitliche Dimension gebracht werden. Selten geschieht es nämlich, dass ein Spieler innerhalb einer Sekunde in seiner Spielhalle steht. Sondern es hat einen gewissen Zeitvorlauf, bis das Spiel beginnt, z.b. Jacke anziehen, Geld holen, drei Kreuzungen überqueren, an der roten Ampel warten, Parkplatz suchen etc. Folgendes Flipchart wurde in einer Spielergruppe erarbeitet und bildet diesen Behandlungsabschnitt mit der Darstellung einzelner Ablaufschritte und dem Aufzeigen einer zeitlichen Dimension ab: Abbildung 5: Flipchart Spielimpuls Ein Spielimpuls wird ausgelöst durch situative Reize oder Stimuli, wie z.b. Konflikte, Streit, Langeweile, Überforderung, Frustration, Gedanken an einen möglichen Geldgewinn oder durch zur Verfügung stehendes Bargeld. Im nächsten Schritt werden dann Strategien erarbeitet, die als Auslösekontrolltechniken einen funktionalen Umgang mit den impulsauslösenden Stimuli bieten. Verhaltensbeobachtung und Verhaltenskontrolle Durch eine sehr genaue Verhaltensbeobachtung und Verhaltensbeschreibung, z.b. mit Hilfe des SORK-Schemas, lassen sich die zeitlichen und funktionalen Abläufe und Beziehungen zwischen vorausgehenden Stimuli und dem nachfolgenden Verhalten erkennen. Dies ist anfänglich ein mühsames Unterfangen, da die Abläufe so stark automatisiert sind, dass sie erst wieder bewusst wahrgenommen werden müssen. Im Anschluss werden Stimuli und Reize, die das unerwünschte Verhalten fördern, sukzessive reduziert bzw. durch adäquate Verhaltensweisen ersetzt. Zum Beispiel kann eine verbesserte Problem- und Konfliktlösekompetenz Stress und Ärger minimieren: In einer Ärgersituation werden alternative Verhaltensweisen wie Ausatmen, sich eine Auszeit nehmen oder innerlich bis 10 - PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/15

141 Zählen eingeübt. Weitere Methoden zur Impulskontrolle sind: im Casino sperren lassen, die EC-Karte abgeben, Geldabhebung nur am Schalter vereinbaren, den Dispo-Kredit sperren lassen, nur geringe Mengen Bargeld bei sich führen oder den Weg an der Stammspielhalle vorbei vermeiden. Wenn das neue Verhalten ausprobiert wurde, sollte unabhängig von seinem Ausgang eine positive Verstärkung erfolgen, z.b. in Form von Lob, Ermutigung und Aufzeigen der neuen Konsequenzen. Prinzipiell sollten Spieler für jede Verhaltensänderung unmittelbar positiv verstärkt werden, um sie in ihrer Veränderungsmotivation zu festigen. Positive Verhaltensänderungen, die unbeachtet bleiben, werden nur selten ein zweites Mal ausgeführt. Aufgrund der hohen Impulsivität und mangelnden Frustrationstoleranz führen unbeachtete Verhaltensänderungen bei Glücksspielern sehr schnell zu einem resignierten Resümee mit resultierendem Behandlungsabbruch. Kontrolle der Bedürfnisbefriedigung Spieler müssen lernen, dass sie ihre spontan auftretenden inneren Impulse nicht unmittelbar und sofort befriedigen, sondern die Fähigkeit erlernen müssen, diese Impulse zu kontrollieren und die eigene Bedürfnisbefriedigung aufzuschieben. Daher kann es auch wichtig sein, andere impulsive Verhaltensweisen und Ausbrüche im Alltagsverhalten zu explorieren. Zum Beispiel kann impulsives Autofahren oder impulsives Beziehungsverhalten (z.b. ungeduldig werden, Schreien, Schlagen etc.) thematisiert und in Beziehung zum Glücksspielverhalten gesetzt werden: Was steckt dahinter? Geht es hier möglicherweise um ein vergleichbares Kick -Erleben? Geduldspiele Eine Erhöhung der Impulskontrolle kann auch durch langfristige und schwierige Projekte erreicht werden, z.b. ein 1000-teiliges Puzzle oder eine diffizile handwerkliche Arbeit. In der stationären Behandlung bietet es sich z.b. an, die Spieler im Rahmen der Gestaltungstherapie einen Speckstein zu einer sogenannten doppelt gebuchteten Bohne ausarbeiten zu lassen. Dies erfordert Ausdauer und Geschick, wenn der Stein nicht in der Mitte auseinander brechen soll. Zudem ist dieses weitestgehend sinnfreie Unterfangen eine gute Übung für die Entwicklung einer höheren Frustrationstoleranz. Bei solchen Aufgaben ist es jedoch wichtig, den Spielern das Ziel der Übung ausführlich zu erklären, um nicht das Gefühl einer Bestrafung zu erwecken. Das Ergebnis stellt jedoch einen symbolischen und anfassbaren Teilerfolg der Abstinenz dar, der wiederum verstärkend eingesetzt werden kann. Positive Selbstinstruktionen Weiterhin können positive Selbstinstruktionen hilfreich sein. Auch unsere Gedanken sind in der Regel hoch automatisiert, funktionieren wie innere Antreiber und sind handlungsleitend. Negative Selbstinstruktionen wie z.b. ich bin ein Versager mir wird nie etwas gelingen müssen identifiziert werden, da sie das Verhalten beeinflussen und so einen ungünstigen Verlauf und Ausgang einer Situation vorweg nehmen können. Im Anschluss werden sie durch positive Sätze ersetzt, z.b. Ich habe schon einiges geschafft, das wird mir jetzt auch gelingen. Beruhigende Sätze wie ruhig bleiben ich schaffe das schon und lass dir Zeit können ebenso wie Ausatmen oder das Innerlich-bis-10-zählen wichtige Zeitfenster schaffen, in denen automatisierte Handlungen überdacht und verändert werden können. Dabei ist es wichtig zu lernen, entsprechende rückfallbedingende Stimuli und Impulse so frühzeitig wie möglich wahrzunehmen, um sofort mit den entsprechenden Auslösekontrolltechniken gegensteuern zu können. Ein frühes STOP zum Spielen fällt leichter als ein spätes. In einem frühen Gefühlsstadium lassen sich leichter alternative Problemlösestrategien generieren als zu einem Zeitpunkt, an dem das Fass kurz vor dem Überlaufen ist. In jedem Fall aber stellt das Nicht-Spielen eine Konfrontation mit diesen unangenehmen Gefühlen und Körperempfindungen dar: Das Spielen hat dies bislang immer überdeckt oder vergessen lassen. Nun müssen diese negativen Gefühle ausgehalten werden. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/16

142 Die Spieler sollten am Ende dieser Lerneinheit verstanden haben, dass der Erfolg eines Verhaltens sich oftmals erst später und manchmal nur indirekt einstellt (z.b. ich gebe meinem Impuls, meine Partnerin für einen Fehler anzuschreien nicht nach, dafür wird unsere Partnerschaft mit der Zeit harmonischer ). Abbildung 6: Flipchart Spiel-STOP Nicht zuletzt wird die Impulskontrolle gefördert durch das Erlernen von Entspannungstechniken, wie zum Beispiel die Progressive Muskelentspannung (PME) nach Jacobson oder dem Autogenen Training. Viele Spieler haben eine nur geringe Selbstwahrnehmung im Hinblick auf Anspannungs- und Entspannungszustände und verfügen über nur eingeschränkte Ideen und Möglichkeiten für eine positive Regeneration und Entspannung. Sie profitieren besonders von einer verbesserten Entspannungsfähigkeit. Therapieziel 3b: Bearbeitung irrationaler spielerspezifischer Kognitionen Gamblers fallacys heißen in der Fachsprache die spielerspezifischen Kontrollillusionen, die den Spieler fälschlicherweise zu einem risikoreichen Spielverhalten verführen. Typische Gedanken sind z.b. Ich habe es im Gefühl: heute wird mein Glückstag, Ich habe ein sicheres System, beim Roulette zu gewinnen oder Wenn ich den großen Gewinn lande, sind alle meine Sorgen gelöst. Typische Gedanken dieser Art betreffen das Vorhersagen und die Beeinflussbarkeit des Spielausgangs, die Kontrollierbarkeit der Gewinnwahrscheinlichkeiten oder das Erstellen von scheinbar verlässlichen Gewinnsystemen, was durch die Glücksspielbetreiber oftmals z.b. in Form der Permanenzen- Darbietung am Roulettetisch unterstützt wird. Die Spieler sind überzeugt von diesen irrationalen Kontrollillusionen, die ihnen eine positive Einflussmöglichkeit auf den Spielausgang versprechen. Diese Kontrollillusionen entsprechen einem abergläubischen Denken, wie es bei intermittierenden Verstärkerbedingungen häufig zu beobachten ist: Da es keine Verlässlichkeit gibt in Bezug auf die Gewinne, werden scheinbar logische Erklärungen konstruiert, um ein Gefühl von Kontrolle und Einflussnahme zu erlangen. Weitere irrationale Überzeugungen betreffen oftmals den Umgang mit Geld als allumfassende Problemlösung oder aber auch den Umgang mit der monetären und moralischen Schuld, die sie zu tragen haben. In der Behandlung müssen solche Denkfehler unbedingt angesprochen und bearbeitet werden. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/17

143 Für die Exploration dieser irrationalen Überzeugungen stehen verschiedenste Wege zur Verfügung. Zum einen zeigen sich die Denkfehler bereits bei der Bearbeitung des SORK-Schemas und können hier gezielt erfragt und analysiert werden. Es gibt weiterhin die Möglichkeit, gezielte Gedanken- Protokolle oder Tagebücher schreiben zu lassen. In Gruppensitzungen oder Rollenspielen können kontrovers geführte Diskussionen über ein Thema zugrundeliegende irrationale Gedanken zu Tage fördern. Zur Bearbeitung der irrationalen Überzeugungen haben sich in der Verhaltenstherapie mittlerweile einige kognitive Methoden etabliert, wobei die meisten im Rahmen der Depressionsbewältigung entwickelt wurden. Eine davon ist die kognitive Therapie nach Beck et al. (2001). Die Grundannahme dieses Ansatzes ist, dass Personen mit psychischen Störungen aufgrund einer fehlerhaften Informationsverarbeitung bzw. aufgrund logischer Denkfehler an ihren negativen oder ungünstigen Grundannahmen und Einstellungen festhalten, obwohl diese objektiv nicht haltbar sind. Diese Denkfehler stabilisieren die unangemessenen Grundannahmen und tragen somit zur Aufrechterhaltung der psychischen Störung bei. Beck et al. formuliert folgende sechs logische Denkfehler: 1 Willkürliche Schlussfolgerungen Es werden Schlussfolgerungen gezogen, ohne dass hinreichende Beweise oder Belege vorliegen (z.b.: Ich habe einmal den Jackpot mit meinem System geknackt, ich kann es immer wieder tun. ) 2 Selektive Verallgemeinerung Der Patient konzentriert sich auf einen Ausschnitt oder Detail einer Situation, wobei er wesentliche Aspekte der Situation ignoriert und letztlich die Situation einseitig auf der Basis des akzentuierten Situationsausschnittes interpretiert (z.b. dass ich schon wieder rückfällig geworden bin, zeigt, dass ich es nie schaffen werde ) 3 Übergeneralisierung Aus einigen wenigen Erfahrungen werden allgemeine Regeln abgeleitet und auf viele andere Situationen übertragen (z.b. ich bringe allen anderen nur Unglück ) 4 Maximierung und Minimierung Die Bedeutung von Ereignissen oder Erlebnissen wird in einer für das Selbstwertempfinden abträglichen Weise verzerrt eingeschätzt. So kann z.b. ein Patient, der im Rahmen einer routinemäßigen betrieblichen Fortbildung eine Frage nicht beantworten konnte, dieses Ereignis stark negativ überbewerten (Maximierung) und sehr gute Leistungen in ihrer Bedeutung herab spielen, so dass sie ihm kein Erfolgserlebnis mehr ermöglichen (Minimierung). Spieler maximieren in der Regel ihre positiven Spielerfahrungen oder unbedeutende Nebenbaustellen und minimieren die Spielverluste bzw. negativen Folgen. 5 Personalisierung Ereignisse werden fälschlicherweise mit der eigenen Person in Verbindung gebracht und als Bestrafung für eine unmoralische Tat gewertet, wobei es für diese übermäßige Verantwortungsübernahme keine Grundlage gibt. (z.b. dass meine Frau ihren Job verloren hat, ist meine Schuld, weil ich ihr soviel Kummer bereite ) 6 Dichotomes Denken Der Patient zieht extreme Bewertungskategorien für seine Erfahrungen heran, so dass eine Schwarz-Weiß - oder Hopp-oder-Topp -Situation entsteht: eine Leistung ist entweder perfekt oder mangelhaft oder ein Vorschlag entweder genial oder trivial. Hier liegen maßlos überhöhte Standards zugrunde, wobei für die Bewertung der eigenen Erfahrungen des Patienten die negativen Bewertungskategorien bevorzugt werden (z.b. dass es mir bislang nicht gelungen ist, finanziell ausgesorgt zu haben, zeigt, dass ich ein Looser bin ). PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/18

144 In der Behandlung werden irrationale Gedanken zunächst exploriert sowie deren Einfluss auf Stimmung und Verhalten bewusst gemacht. Durch Relativierung, Realitätsprüfungen und Hinterfragen von Kausalitäten, zum Beispiel mit Hilfe sokratischer Gesprächsführungstechniken (Stavemann, 2007), werden die irrationalen Annahmen hinterfragt und realistischere und hilfreichere Grundannahmen entwickelt. Im sokratischen Dialog werden gezielte Fragen gestellt, die dem Patienten ein geleitetes Entdecken neuer, hilfreicherer und realistischerer Interpretationen und Grundüberzeugungen ermöglichen. Dies gestaltet sich in der Behandlung mit Spielern häufig zäh und anstrengend, da die Kontrollillusionen sehr stark verhaftet sind und nicht immer auf den ersten Blick erkennbar sind. Hilfreich können angeregt geführte Diskussionen in Spielergruppen sein, in denen das Hinterfragen der Grundannahmen nicht allein vom Behandler ausgehen muss, sondern von den Spielern untereinander erfolgen kann. Die Schwierigkeit an dieser Stelle ergibt sich für den Behandler darin, sich nicht in das unlogische Gedanken- und Interpretationsnetz des Spielers ziehen zu lassen. Viele Spieler können hervorragend argumentieren und überzeugen. Sie verfügen hier über eine hohe Teilleistungs-Kompetenz, die sie gezielt einzusetzen wissen: Auf diese Weise gaben schon so manche Bankangestellte wider jede Vernunft einen weiteren Kredit. Ein regelmäßiger Austausch unter Kollegen oder fachspezifische Supervisionen können dem Behandler helfen, die nötige Distanz beizubehalten. Therapieziel 3c: Verbesserung des Geldmanagements Die Thematisierung von Geld, Geldformen und Umgang mit Geld stellt in der Behandlung von pathologischen Glücksspielern die zentralste Aufgabe dar. Dies beginnt schon im Rahmen der Befunderhebung, wenn der Behandler die Höhe der Verschuldung erfragt. Spieler haben in der Regel keinen funktionalen Umgang mit Geld, da sie ihn entweder in der Kindheit nicht erlernt oder durch das jahrelange Glücksspielen verloren haben. Das bedeutet, dass grundlegende Umgangsformen oftmals unbekannt sind, wie z.b.: das Benutzen eines Geldbeutels, Geldeinteilung über einen gewissen Zeitraum, Führen von Haushaltsplänen, Möglichkeiten des Sparens oder langfristige Geldanlagen. Frühere Sparrücklagen sind in der Regel aufgebraucht, gekündigt und für das Spielen eingesetzt worden. Viele Spieler haben zudem den Überblick über ihre aktuelle finanzielle Situation verloren: Kontoauszüge werden nicht mehr abgeholt, Briefe nicht mehr geöffnet, Rechnungen versteckt oder weggeworfen und monatliche Einnahmen und Ausgaben sind unbekannt. Es fehlt oftmals ein vollständiger Überblick über die Gläubiger oder heimliche Geldquellen, was vor allem dann erschwert wird, wenn zum Beispiel durch handwerkliche Schwarzarbeiten oder Trinkgelder im Gastronomiebereich zusätzliche Bargeldeinnahmen bestehen. Geldquellen aus dem privaten Bereich werden oftmals gänzlich übersehen oder als normal, und damit nicht wesentlich gewertet: Geldgeschenke oder Leihgaben von Verwandten, der verpfändete Schmuck oder die Sparbücher der Kinder, von denen diese eh nichts wussten. Geld als Suchtmittel Die Grundidee des Geldes als Tauschmittel ist oftmals verloren gegangen: Telefon, Strom oder Miete werden nur unregelmäßig oder gar nicht bezahlt. Jegliches zur Verfügung stehende Geld wird in den Augen der Spieler zum Spielgeld und dient allein zur Verlängerung und Ausweitung der Spielzeiten. Daher sind Spieler nicht selten ausgesprochen geizig und sparen an alltäglichen Dingen, wie z.b. Kleidung oder ausgewogener Nahrung. Obwohl Spieler meist hoch verschuldet sind und deshalb über kein zur Verfügung stehendes Bargeld verfügen, spielt das Geld eine immense Rolle: Geld bzw. die Aussicht auf einen hohen Geldgewinn ist wesentliches Mittel zur Selbstwertstabilisierung und damit das Suchtmittel. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/19

145 Aufbau eines funktionalen Geldmanagements Daher kommt dem Behandler eine umfassende Aufgabe zu, wenn es um den Aufbau eines funktionalen Geldmanagements geht. Neben der Wiedererlangung eines Geldwertempfindens und funktionalen Umgangsformen ist die Notwendigkeit von Schuldenregulierung und Haushaltsplanung zu vermitteln. Auch die individuelle Bedeutung von Geld für das Selbstwertempfinden sowie eine sukzessive Distanzierung davon sind notwendig. Zu Beginn kann das Thema eingeführt werden durch leichte Einstiegsübungen, wie z.b. das Sammeln von Geldbezeichnungen (z.b. Zaster, Moneten, Kies etc.) oder das Ausformulieren von Reichtumsphantasien (z.b. was würden Sie tun, wenn Sie 1 Million Euro gewinnen würden? ). Danach erfolgt eine Überleitung zu Umgangsformen mit Geld: Wie viel Geld tragen Sie normalerweise bei sich? Welche Umgangsformen kennen Sie? Welche Bedeutung haben die einzelnen Geldformen? Hierzu ist folgende Übung hilfreich: auf einem Arbeitsblatt sind zehn verschiedene Geldformen aufgelistet, z.b. Bargeld, Schecks, Scheine, Zinsen, Rechnungen, Sparbuch, Fonds, Immobilie etc. Diese Geld- bzw. Zahlungsformen sollen von dem Patienten in eine Rangfolge gebracht werden, entsprechend der persönlichen Präferenz: -5 für die unattraktivste Geldform, -4 für die zweit-unattraktivste, ebenso für die Bewertungen -3, -2, -1. Die attraktivste Geldform, also die mit der höchsten persönlichen Präferenz, erhält die +5, gefolgt von den Rangfolgen +4, +3, +2, +1. Die 0 als Bewertung gibt es nicht. Jede Bewertungszahl darf nur einmal vergeben werden. Interessant ist diese Übung als Gruppenübung, in der die persönlichen Präferenzen zusammengetragen und gemittelt werden. Anschließend kann diskutiert werden, was an Besonderheiten auffällt. Ziel der Übung ist es, Geldformen kennen zu lernen und sachliche Information darüber zu erhalten. Darüber hinaus soll über die persönliche Präferenz aufgezeigt werden, welche Geldformen vernachlässigt oder dysfunktional gehandhabt werden. In Spielergruppen haben klassischerweise jede Form von flüssigem Geld, also Münzen, Scheine und Barschecks hohe Präferenzen, wobei Münzen in der Regel auf Platz 1 bewertet werden. Geld als Spielgeld und Flüssig statt Schulden sind zentrale Spielerthemen und können ableitend von dieser Übung diskutiert und hinterfragt werden. Eine weitere diskussionswürdige Frage ist, wie sich die Bedeutung und der Umgang mit Geld im Verlauf der Spielsucht verändert haben. Dabei können dem Patienten Informationen zu dem Phasenverlauf nach Custer & Milt (siehe Petry, 2003, Seite 66f) vermittelt werden: Gewinnphase, Verlustphase mit Aufholjagd sowie Verzweiflungsphase. Die Entwertung von Geld erfolgt durch das Eintauschen in kleinen Münzen oder Jetons, die zum Spielgeld werden. Bunte Plastikchips oder eine Handvoll Münzen spiegeln nicht den gleichen Wert wieder wie zum Beispiel ein 50-Euro-Schein. Auf diese Weise verlieren Spieler sukzessive den Bezug zum Geldwert. Zur Wiedererlangung eines realistischeren Geldwertempfindens bietet sich folgende Übung an (die Zahlen zur Spieldauer und Höhe des Einsatzes sind mittlerweile veraltet, lassen sich aber gut rechnen, ggf. können sie natürlich aktualisiert werden): Ein Spiel an einem Automaten dauert 12 Sekunden und kostet 20 Cent. Wie hoch ist der Geldeinsatz, wenn ich eine Stunde an einem Automaten spiele? Wie hoch ist er, wenn ich vier Stunden lang an vier Automaten spiele? Vier Stunden an vier Automaten ist als Beispiel nicht unbedingt realistisch für einzelne Patienten die Zahlen können alle entsprechend individuell angepasst werden. Dennoch reicht das Rechenbeispiel völlig aus, um ins Staunen zu kommen: Bei einem normalen Spielverlauf, d.h. ohne Gewinne, die eine Spielverlängerung bewirken, sind nach einer Stunde an einem Automaten 60 Euro verspielt, an vier Automaten nach vier Stunden entsprechend 960 Euro. Unter der Voraussetzung der verkürzten Spiellaufzeiten auf nunmehr 5 Sekunden pro Spiel ergibt sich eine noch höhere Verlustspanne. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/20

146 Die Spieler sollen selbständig die Rechenaufgabe lösen, um einen ersten Aha -Effekt zu bekommen. Sie sollen zudem reflektieren, wie oft sie im Laufe eines Monats spielen gehen und wie viel Geld sie insgesamt verspielen. Die sich anschließende Aufgabe ist, auszurechnen, wie lange jeder einzelne arbeiten muss, um diese Geldsumme zu verdienen. Im dritten Schritt soll eine Sammlung von alltagsnahen Dingen zusammengetragen werden, was man stattdessen für diese Summe (z.b. die 960,- ) kaufen könnte: z.b. wie viel Mal könnte ich die Monatsmiete bezahlen? Wie viele Monate wäre die Telefonrechnung beglichen? Wie oft die Stromrechnung bezahlt? Wie oft könnte ich das Auto voll tanken? Wie viele Zigarettenschachteln, Butterstücke, Äpfel, Kinogänge, Schwimmbadbesuche mit den Kindern wären das? Und so weiter... Wichtig ist es, darauf zu achten, dass es sich um alltagsnahe Dinge handelt, zu denen der Patient einen Bezug herstellen kann. Viele Spieler sind sehr entfernt von diesen alltäglichen Dingen, so dass es wiederum zielführend ist, sich wieder aktuelle Preise zu vergegenwärtigen. Funktionales Geldmanagement als Abstinenzvoraussetzung Ein normales Leben ohne Geld ist nicht möglich. Somit sind Spieler immer wieder mit ihrem Suchtmittel konfrontiert. Daher ist es im nächsten Schritt wichtig zu verdeutlichen, dass funktionale Geldmanagementstrategien unumgänglich für ein abstinentes Leben sind. Hier sollte ganz praktisch vorgegangen werden: Kann der Patient sein Geld selbst verwalten oder benötigt er dazu Hilfe? Wer könnte das sein? Häufig bietet sich die Ehefrau oder Partnerin an, was jedoch gut geprüft werden sollte, da die Partnerschaften ohnehin oft stark belastet sind. Viele Spieler erleben es als beschämend, die Ehefrau um Taschengeld bitten zu müssen. Zudem kann sich dies wiederum nachteilig auf das geringe Selbstwertempfinden des Patienten auswirken. Alternativen könnten die Schuldnerberatung, eine soziale Betreuungseinrichtung oder Regelungen über die Bank sein, z.b. Geldkarte abgeben und nur am Schalter abheben, einen maximalen Abhebungsbetrag festlegen, den Dispokredit sperren, Daueraufträge und Einzugsermächtigungen für regelmäßige Zahlungen, genaue Planung von Einkäufen mit überschaubaren Bargeldbeträgen usw. Weiterhin sollte der Patient motiviert werden, tägliche und monatliche Haushaltspläne zu führen, um wieder einen Überblick über die Ein- und Ausgaben zu bekommen. Vordrucke solcher Pläne finden sich bei Petry (2003). Zentraler Punkt ist die Schuldenregulierung, die in Zusammenarbeit mit einer professionellen Schuldnerberatung erfolgen sollte. Bei dem Abbau der Schulden ist aus therapeutischer Sicht darauf zu achten, dass der Patient nicht in übertriebenen Ehrgeiz verfällt und die Schulden so schnell wie möglich abbezahlt haben will. Nicht selten geraten Spieler in die nächste suchtähnliche Situation, indem sie für den Schuldenabbau nur noch arbeiten. Hierdurch ergibt sich eine vergleichbare Lebenssituation für den Patienten wie während der Sucht: Anstatt in der Spielhalle verbringt er nun alle Zeit mit Arbeiten, wobei zugrundeliegende Problembereiche weiter vermieden werden und ein Aufbau einer abstinenzförderlichen Lebensweise nicht erfolgen kann. Da viele Patienten keine Freunde oder Hobbies haben, erhält das Arbeiten eine wesentliche aufrechterhaltende Funktion. Ein zweiter wesentlicher therapeutischer Gesichtspunkt bei der Schuldenregulierung ist die baldige Rückzahlung selbst kleinster Beträge an private Gläubiger. Wenn Geld von Verwandten oder Freunden geliehen oder gar entwendet wurde, dann ist die regelmäßige Rückzahlung von Geldbeträgen ein wichtiges Zeichen zur Wiedergutmachung und zum erneuten Vertrauensaufbau. Dabei ist es bedeutsamer, dass die Zahlungen verlässlich jede Woche oder jeden Monat erfolgen, als dass es sich dabei um große Summen handelt. Letztlich sollte beim Schuldenabbau jedoch auch darauf geachtet werden, dass Geld zur freien Verfügung übrig bleibt, mit dem der Patient positive Freizeitaktivitäten wahrnehmen kann. Nur Sparen ist PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/21

147 auch keine Lösung und bedingt unter Umständen eine niedergeschlagene Stimmung, die erneut rückfallauslösend ein kann. Therapieziel 3d: Rückfallprophylaxe Die Bearbeitung des Themas Rückfall ist, wie bei anderen (Sucht-)Erkrankungen auch, in der Spielerbehandlung oftmals ein sehr emotionales Thema, denn die meisten Spieler kommen in die Behandlung, weil sie nicht mehr rückfällig werden wollen. Zudem sind Rückfälle meist schambesetzt und mit starken Minderwertigkeitsgefühlen verbunden. Darüber hinaus zwingt das Thema Rückfall den Spieler erneut in eine Auseinandersetzung mit der Realität: die eigene Spielsucht ist ein automatisiertes Verhalten, was nur mühsam umgelernt werden kann. Ein guter Einstieg in dieses Thema kann die paradoxe Frage sein: Was müssen Sie tun, um nächste Woche/in zwei Wochen wieder rückfällig zu sein? Dies führt nicht selten zu starken Protesten auf Seiten des Spielers: Ich will doch gar nicht mehr rückfällig werden!. Geht man davon aus, dass etwa ein Drittel aller Glücksspieler nach einem stationären Aufenthalt wieder rückfällig werden, ein weiteres Drittel es schafft die Rückfälle auf einzelne Vorfälle zu reduzieren und es etwa einem Drittel gelingt eine dauerhafte Abstinenz zu erreichen wird deutlich, dass Rückfallprophylaxe ein wichtiger Behandlungsinhalt darstellt. Nimmt man diese Dreiteilung fiktiv in der Gruppentherapie vor, ergibt sich ein hoher therapeutischer Nutzen: Sehr schnell wird durch diese Übung deutlich, dass eben auch aktuelle Teilnehmer vermutlich betroffen sein werden, wenn sie sich diesem Thema nicht ausreichend stellen. Diese paradoxe Frage ist einerseits eine gute Konfrontation mit einer realistischen Rückfallgefährdung, andererseits lassen sie die eigenen rückfallgefährdenden Verhaltensweisen offensichtlich werden. Es gilt eine persönliche Analyse von rückfallauslösenden Situationen oder Bedingungen zu erstellen und in einer Liste zu sammeln. Nach Marlatt & Gordon (1985) steht die Rückfallgefährdung in engem Zusammenhang mit kritischen Lebenssituationen, konkreten Risikosituationen und fehlenden Bewältigungsstrategien. Das höchste Rückfallrisiko geht in der Regel von belastenden Gefühlszuständen aus, wie z.b. Ängste, Enttäuschungen, Ärger, Frustration oder Einsamkeitsgefühle. Aber auch positive Gefühle wie Freude, Euphorie oder Zufriedenheit können Anlass sein, in die Spielhalle oder das Kasino zu gehen. Situative Vorkommnisse, wie Streit in der Familie, Konflikte am Arbeitsplatz, hohe Geldbeträge bei sich führen oder das Treffen von bekannten Personen aus dem Spielermilieu, stellen weitere Rückfallrisiken dar. Für die Rückfallprophylaxe sollten gemeinsam mit dem Spieler folgende Fragestellungen beantwortet werden: 1. Welche Gefühls- oder Körperzustände sind besonders belastend für Sie und stellen eine Rückfallgefährdung dar? 2. Welche ungelösten Konflikte beschäftigen Sie im Moment und könnten rückfallauslösend sein? 3. Welche Situationen oder Personen könnten einen Rückfall bewirken? 4. Welche Gedanken könnten einen Rückfall wahrscheinlich werden lassen? Vor allem die letzte Frage ist zentral, wenn der Spieler in seiner Abstinenzmotivation noch nicht ausreichend gefestigt ist oder das Ausmaß seiner Suchterkrankung unterschätzt. Viele Spieler interpretieren bereits eine kurze bewältigte Abstinenzzeit als ein geheilt sein von der Sucht und unterschätzen dadurch die Gefahren eines Rückfalls. Gedanken wie ich bin jetzt stark genug, um in der Spielhalle einfach mal einen Kaffee trinken zu können, ohne spielen zu müssen, können einen ersten großen Schritt Richtung Rückfall darstellen. Auch Erinnerungen und positive Erwartungen an das Glücksspiel PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/22

148 können ein übermächtig werdendes Verlangen auslösen. Zur vertiefenden Exploration von Risikosituationen kann zudem das bereits mehrfach eingesetzte SORK-Schema helfen, das auch zur Nachbearbeitung erfolgter Rückfälle genutzt wird. Frühwarnsystem und Notfallpläne Dem Patienten soll plausibel werden, wie wichtig es ist, die eigenen persönlichen Rückfallrisiken gut zu kennen und ein inneres Frühwarnsystem zu entwickeln. Ziel ist es, aufkommenden Spieldruck positiv, d.h., ohne rückfälliges Verhalten, mit Hilfe von Reaktionskontrolltechniken zu bewältigen. Daher wird im nächsten Schritt gemeinsam mit dem Patienten ein individueller Notfallplan erarbeitet, der möglichst konkret und anschaulich alternative Gegenmaßnahmen und Aktivitäten auflistet, die im Falle eines aufkommenden Spielverlangens ausgeführt werden können. Hierbei kann es sich um eine Liste mit positiven Ablenkungstätigkeiten, wie z.b. Sport, Telefonieren, Bad putzen, Bügeln usw. handeln. Oftmals wird es als hilfreich erlebt, in solchen Momenten eingeweihte Personen anrufen oder treffen zu können, die über die kritische Situation hinweg helfen. Wichtig ist es, in solchen Momenten rückfallfördernde Gefahrenquellen zu minimieren, z.b. Bargeld abgeben, sich von Orten distanzieren oder Personen trennen, die einem Rückfall eher zuträglich sind etc. Als hilfreich hat sich erwiesen, diesen Notfallplan als Arbeitszettel zu verfassen, der bestenfalls vervielfältigt in verschiedenen Situationen zur Verfügung steht, z.b. wenn er einmal am Kühlschrank hängt und zudem im Geldbeutel mit sich getragen wird. Alle relevanten Informationen sollten hierauf enthalten und so konkret und ausführlich wie möglich beschrieben sein, um im Falle eines steigenden Spieldrucks nicht danach suchen zu müssen, sondern realistisch und umsetzbar zur Verfügung zu stehen: Was tue ich, wenn ich Spieldruck verspüre? Ansprechpartner (genaue Namen und Telefonnummern aufschreiben) Suchtberatungsstelle (Öffnungszeiten und Telefonnummer aufschreiben) Selbsthilfegruppe (einzelne Teilnehmer, die unterstützen können, mit Namen und Telefonnummer aufschreiben) Hobbies und Tätigkeiten, die jetzt hilfreich sind (genau auflisten) Was ich jetzt unbedingt vermeiden bzw. beachten sollte (frühere Gefahren genau auflisten) Abbildung 7: Notfallplan Die Liste muss individuell gestaltet sein und kann beständig abgeändert oder ergänzt werden, um dem Spieler als guter und verlässlicher Plan im Notfall zur Verfügung stehen. Zur Vorbeugung von Rückfällen sind also zwei Vorgehensweisen relevant: die bereits oben beschriebenen Auslösekontrolltechniken versuchen Situationen positiv zu bewältigen, so dass das Aufkommen eines Spielverlangens bestenfalls verhindert oder minimiert wird. Die Reaktionskontrolltechniken bieten eine Unterstützung für den Fall, dass das Spielverlangen aufkommt. Beispiele für Auslösekontrolltechniken sind bereits unter Therapieziel 3a beschrieben, z.b. nur wenig Bargeld bei sich zu tragen, einen Umweg um die Stammspielhalle zu machen, sich im Casino sperren lassen, Stresssituationen minimieren durch ein funktionales Stressmanagement, regelmäßige positive Aktivitäten zur Regeneration etc. Weitere Hilfsmittel für Reaktionskontrolltechniken können persönliche (selbstgebastelte) Notfallkärtchen in Scheckkartenformat sein, die im Geldbeutel mitgeführt werden. Darauf können spiel- PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/23

149 abschreckende Informationen abgebildet sein, z.b. ein Foto von der Partnerin oder den Kindern oder zentrale Warnsätze wie Beim Spielen gibt es nur einen Verlierer: MICH! oder Nur wenn ich nicht spiele, kann ich gewinnen!. Ein Plakat, z.b. ein großer SPIELSTOP an der Wohnungstür oder eine Bildcollage mit den negativen Konsequenzen des Spielens können weitere symbolische Warnhinweise sein, die im Falle eines Spielverlangens einen Ausstieg aus dem rückfälligen Verhalten ermöglichen helfen. Umgang mit Rückfällen Was tun Sie, wenn es zu einem Rückfall gekommen ist? Diese Frage erschreckt wiederum viele Spieler in der Behandlung, selbst wenn das Thema Rückfall bereits intensiv besprochen wurde, und ruft erheblichen Widerstand hervor. Dennoch ist es wichtig, sich dieser Frage zu stellen, um Verantwortung zu übernehmen und vorbereitet zu sein. Das Ziel ist es hier, aus einem Rückfall einen Vorfall werden zu lassen, d.h., Bedingungen zu schaffen, die diesen Rückfall zu einem einmaligen Ereignis machen und das erneute Abgleiten in den vollständigen Kontrollverlust verhindern. Folgendes Flipchart aus einer Spielergruppensitzung verdeutlicht beispielhaft die Folgen einer Verheimlichung im Gegensatz zu einem offenen und hilfesuchenden Umgang mit dem Rückfall. Ein schnelles Outen ermöglicht eine gezielte Ursachenforschung sowie, gezielt Hilfe in Anspruch zu nehmen. Kognitive Fehlannahmen, wie z.b. ein Rückfall immer Rückfall können korrigiert werden. Letztlich bedeutet ein abstinentes Leben immer eine gewisse Rückfallgefährdung und es benötigt Erfahrung, um mit dieser Gefahr umgehen zu können. Abbildung 8: Flipchart Rückfall Daher werden abschließend auf dem oben aufgeführten Notfallplan auch die notwendigen Schritte aufgeführt, die ergriffen werden sollen, wenn es zum Rückfall gekommen ist. Auch hier ist es wichtig, die Handlungen so konkret und verlässlich umsetzbar wie möglich zu formulieren. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/24

150 Therapieziel 4: Verbesserung von Stimmung und Antrieb Zur Überwindung der depressiven Beschwerden sind zwei wesentliche Komponenten relevant: die Gedanken und das Verhalten. In dem oben dargestellten SORK-Schema haben sich negative Denkweisen sowie auf der Verhaltensebene Grübelneigung und Rückzugstendenzen bereits problematisch abgezeichnet. Daher setzen kognitiv-behaviorale Behandlungsmethoden genau an diesen beiden Stellen an: eine Veränderung der Denkweise sowie eine positive Aktivierung, z.b. Aufbau zufriedenstellender Sozialkontakte und Reaktivierung früherer Hobbies. Abbildung 9: Zusammenhang Denken-Fühlen-Handeln Diese Darstellung verdeutlicht den engen Zusammenhang zwischen Denken, Fühlen und Handeln. Der Patient soll verstehen lernen, dass sein Rückzugsverhalten sein Fühlen negativ beeinflusst, wodurch wiederum negative Gedanken entstehen, die wiederum zum Rückzug führen. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen. Wie bereits erwähnt, haben sich mittlerweile zahlreiche kognitive Behandlungsmethoden etabliert. Die Grundannahmen der kognitiven Therapie nach Beck sind bereits unter Therapieziel 3c beschrieben worden. In der Behandlung wird dem Patienten vermittelt, dass aus seinen Denkfehlern gemäß dem oben abgebildeten Model bestimmte Gefühle resultieren, z.b. sich minderwertig oder wertlos zu fühlen, die wiederum sein Verhalten steuern. Mittels gezielter Gesprächsführungstechniken, wie z.b. der sokratische Dialog findet ein geleitetes Entdecken adäquaterer Überzeugungen und Interpretationen statt. Positive bzw. hilfreiche Gedanken werden erarbeitet und an die Stelle der bisherigen negativen Gedanken gesetzt. Weiteres wesentliches Ziel ist eine Distanzierung von den handlungsleitenden Gedanken, um die bisherigen Verhaltensautomatismen sukzessive abzubauen. Verlust positiver Verstärker Hautzinger (2003), der am umfassendsten kognitiv-behaviorale Behandlungsmethoden zur Depressionsbewältigung ausgearbeitet hat, empfiehlt neben den kognitiven Methoden, wie sie bereits beschrieben sind, einen systematischen Aktivitätsaufbau als dringlichstes Behandlungsziel bei Depressionen. Durch das ausgeprägte Rückzugsverhalten innerhalb der depressiven Verstimmung erfährt der Betroffene nur unzureichende positive Erlebnisse, die die Stimmung positiv beeinflussen könnten. Gemäß der oben aufgeführten Dreiecks-Verbindung kommt der Betroffene fälschlicherweise zu dem gedanklichen Schluss, in seinem Leben sei alles grau und langweilig, was sich wiederum negativ auf seine Stimmung auswirken und ein aktiveres Freizeitverhalten erschweren wird. In der Verhaltensthe- PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/25

151 rapie spricht man von dem Verstärker-Verlust-Modell bei der Aufrechterhaltung von depressiven Störungen: durch das Fehlen von positiven Verstärkern ergibt sich der aufgezeigte Teufelskreis. Bei dem Aktivitätsaufbau in der Depressionsbehandlung geht es einerseits um die Steigerung bzw. den Wiederaufbau positiver Erfahrungen und Aktivitäten, andererseits um die Reduktion eines Übermaßes an negativen oder belastenden Erfahrungen. Hierzu empfiehlt Hautzinger (2003) ein ergänzendes Soziales Kompetenztraining, wie es unter dem Therapieziel 5 beschrieben ist. Wichtigstes Instrument zur Steigerung positiver Aktivitäten ist der Wochenplan. Der Wochenplan dient zum einen dem Behandler als diagnostisches Instrument, um zu sehen, mit welchen Ereignissen oder Aktivitäten die Woche des Patienten gefüllt ist. Des Weiteren kann er zur Planung von Aktivitäten und Strukturierung der einzelnen Tage verwendet werden. Darüber hinaus kann der Wochenplan auch eine Tagebuchfunktion bekommen, in der die Stimmung bei den jeweiligen Aktivitäten festgehalten werden kann. Hieraus lassen sich Muster im Stimmungsverlauf sowie Einflüsse durch die Aktivitäten bzw. Ereignisse erkennen. Oftmals stehen den Patienten aufgrund der mangelnden Übung nur wenige Ideen für positive Aktivitäten zur Verfügung. Hier kann eine vorformulierte Liste mit angenehmen Aktivitäten eine Auswahl bieten. Ziel ist es jedoch, dass der Patient seine eigene, ganz persönliche Liste verstärkender, angenehmer Aktivitäten zusammen stellt und diese sukzessive aber verlässlich in seinen Alltag einbaut. Bei vielen Glücksspielern stehen relevante selbstbezogene Grundannahmen in Verbindung mit einem eingeschränkten Selbstwerterleben, z.b. ich bin nutzlos oder ich bin ein Verlierer. Durch die jahrelange Glücksspielsucht und die vielen erlittenen (ökonomische wie soziale) Verluste erscheint dieses negative Selbstbild fälschlicherweise zu 100% bestätigt. Hieraus entstehen oftmals starke Schuldgefühle. Vielen Spielern fällt es vor dem Hintergrund dieses Schulderlebens schwer, sich positiven Freizeitaktivitäten zuzuwenden: Wie wird meine Familie reagieren, wenn ich jetzt anfange Sport zu machen oder Musik zu hören! Ich habe so viele Schulden, um die ich mich erst kümmern muss!. Hier entsteht ein neuer Teufelskreis: Solange die Schuld nicht beglichen ist, darf sich der Patient keine positiven Erlebnisse erlauben. Das Problemverhalten ist nun eine Art Selbstbestrafung durch die Verweigerung positiver Aktivitäten, was zu weiteren Verstärkerverlusten führt. Die depressive Symptomatik wird dadurch aufrechterhalten und bedingt in beträchtlichem Maße einen möglichen Spielrückfall, der wiederum die negativen Grundannahmen bestätigen wird. Dieser Teufelskreis muss in der Behandlung unbedingt aufgegriffen und in seinen Konsequenzen mit dem Patienten thematisiert werden. Dem Patienten muss begreiflich werden, dass er sich positive Aktivitäten und Genusserfahrungen erlauben muss, um einen guten Ausgleich zu den schwierigen Alltagsanforderungen zu haben, die das Spielen zunehmend unattraktiv werden lassen. Wiederherstellung der Genussfähigkeit Methoden zur Wiederherstellung der Genussfähigkeit wurden im Rahmen der euthymen Therapie von Lutz (2009) beschrieben. Er formulierte als Ziel eine frühzeitige Aufmerksamkeitslenkung auf positive Aspekte, Stärken, Ressourcen, Genussmöglichkeiten etc. Damit soll die Aufmerksamkeit des Patienten von den Beschwerden und Defiziten weggelenkt und auf ein normales Verhalten und Erleben gerichtet werden, welches die Patienten in der Regel im Rahmen ihrer Erkrankung verlernt haben. Neben der Aufmerksamkeitsfokussierung auf angenehme Dinge stehen die Bearbeitung und Reduktion von inneren Widerständen (z.b. durch Verbote) gegenüber einem positiven Genusserleben sowie die konkrete Umsetzung auf der Verhaltensebene im Vordergrund. In der Behandlung sollen Grundannahmen entwickelt werden, aus dem heraus Genießen als erlaubt abgeleitet werden kann und Askese dosiert wird. In der kleinen Schule des Genießens werden dem Patienten Genussaspekte und sog. Genussregeln vermittelt und durch konkrete Übungen ergänzt, die im Sinne eines Diskriminationstrainings alle fünf Sinne (Riechen, Tasten, Schmecken, Hören und Sehen) ansprechen sollen. Hierzu gehören auch freundliche Selbstgespräche, Lob annehmen und geben (auch Selbstlob) sowie der Aufbau einer positiven Selbstfürsorge. Dabei ist es wichtig, diese neu- PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/26

152 en Verhaltensweisen regelmäßig in den Alltag zu integrieren und so die Genussfähigkeit gezielt zu üben und zu lernen. Folgende Genussregeln nach Lutz (2009) können mit dem Patienten besprochen und als Leitlinien zur Wiederherstellung der Genussfähigkeit verwendet werden: Die sieben Genussregeln nach Lutz 1. Genuss braucht Zeit 2. Genuss muss erlaubt sein 3. Genuss geht nicht nebenbei 4. Weniger ist mehr 5. Genuss: aussuchen, was dir gut tut 6. Ohne Erfahrung kein Genuss 7. Genuss ist alltäglich Abbildung 10: Genussregeln Ergänzende medikamentöse Behandlung Unterstützend zu kognitiv-behavioralen Therapieansätzen kann bei mittelgradig bis schwer ausgeprägten depressiven Verstimmungen eine begleitende medikamentöse Behandlung erwogen werden. Dies ist besonders ratsam bei wiederkehrenden depressiven Phasen und bereits erfolgten Suizidversuchen in der Vorgeschichte. Behandlungsfortschritte Therapieziel 4 Durch das individuelle Erklärungsmodell hatte Herr X. die Bedeutung positiver Aktivitäten für sich erkannt. Er begann umgehend mit der Reaktivierung früherer sportlicher Interessen, begann zu joggen und fragte bei einem nahegelegenen Fußballverein, ob er am Training teilnehmen könne. Die sportlichen Aktivitäten taten ihm sichtlich gut und hatten zudem einen positiven Effekt auf sein Körperempfinden. Durch das Fußballtraining und die gute Integration in die Mannschaft bekam er soziale Kontakte und positive Rückmeldungen, die sein Selbstwertgefühl aufbauten. Im weiteren Verlauf lernte der Patient zudem, eigenen Bedürfnissen stärker Raum zu geben, sich Gutes zu tun und positiv für sich selbst zu sorgen. Dies benötigte von ihm eine innere Erlaubnis sowie die Einsicht in die Notwendigkeit solcher Erfahrungen. Anhand von verschiedenen Alltagsbeispielen sowie der Auswertung nach ersten positiven Erfahrungen verfestigte sich langsam die innere Bereitschaft dafür. Therapieziel 5: Aufbau von mehr Selbstsicherheit Mangelnde Selbstsicherheit, Selbstwertprobleme und Schwierigkeiten im sozialen Umgang sind häufig wesentliche Mitverursacher für psychische und Abhängigkeitserkrankungen. Die Bedeutung der sozialen Kompetenz ergibt sich aus der einfachen, aber weitreichenden Erkenntnis, dass wir als soziale Wesen in ständigem Kontakt mit anderen Menschen stehen und zudem aus positivwertschätzenden Sozialkontakten wesentliches Wohlgefühl und Lebensqualität ziehen. Zu einem sozial kompetenten Verhalten gehören eine angemessene Kontaktaufnahme und gestaltung zu mehr oder minder fremden Menschen beiderlei Geschlechts, das angemessene Äußern von Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen, Umgang mit Kritik, Kompromisse finden, das Äußern und Durchsetzen eigener Rechte und berechtigter Interessen, das Zurückweisen unberechtigter Forderungen usw. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/27

153 Soziale Kompetenz ist erlernt und eingeübt: Die Eltern oder andere erwachsene Bezugspersonen standen uns hierfür mehr oder weniger als Modell zur Verfügung oder haben uns ermutigt, entsprechende Verhaltensweisen auszuprobieren. Die meisten Spieler beschreiben invalidierende Bedingungen in ihren Biografien, in denen sozial kompetentes Verhalten nicht oder nur deutlich eingeschränkt sichtbar war. Durch gezieltes Training können soziale Kompetenzen vermittelt und aufgebaut werden. Hinsch und Pfingsten (2007) beschreiben ein Gruppentraining sozialer Kompetenz (GSK), in dem mittels der Vermittlung von Kommunikationsregeln und Rollenspielen die soziale Kompetenz gefördert wird. Der Transfer des Erlernten erfolgt durch in-vivo-übungen in den realen Alltag. Solche Rollenspiele betreffen zum Beispiel das Nein-Sagen in bestimmten Situationen oder das Führen einer Small- Talk-Unterhaltung. Es ist abgestimmt auf die jeweiligen eingeschränkten Kompetenzbereiche des Patienten. Bei Suchtpatienten sind die Rollenspiele adaptiert in Form eines Ablehnungstrainings : Der Patient soll rückfallbedingende Angebote angemessen aber entschieden zurückweisen lernen. Idealerweise finden Soziale-Kompetenz-Trainings in Gruppen statt, da mehrere Rollenspielpartner und damit unterschiedliche Modelle zur Verfügung stehen. Zudem profitieren die Patienten unmittelbar von den Rückmeldungen der Mitpatienten oder können in der Gruppe dysfunktionale Überzeugungen überprüfen (z.b. spreche ich zu laut? obwohl sie sehr leise sprechen). Es ist aber auch möglich, Rollenspiele in der Einzelsituation durchzuführen, wobei dem Behandler die doppelte Aufgabe des Rollenspielpartners und der therapeutischen Rückmeldung zukommt. Hier kann es hilfreich sein, die Rollenspiele auf Video aufzuzeichnen und per Videofeedback zu besprechen. Stark ausgeprägte Selbstunsicherheit Bei sehr stark ausgeprägten Selbstunsicherheiten muss über die Möglichkeit einer zugrundeliegenden Persönlichkeitsstörung nachgedacht und diese diagnostisch abgeklärt werden, um gegebenenfalls eine entsprechende psychotherapeutische (Mit-)Behandlung einzuleiten. Hilfreiche Kriterien zur diagnostischen Einordnung und Behandlungsvorschläge finden sich u.a. bei Sachse (2004). Bei Opfern von Gewalt und Missbrauch können zudem die Wahrnehmung und das Vertrauen in die eigene Gefühlswelt stark gestört sein. Sendera et al. (2007) beschreiben detaillierte Übungen zum Aufbau einer verbesserten Wahrnehmung eigener Gefühle und Bedürfnisse, zur inneren Achtsamkeit, der Emotionsregulation, Stresstoleranz und zwischenmenschlichen Skills, wobei sie sich an der Dialektisch- Behavioralen Therapie (DBT) nach Marsha Linehan orientieren. Mehrere praxisnahe Bücher zum Aufbau von mehr Selbstwertgefühl wurden von Potreck-Rose (z.b. 2010) veröffentlicht, in denen sie die vier Säulen des Selbstwertes sowie konkrete Übungen für eine positive Selbstzuwendung, Selbstfürsorge und Selbstakzeptanz beschreibt. Ergänzung findet dieses Buch in den von Fennell (2005) beschriebenen Übungen zur Überwindung einer geringen Selbstachtung. Behandlungsfortschritte Therapieziel 5 Mit dem Rückgang der depressiven Symptomatik konnte sich Herr X. auf sein problematisches Beziehungsverhalten konzentrieren, das als aufrechterhaltende Bedingung des pathologischen Spielverhaltens fungierte. Dieses betraf in erster Linie eine bessere Abgrenzungsfähigkeit in sozialen Situationen, vor allem aber in engen sozialen Verbindungen. Mit Hilfe von Rollenspielen wurden verschiedene soziale Interaktionssituationen nachgespielt, wobei einige von mir vorgeschlagen wurden, andere brachte der Patient aus realen Alltagsbegegnungen ein. Im Rahmen der Rollenspiele wurde seine starke Verunsicherung offenkundig, die es ihm erschwerte, soziale Interaktionen richtig einzuschätzen und entsprechend angemessen darauf zu reagieren. Über mehrere Sitzungen wurden daher die verschiedenen Rollenspiele mit Hilfe von Situationsanalysen nachbesprochen. Hierbei erlernte er eine verbesserte Selbstbeobachtung und Differenzierung der Selbst- und Fremdwahrnehmung. Ihm wurde PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/28

154 bewusst, dass Angst und Unsicherheit für ihn typische emotionale Reaktionen in sozialen Interaktionen waren, während er zum Beispiel Ärger oder Wut kaum wahrnehmen konnte. Er erkannte, dass die Unsicherheit dazu führte, sich vorsichtig und zurückhaltend zu verhalten, während das Gefühl Ärger ihm helfen würde, sich besser abzugrenzen. Im Folgenden bearbeiteten wir kognitive Grundüberzeugungen, die sozial kompetentes Verhalten erschwerten und fanden alternative Gedanken, die zu einem angemessenen Verhalten motivierten. Zudem beobachtete Herr X. im Sinne eines Diskriminationslernens seine Mitspieler während des Fußballtrainings, um unterschiedliche Umgangsformen und Ausdrucks von Gefühlen (z.b. Ärger) zu erkennen und einzuschätzen. Zudem ergab sich im Rahmen dieser spielerischen Begegnung ein Übungsfeld für den Patienten, selbst Verärgerung zu zeigen, was er sukzessive in andere Alltagssituationen transferieren konnte. Auch der Behandlungskontext stellte eine Übungssituation dar, in der die therapeutische Beziehung modellhaft für eine gelungene Kontaktgestaltung genutzt wurde. Zum einen ermöglichte es dem Patienten, neues Verhalten auszuprobieren, wozu ich ihn ermutigte und verstärkte. Weiterhin konnte ich ihm unmittelbare Rückmeldungen geben, wie seine Unsicherheit oder Zurückhaltung auf mich wirkten. So konnten unsichere Verhaltensweisen wie beständiges Nachfragen oder Entschuldigen sukzessive abgebaut werden. Zudem lernte er, die Sitzungen aktiver mitzugestalten, angemessen Forderungen zu stellen und Wünsche zu äußern oder mitzuteilen. Gleichzeitig lernte er durch meine Reaktionen, mit angemessenen Zurückweisungen umzugehen, ohne sie persönlich zu nehmen oder als Kritik zu verstehen bzw. mitzuteilen, wenn es ihn verärgerte. Er lernte, Vereinbarungen und Kompromisse zu treffen und konnte so zunehmend Vertrauen in eine gelungene Beziehungsgestaltung aufbauen. Dies half ihm bei dem Transfer in die privaten Beziehungen. Therapieziel 6: Mit- und Weiterbehandlung Erste Ansprechpartner auf der Suche nach einer Behandlung stellen oftmals die Suchtberatungsstellen dar, da den Spielern der Suchtcharakter ihrer Erkrankung bewusst ist. Aber auch niedergelassene Ärzte oder betriebliche soziale Dienste können als erste Anlaufstelle aufgesucht werden, vor allem dann, wenn weitere Problem- oder Störungsbereiche aufgetreten sind. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, welches Behandlungsangebot für den Betroffenen das beste Vorgehen bietet. Dabei stehen unterschiedliche ambulante oder stationäre Angebote zur Verfügung. Die Auswahl des entsprechenden Angebots richtet sich nach dem Grad der Krankheitseinsicht, dem Ausmaß der Abstinenzmotivation, dem Krankheitsverlauf und Grad der Chronifizierung sowie den aktuellen Lebensbedingungen des Patienten. In jedem Fall sollten die Möglichkeiten einer professionellen Schuldnerberatung thematisiert und in Erwägung gezogen werden. Für viele Spieler stellt die Bearbeitung und Bewältigung der Schuldenprobleme das wichtigste und motivierendste Therapieziel dar, jedoch sollten Schuldenregulierung und therapeutische Behandlungsinhalte thematisch getrennt erfolgen. Die Beseitigung der Schuldenprobleme stellt keine Lösung der psychischen Abhängigkeit dar, daher müssen in einem therapeutischen Kontext die aufrechterhaltenden Bedingungen der Sucht aufgezeigt und bearbeitet werden. Eine ergänzende Schuldenbearbeitung im Rahmen gesonderter Beratungssitzungen durch entsprechend geschulte und erfahrene Berater oder Institutionen hat sich als effektiv erwiesen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/29

155 Folgende Grafik gibt einen Überblick über die zur Verfügung stehenden Behandlungs- und Beratermöglichkeiten im Rahmen der Glücksspielsuchtbehandlung: Abbildung 11: Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten Unabhängig davon, in welchem Setting die Behandlung stattfindet, empfiehlt sich immer eine Mitbzw. Weiterbehandlung durch Fachkollegen in Betracht zu ziehen und den Austausch mit ihnen zu pflegen. In den Behandlungsverlauf sollten bestenfalls auch Angehörige des Patienten einbezogen werden. Dies können neben der Lebenspartnerin auch Geschwister oder Eltern sein. Durch die Fremdanamnese lassen sich weitere Informationen explorieren, die der Patient beabsichtigt oder unbeabsichtigt verschwiegen hat. Darüber hinaus lassen sich Unsicherheiten der Familienangehörigen im Umgang mit der Sucht, kommunikative Schwierigkeiten und dysfunktionale Familienmuster besprechen und bearbeiten. Anmerkung: Dieses Patientenbeispiel ist frei erfunden. Mögliche Übereinstimmungen mit lebenden Personen sind rein zufällig. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/30

156 Zitierte und weiterführende Literatur: Bachmann, M., El-Akhras, A. (2010): Glücksspielfrei Therapiemanual bei Spielsucht. Berlin. Beck, A.T., Rush, A.J., Shaw, B.F., Emery, G. (2001): Kognitive Therapie der Depression. Weinheim. Buchner, U.G., Wodarz, N. (2010): Pathologisches Glücksspielen aktueller Stand des Wissens. In: Psychotherapie und Psychosomatische Medizin, online first, Fennell, M.J.V. (2005): Anleitung zur Selbstachtung. Lernen, sich selbst der beste Freund zu sein. Bern. Franke, G.H. (2002): SCL-90-R Symptomcheckliste nach L.R. Derogatis. Weinheim. Füchtenschnieder, I., Petry, J. (2007): Game Over. Ratgeber für Glücksspielsüchtige und ihre Angehörigen. Freiburg. Grüsser, S.M., Thalemann, C. N. (2006): Verhaltenssucht: Diagnostik, Therapie, Forschung. Bern. Grüsser, S.M., Albrecht, U. (2007): Rien ne va plus wenn Glücksspiele Leiden schaffen. Bern. Hand, I. (Hrsg., 2004): Impulskontrollstörungen Nichtstoffgebundene Abhängigkeiten Zwangsspektrumsstörungen. Spezialheft Verhaltenstherapie, 14.2: Hautzinger, M. (Hrsg., 2000): Kognitive Verhaltenstherapie bei psychischen Störungen. Weinheim. Hautzinger, M. (2003): Kognitive Verhaltenstherapie bei Depressionen. Weinheim. Hautzinger, M., Keller, F., Kühner, C. (2006): BDI-II Beck Depressions-Inventar Revision. Hinsch, R., Pfingsten, U. (2007): Gruppentraining sozialer Kompetenzen (GSK). Weinheim. Horodecki, I. (2009): Wenn das Glücksspiel zum Problem wird Spielsuchthilfe Wien. Lutz, R. (2009): Euthyme Therapie. In: Margraf, J., Schneider, S. (Hrsg.): Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 1. Heidelberg. Marlatt, G.A., Gordon, J.R. (1985): Relapse prevention. Maintenance strategies in the treatment of addictive behavior. New York. Meyer, G., Bachmann, M. (2005): Spielsucht: Ursachen und Therapie. Heidelberg. Miller, W.R., Rollnick, S. (2009): Motivierende Gesprächsführung. Freiburg. Petry, J. (2003): Glücksspielsucht: Entstehung, Diagnostik und Behandlung. Göttingen. Potreck-Rose, F., Jacob, G. (2010): Selbstzuwendung Selbstakzeptanz Selbstvertrauen. Psychotherapeutische Interventionen zum Aufbau von Selbstwertgefühl. Stuttgart. Reinecker, H. (2005): Grundlagen der Verhaltenstherapie. Weinheim. Sachse, R. (2004): Persönlichkeitsstörungen Leitfaden für die Psychologische Psychotherapie. Göttingen. Sendera, A., Sendera, M. (2007): Skills-Training bei Borderline- und Posttraumatischer Belastungsstörung. Wien. Stavemann, H.H. (2007): Sokratische Gesprächsführung in der Therapie und Beratung: Eine Anleitung für Psychotherapeuten, Berater und Seelsorger. Weinheim. Tillmann, A. (2003): Verspieltes Glück. Mein Mann ist spielsüchtig. Bergisch-Gladbach. Wittchen, H.U., Zaudig, M., Fydrich, T. (1997): SKID-I und SKID-II. Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV. Göttingen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL III Vertiefung spezifischer Aspekte Seite 3/31

157 1 Literaturreferate Inhaltsverzeichnis 1. Prävalenzraten Pathologisches Glücksspiel in Deutschland 2. Glücksspielpolitik 3. Gibt es riskante oder süchtige Lotto-Spieler? Ergebnisse einer Befragung der Leiter von Annahmestellen. 4. Pathologisches Spielverhalten bei Glücksspielen im Internet 5. Komorbidität bei Pathologischem Glücksspiel 6. Die Inanspruchnahme formeller Hilfen durch Menschen mit problematischem oder pathologischem Glücksspielverhalten 7. Kann kontrolliertes Spielen ein mögliches Ziel in der Behandlung pathologischer Glücksspieler sein? 8. Einmal Spieler immer Spieler? Veränderungen im Spielverhalten beim Übergang vom Jugend zum Erwachsenenalter 9. Pathologische Internetnutzung ein Überblick 10. Pathologische Glücksspieler mit spätem Beginn der Erkrankung: klinische Korrelate und Geschlechterunterschiede PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL IV Aktuelle Forschung und Entwicklungen Seite 1/1

158 LITERATURREFERAT Exkurs: Prävalenzraten Pathologisches Glücksspiel in Deutschland Aktuell wurden in Deutschland drei Repräsentativbefragungen in der Allgemeinbevölkerung durchgeführt, die sich mit dem Thema problematisches Glücksspiel oder pathologisches Glücksspiel beschäftigen. Pathologisches Glücksspiel wird dabei mit den im DSM-IV vorliegenden Kriterien diagnostiziert, problematisches Glücksspiel findet Verwendung, wenn drei oder vier der DSM- IV-Kriterien erfüllt werden. Für diese Kategorisierung gibt es bislang keine wissenschaftliche Evidenz. Von den aktuellen Studien Bühringer et al. (2007), Buth & Stöver (2008) und BZgA (2008) ausgehend gibt es in Deutschland zwischen bis Erwachsene mit pathologischem Glücksspielverhalten, weitere bis zeigen problematisches Glücksspielverhalten (Tabelle 1). Tabelle 1: Überblick über die drei Repräsentativbefragungen und deren wichtigste Ergebnisse Bühringer et al. (2007) Buth & Stöver (2008) BZgA (2008) Erhebungsjahr Methodik Schriftliche und Telefonisch Telefonisch und Online Telefonisch Stichprobe (18-64 Jahre) (18-65 Jahre) (16-65 Jahre) Klassifikation DSM-IV-TR DSM-IV SOGS, zusätzlich GABS Problemtisches Spielverhalten Pathologisches Spielverhalten 0,29% ,2% ,64% ,56% ,41% ,19% SOGS: South Oaks Gambling Screen, Instrument zur Einstufung des problematischen und pathologischen Spielverhaltens GABS: The Gambling Attitudes and Beliefs Scale, Instrument zur Erfassung der kognitionsbezogenen Verzerrungen und der Einstellung gegenüber Glücksspiel Die unterschiedlichen Spielformen unterschieden sich allerdings stark in Bezug auf ihre Bevölkerungsattraktivität und ihr Glücksspielrisiko. Das Glücksspielrisiko gibt Auskunft über die Gefährdung, die durch die Teilnahme an einer bestimmten Spielform entsteht und repräsentiert die DSM-IV-TR Diagnose Pathologisches Glücksspiel für die bevorzugte Spielform. Die Bevölkerungsattraktivität und das Glücksspielrisiko geben Auskunft über das Bevölkerungsrisiko, das sich aus einer bestimmten Spielform ergibt (Tabelle 2). Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.v. Landwehrstr München Tel.: Fax: Web: Kooperationspartner: Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis e.v. (BAS) bas-muenchen.de IFT Institut für Therapieforschung Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) Geschäftsstelle: Edelsbergstr München BAS e.v. (VR 15964) Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft AG Konto-Nr BLZ Vorsitzender: PD Dr. med. Norbert Wodarz 2. Vorsitzender: Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter Schatzmeister: Bertram Wehner, Dipl.-Sozialpäd. (FH) Vorstandsmitglieder: Christiane Fahrmbacher-Lutz, Apothekerin Dr. rer.soc. Christoph Kröger, Dipl.-Psychologe Ehrenvorsitzender: Prof. Dr. med. Jobst Böning

159 2 von 2 Tabelle 2: Überblick über die Bevölkerungsattraktivität, Glücksspielrisiko und Bevölkerungsrisiko unterschiedlicher Spielformen (nach Bühringer et al., 2007) Spielform Glücksspiel präferenz 1 (%) Pathologisches Glücksspiel 4 (%) Glücksspielrisiko 2 Bevölkerungsrisiko 3 Problematisches Glücksspiel 5 (%) Pathologisches Glücksspiel 4 (%) Problematisches Glücksspiel 5 (%) Lotto 60,3 0,1 0,1 0,024 0,033 Lotterien 13,6 0,0 0,5 0,000 0,035 Sportwetten 5,4 1,7 2,5 0,046 0,067 Spielcasino 3,5 2,8 3,3 0,050 0,057 Geldspielautomaten Illegales Glücksspiel 2,4 5,1 3,6 0,060 0,043 0,3 0,0 0,0 0,000 0,000 1 Glücksspielpräferenz: das in den letzten 12 Monaten präferierte Glücksspiel 2 Glücksspielrisiko: DSM-IV-TR Diagnosen bezogen auf eine bevorzugte Spielart, Einbeziehung von Personen mit einem monatlichen Mindesteinsatz von 50 oder mehr 3 Bevölkerungsrisiko: Prävalenz des präferierten Glücksspiels (letzte 12 Monate) und das Glücksspielrisiko für die jeweils präferierten Glücksspiele 4 Pathologisches Glücksspiel: DSM-IV-TR Diagnose (ohne Berücksichtigung der Differentialdiagnose Manie) 5 Problematisches Glücksspiel: Erfüllung von drei oder vier Diagnosekriterien der DSM-IV-TR Diagnose Pathologisches Glücksspiel (ohne Berücksichtigung der Differentialdiagnose Manie) Bei einer genaueren Betrachtung des Bevölkerungsrisikos, d.h. bei der Hochrechnung der betroffenen Spieler auf die Bevölkerung, wird deutlich, dass etwa Personen im Bereich der Lotto-Gruppe von einem pathologischen Spielverhalten betroffen sind, während dies bei den Geldspielautomaten etwa Personen sind. Bühringer G, Kraus L, Sonntag D, Pfeiffer-Gerschel T, Steiner S (2007). Pathologisches Glücksspiel in Deutschland: Spiel- und Bevölkerungsrisiken. Sucht 53 (5): Buth S, Stöver H (2008). Glücksspielteilnahme und Glücksspielprobleme in Deutschland: Ergebnisse einer bundesweiten Repräsentativbefragung. Suchttherapie 9: Orth B, Töppich J & Lang P (2008). Glücksspielverhalten und problematisches Glücksspielen in Deutschland Ergebnisse einer Repräsentativbefragung. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Dieser Exkurs wurde erstellt von U. Buchner.

160 LITERATURREFERAT Glücksspielpolitik Einleitung Glücksspiele beschäftigen Gesellschaften seit jeher. Ebenso lange bewegen sich die Regeln für den Umgang mit ihnen in einem Spannungsfeld: Zum einen sollen Spieler vor negativen sozialen und gesundheitlichen Konsequenzen sowie betrügerischen Angeboten geschützt werden. Zum anderen soll eine zwanglose Teilnahme im Rahmen der individuellen Freizeitgestaltung möglich sein. Zudem verschafft der Glücksspielmarkt dem Staat über fiskalische Abschöpfung finanzielle Mittel. Glücksspiele sind definiert durch zwei zentrale Elemente: 1. Durch den Einsatz von Geld auf den Ausgang eines Spiels kann Geld gewonnen werden. 2. Der Ausgang des Spiels ist vom Zufall abhängig, d.h. der nicht mit Sicherheit bestimmbaren Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Spielausgangs. Während diese Spiele für die meisten Menschen eine angenehme Unterhaltung darstellen, führen sie für einige Personen zu einer ernsthaften Erkrankung mit negativen sozialen Konsequenzen (problematisches und pathologisches Spielen nach ICD-10 und DSM IV). In Deutschland ist das Glücksspiel weit verbreitet: Aktuelle Studien gehen davon aus, dass sich in den vergangenen zwölf Monaten 50-60% der erwachsenen Bevölkerung mindestens einmal an einem Glücksspiel beteiligt haben. Zudem zeigen die Studien auf, dass in Deutschland zwischen Menschen von einem problematischen oder pathologischen Spielverhalten betroffen sind. Vor allem die Gruppe der Glücks-/Geldspielautomatenspieler ( Kleines Spiel in Spielbanken/Spielhallen) zeigt einen hohen Anteil an Betroffenen. Sportwetter und Kasinospieler ( Großes Spiel in Spielbanken) zeigen einen mittleren Anteil an Betroffenen, ein geringer Anteil findet sich unter denjenigen, die Lotto spielen oder Rubbellose ziehen. Rechtliche Grundlagen Seit dem gilt in Deutschland der Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV). Dieser definiert Glücksspiel folgendermaßen: Ein Glücksspiel liegt vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Die Entscheidung über den Gewinn hängt in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist (GlüStV, 3 Abs. 1). Die rechtliche Praxis in Deutschland ist allerdings nicht so klar, wie diese Definition glauben macht: Geldspielautomaten (in Gaststätten und Spielhallen) zählen rechtlich nicht als Glücksspiel. Grundlegend gilt ein in Bundeskompetenz verankertes Verbot öffentlichen Glücksspiels (Paragrafen Strafgesetzbuch). Glücksspiel unterliegt damit dem Bereich des Ordnungsrechts. Mit dieser Einordnung sollen die mit dem Glücksspielen einhergehenden Gefahren staatlicherseits abgewendet werden. Mit diesen Regelungen wird die Rechtmäßigkeit existierender Glücksspielangebote überprüft. Beispielsweise kann somit die Tätigkeit privater Wettanbieter in Teestuben untersagt werden. Das Strafgesetzbuch regelt aber auch, dass Glücksspiele ausnahmeweise erlaubt werden können. Das Bundesverfassungsgericht legt dazu in dem Beschluss vom 19. Juli 2000 (BvR 539/96) dar: Denn der Betrieb einer Spielbank ist eine an sich unerwünschte Tätigkeit, die der Staat gleichwohl erlaubt, um das illegale Glücksspiel einzudämmen, dem nicht zu unterdrückenden Spieltrieb des Menschen staatlich überwachte Betätigungsmöglichkeiten zu verschaffen und dadurch die natürliche Spielleidenschaft vor strafbarer Ausbeutung zu schützen. Die Umsetzung wird über die in Länderkompetenz liegenden Spielbankgesetze und den Glücksspielstaatsvertrag geregelt. Spielbanken und staatliche Lotterien Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.v. Landwehrstr München Tel.: Fax: bas@bas-muenchen.de Web: Kooperationspartner: Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis e.v. (BAS) bas-muenchen.de IFT Institut für Therapieforschung Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) Geschäftsstelle: Edelsbergstr München info@lsgbayern.de BAS e.v. (VR 15964) Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft AG Konto-Nr BLZ Vorsitzender: PD Dr. med. Norbert Wodarz 2. Vorsitzender: Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter Schatzmeister: Bertram Wehner, Dipl.-Sozialpäd. (FH) Vorstandsmitglieder: Christiane Fahrmbacher-Lutz, Apothekerin Dr. rer.soc. Christoph Kröger, Dipl.-Psychologe Ehrenvorsitzender: Prof. Dr. med. Jobst Böning

161 stellen also zur Kanalisation des vorhandenen Spielbedürfnisses Roulette, Slot- Machines, Lotto 6 aus 49, Keno, ODDSET und ähnliches bereit. Der GlüStV monopolisiert die Lotterien und Sportwetten zugunsten der Länder, die die Kasinos auf Grundlage der Spielbankgesetze konzessionieren. Ziele des GlüStV sind das Entstehen von Spiel- und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt werden, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundenen Folgeund Begleitkriminalität abgewehrt werden (GlüStV, 1). In der Praxis existieren parallel zu dieser in sich schlüssigen Legitimationsargumentation für Geldspielautomaten abweichende rechtliche Bestimmungen: Geldspielautomaten (in Gaststätten und Spielhallen) werden über die Gewerbeordnung ( 33 c-g, i GewO) und die Spielverordnung (SpielV; beides in Bundeskompetenz) geregelt. Geldspielautomaten werden offiziell als Spiele mit Gewinnmöglichkeiten bezeichnet und können somit legal in Gaststätten und Spielhallen aufgestellt werden. Sie fallen nicht unter die rechtlichen Bestimmungen zum Glücksspiel. Diese Einordnung folgt historischen Gegebenheiten, denn Automaten fanden Anfang des 20. Jahrhunderts als mechanische Geschicklichkeitsspiele Einzug in die Öffentlichkeit. Seit 1953 ist Geschicklichkeit offiziell kein Element dieser Spiele mehr: in der ersten SpielV wurden statistisch zu erzielende Auszahlungsquoten festgelegt. Heutzutage liegt der zentrale Unterschied zwischen Glücksspielautomaten (in Spielbanken) und Geldspielautomaten (in Gaststätten und Spielhallen) darin, dass es für Geldspielautomaten rechtliche Vorgaben bezüglich Länge der einzelnen Spiele sowie zu möglichen Einsatz- und Verlusthöhen gibt. Mit beiden Varianten des Automatenspiels können allerdings in kurzer Zeit hohe Verluste erspielt werden. Bei den gewerblichen Geldspielautomaten ist die weite Verbreitung zu beachten: 2007 waren etwa Stück aufgestellt. Im Jahr 2006 wurden im Rahmen der Förderalismusreform Kompetenzen neu verteilt und das Recht der Spielhalle ausdrücklich aus der konkurrierenden Gesetzgebung herausgenommen (GG Art. 74 I Nr. 1). Länder können nun von den bundeseinheitlich geltenden Normen abweichen und eigene, neue Regelungen erlassen. Dabei ist die Grenze des wirtschaftlichen Betriebs einer Spielhalle zu beachten. Trotz der Möglichkeit zur landesinternen Regelung forderten die Ministerpräsidenten Ende 2006 den Bund auf, das Recht der Spielhallen nach den gleichen Maßstäben zu regulieren, wie sie es beim staatlichen Glücksspiel unternommen haben. Der Bund lehnte dies unter Hinweis auf inhaltliche Argumente ab: die SpielV sei durch den Spielerschutz dominiert, so sicherten etwa Gewinn- und Verlustgrenzen oder das Jackpotverbot beim Geldautomatenspiel einen höheren Spielerschutz als das Automatenspiel in Spielbanken. Ein weiterer Bereich, der derzeit rechtlich diskutiert wird, betrifft die Pferdewetten, die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) veranstaltet werden und rechtlich ebenfalls nicht zu den Glücksspielen zählen, sowie die privat vermittelten Sportwetten, deren Anbieter sich auf DDR-Lizenzen aus dem Jahr 1990 berufen. Zurzeit kristallisiert sich die Auffassung heraus, dass diese Lizenzen nur auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gültig sind und somit Spielern aus dem Gebiet des ehemaligen Westdeutschlands kein Angebot zur Spielteilnahme unterbreitet werden darf. Zusätzlich zu der derzeit laufenden juristischen Klärung wird politisch diskutiert, ob den Inhabern die Lizenzen gegen eine Entschädigungszahlung entzogen werden können. 2 von 6

162 3 von 6 Wirtschaftliche Bedeutung des Glücksspielmarktes Für einen Teilbereich des Marktes konnten keine validen Angaben gefunden werden, weshalb dieser Bereich Glücksspiel im Internet hier nicht aufgeführt wird. Es ist davon auszugehen, dass hier beträchtliche Umsätze von deutschen Kunden ins Ausland fließen. Insgesamt summieren sich die Umsätze aller Glücksspielanbieter seit etwa 1998 auf jährlich etwa 30 Mrd. Euro. Die öffentlichen Haushalte profitieren von Einnahmen in Höhe von insgesamt mehr als 4 Mrd. Euro im Jahr. Deutscher Lotto- und Toto-Block (DLTB) Im Jahr 2005 erwirtschaftete der DLTB einen Gesamtumsatz von etwa 7,9 Mrd. Euro. Davon erhielten die öffentlichen Haushalte etwa 40% (mehr als 3 Mrd. Euro). Die Produkte wurden dabei in ca lizenzierten Annahmestellen vertrieben. Dazu kommen gewerbliche Spielevermittler, die die staatlichen Angebote an Kunden vertreiben. Spielbanken Im Jahr 2005 gab es in Deutschland 85 Spielbanken, die etwa 774 Mio. Euro an die öffentliche Hand abführten. Dabei wurden bereits 75% der Erträge durch die Glücksspielautomaten erbracht. Geldspielautomaten Im Jahr 2007 waren in Deutschland etwa Geldspielautomaten in Gaststätten und Spielhallen aufgestellt. Die Betreiber erwirtschafteten damit mehr als 3,1 Mrd. Euro. An Abgaben und Steuern (einschließlich Sozialabgaben) haben die Hersteller und Betreiber der Automaten nach eigenen Angaben mehr als eine Mrd. Euro gezahlt. Die Vergnügungssteuer wird von den Kommunen erhoben. Private Sportwettenanbieter und -vermittler Für das Jahr 2005 schätzen Marktstudien die Umsätze aller privat angebotenen Sportwetten auf ca. 1,3 Mrd. Euro, wobei 800 Mio. auf die mit ehemaligen DDR- Lizenzen arbeitenden Anbieter entfallen dürften und 500 Mio. Euro auf private Wettbüros. Das ifo-institut beziffert die Umsätze des privaten deutschen Wettmarkts auf 3 Mrd. Euro, wobei 1,4 Mrd. Euro auf Online-Anbieter entfallen. Die Spielverordnung und der Glücksspielstaatsvertrag Die Spielverordnung Die Spielverordnung ist eine Rechtsverordnung und konkretisiert die Vorgaben der Gewerbeordnung zur Aufstellung von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit ( 33 c, d und e GewO). Sie wird erlassen vom Bundeswirtschaftsminister (BMWi) mit Zustimmung des Bundesrates zur Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs, zum Schutz der Allgemeinheit und der Spieler sowie zum Interesse des Jugendschutzes ( 33 f GewO). Sie enthält sehr konkrete Vorgaben zum Aufstellungsort der Geldspielautomaten, ihrer zulässigen Anzahl, ihrer technischen Beschaffenheit, ihrer Zulassungsvoraussetzungen, zum Ablauf der Spiele, zur prüfenden Behörde (Physikalisch-Technische Bundesanstalt, PTB) sowie zu den Betriebsund Aufsichtspflichten der Spielhalleninhaber. Die Vorarbeiten für die neue SpielV fanden in Zusammenarbeit von PTB und Vertretern der Automatenindustrie statt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) schlug 2005 ausdrücklich eine Liberalisierung der bis dahin gültigen Regelungen vor. In der derzeitigen Regelung wurde der maximal zulässige Verlust pro Stunde von 60 Euro auf 80 Euro bei maximal 500 Euro Gewinn erhöht. Die Mindestlaufzeit pro Spiel wurde von 12 sec auf 5 sec reduziert. Eine Verlängerung der Spiele mit über den Maximaleinsatz von 20 Cent je Spiel hinausgehenden Beträgen bis auf 75 sec ist möglich. Nach einer Stunde Betrieb muss das Gerät eine 5-minütige Zwangspause einlegen. In Spielhallen dürfen maximal 12 (statt bisher 10) und in Gaststätten 3 (statt bisher 2) dieser Geräte aufgestellt werden. In der Begründung für diese Änderungen wird auch auf den Spielerschutz verwiesen: Die kürzere Spielabfolge verbunden mit dem vorgeschriebenen Trennwänden mache es nicht mehr

163 möglich, an mehreren Geräten gleichzeitig zu spielen. Zudem müssen die Betreiber Informationsmaterialien zu den möglichen Risiken auslegen. Für Minderjährige ist das Spielen nach wie vor verboten. Der Glücksspielstaatsvertrag Durch das Sportwettenurteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom sind die Bundesländer vor die Entscheidung gestellt worden, den Glücksspielmarkt für private Anbieter zu öffnen oder eine strikt auf der Suchtbekämpfung aufbauende Legitimation für das Staatsmonopol zu schaffen. Am stimmten 15 der 16 Bundesländer (Enthaltung Schleswig-Holstein) dem Entwurf des neuen Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) zu. Dieser Staatsvertrag regelt mit zwei bedeutenden Ausnahmen Geldspielautomaten und Pferdewetten das Glücksspiel in Deutschland und schließt private Anbieter abgesehen von der eingeschränkten Möglichkeit der Vermittlung vom deutschen Glücksspielmarkt grundsätzlich aus. Entsprechend den Anforderungen des BVerfG steht die Suchtbekämpfung im GlüStV im Vordergrund ( 1). Zu diesem Zweck wird die Werbung beschränkt bzw. im Rundfunk, Internet und per Telefon generell verboten ( 5). Es müssen Sozialkonzepte gegen die sozialschädlichen Auswirkungen des Glücksspiels entwickelt ( 6) und über Gewinn- und Verlustwahrscheinlichkeiten sowie über Suchtrisiken und Therapiemöglichkeiten aufgeklärt werden ( 7). Gefährdete Spieler können sich sperren lassen (Selbstsperre) oder auf Hinweis von Dritten gesperrt werden (Fremdsperre). Diese Spielsperren gelten durch eine übergreifende Speicherung bei bestimmten, im Staatsvertrag geregelten Glücksspielen ( ). Der GlüStV umfasst auch die Sicherstellung der wissenschaftlichen Forschung ( 11). Im Jahr 2007 versuchten diverse private und staatliche Glücksspielanbieter, Einfluss auf die Gestaltung des GlüStV zu nehmen. Auch indirekte Profiteure meldeten sich zu Wort. So sorgte sich beispielsweise der Breitensport um bei einem Wegfall der Monopolstellung zu befürchtende Einnahmeausfälle, während der Deutsche Fußball-Verbund und die Deutsche Fußball Liga gegen den GlüStV vorgingen, da einzelnen betroffenen Bundesligavereinen die Trikot- und Bandenwerbung für private Wettanbieter untersagt wurde. Das Abstimmungsverhalten zum GlüStV war durch die Länder und innerhalb von Parteien sehr gespalten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ablehnung oder Befürwortung weniger von parteipolitischen Grundüberzeugungen, sondern weit mehr von länderspezifischen Interessenlagen bedingt zu sein scheint. Der GlüStV wird als eines der umstrittensten Gesetzgebungsverfahren der letzten Jahre beschrieben. Inwieweit dieses bis zum Ende der Laufzeit des Staatsvertrages im Jahr 2011 als abgeschlossen gelten kann oder ob schon bald Neuregelungen wegen entsprechender Gerichtsurteile des BVerfG und/oder des Europäischen Gerichtshofs nötig werden, ist derzeit offen. Forschungspolitik In der Vergangenheit gab es weder umfassende Forschungsprogramme der öffentlichen Hand noch hat die deutsche Suchtforschung von sich aus das Thema Glücksspielsucht zum Gegenstand systematischer und breit angelegter Untersuchungen gemacht. Vor diesem Hintergrund ist der aktuelle Kenntnisstand in Deutschland als absolut unzureichend anzusehen. Die derzeit vorhandenen Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Spielautomaten ein deutlich höheres Gefährdungspotenzial aufweisen als Lotterien und von daher die ungleiche politische und rechtliche Behandlung dieser Bereiche nicht den Erkenntnissen der Suchtforschung entspricht. Durch den GlüStV sind die Bundesländer verpflichtet die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren durch Glücksspiele sicherzustellen. In den Ausführungsgesetzen der Länder wird mehrheitlich auch die Möglichkeit länderübergreifender Forschungsprojekte genannt. Die Koordination solcher Projekte soll über die Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden (AOLG) und ihrer Unterarbeitsgruppe Suchthilfe erfolgen. In diesem Zusammenhang ist auch der unabhängige, 4 von 6

164 5 von 6 länderübergreifende Fachbeirat zu nennen, der den Bundesländern Vorschläge für wissenschaftliche Untersuchungen zur Glücksspielsucht unterbreiten kann. Stand der Forschung In den bislang durchgeführten Repräsentativerhebungen ist der Anteil pathologischer und problematischer Spieler bei den Spielautomaten am höchsten (9-13%) und beim Zahlenlotto am geringsten (3 bzw. 0,2%). Die ermittelten Prävalenzen weichen stark voneinander ab. Auch der ermittelte Wert für die absolute Zahl an pathologischen Spielern in Deutschland reicht von über bis zu Personen. In einer Studie wurde das Glücksspielverhalten von Jugendlichen ermittelt: etwa 3% der Jugendlichen im Alter von Jahren erfüllen die Kriterien eines problematischen Glücksspielverhaltens. Nach einer Studie der BZgA erfüllen 0,3% der befragten 16- und 17-jährigen Jugendlichen die Kriterien für problematisches und pathologisches Glücksspielverhalten. In der Vergangenheit wurden bereits mehrfach Untersuchungen an Glücksspielern durchgeführt, die Versorgungsangebote in Anspruch genommen haben. Nach diesen Erhebungen sind vor allem Männer betroffen. Weitere typische Merkmale beziehen sich auf das Ausmaß der Verschuldung sowie das häufige Vorliegen weiterer psychischer Störungen. Zudem belegen diese Studien konsistent, dass das Gefährdungspotenzial bei Geldspielautomaten am höchsten ist, gefolgt von Kasinospielen und Sportwetten. Die Suchtgefahren von Lotterien gelten demgegenüber als relativ gering. In den Kinderschuhen steckt derzeit die Grundlagenforschung mit neuropsychologischer Ausrichtung, die sich mit hirnfunktionalen und hirnstrukturellen Auffälligkeiten bei der Entstehung und Aufrechterhaltung pathologischen Glücksspielverhaltens beschäftigt. Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland zudem einen Forschungszweig, der sich aus ökonomischer Sicht mit Fragen des Glücksspiels beschäftigt. Genereller Forschungsbedarf Besonderer Forschungsbedarf ist in folgenden Bereichen vorhanden: - Grundlagenforschung zu den Ursachen der Glücksspielsucht unter Berücksichtigung verschiedener Wissenschaftsdisziplinen - Aufbau eines systematischen Monitoring zur Erfassung des Glücksspielverhaltens der deutschen Bevölkerung - Durchführung von Studien zu Glücksspielen mit hohem Gefährdungspotenzial - Effektivitätsüberprüfung der wichtigsten ambulanten und stationären Therapieformen - Initiierung von Studien zu den volkswirtschaftlichen Nutzen und Kosten des Glücksspiels Forschungsbedarf Glücksspielstaatsvertrag Im GlüStV und seinen Ausführungsgesetzen auf Länderebene werden die einzelnen Präventionselemente beschrieben und begründet. Sie reichen von Warnhinweisen über Personalschulungen, mit denen ein Früherkennen von und ein angemessener Umgang mit Problemspielern erreicht werden soll, bis hin zur Limitierung der Anzahl der Lotto-Annahmestellen. Dieses Präventionsmodell stellt eine Kombination aus universeller, selektiver und indizierter Prävention dar und entspricht damit einem modernen Präventionsansatz im Sinne des Policy-Mix. Diese Elemente sind empirisch für den Bereich des Glücksspiels nicht abgesichert. Die Annahmen über die Wirksamkeit stammen aus dem allgemeinen Kenntnisstand der Sucht-Präventionsforschung sowie aus Teilbereichen der Glücksspielsucht-Forschung. Eine systematische Evaluation des Gesamtkonzeptes sowie seiner einzelnen Elemente ist daher notwendig.

165 6 von 6 Schlussfolgerungen Abschließend stellt sich die Frage nach der Stimmigkeit des Vorgehens der staatlichen Akteure: Passen die vorgegebenen Begründungen, Ziele und Motive mit den Handlungen zusammen? Zur Antwort müssen zwei Aspekte betrachtet werden: Handeln die (halb-/staatlichen) Akteure selbst nach den proklamierten Zielen? Und: Agiert der Staat übergreifend nach einheitlichen Zielen? Zum ersten Aspekt: Im Bereich des staatlichen Glücksspiels war eine generelle Expansion des Angebots zu verzeichnen. Gleichzeitig vollzog sich ein Wandel hin zu Spielen mit höherem Gefährdungspotenzial wie Oddset, Keno, Quicky und Automaten in den Spielbanken. Eine Rückbesinnung auf die geäußerten Motive des Handelns wurde durch das Bundesverfassungsgericht bewirkt. Zum zweiten Aspekt: Nach wie vor ist kein übergreifender Wille erkennbar, den Spielhallenbetrieb obwohl die Geldspielautomaten die Glücksspielform mit dem höchsten Gefährdungspotenzial darstellen unter dem gleichen hohen Maßstab der Spielsuchtprävention zu regulieren. Im Gegenteil: Gewerblich betriebene Glücksspiele werden seit Jahrzehnten nicht als solche bezeichnet, sondern unter wirtschaftspolitischen Zielen befördert. In der juristischen Diskussion stellt sich die Frage nach der Kohärenz der staatlichen Glücksspielpolitik. Grundsätzlich wäre zu wünschen, dass sich der wissenschaftliche Kenntnisstand bis zum Ende der Laufzeit des GlüStV stark verbessert und sich in Deutschland eine exzellente und interdisziplinär ausgerichtete Glücksspielsucht-Forschung etabliert. Möglicherweise würde dieser Anspruch dazu beitragen, die aufgezeigten rechtlichen und politischen Widersprüche des nach wie vor segmentierten Glücksspielwesens in Deutschland zu überwinden. Quelle: Schütze C, Hiller P, Kalke J (2008). Glücksspielpolitik. Suchttherapie 9: Das Literaturreferat wurde erstellt von U. Buchner. Die hier vorgestellten Texte Dritter geben die Meinungen der vorgestellten Autoren und nicht unbedingt die Meinung der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern wider.

166 LITERATURREFERAT Gibt es riskante oder süchtige Lotto-Spieler? Ergebnisse einer Befragung der Leiter von Annahmestellen. Einleitung Aufgrund der aktuellen rechtlichen und politischen Entwicklungen in Deutschland haben die staatlichen Lotteriegesellschaften begonnen, Sozialkonzepte zur aktiven Suchtprävention zu entwickeln. Ein wesentliches Element dabei ist die Schulung des Verkaufs-Personals in den Lotto-Annahmestellen, das in die Lage versetzt werden soll, bei Kunden mit riskantem oder süchtigem Spielverhalten angemessen zu intervenieren. In der hier vorliegenden Studie handelt es sich um die Ergebnisse einer Befragung von Leitern der Lotto-Annahmestellen in Hessen, Sachsen, Schleswig-Holstein und im Saarland, die als Eingangserhebung empirische Daten für den Schulungsbedarf liefern sollte. Die Leiter der Lotto-Annahmestellen sollten eine subjektive Einschätzung darüber abgeben, wie viele ihrer Kunden ein riskantes oder süchtiges Spielverhalten aufweisen. Ferner sollten sie Angaben dazu machen, woran sie solche Problemspieler erkennen. Da die befragten Leiter aufgrund ihrer Antworten offensichtlich gut dazu in der Lage sind, Problemspieler zu erkennen, wurden die Fremdbeurteilungen als empirische Grundlage für eine Prävalenzschätzung von Lotto-Kunden mit riskantem und süchtigem Spielverhalten genommen. Fremdbeurteilungen zur Verbreitung von Suchtmitteln oder nichtstofflichen Süchten liefern in der Regel wenig belastbare Ergebnisse, können jedoch Hinweise auf mögliche Trends geben und mit auf Selbstauskünften basierenden repräsentativen Erhebungen (Bevölkerung oder Teilpopulation) verbunden werden und somit insgesamt valide und empirisch abgesicherte Ergebnisse liefern. Methodik In den vier beteiligten Bundesländern wurde im Zeitraum Januar bis Juli 2007 eine anonyme schriftliche Befragung unter allen Leitern von Lotto-Annahmestellen durchgeführt. Insgesamt haben sich Leiter (bzw. ihre Stellvertreter) an der Befragung beteiligt, was einer Rücklaufquote von 82% entspricht. 21 Fragebögen mussten aufgrund der hohen Anzahl fehlender Werte aussortiert werden. Somit konnten Fragebögen (82%) in die Auswertung einbezogen werden. Aufgrund der hohen Beteiligung und der Verteilung der Antwortenden über das gesamte Gebiet kann angenommen werden, dass es keine systematische Ablehnung der Befragung von bestimmten Personen(-gruppen) gab. Daher dürften die Ergebnisse repräsentativ für die vier befragten Länder sein. Bei den Befragten handelt es sich zu 58% um Frauen, zu 42% um Männer. Das Durchschnittsalter beträgt 48,2 Jahre. 82% arbeiten schon länger als zwei Jahre in ihrer Annahmestelle, die durchschnittliche Arbeitszeit beträgt 160 Stunden im Monat. Der eingesetzte Fragebogen umfasst sieben Seiten und enthält ausschließlich geschlossene Listenfragen zum Ankreuzen. Neben den soziodemographischen Angaben wird der Kenntnisstand zu den Themen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, Glücksspielsucht sowie Hilfeangebot erhoben. Ein Schwerpunkt der Fragen liegt auf dem Erkennen von und Handeln bei Problemspielern. Zudem sollten die Befragten eine Einschätzung des Abhängigkeitspotenzials einzelner Glücksspielformen vornehmen. Die in der hier vorliegenden Auswertung primär interessierende Frage lautete: Haben Sie Kunden, die ein riskantes oder süchtiges Spielverhalten aufweisen? Auf Grundlage der Angaben zu dieser Frage erfolgt eine Hochrechnung der Anzahl von riskanten und süchtigen Spielern. Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.v. Landwehrstr München Tel.: Fax: Web: Kooperationspartner: Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis e.v. (BAS) bas-muenchen.de IFT Institut für Therapieforschung Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) Geschäftsstelle: Edelsbergstr München BAS e.v. (VR 15964) Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft AG Konto-Nr BLZ Vorsitzender: PD Dr. med. Norbert Wodarz 2. Vorsitzender: Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter Schatzmeister: Bertram Wehner, Dipl.-Sozialpäd. (FH) Vorstandsmitglieder: Christiane Fahrmbacher-Lutz, Apothekerin Dr. rer.soc. Christoph Kröger, Dipl.-Psychologe Ehrenvorsitzender: Prof. Dr. med. Jobst Böning

167 2 von 3 Ergebnisse Im Durchschnitt spielen in einer Lotte-Annahmestelle 441 verschiedene Kunden wöchentlich Lotto. Die Leiter in den Annahmestellen haben einen engen Kontakt zu einem großen Teil ihrer Kunden. Mehr als jeden zweiten Kunden kennen sie gut (54%), ein weiteres Viertel kennen sie etwas (26%), jeden fünften Kunden kennen sie kaum oder gar nicht (20%). Es handelt sich bei etwa 77% um Stammkundschaft. Je länger die Leiter in ihrer Annahmestelle arbeiten, um so höher ist der Anteil der Kunden, die sie gut kennen (bis halbes Jahr: 35%, über zehn Jahre: 60%). Die meisten Leiter sehen sich dazu in der Lage einzuschätzen, ob es in ihrer Kundschaft Problemspieler gibt. 42% geben an, dass ihnen Kunden mit riskantem oder süchtigem Spielverhalten bekannt sind. Die meisten Leiter nennen dabei einen Personenkreis von 1-5 Kunden (87%). Kunden mit riskantem oder süchtigem Spielverhalten Ja 42% Nein 58% Wenn ja: Wie viele Kunden? 1 bis 2 Kunden 61% 3 bis 5 Kunden 26% 6 bis 10 Kunden 8% über 10 Kunden 5% Aus den Angaben der Leiter der Lotto-Annahmestellen ergibt sich ein geschätzter Prävalenzwert von 0,22% Problemspieler unter allen Lotto-Kunden. Die Leiter der Annahmestellen geben an, riskante oder süchtige Lotto-Spieler in erster Linie an der Häufigkeit der Spiele zu erkennen, gefolgt vom Einsatz hoher Beträge und dem Spielen in verschiedenen Annahmestellen. Dies sind auch Kriterien, die in Praxis und Forschung u.a. als Erkennungsmerkmale genannt werden. Anzeichen Häufiges Spielen 64% Einsatz hoher Beträge 50% Spielen in verschiedenen Annahmestellen 48% Spielen unterschiedlicher Produkte 27% Vernachlässigung anderer Interessen 21% Hohe Schulden 19% Vernachlässigung Familie 18% Feste Rituale 12% Krankhafter Eindruck 7% Äußern Probleme mit dem Spielen 8% Auffälliger Alkoholkonsum 6% Die Mehrzahl der Leiter von Lotto-Annahmestellen (74%) sprechen Problemspieler auf ihre Spielverhalten (18%) an oder empfehlen weniger Geld einzusetzen (21%) oder weniger zu spielen (20%). Auf professionelle Hilfe wird nur selten verwiesen (4%).

168 3 von 3 Ergänzend zeigen die Ergebnisse, dass Leiter von Lotto-Annahmestellen das Abhängigkeitspotenzial verschiedener Glücksspielformen differenziert und in der Rangfolge des vorhandenen internationalen Forschungsstandes einschätzen. Bedeutung für die Praxis Insgesamt ist Lotto eine Glücksspielform mit vergleichsweise niedrigem Abhängigkeitspotenzial. Da aber etwa 17 Millionen Menschen in Deutschland mindesten einmal pro Woche ein Lotto-Produkt spielen, resultiert auch aus niedrigen Prävalenzzahlen eine relevante Anzahl von Problemspielern. Der größte Teil der Leiter von Lotto-Annahmestellen ist bereits vor den Schulungen in der Lage, süchtige oder problematische Spieler zu erkennen. Zudem existiert eine realistische Vorstellung über die Anzeichen für riskantes oder süchtiges Spielverhalten. Quelle: Kalke J, Verthein W, Neumann E., Haasen C (2008). Gibt es riskante oder süchtige Lotto-Spieler? Ergebnisse einer Befragung der Leiter von Annahmestellen. Suchtmedizin in Forschung und Praxis 9 (4): Das Literaturreferat wurde erstellt von U. Buchner. Die hier vorgestellten Texte Dritter geben die Meinungen der vorgestellten Autoren und nicht unbedingt die Meinung der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern wider.

169 LITERATURREFERAT Pathologisches Spielverhalten bei Glücksspielen im Internet Einleitung Durch den technischen Fortschritt werden Glücksspiele im Internet Online- Gambling zunehmend attraktiver und für immer mehr Personen zugänglich. Diese Form des Glücksspiels, die in erster Linie von Privatunternehmen angeboten wird, hat sich inzwischen etabliert, obwohl in Deutschland Glücksspiele nach 284 StGB grundsätzlich nur unter staatlicher Aufsicht und Kontrolle veranstaltet werden dürfen. Durch die beachtlichen Zuwachsraten im Hinblick auf die Anzahl der Spieler und den Gesamtumsatz kommt den Glücksspielen im Internet eine hohe ökonomische Bedeutung zu. Zugleich wird mit dem Online- Gambling die Politik vor neue Herausforderungen gestellt, da sich die Regulationsmöglichkeiten bei diesem grenzüberschreitenden Produkt von lokal gebundenen Angeboten unterscheiden. Die spezifischen Charakteristika des Glücksspiels im Internet und die damit verbundenen Risiken und Gefahren stellen allerdings auch Klinische Psychologen, Mediziner und Sozialarbeiter vor neue Aufgaben. Vor allem die leichte Verfügbarkeit sowie die schnelle Abfolge der Spiele lassen auf ein vergleichsweise hohes Gefährdungspotenzial für bestimmte Spielergruppen schließen. Zudem wird der Spielerschutz bei problematischem Spielverhalten derzeit bestenfalls untergeordnet behandelt. Im Folgenden wird ein Einblick in das gesellschaftlich relevante Phänomen des Glücksspielens im Internet gegeben. Zudem werden die strukturellen Merkmale dieses Spieltyps mit dem damit einhergehenden Gefährdungspotenzial dargestellt. Im Anschluss daran werden Maßnahmen des Spielerschutzes angeführt, deren Implementierung gerade auch im Zusammenhang mit Glücksspielen im Internet sinnvoll erscheint, um den voraussichtlich ansteigenden Prävalenzraten problematischen Spielverhaltens nachhaltig entgegenzuwirken. Glücksspiele im Internet Aktuelle Trends 1995 wurde das erste Online-Kasino ( Internet-Casino Inc.) eröffnet. Damit war es zum ersten Mal möglich, ohne einen direkten persönlichen Kontakt zur Anbieterseite an einem Glücksspiel teilzunehmen. Die Nutzung des Spielangebots kann grundsätzlich durch jede Person erfolgen, die über einen Internet-Zugang verfügt. Das sind derzeit in Deutschland ca. 58% aller Bundesbürger über 14 Jahren ([N]ONLINER Atlas 2006; Durch die technischen Neuerungen müssen inzwischen für die Spieleteilnahme keine Programme auf dem Benutzerrechner mehr installiert werden, die Teilnahme erfolgt in der Regel webbasiert (JAVA) über ein Benutzerkonto. Damit ist der Spieler nicht mehr an einen Computer gebunden, sondern kann das Spieleangebot über die Website des Spieleanbieters weltweit nutzen. Die Bezahlung der Spiele bzw. des Einsatzes erfolgt zumeist im Vorfeld der Spielteilnahme, indem ein bestimmter Geldbetrag über die Kreditkarte oder ein alternatives Zahlungssystem, z.b. NETeller, Paysafecard oder Paybox, eingezahlt wird. Zudem tragen die Verbesserung der Datenübertragungsgeschwindigkeiten und die moderne Softund Hardware dazu bei, ein realistisches Kasinoambiente abzubilden oder das Design von Automatenspielen attraktiv zu gestalten. Dies ist ein weiterer Grund für die rapide wachsenden Umsatzzahlen in diesem Segment. Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.v. Landwehrstr München Tel.: Fax: bas@bas-muenchen.de Web: Kooperationspartner: Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis e.v. (BAS) IFT Institut für Therapieforschung Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) Geschäftsstelle: Edelsbergstr München info@lsgbayern.de BAS e.v. (VR 15964) Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft AG Konto-Nr BLZ Vorsitzender: PD Dr. med. Norbert Wodarz 2. Vorsitzender: Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter Schatzmeister: Bertram Wehner, Dipl.-Sozialpäd. (FH) Vorstandsmitglieder: Christiane Fahrmbacher-Lutz, Apothekerin Dr. rer.soc. Christoph Kröger, Dipl.-Psychologe Ehrenvorsitzender: Prof. Dr. med. Jobst Böning

170 2 von 4 Derzeit wird nach vorsichtigen Angaben von ca Websites mit Glücksspielangeboten ausgegangen, die im Jahr 2005 Gesamtumsätze von knapp 12 Milliarden US-Dollar verbuchen konnten. Bis 2010 wird mit einer Verdopplung des Umsatzes auf über 24 Milliarden US-Dollar gerechnet. Ergebnisse des Internetmarktforschungsinstituts Nielsen/NetRatings zeigen, dass im Februar 2005 knapp 4,3 Millionen Internetsurfer Glücksspielwebsites besucht haben. In Deutschland wurden im Jahr 2005 etwa 3,3 Milliarden Euro für Glücksspiele im Internet eingesetzt, was einem Plus von rund 35% entspricht. Es ist davon auszugehen, dass mit der weiteren Verbreitung des Internets und der wachsenden Nutzerkompetenz weitere Kundenkreise erschlossen werden. Zudem steigt das Vertrauen in Transaktionen im Internet sowie die subjektiv empfundene Seriosität der Anbieter. Die Möglichkeit der Spieleteilnahme im Fun-, Demo- oder Trainings-Modus ohne Geldeinsatz ist ein weiterer wesentlicher Punkt bei der Akquirierung neuer Spieler. Die Anbieter der Glücksspielwebsites haben ihren Sitz häufig in Ländern, in denen das Online-Gambling toleriert und primär wegen der Steuerabgaben als lukrative Einnahmequelle gesehen wird. Entsprechend operiert ein Großteil der privaten Kasino-Anbieter von der Karibik aus. Auch staatlich konzessionierte Glücksspielangebote wurden auf das Internet ausgedehnt. Am weitesten fortgeschritten war hierbei der Deutsche Lotto- und Totoblock. Als Vorreiter für die Spielbanken führte die Spielbank Hamburg am 28. Oktober 2002 ein Online-Roulette ein, bei dem eine Web-Kamera den Spielablauf live und in Echtzeit übertrug. Das Hamburger Verfassungsgericht stufte dies allerdings als rechtswidrig ein (Az.: HverfG 10/02), da es mit dem Hamburger Spielbankengesetz nicht vereinbar war und aufgrund der fehlenden Präsenz der Spielteilnehmer kein hinreichender Spielerschutz gewährleistet werden konnte. Im Gegensatz dazu vergab Hessen nach einer Änderung des Hessischen Spielbankengesetzes eine Konzession für ein Online- Roulette an die Spielbank Wiesbaden, die ab dem 15. Juli 2004 nach Hamburger Vorbild Spiele online durchführte. Im Schnitt besuchten 2005 etwa 220 Kunden täglich diese Internetplattform. Das Gefährdungspotenzial von Online-Glücksspielen Der Spielanreiz und damit das Gefährdungspotenzial von Online-Glücksspielen lässt sich im Wesentlichen über die nachfolgenden zehn Kriterien bestimmen: Verfügbarkeit und Griffnähe: Die Spiele können von zu Hause oder vom Arbeitsplatz aus bequem und kostengünstig sowie ohne Kleidervorschriften erreicht werden. Zudem gibt es keine Knappheit der bevorzugten Spielform, da diese nicht durch einen Mitspieler blockiert werden kann. Eine Spielteilnahme ist auch unter Drogeneinfluss oder für nicht-spielberechtigte Minderjährige möglich. Ereignisfrequenz: Für die Spiele im Internet ist eine hohe Anzahl von Spielen pro Zeitintervall typisch. Künftige Erfolge nach vorangegangenen Verlusten werden so rasch in Aussicht gestellt, wodurch die Zeitspanne des Verlusterlebens drastisch verkürzt wird. Der hohe Aktivationsgrad wird vom Spieler im Sinne eines Kicks oder Rauschzustands wahrgenommen und als positiv bewertet. Interaktivität: Die (inter)aktive Einbindung der Spielteilnehmer fördert die Illusion einer Kontrolle über den Spielablauf. Dies kann unter Umständen einen vermehrten Zeit- und Geldaufwand zur Folge haben. Bargeldloser Zahlungsverkehr: Durch den bargeldlosen Zahlungsverkehr findet eine Verschleierung des Geldwerts statt, was zu einem gesteigerten Risikoverhalten verleiten und die Gefahr des Kontrollverlustes erhöhen kann. Zudem verliert der Spieler schnell den Überblick über den Gesamteinsatz. Anonymität: Durch die Anonymität es finden keine persönlichen Kontakte zu Mitspielern oder Angestellten statt sind soziale Hemmungen leichter überwindbar. Online-Gambling kann auch von Personen genutzt werden, die sich offline nicht in Spielstätten trauen. Auch müssen keine (in-)formellen Sanktionen, etwa bei zu langsamer Spielteilnahme oder unangemessenen Gefühlsäußerungen gefürchtet werden. Zudem erleichtert die Privatsphäre die Verheimlichung des Spielverhaltens sowie der Einsätze und es findet keine soziale Kontrolle durch außenstehende Personen statt.

171 3 von 4 Realitätsflucht: Durch die hohe Ereignisfrequenz und die Anonymität bietet das Online- Gambling ein geeignetes Mittel zur Ablenkung von Alltagssorgen, Konflikten und Stress. Abbau von Hemmschwellen: Über Simulationsspiele wird eine Vertrautheit mit dem Spielformat hergestellt. Dies erleichtert den Erstkontakt, stellt einen kundenfreundlichen Einstieg dar und lässt die Grenzen zwischen Spielen und Spielen um Geld verschwimmen. Auch die Anonymität, das Spielen in vertrauter Umgebung, der Verzicht auf Ausweiskontrollen oder Kleiderordnungen o.ä. tragen zum Abbau von Hemmschwellen bei. Vielfalt der Angebotspalette: Inzwischen umfasst die Angebotspalette im Internet ein breites Spektrum an Spielformen und Einsatzmöglichkeiten, die durch Einzel- oder Mehrspielermodi, Chat-Rooms oder Informationsmaterialien erweitert werden. Vermarktung: Durch die Selbstdarstellungen der privaten Anbieter ( höchste Auszahlungsquote, die meisten Spielteilnehmer ), durch -Verteiler sowie durch Begrüßungsgeschenke, Boni oder spezielle Angebote werden Spieleteilnehmer geworben und an das Angebot gebunden. Zudem werden sogenannte Mega-Tags hinterlegt, die als Schlagwörter im HTML-Code von Websites auftauchen und bei der Benutzung von Internet-Suchmaschinen erkannt werden. Kundenfreundliche Angebote: Durch die geringeren Betriebs- und Investitionskosten sind Anbieter von Online-Glücksspielen in der Lage, günstigere Auszahlungsquoten und benutzerfreundlichere Spielformen (z.b. Roulette ohne Null) anzubieten. Im Konkurrenzkampf um die Marktanteile wird die Attraktivität der Angebote laufend verbessert, z.b. durch eine Erweiterung des Angebotssortiments oder die Erschließung weiterer Vertriebswege, etwa durch die Spielteilnahme per Mobiltelefon. Ausgehend von den theoretischen Überlegungen lässt sich somit begründen, warum das Gefährdungspotenzial von Glücksspielen im Internet als besonders hoch einzustufen ist. Bislang mangelt es allerdings noch an entsprechenden empirischen Forschungsbefunden. Eine Pilotstudie in Form einer Online-Befragung von Personen, die im Internet Glücksspiel aufsuchen, konnte eine Prävalenzrate problemtischen Spielverhaltens von 42,7% belegen (Wood/Williams 2005). Ein weiteres Indiz für das Gefährdungspotenzial von Online-Gambling zeigt sich in den Befunden des britischen Wohlfahrtsverbandes GamCare. Über 10% der Anrufer bei der von GamCare betriebenen Telefonhotline geben an, überwiegend über das Internet an Glücksspielen teilzunehmen. Auch die Inanspruchnahme der Selbstsperroptionen bei Anbietern von Glücksspielen im Internet lässt Rückschlüsse auf die mit dieser Spielform einhergehenden Gefahren zu: bei einem der führenden Betreiber von Online-Glücksspielen ließen sich 2005 über Personen sperren. Da es sich beim Online-Gambling noch um eine sehr neue Spielform handelt und Erfahrungen mit anderen Glücksspielen zeigen, dass die Entwicklung von glücksspielbezogenen problematischen Erlebens- und Verhaltensweisen gewöhnlich mehrere Jahre dauert, ist damit zu rechnen, dass das Problemausmaß erst mit einer gewissen Verzögerung sichtbar und dokumentierbar ist. Schlussfolgerungen Aufgrund ihrer strukturellen Merkmale sind Glücksspiele im Internet als ein Produkt mit besonderen Risiken anzusehen. In Zukunft ist wohl mit einer ansteigenden Zahl an Personen zu rechnen, bei denen das Spielen im Internet ausschließlich oder zusätzlich zu einer psychischen Belastung wird. Gerade für Personen, die lokale Spielstätten nicht aufsuchen würden/dürfen, wie Personen mit langen Anfahrtswegen zu einer Spielstätte, Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen oder Minderjährige sowie gesperrte Spieler, hat das Spielen im Internet einen besonderen Anreiz. Für die Suchtprävention stellt das Spielen im Internet eine besondere Herausforderung dar. Diese Glücksspielform bietet aber gleichzeitig viele Möglichkeiten für Spielerschutzmaßnahmen, z.b. über die Möglichkeit der lückenlosen Aufzeichnung des Spielverlaufs und damit die automatisierte Erfassung bestimmter Indikatoren problematischen Spielverhaltens als Ausgangspunkt für die Kontaktaufnahme durch geschulte Fachkräfte.

172 4 von 4 Glücksspiele im Internet Ausgewählte Möglichkeiten des Spielerschutzes. Verpflichtung zur persönlichen Anmeldung durch Vorlage eines Personalausweises bei Einrichtung eines Spielkontos Verbot der Spielteilnahme im Demo-/Trainingsmodus für Personen unter 18 Jahren Deutlich sichtbare Informationen zum Spielangebot im Sinne des Verbraucherschutzes: Aufklärung über die Risiken; Informationen zur Gewinnwahrscheinlichkeit; Integration von Hinweisen, die ein kontrolliertes Spielverhalten fördern Individuelle Festlegung der maximalen Einsatz-, Gewinn- und Verlusthöhe sowie der Gesamtspieldauer (pro Tage/Woche) im Vorfeld der Spielteilnahme Benutzung eines einzigen Spielkontos sowie einer einzigen Kreditkarte pro Spielteilnehmer In regelmäßigen Abständen erscheinende Anzeige der Gesamtspielzeit, der getätigten Einsätze und der erzielten Gewinne bzw. Verluste Einbau von Realitätsüberprüfungen: Unterbrechung einer kontinuierlichen Spielteilnahme über interaktive Dialogfenster nach einer bestimmten Zeitspanne; zusätzliches Bestätigen eines ungewöhnlich hohen Spieleinsatzes Unterbindung einer zu raschen Spielgeschwindigkeit Verbot von gezielten Manipulationen des Spielablaufs sowie von Lockangeboten, die zum Spielen animieren sollen (z.b. kostenloses Startkapital) Restriktionen bezüglich der Produktvermarktung, z.b. Verzicht auf Werbung mit Aufforderungscharakter Bereitstellung von umfassenden Materialien zur Glücksspielsucht inklusive Verweisen auf Spieler-Versorgungseinrichtungen, einem Test zur Beurteilung des eigenen Spielverhaltens und der Möglichkeit des Herunterladens von spezieller Software, mit der der Zugang zu Glücksspielseiten blockiert werden kann Überwachung der Spielaktivitäten: Früherkennung des problematischen Spielverhaltens anhand von Aufzeichnungen des Spielverlaufs unter Berücksichtigung des Datenschutzes als Ausgangspunkt für die persönliche Kontaktaufnahme durch geschulte Fachkräfte (Verpflichtung zum Ausschluss von Kunden mit einem problematischen Spielverhalten) Möglichkeit der Selbstsperre durch den Spieler oder der Fremdsperre durch den Anbieter einschließlich einer Vernetzung der Sperrdateien off- und online Kontinuierliche Evaluation der Spielerschutzmaßnahmen mit dem Ziel der Effektivitätsoptimierung Von der Betreiberseite aus lässt sich derzeit wenig Bereitschaft erkennen, Maßnahmen zum Spielerschutz umzusetzen. Es zeigen sich im Gegenteil mehr profitorientierte Vorgehensweisen, die den Präventionszielen und der Gefahrenabwehr grundlegend widersprechen, wie bspw. eine starke Abweichung der Auszahlungsquoten zwischen Demo- und Realspielbetrieb zur Anwerbung von Neukunden. Letztlich werden sich die Gefahren des Online-Gamblings nur durch rechtliche Rahmenbedingungen minimieren lassen. Momentan werden auf internationaler Ebene Regulationsmodelle diskutiert, die von einem grundsätzlichen Verbot bis zu einer uneingeschränkten Öffnung des Marktes reichen. So ist bspw. in Großbritannien mit dem Gambling Act das Glücksspielrecht im Allgemeinen liberalisiert und das Online-Gambling reguliert. In Amerika dagegen ist das Glücksspielen im Internet bzw. die finanzielle Transaktion zwischen US-Bürgern und Online-Glücksspielbetreibern verboten ( Unlawful Internet Gambling Enforcement Act ). Eine weitere Möglichkeit zur Eindämmung von Glücksspielen im Internet wird in Australien angewendet: durch spezielle Filterprogramme werden bestimmte Websites blockiert, was zu einer Reduzierung, nicht aber zu einer vollständigen Verhinderung von Glücksspielen im Internet führt. Als Argument gegen die Zweckmäßigkeit eines Verbots von Online-Gambling lässt sich anführen, dass das Mittel der Prohibition im Suchtbereich in der Regel die Zielvorgaben verfehlt hat. Abschließend ist festzustellen, dass das Thema Glücksspielen im Internet von internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen bislang nur mit geringer Aufmerksamkeit verfolgt wird. Quelle: Hayer T, Bachmann M, Meyer G (2005). Pathologisches Spielverhalten bei Glücksspielen im Internet. Wiener Zeitschrift für Suchtforschung 28 (1/2): Das Literaturreferat wurde erstellt von U. Buchner. Die hier vorgestellten Texte Dritter geben die Meinungen der vorgestellten Autoren und nicht unbedingt die Meinung der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern wider.

173 LITERATURREFERAT Komorbidität bei Pathologischem Glücksspiel Einleitung Pathologisches Glücksspiel tritt häufig in Kombination mit anderen psychischen Störungen auf. Bisherige Studien zur Komorbidität hauptsächlich aus dem angelsächsischen Raum zeigen die höchsten Komorbiditätsraten mehrheitlich bei depressiven Störungen (bis zu 70 %), substanzbezogenen Störungen (bis zu 80%) und Persönlichkeitsstörungen (bis zu 93%). Für den deutschsprachigen Raum ist die Befundlage bislang begrenzt. In der hier vorliegenden Studie wird anhand einer Stichprobe von pathologischen Glücksspielern in stationärer Behandlung neben der Erfassung der Lifetime- und Zwölfmonatsprävalenzen komorbider psychischer Störungen sowie strukturierter retrospektiver Erfassung des Spielverhaltens die zeitliche Abfolge des Auftretens der einzelnen Störungen ermittelt. Dies ermöglicht Schlussfolgerungen, welche Störungen potenziell als ursächliche Faktoren in Frage kommen und welche eher als Folge des Glücksspielens anzusehen sind. Vor dem Hintergrund bisheriger Forschung wurden folgende vier Hypothesen untersucht: 1. Depressive Störungen, Angststörungen, substanzbezogene Störungen und Persönlichkeitsstörungen vom Cluster B stellen die häufigsten komorbiden psychischen Störungen dar. 2. Bei pathologischen Glücksspielern liegt eine vergleichbar hohe Prävalenz komorbider Achse-I- und Achse-II-Störungen vor wie bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit. 3. Pathologische Glücksspieler, bei denen zusätzlich eine Substanzabhängigkeit vorliegt, unterscheiden sich hinsichtlich ihrer komorbiden Störungen und ihrer psychischen Symptombelastetheit von anderen Glücksspielern. 4. Aufgrund ihrer Typologie lassen sich umschriebene Typen pathologischer Glücksspieler abgrenzen. Methodik Als Messinstrumente wurden das Diagnostische Expertensystem für psychische Störungen (DIA-X), die International Personality Disorder Examination (IPDE) ergänzt durch die SKID II Skala für narzisstische Persönlichkeitsstörungen, das DSM IV Diagnostikum für Pathologisches Glücksspiel (Premper, 2006), die Symptomcheckliste (SCL-90-R), ein Anamnesefragebogen zur Glücksspielsucht (Premper, 2006) und der Kurzfragebogen zum Glücksspielverhalten (KFG) verwendet. Die Untersuchungsstichprobe bestand aus 101 stationären Patienten, von denen 68 (67,3%) im Indikationsbereich Psychosomatik und 33 (32,7%) im Indikationsbereich Abhängigkeitserkrankungen behandelt wurden. Dies entspricht auch in etwa dem Verhältnis, in dem pathologische Spieler in Deutschland generell der einen oder anderen Behandlungsform zugewiesen werden. Insgesamt hatten 87 Untersuchungsteilnehmer (86,1%) Pathologisches Glücksspiel als primäre Zuweisungsdiagnose, die übrigen 14 als Zweitdiagnose. Von diesen hatten 12 die Erstdiagnose Alkoholabhängigkeit und je einer die Diagnose Medikamentenabhängigkeit (F13.2) und Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1). Zur Einschätzung der relativen Erkrankungswahrscheinlichkeit an einer komorbiden psychischen Störung wurden als Vergleichsmaßstab die Erkrankungshäufigkeit bei Alkoholabhängigkeit als prävalenteste substanzgebundene Abhängigkeit (außer Tabakabhängigkeit) und die Erkrankungshäufigkeit in der Allgemeinbevölkerung herangezogen. Um Subtypen von Glücksspielern herauszufinden, wurde eine Clusteranalyse durchgeführt. Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.v. Landwehrstr München Tel.: Fax: bas@bas-muenchen.de Web: Kooperationspartner: Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis e.v. (BAS) bas-muenchen.de IFT Institut für Therapieforschung Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) Geschäftsstelle: Edelsbergstr München info@lsgbayern.de BAS e.v. (VR 15964) Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft AG Konto-Nr BLZ Vorsitzender: PD Dr. med. Norbert Wodarz 2. Vorsitzender: Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter Schatzmeister: Bertram Wehner, Dipl.-Sozialpäd. (FH) Vorstandsmitglieder: Christiane Fahrmbacher-Lutz, Apothekerin Dr. rer.soc. Christoph Kröger, Dipl.-Psychologe Ehrenvorsitzender: Prof. Dr. med. Jobst Böning

174 2 von 3 Ergebnisse Das Durchschnittsalter der untersuchten überwiegend männlichen (84,2%) Patienten lag bei 40,1 Jahren; weniger als ein Fünftel war verheiratet (15,8%). Einen Realschul- oder höheren Schulabschluss hatten etwa drei Viertel der Untersuchten (72,3%), fast zwei Drittel waren arbeitslos (66,3%). Bei 84,2% der Patienten lagen in der Zwölfmonatsprävalenz eine oder mehr komorbide Störungen vor, bezogen auf die Lebenszeitprävalenz bei 91,1%. Bei der Überprüfung der Hypothese 1 zeigen sich die höchsten Komorbiditätsraten für affektive Störungen vornehmlich depressiver Ausprägung, Angststörungen, substanzbezogene Störungen (ohne Tabak) sowie somatoforme Störungen. Komorbide Diagnosen Zwölfmonatsprävalenz Lebenszeitprävalenz Affektive Störungen 51,5% 61,4% Angststörungen 47,5% 57,4% Substanzbezogene Störungen 25,7% 60,4% Somatoforme Störungen 26,7% 33,7% Bei der Untersuchung der Reihenfolge des Auftretens der Störungen lagen bei 70,3% der Patienten bereits vor Beginn des Glücksspielens eine oder mehrere psychische Störungen (Achse I) vor. 63,4% der Patienten entwickelten eine oder mehrere psychische Störungen nach Beginn des Glücksspielens. Bei 14,9% traten Glücksspiel und psychische Störungen zeitgleich auf. Bei einer genaueren Betrachtung fällt auf, dass Angststörungen zum überwiegenden Teil (76,9%) dem Auftreten von Glücksspiel voraus gehen, depressive bzw. affektive Störungen treten zum überwiegenden Teil (60,6%) nach Beginn des Glücksspiels auf. Substanzbezogene Störungen und somatoforme Störungen treten etwa zu gleichen Teilen vor und nach Beginn des Glücksspiels auf. Neben der Diagnose Persönlichkeitsstörungen werden vom IPDE auch wahrscheinliche Persönlichkeitsstörungen erfasst. Insgesamt trifft die Diagnose Persönlichkeitsstörung auf 27,7% der Patienten zu, eine wahrscheinliche Persönlichkeitsstörung weisen 41,6% auf. Insgesamt weisen 50,5% der Patienten eine oder mehrere sichere oder wahrscheinliche Persönlichkeitsstörungen auf. Differenziert nach spezifischen Clustern von Persönlichkeitsstörungen (Hypothese 1) finden sich am häufigsten Persönlichkeitsstörungen aus dem Cluster C (ängstlich, furchtsam), gefolgt von Cluster B (emotional, dramatisch). Nur wenige Patienten weisen eine Persönlichkeitsstörung aus dem Cluster A (seltsam, exzentrisch) auf. Komorbide Persönlichkeitsstörungen Sichere Diagnose Wahrscheinliche Diagnose Sichere & wahrscheinliche Diagnose Cluster A 2,0% 9,9% 11,9% Cluster B 5,0% 19,8% 24,8% Cluster C 10,9% 24,8% 35,6% Nicht näher bezeichnete 11,9% 2,0% 13,9% Bezüglich der psychischen Belastetheit wurden die untersuchten Glücksspieler sowohl mit der Eichstichprobe wie auch mit einer Stichprobe alkoholabhängiger Patienten verglichen. Dabei zeigt sich, dass stationär behandelte Glücksspieler auf allen Skalen der SCL-90-R signifikant höhere Werte aufweisen als sowohl die Eichstichprobe wie auch die alkoholabhängigen Patienten (signifikant auf dem 1%-Niveau). Zur Abschätzung der relativen Erkrankungswahrscheinlichkeit wurden die Prävalenzen mit denen von Alkoholabhängigen (Hypothese 2) und mit der Allgemeinbevölkerung verglichen. Bei pathologischen Glücksspielern zeigt sich im Vergleich zu Alkoholabhängigen eine höhere Komorbiditätsrate (43,6% Lebenszeit-, 37,2% Sechsmonatsprävalenz bei Alkoholabhängigen, 91,1% Lebenszeit-, 84,2% Zwölfmonatsprävalenz bei Glücksspielern). Auch gegenüber der Allgemeinbevölkerung ist die Erkrankungswahrscheinlichkeit bei Glücksspielern stark erhöht, insbesondere für affektive Störungen und Angststörungen, nicht jedoch für somatoforme Störungen.

175 3 von 3 Weiterhin wurde untersucht, ob das Vorliegen einer substanzbezogenen Störung zusätzlich zum pathologischen Glücksspiel mit einem häufigeren Auftreten weiterer komorbider Achse-I-Störungen einhergeht (Hypothese 3). Hier zeigte sich lediglich für das Auftreten von Soziophobie eine signifikant höhere Häufigkeit. Die Anzahl der weiteren komorbiden Störungen unterschied sich nicht signifikant. Um zu klären, ob sich aufgrund der Psychopathologie bestimmte Subtypen von pathologischen Spielern unterscheiden lassen (Hypothese 4), wurde eine Clusteranalyse durchgeführt. Dabei zeigt sich, dass bei Zugrundelegung der Variablen Vorliegen einer depressiven Störung, einer Angststörung oder einer substanzbezogenen Störung, Vorliegen einer wahrscheinlichen oder sicheren Persönlichkeitsstörung sowie Schwere der Glücksspielsucht eine Lösung mit drei Clustern interpretierbare Zuordnungen der untersuchten Personen ergab: Cluster 1: Defensiv-leidende Glücksspieler. Personen mit einer defensiven Persönlichkeitsstörung, hoher Achse I Komorbidität und mittlerer Ausprägung der Schwere der Glücksspielsucht Cluster 2: Reine Glücksspieler. Personen ohne Persönlichkeitsstörungen mit geringer psychiatrischer Komorbidität und niedriger Ausprägung der Schwere der Glücksspielsucht Cluster 3: Expansiv-leidende Glücksspieler. Personen mit einer expansiven Persönlichkeitsstörung, mittelgradiger Achse I Komorbidität und hoher Ausprägung der Schwere der Glücksspielsucht Schlussfolgerungen und Bedeutung für die Praxis Da das Vorliegen komorbider Störungen meist einen komplizierenden Faktor in der Behandlung darstellt, legt die hohe Ausprägung von komorbiden Störungen bei Glücksspielern insbesondere von Angst- und depressiven Störungen nahe, dass mit schwierigen Krankheitsverläufen zu rechnen ist. Je nach Art der vorliegende Komorbidität ist in der Behandlung ein differenzierendes Vorgehen notwendig. Die aus anglo-amerikanischen Studien bekannte hohe Komorbidität mit substanzgebundenen Störungen, insbesondere mit Alkoholmissbrauch, konnte für den deutschsprachigen Raum bei stationär behandelten Glücksspielern bestätigt werden. Das Vorliegen einer zusätzlichen substanzgebundenen Störung geht jedoch nicht mit einer höheren psychischen Komorbidität einher. Insgesamt scheint das Ausmaß der vorbestehenden psychischen Probleme wie auch der später hinzukommenden psychischen Störungen bei pathologischen Glücksspielern deutlich höher zu sein als bei Personen mit reiner Substanzabhängigkeit. Bezüglich der zeitlichen Reihenfolge des Auftretens der Störungen zeigt sich, dass Angststörungen zeitlich vermehrt vor Beginn des Glücksspielens auftreten, depressive Störungen gehäuft nach Beginn. Dies weist eine hohe Plausibilität auf, da fortgesetztes Glücksspielen zu massiven finanziellen Verlusten und dramatischen sozialen Verlusten sowie zu einer Verschärfung der Selbstwertproblematik und Stagnation in der Persönlichkeitsentwicklung führt. Das Vorliegen einer Angststörung scheint dagegen ein prädispositionierender Faktor zu sein. Damit zeigt sich zeitlich das gleiche Komorbiditätsmuster wie bei Alkoholabhängigkeit, was dafür spricht, dass beide Arten der Abhängigkeit eine ähnliche Funktion in Hinblick auf eine bereits bestehende psychische Problematik haben. Bei den pathologischen Glücksspielern wurden drei Subtypen gefunden, die sich in Art und Ausmaß der Störung unterscheiden. Dies bringt erhebliche Konsequenzen für die therapeutische Arbeit mit sich. Einschränkend ist bei den dargestellten Befunden zu berücksichtigen, dass die Untersuchungsstichprobe zwar als repräsentativ für stationär behandelte Glücksspieler angesehen werden kann, die Ergebnisse jedoch nicht auf pathologische Glücksspieler in Deutschland generell übertragen werden können. Insgesamt können folgende Schlussfolgerungen für die Praxis abgeleitet werden: 1. Art und Ausmaß der Komorbidität sollten bei der Behandlungsplanung berücksichtigt werden. 2. Das Vorliegen einer Angststörung sollte als Risikofaktor für die Entwicklung pathologischen Glücksspielverhaltens berücksichtigt werden. 3. Mit depressiven Krisen infolge des pathologischen Glücksspielverhaltens ist zu rechnen. 4. Eine Verbesserung der Gefühlsregulation, insbesondere der Umgang mit negativ getönten Emotionen, sollte wesentlicher Bestandteil der Behandlung sein. Quelle: Premper V, Schulz W (2008). Komorbidität bei Pathologischem Glücksspiel. Sucht 54 (3): Das Literaturreferat wurde erstellt von U. Buchner. Die hier vorgestellten Texte Dritter geben die Meinungen der vorgestellten Autoren und nicht unbedingt die Meinung der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern wider.

176 LITERATURREFERAT Die Inanspruchnahme formeller Hilfen durch Menschen mit problematischem oder pathologischem Glücksspielverhalten Einleitung Die derzeitigen Daten über das tatsächliche Ausmaß an pathologischem und problematischem Glücksspiel in Deutschland differieren sehr stark. Es wird allerdings von einem großen Missverhältnis zwischen der Häufigkeit des Auftretens und der Inanspruchnahme ambulanter oder stationärer Hilfe ausgehen (Queri et al., 2007). Die Zahlen aus der Schweiz zeigen, dass dort nur 2,8-3,1% der aktuell pathologischen Spieler Hilfe suchen. In den USA gibt es zwei nationale Surveys, nach denen 7-12% der Menschen mit der Lebenszeitprävalenz für pathologisches Glücksspielen formelle Hilfen in Anspruch nehmen. Methodik Auf der Suche nach relevanten Primärstudien, die Aussagen zur Behandlungseinstellung, zur Behandlungsbereitschaft oder zur faktischen Behandlungsaufnahme bezüglich problematischen oder pathologischen Spielverhaltens treffen und Personen mit problematischem und/oder pathologischem Glücksspiel einschließen, wurden bei einer Medline-Recherche mit den Stichwörtern Seeking, Treatment und Gambling sechs Studien identifiziert. Zusätzlich erbrachte eine Recherche in der WISO-Datenbank eine weitere Studie aus der deutschsprachigen Schweiz. Ergebnisse Faktoren, die die Inanspruchnahme von Hilfen fördern In einer Studie kommen Hodgins & El-Guebaly (2000) zu dem Ergebnis, dass lediglich der Ausprägungsgrad der Störung eine Behandlungsaufnahme voraussagen kann. Nach Nett et al. (2003) gibt es einen weiteren Unterschied zwischen behandelten und nicht behandelten Spielern: komorbide Störungen sind bei behandelten Spielern stärker ausgeprägt. Aus den Daten von Evans & Delfabbro (2005) geht hervor, dass die Inanspruchnahme von Hilfen durch das Erleben einer akuten Krise, z.b. finanziellen Ruin oder drohenden physischen und psychischen Zusammenbruch, ausgelöst wird und direkt mit der Anzahl der durch das Spielen negativ beeinflussten Lebensbereiche zusammenhängt. Dies zeigt, dass Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten von vielen Menschen nicht als Interventionsmöglichkeit, sondern als letzter Zufluchtsort betrachtet werden. Faktoren, die der Inanspruchnahme von Hilfen entgegenstehen Die verschiedenen Autoren fanden ähnlich gelagerte Faktoren, die der Inanspruchnahme von Hilfe entgegenstehen, die allerdings unterschiedlich bewertet wurden. So identifizierten Evans & Delfabbro (2004) den Wunsch, vor Familie, Freunden und Kollegen unentdeckt zu bleiben, als stärkste Barriere. Bei Hodgins & El-Guebaly (2000) dagegen dominierte der Wunsch, das Problem aus eigener Kraft zu lösen. Dies wurde von 82% der Befragten angegeben. In einer weiteren Studie (Nett et al., 2003) stellte mangelnde Problemeinsicht den wesentlichen Hinderungsgrund dar. Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.v. Landwehrstr München Tel.: Fax: Web: Kooperationspartner: Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis e.v. (BAS) IFT Institut für Therapieforschung Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) Geschäftsstelle: Edelsbergstr München BAS e.v. (VR 15964) Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft AG Konto-Nr BLZ Vorsitzender: PD Dr. med. Norbert Wodarz 2. Vorsitzender: Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter Schatzmeister: Bertram Wehner, Dipl.-Sozialpäd. (FH) Vorstandsmitglieder: Christiane Fahrmbacher-Lutz, Apothekerin Dr. rer.soc. Christoph Kröger, Dipl.-Psychologe Ehrenvorsitzender: Prof. Dr. med. Jobst Böning

177 2 von 3 Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die Barrieren, die von den jeweiligen Autoren identifiziert wurden: Tabelle 1: Übersicht über die Barrieren, die der Inanspruchnahme formeller Hilfen entgegenstehen Barrieren Autoren Angst Nett et al. (2003) Emotional gefärbte Ablehnung von Hilfeeinrichtungen bzw. negative Einstellung gegenüber Hodgins & El-Guebaly (2000) Evans & Delfabbro (2004) der Behandlung Mangel an Wissen über Hilfeeinrichtungen Evans & Delfabbro (2004) Hodgins & El-Guebaly (2000) Nett et al. (2003) Nicht dazu in der Lage sein, über das Problem Hodgins & El-Guebaly (2000) zu sprechen Problemverleugnung Hodgins & El-Guebaly (2000) Nett et al. (2003) Scham bzw. Scham und Stolz Evans & Delfabbro (2004) Hodgins & El-Guebaly (2000) Nett et al. (2003) Sorge vor Stigmatisierung Hodgins & El-Guebaly (2000) Sorge vor Bevormundung und Gängelung Evans & Delfabbro (2004) Wunsch, das Problem aus eigener Kraft zu Evans & Delfabbro (2004) lösen Hodgins & El-Guebaly (2000) Wunsch, vor Familie, Freunden und Kollegen Evans & Delfabbro (2004) unentdeckt zu bleiben Zudem konnten Wohl et al. (2007) nachweisen, dass vor allem zwei Faktoren entscheidend zur Verhinderung einer Behandlungsaufnahme und zur Aufrechterhaltung des problematischen Glücksspielens beitragen: (1) eine Attribuierung von Glück als personengebundene Eigenschaft, d.h. es sind dysfunktionale Überzeugungen wie ich bin ein Glückspilz in das Selbstkonzept integriert und verzerren die Realitätswahrnehmung in dem Sinn, dass Verluste beim Glücksspiel schwächer wahrgenommen werden als Gewinne, sowie (2) ein bei problematischen Spielern spezifisches hedonistisches Spielerleben. Diskussion Insgesamt zeigen die Daten einen positiven Zusammenhang zwischen der Ausprägung einer Glücksspielsucht, den damit einhergehenden negativen finanziellen und psychosozialen Folgen und der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme formeller Hilfen. Die Ergebnisse legen zudem nahe, dass es bislang noch kaum gelungen ist, Spieler in einem frühen Stadium der Erkrankung zu erreichen. Für eine Inanspruchnahme formeller Hilfen müssen folgende Fragen (Tabelle 2) positiv beantwortet werden: Tabelle 2: Faktoren, die eine Inanspruchnahme formeller Hilfen beeinträchtigen Stadien des Entscheidungsprozesses Beeinflussende Faktoren 1. Problemeinsicht: Habe ich ein Problem, das durch Hilfe erleichtert werden kann? allgemeine Verleugnungstendenzen mangelnde Problemeinsicht Attribuierung von Glück als personengebundene Eigenschaft hedonistische Färbung des Spielerlebens hohe Komorbiditätsraten Zuschreibung von hoher Eigenverantwortlichkeit bei Glücksspielsucht Unsichtbarkeit des problematischen und pathologischen Glücksspiels wenig Feedback aus dem sozialen Nahkreis

178 3 von 3 2. Abwägung: Soll ich um Hilfe bitten? 3. Umsetzung: Wie komme ich an die Hilfen, die ich benötige? Jugendliche: Dominanz der Gefühle von Unverwundbarkeit und Unbesiegbarkeit Vorstellung, dass problematisches und pathologisches Glücksspiel auch aus eigener Kraft bewältigt werden kann Hohe psychosoziale Kosten bei Inanspruchnahme: Bedrohung von Selbstbestimmung und Autonomie, Stigmatisierung, Scham, verletzter Stolz Finanzieller und zeitlicher Aufwand Jugendliche: Risikoverhaltensweisen erfüllen entwicklungspsychologisch wichtige Funktionen Unkenntnis oder falsche Vorstellungen über formelle Hilfen Aufsuchen anderer, nicht glücksspielspezifischer Hilfen Die Problemeinsicht wird dadurch erschwert, dass laut einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage in der deutschsprachigen Schweiz der Glücksspielsucht eher internale Ursachen zugeschrieben werden als dies bei der Alkohol- oder Heroinabhängigkeit der Fall ist. Zudem wird professioneller Hilfe bei Glücksspielsucht ein geringerer Stellenwert zugesprochen. Dies spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Abwägung: professionelle Hilfe wird eher als förderlich denn als zwingend notwendig erachtet. Die Inanspruchnahme von Hilfe stellt einen Indikator dafür da, dass Menschen zentrale gesellschaftliche Erwartungen nicht mehr erfüllen können. Schlussfolgerungen Menschen mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten finden bislang nur schwer Zugang zum Hilfesystem. Zum Teil werden sie mit glücksspielspezifischen Barrieren konfrontiert. Die bisherigen Studien lassen gemeinsame Strukturen und Prozesse der Inanspruchnahmeprozesse erkennen, die folgende Schlussfolgerungen erlauben: Allgemeine Aufklärung: Die adäquate Problemwahrnehmung muss über eine allgemeine Aufklärung über Glücksspielsucht (Krankheitsbild, Konsequenzen, Behandlungsangebote) gefördert werden. In eine solche Aufklärung sollten die Grundsätze über Zufalls- und Wahrscheinlichkeitsprozesse sowie die Thematisierung von Selbstheilungsprozessen mit eingebunden werden. Zudem sollte die Aufklärung Stigmatisierungs- und Abwertungstendenzen entgegenwirken. Kontinuierliche allgemeine Öffentlichkeitsarbeit: Schlüsselpersonen sollen dazu in die Lage versetzt werden, frühzeitig Hinweise auf problematisches Spielen zu erkennen und Wege in die Beratung aufzuzeigen. Professionelle Fachkräfte im Gesundheitswesen müssen in der Ansprache der Betroffenen und dem gezielten Einsatz von Screening-Instrumenten geschult werden. Soziale Dienstleistungen : Beratungs- und Behandlungsstellen sollten betonen, dass die Inanspruchnahme ihrer Dienste die Selbstbestimmung fördert. Dies könnte etwa darin liegen, eine soziale Dienstleistung statt einer sozialen Hilfe zu erbringen. Werbung für Beratungsangebote und Behandlungsansätze: Informationen müssen dort platziert werden, wo sich Spieler aufhalten. Außerdem müssen niedrigschwellige Hilfen angeboten werden, z.b. in Form von Online-Beratung oder Telefonhotlines. Handlungskompetenz stärken: Das Personal von Beratungs- und Behandlungsstellen sollte in seiner Handlungskompetenz im Umgang mit Spielern und indirekt Betroffenen gestärkt werden. Quelle: Laging M (2009). Die Inanspruchnahme formeller Hilfen durch Menschen mit problematischem oder pathologischem Glücksspielverhalten. Suchttherapie 10: Das Literaturreferat wurde erstellt von U. Buchner. Die hier vorgestellten Texte Dritter geben die Meinungen der vorgestellten Autoren und nicht unbedingt die Meinung der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern wider.

179 LITERATURREFERAT Kann kontrolliertes Spielen ein mögliches Ziel in der Behandlung pathologischer Glücksspieler sein? Einleitung Obwohl Studien zeigen, dass eine psychologische Intervention bei pathologischem Glücksspiel kurz- und langfristig positive Folgen hat, bleibt die Erkrankung häufig unbehandelt. So nehmen beispielsweise in den USA nur 3% der pathologischen Spieler professionelle Hilfe in Anspruch. Von diesen bricht etwa die Hälfte die Behandlung vorzeitig ab (Ladouceur, Gosselin, Laberge & Blaszczynski, 2001). In einer Studie in Australien (Dowling & Smith, 2007) wurde kontrolliertes Spielen als alternatives Behandlungsziel angeboten und von einem Drittel der Betroffenen ausgewählt. Als Gründe dafür wurden der Spaß am Spielen, der Glaube, dass Abstinenz ein unrealistisches Ziel sei sowie der Wunsch, das exzessive Spielen zu meistern, angegeben. Die Studie liefert einen Hinweis darauf, dass dieses Behandlungsziel Spieler anzieht, die anfänglich daran zweifeln, dass sie zu einer Abstinenz in der Lage sind, da 10% der Teilnehmer, die sich zunächst für kontrolliertes Spielen entschieden hatten, dies mit der Intention taten, ihr Ziel im Verlauf der Behandlung in Abstinenz zu ändern. Daher stellt sich die Frage, ob kontrolliertes Spielen ein mögliches Ziel in der Behandlung pathologischer Glücksspieler sein kann. Daran schließt sich die Frage an, anhand welcher Charakteristika der Spieler sich ein erfolgreicher Therapieabschluss voraussagen lässt. Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.v. Landwehrstr München Tel.: Fax: Web: Methodik Die Auswahl der Teilnehmer fand nach einem telefonischen Screening statt. Die Befragungszeitpunkte waren vor und nach der Behandlung sowie nach sechs bzw. zwölf Monaten. Kontrolliertes Spielen wurde als eine Reduktion der Spielaktivitäten bezüglich Häufigkeit, Zeit und Geld definiert, so dass das Spielen keine schädigenden Konsequenzen mehr für die Spieler und ihr Umfeld hat. Während der gesamten Untersuchung hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, ihr Behandlungsziel in Abstinenz zu ändern. Die Behandlung fand als kognitive Verhaltenstherapie über 12 Wochen statt. Bei Bedarf wurden zusätzliche Sitzungen vereinbart. Grundlage der Therapie stellt ein Therapiemanual mit sieben Komponenten dar: (1) Steigerung der Motivation (1 Sitzung): angelehnt an das Motivational Interviewing (Miller & Rollnick, 1991) (2) Festlegung persönlicher Ziele (2 Sitzungen): Festlegung von Spielfrequenz, Höhe des vorgesehenen Geldes, Dauer der Spiele sowie Strategie zur Reduktion (schrittweise versus sofortige Reduktion) (3) Identifikation von Risikosituationen und Auswahl möglicher Verhaltensweisen (1 Sitzung) (4) Analyse der kognitiven Verzerrungen (1 Sitzung) (5) Aufmerksamkeit auf und Korrektur von kognitiven Verzerrungen, die mit dem Glücksspiel zusammenhängen (3 Sitzungen) Kooperationspartner: Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis e.v. (BAS) IFT Institut für Therapieforschung Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) Geschäftsstelle: Edelsbergstr München BAS e.v. (VR 15964) Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft AG Konto-Nr BLZ Vorsitzender: PD Dr. med. Norbert Wodarz 2. Vorsitzender: Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter Schatzmeister: Bertram Wehner, Dipl.-Sozialpäd. (FH) Vorstandsmitglieder: Christiane Fahrmbacher-Lutz, Apothekerin Dr. rer.soc. Christoph Kröger, Dipl.-Psychologe Ehrenvorsitzender: Prof. Dr. med. Jobst Böning

180 2 von 4 (6) Exposition einer simulierten Spielsitzung (2 Sitzungen) Spieler mit Behandlungsziel Abstinenz nahmen nicht an diesen Sitzungen teil. (7) Rückfallprophylaxe (2 Sitzungen) adaptiert nach einem Modell von Marlatt (1985) Zu Beginn jeder Sitzung wurde der tägliche Selbstbeobachtungsbogen ausgewertet (Spielhäufigkeit, Höhe des verspielten Geldes, Zeit), gefolgt von einer Besprechung über den Fortschritt und einer Überprüfung des Behandlungsziels. Zusätzlich zu den Sitzungen bekamen die Teilnehmer Hausaufgaben oder Hintergrundinformationen als Vorbereitung auf die nächste Sitzung. Variablen und Instrumente Als Hauptindikatoren für Glücksspielen wurden folgende Bereiche untersucht: (1) DSM-IV-Kriterien für pathologisches Spielen, (2) Häufigkeit des Glücksspielens mit Anzahl der Glücksspiel-Sitzungen, Anzahl der mit Glücksspielen verbrachten Stunden und Höhe des beim Glücksspiel eingesetzten Geldes in der vergangenen Woche, (3) Wahrnehmung der Selbstwirksamkeit, (4) subjektive Beeinträchtigung und Wunsch nach Behandlung sowie (5) Einfluss der Glücksspielproblematik auf verschiedene Bereiche des Lebens (soziales Umfeld, Partnerschaft, Familie, Arbeit, Stimmung, Schlaf, physische Gesundheit und finanzielle Aspekte) Als sekundäre Indikatoren für Glücksspielen wurden verzerrte Kognitionen in Bezug auf das Glücksspielen, Lebensqualität, Vorhandensein und Schweregrad von Depression und Angststörungen, Wille zur Veränderung ( Readiness to Change Questionnaire, Rollnick et al., 1992) sowie das Vorhandensein von Achse-I- oder Achse-II-Erkrankungen untersucht. Ergebnisse Insgesamt nahmen 89 Teilnehmer die Behandlung auf. Dabei handelte es sich um 48% Männer und 52% Frauen. Insgesamt hatten 97% der Teilnehmer Probleme mit Spielautomaten, im Schnitt war das Spielen seit 7,8 Jahren problematisch. In der Woche vor dem telefonischen Screening spielten 77% mindestens einmal pro Woche; im Schnitt betrug die Spieldauer 8 Stunden, der verspielte Betrag $ % haben Schulden aufgrund des Glücksspiels. Im Schnitt wurden bislang beim Glücksspielen $ verspielt. Von den Teilnehmern berichteten 63%, ihre eigenen Limits in Bezug auf Geld nicht einzuhalten. Ähnliches gilt für die Limits bezüglich Spielhäufigkeit und Zeit. 74% hatten wegen ihrer Glücksspielproblematik früher schon Kontakt mit dem Hilfesystem. Teilnehmer, die die Behandlung abschlossen, nahmen im Schnitt an 14 Sitzungen teil. Acht Teilnehmer nahmen zusätzliche Sitzungen zwischen Behandlungsende und Nachuntersuchungen in Anspruch. Insgesamt schlossen 69% der Teilnehmer das Programm ab. Ein Unterschied zwischen den Teilnehmern, die die Behandlung abschlossen bzw. abbrachen, war, dass Teilnehmer, die die Behandlung abschlossen, signifikant häufiger angaben, das Therapieziel Kontrolle gewählt zu haben, weil sie gerne weiterhin spielen möchten. Bezüglich der DSM-IV-Kriterien vor der Behandlung sowie der sozio-demographischen Variablen gab es keine Unterschiede zwischen den beiden Teilnehmergruppen. Hauptindikatoren für Glücksspielen: Bezüglich der von 0-10 skalierten DSM-IV-Kriterien wiesen vor der Behandlung alle Teilnehmer einen Wert von fünf oder höher auf. Nach der Behandlung zeigten dagegen 63% der Teilnehmer einen Wert unter fünf. Dies zeigte sich auch bei der 6- und 12-Monats-Nachuntersuchung (56% bzw. 51%). Bei einer Betrachtung der Teilnehmer, die die Behandlung abschlossen, ergaben sich 92% bei Behandlungsende und 80% bzw. 71% bei der 6- und 12-Monats-Nachuntersuchung. Der

181 3 von 4 Unterschied zwischen vor und nach der Behandlung sowie zwischen vor der Behandlung und der 12-Monats-Nachuntersuchung ist signifikant. Auch bei der Anzahl der Glücksspielsitzungen, der mit Glücksspielen verbrachten Zeit sowie bei der Höhe des für Glücksspiel eingesetzten Geldes zeigten sich signifikante Unterschiede jeweils auch hinsichtlich der wahrgenommenen Kontrolle über diesen Bereich zwischen vor bzw. nach der Behandlung sowie zwischen vor der Behandlung und der 12-Monats-Nachuntersuchung. Bei der Wahrnehmung der Selbstwirksamkeit ist ebenfalls ein signifikanter Anstieg zwischen vor und nach der Behandlung sowie zwischen vor der Behandlung und der 12-Monats-Nachuntersuchung sichtbar. Dasselbe Bild findet sich bei der subjektiven Beeinträchtigung und dem Wunsch nach Behandlung sowie dem Einfluss der Glücksspielproblematik auf die acht untersuchten Bereiche des Lebens (siehe Variablen und Instrumente, Punkt (5)). Sekundäre Indikatoren für Glücksspielen: Bei den untersuchten sekundären Indikatoren für Glücksspielen gab es ebenfalls signifikante Änderungen. So wurde bei den Fragen zur Untersuchung der verzerrten Kognitionen ein signifikanter Anstieg an richtigen Antworten zwischen vor und nach der Behandlung sowie zwischen vor der Behandlung und der 12-Monats-Nachuntersuchung beobachtet. Auch bei der Lebensqualität gab es einen signifikanter Anstieg in folgenden fünf Bereichen: soziale Aktivitäten, finanzielle Aspekte, psychisches Wohlbefinden, Selbstwert und Lebenszufriedenheit. Das Vorhandensein und die Schwere von Depression sowie von Angststörungen verringerte sich ebenfalls signifikant zwischen vor und nach der Behandlung sowie zwischen vor der Behandlung und der 12-Monats- Nachuntersuchung. Charakteristika für Therapieerfolg: Hinsichtlich der Anzahl der DSM-IV-Kriterien vor der Behandlung sowie in Bezug auf Geschlecht, Alter, Familienstand, Bildung, Beschäftigungsstatus und Einkommen unterschieden sich diese beiden Gruppen nicht. Spieler, die nach der Behandlung nicht mehr die DSM-IV-Kriterien aufwiesen, zeigten allerdings folgende Charakteristika: Die Werte in Bezug auf Depression und Angststörungen waren niedriger, in der Vergangenheit zeigten sich weniger Suizidabsichten, sie verloren weniger Geld beim Spielen und hatten geringere negative Auswirkungen des Glücksspielens auf ihr Familienleben. Zudem waren sie mehr daran interessiert, weiterhin zu spielen. Auf dem Fragebogen zum Veränderungswillen befanden sich außerdem mehr von ihnen in der Handlungsphase, d.h. sie sind in der Phase angelangt, in der sie konkrete Handlungsschritte zur Veränderung ihrer Lebenssituation einleiten. Unterschiede zwischen Teilnehmern mit Therapieziel kontrolliertes Spielen versus Abstinenz: Nur etwa ein Drittel der Teilnehmer, die die Behandlung abschlossen, blieb bei dem Behandlungsziel kontrolliertes Spielen. Die Änderung in das Ziel Abstinenz erfolgte im Schnitt nach sechs Therapiesitzungen. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen betrifft die Häufigkeit des Glücksspielens nach der Behandlung: Mehr Teilnehmer mit Behandlungsziel kontrolliertes Spielen spielten weiterhin. Zudem berichteten mehr Teilnehmer mit Behandlungsziel Abstinenz, dass sie ihre selbstgesetzten Limits einhalten; der Mittelwert bei der Wahrnehmung der Selbstwirksamkeit war bei diesen Teilnehmern höher. Unterschiede zwischen Teilnehmern, die ihr Behandlungsziel änderten bzw. nicht änderten: Die Teilnehmer unterschieden sich nicht bezüglich Geschlecht, Alter, Familienstand, Bildung, Beschäftigungsstatus und Einkommen. Allerdings hatten mehr Teilnehmer, die ihr Behandlungsziel änderten, im Hilfesystem von dem Programm erfahren und in der Vergangenheit Hilfe wegen ihrer Glücksspielproblematik in Anspruch genommen.

182 4 von 4 Diskussion Die vorliegenden Daten bekräftigen die Vermutung, dass das Behandlungsziel Abstinenz nicht für alle pathologischen Spieler passend ist und manche Personen möglicherweise von einer Behandlungsaufnahme abhält (González-Ibáñez et al., 2005; Ladouceur, 2005). Durch das Angebot des kontrollierten Spielens könnte die Anzahl an Hilfesuchenden vergrößert werden. Zu Beginn der Behandlung hofften alle Teilnehmer, in einer angemessenen Weise weiterhin spielen zu können. Das Therapieziel wurde im Schnitt in der sechsten Therapiestunde geändert. Zu diesem Zeitpunkt wird im Therapieprogramm an den kognitiven Verzerrungen bezüglich des Glücksspielens gearbeitet. Scheinbar führt dies dazu, dass die Teilnehmer ihr Behandlungsziel überdachten. Die Abbruchrate in dieser Studie (31%) unterschied sich nicht von den Raten, die in anderen Studien berichtet werden. Dies widerlegt die Hypothese von Andrewartha & Dowling (2006), dass das Behandlungsziel kontrolliertes Spielen die Abbruchrate verringern würde. Wichtig ist, dass viele Spieler kurz vor ihrem Therapieabbruch ihr Behandlungsziel in Abstinenz änderten. Dies deutet darauf hin, dass kontrolliertes Spielen nicht für alle Betroffenen geeignet ist. 63% aller Teilnehmer erfüllten nach dem Ende der Behandlung nicht mehr die DSM-IV-Kriterien für pathologisches Glücksspielen. Dieses Therapieziel konnte in der 6- bzw. 12-Monats-Nachuntersuchung aufrecht erhalten werden. Bei einer Betrachtung der Wirksamkeit des Programms anhand der Teilnehmer, die die Behandlung abschlossen, zeigt sich, dass 92% nicht mehr als pathologische Spieler nach dem DSM-IV diagnostiziert werden. Dies konnte über den 6- bzw. 12-Monats- Zeitraum aufrecht erhalten werden. Bezüglich des Behandlungsziels blieb ein Drittel aller Teilnehmer bei dem Behandlungsziel kontrolliertes Spielen, die übrigen zwei Drittel änderten zumindest einmal im Behandlungszeitraum ihr Ziel in Abstinenz. Am Behandlungsende, wie auch bei der 6- bzw. 12-Monats-Nachuntersuchung entschieden sich fast zwei von drei Spielern für das Ziel kontrolliertes Spielen. Dies bestätigt die Beobachtung von Dowling & Smith (2007). In dieser Studie wurden allerdings im Gegensatz zur Studie von Dowling & Smith (2007) die Rahmenbedingungen für das kontrollierte Spielen jeweils individuell im therapeutischen Prozess ausgehandelt. Es ist gut möglich, dass dies einen der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Wirksamkeit des Programms darstellt. Das zweite Ziel dieser Studie war, Charakteristika der Spieler zu identifizieren, die kontrolliertes Spielen erreichen und aufrecht erhalten können. Den Ergebnissen der Studie zufolge können keine Charakteristika identifiziert werden, die den Erfolg der Therapie mit Behandlungsziel kontrolliertes Spielen voraussagen. Es wurde allerdings festgestellt, dass Spieler, die erfolgreich das kontrollierte Spielen umsetzen konnten, niedrigere Werte auf der Angst- und Depressionsskala sowie einen höheren Wert bei der Lebensqualität hatten. Zudem gab es weniger Suizidversuche in ihrer Vergangenheit und sie gaben weniger Geld für Glücksspielen aus. Sie hatten außerdem weniger negative Konsequenzen in ihrer Familie aufgrund des Glücksspielens. Diese Ergebnisse könnten auf eine vermehrte soziale Unterstützung hindeuten. Zudem waren diese Teilnehmer älter, was ein weiterer Hinweis auf vermehrte soziale Unterstützung sein könnte. Bedeutung für die Praxis Diese Studie zeigt, wie wichtig es ist, Behandlungsstrategien zu entwickeln, die berücksichtigen, dass es sich bei den pathologischen Spielern nicht um eine homogene Gruppe handelt und dass die Therapieziele dementsprechend angepasst werden müssen. Zudem zeigen die Ergebnisse, dass das Behandlungsziel kontrolliertes Spielen umsetzbar ist. Quelle: Ladouceur R, Lachance S, Furnier P-M (2009). Is control a viable goal in the treatment of pathological gambling? Behaviour Research and Therapy 47: Das Literaturreferat wurde erstellt von U. Buchner. Die hier vorgestellten Texte Dritter geben die Meinungen der vorgestellten Autoren und nicht unbedingt die Meinung der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern wider.

183 LITERATURREFERAT Einmal Spieler immer Spieler? Veränderungen im Spielverhalten beim Übergang von Jugend- zum Erwachsenenalter Einleitung In einer Reihe an Studien hat sich bislang einheitlich gezeigt, dass die Prävalenzraten für pathologisches und problematisches Glücksspielen bei Jugendlichen im Vergleich zu Erwachsenen höher sind. Zwischen 60-80% der Jugendlichen im Alter von Jahren spielen mindestens einmal im Jahr ein Glücksspiel, etwa 3-5% berichten von Verhaltensweisen, die auf pathologisches Glücksspielen hinweisen, wie z.b. den Verlusten hinterherjagen, gedankliche Beschäftigung mit dem Glücksspielen, Versäumen von anderen wichtigen Verpflichtungen oder Lügen. Bei Jugendlichen wird problematisches und pathologisches Glücksspielverhalten mit einer Reihe anderer Probleme in der Entwicklung in Verbindung gebracht. So zeigen sich erhöhtes Risikoverhalten, reduzierte Schulleistungen sowie eine schlechtere psychosoziale Anpassung. Zudem ist die Involviertheit in andere Risikoverhaltensweisen erhöht, wie bspw. Risikofahren und Trinken. Bisherige Studien zeigen, dass der Anteil an Personen, die problematisches Glücksspiel zeigen, von der Adoleszenz zum frühen Erwachsenenalter relativ stabil bleibt. Daher gibt es die Annahme, dass das Glücksspielverhalten bei Jugendlichen ein zuverlässiger Prädiktor für das Glücksspielverhalten bei Erwachsenen ist. Da diese Daten allerdings lediglich in aggregierter Form vorliegen, können keine Aussagen über das individuelle Spielverhalten getroffen werden. Es ist durchaus möglich, dass einige Jugendliche nur vorübergehend spielen. Bei Erwachsenen ist bekannt, dass das Glücksspielverhalten häufig ein transitorisches Phänomen (Slutske et al., 2003; Winters et al., 2005) ist. In einer Nachbefragung (12-18 Monate) von Haworth (2005) wurden lediglich 52% der Personen, die ursprünglich als Problemspieler identifiziert wurden, erneut dieser Gruppe zugeordnet. Daher wurden in der vorliegenden Studie jugendliche Spieler beim Übergang in das Erwachsenenalter (15 Jahre bis Jahre) in einer Langzeituntersuchung in Hinblick auf die Vorhersagekraft jugendlichen Spielverhaltens auf das Spielverhalten bei Erwachsenen untersucht. Die zugrundeliegende Hypothese war, dass Glücksspielen auch bei Jugendlichen ein transitorisches Phänomen darstellen kann und Jugendliche, die in einem Jahr spielen, nicht notwendigerweise auch im darauffolgenden Jahr spielen und nicht alle, die als Jugendliche spielen, auch als Erwachsene spielen. Methodik Teilnehmer aus einer Langzeitverlaufsstudie in Süd-Australien, die zu Beginn der Studie Jahre alt waren, wurden nach jeweils einem Jahr zu insgesamt vier Messzeitpunkten nachbefragt. Insgesamt lagen für 578 Personen für alle vier Messzeitpunkte gültige Daten vor. Eine weitere Bedingung für den Einschluss der Daten in die Auswertung war, dass die entsprechende Person zum letzten Messzeitpunkt über 18 Jahre alt war und somit legal alle Glücksspielangebote nutzen kann. Zum Zeitpunkt der Datenerhebung ( ) war es in Australien legal, mit 16 Jahren Lotto oder Rubbellose zu spielen. Für die Spielteilnahme an den übrigen Glücksspielen ist die Altersgrenze 18 Jahre. Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.v. Landwehrstr München Tel.: Fax: Web: Kooperationspartner: Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis e.v. (BAS) IFT Institut für Therapieforschung Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) Geschäftsstelle: Edelsbergstr München BAS e.v. (VR 15964) Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft AG Konto-Nr BLZ Vorsitzender: PD Dr. med. Norbert Wodarz 2. Vorsitzender: Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter Schatzmeister: Bertram Wehner, Dipl.-Sozialpäd. (FH) Vorstandsmitglieder: Christiane Fahrmbacher-Lutz, Apothekerin Dr. rer.soc. Christoph Kröger, Dipl.-Psychologe Ehrenvorsitzender: Prof. Dr. med. Jobst Böning

184 2 von 3 Ergebnisse Prävalenz von selbstberichtetem Glücksspielverhalten Insgesamt wurden an vier Messzeitpunkten Daten erhoben, dabei fanden zwei Messungen in der Adoleszenz (15 Jahre, Jahre) statt, eine Messung im Übergang zum Erwachsenenalter (17-18 Jahre) und die abschließende Messung im Erwachsenenalter (18-19 Jahre). Dabei zeigt sich, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Spielteilnahme in der Adoleszenz relativ gleich bleibt und beim Übergang in das Erwachsenenalter bzw. im Erwachsenenalter ansteigt. Die Unterschiede im Spielverhalten zwischen den Geschlechtern kristallisieren sich erst mit der Zeit heraus: Zunächst zeigen sich keine Unterschiede, später zeigen Jungen mehr Interesse an Sportwetten, Mädchen bevorzugen eher Rubbellose. Tabelle: Prävalenz der Glücksspielteilnahme über die Zeit Zeitpunkt 1 (Alter 15 Jahre) Jungen (%) Mädchen (%) Zeitpunkt 2 (Alter Jahre) Jungen (%) Mädchen (%) Zeitpunkt 3 (Alter Jahre) Jungen (%) Mädchen (%) Zeitpunkt 1 (Alter Jahre) Jungen (%) Mädchen (%) Kartenspiele 21,9 17,0 19,1 13,3 21,9 12,0 33,1 15,3 Spielautomaten 5,3 2,5 5,1 5,8 32,0 35,3 60,7 61,3 Pferderennen 12,4 10,8 12,9 11,8 16,3 12,5 21,3 15,5 Sportwetten 17,4 12,0 14,0 6,5 14,6 6,0 20,2 4,8 Lotterien 19,1 16,5 21,9 19,3 26,4 24,0 33,7 35,0 Lose und Rubbellose 26,4 34,5 27,0 40,0 35,4 47,5 39,3 50,3 Stabilität von Glücksspielen über die Zeit Insgesamt nahmen 13% der Studienteilnehmer über den gesamten Verlauf der Studie an keinem Glücksspiel teil, 18% spielten nur in einem Jahr, 17% spielten in zwei Jahren, 24% spielten in drei Jahren und 27% spielten in allen vier Jahren. Tabelle: Die Stabilität von Glücksspielverhalten über die Zeit keine Spielteilnahme Spielteilnahme in einem Jahr Spielteilnahme in zwei Jahren Spielteilnahme in drei Jahren Spielteilnahme in vier Jahren % % % % % Kartenspiele 59,9 22,3 9,7 4,8 3,3 Spielautomaten 32,4 37,4 24,4 4,8 0,7 Pferderennen 69,9 17,0 6,2 4,2 3,1 Sportwetten 75,6 13,7 6,9 2,1 1,7 Lotterien 49,5 24,0 12,8 7,6 6,1 Lose und Rubbellose 33,7 19,0 16,1 17,1 14,0 Die Beziehung zwischen Glücksspielen in der Adoleszenz und im Erwachsenenalter Es zeigt sich nur eine schwache Beziehung zwischen der Teilnahme an Glücksspielen im Jugendund Erwachsenenalter bei einigen Glücksspielen. Lotterien sowie Spiele, die einen Geschicklichkeitsanteil haben, werden häufiger sowohl im Jugend- wie auch im Erwachsenenalter gespielt. Tabelle: Prozentuale Überschneidung zwischen Glücksspielteilnahme in der Jugend und im Erwachsenenalter keine Spielteilnahme Jungen (%) Mädchen (%) Spielteilnahme im Jugend- und Erwachsenenalter Jungen (%) Mädchen (%) Spielteilnahme im Erwachsenenalter, nicht in der Jugend Jungen (%) Mädchen (%) Spielteilnahme in der Jugend, nicht im Erwachsenen-alter Jungen (%) Mädchen (%) Kartenspiele 55,1 73,5 10,1 5,8 23,0 9,5 11,8 11,3 Spielautomaten 36,5 37,7 4,5 1,3 54,5 59,8 0,6 1,3 Pferderennen 70,2 78,6 6,7 4,8 12,9 10,5 5,6 6,1 Sportwetten 65,7 84,1 7,3 1,3 11,8 3,6 10,1 11,1 Lotterien 55,6 58,9 10,7 10,7 21,3 24,2 7,9 6,1 Lose und Rubbellose 46,6 39,0 15,2 24,7 23,6 25,8 10,7 10,5

185 3 von 3 Prädiktoren für Glücksspielteilnahme von Erwachsenen Eine logistische Regression mit einer Glücksspielteilnahme zum vierten Messzeitpunkt als abhängige Variable zeigt, dass das Glücksspielverhalten mit 15 Jahren keinen guten Prädiktor darstellt. Das Glücksspielverhalten mit Jahren dagegen ist ein zuverlässigerer Prädiktor: Jugendliche, die im Alter von Jahren an Spielautomaten spielen, spielen mit einer mehr als viermal höheren Wahrscheinlichkeit im Alter von Jahren ebenfalls an Spielautomaten. Diskussion Die hier vorliegende Untersuchung zeigt mit den bislang vorliegenden Erkenntnissen konsistente Befunde. Das Spielverhalten Jugendlicher über die Zeit ist relativ stabil: etwa die Hälfte der Studienteilnehmer nahm zum ersten Messzeitpunkt an Glücksspielen teil, in den darauffolgenden Jahren zeigen sich ähnliche Teilnahmeraten. Allerdings zeigt die Datenanalyse auf individueller Basis eine zunehmende Divergenz in den Mustern jugendlichen Glücksspielverhaltens. Es gibt viele Jugendliche, die erst mit Erreichen der Volljährigkeit mit dem Glücksspielen anfangen. Für etwa ein Drittel der Jugendlichen, die im frühen Erwachsenenalter spielen, ist das keine Fortführung des vorherigen Verhaltens, sondern ein Verhalten, dass erst aufgenommen wird, sobald es legal ist. Nur wenige der Jugendlichen, die im Alter von 15 Jahren spielten, spielten auch als Erwachsene weiter. Insgesamt nahm nur etwa ein Viertel der Befragten zu jedem Befragungszeitpunkt an Glücksspielen teil. Daraus folgt, dass die Beständigkeit jugendlichen Spielverhaltens und nicht der frühe Zeitpunkt des Spielbeginns den besten Prädiktor für das Glücksspielverhalten bei jungen Erwachsenen darstellt. Viele junge Leute probieren Glücksspiel aus, nur wenige bleiben dabei. Daher sollte künftig erforscht werden, was diejenigen auszeichnet, die beim Glücksspielen verbleiben. Schlussfolgerung 1. Das Glücksspielverhalten im Jugendalter scheint nicht zuverlässig mit dem Glücksspielverhalten im Erwachsenenalter zusammenzuhängen. 2. Es gibt große interindividuelle Unterschiede an der Glücksspielteilnahme über die Zeit 3. Das Glücksspielverhalten der Erwachsenen lässt sich am besten aus dem Glücksspielverhalten in der späten Adoleszenz vorhersagen. 4. Geschlechtsunterschiede in der Bevorzugung verschiedener Glücksspielarten, die üblicherweise bei Erwachsenen beobachtet werden, scheinen sich in der mittleren bis späten Adoleszenz auszuprägen. Auch wenn die Ergebnisse zeigen, dass eine frühe Erfahrung mit Glücksspielen nicht notwendigerweise zu einer Abhängigkeit führt, so bleibt doch der Fakt, dass ein Zusammenhang zwischen frühem Glücksspielverhalten und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für problematisches Glücksspielen besteht. Auch wenn es keine direkte Ursache ist, bleibt frühes Glücksspielverhalten ein Risikofaktor. Quelle: Delfabbro H, Winefield A, Anderson S (2009). Once a gambler always a gambler? A longitudinal analysis of gambling patterns in young people making the transition from adolescence to adulthood. International Gambling Studies 9 (2): Das Literaturreferat wurde erstellt von U. Buchner. Die hier vorgestellten Texte Dritter geben die Meinungen der vorgestellten Autoren und nicht unbedingt die Meinung der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern wider.

186 LITERATURREFERAT Pathologische Internetnutzung ein Überblick Einleitung Mit der zunehmenden Verbreitung von PC und Internet nehmen auch die Berichte über eine missbräuchliche Verwendung zu. Die ersten Berichte über exzessiven oder unangemessenen Computergebrauch gab es bereits in den 1970er Jahren. Doch erst seit den 1990er Jahren wird das Thema in der medizinischen und psychologischen Literatur aufgegriffen. Obwohl die pathologische Internetnutzung immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rückt, gibt es bis heute keine allgemein gültige Definition des Phänomens. Es besteht allerdings Einigkeit darüber, dass das Phänomen problematischen Computergebrauch beinhaltet, die Betroffenen darunter leiden und in wichtigen Lebensbereichen eingeschränkt sind. Definition und Klassifikation Derzeit wird die korrekte Einordnung der pathologische Internetnutzung diskutiert. Einige Forscher ordnen pathologische Internetnutzung analog der stoffgebundenen Abhängigkeiten ein, andere unter die Zwangserkrankungen und wieder andere unter die Impulskontrollstörungen. Diese verschiedenen Ansätze spiegeln sich auch in den unterschiedlichen Namen wider: zwanghafter Computergebrauch, pathologischer Internetgebrauch, problematischer Internetgebrauch, Internetsucht oder Internetabhängigkeit. Es besteht auch noch keine Einigkeit darüber, ob der Fokus der Störung auf dem Computergebrauch oder dem Internetgebrauch liegt. Es gibt inzwischen mehrere Definitionen für pathologische Internetnutzung. Young (1998) schlägt die diagnostischen Kriterien in Anlehnung an die Kriterien für Pathologisches Glücksspiel vor. Dabei wird nur der nicht-essentielle Computer- bzw. Internetgebrauch, d.h. nicht im Rahmen von Ausbildung oder Beruf stattfindender Computer- bzw. Internetgebrauch, berücksichtigt. Die pathologische Internetnutzung umfasst dabei folgende fünf Subtypen: 1. Cybersexabhängigkeit (Cybersexual addiction): Bei Personen, die Online- Pornographie anschauen, herunterladen und handeln oder in Chat- Räumen für Rollenspiele für Erwachsene eingebunden sind. 2. Cyberbeziehungsabhängigkeit (Cyber-relational addiction): Die virtuellen Beziehungen werden wichtiger als die realen Beziehungen. 3. Internetzwang (Net compulsion) mit einer Vielzahl von möglichen Verhaltensweisen inklusive Online-Glücksspiel, Einkaufen oder Aktienhandel 4. Informationsüberflutung (Information overload): Es wird übermäßig viel Zeit dafür aufgewendet, Informationen zu sortieren, zu sammeln und zu organisieren. 5. Computerabhängigkeit (Computer addiction): Abhängigkeit von Computerspielen Bei der Einordnung von pathologischer Internetnutzung in die Impulskontrollstörungen zeigen sich eine Reihe von Ähnlichkeiten mit anderen Impulskontrollstörungen, wie dem Pathologischen Glücksspielen. Bis zu einer genauen Klärung der Einordnung kann die pathologische Internetnutzung in die nicht näher bezeichnete Störung der Impulskontrolle eingeordnet werden. Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.v. Landwehrstr München Tel.: Fax: Web: Kooperationspartner: Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis e.v. (BAS) IFT Institut für Therapieforschung Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) Geschäftsstelle: Edelsbergstr München BAS e.v. (VR 15964) Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft AG Konto-Nr BLZ Vorsitzender: PD Dr. med. Norbert Wodarz 2. Vorsitzender: Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter Schatzmeister: Bertram Wehner, Dipl.-Sozialpäd. (FH) Vorstandsmitglieder: Christiane Fahrmbacher-Lutz, Apothekerin Dr. rer.soc. Christoph Kröger, Dipl.-Psychologe Ehrenvorsitzender: Prof. Dr. med. Jobst Böning

187 2 von 3 Einige Autoren, wie z.b. Griffiths (2000) und Huisman et al. (2001), stellen das Vorhandensein der Diagnose pathologische Internetnutzung in Frage und kritisieren die bisherigen Versuche, pathologische Internetnutzung aufgrund der momentanen methodisch schwachen Untersuchungen als Störung einzuordnen. Diagnostik Für ein grobes Screening haben sich bislang folgende Fragen als hilfreich erwiesen: Haben Sie das Gefühl, dass Sie sich übermäßig mit dem Computer oder dem Internet befassen? Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Computer- oder Internetnutzung exzessiv, unangemessen oder wenig kontrolliert ist? War der Drang, den Computer oder das Internet zu nutzen oder die Nutzung an sich, jemals so zeitumfassend, dass Sie sich deshalb traurig oder schuldig fühlten oder es zu ernsthaften Problemen in Ihrem Leben geführt hat? Bislang wurden u.a. folgende Beurteilungsinstrumente für pathologische Internetnutzung vorgestellt: Internet Addictive Behavior Inventory (IRABI) von Brenner (1997): 32 Items mit guter interner Konsistenz Internet Addiction Test (IAT) von Young (1998): 20 Items, reliabler und valider Test Internet Behavior and Attitudes Scale von Morahan-Martin & Schumacher (2000): 25 Items Bislang hat sich allerdings noch kein Test als Gold Standard durchgesetzt. Epidemiologie Es gibt bereits eine Reihe von Studien, in denen die Prävalenzraten von pathologischer Internetnutzung geschätzt werden. Allerdings konzentrieren sich die meisten Studien auf die jüngere Bevölkerung. Die dabei ermittelten Prävalenzraten bewegen sich zwischen 0,9% (Studenten) und 38% (Altersgruppe der 16-24jährigen). In den USA gibt es eine Telefonbefragung der Allgemeinbevölkerung (Altersgruppe über 18 Jahre), in der Prävalenzraten von 0,3% bis 0,7% ermittelt wurden. Insgesamt sind es unter den Betroffenen mehr Männer als Frauen zu finden; der Beginn der Erkrankung scheint in den späten 20ern oder den frühen 30ern zu liegen. Zwischen dem Beginn der Computernutzung und dem Beginn des problematischen Gebrauchs liegen etwa elf Jahre. Komorbidität psychischer Störungen Es gibt bislang zwei klinische Studien, in denen die Komorbidität bei pathologischer Internetnutzung untersucht wurde. Dabei wurden hauptsächlich affektive Störungen, Angststörungen und Impulskontrollstörungen gefunden. In Korea fanden Yoo et al. (2004) bei Schulkindern einen Zusammenhang zwischen den Ergebnissen des IAT und den Ergebnissen eines Tests zum Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätssyndrom. Sie gehen von einer Beziehung zwischen diesen beiden Erkrankungen aus. Ätiologie Bislang sind die Ursachen für pathologische Internetnutzung unbekannt. Es gibt allerdings verschiedene Theorien über die Entstehung der Erkrankung. Kognitiv-behaviorale Theorie Davis (2001) schlägt ein kognitiv-behaviorales Modell zur Erklärung der pathologischen Internetnutzung vor. Dabei sind fehlangepasste Kognitionen, wie Selbstzweifel, selbstbezogenes Gedankenkreisen, niedrige Selbstwirksamkeit und negative Selbstzuschreibungen, entscheidend für die Entwicklung der pathologischen Internetnutzung. Aus dem übermäßigen Internetgebrauch ergeben sich negative Konsequenzen, bspw. in der Schule/Arbeit oder im sozialen Umfeld, die wiederum zu einer Verringerung des Selbstwerts und einem zunehmenden sozialen Rückzug und dadurch zu einem vermehrten Internetgebrauch führen.

188 3 von 3 Defizite bei den Sozialkompetenzen Caplan (1998) geht in seiner Theorie davon aus, dass Defizite bei den Sozialkompetenzen bestehen. Seine erste Annahme ist, dass einsame und depressive Menschen ein negatives Bild von ihren Sozialkompetenzen haben. Seine zweite Annahme ist, dass es bestimmte Aspekte computermediierter Kommunikation gibt, die für diese Personen besonders anziehend sind, bspw. eine größere Flexibilität in der Selbstpräsentation oder die Möglichkeit, bestimmte Informationen auszulassen bzw. zu bearbeiten. Damit bietet das Internet die Möglichkeit, Einfluss auf den Eindruck, den man bei anderen hinterlässt, zu nehmen. Eine Präferenz der computermediierten Kommunikation kann seine Ursache in der Annahme haben, dass diese Form der Kommunikation leichter, weniger risikoreich und spannender ist. Behandlung Derzeit gibt es noch keine empirischen Daten zur Behandlung von pathologischer Internetnutzung, sondern lediglich erste klinische Erfahrungen. Bislang wurde häufig die kognitiv-behaviorale Therapie angewandt. Young (2007) hat kürzlich ein Handbuch herausgegeben, in dem als Ursachen für eine übermäßige Nutzung (binge behavior) emotionale Zustände, fehlangepasste Kognitionen und kritische Lebensereignisse genannt werden. Zur Förderung der Abstinenz schlägt sie u.a. folgende Methoden vor: die Nutzung eines externen Stopp-Signals, z.b. Wecker, die Festlegung der zu erledigenden Aufgaben im Vorfeld sowie den Aufbau alternativer Freizeitaktivitäten. Schlussfolgerungen Obwohl das Verständnis für die Erkrankung zunimmt, gibt es bislang noch keine Einigung auf eine Definition. Dies erschwert Studien zur Prävalenz. Auch bezüglich der Screening-Instrumente bestehen noch Unklarheiten, da die Reliabilität und Validität der Instrumente bislang nicht zufriedenstellend überprüft wurde. Es gibt zudem noch keine Behandlungsstudien und es ist bislang unklar, welchen Patienten mit einer kognitiv-behavioralen Therapie geholfen werden kann oder ob bzw. wann eine Pharmakotherapie notwendig ist. Quelle: Shaw M, Black D W (2008). Internet Addiction. Definition, Assessment, Epidemiology and Clinical Management. CHS Drugs 22 (5): Das Literaturreferat wurde erstellt von U. Buchner. Die hier vorgestellten Texte Dritter geben die Meinungen der vorgestellten Autoren und nicht unbedingt die Meinung der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern wider.

189 Newsletter Februar 2010 sw LITERATURREFERAT Pathologische Glücksspieler mit spätem Beginn der Erkrankung: klinische Korrelate und Geschlechtsunterschiede Einleitung Pathologisches Glücksspiel (PG) ist ein heterogenes Krankheitsbild mit unterschiedlicher Ausprägung im Phänotyp. Wann die Erkrankung beginnt, hängt vermutlich von komplexen neurobiologischen, psychosozialen und genetischen Einflüssen ab. Der Beginn variiert deutlich von Kindheit und Jugend bis hin über alle Stufen des Erwachsenenalters. Bisher gab es allerding noch keine Studie, die den Einfluss des Alters bei Beginn der Erkrankung (age of onset) auf klinische Variablen des pathologischen Glücksspielens untersuchte. Studien beschäftigen sich meist nicht mit dem Zeitpunkt, an dem die Person zum ersten Mal alle Kriterien für eine Diagnose pathologisches Glücksspielen erfüllte, sondern eher mit jenem, an dem eine Person zum ersten Mal Hilfe suchte. Aus der Literatur zu älteren pathologischen Glücksspielern ergeben sich allerdings einige Anhaltspunkte für spezifische Charakteristika: diese sind häufiger weiblich, verheiratet und haben größere Probleme am Arbeitsplatz. Sie scheinen auch weniger häufig zu spielen, berichten weniger Probleme mit durch das Spielen verursachter Angst, geringeren täglichen Tabakgebrauch und haben weniger wahrscheinlich irgendwann in ihrem Leben Drogen konsumiert. Darüber hinaus gibt es signifikante Geschlechtsunterschiede in der klinischen Manifestation: die Männer sind eher jung, Singles, leben allein und sind kinderlos verglichen mit ihren weiblichen Gegenstücken. Zusätzlich haben männliche pathologische Spieler eher Probleme mit strategischen Spielen (wie z. B. Kartenspielen, Sportwetten) und machen mehr Schulden als Frauen. Der Zeitraum zwischen Beginn des Spielens und dem Zeitpunkt, zu dem ein Spieler Probleme entwickelt, scheint bei Männern länger zu sein. Bei Männern mit PG finden sich häufiger komorbide Alkoholbezogene Störungen und seltener Affektive Störungen. Es gibt aber zu diesen Befunden bisher keine Erkenntnisse bezüglich eines Zusammenhangs mit dem Alter bei Beginn des pathologischen Glücksspielens. Ziele der Studie Ziel der vorliegenden Studie war es, klinische Eigenschaften im Zusammenhang mit dem Alter bei Beginn der Erkrankung zu untersuchen und zu prüfen, ob damit entsprechende Unterschiede in der klinischen Präsentation der Störung verbunden sind. Dazu wurde eine Gruppe von Patienten, die bei Beginn der Erkrankung bereits älter waren, untersucht. Basierend auf der Literatur prüfte die Studie drei Hypothesen: 1. Personen mit spätem Beginn der Erkrankung ( 55 Jahre) haben eine leichtere Form der Störung. 2. Personen mit spätem Beginn der Erkrankung haben mit geringerer Wahrscheinlichkeit begleitende Substanz- oder Angststörungen. Landwehrstr München Tel.: Fax: bas@bas-muenchen.de Web: Registergericht München: HRB Geschäftsführung: Dipl.-Psych. Melanie Arnold Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft AG Kto.-Nr BLZ Gesellschafter: Bayerische Akademie für Suchtfragen in Forschung und Praxis BAS e.v. Kooperationspartner: Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen BAS Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) IFT Institut für Therapieforschung Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in Bayern (LAGFW) Geschäftsstelle: Edelsbergstr München info@lsgbayern.de

190 2 von 3 3. Personen mit spätem Beginn der Erkrankung, vor allem Männer, berichten eine längere Dauer der Erkrankung, bevor sie eine Behandlung in Anspruch nehmen. Material und Methoden Studienteilnehmer waren 322 erwachsene (über 18 Jahre) ambulante Patienten mit einer DSM-IV Diagnose pathologisches Glücksspielen im 12-Monatszeitraum vor der Untersuchung. Messinstrumente: Alle Probanden wurden mit folgenden Fragebögen untersucht: dem Structured Clinical Interview für DSM-IV Achse-I Störungen (SCID-I), Structured Clinical Interview for Pathological Gambling (SCI-PG). Der Ausprägungsgrad der Symptome wurde durch drei Maße erfasst: 1. Yale Brown Obsessive Compulsive Scale Modified for Pathological Gambling (PG-YBOCS), 2. South Oaks Gambling Screen (SOGS), 3. Clinical Global Impression-Severity Scale (CGI). Zudem wurde die Familiengeschichte bezüglich Alkoholge- bzw. -missbrauch und Glückspiel-Verhalten der Eltern mit einem semistrukturierten Interview erfragt. Ergebnisse Von den 322 Personen waren 42 (13%) bei Beginn der Erkrankung älter als 55 Jahre (also mit spätem Beginn der Erkrankung). Abgesehen von einer höheren Wahrscheinlichkeit, verwitwet oder geschieden zu sein, unterschied sich diese Gruppe bezüglich weiterer demografischer Variablen nicht von den anderen. Bezüglich der Schwere der Symptome hatte die Gruppe mit spätem Beginn der Erkrankung signifikant niedrigere SOGS-Werte, unterschied sich aber nicht hinsichtlich der Zeit, die pro Woche mit dem Spielen verbracht wurde, dem Prozentsatz an Einkommen, das sie verspielte, den Werten auf der CGI-Skala oder der PG-YBOCS. Spieler mit einem späten Beginn der Erkrankung spielten weniger strategische Spiele, mussten seltener Insolvenz wegen des Spielens anmelden, hatten seltener Schulden mit Kreditkarten gemacht oder Geld geborgt bzw. Besitz verpfänden müssen, um Spielschulden zu bezahlen. Sie besuchten auch seltener Selbsthilfegruppen wie z. B. die Anonymen Spieler. Hinsichtlich der meisten weiteren aufgetreten psychischen Erkrankungen (wie Angststörungen, Depressionen oder Abhängigkeitserkrankungen) gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen, abgesehen von einer höheren Wahrscheinlichkeit für Spieler mit spätem Beginn der Erkrankung, an einer Angsterkrankung zu leiden. Hinsichtlich der Lebenszeitprävalenz von Suchterkrankungen unterschieden sich die drei Altersgruppen nicht voneinander. Pathologische Glücksspieler mit spätem Beginn der Erkrankung hatten seltener einen Elternteil mit auf Glücksspiel bezogenen Problemen in der Vorgeschichte. Es gab keine Unterschiede in der elterlichen Geschichte von Alkoholproblemen zwischen den Gruppen. Nach Auftreten des pathologischen Glücksspielens begaben sich Patienten mit spätem Beginn der Erkrankung signifikant schneller in Behandlung als die jüngeren Gruppen, wobei Frauen mit spätem Beginn der Erkrankung später Hilfe suchten als Männer. Diskussion Die Gruppe mit einem späten Beginn der Erkrankung ähnelte jenen mit einem früheren Beginn im Bezug auf die meisten der klinischen Variablen, die die Symptomschwere beschreiben. Auch wenn finanzielle Auswirkungen des Spielens in der Gruppe nicht so schwer wogen wie bei jüngeren Spielern, unterschied sich diese Gruppe nicht hinsichtlich Dauer, Häufigkeit und Intensität des Spielens und der damit verbundenen Erscheinungen (z. B. Drang zu spielen, Menge verlorenen Geldes). Die Studie bestätigt damit bisherige Ergebnisse, die zeigen, dass auch ältere Menschen einem erheblichen Risiko ausgesetzt sind, glücksspielsüchtig zu werden, und dass deren Probleme genauso schwerwiegend sind wie jene der jüngeren. Daher sollten ältere Erwachsene genauso Ziel von Prävention und Behandlung sein wie jüngere. Obwohl die Schwere des Spielens über alle Altersgruppen hinweg ähnlich schienen, wiesen die älteren Spieler weniger Folgeprobleme auf. Das könnte daran liegen, dass sie früher Hilfe suchten

191 3 von 3 oder dass sie größere finanzielle Reserven einsetzen konnten. Dazu sind weitere Untersuchungen nötig. Ein weiteres Kennzeichen der Spieler mit spätem Beginn der Erkrankung ist die größere Häufigkeit, mit der diese von einer Angststörung betroffen waren und ist konsistent mit früheren Untersuchungen zu Angst bei pathologischen Glücksspielern. Möglicherweise nutzen ängstliche Menschen das Spielen als Ablenkung von Streß und als Bewältigungsstrategie im Umgang mit Stressoren und unangenehmen Gedanken. Ironischerweise können so die Probleme, die aus dem pathologischen Glücksspielen selbst resultieren, ihrerseits zu noch exzessiverem Spielen führen, in der Hoffnung, mit dieser ungeeigneten Strategie die Symptome zu bewältigen. Folgerungen für die Klinische Praxis Zunächst ergeben sich wichtige Hinweise darauf, dass pathologische Glücksspieler mit spätem Beginn der Erkrankung schwer zu identifizieren sind. Da diese Betroffenen seltener Selbsthilfeangebote in Anspruch nehmen, ist die Rolle des Hausarztes wichtig, der weiß, wohin er Betroffene überweist bzw. welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Da ältere Spieler auch mehr allgemeine Gesundheitsprobleme aufweisen, wäre nach Ansicht der Autoren ein Screening älterer Hausarzt-Patienten auf das Vorliegen von Problemen mit pathologischem Glücksspielen wünschenswert. Da Personen mit früherem Beginn der Erkrankung im allgemeinen Jahre benötigen, bis sie in das Hilfesystem gelangen, wäre ein generelles Screening und Prävention in allen Altersgruppen angezeigt. Und da pathologische Glücksspieler mit spätem Beginn der Erkrankung auch häufiger an einer Angststörung leiden, fordern sie darüber hinaus ein Screening auf und Behandeln von Angsterkrankungen. Einschränkungen In der vorliegenden Studie wurden 55 Jahre als cut-off für einen späten Erkrankungsbeginn definiert. Diese Entscheidung wird zwar von der Literatur gestützt, doch möglicherweise existieren in dieser Kohorte Subgruppen. Menschen altern auf verschiedene Weise und erleben die damit verbundenen Lebensereignisse zu unterschiedlichen Zeiten in ihrem Leben. Daher gibt es weiteren Forschungsbedarf bezüglich der vermuteten Heterogenität in dieser Gruppe. Die Angaben zum Beginn der Symptome wurden retrospektiv und durch Selbstauskunft von den Patienten erhoben. Somit kann es sein, dass das berichtete Alter bei Beginn der Störung das tatsächliche nicht ganz akkurat wiedergibt. Und da die Stichprobe aus Patienten bestand, die von sich aus Hilfe suchten, ist fraglich, in wie weit die Ergebnisse auf andere Patienten mit PG generalisierbar sind. Darüber hinaus könnte es sein, dass die Ergebnisse auch hinsichtlich ethnischer und kultureller Zugehörigkeit nicht generalisierbar sind, da die Stichprobe diesbezüglich sehr homogen ist. Trotz allem sind die Stichprobe groß und die Einschlusskriterien weit gefasst, so dass die Autoren annehmen, dass die Studienergebnisse besser generalisierbar sind als die bisheriger Untersuchungen. Zusammenfassend ist zu sagen, dass pathologisches Glücksspielen bei Betroffenen über 55 Jahren relativ häufig auftritt und dass diese Tatsache eine Reihe von Folgen für die klinische Praxis nach sich zieht. Dazu ist zusätzliche Forschungsarbeit nötig, vor allem größere Prävalenzstudien und Replikationsstudien zu den klinischen Korrelaten von pathologischem Glücksspiel mit spätem Beginn der Erkrankung. Die Untersuchungen sollten auch potenzielle Faktoren untersuchen, die zur Ätiologie und Pathophysiologie der Erkrankung in höherem Alter beitragen könnten. Darüber hinaus sind dringend Behandlungsstudien vonnöten, um beurteilen zu können, ob Patienten mit spätem Beginn der Erkrankung eine speziell auf sie zugeschnittene Behandlung benötigen. Quelle: Grant JE, Kim SW, Odlaug BL, Buchanan SN & Potenza MN. Late-onset pathological gambling. Clinical correlates and gender differences (2009). Journal of Psychiatric Research 43: Das Literaturreferat wurde von S. Winter erstellt. Der hier vorgestellte Text gibt die Meinung der Autoren und nicht unbedingt die der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern wieder.

192 2 Wissenschaftliche Artikel PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL IV Aktuelle Forschung und Entwicklungen Seite 2/1

193 ORIGINALARBEIT DOI / Pathological gambling in Germany: Gambling and population based risks Gerhard Bühringer 1, 2, Ludwig Kraus 1, Dilek Sonntag 1, Tim Pfeiffer- Gerschel 1 & Susanne Steiner 1, 3 Pathologisches Glücksspiel in Deutschland: Spiel- und Bevölkerungsrisiken Key words Population survey, adults, pathological gambling Schlüsselwörter Bevölkerungsumfrage, Erwachsene, Pathologisches Glücksspiel Abstract Aims: To estimate (1) the»attractiveness«of different gambling options and (2) the prevalence of pathological gambling (PG) among actual gamblers and the entire population. Method: Representative sample of 7,817 respondents between 18 and 64 years old of the 2006 Epidemiological Survey of Substance Abuse (ESA). Lifetime and 12 month prevalence, preferred gambling options and diagnoses of PG (DSM-IV TR) were collected through self-administered questionnaires and telephone interviews. Results: Among the total population 71.5 % had gambled in their lifetime, 49.4 % in the prior 12 months. Lotto was preferred by 60.3 % of the sample, with lotteries, sports betting, casino gambling, gaming machines and illicit gambling trailing far behind. The types of gambling that were most commonly associated with a diagnosis of PG were internet gambling (7.0 %) and playing slot machines in casinos (6.7 %); different kinds of Lotto (0.1 %) were least likely to be associated. The total»population risk«for PG was 0.2 % (103,000 people) with nearly equal shares of sports betting, casino gambling and gaming machines ( % or 24,000 31,000) and far less frequently Lotto (0.02 % or 12,000). After differential diagnoses of»manic episodes«the total population risk was halved (to 0.09 % or 46,000). Conclusions: The prevalence rate of PG in the adult population is in the lower range of other European estimates. For preventive measures, large variations in the different types of gambling should be taken into account. Zusammenfassung Ziele: (1) Abschätzung der»bevölkerungsattraktivität«von Glücksspielen sowie (2) der Prävalenz des Pathologischen Glücksspiels (PG) in Form von»glücksspiel- und Bevölkerungsrisiken«Methodik: Die Stichprobe betrug Respondenten zwischen 18 und 64 Jahren aus dem Epidemiologischen Suchtsurvey Lebenszeit- und 12-Monats-Prävalenz, präferiertes Glücksspiel und PG Diagnosen (DSM-IV- TR) wurden mittels Fragebögen und telefonischen Interviews erfasst. Ergebnisse: 71,5 % der Deutschen haben schon einmal gespielt, 49,4 % innerhalb der letzten 12 Monate. Bei der»bevölkerungsattraktivität«stehen die Spiele der Lottogruppe im Vordergrund (60,3 %), mit Abstand folgen Lotterien, Sportwetten, Casinospiele, Geldspielautomaten und illegales Glücksspiel. Das höchste»glücksspielrisiko«zeigen Internetkartenspiele (7,0 %) und das kleine Spiel im Casino (6,7 %), die geringste Gefährdung besteht durch Lotto/Toto/Keno (0,1 %). Das»Bevölkerungsrisiko«für PG liegt bei knapp 0,2 % (etwa Personen), mit etwa gleich großen Anteilen für Sportwetten, Casinospiele und Geldspielautomaten (0,05 0,06 %; ) sowie mit Abstand für Lottospiele (0,02 %; ). Unter Berücksichtigung der Differentialdiagnose Manische Episode halbiert sich das Bevölkerungsrisiko (0,09%; etwa ). Schlussfolgerungen: Die Prävalenz für PG in Deutschland liegt für die erwachsene Bevölkerung im unteren Bereich europäischer Untersuchungen. Für präventive Maßnahmen sind die Unterschiede zwischen»glücksspielrisiko«und»bevölkerungsrisiko«zu beachten. Einleitung Um etwa 1970 wurde deutlich, dass sich nach den USA und anderen Ländern auch in Deutschland ein bedeutsames Drogenproblem entwickeln würde. Anhaltspunkte waren zunächst die zunehmende Zahl der Konsumenten im täglichen Straßenbild und in Beratungsstellen. Es dauerte viele Jahre, bis epidemiologische Schätzwerte über den Umfang in der Bevölkerung vorlagen, und bis heute ist es wegen der relativ kleinen Fallzahlen und der sozialen Unerwünschtheit des Verhaltens schwierig, die genaue Zahl der Betroffenen sowie exakte Trends im Zeitverlauf zu erfassen. Eine ähnliche Situation beobachten wir seit etwa 1980 im Bereich des Pathologischen Glücksspiels (PG). Es gab bereits früh Vermutungen über hohe Prävalenzwerte für Geldspielautomaten (für eine Übersicht vgl. Bühringer & Türk, 2000). Erste lokale Studien (Meyer, 1982), Erfahrungen spezialisierter therapeutischer Einrichtungen (zuletzt Meyer, 2007) sowie in systematischer Form ab 1991 die Jahresstatistik der Suchthilfe (für aktuelle Werte vgl. Sonntag, Bauer & Hellwich, 2006) wiesen auf einen 1 IFT Institut für Therapieforschung, München 2 Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Technische Universität Dresden 3 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozialund Umweltmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München 296 SUCHT 53 (5)

194 G. Bühringer et al. Gambling in Germany RESEARCH REPORT Anstieg der mit dem Glücksspiel verbundenen Problematik hin. Diese Arbeit stellt Ergebnisse einer 2006 in der erwachsenen Bevölkerung durchgeführten Studie dar, in der erstmals repräsentativ für Deutschland auf der Grundlage der Kriterien von DSM-IV- TR (Saß, Wittchen, Zaudig & Houben, 2003) eine Abschätzung der Teilnehmer an den verschiedenen Glücksspielen und der Prävalenz des PG vorgenommen wird. Grundsätzlich ist die Erfassung des PG in der Bevölkerung wegen der prozentual kleinen Zahl von Betroffenen schwierig und kostenaufwändig: Wenn man zum Beispiel bei einer erwarteten Prävalenz von etwa 0,2 % 50 Spieler mit einer Diagnose PG erfassen möchte, müssen in einer Bevölkerungsstudie Personen befragt werden. Wegen der sozialen Stigmatisierung ist weiterhin zu erwarten, dass ein Teil der Betroffenen nicht wahrheitsgemäß antwortet. Die diagnostischen Kategorien für PG im Rahmen der Impulskontrollstörungen werden allgemein als unbefriedigend empfunden (Bühringer, 2004; Sonntag, 2006), die Diagnosestellung selbst ist wegen der zu berücksichtigenden Differentialdiagnose (»Manische Episode«und»Antisoziale Persönlichkeitsstörung«, vgl. Saß et al., 2003) komplex. Hilfsweise wurde in den letzten Jahren versucht, indirekte Indikatoren für die Entwicklung der Problematik zu erfassen (Bühringer & Türk, 2000), zum einen über Merkmale des Spielverhaltens, die mit dem Risiko einer Störung im Zusammenhang stehen (z. B. Spieldauer an Geldspielautomaten), zum anderen über die Nutzung therapeutischer Angebote (Sonntag & Bauer, 2006). Die Nutzung therapeutischer Angebote für PG in ambulanten Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe wird seit dem Jahr 1991 nach den Kriterien von ICD-10 erfasst. Die Ergebnisse zeigen im ambulanten Bereich (West) zunächst einen Rückgang der durchschnittlichen Zugänge pro Einrichtung (»Hauptdiagnosen«: behandlungsleitende Diagnose) von etwa 3,5 (1992) auf 2,5 (1995) und seither eine kontinuierliche Steigerung bis 3,8 Fälle (2005) (Bühringer & Türk, 2000; Sonntag, Bauer & Hellwich, 2006). Dies würde für eine Zunahme der Problematik in den letzten Jahren sprechen. Allerdings ist die Schlussfolgerung vorsichtig zu ziehen, da sich möglicherweise aufgrund der aktuellen öffentlichen und fachlichen Diskussion die Inanspruchnahme erhöht hat. Meyer (2007) berichtet, dass sich in 11 stationären Einrichtungen, die schwerpunktmäßig Spieler behandeln, die Zahl der Diagnosen von 437 (1999) auf 903 (2006) verdoppelt hat. Die Addition von Einzel- und Hauptdiagnosen führt jedoch zu Doppelzählungen und damit zu einer Überschätzung der Werte. Die Zahl der durchschnittlichen Zugänge ist im gleichen Zeitraum von 0,1 auf 2,4 Hauptdiagnosen je stationärer Einrichtung gestiegen (Sonntag, Hellwich & Bauer, 2006). Die deutsche Rentenversicherung gibt für die Jahre 1999 bis 2005 eine Steigerung der bewilligten Rehabilitationsleistungen für PG als behandlungsleitende Diagnose von 188 auf 490 an (schriftliche Mitteilung der Rentenversicherung Bund RVB, Dezember 2006). Der starke Anstieg seit 2001 ist möglicherweise auch dadurch bedingt, dass in diesem Jahr mit der Verabschiedung einer Empfehlungsvereinbarung PG als rehabilitationsbedürftige Krankheit anerkannt wurde. Zum Spielverhalten an Geldspielautomaten 4 liegen Ergebnisse seit 1984 aus fast 30 repräsentativen Bevölkerungsumfragen vor. Sie zeigen zum einen, dass die Zahl der Nichtspieler (noch nie im Leben an Geldspielautomaten gespielt) von etwa 62 % (1984) auf 93 % (1994) zunächst angestiegen und seither deutlich zurückgegangen ist (2003: 52 %). Die meisten Spielerfahrenen sind jedoch nichtaktive Spieler, und die Zahl der aktiven Spieler 4 Geldspielautomaten sind nach dem deutschen Recht kein Glücksspiel, sondern»unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit«( 33e Gewerbeordnung). Technisch handelt es sich jedoch um Glücksspiele, so dass sie in dieser Arbeit wie andere Glücksspiele behandelt werden. (zumindest ein Spiel in den letzten drei Monaten) ist in den letzten Jahren mit 3 8 % weitgehend konstant geblieben (Bühringer & Türk, 2000). Der Anteil der Vielspieler (fünf Stunden und mehr pro Woche), als Indikator für das Risiko der Entwicklung einer Störung, schwankt ohne ersichtlichen Trend über die letzten 20 Jahre zwischen 0,1 % und 0,3 % (Bühringer & Türk, 2000). Im Vergleich zum Spielverhalten in der Bevölkerung (nur Geldspielautomaten) und der Nutzung von Behandlungsangeboten (alle Glücksspiele) sind die Erkenntnisse über die Zahl pathologischer Glücksspieler in der Bevölkerung gering. Meyer (1995, 2006, 2007) schätzt bis beratungs- und behandlungsbedürftige Spieler in Deutschland (bezogen auf alle Glücksspielformen; etwa 0,1 0,2% der Bevölkerung). Eine zweite Schätzung nur für Geldspielautomaten geht vom Anteil der Diagnosen in repräsentativen Spielerbefragungen aus und ergab Personen mit einer Diagnose PG gemäß DSM und eine weiter gefasste Gruppe von etwa Betroffenen, wenn man die subjektive Belastung der Befragten als Kriterium nimmt (Bühringer & Türk, 2000). Europaweit liegen die Prävalenzwerte in der erwachsenen Bevölkerung für PG (letzte 12 Monate) im Schwankungsbereich zwischen 0,15 % für Norwegen (Götestam & Johansson, 2003) und 1,7 % für Spanien (Becoña, 1993). Außerhalb Europas liegt die Prävalenz des PG zwischen 0,5 % für Neuseeland (Abbott, 2001) und 1,9 % für die USA (Welte, Barnes, Wieczorek, Tidwell & Parker, 2001; für eine ausführliche Übersicht vergleiche Sonntag, 2005 und Grüsser & Thalemann, 2006). Die Werte sind allerdings kaum vergleichbar, da unterschiedliche Altersgruppen, Bezugszeiträume, Erhebungsinstrumente und diagnostische Kriterien herangezogen wurden. Noch fragwürdiger ist die Vergleichbarkeit der Daten für»problematisches Glücksspiel«, da hierfür keine verbindlichen Diagnosekriterien vorliegen. Die Autoren der verschiedenen Studien (Schwankungsbereich der Prävalenzwerte von 0,45 % SUCHT 53 (5)

195 ORIGINALARBEIT G. Bühringer et al. Glücksspiel in Deutschland für Norwegen (Götestam & Johansson, 2003) bis 11,5 % für die USA (Welte et al., 2001)) kategorisieren zumeist die Personen als problematische Spieler (teilweise einschließlich PG Fälle), die zumindest drei diagnostische Kriterien erfüllen oder drei Punkte im»south Oaks Gambling Screen«- Fragebogen aufweisen (SOGS; Lesieur & Blume, 1987). Durch die vom Bundesverfassungsgericht ausgelöste Diskussion über das Urteil zum staatlichen Monopol von Sportwetten (BVerfG, 1BvR 1054/01 vom , Absatz-Nr. (1 162)) ist die Frage der Regulierung des gesamten Glücksspielmarktes wieder aktuell geworden (DHS, 2007). Vor diesem Hintergrund wurde 2006 eine epidemiologische Studie in der erwachsenen Bevölkerung als Teil des Epidemiologischen Suchtsurveys ESA (vgl. Kraus & Augustin, 2005) durchgeführt, über die im Folgenden berichtet wird. Dabei geht es um folgende Fragestellungen: (1) Umfang der Teilnahme an den in Deutschland angebotenen Glücksspielen (»Bevölkerungsattraktivität«), (2) Zahl der Diagnose PG nach den einzelnen Glücksspielen (»Glücksspielrisiko«) und (3) Belastung der Gesamtbevölkerung durch die einzelnen Glücksspiele (»Bevölkerungsrisiko«). Methodik Design Die Daten stammen aus dem Epidemiologischen Suchtsurvey ESA 2006, einer seit 1980 regelmäßig durchgeführten repräsentativen Studie zum Gebrauch und Missbrauch psychoaktiver Substanzen in der Allgemeinbevölkerung (vgl. Kraus & Augustin, 2005). Die Rekrutierung der Stichprobe erfolgte über ein zweistufiges Auswahlverfahren. Zunächst wurden alle Gemeinden nach geografischen und siedlungsstrukturellen Kriterien geordnet. Aus diesem Pool wurden proportional zur Bevölkerungsgröße der Bundesländer Gemeinden (Sample Points) zufällig gezogen. Die Zielpersonen wurden in einem zweiten Schritt direkt aus den Einwohnermelderegistern der ausgewählten Gemeinden zufällig ausgewählt. Die Ziehung nach Altersklassen erfolgte disproportional zur Verteilung in der Bevölkerung. Junge Erwachsene sind daher in der Stichprobe überproportional repräsentiert, da ihr Anteil in der Gesamtbevölkerung geringer ist als der älterer Personen. Allen ausgewählten Personen, die den schriftlichen Fragebogen nach drei Erinnerungen nicht beantworteten und von denen eine Telefonnummer vorlag, wurde die Beantwortung des Fragebogens in einem telefonischen Interview angeboten (Mixed-Mode-Design). An der Befragung nahmen insgesamt Personen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren teil. Die Antwortrate betrug 48 %. Nach Ausschluss von Fällen mit ungültigen Angaben zum Spielverhalten (n = 95) enthielt die Stichprobe, die der Analyse zu Grunde lag, Respondenten. Die Daten wurden von März bis September 2006 erhoben. Instrumente Der Fragebogen des Epidemiologischen Suchtsurvey ist modular in die Sektionen Medikamente, Tabak, Alkohol, illegale Drogen, Glücksspielverhalten sowie Soziodemographie eingeteilt und umfasst etwa 120 Fragen. Das Spielverhalten wurde für verschiedene Glücksspiele bezogen auf die Lebenszeit, die letzten 12 Monate und die Häufigkeit in den letzten 30 Tagen erfasst. Für die Diagnose PG wurden die Kriterien nach DSM-IV-TR verwendet (Saß et al., 2003). Die Items zur Erfassung der Kriterien wurden von Stinchfield (2002; die Fragen wurde aus DSM- IV abgeleitet, sind aber mit DSM-IV- TR identisch) übernommen, ins Deutsche übersetzt und zur Kontrolle ins Englische rückübersetzt (Fragebogen im Anhang). Um Aussagen über das Risiko einzelner Spiele innerhalb der Gruppe der aktuellen Spieler zu ermöglichen, wurden in einem ersten Schritt alle Personen, die innerhalb der letzten 12 Monate zumindest einmal ein Glücksspiel gespielt haben, gebeten, das jeweils von ihnen präferierte Spiel anzugeben (Abbildung 1). Auf Abbildung 1: Algorithmus zur Identifikation der Personen mit einer Diagnose»Pathologisches Glücksspiel«(ohne Berücksichtigung der Differentialdiagnose Manische Episode) Gesamtstichprobe N = Angaben zum Glücksspiel? Ja N = Lebenszeitprävalenz Glücksspiel? Ja N = Monatsprävalenz? Ja N = Glücksspielprävalenz? mit ohne N = N = 527 Mindesteinsatz pro Monat 50? Ja N = 456 DSM-IV Diagnose PG? Ja N = 14 Nein Nein Nein Nein Nein diese Weise wurden disjunkte Antwortkategorien geschaffen, die es ermöglichen, in einem weiteren Schritt Aussagen über das Risiko des Auftretens der Diagnose PG für jede Glücksspielart zu machen. 298 SUCHT 53 (5)

196 G. Bühringer et al. Gambling in Germany RESEARCH REPORT Der Abfrage der diagnostischen Kriterien des DSM-IV-TR wurde im Fragebogen eine Screeningfrage vorangestellt, so dass nur Personen, die angaben, im vergangenen Jahr im Durchschnitt mehr als 50 pro Monat eingesetzt zu haben, die Fragen beantworteten. Der gewählte Grenzwert orientierte sich an Studien, die kein bzw. ein geringes Risiko bei (umgerechnet) monatlichen Einsätzen von etwa (Currie et al., 2006) bzw (National Research Council, 1999; zitiert nach Welte et al., 2004) berichten. Zudem sollte das Screening mögliche Widerstände und Antwortverweigerungen von Personen mit geringen Einsätzen verhindern, die bei Fragen wie beispielsweise nach Unterschlagung oder Scheckbetrug zur Finanzierung des Glücksspiels befürchtet worden waren. Zum Ausschluss einer manischen Episode gemäß DSM- IV-TR wurde eine Screeningfrage aus dem Münchener Composite International Diagnostic Interview (M-CIDI) herangezogen (Wittchen et al., 1995), das über gute psychometrische Eigenschaften verfügt (Wittchen, Lachner, Wunderlich & Pfister, 1998). Statistische Analysen Kategorisierung der Glücksspiele Bei der Kategorisierung der Vielzahl von einzelnen Glücksspielen wurden, da keine verbindlichen Konventionen bestehen, Gruppen nach der Ähnlichkeit der Glücksspielmerkmale gebildet, unabhängig vom»ort«der Betätigung: Lotto (Lotto/Toto/Keno und Quicky), Lotterien (Fernseh- und Klassenlotterie), Sportwetten (in Annahmestellen, im Internet und Pferdewetten), Casinospiele (Großes und Kleines Spiel im Spielcasino, Internetspielcasino und Kartenspiele wie Poker im Internet), Geldspielautomaten und illegales Glücksspiel (beide ohne Einzelspiele). Die folgenden Maße wurden zumeist für einzelne Glücksspiele und für die genannten Glücksspielgruppen ermittelt. Abhängige Variable Zur Erfassung der Bevölkerungsattraktivität wurden vier Maße berechnet: die Prävalenzwerte für Glücksspielen bezogen auf die (1) Lebenszeit und (2) die letzten 12 Monate, die Prävalenz des (3) präferierten Glücksspiels in den letzten 12 Monaten (»Glücksspielpräferenz«) sowie (4) das Verhältnis von 12-Monats- und Lebenszeitprävalenz (»Glücksspielbindung«). Das Konstrukt des subjektiv präferierten Spiels erwies sich als plausibel: Bei den aktuellen Spielern, die angaben, nur ein einziges Spiel zu spielen (»Einfachspieler«), stimmt die Angabe des präferierten Spiels mit dem Spiel überein, das sie gemäß ihrer Antworten in den letzten 12 Monaten ausschließlich gespielt haben. Auch bei denjenigen Personen, die während der letzten 12 Monate mehrere Glücksspiele gespielt haben (»Mehrfachspieler«), stimmt die Spielhäufigkeit des am häufigsten gespielten Glücksspiels mit der des präferierten Glücksspiels überein. Die DSM-IV-TR Diagnosen, bezogen auf eine bevorzugte Spielart, repräsentieren das Glücksspielrisiko einer Spielart. Da diese Kriterien nur für Personen mit einem durchschnittlichen monatlichen Mindesteinsatz von 50 oder mehr erfasst wurden, wurde bei der Berechnung der Einzelspielrisiken angenommen, dass das Risiko einer Glücksspielpathologie bei Spielern unter diesem Durchschnittswert gleich Null ist. Das Bevölkerungsrisiko berücksichtigt die Prävalenz des präferierten Glücksspiels (letzte 12 Monate) und das Glücksspielrisiko für die jeweils präferierten Glücksspiele bzw. Glücksspielgruppen. Dieses Bevölkerungsrisiko wurde sowohl für die Diagnose PG (fünf diagnostische Kriterien erfüllt) ohne und mit Berücksichtigung der Differentialdiagnose»Manische Episode«berechnet als auch für Spieler, die drei oder vier Diagnosekriterien als Kriterium für»problematisches Glücksspiel«erfüllen (vgl. Bondolfi, Osiek & Ferrero, 2000; Götestam & Johansson, 2003). Gewichtung Zum Ausgleich von Differenzen zwischen relevanten Merkmalen der Stichprobe und der Grundgesamtheit wurde die Stichprobe gewichtet, so dass die gemeinsame Verteilung von Alter und Geschlecht, sowie die Verteilungen von Bundesland und Gemeindegrößenklasse einer Klassifikation nach Einwohnerzahl und Region (Stadt, Land), mit der demographischen Struktur der Grundgesamtheit am übereinstimmen. In den Tabellen werden gewichtete Prävalenzwerte (%) und ungewichtete Fallzahlen (n) angegeben. Weiterhin wurde berücksichtigt, dass die mehrstufige Zufallsauswahl der Stichprobe einen Einfluss hat auf die Varianzschätzungen und somit auf Standardfehler und Konfidenzintervalle. Zur Berücksichtigung des Designeffekts wurden 95 %- Konfidenzintervalle mit der Prozedur CSTABULATE von SPSS 14.0 berechnet. Diese Prozedur verwendet eine approximative Varianzschätzung durch Tylorreihenentwicklung (Graubard & Korn, 1996). Ergebnisse Bevölkerungsattraktivität Lebenszeit- und 12-Monatsprävalenz: Die Ergebnisse in Tabelle 1 für die verschiedenen Glücksspiele zeigen, dass die Mehrheit der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland schon einmal gespielt hat (71,5 %) und dass 49,4 % zu den aktuellen Spielern gehören (12-Monatsprävalenz). Bei der Lebenszeitprävalenz stehen die Lotto-Glücksspiele mit weitem Abstand im Vordergrund (56,8 %), gefolgt von den Lotterien und den Geldspielautomaten (etwa %). Eine ähnliche Reihenfolge gilt für die aktuellen Spieler (jeweils Mehrfachnennungen möglich). Aktuell präferiertes Glücksspiel und Glücksspielbindung: Betrachtet man die Verteilung der Glücksspielpräferenz und die Summenwerte je Glücksspielgruppe, dann stehen an erster Stelle wiederum die Lotto-Angebote (60,3 %); mit weitem Abstand folgen die Lotterien (13,6 %), schließlich Sportwetten, Spielcasinoangebote und Geldspielautomaten mit je etwa 2 5 %. Auffällig ist, dass 14,4 % der ak- SUCHT 53 (5)

197 ORIGINALARBEIT G. Bühringer et al. Glücksspiel in Deutschland Tabelle 1: Bevölkerungsattraktivität: Lebenszeit- und 12-Monatsprävalenz der Beteiligung an Glücksspielen, Verteilung der Glücksspielpräferenzen und Glücksspielbindung (N = 7.817) Glückspielgruppen/ Lebenszeit- 12-Monats-Prävalenz Glücksspieleinzelne Glücksspiele Prävalenz 1 Alle Glücksspiele 1 Glücksspielpräferenz 2 bindung 1, 3 n N n N % n % Stichprobe Bevölkerung % Stichprobe Bevölkerung % Lotto 60, Lotto/Totto/Keno 56, , , ,9 Quicky 2, , , ,4 Lotterien 13, Fernsehlotterie 24, , , ,5 Klassenlotterie 16, , , ,1 Sportwetten 5, Annahmestellen 4, , , ,2 Internet 2, , , ,7 Pferdewetten 3, , , ,6 Spielcasino 3, Kleines Spiel 6, , , ,4 Großes Spiel 8, , , ,8 Internetspielcasino 0,6 46 0, , ,3 Internetkartenspiele 0,5 44 0, , ,0 Geldspielautomaten 13, , , ,9 Illegales Glücksspiel 0,8 67 0, , ,5 Alle Glücksspiele mit Präferenz 85, ,1 Alle Glücksspiele ohne Präferenz 14, Alle Glücksspieler 71, , , Nie gespielt/ nicht aktuelle Spieler 28, , Gesamtstichprobe 100, , Keine Gesamtwerte für Glücksspielgruppen, da Mehrfachnennungen bei den einzelnen Glücksspielen möglich 2 Keine Mehrfachnennungen 3 Anteil der aktuellen Glücksspieler (12-Monatsprävalenz) an der Lebenszeitprävalenz tuellen Spieler keine Präferenz angaben und nur 0,3 % illegale Glücksspiele bevorzugten. Von Interesse ist das Verhältnis zwischen Lebenszeit- und 12-Monatsprävalenz (»Glücksspielbindung«), da sich hier die Attraktivität der Glücksspiele ausdrückt, einmalige Glücksspieler dauerhaft an ihr Angebot zu binden. Während der Durchschnittswert über alle Glücksspiele bei 69,1 % liegt, schwankt er bei den einzelnen Angeboten erheblich. Die höchste Glücksspielbindung zeigen Internetkartenspiele (77,0%) und Sportwetten im Internet (71,7 %), gefolgt von Lotto/Toto/Keno (66,9%), die geringste das Kleine Spiel im Casino (16,4 %), Geldspielautomaten und Pferdewetten mit je etwa 20 %. 27,4 % haben sich in den letzten 12 Monaten an mehr als einem Glücksspiel beteiligt. Glücksspielrisiko In Tabelle 2 (2. Spalte) sind die Glücksspielrisiken für Spieler mit einer DSM-IV-TR Diagnose ohne Berücksichtigung einer Differentialdiagnose Manie dargestellt. Über alle Glücksspiele beträgt der Anteil der Spieler mit einer Diagnose PG an allen aktuellen Glücksspielern 0,4 % (14 Personen). Bei der Gegenüberstellung der Werte für Glücksspielpräferenz und Glücksspielrisiko (für eine Diagnose PG) wird die umgekehrte Rangreihe für die meisten Glücksspiele deutlich: Glücksspiele mit eher höherem Risiko (z. B. Internetkartenspiele 7,0 %, Kleines Spiel 6,7 % und Geldspielautomaten 5,1 %) haben geringe Präferenzwerte, solche mit geringerem Risiko (Lotto 0,1 % und Lotterie 0 %) eher hohe. Bevölkerungsrisiko Das Bevölkerungsrisiko im Sinne einer Belastung der Bevölkerung im Zusammenhang mit Glücksspielen berücksichtigt die Bevölkerungsattraktivität (12-Monatsprävalenz) und das Risiko jedes einzelnen Glücksspiels bzw. aller Glücksspiele zusammen. Tabelle 3 (2. Spalte) zeigt die Bevölkerungsrisiken für PG ohne Korrektur einer möglichen Differentialdiagnose Manische Episode sowie die Hochrechnungen auf die Bevölkerung. Bei der Gegenüberstellung wird deutlich, dass die Rangreihe des Glücksspielrisikos je Gruppe auch auf der Bevölkerungsebene besteht, dass aber, wegen der unterschiedlichen Präferenzwerte, die Abstände wesentlich geringer ausfallen: Liegt zum Beispiel bei der Gruppe der aktuellen Glücksspieler das Risiko der Geldspielautomaten- 300 SUCHT 53 (5)

198 G. Bühringer et al. Gambling in Germany RESEARCH REPORT Tabelle 2: Glücksspielrisiko: Zahl und Anteil der aktuellen Spieler mit einer Diagnose PG je Glücksspiel bzw. Glücksspielgruppe (Diagnosen nach DSM-IV- TR, 12-Monatsprävalenz, N = ) Glückspiel- Glücksspielrisiko 1 Glücksspielrisiko DSM-IV Diaggruppen/ für eine Diagnose für eine Diagnose nosekriterien PG einzelne PG ohne Differential- PG mit Differential- ohne Differential- Glücksspiele diagnose»manie«diagnose»manie«diagnose»manie«% n % n % n Lotto 0,1 1 0,1 1 0,1 2 (KI 0,0 1.8) 2 (KI 0,0 0,6) (KI 0,0 0,4) Lotto/Totto/Keno 0,1 1 0,1 1 0,1 2 Quicky 0,0 0 0,0 0 0,0 0 Lotterien 0,0 0 0,0 0 0,5 2 (KI 0,1 2,1) Fernsehlotterie 0,0 0 0,0 0 0,8 2 Klassenlotterie 0,0 0 0,0 0 1,5 4 Sportwetten 1,7 4 1,2 2 2,5 7 (KI 0,6 5,1) (KI 0,9 5,1) (KI 1,1 5,9) Annahmestellen 1,9 2 1,6 1 3,9 6 Internet 2,0 2 1,2 1 1,3 1 Pferdewetten 0,0 0 0,0 0 0,0 0 Spielcasino 2,8 4 1,1 2 3,3 3 (KI 1,0 8,1) (KI 1,1 9,7 ) Kleines Spiel 6,7 1 0,0 0 4,9 1 Großes Spiel 1,4 2 0,4 1 1,8 1 Internetspielcasino 0,0 0 0,0 0 0,0 0 Internetkartenspiele 7,0 1 7,0 1 11,5 1 Geldspielautomaten 5,1 4 1,0 1 3,6 3 (KI 1,8 13,2 ) (KI 0,1 7,1) (KI 1,0 12,6) Illegales Glücksspiel 0,0 0 0,0 0 0,0 0 Alle Glücksspiele 0,4 13 0,2 6 0,6 17 mit Präferenz Alle Glücksspiele 0,3 1 0,0 0 0,7 4 ohne Präferenz Alle Glücksspieler 0,4 14 0,2 6 0,6 21 mit Diagnose (KI 0,2 0,7) (KI 0,1 0,5) (KI 0,4 1,0) Alle Glücksspieler 99, , ohne Diagnose Gesamtstichprobe 100, , , Risiko einer Diagnose PG nach DSM-IV für diejenigen Personen, die in den letzten 12 Monaten ein bestimmtes Spiel präferiert haben 2 95%-Konfidenzintervall Spieler 51 mal höher als das der Lotto- Spieler (5,1 % zu 0,1 %), ist es auf der Bevölkerungsebene lediglich 2,5fach erhöht (0,06 % zu 0,024 %). Über alle Glücksspiele ergibt sich für die Bevölkerung eine Prävalenz von knapp 0,2 % und ein Absolutwert von etwa Bei den Angaben zu einzelnen Glücksspielen wurde wegen der kleinen Fallzahlen auf Konfidenzintervalle verzichtet. Zum Beispiel ergibt sich für PG»Kleines Spiel im Spielcasino«ein Anteil von 0,02 % mit einem nicht mehr interpretierbaren 95 %-KI von 0,003 % bis 0,106 %. Als Hochrechnung ergeben sich für die drei Glücksspielgruppen»Sportwetten, Spielcasino und Geldspielautomaten«Prävalenzwerte in der Bevölkerung für PG zwischen und Personen, dazu kommt mit Abstand eine Gruppe von etwa aus dem Bereich der Lottospiele. Differentialdiagnose: Manische Episode Nach DSM-IV-TR ist eine Diagnose PG nicht zu vergeben, wenn eine manische Episode im Vordergrund steht. Als Ergebnis der Screeningfrage aus dem M-CIDI (Wittchen et al., 1995) ergibt sich über alle Glücksspieler mit einer Diagnose PG, dass für 57 % (8 der 14 Fälle) eine manische Episode erfasst wurde. Während sich die Gesamtwerte des Glücksspielrisikos von 0,4 % auf 0,2 % (Tabelle 2) bzw. des Bevölkerungsrisikos von 0,198 % auf 0,088 % (Tabelle 3) mehr als halbieren, hat die Berücksichtigung der Ausschlussdiagnose unterschiedliche Auswirkungen auf die einzelnen Glücksspielgruppen. So bleibt das Glücksspielrisiko bei Lotto/Lotterien unverändert, reduziert sich aber bei Sportwetten um etwa 30 %, beim Spielcasino um etwa 60 % und bei Geldspielautomaten um etwa 80 % (Tabelle 2). Personen mit drei bis vier Diagnosemerkmalen In der letzten Spalte der Tabellen 2 und 3 sind die Glücksspiel- und Bevölkerungsrisiken für die Gruppe derjenigen aktuellen Glücksspieler (12-Monatsprävalenz) angegeben, die drei oder vier DSM-IV-TR Kriterien für die Diagnose PG (ohne Ausschluss der Fälle mit einer manischen Episode) erfüllen. Dies trifft auf 0,6 % der Spieler (21 Personen; Tabelle 2) bzw % der Bevölkerung zu (etwa Personen; Tabelle 3). Diskussion Die Ergebnisse zeigen, dass mit über 70 % ein sehr hoher Teil der Bevölkerung Erfahrungen mit Glücksspielen hat (Lebenszeitprävalenz), und dass fast 50 % aktuell an Glücksspielen beteiligt sind (12-Monatsprävalenz). Dies sind etwa 27 Mio. Personen aus der Altersgruppe in Deutschland. Ingesamt weisen 0,2 % (KI: 0,1 0,4 %) bzw. etwa Personen ( bis ) die Diagnose PG auf. Der Wert liegt damit in dem Bereich, den Meyer bereits vor 12 Jahren geschätzt hat (Meyer, 1995; 2007) und an der unteren Grenze der europaweit erhobenen Werte (0,15 1,7 %). Dabei muss berücksichtigt werden, dass diese Prävalenzen mit unterschiedlichen Instrumenten und Kriterien und für unterschiedliche Bezugszeiträume ge- SUCHT 53 (5)

199 ORIGINALARBEIT G. Bühringer et al. Glücksspiel in Deutschland Tabelle 3: Bevölkerungsrisiko: Zahl und Anteil der aktuellen Spieler mit Diagnosekriterien für PG je Glücksspiel bzw. Glücksspielgruppe und in der Bevölkerung (Diagnosen nach DSM-IV-TR, 12-Monatsprävalenz, N = 3.586) Glückspiel- Bevölkerungsrisiko 1 für eine Bevölkerungsrisiko 1 für eine 3 4 DSM-IV Diagnosekritegruppen/ Diagnose PG ohne Diffe- Diagnose PG mit Diffe- rien PG ohne Differentialeinzelne rentialdiagnose»manie«rentialdiagnose»manie«diagnose»manie«glücksspiele % N % N % N Lotto 0, , , (KI 0,003 0,169) 2 (KI ) (KI 0,003 0,169) (KI ) (KI 0,000 0,119) (KI ) Lotto/Totto/Keno 0, , , Quicky 0, , ,000 0 Lotterien 0, , , (KI 0,007 0,141) (KI ) Fernsehlotterie 0, , , Klassenlotterie 0, , ,000 0 Sportwetten 0, , , (KI 0,015 0,136) (KI ) (KI 0,008 0,137) (KI ) (KI 0,029 0,158) (KI ) Annahmestellen 0, , , Internet 0, , , Pferdewetten 0, , ,000 0 Spielcasino 0, , , (KI 0,017 0,142) (KI ) (KI 0,004 0,084) (KI ) (KI 0,019 0,170) (KI ) Kleines Spiel 0, , , Großes Spiel 0, , , (KI 0,001 0,036) Internetspielcasino 0, , ,000 0 Internetkartenspiele 0, , , (KI 0,002 0,071) Geldspielautomaten 0, , , (KI 0,022 0,156) (KI ) (KI ) (KI ) (KI 0,012 0,150) (KI ) Illegales Glücksspiel 0, , ,000 0 Alle Glücksspiele 0, , , mit Präferenz Alle Glücksspiele 0, , ohne Präferenz Alle Glücksspieler 0, , , mit Diagnose (KI 0,108 0,362) (KI ) (KI 0,031 0,245) (KI ) (KI 0,169 0,423) (KI ) Alle Glücksspieler 49, , ohne Diagnose Nie gespielt/nicht 50, , aktuelle Spieler Gesamtstichprobe 100, , , Risiko einer Diagnose PG nach DSM-IV für diejenigen Personen, die in den letzten 12 Monaten ein bestimmtes Spiel präferiert haben 2 95 %-Konfidenzintervall 3 Angaben des statistischen Bundesamts (Stichtag: ) schätzt wurden (teilweise DSM-IV, teilweise SOGS, der bei Vergleichsberechnungen zu höheren Prävalenzwerten führt), so dass entsprechende Einordnungen problematisch sind. Aufgrund der wissenschaftlichen Arbeiten zu Risikomerkmalen einzelner Glücksspiele und der gesundheitspolitischen Diskussion über Art und Ausmaß staatlicher Regularien sind die ermittelten Werte für einzelne Glücksspiele bzw. Glücksspielgruppen von besonderem Interesse. Für die von uns gebildeten Gruppen von Glücksspielern gibt es keine verbindlichen Kriterien, andere Zusammenfassungen sind denkbar und mit den angegebenen Einzelwerten auch alternativ möglich. Erwartungsgemäß stehen bei der Bevölkerungsattraktivität (präferiertes Spiel, 12-Monatsprävalenz) die Glücksspiele des Lotto-Blocks (Lotto/ Toto/Keno/Quicky) an erster Stelle (60,3 %), danach folgen mit weitem Abstand Lotterien, und dann wieder mit Abstand die verschiedenen Sportwetten, die Casinospiele und zuletzt die Geldspielautomaten. Illegales Glücksspiel wird nur von einem geringen Anteil der Bevölkerung als präferiertes Spiel angegeben. Von Interesse ist die Glücksspielbindung, das heißt, der Anteil der aktuellen Glücksspieler (12-Monatsprävalenz mit Glücksspielpräferenz) an der Lebenszeitprävalenz des jeweiligen Glücksspiels. Hier zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Glücksspielen. Die höchste Bindequote zeigen Glücks- 302 SUCHT 53 (5)

200 G. Bühringer et al. Gambling in Germany RESEARCH REPORT spiele aus dem Lottoblock und Sportwetten, die geringste Quote Glücksspiele an Geldspielautomaten und die Spiele der Spielcasinogruppe. Offensichtlich gibt es Unterschiede in der Attraktivität einzelner Glücksspiele, die einen Einfluss darauf haben, ob jemand nach einem ersten Glücksspiel weiterhin das entsprechende Spiel ausübt. Die Attraktivität wird dabei nicht, wie man vermuten könnte, durch Merkmale bestimmt, die für ein hohes Glücksspielrisiko verantwortlich sind (z. B. kurze Spieldauer, schnelle Auszahlung). Ebenso wie die Attraktivität der einzelnen Glücksspiele in der Bevölkerung ist das Risiko für eine DSM-IV-TR Diagnose PG sehr unterschiedlich. Das Glücksspielrisiko (aktuelle Spieler mit Spielpräferenz) reicht von Null für verschiedene Lotterien, Quicky, Pferdewetten, Internet-Spielcasino und illegales Glücksspiel bis zu hohen Werten im Bereich der Geldspielautomaten, des Kleinen Spiels im Spielcasino und des Kartenspielens im Internet. Insbesondere bei 0 %-Werten und sehr kleinen Gruppen von Personen (Glücksspielpräferenz) muss der Nullwert mit Vorsicht interpretiert werden. Er sagt zunächst nur aus, dass in dieser spezifischen Stichprobe von knapp Personen für einzelne Glücksspiele keine Betroffenen mit einer Diagnose gefunden wurden. Sowohl für die Berechnung des Risikos von Glücksspielen mit ähnlichen Merkmalen als auch für die spätere Hochrechnung auf die Situation in der Bevölkerung ist es deshalb sinnvoll, die einzelnen Spiele nach gemeinsamen Merkmalen zu kategorisieren. Beim Bevölkerungsrisiko, d. h. der Hochrechnung des betroffenen Anteils von pathologischen Spielern auf die Bevölkerung, zeigen sich ebenfalls deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Glücksspielgruppen. Der geringste Wert ergibt sich für die Lotto- Gruppe mit etwa Personen, danach folgen Sportwetten, Spielcasino und Geldspielautomaten. Der Wert für Geldspielautomaten (0,06 % oder ) stimmt mit einer früheren Hochrechnung von Bühringer und Türk (2000) mit gut überein (Konfidenzintervalle wurden wegen der spezifischen Methodik damals nicht berechnet). Für die anderen Glücksspielgruppen liegen keine bevölkerungsbezogenen Schätzwerte aus Deutschland vor. Auffällig an der Verteilung der Diagnosen ist die Diskrepanz bei Geldspielautomaten zwischen dem Anteil der Diagnosen in der Bevölkerung (etwa 30 %) und in Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe (77 %; Sonntag, Bauer & Hellwich, 2007). Möglich ist, dass Spieler anderer Glücksspiele andere Behandlungsmöglichkeiten aufsuchen, subjektiv ihren Behandlungsbedarf geringer einschätzen oder dass die Differenzialdiagnose nach der Art des dominierenden Glücksspiels in den Einrichtungen nicht präzise genug erfolgt (hohe Missingwerte). Die vorgenommenen Auswertungen bestätigen die Unterscheidung von Glücksspielrisiko und Bevölkerungsrisiko, da diese sehr unterschiedlich sein können. Ein Beispiel für ein geringes Glücksspielrisiko sind die Spiele des Lotto-Blocks mit etwa 0,1 %. Wegen der hohen aktuellen Prävalenz ergibt sich dennoch eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Glücksspielern in der Bevölkerung. Ein anderes Beispiel sind die Kartenspiele (z. B. Poker) im Internet mit dem höchsten Glücksspielrisiko von 7 %. Da der Anteil der aktuellen Spieler sehr gering ist, ergibt sich im Durchschnitt eine geringere Anzahl von pathologischen Glücksspielern (etwa Personen) als beim Lotto (etwa Personen). Diese Differenzierung und die dabei gefundenen Ergebnisse haben Konsequenzen für staatliche Maßnahmen im Bereich der Regulierung der verschiedenen Glücksspiele unter Public Health Gesichtspunkten: Will man die gegenwärtige Prävalenz von PG konstant halten oder begrenzen, ist es je nach Glücksspiel und technischen bzw. rechtlichen Möglichkeiten notwendig, entweder an der Bevölkerungsattraktivität oder am Glücksspielrisiko anzusetzen. Das erfordert Trendbeobachtungen von Frühindikatoren mithilfe von Monitoringsystemen, die zum Teil bereits seit längerer Zeit geführt werden (vgl. z. B. Meyer, 2007 oder Sonntag, Bühringer et al., 2006). In keiner der uns vorliegenden Prävalenzstudien finden sich Angaben zur Erhebung der Differentialdiagnose»Manische Episode«. Gemäß DSM-IV stellt dies eine Ausschlussdiagnose für Pathologisches Glücksspiel dar. Schließt man diejenigen Spieler mit Verdacht auf das Vorliegen einer Manischen Episode aus, halbiert sich der Gesamtwert für das Bevölkerungsrisiko von 0,2 % auf 0,09 %. Diese Reduktion ist bei Geldspielautomaten am stärksten ausgeprägt, findet sich aber auch bei Spielcasino und Sportwetten, nicht aber beim Lotto. Möglicherweise sprechen»schnelle Spiele«(kurze Spieldauer und schnelle Ergebnismitteilung) proportional mehr Personen mit einer Manischen Episode an. Wegen fehlender internationaler Vergleichsdaten und fehlender Erfahrungen mit geeigneten Instrumenten zur Differentialdiagnose sollten die korrigierten Werte vorsichtig interpretiert werden. Sie unterstreichen aber auf jeden Fall die Notwendigkeit einer sorgfältigen Diagnose. In vielen epidemiologischen Studien dieser Art wird zusätzlich zum Anteil von Glücksspielern mit einer DSM-IV- TR-Diagnose PG auch der Anteil von Spielern berechnet, die weniger als die fünf diagnostischen Kriterien erfüllen, die für eine Diagnose notwendig sind. Häufig wird diese Gruppe als»problematische Glücksspieler«bezeichnet (bei Zutreffen von drei oder vier Diagnosekriterien), obwohl dieses Vorgehen weder durch diagnostische Konventionen noch durch empirische Belege über ein erhöhtes Risiko gerechtfertigt ist. Grundsätzlich ist die Diagnose gemäß DSM-IV dichotom. Das heißt, eine Diagnose wird vergeben (gleichbedeutend mit Behandlungsbedürftigkeit) oder nicht, und es gibt keine Abstufungen des Schweregrades. Tatsächlich könnte es aber sein, dass das Zutreffen einer oder mehrerer Diagnosekriterien entweder ein Indi- SUCHT 53 (5)

201 ORIGINALARBEIT G. Bühringer et al. Glücksspiel in Deutschland kator für eine aktuelle Behandlungsproblematik im Sinne einer Frühintervention darstellt (»Problemspieler«) oder das Risiko für die spätere Entwicklung einer vollständigen Störung überdurchschnittlich zufällig erhöht (in diesem Fall besser als»risikospieler«bezeichnet). Shaffer und Hall (1996) und Shaffer (1997) bezeichnen diese»problemspieler«auch als Übergangs-Spieler (transition gambler). In der Literatur gibt es noch keinen Konsens darüber, wie die Begriffe problematisches und Pathologisches Glücksspielverhalten gehandhabt werden sollen, d. h. ob sie dimensional oder kategorial unterschiedliche Konstrukte darstellen (Gambling Research Panel Report 4, 2003). Folgt man der häufig durchgeführten Erfassung»Problematischer Glücksspieler«(drei oder vier Diagnosekriterien), so liegt das Bevölkerungsrisiko in unserer Studie bei 0,286 % (etwa ; 95 %-KI: Personen). In einigen der zitierten Studien werden in die Gruppe der problematischen Spieler (ab drei zutreffenden Diagnosekriterien) auch die Personen mit einer Diagnose PG einbezogen. Die vergleichbaren Werte aus unserer Studie betragen gerundet 0,5 % ( ; ohne Ausschlussdiagnose Manie) bzw. 0,4 % ( ). Die vorliegenden Ergebnisse basieren auf den schriftlichen bzw. telefonischen Antworten zum Glücksspielverhalten einer Stichprobe der 18- bis 64- jährigen Bevölkerung und sind mit einer Reihe methodischer Einschränkungen verbunden: Spezifität und Sensitivität der schriftlichen Erfassung einer klinischen Behandlungsbedürftigkeit. DSM-IV-TR ist zunächst als Diagnosesystem für klinische Zwecke und für geschulte Bearbeiter gedacht. Bis heute gibt es zumindest für den Bereich des Pathologischen Glücksspiels keine Untersuchung zur Spezifität (falsch positive Diagnosen wegen Überschätzung der Symptomatik) und der Sensitivität (falsch negative Diagnosen wegen unzureichender Angaben) bei fragebogengestützten Populationsstudien. Dazu kommt im besonderen Fall, dass aufgrund der sozialen Unerwünschtheit des Verhaltens zumindest eine Tendenz zu erwarten ist, den Fragebogen nicht wahrheitsgemäß auszufüllen. In Vergleichsuntersuchungen muss daher geklärt werden, ob schriftlich oder telefonisch erfasste Diagnosen in Hinblick auf die Behandlungsbedürftigkeit das gleiche Bild ergeben wie klinische Interviews von Fachleuten. Hierzu gehört auch das Vorgehen zur Ausschlussdiagnose einer vorherrschenden Manie. Glücksspielrisiko bei Personen mit einem monatlichen Einsatz unter 50. Um die teilweise»provokanten«fragen für die Diagnoseerstellung nur bei einem möglichst relevanten Kreis von Personen stellen zu müssen (Befürchtung einer erhöhten Ausfallquote) wurden Spieler mit einem monatlichen Einsatz von unter 50 von der Diagnoseerfassung ausgeschlossen. Der Wert ergab sich aus verschiedenen Studien, die zeigen, dass bei einem Betrag unter 50 das Risiko für eine Diagnose gegen Null geht. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass auch in der Gruppe mit einem Einsatz unter 50 /Monat Personen sind, auf die die Diagnose PG zutrifft. Allokation der Diagnose PG zum»ursächlichen Glücksspiel«. In der Studie wurden die Probanden gebeten das Glücksspiel anzugeben,» das für sie in den letzten 12 Monaten die größte Bedeutung hatte.«eine solche Zuordnung ist bei Mehrfachspielern notwendig (Anteil: 27,4 %), aber die Güte einer Selbstzuordnung der»störungsquelle«ist in der Forschung bis heute unklar. Dies hat auch mit den präferierten ätiologischen Modellen zu tun, die entweder die Glücksspielmerkmale oder personenspezifische Charakteristika als Vulnerabilitäts- und Risikofaktoren in den Mittelpunkt stellen. Ausschöpfung. Mit einer Response- Rate des Epidemiologischen Suchtsurveys von 48 % ist zumindest das Risiko erhöht, dass die ausgewerteten Fälle nicht mehr repräsentativ für die Gesamtstichprobe sind. Hoffmann et al. (2004) konnten jedoch zeigen, dass von der Höhe der Antwortrate nicht notwendigerweise auf die Validität der Studienergebnisse geschlossen werden kann, sondern dass der Ausfallmechanismus als entscheidendes Validitätskriterium gewertet werden muss. Wenn sich die Nichtteilnehmer bezüglich mindestens eines relevanten Merkmals systematisch von den Teilnehmern unterscheiden, besteht die Möglichkeit eines negativen Einflusses auf die Prävalenzschätzungen. Um den Effekt der Nonresponse abzuschätzen, wurde mittels eines verkürzten Nonresponse- Fragebogens eine Analyse der nichtteilnehmenden Personen durchgeführt. Hierbei zeigte sich, dass Personen, die an der Befragung teilnahmen, im Vergleich zu den Nonrespondern häufiger angaben, Wetten und Glücksspiele zu spielen. Ein Vergleich sozioökonomischer Merkmale zwischen Stichprobe und Grundgesamtheit zeigt jedoch, dass nicht-deutsche Staatsangehörige sowie Personen mit Hauptschulabschluss in der Stichprobe unterrepräsentiert sind. Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Glücksspiel und Bildung liegen für Deutschland nicht vor (Bühringer & Türk, 2000). Zum Einfluss der Staatsangehörigkeit liegen keine gesicherten Ergebnisse vor. Schließlich könnte die Länge des Fragebogens das Antwortverhalten der Befragten beeinflusst haben, da die Sektion»Glücksspiele«am Ende des Fragebogens abgefragt wurde. Ermüdungserscheinungen könnten einen Teil der Befragten zum Überspringen dieser Sektion veranlasst haben, was eine Unterschätzung der Prävalenz zur Folge hätte. Die Ergebnisse der Nonresponse-Analyse sprechen jedoch gegen diese Annahme. Wie sich zeigt, waren Personen, die an Glücksspielen interessiert waren eher zur Teilnahme und damit zum Ausfüllen der Sektion bereit als Personen ohne dieses Interesse. Die durchgeführte Studie erlaubt erstmals für Deutschland die Abschätzung des Umfangs glücksspielbezogener Störungen und eine Abschätzung der bevölkerungsbezogenen Belastung durch einzelne Glücksspielgruppen. 304 SUCHT 53 (5)

202 G. Bühringer et al. Gambling in Germany RESEARCH REPORT Neben den genannten methodischen Fragen sind weitere Untersuchungen zum Risiko von Jugendlichen (vgl. Hurrelmann, Schmidt & Kähnert, 2003) und zum Verlauf pathologischen Spielverhaltens (vgl. Sonntag, 2005) notwendig. Schlussfolgerungen für die Praxis Pathologisches Glücksspiel (PG) stellt innerhalb der erwachsenen Bevölkerung ein relevantes Problem dar Abhängig von der präferierten Spielart bestehen unterschiedliche Risiken für die Entwicklung von PG Die Behandlung pathologischen Glücksspielverhaltens erfordert eine sorgfältige Differentialdiagnose in Hinsicht auf mögliche Ausschlusskriterien (z. B. manische Episode). Danksagung Die Studie wurde aus Mitteln des Bundesministeriums für Gesundheit finanziert (AZ: /32). Mit der Finanzierung sind keinerlei Auflagen verbunden. Deklaration möglicher Interessenkonflikte Die Forschungsarbeiten der Autoren zum Pathologischen Glücksspiel am IFT Institut für Therapieforschung in München bzw. des Erstautors im Rahmen seiner Tätigkeit an der TU Dresden werden überwiegend aus öffentlichen Zuwendungen des BMBF (Grundlagenforschung zur Ätiopathogenese) und des BMG (Bevölkerungsumfragen, Auswertung der Suchthilfestatistik), zu einem kleinen Teil aus unbeschränkten Forschungszuwendungen der Spitzenverbände der Automatenindustrie (Längsschnittstudie, Monitoring-System) gefördert. Die Autoren sind dabei unabhängig in der Auswahl der Fragestellungen, der Planung der Untersuchungen sowie in der Auswertung, Interpretation und Publikation der Ergebnisse. Anhang A: Fragen von Stinchfield (2002) zur Erfassung der Diagnosekriterien für PG gemäß DSM-IV-TR 1. Gab es in den letzten 12 Monaten Phasen, in denen Sie sehr viel Zeit damit verbrachten, über Ihr vergangenes oder zukünftiges Glücksspielen nachzudenken / zu grübeln? 2. Haben Sie in den letzten 12 Monaten oft über Möglichkeiten nachgedacht, wie Sie den Geldeinsatz für Glücksspiele beschaffen könnten (z. B. durch Kredit, Leihgabe durch Freunde oder Verwandte, Diebstahl)? 3. Gab es in den letzten 12 Monaten Zeiten, in denen Sie häufiger als vorher spielen mussten, um dieselbe Aktivierung/Spannung/Erregung beim Glücksspielen zu erleben (z. B. durch längeres und /oder häufigeres Spielen)? 4. Gab es in den letzten 12 Monaten Phasen, in denen Sie mit größeren Geldbeträgen oder höheren Einsätzen als vorher spielen mussten, um dieselbe Aktivierung/Spannung/Erregung beim Glücksspiel zu verspüren (z. B. indem Sie immer mehr Geld für das Glücksspiel ausgegeben haben)? 5. Haben Sie in den letzten 12 Monaten mehrmals versucht, Ihr Glücksspielen zu reduzieren oder zu kontrollieren und das als schwierig empfunden? 6. Haben Sie in den letzten 12 Monaten mehrmals ohne Erfolg versucht, mit dem Glücksspielen aufzuhören? 7. Haben Sie sich in den letzten 12 Monaten unruhig oder reizbar gefühlt nachdem Sie versucht hatten, Ihr Glücksspielen zu reduzieren oder ganz damit aufzuhören? 8. Haben Sie in den letzten 12 Monaten gespielt, um persönlichen Problemen zu entfliehen? 9. Hat Ihnen in den letzten 12 Monaten Ihr Glücksspielen geholfen, unangenehme Gefühle wie Angst oder Depression zu mildern? 10. Ist es in den letzten 12 Monaten öfter vorgekommen, dass Sie Geld verloren haben und innerhalb weniger Tage zurückgekehrt sind, um das verlorene Geld wiederzugewinnen? 11. Ist es in den letzten 12 Monaten vorgekommen, dass Sie große Spielschulden hatten und Sie dann immer häufiger gespielt haben in der Hoffnung, Ihre Verluste wieder zurück zu gewinnen? 12. Haben Sie in den letzten 12 Monaten Familienmitglieder, Freunde, Mitarbeiter oder Lehrer oft angelogen, wenn es um das Ausmaß Ihres Glücksspielens oder um die Höhe Ihrer Spielschulden ging? 13. Haben Sie in den letzten 12 Monaten Ihr Glücksspielen gegenüber anderen (z. B. Familienmitgliedern) oft verheimlicht oder versucht, es zu verheimlichen? 14. Haben Sie in den letzten 12 Monaten einen Scheck gefälscht oder etwas gestohlen, um Ihr Glücksspielen zu finanzieren? 15. Haben Sie in den letzten 12 Monaten etwas Illegales getan, etwa Veruntreuung oder Betrug, um Geld für das Glücksspiel zu haben? 16. Gab es in den letzten 12 Monaten Phasen, in denen Ihr Glücksspielen zu Problemen in der Beziehung zu Ihrer Familie, Ihren Freunden, Mitarbeitern oder Lehrern geführt hat? 17. Haben Sie in den letzten 12 Monaten wegen Ihres Glücksspielens Arbeits- oder Schultage, soziale Aktivitäten oder Familienaktivitäten versäumt? 18. Haben Sie in den letzten 12 Monaten andere Personen wegen Ihrer finanziellen Probleme durch das Glücksspielen gebeten, Ihnen Geld zu leihen? 19. Haben Sie in den letzten 12 Monaten andere Ihre Glücksspielschulden bezahlen lassen (d. h. sich aus der Klemme helfen lassen), wenn Sie wegen Ihrer finanziellen Lage verzweifelt waren? SUCHT 53 (5)

203 ORIGINALARBEIT G. Bühringer et al. Glücksspiel in Deutschland Literatur Abbott, M. W. (2001). What do we know about Gambling and problem gambling in New Zealand? (Report Number seven of the New Zealand Gambling Survey). New Zealand: The Department of Internal Affairs. Becona, E. (1993). The prevalence of pathological gambling in Galicia (Spain). Journal of gambling studies, 9, Bondolfi, G., Osiek, C. & Ferrero, F. (2000). Prevalence estimates of pathological gambling in Switzerland. Acta Psychiatrica Scandinavica, 101 (6), Bühringer, G. & Türk, D. (2000). Geldspielautomaten Freizeitvergnügen oder Krankheitsverursacher? Ergebnisse empirischer Studien von 1984 bis Göttingen: Hogrefe. Bühringer, G. (2004). Wenn Arbeiten, Einkaufen oder Glücksspielen pathologisch eskalieren: Impulskontrollstörung, Sucht oder Zwangshandlung? (Editorial). Verhaltenstherapie, 14, Bundesverfassungsgericht (2006). BVerfG, 1 BvR 1054/01 vom , Absatz-Nr. (1 162). 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204 G. Bühringer et al. Gambling in Germany RESEARCH REPORT Gerhard Bühringer 1947 geboren in Waiblingen 1973 Diplom in Psychologie 1981 Promotion Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München seit 1973 Leiter des IFT Institut für Therapieforschung, München seit 2002 Honorarprofessur, Universität Konstanz seit August 2005 Professur für Suchtforschung, Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, TU Dresden Korrespondenzadresse PD Dr. Ludwig Kraus IFT Institut für Therapieforschung Parzivalstr München Tel Fax Eingereicht: Angenommen: SUCHT 53 (5)

205 1 Interviewleitfaden Pathologisches Glücksspielen Auf den folgenden Seiten finden Sie die Spezielle Anamnese zum pathologischen Glücksspielverhalten als Kopiervorlage, im Original erschienen in J. Petry: Glücksspielsucht (Hogrefe, 2003) mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Verlages. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL V Arbeitsmaterialien für die Beratungspraxis Seite 1/1

206 Spezielle Anamnese zum pathologischen Glücksspielverhalten Name: Datum: Art des Glücksspiels/bevorzugter Glücksspielort (Geldspielautomaten in Spielhallen, Casinospiele, Geldwetten, Karten- und Würfelspiele, Lotto/Toto, Geschicklichkeitsspiele um Geld, Börsenspiele): Beginn, Verlauf (Erstkontakt, Einstiegsbedingungen, Problembeginn, Verlaufsform, Höhepunkte): Häufigkeit, Intensität - durchschnittliche tägliche Spieldauer: - maximale tägliche Spieldauer: - durchschnittliche Glücksspieltage pro Woche: - höchster Tagesverlust: - gleichzeitiges Glücksspielen an mehreren Automaten bzw. Tischen: - Wann wurde zuletzt vor der Behandlung gespielt: Motive und Wirkungen (Gefühle vor/bei/nach dem Glücksspielen und bei Gewinnen/Verlusten: Nervenkitzel, Ablenkung, Aggressionen, Euphorie, Depressionen): Mit freundlicher Genehmigung von Dr. J. Petry / Hogrefe-Verlag entnommen aus Petry J (2003): Glücksspielsucht

207 Glücksspielbedingte Nachteile/Beeinträchtigungen (z.b. Schulden, Vorstrafen, Vereinsamung, Depressivität und Suizidalität, psychosomati sche Störungen): Psychophysiologische Reaktionen bei Einstellung des Glücksspielverhaltens (körperliche Unruhe, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Depressivität, Kopfschmerzen, Magenbeschwerden): Selbstkontrollversuche (gescheiterte Kontrollversuche, glücksspielfreie Zeiten): Vorbehandlungen wegen des Glücksspielens (ambulante, stationär, SHG, wenn ja welche): Implizites Krankheitskonzept (Externalität vs. Internalität, subjektives Suchtmodell vs. psychodynamisches Verständnis): Abstinenz-/Änderungsmotivation (Bezogen auf das Glücksspielverhalten und die bestehende Verschuldung): Mit freundlicher Genehmigung von Dr. J. Petry / Hogrefe-Verlag entnommen aus Petry J (2003): Glücksspielsucht

208 2 Spielersperre Auf den folgenden Seiten finden Sie Kopiervorlage für die Selbstsperre, die vom Fachverband Glücksspielsucht (fags) e.v. entwickelt wurde und empfohlen wird. Außerdem finden Sie die Kopiervorlagen für die Selbst- und Fremdsperre bei Lotto Bayern. Mit der Sperre bei Lotto Bayern wird gleichzeitig auch der Zugang zu den Spielbanken gesperrt. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL V Arbeitsmaterialien für die Beratungspraxis Seite 2/1

209 Antrag auf Selbstsperre an das Spielcasino. Anschrift:.. an die Lottogesellschaft. Anschrift:... Hiermit beantrage ich eine Selbstsperre, die ab sofort gelten soll. Vorname:... Name/ Geburtsname:... Anschrift (Str. PLZ Ort):... Geburtsdatum: Geburtsort :... Eine Bestätigung der Sperre schicken Sie bitte an meine o.g. Anschrift O Eine Bestätigung der Sperre schicken Sie bitte an folgende Anschrift: (Str. PLZ Ort): :.. Ich lege diesem Antrag eine Kopie meines Personalausweises bei Ich möchte mich sperren lassen, weil ich glücksspielsüchtig bin. O O Bitte notieren Sie meine Sperre für: den Mindestzeitraum von einem Jahr für einen längeren Zeitraum von..jahren lebenslang O O O Mit diesem Antrag willige ich in die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung meiner personenbezogenen Daten (Name, Vorname, Anschrift, Geburtsdatum, Geburtsort) und Weiterleitung an die an dem übergreifenden Sperrsystem beteiligten Spielbanken und Lottogesellschaften und deren Beauftragte zur Durchsetzung der Spielersperre ein. Mir ist bekannt, dass diese Sperre für alle Casinospiele sowie für suchtrelevante Lottospiele wie Oddset, Toto und Keno gilt. Bitte sehen Sie davon ab, mir Glücksspielwerbung Ihrer und der am Sperrsystem beteiligten Gesellschaften bzw. Einladungen zu Glücksspielveranstaltungen zuzusenden. Ich bin wegen meiner Glücksspielsucht bereits in Beratung / Behandlung und wünsche von Ihnen keine weiteren Informationen zum Thema Glücksspielsucht. O Bitte schicken Sie mir Informationsmaterial zum Thema Glücksspielsucht O... Ort, Datum.. Unterschrift

210 Antrag auf Spielersperre (Selbstsperre) an die Staatliche Lotterieverwaltung Name: Vorname/n: Geburtsname: Aliasname: Anschrift: Geb.-Datum: Geburtsort: Grund für die Sperre (Mehrfachnennungen sind möglich): Spielsuchtgefährdung Überschuldung finanzielle Verpflichtungen werden nicht ein- Spieleinsätze werden riskiert, die in keinem Vergehalten hältnis zu Einkommen oder Vermögen stehen Sonstiges Bemerkungen:.. Ich möchte die Mitteilung über die Eintragung der Sperre nicht postalisch erhalten, sondern hole sie persönlich in der Zentrale der Gesellschaft ab: Ich wünsche Informationen zur Spielsuchtberatung: Ja Nein Prüfung der persönlichen Angaben (Identität) mittels Pass/ Personalausweis ausländischer Ausweis Andere Papiere: Annahme-/Verkaufsstelle/Spielbank Name, Vorname des Mitarbeiters Ort und Datum Mit dem Antrag willige ich neben der gesetzlichen Ermächtigung - ausdrücklich in die Erhebung, Speicherung und Verarbeitung meiner personenbezogenen Daten (Name, Vorname, Anschrift, Geburtsdatum, Geburtsort) und Weiterleitung an die an dem übergreifenden Sperrsystem beteiligten Veranstalter (Glücksspielanbieter) und deren Beauftragte zur Durchsetzung der Spielersperre ein..... Ort, Datum. Unterschrift Ich habe die umseitig abgedruckten Informationen zur Selbstsperre gelesen, zur Kenntnis genommen und beantrage hiermit eine Selbstsperre.. Ort, Datum. Unterschrift Staatliche Lotterieverwaltung München - Karolinenplatz München Tel. 089/

211 Informationen zur Spielersperre (Selbstsperre auf eigenen Antrag) > Ein eingehender Antrag auf Selbstsperre verpflichtet den Glücksspielanbieter, unverzüglich eine Spielersperre für den Antragsteller zu verfügen. Der Glücksspielanbieter handelt dabei ausschließlich in einseitigem Vollzug seiner gesetzlichen Verpflichtung. Die durch den Antrag ausgelöste Verfügung der Spielersperre begründet keine vertragliche Beziehung zwischen Glücksspielanbieter und dem Antragsteller. > Der Antrag auf Selbstsperre ist persönlich bei einem Glücksspielanbieter, d. h. bei der Zentrale einer Lottogesellschaft oder in einer ihrer Annahme-/Verkaufsstellen bzw. in der Rezeption einer Spielbank zu stellen. Bitte Ausweispapiere zur Prüfung der persönlichen Angaben mitbringen. > Während der Dauer der Spielersperre dürfen gesperrte Personen nicht an Wetten und an Lotterien mit besonderem Gefährdungspotential sowie am Spielbetrieb der deutschen Spielbanken teilnehmen ( 21 Abs. 3 und 22 Abs. 2, 20 GlüStV - Übergreifendes Sperrsystem"). Das Glücksspielangebot der am übergreifenden bundesweiten Sperrsystem beteiligten Veranstalter richtet sich ausschließlich an nicht gesperrte Spieler. Angebote gesperrter Spieler auf den Abschluss von Spielverträgen werden abgelehnt. > Die Spielersperre wird erst nach Bearbeitung des Antrages durch den den Antrag entgegen nehmenden Glücksspielanbieter für die von ihm angebotenen Glücksspielbereiche durch Eintragung in die zentrale Sperrdatei des übergreifenden Sperrsystems wirksam. Spätestens 24 Stunden danach wird die Spielersperre auch für die anderen am übergreifenden Sperrsystem beteiligten Glücksspielanbieter mit Übernahme der Spielersperre in ihre jeweilige Sperrdatei wirksam. > Der den Antrag bearbeitende Glücksspielanbieter teilt dem Antragssteller die verfügte Spielersperre unverzüglich schriftlich mit. Der Zugang der Mitteilung ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Sperre. > Die Spielersperre wird auch verfügt, wenn im Antrag keine Gründe angegeben werden. > Die Spielersperre ist unbefristet. Die Mindestsperrdauer beträgt ein Jahr. Danach kann auf Antrag der gesperrten Person die Aufhebung erfolgen, wenn zu diesem Zeitpunkt die Gründe für die Spielersperre nicht mehr vorliegen und auch sonst keine Gründe für eine Spielersperre im Sinne von 8 Abs. 2 GlüStV vorliegen. Das Nichtmehrvorliegen der Gründe für die Spielersperre ist durch die gesperrte Person mit prüffähigen Unterlagen nachzuweisen. > Die Aufhebung der Spielersperre ist schriftlich mit dem dafür vorgegebenen Formular bei dem Glücksspielanbieter zu beantragen, der die Spielersperre verfügt hat. > Der Antragsteller ist zur Aktualisierung der bei dem Glücksspielanbieter hinterlegten personenbezogenen Daten verpflichtet, wenn durch Änderungen die Identifizierung des Antragstellers und die Durchsetzung der Spielersperre nicht mehr möglich sind. Staatliche Lotterieverwaltung München - Karolinenplatz München Tel. 089/

212 INFORMATION FÜR SPIELERSPERRE (Fremdsperre) Zu sperrende Person (Angaben soweit bekannt): Name: Geburtsname: Vorname/n: Aliasname: Anschrift: Geb. Datum: Geburtsort: Datum, Uhrzeit der Information: Informationsquelle: Wahrnehmung durch Personal des Glücksspielanbieters sonstige tatsächliche Anhaltpunkte: Name der informierenden Person: Anschrift: Vorname: Geb.-Datum: Verhältnis zur betroffenen Person: Funktion beim Glücksspielanbieter: Es liegen Anhaltspunkte vor, dass die betroffene Person: spielsuchtgefährdet ist ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommt überschuldet ist Spieleinsätze riskiert, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen oder Vermögen steht Sachverhaltsdarstellung/Begründung: Zur Glaubhaftmachung sind folgende Unterlagen beigefügt: Amtliche Nachweise (z. B. Pfändungsbeschluss, Räumungsbeschluss, Privatinsolvenz) Zeugenaussagen... Sonstige Dokumente (z.b. Schuldscheine, Kreditkündigungen, Mahnungen) Staatliche Lotterieverwaltung München - Karolinenplatz München Tel. 089/

213 Informationen zur Spielersperre (Initiierte Fremdsperre) > Die Anhaltspunkte für die Verfügung einer Fremdsperre sind durch die informierende Person schriftlich ggf. unter Beifügung geeigneter Unterlagen zur Glaubhaftmachung bei der Zentrale/Verwaltung des Glücksspielanbieters einzureichen. > Meldungen dritter Personen werden grundsätzlich vertraulich behandelt. Es wird aber darauf hingewiesen, dass der Glücksspielanbieter u. U. verpflichtet werden kann, die Daten der informierenden Person offen zu legen. > Während der Zeit der Spielersperre dürfen gesperrte Personen nicht an Wetten und an Lotterien mit besonderem Gefährdungspotential sowie am Spielbetrieb der deutschen Spielbanken teilnehmen ( 21 Abs. 3 und 22 Abs. 2, 20 GlüStV - Übergreifendes Sperrsystem"). Das Glücksspielangebot der am übergreifenden bundesweiten Sperrsystem beteiligten Veranstalter richtet sich ausschließlich an nicht gesperrte Spieler. Angebote gesperrter Spieler auf den Abschluss von Spielverträgen werden abgelehnt. > Über die Verfügung einer Spielersperre (Fremdsperre) entscheidet der Glückspielanbieter erst nach Bearbeitung der Information. Der Glücksspielanbieter verfügt eine vorläufige Spielersperre, wenn der eine Spielersperre begründende Sachverhalt hinreichend glaubhaft ist. Die betroffene Person wird zur Stellungnahme binnen 14 Tage aufgefordert und erhält alternativ die Möglichkeit, selbst eine Spielersperre (Selbstsperre) zu beantragen. Danach entscheidet der Glücksspielanbieter über die endgültige Spielersperre. Der Glücksspielanbieter teilt der betroffenen Person die endgültige Entscheidung über die Spielersperre unverzüglich schriftlich mit. Wurde der Sachverhalt durch die betroffene Person im Rahmen der Anhörung widerlegt und liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Spielersperre nicht vor, wird die vorläufige Spielersperre aufgehoben. > Die vorläufige Spielersperre wird mit Eintragung in die zentrale Sperrdatei des übergreifenden Sperrsystems wirksam. Spätestens 24 Stunden danach wird die vorläufige Spielersperre auch für die anderen am übergreifenden Sperrsystem beteiligten Glücksspielanbieter mit Übernahme der Spielersperre in ihre jeweilige Sperrkartei wirksam. > Die endgültige Spielersperre ist unbefristet und kann frühestens nach Ablauf der Mindestsperrdauer von einem Jahr auf Antrag der gesperrten Person aufgehoben werden, wenn zu diesem Zeitpunkt die Gründe für die Spielersperre nicht mehr vorliegen und auch sonst keine Gründe für eine Spielersperre im Sinne von 8 Abs. 2 GlüStV vorliegen. Das Nichtmehrvorliegen der Gründe für die Spielersperre ist durch die gesperrte Person mit prüffähigen Unterlagen nachzuweisen. > Die Aufhebung der Spielersperre ist durch die gesperrte Person schriftlich mit dem dafür vorgegebenen Formular bei dem Glücksspielanbieter zu beantragen, der die Spielersperre verfügt hat. Die Richtigkeit der Angaben wird versichert. Ort/Datum: Unterschrift: Staatliche Lotterieverwaltung München - Karolinenplatz München Tel. 089/

214 3 Selbsttest Frage 1. Gab es Phasen, in denen Sie sehr viel Zeit damit verbrachten, über Ihr vergangenes oder zukünftiges Glücksspielen nachzudenken/zu grübeln? 2. Haben Sie oft über Möglichkeiten nachgedacht, wie Sie den Geldeinsatz für Glücksspiele beschaffen könnten? (z.b. durch Kredit, Leihgabe durch Freunde oder Verwandte, Diebstahl)? 3. Gab es Zeiten, in denen Sie häufiger und/oder länger als vorher spielen mussten, um denselben Reiz beim Glücksspiel zu erleben? 4. Gab es Phasen, in denen Sie mit größeren Geldbeträgen oder höheren Einsätzen als vorher spielen mussten, um denselben Reiz beim Glücksspiel zu verspüren (z.b. indem Sie immer mehr Geld für das Glücksspiel ausgegeben haben)? 5. Haben Sie mehrmals versucht, Ihr Glücksspielen zu reduzieren oder zu kontrollieren und das als schwierig empfunden? Ja Nein 6. Haben Sie mehrmals ohne Erfolg versucht, mit dem Glücksspielen aufzuhören? 7. Haben Sie sich unruhig oder reizbar gefühlt, nachdem Sie versucht hatten, Ihr Glücksspielen zu reduzieren oder ganz damit aufzuhören? 8. Hatten Sie das Gefühl, dass Sie gespielt haben, um vor persönlichen Problemen zu fliehen? 9. Hatten Sie den Eindruck, dass Ihnen Ihr Glücksspielen geholfen hat, unangenehme Gefühle wie Angst oder Depression zu mildern? 10. Ist es öfter vorgekommen, dass Sie Geld verloren haben und innerhalb weniger Tage erneut gespielt haben, um das verlorene Geld wiederzugewinnen? 11. Ist es vorgekommen, dass Sie große Spielschulden hatten und Sie dann immer häufiger gespielt haben in der Hoffnung, Ihre Verluste wieder zurück zu gewinnen? 12. Haben Sie Familienmitglieder, Freunde, Mitarbeiter oder Lehrer oft angelogen, wenn es um das Ausmaß Ihres Glücksspielens oder um die Höhe Ihrer Spielschulden ging? 13. Haben Sie Ihr Glücksspielen gegenüber anderen (z.b. Familienmitgliedern) oft verheimlicht oder versucht, es zu verheimlichen? 14. Es kommt vor, dass Personen einen Scheck fälschen oder etwas stehlen, um ihr Glücksspiel zu finanzieren. Ist dies bei Ihnen in den letzten 12 Monaten vorgekommen? 15. Es kommt vor, dass Personen etwas Illegales tun, etwa Veruntreuung oder Betrug, um Geld für das Glücksspielen zu haben. Ist dies bei Ihnen in den letzten 12 Monaten vorgekommen? 16. Gab es Phasen, in denen Ihr Glücksspielen zu Problemen in der Beziehung zu Ihrer Familie, Ihren Freunden, Mitarbeitern oder Lehrern geführt hat? 17. Haben Sie wegen Ihres Glücksspielens Arbeits- oder Schultage, soziale Aktivitäten oder Familienaktivitäten versäumt? 18. Haben Sie andere Personen wegen Ihrer finanziellen Probleme durch das Glücksspielen gebeten, Ihnen Geld zu leihen? 19. Haben Sie andere Ihre Glücksspielschulden bezahlen lassen (d.h. sich aus der Klemme helfen lassen), wenn Sie wegen Ihrer finanziellen Lage verzweifelt waren? Kriterien nach Stinchfield (2002) Bei der Beantwortung von 3-4 Fragen mit Ja liegt problematisches Glücksspielen vor, bei 5 oder mehr positiv beantworteten Fragen liegt pathologisches Glücksspielen vor. Stinchfield, R. (2002). Reliability, validity, and classification accuracy of the South Oaks Gambling Screen (SOGS). Addictive Behaviors, 27, PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL V Arbeitsmaterialien für die Beratungspraxis Seite 3/1

215 4 Monatlicher Haushaltsplan Auf der nachfolgenden Seite finden Sie den Monatlichen Haushaltsplan als Kopiervorlage, im Original erschienen in J. Petry: Glücksspielsucht (Hogrefe, 2003) mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Verlages. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL V Arbeitsmaterialien für die Beratungspraxis Seite 4/1

216 Monatlicher Haushaltsplan Name: Datum: Monat: Gehalt/Rente, Übergangsgeld, Krankengeld, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, u.a. Weitere Einnahmen (z.b. Zuwendungen Dritter, Ersparnisse, etc.) Einnahmen Ausgaben Miete und Nebenkosten Versicherungen (auch KfZ), Mitgliedsbeiträge Laufende Abzahlungen (Kredite, Raten) Familie (Unterhalt, Versorgung, Kinder, etc.) monatliche Gesamteinnahmen feste monatliche Gesamtausgaben Gesamtschulden (siehe Schuldenaufstellung) Schuldenregulierung (monatliche Raten) Gesamteinnahmen Gesamtausgaben = Frei verfügbare Summe Benötigtes Taschengeld (für Kleidung, Kosmetika, Genussmittel, etc.): Einschätzung Patient Einschätzung Therapeut weniger mehr Entscheidung Patient: Ich stelle mir ein Taschengeld von zur Verfügung. Mit freundlicher Genehmigung von Dr. J. Petry / Hogrefe-Verlag entnommen aus Petry J (2003): Glücksspielsucht

217 5 Schuldenaufstellung Auf der nachfolgenden Seite finden Sie die Schuldenaufstellung als Kopiervorlage, im Original erschienen in J. Petry: Glücksspielsucht (Hogrefe, 2003) mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Verlages. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL V Arbeitsmaterialien für die Beratungspraxis Seite 5/1

218 Schuldenaufstellung Name: Datum: Monat: Gläubiger (z.b. Kreditinstitut, Firma, Privatperson) ursprüngliche Summe/Datum Restsumme zum jetzigen Zeitpunkt derzeitige Vereinbarungen mit Gläubiger (z.b. monatliche Rate) Sonstiges (z.b. rechtskräftige Zahlungsurteile) Mit freundlicher Genehmigung von Dr. J. Petry / Hogrefe-Verlag entnommen aus Petry J (2003): Glücksspielsucht

219 6 Ausgabenprotokoll Auf der nachfolgenden Seite finden Sie das Ausgabenprotokoll als Kopiervorlage, im Original erschienen in J. Petry: Glücksspielsucht (Hogrefe, 2003) mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Verlages. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL V Arbeitsmaterialien für die Beratungspraxis Seite 6/1

220 Ausgabenprotokoll Name: Datum: Monat: bar vorhandenes Taschengeld heute dazugekommen Einnahmen Ausgaben Kleidung Kosmetika Zeitungen/Bücher Rauchwaren Gesamtsumme Kaffee Lebensmittel Essen gehen (Café, Restaurant) Kino, sonstige Veranstaltungen Anschaffungen (Elektrogeräte, Tonträger, Schmuck etc.) Sonstiges Summe Ausgaben Mein festgesetzter Tagesdurchschnitt Gesamtsumme Ausgaben Übertrag (eingetragen als barvorhandenes Taschengeld im Protokoll für den nächsten Tag) Mit freundlicher Genehmigung von Dr. J. Petry / Hogrefe-Verlag entnommen aus Petry J (2003): Glücksspielsucht

221 Selbsthilfe auf den Weg bringen - von der angeleiteten Gruppe zur Selbsthilfegruppe Seminar 21. Oktober 2010 im Auftrag der Landesstelle für Glücksspielsucht Referentin Theresa Keidel s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

222 Inhalt Selbsthilfegruppen Selbsthilfeorganisationen Selbsthilfekontaktstellen, SHK Bayern und SeKo Gruppengründung und Anleitung Selbsthilfe-Struktur in Bayern im Überblick Selbsthilfe in Deutschland in Zahlen Selbsthilfebörse & Suche nach Selbsthilfegruppen Besonderheiten von Suchtselbsthilfegruppen Ideen zur Überleitung von Anfang an Ideen zur Überleitung bei einer laufenden Gruppe Den Übergang gestalten Und trotzdem Internetadressen s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

223 Definition Selbsthilfegruppe Zusammenschluss von Menschen mit ähnlichen Problemen oder Anliegen. im gesundheitlichen, sozialen oder persönlichen Bereich. Durch gegenseitige Hilfe und Erfahrungsaustausch unter Gleichbetroffenen stärkt die Gruppe den Einzelnen. Durch die Umsetzung von Erfahrungen in Ideen und Taten bereichert Selbsthilfe das Gemeinwesen. (SeKo Bayern, Sprecherrat der LAG Bayern 2002) s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

224 Besondere Merkmale von Selbsthilfe demokratische Struktur keine professionelle Leitung eigene Betroffenheit oder indirekte Betroffenheit als Angehörige hohe Eigenmotivation und klare Motivationslage (Abgrenzung zu anderem bürgerschaftlichen Engagement) hohe Glaubwürdigkeit (authentisch sein) s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

225 Betroffenengruppe Angehörigengruppe Betroffenen- und Angehörigengruppe Offene und geschlossene Gruppen Selbsthilfegruppentypen Besondere Gruppenform: Anonymous Ursprung 1935 Anonyme Alkoholiker Weltweite Verbreitung, besondere Kennzeichen: Finanziell und organisatorisch unabhängig, bestimmte Grundlagen und Abläufe ( mit 12 Traditionen und 12 Schritten), Inklusivität, Anonymität als Prinzip, Heraushalten aus öffentlichen Diskussionen Spirituelles Programm inzwischen sehr differenzierte Gruppenthemen im Sucht und Psychosozialen Bereich z.b. Overeaters Anonymous, Emotions Anonymous, Anonyme Sex- und Liebessüchtige SLAA, Borderline Anonymous s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

226 Welche Personengruppen interessieren sich besonders stark für das Thema Selbsthilfe? 70 % Anfragen bei NAKOS von Frauen 75 % der Selbsthilfeaktiven sind Frauen, Ausnahme Suchtbereich Geschlechterverhältnis hier umgekehrt (Männer/Frauen 3 zu 1!) Jugendliche und junge Menschen sind für Selbsthilfegruppen schwer zu gewinnen s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

227 Selbsthilfeorganisationen = Zusammenschlüsse von Selbsthilfegruppen auf Bundes- oder Landesebene Organisationsform meist eingetragener, gemeinnütziger Verein Beispiele für Selbsthilfeorganisationen aus dem Suchtbereich: Kreuzbund Blaues Kreuz s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

228 Selbsthilfekontaktstellen SHK Bayern e.v. und SeKo Bayern Verein Selbsthilfekontaktstellen in Bayern e.v. = Zusammenschluss von Trägern der Selbsthilfekontaktstellen und selbsthilfeunterstützenden Einrichtungen 24 Mitglieder, die 30 Einrichtungen vertreten - mit eigenen Qualitätsstandards 55 sonstige Selbsthilfeunterstützer (Landratsämter, VHS etc.) im ländlichen Raum s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

229 Definition: Selbsthilfekontaktstellen...sind professionelle Einrichtungen zur regionalen Unterstützung und Beratung von Selbsthilfegruppen und zur Verbreitung des Selbsthilfegedankens, vor allem im Gesundheits- und Sozialbereich. Sie arbeiten fach-, themen- und verbandsübergreifend in Hauptaufgabe und stehen allen Interessierten offen. s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

230 Selbsthilfekontaktstellen bieten Gruppengründung und Begleitung mindestens eine Person möchte zu diesem Thema eine Gruppe gründen und ist bereit gemeinsam mit der SHKS dies zu tun Thema, Struktur und Zielgruppe wird im Gründungsgespräch abgestimmt Anleitung in den ersten Sitzungen nach Wunsch Das Setting zielt von Anfang an auf eine schnelle Eigenständigkeit der Gruppe danach SHKS im Hintergrund für Unterstützung bei Krisen SHKS unterstützt mit Angeboten wie Gesamttreffen und gruppenspezifischen Fortbildungen s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

231 Struktur der Selbsthilfe in Bayern Bürger in Bayern In Bayern leben ca Millionen Menschen. Selbsthilfebörse ca. 60 Eintragungen Lokale Ebene Selbsthilfegruppen ca mit Selbsthilfegruppenmitgliedern zu 800 Themen Selbsthilfeorganisationen 216 (Gesundheit 185, Sozial 31) Selbsthilfekontaktstellen und selbsthilfeunterstützende Einrichtungen 30 Verein SHK Bayern, 55 sonstige Unterstützer LAG Selbsthilfe Paritätischer Wohlfahrtsverband Bayerische Suchtkrankenhilfe Verein Selbsthilfekontaktstellen Bayern e.v. + SeKo Bayern s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

232 Selbsthilfe in Deutschland in Zahlen ca bis Gruppen in der BRD ca % der SHG im Gesundheitsbereich, % im Sozialbereich ca. 360 bundesweite Selbsthilfevereinigungen ca. 300 selbsthilfeunterstützende Einrichtungen und in der BRD (mit Nebenstellen), davon Selbsthilfekontaktstellen (Hauptaufgabe ca. 250), die rund SHG vor Ort unterstützen s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

233 Selbsthilfebörse & Suche nach Selbsthilfegruppen Themensuche nach Selbsthilfegruppen bayernweit geordnet nach Sozial- u. Gesundheitsbereich über die Suchmaschine auf Die angezeigten Adressen sind Selbsthilfeeinrichtungen, die den Kontakt zur örtlichen Selbsthilfegruppe herstellen können oder Adressen von Selbsthilfeorganisationen, die zu einem Thema informieren. Selbsthilfebörse ca. 60 Suchanfragen zu Einzelkontakten (seltene Erkrankungen) auf s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

234 Besonderheiten von Suchtselbsthilfegruppen Struktur und Klarheit besonders notwendig daraus folgt: differenzierte Gruppenregeln und Rituale meist religiöser oder spiritueller Hintergrund oder Bezug enger Abstand der Treffen: wöchentlich oder 14-tätig Angehörige und Betroffene getrennt (AA) oder gemeinsam (Kreuzbund) Schnittstelle Klinik/SHG: Kliniken bieten meist SHG Treffen an Hoher Persönlichkeitsschutz. z.b. durch gezielte Auswahl der Räume, durch Anonymität in der Gruppe s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

235 Ideen um den Übergang zu gestalten 1. während der Anfangsphase Aufgaben und Verantwortlichkeiten verteilen (Schlüsseldienst, Ansprechpartner für Neubetroffene.) nicht zu viel Methoden und Programm! klare und transparente Zeitstruktur vorleben Rituale einführen Gruppenregeln und Ablauf einführen und in Ablösungsphase auf den Prüfstand, schriftlich Zeitwächter bzw. Hilfsmittel wie Eieruhr oder gelbe/rote Karte einführen vereinfachte Methode zur kollegialen Beratung für Fallarbeit s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

236 Ideen, um den Übergang zu gestalten während der Ablösungsphase Gruppe schon vor Überleitung öffnen und falls sie bis dahin geschlossen war, modellhaft Integration von neuen Mitgliedern üben am Ende oder evtl. auch auf Dauer im Wechsel angeleitete und nicht angeleitete Treffen, mit Reflexion der nicht angeleiteten Treffen (Selbsthilfe plus) auf Wunsch Leitung oder Ansprechpartner wählen, Gruppe entscheiden lassen evtl. vorher potentielle Leiter ansprechen (unterschiedlich bewertet, da Gefahr in Gruppenautonomie einzugreifen) Vorsicht: Ängste vor Verantwortung; Anonymität Die Überleitung in eine SHG muss nicht sein; aber positiv an Selbsthilfe ist die große Eigenverantwortung- ein richtiger Schritt Richtung Genesung s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

237 Ideen um den Übergang zu gestalten begleitend zur Selbständigkeit losen Kontakt halten beratend im Hintergrund Angebot der Krisenintervention Angebot evtl. Neue vor dem Eintritt in Gruppe zu beraten Angebot zur Unterstützung bei Öffentlichkeitsarbeit Vorsicht: Abhängigkeitsfalle s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

238 Und trotzdem: Realistisch sein: Auch in einer Selbsthilfegruppe ist Mitgliederschwund normal (ca. die Hälfte der Gründungsteilnehmer) neue Mitglieder müssen oft durch neue öffentlichkeitswirksame Aktionen gefunden werden. Auflösung der Gruppe darf sein! Gruppe ist Lernwerkstatt fürs Leben Beim Auflösen der Gruppe ein gutes Ende finden- Abschlusstreffen schaffen, dazu ist die Unterstützung des Profis meist erforderlich (Krisensitzung), evtl. Nur Info: keine Gruppe: telefonische Einzelkontakte für Neubetroffene möglich? Idee: Statt Überleitung: parallel zur angeleiteten Gruppe eine ganz neue Selbsthilfegruppe aufzubauen s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

239 Wichtige Internetadressen Verein Selbsthilfekontaktstellen Bayern e.v. Selbsthilfekoordination Bayern Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.v. Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e.v. s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

240 Du allein kannst es, aber Du kannst es nicht alleine (Motto der Anonymen Selbsthilfegruppen) Kontakt: SeKo Bayern Scanzonistraße 4, Würzburg Tel : 0931/ s e K Selbsthilfe Koordination Bayern

241 Ideensammlung Selbsthilfe auf den Weg bringen: von der angeleiteten Gruppe zur Selbsthilfegruppe Die beiden folgenden Ideensammlungen sind in zwei Fallbesprechungen während des Seminars Selbsthilfe auf den Weg bringen: von der angeleiteten Gruppe zur Selbsthilfegruppe entstanden. Das Seminar fand am in der Geschäftsstelle der LSG statt. Zusammen mit dem Vortrag der Referentin Theresa Keidel (Seko Bayern) sollen die Ideensammlungen zu Ideen und Austausch anregen. Sie erheben dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Ideensammlung in der Fallbesprechung 1 bezieht sich auf folgende Frage: Wie gelingt es, wieder mehr Nachwuchs für Selbsthilfegruppen zu gewinnen? Die Ideensammlung der Fallbesprechung 2 beantwortet folgende Frage: Wie gestalte ich die Überleitung einer angeleiteten Gruppe in eine Selbsthilfegruppe? Dabei wendeten die Teilnehmer die Technik der Kollegialen Beratung an. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL V Arbeitsmaterialien für die Beratungspraxis Seite 7/1

242 Fallbesprechung 1: Wie gelingt es, wieder mehr Nachwuchs für Selbsthilfegruppen zu gewinnen? Ideensammlung für die Umsetzung 1) Welche Motive stecken dahinter, dass es keinen Nachwuchs für die Selbsthilfegruppen gibt? 2) Welche Ideen gibt es, die Leitungsposition in einer Selbsthilfegruppe für einen Nachfolger attraktiver zu machen? Zu 1 - Ehrenamt hatte früher möglicherweise einen anderen Stellenwert - Interne Widerstände (oft subtil) in den Verbänden und Beratungsstellen gegen die Arbeit, die im Zusammenhang mit Selbsthilfegruppe anfällt - Möglicherweise stehen nicht genügend zeitliche, personelle und finanzielle für die Betreuung der SHGs zur Verfügung - Überprüfung der Außenwirkung: Wie wirken beispielsweise der Name der Selbsthilfegruppe und ihr Gesamtauftritt? - Einige Selbsthilfegruppen haben starke Restriktionen für den Eintritt von neuen Mitgliedern und wirken insgesamt recht streng Zu 2 - Schaffung eines positiven Anreizes o Gemeinschaftsgefühl o Fortbildungen für Gruppenleiter - Enge Zusammenarbeit zwischen Gruppen und Beratungsstellen - Zusammenarbeit mit Freiwilligenagentur? - Widerstände gegen das Abgeben der Verantwortung bei alten Gruppenleitern bewusst machen (gerade Gruppenleiter aus der Gründerphase haben Schwierigkeiten, Verantwortung abzugeben) - Ideenworkshop für SHGs anbieten - Wenn nach Analyse aller Nachfolgemöglichkeiten feststeht, dass keine neuer Gruppenleiter zu finden ist, muss die Gruppe aufgelöst werden. Das motiviert die Gruppen häufig doch, einen Nachfolger zu finden. - Öffentlichkeitarbeit stärken - Reflexion: Was würde mich ansprechen/motivieren, ein Ehrenamt zu übernehmen? PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL V Arbeitsmaterialien für die Beratungspraxis Seite 7/2

243 Fallbesprechung 2: Überleitung einer angeleiteten Gruppe in eine Selbsthilfegruppe Ideensammlung für die Umsetzung - Informationsdefizit in der Selbsthilfegruppe beseitigen. Möglicherweise bestehen Befürchtungen zu o o den Erwartungen an den möglichen neuen Gruppenleiter den Erwartungen zur Entwicklung der Gruppe Der Wunsch nach Übergabe in die Selbständigkeit sollte offen in der Gruppe besprochen werden Stärkere Einbindung der Gruppe in den Überleitungsprozess. Wahl des Stellvertreters sollte nicht von oben passieren Zeitliche Begrenzung in Aussicht stellen: Test der Selbständigkeit bis Datum X. Wenn es dann gut läuft, kann die Gruppe ganz selbständig arbeiten - Hilfen bei der Strukturierung der Sitzungen anbieten (Zeitbegrenzung, Gruppenregeln usw. in Sitzung erklären) - Sich von dem Anspruch verabschieden, dass die Gruppe genauso wie mit Begleitung weiterlaufen muss Das muss die Gruppe nicht - Leitungsfrage in den Hintergrund schieben, sondern eher das Ziel der Verselbständigung erklären - In Vorbereitung der nächsten Sitzungen Themenplan aufstellen - Vorbereitung durch Verbindung der Themen Angst, Angst vor Verantwortung, die es in der Krankheit gibt, mit dem Thema Verantwortungsübernahme in der Gruppe - Reflexion: Ist die Verselbständigung wirklich notwendig? - Welche Gründe stehen hinter der eigenen Angst, die Gruppe loszulassen? PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL V Arbeitsmaterialien für die Beratungspraxis Seite 7/3

244 1 Workshop 1x1 der Medienarbeit M. Freese-Wagner Auf den folgenden Seiten finden Sie den Foliensatz zum Workshop 1x1 der Medienarbeit PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 1/1

245 Workshop 1 x 1 der Medienarbeit Manuela Freese Wagner, September 2010 Gliederung I. Medienlandschaft II. Was kann Pressearbeit, was nicht? III. Ansprechpartner/Kontakte IV. Themen für Pressearbeit V. Instrumente/Maßnahmen VI. Pressetexte VII. Pressekonferenz VIII.Hörfunk & TV IX. Dokumentation 1

246 I. Medienlandschaft Deutschland Print Tageszeitungen (überregional + regional), Kauf /Boulevardzeitungen, Wochen und Sonntagszeitungen Zeitschriften (Frauen, Lifestyle, Wellness ), Yellow Press, Programmzeitschriften; Kundenzeitschriften Nachrichtenagenturen (dpa, ap, ddp, Reuters, AFP, epd usw.) Anzeigenblätter Stadtzeitungen Gemeindeblätter Fachpresse I. Medienlandschaft Deutschland Hörfunk TV Öffentlich rechtlich (Bayerischer Rundfunk) Privat (regional und überregional) BLR Öffentlich rechtlich (Bayerisches Fernsehen) Privat (regional und überregional) Internet 2

247 I. Medienlandschaft Deutschland Redaktionsalltag Unterteilung Redaktion Anzeigen /Werbeabteilung! Tageszeitungen: Morgenkonferenz ca Uhr, in der Redaktion ab ca Uhr, erster Redaktionsschluss ca Uhr Tageszeitungen/Ressort: ca. 100 Pressemitteilungen per Fax/Mail pro Tag! TV & Hörfunk: weniger Spezialisierung der Redakteure Wichtig: Zeitdruck beachten, unter dem Journalisten in der Regel stehen! Dienstleister für Journalisten Experte I. Medienlandschaft Deutschland Advertorial (Anzeige mit pseudoredaktionellem Teil) 3

248 I. Medienlandschaft Spaltenfüllanzeigen (kostenfreie Schaltung durch Verlag, wenn Platz frei) II. Was kann Pressearbeit, was nicht? 4

249 II. Was kann Pressearbeit, was nicht? Was sie kann! Glaubwürdig sein Viele Menschen erreichen Relativ komplexe Zusammenhänge darstellen Kostengünstig sein Was sie nicht kann! AufKnopfdruck funktionieren Garantiert funktionieren Komplett steuerbar sein III. Ansprechpartner Print: Lokalredakteur und/oder Redakteur für Soziales/Medizin/Wissenschaft Hörfunk, TV, Internet: eigene Kontakte bzw. nachfragen und pflegen Infos zu Ansprechpartnern durch eigene Mediennutzung Infos zu Medien vor Ort: Rathaus (online), (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.v.) 5

250 IV. Themen für Pressearbeit IV. Themen für Pressearbeit Hund beißt Mann bzw. Mann beißt Hund!?! Veranstaltungen Tag der offenen Tür Eröffnung Beratungsstelle Infoabend Präventionsaktion an Schulen Betroffene gestalten ihren Gruppenraum Bewerbungstraining für Gruppe Angebote Beratungsstelle Selbsthilfegruppe / Suche nach Betroffenen Personelle Veränderung in Beratungsstelle Änderung Sprechstunden o.ä. Neue Gruppe Neue Infomaterialien Teilnahme an Studie o.ä. Jubiläen Betroffene Komorbide Störungen Krise eines Betroffenen (Schulden, Suizid ) Migrationshintergrund, Kinder/Angehörige, Verpfändung/Verschuldung Aktuelle Studienergebnisse Spielhallen Planung/Eröffnung Experte reagiert auf aktuelles Ereignis Promi ist glücksspielsüchtig 6

251 IV. Themen für Pressearbeit Relevantes? Aktuelles Lokales IV. Themen für Pressearbeit Medienzielgruppen Anzeigenblatt Neues, Ungewöhnliches Überregionaler Hörfunk Sender Tageszeitung Stadtzeitung Regionaler TV Sender 7

252 IV. Themen für Pressearbeit Exkurs: Umgang mit Testimonials Vorteil: direkter Nutzen für Journalisten (und LeserIn/HörerIn/ZuschauerIn) Schutzfunktion: Information & Beratung Absprache mit Journalisten: Foto, anonymisieren, Entschädigung V. Instrumente/Maßnahmen Pressetexte (Meldung, Nachricht, Bericht, Kommentar, Reportage) Fotos, Grafiken, Animationen Pressemappe Pressekonferenz Interview (mit itexperten, Bt Betroffenen) Redaktionsbesuch Infoservice (Newsletter) 8

253 Formales VI. Pressetexte Max. 2 Seiten (1,5 zeilig)! Auf jedem Blatt: Kontaktdaten Namen beim ersten Mal vollständig inkl. aller Titel (ohne Herr/Frau ), danach nur Nachname Prof. Dr. Wolfgang Muster sagte. Muster ist im Beirat Ziffern bis zwölf ausschreiben, ab 13 als Zahlen Links (wo sie relevant sind) VI. Pressetexte Struktur/Inhalt Überschrift muss Thema klarmachen Erster Absatz beantwortet W Fragen! Sparsam mit Adjektiven Fremdwörter vermeiden, wo möglich Pressetext liefert Information, Journalist ist für sprachliche Besonderheiten zuständig 9

254 VI. Pressetexte Dazu wenn möglich: Foto! Möglichst 300 dpi Mit Bildunterschrift (Nennung der Abgebildeten mit Vor und Zunamen bis fünf Personen) Mit Quellenhinweis sowie Zusatz Abdruck honorarfrei VII. Pressekonferenz Vorteil: direkter Journalistenkontakt Nachteil: viel Aufwand Sinnvoll wenn Thema sehr brisant (dann meist kurzfristig) Foto /Drehmöglichkeit vor Ort (neue Räume, Gruppensituation ) Aufnahme von O Tönen (Experten, Betroffene) 10

255 VII. Pressekonferenz Einladung ca. 2 Wochen vorher mit Rückfax zur Anmeldung, Reminder 1 Tag vorher Dauer max. 1 Stunde inkl. Möglichkeit für Fragen Termin: für Tageszeitungen am besten nicht vor und nicht nach Uhr Pressemappe für alle Teilnehmer VIII. Hörfunk & TV Kontakte: ständig wechselnde Zuständigkeiten, it weniger Spezialisierung i der Redakteure Material Vermittlung von Interviewpartnern Zeitfaktor!!! 11

256 VIII. Hörfunk & TV Interviews: Fokussierung! Was will ich rüberbringen? Was könnte der andere von mir wissen wollen? Was ist für den Zuschauer/Hörer interessant? Was muss ich tun, um meine Botschaft unterzubringen? Vorbereitung: Zahlen etc. recherchieren Antworten nicht mit ja, finde ich auch oder nein, das ist nicht so o.ä. beginnen, da Frage meist nicht mit gesendet wird TV Auftritte VIII. Sonderfall TV Nichts Kleingemustertes Kein Blau Strümpfe 12

257 IX. Dokumentation Darstellung der eigenen Arbeit Nennung: Medium, Erscheinungstermin, bei Print Veröffentlichungen wenn möglich Auflage (Infos unter Wichtig für LSG, bitte Kopie immer an Geschäftsstelle mit Angabe des Titels und Erscheinungsdatums II. Was kann Pressearbeit, was nicht? Was sie kann! Glaubwürdig sein Viele Menschen erreichen Kostengünstig sein Relativ komplexe Zusammenhänge darstellen Was sie nicht kann! AufKnopfdruck funktionieren Garantiert funktionieren Komplett steuerbar sein 13

258 II. Was kann Pressearbeit, was nicht? Hinsichtlich der Landesgartenschau 2010 soll im Bahnhof im Zuge der Umbauarbeiten mitunter ein Spielecenter eingerichtet werden. Im Vergleich zu anderen Gewerben wird diese Branche von der Bevölkerung in einem recht kritischen Licht gesehen, die Vorstellung von einem Spielecenter geht laut Betreibern von Spielotheken sogar bis zur zwielichten Spielhölle. ll Nach dem Pressesprecher der Spielecenterkette Merkur Spielothek k der Gauselmann Gruppe, Mario Hoffmeister, sieht die Realität jedoch ganz anders aus: Spielecenter sind hell, offen und modern eingerichtet, wir achten sehr auf Sauberkeit und ein seriöses Ambiente. Ein weiteres Gerücht sei, dass die Zahl an Spielotheken Jahr für Jahr zunehme, eine Erhebung des Arbeitskreises gegen Spielsucht e.v. zeige aber, dass sich die Anzahl der Einrichtungen in Deutschland von 2000 bis 2008 um 4,98 Prozent verringert habe. Spielecenter seien desweiteren keine Treffs für Spielsüchtige, deren einziges Anliegen wäre, ihr Monatsgehalt auf den Putz zu hauen, als vielmehr soziale Räume, in denen man sich gegenseitig kennt und untereinander fachsimpelt. Bei uns treffen sich Leute aller Altersgruppen und aus allen Bevölkerungsschichten, um in ihrer Freizeit Spaß zu haben. Sie verspielen dann einen gewissen Betrag und gehen wieder, weiß auch Mitbetreiber des Rosenheimer Spielecenters Netplace, Peter Hüller, zu berichten. Im Vergleich zu staatlichen Spielbanken werde auch sehr auf Sucht geachtet, maximaler Einsatz, Gewinn und Verlust seien genau vorgeschrieben, desweiteren dürfe auch kein Alkohol ausgeschenkt werden, um verschiedene Suchtrisiken strikt zu trennen. Auch würden die Automaten alle zwei Jahre vom Ordnungsamt auf ihre ordnungsgemäße Einstellung überprüft werden und Personen, welche offensichtlich ihre Lebenshaltungskosten zu verspielen schienen, würden mit sofortiger Wirkung lebenslanges Hausverbot bekommen. Auch laut Hoffmeister sei die Suchtgefahr relativ gering, nach der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung seien überhaupt nur zwei Prozent der Bevölkerung suchtgefährdet und weniger als ein Prozent aller Spieler wirklich süchtig. II. Was kann Pressearbeit, was nicht? Die Ansprechpartnerin für Glücksspielsucht der Diakonie Rosenheim, Angelika Schmedding, sagt dazu Folgendes: Der Bedarf an Therapie für Spielsüchtige ist auch im Stadt und Landkreis Rosenheim definitiv gegeben. gg Prinzipiell sei ein Spielecenter zwar ein vergleichbares Angebot wie eine Gaststätte und der Umgang damit liege daher letztendlich in der Eigenverantwortung jedes Einzelnen. Trotzdem müsse man sagen, dass sowohl einfache Erreichbarkeit, hohe Ereignisfrequenz und der Faktor Geld bei Glücksspielen zu einem erhöhten Suchtpotential führen. Vor allem bei Geldspielautomaten sei dieses Suchtpotential besonders ausgeprägt. Statistisch erwiesenermaßen sind 80% aller Spielsüchtigen Geldspielautomatenspieler. Gefährlich seien jedoch auch Angebote wie Online Pokern, da man diese auch zu Hause vor dem eigenen Rechner unbegrenzt nutzen könne und damit häufig das Risiko einer sozialen Isolierung verbunden sei. Ein Spielcenter im Bahnhof halte sie für sehr bedenklich, vor allem Jugendliche und ansonsten nicht gefährdete Menschen könnten an diesem Standort sehr leicht zum Spielen verleitet werden. 14

259 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit & viel Glück und Erfolg bei der Pressearbeit! 15

260 Pressemitteilung 26. März 2009 Erste Studie zur Versorgungssituation Glücksspiel-Süchtiger in ambulanten Einrichtungen in Deutschland München Die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern startet die erste deutsche Studie zur Beratung und Behandlung von Menschen, die Probleme mit dem Glücksspiel haben und sich deshalb an eine ambulante Einrichtung der Suchthilfe gewandt haben. Von April 2009 bis Dezember 2010 wird die Studie laufen, die dazu beitragen soll, die Angebote für Betroffene in Bayern zu verbessern. Die Studie wird vom Kooperationspartner der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern, dem IFT Institut für Therapieforschung in München, durchgeführt. Wir benötigen dringend wissenschaftliche Daten, um daraus bessere Angebote für die Betroffenen ableiten zu können, weiß der verantwortliche Privatdozent Dr. Ludwig Kraus, stellvertretender Leiter des IFT. Zum pathologischen Glücksspiel gibt es bisher erstaunlich wenig wissenschaftliche Untersuchungen und wenn nur zur stationären Behandlung Betroffener, resümiert er. Bayernweit sind über 40 Stellen des Kompetenznetzwerkes Glücksspielsucht beteiligt. Die Beratungseinrichtungen, die von der Landesstelle Glücksspielsucht gefördert werden, können ihren Klienten so ermöglichen, an einer hochaktuellen, wissenschaftlichen Studie teilzunehmen. Durch die Studie erhoffen sich die Forscher Ergebnisse zu Personencharakteristika und Spielverhalten von Personen mit einer Glücksspielproblematik. Ziel der Studie ist, die Versorgungssituation in der Beratung und Behandlung von Betroffenen zu verbessern. Außerdem werden die Forscher durch die Datenerhebung Rückschlüsse auf das Glücksspielverhalten insgesamt ziehen können.

261 Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern Die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern koordiniert bayernweit Prävention, Forschung, Beratung und Hilfe rund um das Thema pathologisches Glücksspiel. Sie wurde im Juni 2008 auf Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit gegründet, das sie auch finanziert. 20 neu eingerichtete Fachstellen sollen bayernweit die Versorgung Betroffener und deren Angehöriger in Beratungsstellen verbessern. Weitere 28 Suchthilfeeinrichtungen sind Mitglied im Kompetenznetzwerk Glücksspielsucht. Besonderer Wert wird im Rahmen dessen auf spezielle Weiterbildungsangebote für die Mitarbeiter gelegt. Last but not least will die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern durch vielfältige Angebote zur Prävention und Aufklärung das Bewusstsein für Glücksspielsucht schärfen. Pressekontakt Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern Edelsbergstraße 10, München Tel. 089 / , Fax 089 /

262 Pressemitteilung 23. Januar 2009 Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern weist auf Gefahr auch beim Lotto-Spielen hin München Die Zahl der Lotto-Spieler steigt in diesen Tagen wieder enorm an, steht doch aktuell ein Jackpot in Höhe von 25 Millionen Euro zum Gewinn. Auch wenn gerade dann viele Menschen Lotto spielen, die sonst nicht ihre Kreuzchen setzen, weist die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern auf die Gefahr eines übermäßigen, pathologischen Spiels hin. Lotto steht zwar nicht an erster Stelle der Glücksspiele, die süchtig machen können, trotzdem warnen wir vor unkontrolliertem Spielen, sagt Geschäftsführer Andreas Czerny. Die Glücksspielsucht, die sich in der Regel über mehrere Jahre hinweg entwickelt, führt die Betroffenen meist buchstäblich in den Ruin. Dies allerdings nicht nur finanziell, sondern auch, was das soziale, berufliche und familiäre Umfeld angeht. Doch das krankhafte Spielen kann behandelt werden. Die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern bietet Interessenten auf Ihrer Homepage unter vielfältige Informationen rund um die Spielsucht: ab wann ist jemand gefährdet, welches sind die gefährlichsten Spiele und wer ist eigentlich für die Therapie zuständig. Außerdem sind auf der Homepage Adressen und Links zu spezialisierten Beratungsstellen sowie Selbsthilfegruppen in ganz Bayern zu finden. Landesstelle Glücksspielsucht Die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern koordiniert bayernweit Prävention, Forschung, Beratung und Hilfe rund um das Thema pathologisches Glücksspiel. Sie wurde im Juni 2008 auf Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit gegründet, das sie auch finanziert. Durch gezielte Forschungsvorhaben sollen zum Beispiel Erkenntnisse über das unterschiedliche Gefährdungspotenzial verschiedener Glücksspiele oder über die Behandlung und Versorgungsstruktur erlangt werden. 20 neu eingerichtete Fachstellen sollen bayernweit die Versorgung Betroffener und deren Angehöriger in Beratungsstellen verbessern. Besonderer Wert wird hier auf spezielle Weiterbildungsangebote für die Mitarbeiter gelegt. Last but not least will die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern durch vielfältige Angebote zur Prävention und Aufklärung das Bewusstsein für Glücksspielsucht schärfen.

263 Pressekontakt Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern Edelsbergstraße 10, München Tel. 089 / , Fax 089 /

264 Pressemitteilung 20. Mai 2009 Betroffenenbeirat der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern tagt zum ersten Mal München Zur ersten Sitzung des Betroffenenbeirates der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern trafen sich kürzlich Menschen, für die das Thema Glücksspiel nichts mehr mit Vergnügen zu tun hat(te). Um die Sichtweise der Betroffenen nicht aus den Augen zu verlieren, hat die Landesstelle diesen Beirat ins Leben gerufen. Oft arbeiten soziale Institutionen engagiert, vergessen aber, die Betroffenen, um die es geht, einzubeziehen, gibt Geschäftsführer Andreas Czerny zu bedenken. Die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern vernetzt alle am Thema Beteiligten, vom Forscher über die Mitarbeiter in Suchtberatungsstellen bis hin zu den Betroffenen selbst. Um alle Maßnahmen optimal an deren Bedürfnissen ausrichten zu können, haben die Fachleute nun gemeinsam mit Betroffenen darüber gesprochen, was besonders wichtig ist, um Menschen zu helfen, die Glücksspiel-süchtig sind. So gaben die Mitglieder des Betroffenenbeirates beispielsweise Tipps zur Erstellung von Infomaterial, das die Landesstelle gerade erarbeitet. Dadurch fließt ihre Sichtweise direkt ein. Die Betroffenen fragten konkret nach fachlichen Unterstützungsangeboten für Selbsthilfegruppen. Ab sofort wird die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern Supervision für solche Gruppen anbieten: der jeweilige Gruppenleiter erhält dabei die Möglichkeit, konkrete Fragestellungen mit einem Fachmann zu besprechen und das Vorgehen in der Gruppe abzustimmen.

265 Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern Die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern koordiniert bayernweit Prävention, Forschung, Beratung und Hilfe rund um das Thema pathologisches Glücksspiel. Sie wurde im Juni 2008 auf Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit gegründet, das sie auch finanziert. 20 neu eingerichtete Fachstellen sollen bayernweit die Versorgung Betroffener und deren Angehöriger in Beratungsstellen verbessern. Weitere 28 Suchthilfeeinrichtungen sind Mitglied im Kompetenznetzwerk Glücksspielsucht. Besonderer Wert wird im Rahmen dessen auf spezielle Weiterbildungsangebote für die Mitarbeiter gelegt. Last but not least will die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern durch vielfältige Angebote zur Prävention und Aufklärung das Bewusstsein für Glücksspielsucht schärfen. Pressekontakt Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern Edelsbergstraße 10, München Tel. 089 / , Fax 089 /

266 Pressemitteilung München, Glücksspielsucht: Hilfe für Angehörige Wenn die Suche nach dem Glück zur Sucht wird München, Die Lust, einmal sein Glück an einem Spielautomaten oder in einem Kasino zu versuchen, kennt fast jeder. Und für die meisten bleibt das auch ein reines Freizeitvergnügen. Doch aus dem Spiel kann bitterer Ernst werden, wenn die Suche nach dem Glück zur Sucht wird. Mit der Zeit dreht sich für die Betroffenen alles nur noch ums Spiel. Doch Glücksspielsucht hat auch negative Folgen für die Angehörigen. Das Pilotprojekt ETAPPE, das im September in vier bayerischen Städten startet, soll sie entlasten. Das Projekt ETAPPE richtet sich speziell an Angehörige, Freunde und Bekannte von Menschen, die süchtig nach Glücksspiel sind. Während es zahlreiche Beratungs- und Hilfsangebote für Spieler gibt, stehen Angehörige mit ihren Sorgen, ihren Schuldgefühlen und Fragen alleine da. Diese Lücke möchten wir schließen, sagt Ursula Buchner von der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (BAS). Wir erleben nämlich häufig, dass Angehörige den Spielern helfen wollen, aber ratlos sind, was sie tun können. Das belastet sie sehr und deshalb benötigen auch sie Hilfe. Hier setzt ETAPPE an: Das Programm vermittelt an sieben Abenden u.a. Informationen zur Glücksspielsucht, zu rechtlichen und finanziellen Fragen. In der Gruppe können die Angehörigen außerdem mit anderen Betroffenen über ihren Umgang mit der Glücksspielsucht und die Probleme, die dabei ganz konkret für sie entstehen, sprechen. Das Pilotprojekt ETAPPE findet zunächst in Bayreuth, Ingolstadt, München und Nürnberg statt. Dabei stehen den Angehörigen Berater der jeweiligen Suchtberatungsstelle, Psychologen und Sozialpädagogen zur Seite. Wenn das Programm erfolgreich ist, soll es auf andere Städte in Bayern ausgeweitet werden. Nähere Informationen zur Anmeldung an ETAPPE und den Startterminen unter: 1. Bayreuth, Starttermin: , 18: Uhr Suchtberatungsstelle DW Bayreuth Ansprechpartnerin: Dipl.-Soz.Päd. [FH] Gunhild Scheidler Tel.: 0921/ , Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern Manuela Freese-Wagner. fon: 089/ fax: 089/ Mail: 1/2

267 Pressemitteilung 2. Ingolstadt, Starttermin: , 17:30-19:00 Uhr Caritas Suchtambulanz Kreisstelle Ingolstadt Ansprechpartner: Dipl.-Soz.Päd [FH] Daniel Matasic Tel.: 0841/309138, 3. München, Starttermin: , 18:00-19:30 Uhr Suchtberatungsstelle Condrobs Pasing Ansprechpartner: Dipl.-Soz.Päd. [FH] Harald Preiss Tel.: 089/ , 4. Nürnberg, Starttermin: : Uhr Stadtmission Nürnberg e.v. Ansprechpartnerin: Dipl.-Soz.Päd. [FH] Heidrun Kunze Tel.: 0911/277390, ETAPPE EntlastungsTraining für Angehörige pathologischer und problematischer Glücksspieler psychoedukativ: Ein Projekt der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen BAS Unternehmergesellschaft ( Die BAS ist Kooperationspartner der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern ( Sie vermittelt Erkenntnisse aus der Forschung in die Praxis von Suchtberatungsstellen und Berufsgruppen, die mit Suchtfragen beruflich beschäftigt sind. Die Landesstelle koordiniert bayernweit Prävention, Forschung, Beratung und Hilfe rund um das Thema pathologisches Glücksspielen. Sie wurde im Juni 2008 auf Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit gegründet, das sie auch finanziert. Weiterer Kooperationspartner ist das Münchner IFT Institut für Therapieforschung ( Im Februar 2010 startete die Landesstelle die Kampagne Verspiel nicht Dein Leben ( Pressekontakt Manuela Freese-Wagner, Kommunikation & Öffentlichkeitsarbeit Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern Edelsbergstraße 10, München fon 089 / fax 089 / manuela.freese-wagner@lsgbayern.de und 2/2

268 Pressemitteilung München, Kampagnenstart Verspiel nicht Dein Leben Damit es am Ende nicht heißt: Nichts geht mehr München, Im Fünf-Sekunden-Takt die Familie verlieren eine krasse Vorstellung. Für Menschen, die den größten Teil ihrer Zeit am Spielautomaten verbringen, kann diese Fiktion schnell zur Wirklichkeit werden. In Sekundenschnelle verlangt der Automat einen neuen Einsatz. Die Kampagne Verspiel nicht Dein Leben sagt diesem Schreckensszenario den Kampf an. Die Situation mit den Spielautomaten ist so dramatisch, dass kürzlich sogar der Europäische Gerichtshof das Glücksspielmonopol des deutschen Staates wegen Unzulänglichkeit in Frage gestellt hat. Ab dem 21. September warnen große Plakate in vielen bayerischen Städten vor den Folgen der Glücksspielsucht. Drei Figuren in der Mitte des Bildes fallen dem Betrachter sofort auf: Gefangen auf den Walzen eines Spielautomats müssen sie hilflos mit ansehen, wie der Spieler sie verspielt. Am Ende verlieren sie alle game over. Verspiel nicht Dein Leben ist eine Aufklärungskampagne der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern. Mit den großflächigen Plakaten macht sie auf die Gefahren der Glücksspielsucht aufmerksam. Das Motiv ahmt die Optik eines Spielautomaten nach. Eine Mutter und ihre zwei Kinder sehen genauso bunt aus wie die anderen Symbole in einem Automaten. In einem Extrarahmen findet der Betrachter die Telefonnummern der jeweiligen Suchtberatungsstelle oder einen Link auf die Homepage der Kampagne Suchtprävention wird immer wichtiger Der jetzige Kampagnenstart knüpft an die erste Kampagne im Februar 2010 an. Seit damals hat sich die Zahl der Ratsuchenden in den Suchtberatungsstellen deutlich erhöht. An diesen Erfolg möchte der Geschäftsführer der Landesstelle, Andreas Czerny anknüpfen. Gerade jetzt ist es wichtig die potenzielle Gefahr von Glücksspielen und den politischen Handlungsbedarf noch einmal klar zu verdeutlichen, so Czerny. Die endgültigen Konsequenzen des Urteils zum Glücksspielmonopol aus der vergangenen Woche stehen zwar noch nicht fest. Sicher ist aber, dass die Vorbeugung von Glücksspielsucht immer wichtiger wird, denn bis zu Menschen in Deutschland sind glücksspielsüchtig. Weitere Informationen unter: und Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern Manuela Freese-Wagner, fon: 089/ fax: 089/ Mail: 1/2

269 Die Landesstelle koordiniert bayernweit Prävention, Forschung, Beratung und Hilfe rund um das Thema pathologisches Glücksspielen. Sie wurde im Juni 2008 auf Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit gegründet, das sie auch finanziert. Kooperationspartner sind die Bayerische Akademie für Sucht- und- Gesundheitsfragen BAS ( und das Münchner IFT Institut für Therapieforschung ( Pressekontakt Manuela Freese-Wagner, Kommunikation & Öffentlichkeitsarbeit Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern Edelsbergstraße 10, München fon 089 / fax 089 / manuela.freese-wagner@lsgbayern.de und 2/2

270 3 Methoden der Prävention von problematischem und pathologischem Glücksspiel D. Ensslen PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/1

271 Methoden der Prävention von problematischem & pathologischem Glücksspiel Inhaltsverzeichnis: Vorwort Einstieg 1) Bodenzeitung/Wandzeitung 2) Konsumsack 3) Meinungs-Soziogramm 4) Wenn-ich-Karten zum Thema Glücksspielsucht Übungen und Spiele zum Thema Sucht und Glücksspiel 5) Süchte raten 6) Süchte ordnen 7) Suchttrichter 8) Konsumkompass- Von Motiven und Alternativen 9) Klaviatur 10) Der Superspieler/die Superspielerin 11) Glück im Spiel? Übungen und Spiele zur Förderung relevanter Lebenskompetenzen 12) Echt wertvoll Lebenswertpunkte 13) Starke Karten. Ein suchtpräventives Spiel 14) Rollenspiel zum Thema Gruppendruck und Glücksspiel PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/2

272 Vorwort Dies ist eine Sammlung von interaktiven Methoden zur Prävention von problematischem und pathologischem Glücksspiel. Oder - und dies ist eine wesentliche Frage bezüglich der dahinter stehenden Haltung - eine Sammlung von interaktiven Methoden zum Erlernen eines bewussten Umgangs mit Glücksspielen. Unter einem bewussten Umgang ist hier ein kontrollierter Umgang gemeint, der das Befriedigen der zugrunde liegende Bedürfnisse ohne schädliche Auswirkungen auf die jeweilige Person oder auf deren Umfeld ermöglicht. Zumindest aber sollte die durch die Methoden angestrebte Auseinandersetzung mit dem Thema die Kompetenz zum eigenverantwortlichen Umgang mit Glücksspielen (und anderen Konsumoptionen, die ein Suchtpotential bergen) fördern. Hierfür ist es nötig Information über Glücksspiele und über die damit verbundenen Risiken zu vermitteln. Meinungen und Haltungen sollen überprüft, abgeglichen und differenziert, Alternativen und Ressourcen diskutiert, entdeckt und entwickelt werden. Die nachstehenden Methoden sind also lediglich Werkzeuge, die durch die pädagogische Anleitung (Ihr Fachwissen, Ihre Erfahrung und Ihr Einfühlungsvermögen!) Jugendliche und junge Erwachsene auf die (mit Risiken verbundenen) Möglichkeit an Glücksspielen teilzunehmen vorbereiten (Universalprävention). Ebenso können gefährdete Personengruppen erreicht werden (Selektive Prävention). Oft sind auch Erwachsene als Zielgruppe angegeben: entweder sind diese selber an der Thematik interessiert oder sie fungieren als Multiplikatoren (Lehrer, Eltern, Ausbilder...) und sammeln Kenntnisse und Erfahrungen um sich zu orientieren und diese weiterzugeben. Die meisten der folgenden Methoden sind in der Prävention bekannt und bewährt. Es ist auch nicht unbedingt nötig das Rad neu zu erfinden, denn die inneren Mechanismen, welche Einzelne in die Abhängigkeit führen (oder eben genau dies verhindern!) unterscheiden sich bei den verschiedenen gefährdenden Stoffen und Verhaltensweisen nicht wesentlich. Ein thematisch breiter Ansatz, der auch auf andere Süchte eingeht, hat den großen Vorteil, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sich ihr Thema aussuchen können und somit an diesem auch interessiert sind. Dieses Interessiert-Sein, das Sich-Damit-Auseinandersetzen-Wollen ist die Grundlage für einen wirkungsvollen inneren Prozess. In diesem Sinne ist von der pädagogischen Fachkraft auch nicht gefordert Antworten zu geben und allwissend zu sein, sondern eine Situation zu schaffen, in der die Angesprochenen selber aktiv werden und ihre Kompetenzen zum Tragen kommen. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen kennen sich, ihre Ressourcen und die konkreten Umstände am besten. Zudem werden, gerade im Jugendalter, Botschaften aus der Peergroup besser angenommen. Schließlich soll die Durchführung dieser Methoden allen Beteiligten, auch den pädagogischen Fachkräften, Spaß machen. In einer angenehmen Atmosphäre lernt es sich besser. Neue Impulse, die mit positiven Gefühlen verbunden sind, werden eher aufgenommen. Die konkreten Effekte einer solchen verhaltens- und prozessorientierten Arbeit, lassen sich ohnehin nicht gesondert von anderen Einflüssen beurteilen. Die inneren Entscheidungsprozesse laufen oft (auch für den Betroffenen) im Verborgenen ab. Erinnern Sie sich an Ihre eigene Entwicklung, die Kindheit, die Jugend... die Situationen und Menschen die Sie nachhaltig beeindruckt haben. Das folgende Instrumentarium bietet Ihnen die Möglichkeit in eine lebendige und fruchtbare Auseinandersetzung mit (jungen) Menschen zu gehen und diese zu fördern bevor sie in den Brunnen fallen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/3

273 1) Bodenzeitung/Wandzeitung Zielgruppe/Rahmen: Jugendliche, Erwachsene, Gruppenarbeit, Aktionen in der Öffentlichkeit Anzahl der Teilnehmer: unbegrenzt Dauer: Ab 20 Min. Ziele: Einstieg in das Thema Sensibilisierung Diskussionsanregung Meinungsbild Vorbereitung/Materialien: Beschriftete Plakate Klebepunkte Dicke Stifte Beschreibung der Methode: Auf einem großen Plakat werden eine oder mehrere Thesen zum Glücksspiel aufgeschrieben. Entweder können die einzelnen Thesen dann von den Teilnehmern und Teilnehmerinnen zwischen den Polen Stimmt und Stimmt überhaupt nicht gepunktet werden, oder die Teilnehmer und Teilnehmerinnen können einzelne Thesen als besonders zutreffend kennzeichnen. Mögliche Thesen: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Nur wer etwas hat, gilt auch was. Glück im Spiel, Pech in der Liebe. Die Börse ist auch ein Glücksspiel. Pokern ist kein Glückspiel. Mit dem richtigen System, kann man bei Glücksspielen gewinnen. Glücksspielsucht ist eine Krankheit. Glückspiele sind ein harmloses Freizeitvergnügen. Die Gefahren von Glücksspielen werden unterschätzt. Glücksspielsucht ist ein Tabuthema. Der Zugang zu Geldspielautomaten ist nur Erwachsenen möglich. Wichtig ist der Austausch über die Thesen. Man kann die Thesen auch mit einer Gruppe entwickeln und im Sinne einer Meinungsumfrage mit diesen an die Öffentlichkeit treten. Quelle: Gießener Fachstelle für Glücksspielsucht. Überarbeitet von Ensslen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/4

274 2) Konsumsack Zielgruppe/Rahmen: Jugendliche, junge Erwachsene Anzahl der Teilnehmer: 5-30 Personen Dauer: Min. Ziele: Einstieg ins Thema Erweiterung des Suchtbegriffs Pro und Contra verschiedener Substanzen/Konsumformen Vorbereitung/Materialien: Sammlung verschiedener Gegenstände, die etwas mit Sucht zu tun haben können. Beispiele unten. Beschreibung der Methode: Im Konsumsack befinden sich verschiedene Symbole, die etwas mit Sucht oder süchtigem Verhalten, aber auch mit sog. Alltagssüchten und Konsum zu tun haben können. Der Konsumsack wird im Kreis herumgereicht. Jeder zieht blind einen Gegenstand heraus und erklärt, was dieser Gegenstand mit Sucht zu tun haben könnte, wie er selbst darüber denkt (z.b.: Was angenehm und reizvoll an dem Konsum sein kann, wie verbreitet der Konsum ist, was risikoreich beim Konsum sein kann...). Die anderen Teilnehmer und Teilnehmerinnen können mit ihren Assoziationen ergänzen. Besteht die Gruppe aus mehr als 15 Personen, kann man auch nur einige Personen Gegenständ ziehen lassen. Tätigkeit/Suchtmittel Glücksspiel Computerspiel Fernsehen Zigaretten Alkohol Medikamente/Doping Esssucht Magersucht Haschisch Kokain Heroin Ecstasy Symbol Spielgeld, Chips, Würfel, Lottoschein, laminierte Bilder... Spielkonsole, Nintendo, laminierte Bilder... Fernsehprogramm, laminierte Bilder... Zigarettenschachtel, Feuerzeug Flachmann, laminierte Bilder... alte Medikamentenpackung Süßigkeiten, laminierte Bilder... Abführmittel, Bild einer Magersüchtigen... Suppenwürfel, Pfeife, laminierte Bilder... durchsichtige Tüte Puderzucker Spritze, Löffel, laminierte Bilder... Traubenzucker, Drops, laminierte Bilder... Quelle: Es muss nicht immer Wodka sein... von Duerdoth; Proissl. Überarbeitet von Ensslen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/5

275 3) Meinungs-Soziogramm Zielgruppe/Rahmen: Kinder, Jugendliche oder Erwachsene Anzahl der Teilnehmer: Ab 6 Personen Dauer: Je nach Anzahl der Fragen und Intensität der Diskussion: ca Min. Ziele: Aufwärmen Hinführung zum Thema Die Gruppe (Gruppendynamik) kennenlernen Einstieg in die Diskussion Stellung beziehen Reflexion eigener Wertvorstellungen zum Thema Bewusstwerden der eigenen und gesellschaftlichen Widersprüchlichkeiten in diesem Themenbereich Kennenlernen anderer Meinungen unterschiedliche Meinungen und Wertvorstellungen tolerieren Vorbereitung/Materialien: Kreppband oder Seil (für Markierung der Skala) Karten mit der Aufschrift Stimmt überhaupt nicht und Stimmt genau Vorbereitete Aussagen Auf dem Boden wird mit Kreppband oder einem Seil eine Linie markiert, die eine Skala von 0% - 100% darstellt. Zu dem Pol 0% wird ein Kärtchen mit der Aufschrift Stimmt überhaupt nicht gelegt, zu dem Pol 100% das Kärtchen Stimmt genau. Stimmt überhaupt nicht Stimmt genau Beschreibung: Die erste Aussage wird vorgelesen und die Jugendlichen ordnen sich ihrer persönlichen Meinung entsprechend auf der Skala zwischen 0% ( Stimmt überhaupt nicht ) und 100% ( Stimmt genau ) ein. Anschließend befragt der/die Gruppenleiter/in einzelne Jugendliche nach ihrer persönlichen differenzierten Meinung. Die Meinungen können unkommentiert bleiben, hinterfragt werden oder als Diskussionsanlass dienen. Anschließend wird die nächste Aussage vorgelesen. Um die Spannung zu erhalten, ist es nicht notwendig bei jeder Aussage die Meinung aller Teilnehmer und Teilnehmerinnen abzufragen. Hier ist es günstiger nach zwei Meinungsäußerungen nach ergänzenden Aspekten zu fragen, die bisher noch nicht genannt wurden. Allerdings sollte darauf geachtet werden, dass alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen einmal zum Zug kommen. Nach einigen Spielrunden können die Teilnehmer und Teilnehmerinnen auch selbst Aussagen formulieren. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/6

276 Beispiele für Aussagen: Mir geht es heute gut. Ich habe mich auf die Veranstaltung gefreut. Ich fühle mich in der Klasse/Gruppe/Schule wohl.... Ich treibe regelmäßig Sport. Ich bin öfters mal gestresst. Ich langweile mich oft.... Lotto spielen lohnt sich. Mit Freunden Pokern macht Spaß. Im Internet Pokern macht Spaß. Glücksspiele ohne Geldeinsatz sind langweilig.... Glücksspiele sollten auch für unter 18-Jährige erlaubt werden. Es ist gut, dass der Staat das Monopol für Glücksspiele hat. Es gibt zu viele Spielcasinos/Spielotheken. Die Gesetze für Glücksspiele sollten strenger sein.... Glücksspiele (oder: Lotto/Automaten/Internet Poker/usw.) haben ein hohes Suchtpotential. Glücksspielsucht ist eine Krankheit.... Um jemanden, der suchtgefährdet ist zu helfen ist es das Allerwichtigste Grenzen zu setzen und konsequent zu sein. Jemanden der suchtgefährdet ist, braucht vor allem Verständnis und Mitgefühl. Ich denke, dass ich nicht suchtgefährdet bin.... Quelle: Es muss nicht immer Wodka sein... von Duerdoth; Proissl. Überarbeitet von Ensslen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/7

277 4) "Wenn-Ich-Karten" zum Thema Glücksspielsucht Zielgruppe/Rahmen: Jugendliche, junge Erwachsene Anzahl der Teilnehmer: 5 30 Personen Dauer: Min. Ziele: Reflexion der eigenen Haltung und Meinung zu der Thematik Auseinandersetzung mit eigenen Lebensbewältigungsstrategien und Verhaltensmustern Spielerische Diskussionsanregung Materialien /Beschreibung der Methode: Im Gruppenkontext setzen sich Teilnehmer und Teilnehmerinnen spielerisch mit Themen wie Geld, Risiko, Spielen, Gruppendruck, bis hin zum problematischen und pathologischen Glücksspiel auseinander und reflektieren ihre Meinung und Haltungen. Eine pädagogische Fachkraft übernimmt die Moderation. In der Spielanleitung werden einerseits pädagogische Ansätze und Perspektiven vermittelt. Andererseits werden in kompakter, verständlicher Form wichtige Hintergründe und Zusammenhänge zur Glücksspielsucht dargestellt. Dadurch ist die Methode für pädagogische Fachkräfte ohne weitere Vorkenntnisse und einfach durchführbar. Adressen, Links und empfohlene Materialien ermöglichen der Spielleitung eine weiterführende Auseinandersetzung mit dem Thema. Die "Wenn-Ich-Karten" zum Thema Glücksspielsucht knüpfen an die bereits von der Aktion Jugendschutz herausgegebenen "Wenn-Ich-Karten" zu den Themen Sucht allgemein, Rauchen, Alkohol, Ess- Störung, illegale Drogen und Migration (Art.Nr.: 11071) an und lassen sich gut mit diesen mischen. Gerade wenn das Thema Glücksspiel noch nicht im Vordergrund steht, ist dies empfehlenswert. München 2009, Karton mit 60 Karten und Anleitung Hersteller: Aktion Jugendschutz Bayern e.v. Art.Nr.: Bestellbar bei der Aktion Jugendschutz unter: PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/8

278 5) Süchte raten Zielgruppe/Rahmen: Jugendliche und Erwachsene; Projekte, Vorträge, Elternabende Anzahl der Teilnehmer: Bis 30 Personen Dauer: Min. Ziele: Kennenlernen der Teilnehmer und Teilnehmerinnen untereinander Einstieg ins Thema Sucht Erweiterung des Suchtbegriffes Diskussionsanregung Vorbereitung/Materialien: vorbereitete Kärtchen (mit den Namen der Süchte) Klebeband Beschreibung der Methode: Jede/r Mitspieler/in erhält eine Karte mit dem Namen eines Suchtmittels oder einer süchtigen Verhaltensweise (siehe Kopiervorlage auf folgender Seite) auf den Rücken geklebt. Sie sollen möglichst schnell durch Fragen (z.b. ist es eine illegale Droge? kann man davon körperlich abhängig werden? Konsumieren dieses Mittel mehr Männer als Frauen? ) das betreffende Suchtmittel auf ihrem Kärtchen herausfinden. Geantwortet darf nur mit ja oder nein werden. Teilnehmer und Teilnehmerinnen befragen sich gegenseitig. An jeden und jede dürfen nur drei Fragen gestellt werden. Schließlich kann in der Gruppe diskutiert werden: welche der Süchte auf den Karten tatsächlich als Sucht bezeichnet werden können zu welcher Kategorie diese Sucht zählt ob die Sucht, die man war, etwas mit einem selber zu tun hat ob einem etwas zu dieser Sucht bekannt ist Quelle: Es muss nicht immer Wodka sein... von Duerdoth; Proissl. Überarbeitet von Ensslen. Kopiervorlage auf der nächsten Seite: PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/9

279 Geltungssucht Haschischsucht Heroinsucht Computerspielsucht Magersucht Alkoholsucht Fernsehsucht Drogensucht Kaufsucht Streitsucht Ecstasy Sucht Medikamentensucht Genusssucht Glücksspielsucht Kokainsucht Arbeitssucht Bulimie Nikotinsucht Sexsucht Partysucht Eifersucht LSD Sucht Beziehungssucht Erfolgssucht PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/10

280 6) Süchte ordnen Zielgruppe/Rahmen: Jugendliche und Erwachsene; Projekte, Vorträge, Elternabende Anzahl der Teilnehmer: 6-30 Personen Dauer: Min. Ziele: Einstieg ins Thema Erweiterung des Suchtbegriffes Diskussionsanregung Vorbereitung/Materialien: Moderationskarten Stifte Beschreibung der Methode: Im Plenum oder in Kleingruppen werden alle bekannten Suchtmittel und süchtigen Verhaltensweisen gesammelt und mit dicken Stiften auf einem Kärtchen notiert. Anschließend werden die Kärtchen folgenden Gruppen zugeteilt: Legale Suchtmittel süchtiges Verhalten Illegale Suchtmittel Alltagssüchte Alkohol Glücksspiel Cannabis Computersucht Nikotin Magersucht Ecstasy Fernsehsucht Medikamente Esssucht Speed Kaufsucht Bulimie Crystal Ice Kokain Crack Heroin LSD Pilze Anschließend kann man über Eigenschaften (Gefahren, typische Konsumentengruppen, Häufigkeit usw.) diskutieren. Quelle: Es muss nicht immer Wodka sein... von Duerdoth; Proissl. Überarbeitet von Ensslen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/11

281 7) Suchttrichter Zielgruppe/Rahmen: Jugendliche, junge Erwachsene, Eltern Anzahl der Teilnehmer: 3-30 Personen Dauer: Min. Ziele: Einschätzen können von Gefährdungen und Suchtverhalten Sensibilisieren für Anfänge von Suchtentwicklungen Sensibilisieren für mögliche Funktionen und Bedingungszusammenhänge von Suchtmittelkonsum und süchtigem Verhalten Unterscheiden können zwischen Genuss, unproblematischem und problematischem Konsum und Sucht Vorbereitung/Materialien: vorbereitete Situationskärtchen Kreppband zum Markieren eines Trichters dicke Stifte Papier / Kärtchen Beschreibung der Methode: Auf dem Boden oder an der Wand wird mit Kreppband ein Trichter markiert. In den weiten Teil legt oder klebt man ein Kärtchen mit der Aufschrift "Genuss", in den sich verengenden Teil eines mit der Aufschrift problematischer Konsum und schließlich im engsten Bereich des Trichters das Kärtchen "Sucht (oder Glücksspielsuchtspezifisch: Spielen aus Spaß, problematisches Spielen und pathologisches Spielen ). Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen ziehen sich aus den vorbereiteten Situationsbeschreibungen eine Karte und sollen diese an die passende Stelle im Trichter einordnen. Sie begründen ihre Festlegung. Die anderen Teilnehmer und Teilnehmerinnen können abweichende Meinungen äußern. Der/die Gruppenleiter/in achtet darauf, dass die Einordnungen zutreffend sind, notfalls muss er/sie den Platz (ebenfalls mit Begründung) korrigieren. Darüber hinaus können die Teilnehmer und Teilnehmerinnen eigene (anonymisierte) Fälle einbringen, sie in den Trichter einordnen und diskutieren. Diese Fälle können auch zuvor in Kleingruppen entwickelt werden. Dabei können auch bestimmte Suchtmittel oder süchtige Verhaltensweisen vorgegeben werden, für die Beispiele gefunden werden sollen. Gerade die Situationen, die im Zwischenbereich angesiedelt sind, sind oft nicht eindeutig zuzuordnen. Die "heißen" Diskussionen, die sich dabei oft ergeben, sind durchaus erwünscht. Sie helfen die Kriterien und die Bündelung mehrerer Gefährdungsmomente deutlich zu machen. Hier kann die Spielleitung sich gut an den DSM-IV Kriterien (siehe unten) orientieren. Wobei die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sich oft besser an einer/ihrer anschaulicheren und beispielhafteren Sprache orientieren können. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/12

282 Schaubild: Trichter Spielen aus Spaß Genuss Problematisches Spielen Problematischer Konsum Glücksspielsucht Sucht Folgende Anhaltspunkte können bei der Einordnung eines problematischen Konsums hilfreich sein: Funktion des Suchtmittels (z.b.: um cool zu sein / um Stress oder Probleme nicht mehr zu spüren Häufigkeit und Menge was passiert in der konsumfreien Zeit? (findet das interessante Leben nur noch im Zusammenhang mit dem Suchtmittelkonsum statt und empfindet man den konsumfreien Alltag als grau und langweilig?) Veränderungen im Sozial- und Leistungsverhalten Kontakt zu Nichtkonsument/innen oder nur zu Konsument/innen Interessen / Hobbys / Freizeitgestaltung Risiken und Suchtpotenzial des Suchtmittels Einbettung in Familie / Gruppe / Schule... Vertuschen des Konsums/der Handlungen Umgang mit Gefühlen, Konflikten und Problemen Der Umgang mit Geld Die internationalen Klassifikationssysteme für Erkrankungen DSM-IV und ICD-10 ordnen Pathologisches Glücksspielen den Impulskontrollstörungen mit folgenden Merkmalen zu: Andauerndes und wiederkehrendes fehlangepasstes Spielverhalten, was sich in zumindest fünf der folgenden Merkmale ausdrückt: 1. Starke Eingenommenheit vom Glücksspielen 2. Steigerung der Einsätze zur Erreichung der gewünschten Erregung 3. Wiederholt erfolglose Versuche, das Spielen einzuschränken oder zu beenden 4. Unruhe und Gereiztheit beim Versuch das Spielen einzuschränken 5. Spielen als Flucht vor Problemen oder depressiver Stimmung 6. Rasche Wiederaufnahme des Spielens nach Geldverlust 7. Lügen, um das Ausmaß der Problematik zu vertuschen 8. Illegale Handlungen zur Finanzierung des Spielens 9. Gefährdung oder Verlust wichtiger Beziehungen, des Arbeitsplatzes oder von Zukunftschancen 10. Hoffnung auf Bereitstellung von Geld durch Dritte Als eine schwächere Ausprägung gilt das problematische Spielen. Für diese Form des Glücksspielens liegt keine einheitliche Definition vor. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/13

283 Beispiele für Situationskärtchen (allgemein): Elena (17 J.) raucht jeden Tag eine halbe Schachtel Zigaretten. Ein Mann (78 J.) macht es sich gemütlich zu Hause und vor dem Schlafengehen trinkt er einen feinen Cognac, den ihm seine Tochter zum Geburtstag geschenkt hat. Tatjana (19 J., 172 cm groß, wiegt 68 kg) fühlt sich zu dick. Sie macht ständig neue Diäten. Weil es auf der Geburtstagsfeier ihrer besten Freundin ein großes Essen gibt, wird sie nicht hingehen. Ein Schul-Hausmeister hat auf jedem Flur ein Versteck für Alkohol. Alexander (21 J.) klaut seiner Oma Geld um sich Drogen besorgen zu können. Ein Mann (39 J.) trinkt morgens erst einmal einen Schnaps, damit seine Hände nicht mehr zittern. Ein Mann (28 J.) wird aggressiv, als seine Frau ihm sagt, dass er zu viel trinkt. Zuerst tobt er, dann kippt er sich vor lauter Ärger oder aus Trotz einen Schnaps hinunter. Ein Maurer (25 J.) trinkt jeden Abend gleich nach der Arbeit drei Flaschen Bier. Dann setzt er sich vor den Fernseher oder geht gleich ins Bett. Eine Hausfrau nimmt jeden Vormittag ein Beruhigungsmittel, weil sie Angst hat, ohne Tabletten den Alltag nicht zu überstehen. Zwei Freunde (16 und 17 Jahre) gehen jeden Freitag und Samstag in die Disco um endlich eine Freundin kennen zu lernen. Damit sie sich aber ein Mädchen ansprechen trauen, trinken sie sich mit Bier und Whisky vorher kräftig Mut an. Gregor (16 J.) trifft sich mit einer Clique fast jedes Wochenende zum "Kampftrinken". Er will beweisen, dass er viel verträgt und hört erst auf, wenn er sich übergeben muss. Petra (14 J.) liebt Schokolade. Wenn sie erst einmal anfängt, isst sie die ganze Tafel auf. Jens (16 J.) trifft sich jeden Nachmittag mit Freunden und raucht mit ihnen Haschisch. Um sich das zu finanzieren verkauft er Haschisch im Freundeskreis. Francis (12 J.) ist von seinen Eltern genervt, weil diese ihn nur zwei Stunden am Tag an den Computer lassen. Alle seine Freunde spielen doch mindestens 3 Stunden am Tag World Of Warcraft. Monika (23 J.) hat jetzt schon fünfmal Pech beim Internet-Dating gehabt. Die Typen hatten sich toll verkauft, waren bei den Treffen aber nicht so toll. Einer wurde sogar gewalttätig. Beispiele für Situationskärtchen (Glücksspielspezifisch): Silke (14J.) spielt gerne im kostenfreien Roulette im Internet-Casino. Vor einer Woche hat sie jemanden beim chatten kennengelernt, der meint es wäre gar nicht so schwierig und viel spannender um Geld zu spielen. Seitdem überlegt sie ständig, ob sie dies tun soll. Cheko (18 J.) trifft sich mit seinen Freunden in der Spielothek um die Ecke. Meist ziehen sie dann weiter. In der letzten Zeit ist er aber oft dort geblieben, um noch weiter am Automaten zu spielen. Herr S. (34 J.) will anonym bleiben. Er hat durch das Automatenspielen bereits viel Geld verloren und auch schon Schulden bei Freunden. Er will seine Verluste unbedingt zurückgewinnen und dann nicht mehr spielen. Miriam (20 J.) wartet und hofft auf die von ihrem Freund (Heinz 22 J.) versprochene Reise in die Karibik. Zweimal hat sie ihren Urlaub bereits verschoben. Heinz hat sein Studium abgebrochen und ist Internetpokerprofi geworden. Leider sieht sie ihn immer seltener, da er viel arbeiten muss. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/14

284 Peter (14 J.) und Paul (14,5 J.) haben um 50 Euro auf den Sieg von FC Bayern gewettet. Ein Onkel von Peter hat die Wette für sie abgeschlossen. Paul musste sich das Geld allerdings heimlich von seiner Mutter leihen. Ahmet (23 J.) hat Angst. Er muss bis morgen seine Spielschulden bezahlen und weiß nicht wie. Erwin (16 J.) lacht. Er hat ein System im Internet gefunden, wie man dort auf Dauer totsicher im Roulette gewinnt. So kann er mit einer kleinen weiteren Investition seine 400 Euro Schulden loswerden und dann richtig verdienen. Susanne (18 J.) kann sich nicht entscheiden. Sie pokert gerne mit ihrer alten Clique. Da wird viel gelacht und getrunken. Leider ist ihr neuer Freund total dagegen und hat sie vor die Wahl gestellt. Viermal im Jahr geht Gunter (45 J.) mit je 150 Euro ins Casino. Seine Frau mag das gar nicht, da er meistens alles verliert. Sie traut sich aber nichts mehr zu sagen, da er bei dem Thema schon einmal ziemlich ausfallend geworden ist. Heiko (18 J.) hat gestern lange gespielt und leider viel verloren. In der Früh war er müde und schlecht drauf und ist deswegen nicht in die Arbeit gegangen. Beim ersten Mal am Automaten hat sie (17 J.) gleich 70 Euro gewonnen. Seitdem spielt sie immer, wenn sie Geld übrig hat. Die Klasse 7a ist gespalten. Der Großteil der Jungs spielt jeden Tag Pfennigfuchsen. Wer nicht mitmacht ist out. Gerda (20 J.) finanziert ihr BWL Studium durchs Taxifahren. Das Warten ist oft langweilig und da ihr Stand vor einer Spielothek ist, geht sie öfters mal zocken. Erwin (39 J.) ist Wirt in einer Eckkneipe mit Spielautomat. Oft beaufsichtigt er seinen 11 jährigen Sohn über Mittag. Der bringt Glück, wenn er das Geld einschmeißt. Mike (28 J.) verspielt seinen Lohn meist sofort. Seine Frau verdient ja auch. Die kleine (3 J.) isst oft bei den Großeltern. Quelle: Es muss nicht immer Wodka sein... von Duerdoth; Proissl. Überarbeitet von Ensslen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/15

285 8) Konsumkompass - Von Motiven und Alternativen Zielgruppe/Rahmen: Jugendliche, junge Erwachsene Anzahl der Teilnehmer: 6-30 Personen Dauer: 1,5-3 Std. Ziele: Objektivierung/ Einschätzung/ Quantifizierung des eigenen Konsums von Suchtmitteln und/oder von problematischem / kompensatorischem Verhalten Auseinandersetzung mit eigenen Konsum/Verhaltensmustern Sensibel werden für die Motive, die hinter Suchtmittelkonsum und problematischem / kompensatorischem Verhalten stehen können Auffinden von alternativen Befriedigungsmöglichkeiten für die hinter dem Suchtmittelkonsum oder dem kompensatorischen Verhalten liegenden Motive/ Bedürfnisse Ausprobieren von Alternativen Material/Beschreibung der Methode: Der Konsumkompass bietet Jugendlichen die Möglichkeit sich über den Umfang ihres Suchtmittelkonsums oder Verhaltens sowie der dahinterliegenden Motive bewusst zu werden und Alternativen entwickeln zu können. Ziel des Spiels ist es Konsumverhalten nicht nur über Gefahren zu thematisieren sondern mit den Jugendlichen Motive und Bedürfnisse, die hinter ihrem Konsum oder Verhalten stehen, herauszuarbeiten und mit ihnen zu reflektieren. So können sie sich ihrer Motive bewusst werden und besser Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Außerdem werden sie dazu angeregt alternative Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung oder Bewältigungsstrategien auszuprobieren. Die Fähigkeit zur Selbstregulation und Selbststeuerung sowie das Selbstbewusstsein und die Identitätsentwicklung werden gefördert. Der Konsumkompass besteht aus 3 Teilen. Im ersten Teil werden Konsumarten der Jugendlichen gesammelt und deren Häufigkeit gepunktet. Im zweiten Teil werden die dahinterliegenden Motive erarbeitet und im dritten Teil werden alternative Verhaltensmuster gesammelt und evtl. im Weiteren ausprobiert. München 2009, Spielanleitung (24 Seiten), 10 großflächige Plakate (2,50 x 1 Meter), 2 Kopiervorlagen DIN A4 und DIN A3 der "Verhaltensklaviatur" sowie einer Rolle mit 3000 Klebepunkten. Hersteller: Aktion Jugendschutz Bayern e.v. Art.Nr.: Bestellbar bei der Aktion Jugendschutz unter: PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/16

286 9) Klaviatur Zielgruppe/Rahmen: Jugendliche und Erwachsene Anzahl der Teilnehmer: Bis 40 Personen Dauer: 45 Min. Ziele: Sensibilisieren für Suchtentstehung Aufzeigen von Alternativen / Erweitern der eigenen Handlungsmöglichkeiten Vorbereitung/Materialien: Kopiervorlagen Stifte Plakat (oder Tafel) mit vorgemalten Klaviaturen (11 Tasten, 4 Tasten und 2 Tasten) Beschreibung der Methode: 9.1) Eigene Handlungsmöglichkeiten: Die Jugendlichen erhalten eine Ausgangsfrage z.b.: Du hattest einen schweren und stressigen Tag. Wenn Du nach Hause kommst, willst Du abschalten und entspannen. Wie machst Du das? Du hast heute eine schlechte Note bekommen. Das ärgert Dich und Du machst Dir Sorgen, ob Du überhaupt das Schuljahr schaffst. Was könntest Du tun, dass es Dir wieder besser geht? Du hast Liebeskummer. Was kannst Du tun, dass es Dir wieder besser geht? Jedes Gruppenmitglied (oder bei vielen Teilnehmern und Teilnehmerinnen: jede Kleingruppe) bekommt ein Blatt mit der Klaviatur (Kopiervorlage unten), in die möglichst viele Möglichkeiten, mit der oben beschriebenen Situation umzugehen, eingetragen werden sollen. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen lesen ihre Möglichkeiten vor. Die Möglichkeiten werden von dem Moderator/der Moderatorin in eine große Klaviatur eingetragen. Im nächsten Schritt wählt der Moderator/die Moderatorin mit den Teilnehmern und Teilnehmerinnen die für die Gruppe wichtigsten Möglichkeiten heraus und trägt diese in die Klaviatur mit 4 Tasten ein. Schließlich werden die Möglichkeiten nochmals auf ein oder zwei reduziert. Die Jugendlichen lesen ihre gefundenen Möglichkeiten vor. Jetzt kann Folgendes diskutiert werden: Welche Handlungsweisen sind für mich typisch? Welche Ideen (welche von den anderen Jugendlichen genannt wurden) möchte ich mir merken / möchte ich ausprobieren? PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/17

287 9.2) Erklärung von Suchtentstehung: Der Moderator/die Moderatorin beschreibt anhand der Tastatur einen Mechanismus der Sucht: Das folgende Bild veranschaulicht wie einengend und einschränkend Sucht sein kann. Durch die Eigendynamik eines Suchtmittels oder einer Verhaltensweise und gewisse nicht bewältigte Schwierigkeiten können immer mehr Möglichkeiten ausfallen. Die spielerischen Fähigkeiten auf der Tastatur des Lebens, die vielen Möglichkeiten der Konfliktbewältigung, aber auch des Genießens und Erlebens, verengen sich schließlich auf eine oder zwei Tasten. Die Suchtdynamik beginnt dort, wo Möglichkeiten verloren gehen, bzw. immer weniger Tasten benützt werden. Wenn ich beispielsweise nur noch die Taste "Glücksspiel" drücke ist mein Leben sehr eingeschränkt und im wahrsten Sinne des Wortes eintönig. Eintönig wie eine Melodie auf nur einer Taste eines Klaviers gespielt. Krisen, Schwierigkeiten in Schule, mit Eltern/Freunden/ Partnern, Verletzungen, Umzug... laute Musik hören Alkohol trinken Fernsehen telefonieren mit Freunden treffen Sport machen essen Glücksspiele schlafen Computerspiele spielen mit Freunden treffen Computerspiele spielen schlafen Glücksspiele Computerspiele spielen Glücksspiele Neue Freunde, Projekte, Ideen, Klärung belastender Situationen, Lust auf Neues... Wenn ich der Sucht zuvorkommen will, ist es wichtig ein breites Repertoire an Ressourcen zu entwickeln. Natürlich kann man ein eingeschränktes Repertoire auch wieder erweitern. Quelle: Es muss nicht immer Wodka sein... von Duerdoth; Proissl. Überarbeitet von Ensslen. Nächste Seite Kopiervorlage: Klaviatur PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/18

288 PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/19

289 10) Der Superspieler/die Superspielerin Zielgruppe/Rahmen: Jugendliche, Erwachsene Anzahl der Teilnehmer: 6-30 Personen (bei Mädchen- und Jungengruppe zu je 15 Personen) Dauer: Min. Ziele: Entwicklung des Themas Glücksspiel Projektion und Reflexion der eigenen Wünsche und Hoffnungen bezüglich des Glücksspieles Herausarbeiten von positiven und negativen Eigenschaften eines Spielers Bewusstwerden über Geschlechtsspezifische Merkmale und Eigenschaften (von Spielern und Spielerinnen) Vorbereitung/Materialien: Plakate Dicke Stifte Beschreibung der Methode: Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen malen eine lebensgroße Figur auf das Plakat. Es kann sich auch jemand mit dem Filzstift umranden lassen. Diese Figur wird dann von der Gruppe mit Dingen (Kleidungsstücken, Accessoires...) und Eigenschaften versehen. Hierbei kann gemalt und geschrieben werden. Anschließend wird das Werk präsentiert und besprochen: Fehlt noch etwas? Ist eine solche Person vorstellbar? Möchte jemand so sein? Welche Eigenschaften fehlen, die ein echter Spieler oder eine echte Spielerin hätte? Unter welchen Umständen könnte der Superspieler/die Superspielerin existieren? Wenn möglich werden zwei Gruppen gebildet: eine Mädchen- und eine Jungengruppe. Jeder der beiden Gruppen gestaltet ihren Superspieler/ihre Superspielerin. Welche Unterschiede gibt es zwischen Spieler und Spielerin? Wie sieht das in der Realität aus? Wie finden die Mädchen den Spieler und umgekehrt?... Quelle: Inside/Condrobs. Überarbeitet von Ensslen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/20

290 11) Glück im Spiel? Zielgruppe/Rahmen: Jugendliche, junge Erwachsene Anzahl der Teilnehmer: In Gruppen von 3 10 Personen, kann mit mehreren Gruppen gleichzeitig gespielt werden Dauer: Min. Ziele: Auseinandersetzung mit dem Thema Glücksspiel Auseinandersetzung mit dem Thema Sucht Kennenlernen und Reflexion eigener Verhaltensmuster beim Glücksspiel in der Gruppe Informationsvermittlung Vorbereitung/Materialien: Je Gruppe ein großer Tisch und Stühle Spiel: Glück im Spiel? Beschreibung der Methode: In dem interaktiven Spiel Glück im Spiel? können die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sowohl durch Fragekarten ihr Wissen um Glücksspiele, Sucht und protektiver Faktoren erweitern, als auch Erfahrungen beim Glücksspielen im Gruppenkontext machen. Wichtig ist hierbei die Reflektion dieser beispielhaften Erfahrungen, um die gewonnenen Erkenntnisse auch in den Alltag übertragen zu können. Glück im Spiel? kann ab Herbst 2010 bei der Aktion Jugendschutz Bayern e.v. bezogen werden. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/21

291 12) Echt Wertvoll- Lebenswertpunkte Zielgruppe/Rahmen: Jugendliche und junge Erwachsene Anzahl der Teilnehmer: Bis 30 Dauer: Min. Ziele: Bewusstwerden der eigenen Ressourcen und Lebenskompetenzen Benennen schützender (protektiver) Faktoren für die Suchtprävention Anregung für wertvolle Lebensziele Achtung vor den Ressourcen anderer Vorbereitung/Materialien: vorbereitete Lebenswertpunkte-Kärtchen leere Kärtchen Stifte Beschreibung der Methode: Die vorbereiteten Lebenswert-Kärtchen werden gut sichtbar ausgelegt oder an die Pinnwand geheftet. Zur Ergänzung erhält jede/r Jugendliche 1-4 Kärtchen und schreibt darauf je eine Sache, die sein/ihr Leben besonders lebenswert macht. Die Karten werden dadurch zu Wertmarken und zu den übrigen geheftet. Eine Variante wäre: Die Jugendlichen haben die Aufgabe auf die Kärtchen Dinge zu schreiben, die ihrer Meinung nach dabei helfen können, nicht abhängig zu werden. Um konkretere, alltägliche Situationen zu finden, kann folgende Einschränkung hilfreich sein: Die Jugendlichen notieren Dinge/Erlebnisse, die ihnen in den letzten vier Wochen gut getan haben. Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin wählt 1-3 Lebenswertpunkte-Kärtchen aus, die für sie/ihn am wichtigsten sind und liest sie in der Runde vor. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass jede/r Jugendliche auf seine Favoriten einen Punkt klebt und die Kärtchen dann in der Reihenfolge ihrer Punktwerte sortiert werden. Fragen zur Diskussionsanregung: Welche Lebenswertpunkte wurden in der Gruppe am häufigsten gewählt? An welche Situationen hast du gedacht, in denen dieser Lebenswert besonders nützlich sein kann? Welche Lebenswertpunkte sind für dich besonders wertvoll, weil du sie schon einmal verloren hast? Welche dieser Lebenswertpunkte können euch besonders gut vor Sucht schützen? PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/22

292 Beispiele für die Lebenswert-Kärtchen: Selbstbewusst sein: sich nicht künstlich "cool" oder "wichtiger" machen müssen. Sich unabhängig von der Meinung anderer machen, auch wenn andere einen blöd finden. Verkraften können, wenn man etwas Mal nicht kann. Gute Nerven: dann wirft einen nichts so schnell aus der Bahn und man kann Probleme und Konflikte gelassener sehen. Gute Beziehung zu den Eltern: Wenn man zuhause nicht nur Druck hat, sondern sogar jemanden, bei dem man sich Hilfe suchen kann, dann fühlt man sich sicherer. Lehrstelle / Arbeit: trägt dazu bei, dass man stolz auf sich sein kann, etwas Sinnvolles zu tun hat und Zukunftsaussichten hat. Echte Freunde: Wer echte Freunde hat, hat immer jemanden, der hilft und versteht, der einen so mag, egal wie man gerade drauf ist. Spaß und Interesse an vielen verschiedenen Dingen finden: Wen vieles interessiert und Spaß macht, dem ist nie langweilig. Mut, sich mit Problemen an andere zu wenden: Schon das sich aussprechen tut gut und man sieht alles wieder klarer und andere unterstützen einen. Eine Umgebung, in der Geld und Konsum nicht so wichtig sind: Wenn nicht alle auf einem Konsum-Trip sind, würde man sich auch nicht so unter Druck fühlen, mitzumachen und auch nicht so auffallen, wenn man etwas nicht kann oder hat. Zufrieden mit dem Leben sein: Wer zufrieden ist, hat gar keinen Grund in Drogen oder süchtigem Verhalten Abenteuer oder Zuflucht zu suchen. Einen Sinn im Leben sehen: dann hat man ein Ziel vor Augen und kann schwierige Zeiten leichter überstehen. NEIN sagen können: D.h. nicht alles mitmachen, nur weil alle anderen es auch so machen Etwas können: dann kann man Ziele erreichen, kann stolz auf sich sein, die anderen finden einen auch gut... Mit sich zufrieden sein: Wer sich selbst mag, ist glücklicher, hat mehr Ausstrahlung und kommt auch bei anderen besser an. Mut, Problemen ins Auge zu sehen: Wer vor Problemen wegläuft, macht sie dadurch meistens größer und irgendwann braucht man dann Hilfsmittel wie Suchtstoffe um weiter an dem Riesenberg vorbei schauen zu können. Ideen haben: Wer Ideen hat, hat mehr Spaß und kann sich auch besser helfen - hat mehr Möglichkeiten, z.b. Konflikte zu lösen. Quelle: Es muss nicht immer Wodka sein... von Duerdoth; Proissl. Überarbeitet von Ensslen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/23

293 13) "Starke Karten". Ein suchtpräventives Spiel Zielgruppe/Rahmen: Kinder, Jugendliche, Eltern, pädagogische Fachkräfte Anzahl der Teilnehmer: Bis 30 Personen Dauer: Min. Ziele: Reflexion der eigenen Stärken und Schwächen Förderung eines positiven Selbstkonzepts Auseinandersetzung mit den persönlichen Vorstellungen von Normen und Werten sowie damit verbundenen Lebensbewältigungsstrategien Annehmen und geben von konstruktiver Kritik Spielerische Diskussionsanregung Anerkennung der Fähigkeiten und Fertigkeiten anderer Förderung des Teamgefühls Material/ Beschreibung der Methode: Karten, mit deren Hilfe Jugendliche sich in Bezug auf ihre Fähigkeiten besser kennen lernen können und Anregungen bekommen, weitere Lebenskompetenzen auszubauen. Weitere Karten gibt es auch für Eltern und pädagogische Fachkräfte, die durch die Karten ihr Erzieherverhalten reflektieren und so Anregung für eine gezielte Verbesserung bekommen können. Sie eignen sich für den Einsatz bei suchtpräventiven Veranstaltungen mit Kindern und Jugendlichen, Eltern und pädagogischen Fachkräften. München 2006, Drei Kartensätze zu jeweils 62 Karten mit Spielanleitung verpackt in einer Schachtel. Hersteller: Aktion Jugendschutz Bayern e.v. Art.Nr.: Bestellbar bei der Aktion Jugendschutz unter: PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/24

294 14) Rollenspiel zum Thema Gruppendruck und Glücksspiel Zielgruppe/Rahmen: Jugendliche, junge Erwachsene Anzahl der Teilnehmer: 6-30 Dauer: Min. Ziele: Bewusst werden, wie Gruppendruck entsteht Entdecken auf welche Form des Gruppendrucks, man selbst "empfänglich" reagiert Möglichkeiten kennen lernen, dem Gruppendruck zu widerstehen Vorbereitung/Materialien: Kärtchen Klebeband Stifte Beschreibung der Methode: Die Jugendlichen beschreiben im Gespräch kurz Situationen, in denen Gruppendruck ausgeübt wird. Die Jugendlichen finden sich in Kleingruppen zusammen und wählen eine der beschriebenen Situationen aus, die sie anschließend im Plenum als kurzes Rollenspiel vorstellen. Dabei sollen diejenigen Spieler und Spielerinnen, die den Druck ausüben (die jemanden zu einem Verhalten bringen wollen) alle Register ziehen. Variante: Die Jugendlichen erhalten eine vorgegebene Situations- und Rollenbeschreibung. Die Spieler und Spielerinnen erhalten nähere Informationen zu den einzelnen Rollen. Die Zuschauer und Zuschauerinnen kennen die Rollenbeschreibungen nicht. Die Zuschauer und Zuschauerinnen teilen sich in Kleingruppen auf, die je einen Rollenspieler oder eine Rollenspielerinnen beobachtet. In der Kleingruppe werden die Rollen verteilt, die Spieler und Spielerinnen geben sich Rollennamen, die sie auf Kärtchen schreiben und sich anheften. Wichtig ist, dass die Spieler und Spielerinnen nach dem Spiel wieder aus ihrer Rolle entlassen werden und die Rollenkärtchen ablegen. Nach jedem Rollenspiel werden die Argumente und Verführungstricks der einzelnen Rollen gesammelt und auf Kärtchen notiert. Zunächst teilen die einzelnen Spieler und Spielerinnen mit, wie sie sich in ihrer Rolle gefühlt haben und wie es ihnen im Spiel ergangen ist. Danach geben die Zuschauer und Zuschauerinnen ihre Beobachtungen wieder. Die Beobachtungs-Kärtchen können auf der Pinnwand angeordnet werden. Falls die Jugendlichen Lust haben, könnten in einer zweiten Spielrunde andere Lösungsmöglichkeiten ausprobiert werden. Dazu können die Rollen gewechselt werden. Auswertung: Wie funktioniert Gruppendruck? Welche Argumente oder Verführungsversuche würden mich beeinflussen? Welche anderen Möglichkeiten gibt es, zu zeigen, dass ich zu einer Gruppe gehöre? Was hilft dabei, eigene Standpunkte zu vertreten? Welche Möglichkeiten des Widerstehens haben wir in den Rollenspielen gesehen? Ist es möglich sich in einer Clique anders als die Anderen zu verhalten und trotzdem dazuzugehören? PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/25

295 Beispiele für Spielanweisungen/Rollenvorgaben: Pokern Sechs Freunde treffen sich wie üblich Samstagnachmittag, um Zeit miteinander zu verbringen. Jens hat vorgeschlagen zu Pokern. Bis auf Kai waren alle begeistert. Kai hat dann unter der Bedingung mitgespielt, als Grundeinsatz jeweils nur einen Cent zu nehmen. Trotzdem hat Kai schon etwas verloren. Jetzt wollen die anderen den Grundeinsatz auf 10 Cent erhöhen und versuchen Kai zu überreden. Automaten spielen Die Clique trifft sich meist nachmittags im Billardsalon. Seit einiger Zeit gibt es noch einen zweiten Raum, in dem Geldspielautomaten stehen. Obwohl noch nicht alle 18 Jahre alt sind, spielen doch die meisten ab und zu. Mehmet (16 J.) ist nicht so begeistert sein Geld in so einen Automaten zu schmeißen. Er findet es auch unangenehm etwas Verbotenes zu machen; es hängen überall Schilder: Zutritt erst ab 18 Jahren! Heute sind noch Peer, Simone und Ugur da und wollen zum Spielen rüber gehen. Mehmet soll mit und auch spielen. Freunden für das Glücksspielen Geld leihen Heikes drei beste Freunde, Tessi, Mike und Sabine spielen seit einiger Zeit im Internet Roulette. Heike findet das doof und glaubt auch nicht wie die anderen, dass sich mit einem System beim Roulette Geld verdienen lässt. Für das Spielsystem braucht man ein gewisses Grundkapital und Heike soll ihren Freunden 100 Euro leihen. Tessi und Sabine sind besessen von der Idee und wollen Heike unbedingt überzeugen. Mike steht total auf Sabine und ist in allem ihrer Meinung. Wetten Der Onkel von Fedo würde für die 5 Freunde eine Fußballwette abgeben. Allerdings nicht unter 100 Euro. Also soll jeder 20 Euro geben. David will nicht. Fedo, Maria, Rico und Anna versuchen David mit allen Mitteln umzustimmen. Lotto Peter will aus der Lotto-Tipp-Gemeinschaft aussteigen. Seine Freunde wollen das nicht zulassen und setzen ihm zu. Quelle: Es muss nicht immer Wodka sein... von Duerdoth; Proissl. Überarbeitet von Ensslen. PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 3/26

296 3 Übersicht über die Kampagnenmaterialien zum Einsatz in den Praxisstellen M. Freese-Wagner PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 4/1

297 Die folgende Auflistung zeigt die Materialien der Kampagne. Alle Materialien (außer den Großplakaten) sind entweder bei der Landesstelle bestellbar oder im Intranet zum Download zu finden. Kontakt für Bestellungen: Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der LSG Bayern, Manuela Freese-Wagner, Kampagnenelement Beschreibung/Einsatzmöglichkeiten Großflächenplakat (wurde auf Klebeflächen in den Städten verwendet; hier nur der Vollständigkeit halber aufgeführt; nicht bestellbar) A1-Plakat, Spielautomatenmotiv. Zum Aushang in der Beratungsstelle, bei Veranstaltungen, wo erlaubt: auch in öffentlichen Einrichtungen Rollup, Spielautomatenmotiv, Einsatz bei Informations- und Aktionstagen, Jubiläen der Beratungsstelle usw. Großflächenplakat (wurde auf Klebeflächen in den Städten verwendet; hier nur der Vollständigkeit halber aufgeführt; nicht bestellbar) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 4/2

298 Kampagnenelement Beschreibung/Einsatzmöglichkeiten A1-Plakat, Roulettetischmotiv. Zum Aushang in der Beratungsstelle, bei Veranstaltungen, wo erlaubt: auch in öffentlichen Einrichtungen Rollup, Roulettemotiv, Einsatz bei Informationsund Aktionstagen, Jubiläen der Beratungsstelle usw. Praxishandbuch mit Informationen aus Forschung und Praxis rund um das Thema Glücksspielsucht, Arbeitsmaterialien, nützlichen Adressen, Links usw. TV-Spot zur Weitergabe an Journalisten oder zum Einsatz in den Beratungsstellen bei Jugendgruppen o.ä. Download: Erhältlich bei der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der LSG (s.o.) Radio-Spot zur Weitergabe an Journalisten oder zum Einsatz in den Beratungsstellen bei Jugendgruppen o.ä. Download: Radio-Spot Erhältlich bei der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der LSG (s.o.) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 4/3

299 Kampagnenelement Beschreibung/Einsatzmöglichkeiten Spielautomat mit Stahlkette zum Anketten an das Bein einer Person. Der Automat ist mit Rollen versehen und kann gezogen werden. Die angekettete Person symbolisiert einen Süchtigen, der an das Glücksspiel gefesselt ist. Informationsstand der Landesstelle Glücksspielsucht zum Ausleihen für Aktionstage usw. Kampagnenflyer Verspiel nicht Dein Leben. Roulettemotiv; DIN lang; zum Verteilen bei Aktionstagen, zur Auslage an öffentlichen Einrichtungen Kampagnenflyer in türkischer Sprache, Roulettemotiv, DIN lang, zum Verteilen bei Aktionstagen, zur Auslage an öffentlichen Einrichtungen Kampagnenlogo, freigestellt zur Weitergabe an Journalisten oder Druck in Flyern u.ä. Bei Bedarf bitte bei der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der LSG anfragen (s.o.) PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 4/4

300 Kampagnenelement Beschreibung/Einsatzmöglichkeiten Stoffbeutel, lange Träger sogenannter AdStatic, haftet durch statische Anziehungskraft, z.b. auf Fenstern, Kühlschränken, Türen usw. diverse Bilder zur freien Verwendung in Flyern oder zum Versand an Journalisten. Bitte nur mit Angabe des Copyrights weitergeben: LSG Bayern Bei Bedarf bitte bei der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der LSG Bayern anfragen (s.o.) Rubbellos. Zum Verteilen auf Infoständen usw. Keine Abbildung vorhanden Keine Abbildung vorhanden Motioncards: zeigt beim Bewegen das Motiv des TV-Spots Kugelschreiber: weiß, gefrostet mit Kampagnenslogan PRAXISHANDBUCH GLÜCKSSPIEL VI Öffentlichkeitsarbeit und Prävention Seite 4/5

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