3. Bildgebende Verfahren in der Medizin

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1 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin Alle bildgebenden Verfahren produzieren letztlich sichtbare Bilder, obwohl die ursprüngliche Energiequelle der Bilder auch nicht-sichtbare Teile des Spektrums (Röntgen, Infrarot), Ultraschall oder andere Energiequellen sein können. Sie werden fast immer digital verarbeitet. Gliederung: Übersicht Bildgenerierung Bilderverwaltung Bildmanipulation Integration von Bildern mit anderen Informationsarten zukünftige Entwicklungen Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 1 Diagnostische Bedeutung der Bilder sichtbares Licht: Retina (Ophalmologie), Haut (Dermatologie), Gewebsprobe (Pathologie), Endoskopie Schallenergie: Ultraschall (Herz, Abdomen, Brust, Pränatal), Dopplersonographie (Blutfluss) Röntgenstrahlen: radiologische und Computer-Tomografische (CT) Bilder: Fast alle Körperteile: Unterschiedliche Absorption der Strahlen durch verschiedene Gewebe Isotop-Emissionen radioaktiver Partikel (z.b. Tyhreologie) Magnet-Resonanz-Bilder (MRI): Energie-Fluktuation von (Wasserstoff)Atomkernen in einem magnetischen Feld: für viele Gewebe Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 2

2 Weitere Bedeutung der Bilder Beurteilungen Beurteilung des Fortschreitens einer Krankheit (z.b. Tumor) Beurteilung der Wirksamkeit von Therapien Prognoseschätzungen Beispiele Herzstatus (Herzecho) Embryoentwicklung (Ultraschall) Operatives Vorgehen, Bestrahlungen (CT) Führung bei Prozeduren (Endoskopie, minimal invasive Chirugie) durch Überlagerung virtueller Bilder auf Gesehenes Kommunikation (Bilder sind Teil der Patientenakte) Ausbildung Forschung (z.b. 3-D Protein-Darstellungen, Gehirn-Funktionen) Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 3 Radiologischer Prozess 1. Kliniker bestimmt Notwendigkeit 2. Terminvereinbarung 3. Ausführung, ggf. speziell für klinische Frage 4. Wahrnehmung & Interpretation 5. Kommunikation Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 4

3 Imaging Informatics Bedeutender Teilbereich der Medizinischen Informatik: 1. Bildergenerierung (verschiedene Modalitäten) 2. Bilderverwaltung (Speichern, Übertragen, Anzeigen, Suchen) 3. Bildermanipulation (Verbesserung der Bildqualität, Analyse) 4. Bilderintegration (Kombination mit anderen Informationen) Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 5 1. Bildergenerierung: Energie & Bilderzeugung Elektromagnetische Strahlen Licht (Mikroskop) (Wellenlänge: 0,4-0,7 * 10-6 m) Röntgen-Strahlen (Wilhelm Conrad Röntgen 1895 in Würzburg) (Wellenlänge 0,5-1 * 10-9 m) (digital: CR = computed radiography): Auf einer Fotoplatte hinter dem Objekt wird die Strahlenintensität erfasst, die durch unterschiedliche Körperstrukturen unterschiedlich absorbiert wird. Radioaktive Isotope (NM = Nuclear Medicine): Verabreichung radioaktiver Substanzen (z.b. Jod) und Beobachtung deren Ansammlung in einem Organ (z.b. Schilddrüse) mit Geigerzähler Ultraschall (US; Echosonographie): Erzeugte Schallwellen werden wegen Dichteänderungen im Körper reflektiert: Messung der Hin- und Rücklaufzeit. Magnetresonanzbilder (MRI, alt: NMR): Viele Atomkerne (z.b. H-Atome) richten sich in einem starken Magnetfeld aus. Ihre Ablenkung wird durch Radiofrequenzimpulse gemessen. Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 6

4 Rekonstruktionstechniken für Bilder Überlagerung verschiedener Sichten mit Rückprojektion: (zunächst Computertomographie (CT), später auch andere Verfahren wie Ultraschall Tomographie; Spezialverfahren bei MRI) Differenzbilder mit/ohne Kontrastmitteln (z.b. Angiographie): Um eine kaum sichtbare Struktur (häufig Blutgefäße) hervorzuheben, können zwei Bilder, in denen sich nur die Struktur verändert hat, voneinander subtrahiert werden. Dadurch wird die Struktur hervorgehoben. Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 7 Berechnung von 3-D Bildern (z.b. im CT) Röntgenstrahlen liefern Überlagerung aller anatomischen Strukturen auf ihrem Weg durch den Körper als 2-D Bild. Verbesserungsidee: Gegenstand aus verschiedenen Winkeln durchleuchten und daraus 3-D Bild berechnen. Umsetzung in CT: Statt den Patienten zu drehen, wird das Röntgen-Gerät gedreht und erzeugt viele Aufnahmen. Rückprojektion: Ein einfacher Algorithmus zur Berechnung eines Volumenelementes (Voxel) besteht darin, die Intensität aller (bleistiftartigen) Strahlenverläufe, die dieses Voxel betreffen, zu überlagern (Intensitäten addieren und durch Anzahl der durchlaufenen Voxel teilen). Kantenverstärkung: Glätten von Intensitätsschwankungen mit Technik der Convolution (Überlagerung zweier Funktionen). Möglichkeit, bestimmte 2-D Schnitte in das 3-D Bild zu legen. Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 8

5 Bildparameter Räumliche Auflösung: Wie gut können benachbarte Bildpunkte unterschieden werden? Bei digitalen Bildern: Anzahl Pixel pro Bildbereich Kontrast-Auflösung: Wie gut können Intensitätsunterschiede unterschieden werden? Bei digitalen Bildern: Bits pro Pixel Zeitliche Auflösung: Zeit zur Erstellung des Bildes (Echtzeit: mindestens 30 Bilder pro Minute, z.b. für Herzbewegungen). Risiko / Unbequemlichkeit für Patienten: z.b. Invasivität, Strahlenbelastung / Radioaktive Belastung Schwierigkeit der Handhabung für den Arzt: z.b. Invasivität Größe und Beweglichkeit der Geräte Kosten Darstellung der Anatomie bzw. Physiologie (Genauigkeit?) Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 9 Vergleich verschiedener Bildmodalitäten Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 10

6 Abbildung von Stoffwechsel-Funktionen Funktionen manifestieren sich in zeitlichen Änderungen von Substanzen durch den Stoffwechsel (Metabolismus). Dafür eignen sich folgende Techniken: PET (Positron-Emissions-Tomographie): Zeitlicher Fluss der radioaktiven Substanzen kann verfolgt werden. fmri (functional MRI): Metabolische Aktivitäten können durch Änderungen der MRI-Signale gemessen werde. Spezialfälle: MRA (Magnet-Resonanz-Angiographie) MRV (Magnet-Resonanz-Venographie) MRS (Magnet-Resonanz-Spektroskopie) Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 11 Beispiel für 3-D Ultraschall Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 12

7 Beispiel für funktionelles MRI Weiße Region: Aktivität des Motor-cortex beim linken Finger-Tippen Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin Bilderverwaltung Prozedur ohne digitale Bilder: Pro Patient und Untersuchung wird Filmmappe angelegt und nach Patienten geordnet in Film-Bibliothek gespeichert Bei Anforderung muss Filmmappe gesucht, ggf. (bei externer Verleihung) dupliziert oder Pfand einbehalten werden. Für Präsentation werden Bilder in Schaukästen aufgehängt. Filmspeicher erfordert viel Platz (ca Monate schneller Zugriff, danach für mindestens 7 Jahre Archiv) und ist teuer (häufig Recycling alter Filme zur Extraktion des Silber) Prozedur mit digitalen Bildern: PACS (picture Archiving and communication system) Probleme: Hohe Auflösung, Speicherbedarf (Kompression), Netzwerkgeschwindigkeit, jeweils Standardisierung, Präsentation, Indexierung, Integration; Kosten; Teleradiologie Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 14

8 Probleme der filmfreien Radiologie Nicht alle Bilderzeugungsverfahren sind inhärent digital (Ausnahmen: Einfache Röntgenaufnahmen und Mammographie) Vergleich vieler Bilder auf Monitoren schwieriger als in Lichtkästen. Räumliche und Kontrast-Auflösung (8 Bit pro Pixel) auf Bildschirmen geringer als auf Filmen. Auf 20-Zoll Bildschirm bringt eine höhere räumliche Auflösung (z.b * 4000) kaum noch einen Gewinn für das menschliche Auge. Bildinterpretation auf Monitoren ( soft copy radiology interpretation ) bei vielen Radiologen nicht besonders beliebt. Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 15 Monitoranordnungen in PACS Vergleich von Bildern erfordert hohe Monitorkapazität, z.b. zwei Röntgenaufnahmen der Brust (von vorne und seitlich), die mit früheren Aufnahmen vergleichen werden (a-c). Bei CT & MRI viele Bilder, daher stapelweise korrespondierende Sichten aktueller & früherer Aufnahmen auf 2 Bildschirmen (d-e). 3-D Bild (f) Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 16

9 Struktur eines typischen PACS R.T. = Radiologie Techniker HIS = Hospital- Info-Sys. RIS = Radiolo- gie-info- System DICOM = Digital Imaging & Comm. in Medicine Standard Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin Vier Hauptschritte der Bildermanipulation Allgemeine Verarbeitung (global processing): Verbesserung der Bildqualität für Menschen, z.b. Graustufen-Einteilung (CT liefert ca Pixel-Werte; das Auge kann aber nur ca. 100 Werte unterscheiden). Segmentierung: Extraktion interessanter Strukturen (erfordert oft anatomische Kenntnisse; z.z. meist manuelle Unterstützung erforderlich): Kantenerkennung Regionerkennung (z.b. Textur-Analyse) Merkmalserkennung: Extraktion relevanter Parameter, z.b. Herzgröße. Klassifikation: Bewertung der extrahierten Parameter, z.b. hinsichtlich Tumor. Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 18

10 4. Bilderintergration Radiologie-Informationssystem (RIS) Terminvereinbarung Patientenregistrierung Durchführung der Untersuchungen Unterstützung bei Interpretationen Unterstützung bei Erstellung von Berichten Verteilung der Berichte an anfordernde Ärzte Abrechnung Berichtserstellung Diktieren & Transkribieren (Mensch oder Spracherkennung) Textsysteme ggf. mit Textbausteinen Expansion strukturierter Eingabedaten (Berichtsgenerierung) Gesamtintegration (RIS, elektronische Patientenakte, PACS) Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 19 Beispielsystem: Bestrahlungstherapieplanung PRISM RTP: Manuelle Segmentierung des Tumors + Berechnung optimaler Strahlen zur Tumorbekämpfung Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 20

11 Beispielsystem für Ausbildung Digital Anatomist Atlas: Generierung eines 3-D Modells aus Aufnahmen mit manuellem Labeling Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 21 Beispielsystem für Integration von Modalitäten Integration von visuellem mit MRI-Bild: Die Korrespondenz wird über die manuell eingegebenen Zahlen hergestellt Medizinische Informatik 3. Bildgebende Verfahren in der Medizin 22